Das dritte Mal - Ulrike Voss - E-Book

Das dritte Mal E-Book

Ulrike Voss

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Beschreibung

Anna und Beate begegnen sich bei einem Wochenendseminar. Eine heiße Sommernacht, Gewitter, als die Liebe losgeht. Ein Roman mit dramatischen Wendungen, heißem Sex und einer düsteren Vergangenheit, die die Liebe bedroht. Es geht auch um besondere Augenblicke, die das Leben auf den Kopf stellen können. Es ist schwül. Anna realisiert, dass sie Beate schon einmal gesehen hat. Die beiden kommen sich näher und verbringen eine aufregende Nacht miteinander. Doch beide sind liiert. Ein One-Night-Stand, fürchtet Anna, und so ist es auch. Beate verschwindet nach dem Seminar aus ihrem Leben. Eines Tages, Anna ist inzwischen mit ihrem Studium fertig und auf Arbeitssuche, treffen sie einander zufällig wieder. Jetzt geht die Liebesgeschichte erst richtig los. Doch Beate wird von düsteren Erinnerungen verfolgt. Auch ihre vorige Beziehung ist noch nicht beendet. Als Beates Vater stirbt, erbt sie das verfallene Elternhaus. Unheimliches verbirgt sich darin. Vergangenheit lässt sich nicht verdrängen. Ulrike Voss schreibt mitreißend über Sex, Liebe und doppelbödige Gefühle. (Eisenherz)

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Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Zum Buch

Zur Autorin

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● Impressum

Zum Buch

Anna und Beate begegnen sich bei einem Wochenendseminar. Eine heiße Sommernacht, Gewitter, als die Liebe losgeht.

Ein Roman mit dramatischen Wendungen, heißem Sex und einer düsteren Vergangenheit, die die Liebe bedroht. Es geht auch um besondere Augenblicke, die das Leben auf den Kopf stellen können.

Es ist schwül. Anna realisiert, dass sie Beate schon einmal gesehen hat. Die beiden kommen sich näher und verbringen eine aufregende Nacht miteinander. Doch beide sind liiert. Ein One-Night-Stand, fürchtet Anna, und so ist es auch. Beate verschwindet nach dem Seminar aus ihrem Leben.

Eines Tages, Anna ist inzwischen mit ihrem Studium fertig und auf Arbeitssuche, treffen sie einander zufällig wieder. Jetzt geht die Liebesgeschichte erst richtig los. Doch Beate wird von düsteren Erinnerungen verfolgt. Auch ihre vorige Beziehung ist noch nicht beendet.

Als Beates Vater stirbt, erbt sie das verfallene Elternhaus. Unheimliches verbirgt sich darin. Vergangenheit lässt sich nicht verdrängen.

Ulrike Voss schreibt mitreißend über Sex, Liebe und doppelbödige Gefühle. (Eisenherz)

Zur Autorin

Ulrike Voss arbeitet u.a. als Dramaturgin.

Texte in Anthologien und Rundfunkbeiträge.

Dies ist ihr dritter Roman in der Reihe Liebesleben.

Bisher erschienen

Alicia (2009, 3. Auflage 2012, auch als E-Book)

Eines Tages verschwindet ihre Freundin Alicia scheinbar spurlos.

Ein erotischer Roman mit Thrillereffekten

Einmal im Dunklen

(2011, 3. Auflage 2012, auch als E-Book)

Eigentlich wollte sie schon zurückgereist sein. Doch an diesem Abend beginnt eine amour fou, die Anna über die kanarischen Inseln und an ihre Grenzen führt. Kann sie wirklich ein neues Leben beginnen?

1

Für Brigitte & Andrea und alle anderen

Ich hatte sie schon einmal gesehen. Als ich das realisierte, errötete ich. Versuchte zu lächeln. Sie sah aus, als würde sie sich über etwas lustig machen. Mein angestrengt nettes Lächeln war mir sofort peinlich. Sie kam ernst auf mich zu. Verkrampft lächelte ich weiter. Ich wäre am liebsten verschwunden.

»Guten Abend, Sie sind sicher Anna Schmidt.« Sie begrüßte mich als neu angekommene Teilnehmerin. Woher wusste sie, wer von den angemeldeten Teilnehmerinnen ich war? Sie hatte den Namen pointiert betont. Er klang aus ihrem Mund entsetzlich altmodisch. Meine Mutter hatte mir den Namen einer Großtante verpasst, die sie als Kind besonders gemocht hatte. Meinen zweiten Vornamen, der noch altmodischer klingt, verschweige ich grundsätzlich. Und wieso war mir bei der Anmeldung nicht aufgefallen, dass sie das Seminar leitete? Beate. Ihr Name war sofort wieder da. Hatte sie mich erkannt? Wie sollte das möglich sein? Während ich mich das noch fragte, erklärte sie, dass Frau Prof. Kammerer erkrankt sei und sie ihre Vertretung.

»Hoffentlich nichts Ernstes«, kam mir über die Lippen.

»Nein, eine Grippe.« Die anderen seien alle schon angekommen und hätten ihre Zimmer bezogen. Anna Schmidt, die Letzte. Daher wusste sie meinen Namen. Die anderen auf der Teilnehmerliste waren schon da. Sie konnte mich nicht erkannt haben. Selten kam ich pünktlich. Immer war vor einer Abfahrt auf einmal so viel zu erledigen, vergessene Mailantworten, nicht enden wollende Telefonate. Ich hatte einen Zug später nehmen müssen. Sie erklärte mir den Ablauf. In zwanzig Minuten solle der erste Teil des Seminars beginnen, Vorstellungsrunde, Austauschen von Erwartungen, die Einführung. Danach Abendessen, Freizeit. Die Kleinstadt sei nett, sie würde uns nachher einige Tipps geben, was sich hier unternehmen lasse. Außerdem sollten wir den Reader mit den eingesandten Texten lesen. Morgen und übermorgen ab zehn, den ganzen Tag, gemeinsames Mittagessen, abends wieder zur freien Verfügung. Abreise Sonntag am Abend oder Montag früh. Sie gab mir den Reader, eine Kopie der eingereichten Texte der Teilnehmer und einige Seiten Hintergrundinfo. Beim Reden sah sie mich ernst an. Kein Lächeln. Ich wurde mir fremd unter diesem Blick. Fühlte mich ertappt. Wobei? Ich dachte Unsinn. Mir war noch immer klar, sie konnte mich nicht erkennen. Zugleich blitzte ein völlig irrationaler Wunschgedanke auf. Dass sie ihre sachliche Rede unterbräche und sagte, »ach du bist es, jetzt erkenne ich dich erst!«, und mich kurz umarmte.

Ich flüchtete ins Zimmer. Schöner Ausblick von oben über Häuser, Terrassen, kleine Vorgärten auf den Fluss. Sollte ich noch duschen? Die Zeit war knapp. Ich fühlte mich verschwitzt. Statt zu duschen schippte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und unter die Achseln. Mein Hemd wurde nass. Ich fröstelte. Dann warf ich noch einen kurzen Blick auf die Papiere. Strengte mich an, nicht an meine Fantasien mit ihr zu denken. Versuchte, mich abzulenken, und dachte über ihre Arbeit nach. War sie nicht Hiwi bei Prof. Kammerer? Oder war sie inzwischen mehr? Sie war kaum älter als ich. Allerdings hatte sie, anders als ich, wenn ich die homepage richtig im Kopf hatte, schon lange ihrem Magisterabschluss. Kann sie das Seminar überhaupt professionell leiten? Es gab inzwischen eine inflationäre Flut von Literaturwochenendseminaren und Schreibwerkstätten. Ob Frau Kammerer wirklich krank war? Wahrscheinlich macht sie solche Seminare nicht mehr selbst, wie noch vor ein paar Jahren, als ich das Stipendium für das Kurzprosawochenende im Schwarzwald gewonnen hatte und sie das Seminar leitete, sondern schickt grundsätzlich Vertretungen. Oder sie hat zu viel zu tun. Als sie zu dem Vortrag bei uns war, hatte sie über die unsägliche Verwaltungsarbeit geklagt. Das Leben als Dozentin im Zeitalter von Bachelor und Master bestehe nur noch aus Stress, da muss man ja krank werden, so hatte sie sich ausgedrückt. Gut, dass ich noch mit Magister abschließen konnte. Aber alle meine Versuche, mich gedanklich abzulenken, waren vergeblich. Als wäre es gestern gewesen, dabei lag es schon eine Weile zurück, mehr als ein Jahr. Ich riss mich zusammen und ging in den Seminarraum. Dachte, dass ich wohl erwachsen genug wäre, um mich nicht von albernen längst vergessenen spätpubertären Einschlaffantasien ablenken zu lassen!

 Zwölf Teilnehmerinnen, kein Mann hatte sich angemeldet. So wenige! Ich fürchtete mich etwas. Ich war nicht gerne ausgesetzt; in einer größeren Gruppe ist es einfacher, unauffällig im Hintergrund zu bleiben, zuzuhören, ohne selbst viel beitragen zu müssen. Mein eingereichter Text kam mir schon jetzt schlecht vor. Wir saßen an einem großen Tisch, Beate mitten unter uns. Vorstellungsrunde. Wir duzten uns. Jede erklärte, wo sie gerade im Studium, in der Ausbildung oder im Leben überhaupt stand und warum sie an diesem Seminar teilnehmen wollte. Die meisten arbeiteten an ersten Romanen. Eine war Volontärin bei einer Zeitung und wollte lernen, Reportagen spannungsreicher aufzubauen. Daraufhin äußerte eine andere, dass das hier ein Literaturseminar sei und keins für journalistische Texte, außerdem glaube sie nicht, dass man Schreiben lernen könne, sondern entweder begabt sei oder nicht.

»Wieso sind Sie dann in dem Seminar?«, fragte Beate.

»Ich wollte mir sowas mal anhören. Wie andere schreiben, die eine Karriere als Autorin planen, interessiert mich auch«, gab sie zurück, »und sollten wir uns nicht duzen?«

Sie hatte sich mit »Candy, mein Nickname« vorgestellt und war mir auf Anhieb unsympathisch. Ihre Finger waren gespickt mit auffälligen Ringen, sicher an jedem zwei.

Beate gab eine Hausaufgabe: Wir sollten die Texte lesen und kritische Bemerkungen formulieren, und verteilte eine Liste mit Kriterien, auf die zu achten sei. Morgen werde sie vormittags einen Einführungsvortrag mit Beispielen aus der Literatur halten. Anschließend Kaffeepause und Fragerunde. Nachmittags würden wir die eingereichten Texte diskutieren. Die Aufgabe bei der Ausschreibung war gewesen, die ersten drei Seiten einer längeren Erzählung oder eines Romans einzureichen. Nur Beate wusste, welcher Text von welcher Teilnehmerin war, im Reader standen sie anonym.

Ein einziges Mal hatte sie die Andeutung eines Lächelns im Gesicht. Oder war es Belustigung? Als Candy sich vorstellte.

Als ich dran war, errötete ich wieder. »Ich bin Anna, lebe in Berlin, studiere Komparatistik und Anglistik, habe einen Hiwijob, schreibe gerade meine Magisterarbeit und möchte mich als Lektorin in einem Verlag bewerben und schreibe auch privat gerne …« Klang wie auswendiggelernt, außerdem langweilig. Ich verhaspelte mich, als ich anfügte, warum ich an diesem Seminar teilnehmen wollte. »Ich verheddere mich, also ich schreibe in Nebensträngen, also ich komme immer wieder vom Thema ab, verliere mich in unwesentlichen Argumentationsketten. Als ich … das ist nicht wichtig.« Zweimal »also« in einem Satz, peinlich, Beates Blick auf mir brannte.

Sie sagte, »wir möchten das aber hören.«

Ich hatte erwähnen wollen, was die Begründung für das kleine Förderstipendium damals gewesen war, es kam mir auf einmal unnötig und angeberisch vor, ich ließ es und sagte: »Meiner Meinung nach reichen Inspiration und eventuelle Begabung allein nicht aus. Handwerkliches Können gehört auch dazu, und das lässt sich lernen …«

Candy, die mir direkt gegenüber saß, bemerkte die Spitze und reagierte prompt: »Vielleicht musst du was lernen.« Sie grinste mich an.

Dass ich schon ein paar Lyrikveröffentlichungen in abgelegenen Anthologien hatte, erwähnte ich nicht. Auch nicht, dass mein Chef die Professorin, die unser Seminar eigentlich hatte halten sollen, zu einem Gastseminar ins Institut einladen wollte und mir zugeredet hatte, hinzufahren und vorzufühlen. Ihm hatte der Vortrag, den sie bei uns gehalten hatte, gut gefallen. Ein weiterer, der wichtigste, Grund für meine Anmeldung zu diesem Seminar war, dass ich endlich einmal raus aus Berlin wollte, möglichst weit weg, und keine Lust hatte, alleine zu verreisen und einsam Landschaften oder Kirchen anzuschauen. Das alles macht nur Spaß, wenn es geteilt werden kann. Und Vera hatte überraschend ihre Familie besuchen müssen, weil ihre Mutter erkrankt war. So konnten wir nicht zusammen, wie wir uns vorgenommen hatten, ein paar Tage an die Ostsee fahren. Berlin ging mir gerade gewaltig auf die Nerven. Ja, ich wollte weg aus der Enge meines Berliner Lebens. Allerdings kamen zwei Drittel der Seminarteilnehmerinnen auch aus Berlin. Beate wandte sich der Letzten in der Runde zu. Sie hieß Dorothea und war älter als wir anderen. Sie arbeitete schon seit Langem als freie Lektorin und Korrektorin und hatte bereits viel veröffentlicht. Vor allem in Anthologien, auch Romane in unterschiedlichen kleinen Verlagen. Keines ihrer Bücher sei über ein paar Hundert verkaufte herausgekommen, erzählte sie. Sie gefiel mir auf den ersten Blick. Eine schmale große Person mit grauschwarzem lockigem elegant geschnittenem Haar, Lesebrille und einem verführerischen Lächeln. Ihre selbstironischen Bemerkungen zu den Gründen, warum auch jemand Schreiberfahrenes wie sie an einem solchen Seminar teilnehmen könne, waren sehr sympathisch. Ich nahm mir vor, mich auf sie zu konzentrieren. Bloß nicht an Beate denken. Nach der Einführungsrunde würde ich Dorothea fragen, ob wir zusammen die Stadt erkunden wollten. Oder würde etwa die gesamte Gruppe gemeinsam zu einer Stadtbesichtigung aufbrechen? Das wäre schrecklich. Ich lenkte mich die restliche Sitzungszeit von Beate ab, indem ich Dorothea beobachtete. Sie schien, wie die meisten anderen auch, alleine hier zu sein. Nur Candy hatte Begleitschutz mit. Eine unscheinbare blasse Frau mit rundlichem Gesicht, die immer wieder von der Seite aus anhimmelnd und unterwürfig zu Candy hinsah, als wartete sie auf einen Befehl. Und tatsächlich, er kam. Wir sollten zum Abschluss der Runde eine halbseitige Glosse verfassen. »Holst du bitte mein Schreibzeug aus dem Zimmer!«, sagte Candy zu der Runden, die, soweit ich mich erinnere, Anita hieß und sofort aufsprang.

»Mein erstes Mal« gab Beate uns als Thema. Sie erläuterte, es gehe ihr darum, ob wir auf die Schnelle pointiert und knapp schreiben könnten. Welches erstes Mal wir beschrieben, sei egal, also der erste Kuss, das erste Seminar, der erste Tag an der Uni, in einem neuen Job, das erste Mal an einem bestimmten Ort, der erste Mord, der erste Einsatz als Kriminalkommissarin. Das Typische von »ersten Malen« solle hervorgehoben werden, egal in welchem Lebensbereich. Wir hatten zwanzig Minuten Zeit. Sie stellte einen Handywecker auf den Tisch. So schnell kann einem doch nichts einfallen!, dachte ich zunächst. Aber jeder von uns fiel etwas ein.

Ich schrieb über die ersten Peperoni. In unserer Familie wurde nicht scharf gekocht. Auch nicht mit Knoblauch. Pfeffer war das Äußerste an Schärfe. Ich war fünfzehn und schwärmte für eine ältere Mitschülerin, eine quirlige Bilderbuchschönheit mit goldfarbener Haut und schwarzen Augen. Sie kam aus Italien oder aus Südamerika, ich weiß es nicht mehr. Eines Tages durfte ich sie und ihre Clique in eine mexikanische In-Kneipe begleiten. Alle bestellten einen Cocktail und Gambas al ajillo. Ich hatte keine Ahnung, was das ist, und bestellte es auch. Strengte mich an, intelligent und unterhaltsam zu wirken und sehr erfahren. Das Übliche, wenn man einem Schwarm das erste Mal näherkommt. Als hätte ich schon immer Gambas gegessen und Cocktails getrunken, bestellte ich souverän einen Cocktail mit besonders vielen verschiedenen Sorten Alkohol. Eigentlich ekelte ich mich zu der Zeit noch vor Muscheln und Krabben und Ähnlichem. Ich aß mit vorgespieltem Genuss. Mir war bereits schlecht vom ungewohnten Knoblauch und schwindelig von den ersten Schlucken Cocktail, doch gab ich mich weiterhin angestrengt fröhlich. Aber keine reagierte auf mich, sie sprachen miteinander, ohne auf meine Bemerkungen einzugehen. Ich starrte in meine Gambasschüssel. Unten in der Soße schwammen noch zwei kleine rote Dinger. Ich spießte eins auf die Gabel und beäugte es eine Weile. In dem Moment wurde die kichernde und schwatzende Runde still. Alle sahen zu mir. Ich nahm das Ding in den Mund und biss zu. Ich dachte, ich müsste sterben. Sie prusteten los. Besonders laut lachte das Mädchen, das ich so sehr verehrte. Ich weiß nicht mehr genau, was ich gemacht habe. Ich glaube, zunächst habe ich den Cocktail auf Ex ausgetrunken. Das machte das Verbrennungsgefühl viel schlimmer. Der Kellner brachte mir eine große Menge Brot und sagte: »Iss das, das hilft!« Am genauesten erinnere ich mich daran, wie das von mir bewunderte Mädchen mich auslachte. Am nächsten Tag war ich krank. Der Cocktail auf Ex, der ungewohnte Knoblauch, ich hatte mich die halbe Nacht lang übergeben. Die Schärfe hatte ich überstanden und koche heute selbst sehr scharf.

In ersten Malen – so beendete ich meinen Text wie eine Erörterung in der Schule mit Resümee am Schluss – verbirgt sich ein Abgrund aus möglichen Missgeschicken und Peinlichkeiten. Ich dachte gerade darüber nach, ob ich noch etwas anfügen sollte. Etwas über die Glücksversprechen, die in jedem ersten Mal angelegt sind. Da ertönte laut der Song »Sweet Dreams«. Ihr Wecker. Wir gaben unsere Aufsätze ab.

Zum Abschluss dieser ersten Seminarsitzung lasen wir die Texte vor. »Bitte fasst euch auch in euren Anmerkungen zu den Texten kurz«, sagte Beate. Nachdem ich vorgelesen hatte und in die Runde schaute, äußerte zunächst keine etwas, was mir sehr unangenehm war, bis Candy ansetzte, Beate sie im Ansatz unterbrach und knapp sagte, dass ich den Schlusssatz streichen solle. Ich errötete wieder.

»Candy, mein Nickname« kam als Letzte dran. Sie hatte das Thema Mord aufgegriffen und einen brutalen ersten Mord und das langsame Sterben des Opfers geschildert. Dazu sagte Beate nichts, die Zeit war um. Sie gab uns ein paar Tipps für nette Kneipen in der Stadt.

Dorothea hatte von ihrem ersten Kuss geschrieben. Sie schien lesbisch zu sein, wie schön!

2

Den ersten Abend verbrachte ich mit Dorothea und zwei anderen Frauen aus der Gruppe. Dorothea sah nicht nur nett aus, sie war auch mitreißend sympathisch. Wir kamen aus dem Lachen kaum mehr heraus. Ulrike, die Zeitungsvolontärin, kannte die Stadt schon von früheren Besuchen und erzählte uns Gruselgeschichten von düsteren Gewölbekellern, die sich unter der gesamten Altstadt entlangzogen. Alles an der Stadt fanden wir nach einer Weile komisch. Die engen Gassen. Die Unmengen von Menschen, die überall draußen saßen. Die Kneipen waren überfüllt, es gab kaum einen freien Platz, die Leute saßen auf Treppen und Plätzen, auf Brunnenumrandungen und Mauern. Wir fanden das Schloss zum Lachen, ein Schloss, das man nicht besichtigen konnte. Den Blick von oben. Die schwäbischen Laute in den Altstadtkneipen, die uns Beate empfohlen hatte. Die Wirte, die gespielt unfreundlich waren, in Wirklichkeit aber sehr gut auf ihre Kundschaft reagierten. In einer der Kneipen – ich würde sie Kaschemme nennen, so mufflig und vergilbt, wie dieses Lokal wirkte, vermutlich wurden hier vor dem Rauchverbot Millionen von Zigaretten geraucht, jetzt roch es nach Schweiß und Küche – hatten wir Glück, dass ein Tisch frei wurde; wir aßen schwäbische Linsen und tranken viel Bier. Cliquen von Studienanfängern an den Nachbartischen. Wir lästerten über nicht Anwesende aus der Gruppe, besonders über »Candy, mein Nickname«. Danach zogen wir weiter. In einer Kneipe trafen wir kurz nach Mitternacht ausgerechnet auf Candy und ihren Begleitschutz; sie sahen aus, als würden sie streiten. Candy wirkte verheult. Als wir auf ihren Tisch zukamen, lachte Candy sofort und legte demonstrativ einen Arm um die Freundin, die jetzt am Abend und von Nahem sympathischer wirkte als in der Seminarrunde. Wir setzten uns dazu und Candy hielt einen Vortrag über ihre Erfahrungen mit anderen Schreibseminaren und wie schlecht viele Dozentinnen seien. Sie könne das weit besser. Ich wunderte mich, wieso sie, die davon ausging, sie könne »von selbst« schreiben und auch selbst unterrichten, so viele Seminare besucht hatte.

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