Das Erbe von morgen Band 2 - Ferra Reed - E-Book

Das Erbe von morgen Band 2 E-Book

Ferra Reed

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Beschreibung

Auf der halben Strecke zum verschollenen Generationenschiff Endurance fallen ohne Vorwarnung mehrere Systeme auf der Hawking gleichzeitig aus. Zwar können Chefingenieurin Madan und ihr Team die Schäden reparieren, aber dafür müssen sie einen Großteil ihrer Rohstoffe nutzen. Und das führt zum nächsten Problem. Gelingt es ihnen nicht, die Lager wieder aufzufüllen, droht bei einem weiteren größeren Defekt, dass sie diesen beheben können. Damit steht die ganze Mission und im schlimmsten Fall auch das Leben der Besatzung auf dem Spiel. Während die gesamte Besatzung Madan unterstützt, sucht Wissenschaftsoffizier Corby nach einer Lösung und entdeckt etwas …

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ferra Reed

Das Erbe von morgen Band 2

Planet ohne Stern

Die Geschichte einer Crew, die für die Zukunft der Menschheit nach den Sternen greift.

Personen und Begriffe

Die Crew der Hawking

Captain: Eric Ström

Chefingenieurin / 1. Offizierin: Samia Madan

Kommunikationsoffizier: Xavier Adams

Botanikerin: Jara Galvao

Leitender Wissenschaftsoffizier: Logan Corby

Programmierer: Tian Zhou

Steuermann: Navarro

Chefärztin: Lisa Rieck

Geologe: Roman Nowak

Admiralität

Admiral Ito - JAXA

Admiral Krylov - Roskosmos

Admiral Miller - NASA

Admiralin Sande – African Space Organization

Begriffserklärung

USO – United Space Organization

Organisation, in der sich die raumfahrenden Nationen zusammengeschlossen haben.

ESS Hawking

Earth Spaceship Hawking. Raumschiffe werden gemeinschaftlich von allen Nationen finanziert und unterhalten, die in der USO vertreten sind.

Faktor Antrieb

Prototyp eines Antriebes, der eine Raumzeitblase erzeugt, die das Raumschiff umgibt und den Raum um es herum krümmt. Somit werden Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit möglich. Die Hawking ist das erste Schiff, das mit diesem neuen Antrieb ausgestattet ist. Faktor 1 entspricht dabei der einfachen Lichtgeschwindigkeit.

Was bisher geschah

Der Prototyp ESS Hawking ist das erste Schiff der Menschheit, das ihr die Erforschung ferner Sterne mit Überlichtgeschwindigkeit ermöglichen soll. Nach einem langen Testflug mit zahlreichen Rückschlägen gelingt es der Crew, eine stabile Raumzeitblase zu erzeugen und Faktor 2 zu erreichen.

Während die Mannschaft ihren Durchbruch feiert, erhält Captain Ström den Befehl, zurückzukehren – ohne Angabe von Gründen. Zunächst befürchtet er, dass das Faktorprogramm wegen der bisherigen Probleme eingestellt werden soll. Am Hauptsitz der USO erfolgt die Entwarnung: Die Hawking soll ihre erste echte Mission antreten.

Auf der Erde wurde das Notsignal der Endurance aufgefangen, eines Generationenschiffes, das vor dreißig Jahren gestartet ist. Das Signal stammt von einem Planeten, der Gliese 887 umkreist, der auf dem halben Weg zu ihrem eigentlichen Ziel liegt. Die Hawking bekommt den Auftrag, zu einer Rettungsmission aufzubrechen und nach Überlebenden zu suchen.

Einzig Admiral Miller erhebt Einspruch: Die Hawking sei dafür nicht bereit und er gehe davon aus, dass nach so langer Zeit niemand mehr am Leben sein könne.

Doch er wird überstimmt. Und so bricht Captain Ström mit seiner Crew auf, um das Schicksal der Endurance zu klären.

Logbuch der Hawking – 23.7.2108 / Captain Ström

Nach den vielen Schwierigkeiten während des Testfluges kann ich am Ende unserer zweiten Woche im All nur Positives berichten. Die Hawking ist zu einer wahren Musterschülerin geworden. Die Systeme arbeiten einwandfrei, die Sorge Admiral Millers konnte sich glücklicherweise nicht bestätigen.

Auch die Crew ist guter Stimmung und es baut sich zunehmend ein Bordalltag auf. Mr. Navarro bietet einen Kochkurs in mexikanischer Küche an und Ensing Kamara hat eine Pen-&-Paper-Gruppe gegründet. Sie hat mich eingeladen, in der nächsten Woche einmal probeweise teilzunehmen. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wozu ich da zugestimmt habe.

Gartenarbeit

Die Doppeltüren zur Luftschleuse des aeroponischen Gartens schwangen mit einem sanften Surren beiseite. Warme Luft kam Captain Erik Ström entgegen. Das Basilikum, das neben der Tür in den Töpfen des pyramidenförmigen Turmes wuchs, drängte mit seinem intensiven Geruch darauf, geerntet zu werden. Aus weiteren Kräutertürmen ragten Thymian, Schnittlauch, Petersilie und Koriander heraus. Der Koch hatte darauf bestanden, dass sie zumindest einen Teil der nötigen Kräuter frisch an Bord hatten.

Im vollständig verglasten Büro saß Jara Galvao, die Biologin und Botanikerin der Hawking, angespannt vor ihrer Konsole.

Ström klopfte an die Scheibe, um auf sich aufmerksam zu machen. Ruckartig sah Galvao auf und winkte ihn dann zu sich herein.

»Guten Morgen, Sie sehen aus, als gäbe es Probleme«, sagte Ström, nachdem er die bodenlangen Plastiklamellen beiseitegeschoben hatte, um in den Raum zu kommen.

Galvao schob ihre Brille bis zur Nasenwurzel hoch. »Ja, und ich kann sie nicht nachvollziehen.«

Systemanalyse gestartet, voraussichtliche Dauer dreiundvierzig Minuten.

»Was ist passiert?«

»Ich bekomme keinen Zugriff auf das Programm für die Einstellung der Nährstofflösung. Sobald ich es aufrufe, werde ich wieder in das Hauptmenü zurückgeworfen. Die Pflanzen bekommen derzeit nur den Standardmix.«

»Kann das den Pflanzen schaden?«

»Nein, so mimosenhaft sind die jetzt auch nicht«, antwortete Galvao mit leichter Belustigung. »Die meisten von diesen Pflanzen haben sich sogar nach den drei Tagen Notstrom wieder berappelt. Ich führe jetzt eine Systemanalyse durch. Wenn da nichts bei rauskommt, wende ich mich an Zhou.«

»Er wird Ihnen dafür auf ewig dankbar sein, dass Sie erst alles allein versucht haben.«

»Das erwarte ich auch.« Sie zwinkerte. »Ich weiß, wie viel er zu tun hat, da will ich erst alles ausprobieren, bevor ich ihm noch mehr Arbeit auflade.«

»Dafür können Sie mir jetzt was zu tun geben. Was steht an?«

Galvao nahm ihr Tablet zur Hand. »Entweder die Kartoffelsäcke ernten oder die Paprika pflücken und die Nebentriebe entfernen, damit die Haupttriebe weiter gut wachsen. Sie haben die Wahl.«

»Ich mache die Kartoffeln.«

»Gut, dann bitte die Abschnitte drei und vier ernten und die Erde kommt in Aufbereitungscontainer drei.«

»Wird gemacht!«, antwortete er zackig.

Ström verließ das Büro und löste eine der Schubkarren aus der Halterung an der Wand im Lagerbereich. Die Kartoffeln waren im hinteren Teil des größten Raumes der Hawking untergebracht. Der Captain schob die Karre durch Reihen von Salaten, Gurken, Tomaten, Paprika und verschiedensten Kohlsorten. Er blieb bei den Erdbeeren stehen. Bei seinem letzten Einsatz im Garten hatten sie noch ihre kleinen weißen Blüten getragen. Inzwischen hatten sich daraus die ersten kleinen Früchte entwickelt.

Bevor Ström für das Studium ausgezogen war, hatte seine Mutter ihn regelmäßig zur Arbeit im Garten und Gewächshaus herangezogen. Sehr zum Leidwesen des jungen Eriks, der lieber mit seinen Freunden unterwegs gewesen wäre, als auf den Knien herumzurutschen und in der Erde zu wühlen. So sehr er davon auch genervt gewesen war, im Studium hatte er dann trotzdem zwei Tomatenpflanzen auf seiner Fensterbank gehabt, um die er sich mit Leidenschaft gekümmert hatte. Paris war weit weg von seiner Heimat Norwegen und dieser kleine Garten auf dem Fensterbrett war ein Stück Zuhause in der Fremde gewesen.

Ström ließ die Erdbeeren in der Vorfreude, sie bald ernten zu können, zurück und ging in den hinteren Bereich des Gartens. Mit Gittern, die durch ein Stecksystem variabel aufgebaut werden konnten, hatte man Abteile sowie Regale gebaut und mit Nummern gekennzeichnet.

Der Captain hob den ersten Sack aus dem Regal hinüber auf die Schubkarre. Dann öffnete er den Klettverschluss an der Seite des Pflanzsackes und die ersten Kartoffeln kamen ihm entgegen. Er nahm sich eine Klappbox aus dem unteren Regalfach und sortierte die Kartoffeln hinein.

Die erhöhte Temperatur im Vergleich zum restlichen Schiff trieb Ström nach einer Zeit den Schweiß auf die Stirn. Sein T-Shirt klebte am Rücken, und doch legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. In Gedanken war er längst bei seinen Eltern im Garten.

Ruf nicht die Geister

»Kaffee?«, fragte Madan und hielt Zhou einen Becher vor die Nase.

Der Programmierer rieb sich die Augen. »Extra stark?«, fragte er und nahm den Becher dankbar entgegen.

»Der Zucker würde oben aufliegen, wenn du denn welchen nehmen würdest.«

»Dann ist er richtig.« Zhou öffnete den Deckel und roch an dem aufsteigenden Dampf. »Das ist das Spa in der IT.«

»Zwischendurch aufstehen könnte auch helfen. Du hast seit vier Stunden nur deine Finger bewegt.«

»Ach was.« Er winkte ab. »Aufstehen wird völlig über …« Er streckte den Rücken und Madans hochgezogene Augenbraue war ein unmissverständliches Zeichen, dass auch sie das Knacken seiner Wirbelsäule gehört hatte. »Na gut, vielleicht wäre es doch keine schlechte Idee, hin und wieder etwas Bewegung zu haben.«

»Ich kenne dich, Tian. Die Einsicht hält meist nicht lang. Trinken wir den Kaffee zusammen?«

»Gerne.« Er seufzte, als eine Nachricht auf seinem Monitor aufblinkte. »Und deswegen komme ich nie zur Pause. Sobald ich aufstehe, kommt ein Ticket rein.«

»Ist es wichtig?«

»Hm.« Zhou rieb sich das haarlose Kinn. »Es kommt von Jara. Das System lässt keinen Zugriff auf die Einstellungen der Nährstoffzusammensetzung zu.« Er las das Ticket aufmerksam durch. »Sie hat schon eine ganze Menge versucht, das heißt, ich muss direkt in die Codes des Programms.« Zhou stellte das Ticket auf In Bearbeitung. »Aber dazu muss ich konzentriert sein. Also nach meiner Pause. Die Pflanzen werden schon nicht direkt eingehen.«

Im Vorraum des Reaktorbereiches befand sich ein Tisch mit zwei Stühlen. Die Crew des Maschinenraumes hatte ihn schnell als inoffiziellen Pausenbereich in Beschlag genommen. Das periodische Surren des Reaktors, das trotz dicker Sicherheitstür noch hörbar war, hatte eine ähnlich beruhigende Wirkung wie das Rauschen der Wellen am Meer.

»So viele Probleme wir auch beim Testflug hatten, bin ich überrascht, dass bisher alles ziemlich reibungslos funktioniert.« Madan lehnte sich zurück und betrachtete durch die beiden eingelassenen Fenster den Reaktor.

»Hatte Admiral Miller nicht Bedenken?«

»Oh ja! Was meinst du, wie ich mich freue, wenn ich die täglichen Berichte schreibe und immer wieder sagen kann, dass es keine außergewöhnlichen Vorkommnisse gab?«

Zhou lachte leise und nahm einen Schluck Kaffee. »Dein Grinsen geht sicher bis zu beiden Ohren.«

»Und darüber hinaus.« Madan legte einen Arm über die Rückenlehne. »Obwohl ich wirklich ein bisschen erstaunt bin, wie lange wir Faktor 2 inzwischen halten.«

»Fordere die Geister der Hawking nicht heraus.«

»Geister? Den einzigen Geist, den ich hier bisher gesehen habe, ist der morgens im Spiegel, bevor ich meine Haare gebändigt habe.«

Zhou legte den Kopf in den Nacken. Die Lampe über ihm flackerte, dann ging sie aus. »Was ist das denn jetzt?«

»Samia! Die Arbeitsstationen vier und sieben sind ausgefallen«, rief eine Technikerin aus dem Kontrollbereich des Maschinenraumes.

Madan und Zhou sahen einander an. Böse Erinnerungen an den Testflug kamen auf.

»Ich hoffe, das sind nicht deine Geister«, sagte die Ingenieurin mit einem düsteren Unterton und eilte zu ihrer Technikerin.

Zhou trank seinen Kaffee in einem Zug aus und traf nur kurz nach Madan am Ort des Geschehens ein.

»Die Tasten haben zuerst nicht mehr reagiert, dann fiel der gesamte Bildschirm aus«, berichtete die Technikerin.

Madan zog einen Stick in der Größe eines Kugelschreibers aus der Hosentasche. Darauf waren alle Überbrückungscodes gespeichert, die einen Neustart der Konsolen an Bord erzwangen, wenn sie, wie in diesem Fall, gar nichts mehr anzeigten.

»Brücke an Maschinenraum«, hallte Corbys Stimme aus dem Lautsprecher.

Zhou nickte Madan zu und ging an die Gegensprechanlage. »Zhou hier, was gibt es?«

»Unser Hauptschirm ist ausgefallen.«

»Alle Maschinen voller Stopp!«, rief Madan aus dem Hintergrund. »Sofort!«

*

Drei Minuten Duschen waren jedem Besatzungsmitglied pro Tag vergönnt. Ein kleiner, großer Luxus, wenn man Lichtjahre von der Erde entfernt war.

Das heiße Wasser mischte sich mit dem Schaum, lief an Ströms Körper herunter und verschwand im Abfluss. Von dort ging es direkt in die Wiederaufbereitungstanks des Schiffes. Die Duschkabinen waren eng, gerade so, dass man darin stehen und die Ellenbogen so weit heben konnte, um sich die Haare zu waschen. Ein weiterer Umstand, warum Platzangst ein Ausschlusskriterium für den Dienst auf der Hawking war. Der Hauptgrund waren die engen Wartungstunnel, die jedes Deck auf dem Schiff miteinander verbanden und im Notfall, sollten die Aufgänge nicht nutzbar sein, auch die Bewegung von A nach B gewährleisteten.

Ein Countdown zählte die letzten zehn Sekunden mit einem Piepen herunter. Nach dem Ablaufen schaltete sich die Dusche automatisch aus und ein Lüfter, der die Feuchtigkeit aufsog, ging in Betrieb.

»Brücke an Captain Ström.«

Er ließ die Schultern hängen. Das war der größte Nachteil, wenn man die Position auf dem Stuhl in der Mitte der Brücke hatte: Man war immer erreichbar, auch wenn man unter der Dusche stand.

Ström schloss die Tür der Kabine hinter sich, griff nach einem Handtuch und drückte den Knopf für die Sprechanlage.

»Was gibt es, Corby?«

»Wir mussten einen Notstopp einlegen, Madan und Zhou erwarten Sie im Maschinenraum.«

Ström hielt in seiner Bewegung inne. »Einen Notstopp?«

»Aye, Captain. Angeordnet von Madan.«

»Sagen Sie ihr, ich bin in fünf Minuten da.«

Sichtung

Zhou fing Ström direkt ab, als er den Maschinenraum betrat. Madan saß auf dem Boden und zog eine Platine aus einer Konsole heraus, drehte sie und runzelte die Stirn.

»Wir haben ein massives Problem mit dem Diagnosesystem«, sagte Zhou und bat Ström mit einer Handbewegung, ihm zu folgen.

Zögerlich kam der Captain dem nach. Madans besorgte Miene verhieß noch mehr schlechte Neuigkeiten.

»Sehen Sie.« Zhou zeigte auf das Display an seinem Arbeitsplatz.

»Welches System ist das?« Ström hatte nur den Pflichtkurs im Programmieren abgelegt, dennoch hätte er auch ohne ihn geahnt, dass es kein gutes Zeichen war, wenn etliche Zeilen im Log rot hinterlegt waren.

»Der aeroponische Garten.«

»Galvao hat mir schon berichtet, dass es Probleme gibt.«

»Normalerweise sollte uns das Diagnoseprogramm eine Meldung schicken, wenn es Fehler nicht selbstständig beheben kann. Das hat während des Testfluges auch gut funktioniert.«

»Und warum tut es das jetzt nicht mehr?«, wollte der Captain wissen. Mehr eine rhetorische Frage. Wenn Zhou es wüsste, hätte er es ihm schon längst mitgeteilt.

»Das kann ich noch nicht sagen, aber ich fürchte, es ist der Grund, warum wir glaubten, dass alles so schön glatt läuft. Durch die doppelte Absicherung des Systems fiel es erst auf, als auch der Ersatz …« Er brach seine Erklärung ab, als Madan zu ihnen kam.

Ohne ein Wort drückte sie Ström eine Platine in die Hand.

»Durchgeschmort«, stellte er beim Anblick der dunklen Flecken an den Verbindungspunkten auf der Oberfläche fest.

»Ganz genau. Sie ist überhitzt und das haben die Verbindungen auf Dauer nicht ausgehalten.« Sie verschränkte die Arme. »Ich kann mir nicht erklären, warum hier überhaupt noch etwas funktioniert. Ich habe alle Wartungsteams zusammengerufen, sie prüfen seit zehn Minuten stichprobenartig weitere Systeme.« Madan atmete tief ein und ließ die Luft ganz langsam wieder entweichen. »Es sieht schlecht aus. Bisher haben sie überall solche Schäden gefunden.«

Ström schloss die Augen und fuhr sich durch das noch feuchte Haar. War das eingetroffen, was Admiral Miller prophezeit hatte? Sie trieben im All und wenn das Schicksal es schlecht mit ihnen meinte, konnte es von einen auf den anderen Moment verdammt dunkel und kalt werden.

»Gut, tun wir das, was wir bisher bei allen Schwierigkeiten getan haben: Packen wir sie an.« Er sah zu seiner Chefingenieurin und dem Programmierer. »Was brauchen Sie? Wie können die anderen Stationen Sie unterstützen?«

Madan und Zhou sahen einander an und nickten sich entschlossen zu.

»Wir müssen jede einzelne Platine kontrollieren. Ich brauche jede verfügbare Person, die dabei helfen kann und etwa eine Handvoll Leute, die Ersatzteile drucken«, sagte Madan.

»Die bekommst du. Gib eine entsprechende Anweisung an alle Stationen. Zhou?«

»Ich könnte jeden brauchen, der mehr Kenntnisse in Informatik hat als die Pflichtlesung an der Akademie liefert. Egal, ob eine Ausbildung in dem Bereich oder ein Studium, das nicht beendet wurde, oder einfach privates Interesse. Wir müssen sämtliche Logs manuell durchgehen und herausfinden, was das Hauptproblem ist und was nur die Folgen daraus.«

»Wir geben eine entsprechende Nachricht an alle Besatzungsmitglieder durch. Noch etwas?«

Madan schüttelte den Kopf. »Damit ist uns erst einmal geholfen. Wir melden uns, wenn wir noch etwas brauchen.«

»In Ordnung, ich bin auf der Brücke und werde dort die Hardware sichten.«

Erste Funde

Zhou war erstaunt darüber, wie viele in der Besatzung irgendwann mal einen Weg in die Informatik eingeschlagen und dann wieder verlassen hatten. Es waren acht Crewmitglieder im Computerkontrollzentrum neben dem Maschinenraum erschienen, um ihm und seinem Team unter die Arme zu greifen. Darunter auch der Wissenschaftsoffizier Corby und der Kommunikationsoffizier Adams, der seinen Posten auf der Brücke zwar nicht verlassen konnte, aber von dort aus der Gruppe über einen Bildschirm zugeschaltet war.

»Erst einmal danke für eure Unterstützung. Da wir uns auf die Selbstdiagnose des Computers nicht verlassen können, müssen wir uns sämtliche Fehlermeldungen in den Logs der letzten zwei Wochen anschauen.«

»Gibt es etwas, worauf wir besonders achten sollen?«, fragte Corby.

»Auf Regelmäßigkeiten. Das Problem hat eine Menge Fehler nach sich gezogen und wir müssen die Ursache finden, bevor wir uns mit den Auswirkungen beschäftigen können.« Er wünschte, er hätte eine andere Antwort gehabt. »Ich werde euch jetzt in Gruppen aufteilen und den einzelnen Systemen zuteilen. Beginnt eure Suche am dreißigsten Juni. Gibt es noch irgendwelche Fragen?«

Hoffen wir mal, dass das System nicht zusammenbricht, bis wir fertig sind.

Hellgraue Codes reihten sich zeilenweise auf dem schwarzen Hintergrund. Alle Fehler waren in Orange unterlegt. Hatte das Selbstdiagnoseprogramm sie behoben, waren sie grün. War dem Programm das nicht gelungen, erschien die Zeile in Rot.

Zhou scrollte sich durch die Wände aus Zeilen, bis sie vor seinen Augen verschwammen. Dann schaute er auf, lehnte sich für einen Moment zurück und sah, soweit es in dem Raum möglich war, in die Ferne. Er dachte an die ersten Computer, auf denen es noch keine grafische Oberfläche gegeben hatte und jeder Befehl einzeln eingegeben werden musste. Wie hatten die damaligen Programmierer das ausgehalten? Vor seinem geistigen Auge erschienen die Bilder, die er aus dieser Zeit kannte: klobige, tiefe Gehäuse, die den kompletten Schreibtisch einnahmen, und eine dagegen winzige Bildschirmfläche. Davor teils gebückt sitzende Männer in Karohemden und dicken Hornbrillen auf der Nase. Frauen waren, im Gegensatz zur heutigen Zeit, in diesem Zweig nur rar gesät gewesen. Eine von ihnen war Margaret Hamilton gewesen, die auch die Namensgeberin für eine der beiden Raumfähren der Hawking war.

Grau, orange, grün, irgendwas.exe startete und wurde wieder beendet. Zwischendurch etwas Rotes, aber auch das war in den folgenden Zeilen wieder grün. Außenstehende wären erschrocken gewesen, wenn sie gewusst hätten, wie viele kleine Aussetzer ein solches System im Laufe des Tages haben konnte, ohne dass es größere Auswirkungen hatte. Zhou und sein Team bezeichneten es auch gerne als Schluckauf. Diese kleinen Dinge korrigierten sich meist allein.

---ENDE DER LESEPROBE---