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Isaac Asimov

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Beschreibung

Die Anfänge der Foundation

Man schreibt das Jahr 12020. Von der Hauptstadt Trantor aus regiert Cleon I. über sein gigantisches Sternenreich. Doch das Imperium zeigt erste Risse, und der Imperator weiß, dass seine Herrschaft bedroht ist. Dunkel und unheilschwanger liegt eine ungewisse Zukunft vor ihm, denn der Zerfall, so behaupten es alle Prognosen, lässt sich nicht aufhalten. Nicht einmal die neuste Wissenschaft, die Psychohistorik, kann etwas gegen den drohenden Untergang ausrichten ...

Seine Vision umspannt Jahrtausende, sein Zukunftsbild der Menschheit umfasst die gesamte Galaxis: Isaac Asimov hat mit seinen Romanen nicht nur die Geschichte der Science Fiction entscheidend geprägt. Er war mit seinen ehrgeizigen Entwürfen einer Gesellschaft, die das All besiedelt und sich zu einem Volk von Sternenfahrern entwickelt, maßgeblich an der Begeisterung des goldenen Raumfahrtzeitalters des zwanzigsten Jahrhunderts beteiligt. Mit dem Foundation-Projekt hat Isaac Asimov eine autobiografisch gefärbte Vorgeschichte zum großen Foundation-Zyklus geschrieben.

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Seitenzahl: 629

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Das Buch

Man schreibt das Jahr 12020. Von der Hauptstadt Trantor aus regiert Cleon I. über die von Menschen besiedelte Galaxis – ein Reich, in dem das Licht Jahrhunderte braucht, um es zu durchqueren. Doch das Imperium zeigt erste Risse, und Cleon weiß, dass seine Herrschaft bedroht ist. Dunkel und unheilschwanger liegt die Zukunft vor ihm, denn der Zerfall des Sternenreiches, so zeigen alle Prognosen, ist nicht mehr aufzuhalten. Oder gibt es vielleicht doch eine Möglichkeit, um das Imperium zu retten?

Mit dem Foundation-Zyklus schuf Isaac Asimov wohl das bekannteste Werk der Science-Fiction des 20. Jahrhunderts. Das Foundation-Projekt ist der unmittelbare Vorläufer-Roman zur weltberühmten Foundation-Trilogie, dem zentralen Werk in Asimovs Zukunftssaga.

Der Autor

Isaac Asimov zählt gemeinsam mit Arthur C. Clarke und Robert A. Heinlein zu den bedeutendsten Science-Fiction-Autoren, die je gelebt haben. Er wurde 1920 in Petrowitsch, einem Vorort von Smolensk, in der Sowjetunion geboren. 1923 wanderten seine Eltern in die USA aus und ließen sich in New York nieder. Während seines Chemie-Studiums an der Columbia University begann er, Science-Fiction-Geschichten zu schreiben. Seine erste Story erschien im Juli 1939, und in den folgenden Jahren veröffentlichte er in rascher Folge die Erzählungen und Romane, die ihn weltberühmt machten. Neben der Science-Fiction hat Asimov auch zahlreiche populärwissenschaftliche Sachbücher zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Er starb im April 1992.

Mehr über Isaac Asimov und seine Romane auf:

Titel der amerikanischen Originalausgabe

FORWARD THE FOUNDATION

Deutsche Übersetzung von Irene Holicki

Taschenbuchausgabe 06/2014

Copyright © 1993 by Nightfall Inc.

Copyright © 2014 der Taschenbuchausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München

Satz: Schaber Datentechnik, Wels

ISBN: 978-3-641-13206-4

www.diezukunft.de

INHALT

ERSTER TEIL ETO DEMERZEL

ZWEITER TEIL CLEON I.

DRITTER TEIL DORS VENABILI

VIERTER TEIL WANDA SELDON

FÜNFTER TEIL EPILOG

ERSTER TEIL

ETO DEMERZEL

Demerzel, Eto – … Zwar steht außer Frage, dass Eto Demerzel während der Regentschaft Kaiser Cleons I. viele Jahre lang der eigentliche Herrscher war, doch wie er seine Macht gebrauchte, darüber sind die Historiker geteilter Meinung. Nach klassischem Verständnis ist er der langen Reihe starker und skrupelloser Tyrannen im letzten Jahrhundert des noch ungeteilten Galaktischen Imperiums zuzuordnen, doch inzwischen werden auch wieder revisionistische Stimmen laut, die ihn, wenn überhaupt, dann als aufgeklärten Despoten bezeichnen. Von dieser Seite wird sein Verhältnis zu Hari Seldon sehr betont, das freilich immer im ungewissen bleiben wird, insbesondere, was die Episode mit Laskin Joranum betrifft, dessen kometenhafter Aufstieg …

ENCYCLOPAEDIA GALACTICA1

1 Alle hier angeführten Zitate aus der ENCYCLOPAEDIA GALACTICA wurden mit Erlaubnis des Verlages der 116. Ausgabe, Encyclopaedia Galactica Publishing C., Terminus, 1020 F. Ä. entnommen.

1

»Ich muss es dir noch einmal sagen, Hari«, erklärte Yugo Amaryl, »dein Freund Demerzel steckt zutiefst in Schwierigkeiten.« Das Wort »Freund« sprach er mit leichtem Nachdruck und unüberhörbarer Abneigung aus.

Hari Seldon hatte den gehässigen Unterton wohl bemerkt, ging aber nicht weiter darauf ein, sondern schaute nur von seinem 3D-Computer auf und meinte: »Und ich sage dir noch einmal, Yugo, dass das Unsinn ist.« Dann fuhr er – mit einer Spur, nur einer Spur von Gereiztheit – fort: »Warum kommst du immer wieder damit an und stiehlst mir die Zeit?«

»Weil ich es für wichtig halte.« Amaryl nahm Platz, eine herausfordernde Geste, die andeuten sollte, dass er sich nicht so leicht abwimmeln lassen würde. Hier war er, und hier würde er bleiben.

Vor acht Jahren hatte er noch in den Glutsümpfen von Dahl gearbeitet – tiefer konnte man auf der gesellschaftlichen Stufenleiter nicht stehen. Seldon hatte ihn dort herausgeholt und einen Mathematiker aus ihm gemacht, einen Intellektuellen – mehr noch, einen Psychohistoriker.

Yugo blieb sich stets bewusst, was er einst gewesen war, was er jetzt war und wem er seinen Aufstieg zu verdanken hatte. Deshalb würde er mit Hari Seldon notfalls hart ins Gericht gehen – um Seldons willen –, und weder sein Respekt vor dem älteren Mann noch seine Liebe zu ihm und erst recht nicht die Rücksicht auf die eigene Karriere konnten ihn davon abhalten. Diese Strenge – und noch viel mehr – war er Seldon einfach schuldig.

»Hör zu, Hari«, sagte er, während er mit der Linken Axtschläge in die Luft führte, »du hältst aus für mich unerfindlichen Gründen große Stücke auf diesen Demerzel, aber ich kann dir da nicht folgen. Kein Mensch, dessen Meinung mir etwas bedeutet – dich ausgenommen –, ist von ihm besonders angetan. Was mit ihm passiert, ist mir gleichgültig, Hari, aber solange ich den Eindruck habe, dass es dir nicht gleichgültig ist, kann ich gar nicht anders, als dich auf gewisse Dinge aufmerksam zu machen.«

Seldon lächelte, nicht nur über Amaryls Pathos, sondern auch, weil er dessen Besorgnis für völlig überflüssig hielt. Er hatte Yugo Amaryl gern – und mehr als das. Yugo gehörte zu den vier Menschen – Eto Demerzel, Dors Venabili, Yugo Amaryl und Raych –, die Hari damals, in der kurzen Phase seiner Flucht über den Planeten Trantor kennengelernt hatte, Menschen, wie sie ihm seither nicht mehr begegnet waren.

Diese vier waren ihm auf eine ganz besondere und jeweils unterschiedliche Art unentbehrlich geworden – Yugo Amaryl deshalb, weil er die Prinzipien der Psychohistorik so rasch erfasst hatte und nun mit so viel Fantasie in neue Bereiche vordrang. Seldon fand es tröstlich zu wissen, dass, sollte ihm selbst etwas zustoßen, ehe er die grundlegenden mathematischen Probleme des Projekts vollständig lösen konnte – es ging so langsam voran, und immer neue Hindernisse türmten sich auf –, zumindest ein fähiger Kopf übrig bliebe, der imstande wäre, die Forschungen fortzusetzen.

»Sei mir nicht böse, Yugo«, sagte er. »Ich wollte nicht ungeduldig sein und auch nicht von vorneherein verwerfen, was immer du mir unbedingt begreiflich machen willst. Es ist einfach mein Posten; die Leitung dieser Fakultät …«

Nun war die Reihe zu lächeln an Amaryl, er lachte sogar leise in sich hinein. »Entschuldige, Hari, ich sollte mich darüber nicht mokieren, aber du bist für ein solches Amt nun wirklich nicht geboren.«

»Als ob ich das nicht wüsste, aber ich muss es eben lernen. Ich muss nach außen hin einer harmlosen Beschäftigung nachgehen, und es gibt nichts – absolut nichts –, was harmloser wäre, als die mathematische Fakultät der Universität von Streeling zu leiten. Hier kann ich mich den ganzen Tag mit irgendwelchem Verwaltungskram beschäftigen, und niemand braucht von unseren psychohistorischen Forschungen zu erfahren oder hat Grund, sich danach zu erkundigen. Die Schwierigkeit ist nur, ich bin den ganzen Tag mit irgendwelchem Verwaltungskram beschäftigt, und deshalb fehlt mir die Zeit, um …« Sein Blick wanderte durch sein Büro und blieb an den Computern hängen. Sie enthielten Material, auf das nur er und Amaryl Zugriff hatten. Sollte jemand anderer zufällig darüber stolpern, so war alles sorgfältig in einer selbst erfundenen Symbolsprache verschlüsselt, die außer ihnen niemand verstehen würde.

»Warte nur, bis du dich richtig eingearbeitet hast«, tröstete Amaryl, »und anfangen kannst zu delegieren, dann bleibt dir auch mehr Zeit für dich.«

»Hoffentlich.« Seldon war nicht überzeugt. »Aber was gibt es über Eto Demerzel denn nun so Wichtiges zu erzählen?«

»Nur das eine, dass Eto Demerzel, der Kanzler unseres erhabenen Kaisers, eifrig dabei ist, einen Aufstand anzuzetteln.«

Seldon runzelte die Stirn. »Wozu sollte er das wollen?«

»Ich sage nicht, dass er es will. Aber er tut es – ob er es weiß oder nicht –, und einige seiner politischen Feinde leisten ihm dabei kräftig Schützenhilfe. Nicht dass ich etwas dagegen hätte, damit du mich richtig verstehst. Ich fände es im Idealfall nicht schlecht, wenn er aus dem Palast und von Trantor verschwände … am liebsten gleich aus dem ganzen Imperium. Aber wie bereits gesagt, du hältst große Stücke auf ihn, und deshalb will ich dich warnen. Ich habe nämlich den Verdacht, dass du dich nicht so eingehend mit den neuesten politischen Strömungen beschäftigt hast, wie es nötig wäre.«

»Es gibt wichtigere Dinge«, wandte Seldon sanft ein.

»Wie etwa die Psychohistorik, zugegeben. Aber wie können wir hoffen, die Psychohistorik erfolgreich weiterzuentwickeln, wenn wir nicht wissen, was in der Politik vorgeht? In der Tagespolitik, meine ich. Jetzt – jetzt – ist der Moment, in dem die Gegenwart zur Zukunft wird. Wir dürfen nicht nur die Vergangenheit studieren. Was in der Vergangenheit geschehen ist, wissen wir bereits. Überprüfen können wir unsere Erkenntnisse nur an der Gegenwart und an der nahen Zukunft.«

»Mir scheint«, sagte Seldon, »als hörte ich dieses Argument nicht zum ersten Mal.«

»Und du hast es auch nicht zum letzten Mal gehört. Aber ich schaffe es offenbar nicht, es dir begreiflich zu machen.«

Seldon lehnte sich seufzend zurück und sah Amaryl lächelnd an. Der junge Mann war manchmal recht aggressiv, aber er nahm die Psychohistorik ernst – und das wog alles auf.

Amaryl war noch immer geprägt von seinen Jahren in den Glutsümpfen. Er hatte die breiten Schultern und die kräftige Statur eines körperlich schwer arbeitenden Menschen, und er hatte seine Muskulatur nicht schlaff werden lassen. Das war gut so, denn es spornte auch Seldon dazu an, nicht die ganze Zeit nur am Schreibtisch zu sitzen. Zwar verfügte er nicht über Amaryls rohe Kraft, dafür stand er als Twistkämpfer immer noch seinen Mann – auch wenn er eben vierzig geworden war und sich seine Kondition nicht ewig würde erhalten können. Vorerst würde er das Training jedenfalls fortführen. Dank der täglichen Übungen hatte er keinen Bauch angesetzt, und seine Arme und Beine waren immer noch straff.

»Du sorgst dich doch gewiss nicht nur deshalb um Demerzel, weil er ein Freund von mir ist«, sagte er. »Da muss noch mehr dahinterstecken.«

»Das ist kein Geheimnis. Solange du Demerzels Freund bist, ist deine Stellung hier an der Universität gesichert, und du kannst deine psychohistorischen Forschungen weiterbetreiben.«

»Na bitte. Du siehst also durchaus ein, dass ich allen Grund habe, mich gut mit ihm zu stellen.«

»Du hast ein Interesse daran, gute Beziehungen mit ihm zu pflegen. Das kann ich verstehen. Aber Freundschaft – nein, das will mir nicht in den Kopf. Wie auch immer – wenn Demerzel seine Macht verlöre, dann würde, ganz abgesehen von den Auswirkungen auf deine Stellung hier, Cleon selbst die Leitung des Imperiums übernehmen, und damit würde sich der Niedergang beschleunigen. Am Ende bräche die Anarchie über uns herein, ehe wir sämtliche psychohistorischen Konsequenzen ausgearbeitet und es der Wissenschaft ermöglicht hätten, die Menschheit zu retten.«

»Ich verstehe. – Aber weißt du, ich glaube fest daran, dass die Psychohistorik rechtzeitig stehen wird, um den Untergang des Imperiums zu verhindern.«

»Selbst wenn sich der Untergang nicht verhindern ließe, könnten wir doch wenigstens die Folgen abfedern, nicht wahr?«

»Vielleicht.«

»Na also. Je länger man uns ungestört arbeiten lässt, desto besser sind die Aussichten, den Untergang zu verhindern oder zumindest seine Auswirkungen zu dämpfen. Und wenn dem so ist, könnte es im Umkehrschluss erforderlich sein, Demerzel zu retten, ob es uns – zumindest mir – gefällt oder nicht.«

»Und doch sagtest du eben, es wäre dir am liebsten, wenn er aus dem Palast, von Trantor und aus dem ganzen Imperium verschwände.«

»Ja, aber ich sagte, im Idealfall. Da jedoch der Idealfall nicht gegeben ist, brauchen wir unseren Kanzler, auch wenn er ein Werkzeug der Repression und der Tyrannei ist.«

»Ich verstehe. Aber was veranlasst dich zu der Meinung, die Auflösung des Imperiums stehe so unmittelbar bevor, dass der Sturz eines Kanzlers als Auslöser genügen würde?«

»Die Psychohistorik.«

»Setzt du sie für Prognosen ein? Wir haben doch noch nicht einmal das Fundament. Wie kannst du da Voraussagen machen?«

»Es gibt schließlich so etwas wie Intuition, Hari.«

»Intuition hat es immer gegeben. Aber wir wollen einiges mehr, nicht wahr? Wir wollen in der Lage sein, mit mathematischen Verfahren die Wahrscheinlichkeit ganz bestimmter, künftiger Entwicklungen in dieser oder jener Situation zu errechnen. Wenn wir uns nur von der Intuition leiten lassen wollten, wäre die Psychohistorik schließlich überflüssig.«

»Es ist doch nicht unbedingt eine Frage des Entweder-Oder, Hari. Ich spreche von beidem: Womöglich ist die Kombination die beste Lösung – zumindest bis wir die Psychohistorik ausreichend vervollkommnet haben«, seufzte Seldon. »Aber worin siehst du denn nun die Gefahr für Demerzel? Was könnte ihm so gravierend schaden oder ihn gar stürzen? Wir sprechen doch von Demerzels Sturz?«

»Ja.« Amaryls Züge verhärteten sich.

»Dann kläre mich auf. Erbarme dich meiner Unwissenheit.«

Amaryl errötete. »Jetzt sitzt du aber sehr auf dem hohen Ross, Hari. Du hast doch gewiss von Jo-Jo Joranum gehört.«

»Natürlich. Ein Demagoge – warte, woher kommt er noch? Von Nishaya, richtig? Eine ganz unbedeutende Welt. Nichts als Ziegenhirten, glaube ich. Und hochwertiger Käse.«

»Genau. Aber er ist nicht nur ein einfacher Demagoge. Er verfügt über eine große, immer weiter wachsende Anhängerschaft. Er gibt vor, für soziale Gerechtigkeit und stärkere Beteiligung des Volkes an politischen Entscheidungen einzutreten.«

»Richtig«, sagte Seldon. »Davon habe ich gehört. Sein Schlachtruf lautete: ›Die Staatsgewalt in die Hände des Volkes.‹«

»Nicht ganz, Hari. Er sagt: ›Die Staatsgewalt ist das Volk.‹«

Seldon nickte. »Tja, weißt du, die Vorstellung kommt mir eigentlich sehr entgegen.«

»Mir ebenso. Ich wäre absolut dafür – wenn Joranum es ehrlich meinte. Aber das tut er nicht, er sieht die Kampagne nur als Sprungbrett. Für ihn ist sie ein Weg, nicht das Ziel. Er will sich Demerzel vom Halse schaffen. Ohne ihn ist Cleon willenloses Werkzeug. Joranum wird den Thron für sich beanspruchen, und dann ist er das Volk. Du selbst hast mir erzählt, dass es in der Geschichte des Imperiums eine ganze Reihe solcher Episoden gegeben hat – und derzeit ist das Imperium so schwach und instabil wie noch nie. Ein Schlag, der es in früheren Jahrhunderten lediglich ins Wanken gebracht hätte, könnte es heute zerschmettern. Das Imperium würde sich in Bürgerkriege verstricken und sich nie wieder davon erholen, und noch haben wir keine Psychohistorik, die uns zeigen könnte, was dagegen zu tun wäre.«

»Ja, ich weiß, was du meinst, aber ganz so leicht wird man Demerzel doch wohl nicht los.«

»Du weißt nicht, wie stark Joranum inzwischen geworden ist.«

»Es kommt nicht darauf an, wie stark er geworden ist.« Seldon runzelte nachdenklich die Stirn. »Warum haben seine Eltern ihn eigentlich Jo-Jo genannt? Der Name klingt irgendwie infantil.«

»Seine Eltern hatten damit nichts zu tun. In Wirklichkeit heißt er Laskin, und der Name ist auf Nishaya sehr gebräuchlich. ›Jo-Jo‹ hat er sich selbst ausgesucht, vermutlich, weil sein Familienname mit dieser Silbe anfängt.«

»Dann ist er doch erst recht ein Kindskopf, meinst du nicht auch?«

»Keineswegs. Seine Anhänger schreien es immer und immer wieder: ›Jo … Jo … Jo … Jo.‹ Sie versetzen sich damit regelrecht in Trance.«

»Na schön.« Seldon machte Anstalten, sich wieder seinem 3D-Computer und der multidimensionalen Simulation zuzuwenden, die dieser erzeugt hatte. »Warten wir ab, was passiert.«

»Lässt dich das alles wirklich so kalt? Glaube mir, es ist Gefahr im Verzug.«

»Nein, dem ist nicht so.« Seldon fixierte ihn mit eisigem Blick, seine Stimme war plötzlich hart geworden. »Du kennst nicht alle Fakten.«

»Welche Fakten kenne ich nicht?«

»Darüber unterhalten wir uns ein andermal, Yugo. Im Moment kümmerst du dich bitte um deine Arbeit und überlässt es mir, mich um Demerzel und den Zustand des Imperiums zu sorgen.«

Amaryls Lippen wurden schmal, aber die Macht der Gewohnheit zwang ihn zum Gehorsam. »Jawohl, Hari.«

Diese Macht war jedoch nicht unwiderstehlich. An der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte: »Du machst einen Fehler, Hari.«

Seldon lächelte. »Das glaube ich nicht, aber du hast mich ja gewarnt, und ich werde die Warnung nicht vergessen. Trotzdem wird alles gut werden.«

Doch sobald Amaryl draußen war, verblasste Seldons Lächeln. – Würde wirklich alles gut werden?

2

Seldon vergaß Amaryls Warnung zwar tatsächlich nicht, aber sie beschäftigte ihn auch nicht allzu sehr. Sein vierzigster Geburtstag kam und ging vorüber – und mit ihm der inzwischen vertraute, psychische Schock.

Vierzig! Damit war er kein junger Mann mehr. Das Leben lag nicht länger vor ihm wie ein weites, unerforschtes Land, dessen Grenzen sich in der Ferne verloren. Seit acht Jahren war er nun auf Trantor, und die Zeit war vergangen wie im Flug. Noch einmal acht Jahre, und er würde fast fünfzig sein. Damit wäre das Greisenalter bereits bedrohlich nahe gerückt.

Und mit der Psychohistorik hatte er noch nicht einmal so recht begonnen! Yugo Amaryl redete munter von Gesetzen und stellte Gleichungen auf, die auf kühnen, nur von Intuition getragenen Voraussetzungen beruhten. Aber wie sollte man diese Voraussetzungen überprüfen? Noch war die Psychohistorik keine empirische Wissenschaft. Um die Erkenntnisse bis ins Letzte zu beweisen, wären Experimente mit ganzen Welten voller Menschen erforderlich, über Jahrhunderte hinweg – und ohne Rücksicht auf moralische Bedenken irgendwelcher Art.

Das Problem schien unlösbar, Seldon ärgerte sich über jede Minute, die er mit Verwaltungsarbeiten vergeuden musste, und trat jeden Abend in miserabler Laune den Nachhauseweg an.

Zumeist pflegte der Spaziergang über den Campus seine Lebensgeister wieder zu wecken. Die Universität Streeling lag unter einer hohen Kuppel, und so hatte man das Gefühl, sich im Freien aufzuhalten, ohne den Unbilden der Witterung ausgesetzt zu sein, ähnlich, wie er es bei seinem (bisher einzigen) Besuch im Kaiserlichen Palast erlebt hatte. Hier gab es Bäume, Rasenflächen und Wege, die ihn fast an den Campus seines alten College auf seiner Heimatwelt Helicon erinnerten.

An diesem Tag sah das Wetterzentrum die Illusion einer Wolkendecke vor, durch die in unregelmäßigen Abständen das Sonnenlicht (natürlich nur Sonnenlicht, nicht etwa die Sonne selbst) drang, um dann wieder zu verschwinden. Und es war ein ganz klein wenig kühl.

Seldon kam es so vor, als seien die kühlen Tage in letzter Zeit etwas häufiger geworden. Wollte Trantor Energie sparen? War wachsende Inkompetenz die Ursache? Oder (Unmut durchzuckte ihn bei dem Gedanken) wurde er einfach alt, wurde sein Blut immer dünner? Er steckte die Hände in die Jackentaschen und zog die Schultern hoch.

Im Allgemeinen überlegte er nicht, wohin er ging. Den Weg von seinem Büro zum Computerraum, von dort zu seiner Wohnung und wieder zurück kannte er im Schlaf. Normalerweise war er dabei mit seinen Gedanken anderswo, doch heute drang ein Geräusch in sein Bewusstsein. Ein Laut, der keine Bedeutung hatte.

»Jo … Jo … Jo … Jo …«

Die Rufe waren leise und noch ziemlich fern, aber sie weckten eine Erinnerung. Richtig, Amaryls Warnung. Der Demagoge. War er etwa hier auf dem Campus?

Seldons Beine schwenkten ab, ohne dass er sich bewusst dazu entschlossen hätte, und trugen ihn über die kleine Anhöhe zum Großen Platz der Universität, auf dem sonst gymnastische Übungen, Sportveranstaltungen und Studentengottesdienste abgehalten wurden.

Mitten auf dem Platz hatte sich eine nicht allzu große Gruppe begeistert skandierender Studenten versammelt. Auf einer Plattform stand jemand, den Seldon nicht kannte, jemand, der mit lauter Stimme und in zündendem Rhythmus eine Rede hielt.

Dieser Mann war jedoch nicht Joranum. Seldon hatte den Volkshelden mehrmals in Holovision gesehen, und seit Amaryls Warnung hatte er ihn genau beobachtet. Joranum war ein Hüne von einem Mann, der sich mit seinem tückischen Lächeln anzubiedern suchte. Er hatte dichtes, rotblondes Haar und hellblaue Augen.

Dieser Redner dagegen war klein – eher schmächtig, er hatte einen breiten Mund, schwarzes Haar, und er war laut. Seldon hörte eigentlich nicht zu, aber die Phrase »Macht für alle, nicht nur für einen« und den vielstimmigen Antwortschrei bekam er doch mit.

Schön, dachte Seldon, aber wie gedenkt er das in die Tat umzusetzen – und meint er es auch ernst?

Inzwischen hatte er die Menge erreicht und suchte nach einem bekannten Gesicht. Er entdeckte Finangelos, einen Mathematikstudenten aus den unteren Semestern. Ein netter Junge mit dunkler Haut und Kraushaar.

»Finangelos«, rief Seldon.

»Professor Seldon.« Einen Moment lang starrte der Student ihn an, als habe er Mühe, seinen Dozenten ohne ein Keyboard unter den Händen zu erkennen. Dann kam er auf ihn zugetrottet. »Sind Sie gekommen, um sich den Burschen anzuhören?«

»Ich bin nicht eigens dazu hergekommen, der Lärm hat mich angezogen. Wer ist das denn?«

»Er heißt Namarti, Professor. Er unterstützt Jo-Jo.«

»Das höre ich auch.« Seldon konstatierte, dass der Sprechchor offenbar jedes Mal dann einsetzte, wenn der Redner ein besonders überzeugendes Argument vorbrachte. »Aber wer ist dieser Namarti? Der Name sagt mir nichts. Welcher Fakultät gehört er an?«

»Er hat nichts mit der Universität zu tun, Professor. Er ist einer von Jo-Jos Leuten.«

»Wenn er nicht zur Universität gehört, darf er hier nur mit Sondergenehmigung sprechen. Glauben Sie, er hat eine solche Genehmigung?«

»Keine Ahnung, Professor.«

»Nun, dann lassen Sie uns das einmal in Erfahrung bringen.«

Seldon wollte sich durch die Menge drängen, aber Finangelos fasste ihn am Ärmel. »Fangen Sie keinen Streit an, Professor. Er hat seine Schläger dabei.«

Hinter dem Redner standen, in großen Abständen voneinander, breitbeinig, mit verschränkten Armen und finsteren Gesichtern, sechs junge Männer.

»Schläger?«

»Männer fürs Grobe, falls jemand auf dumme Gedanken kommen sollte.«

»Dann gehört er ganz bestimmt nicht zur Universität, und auch eine Sondergenehmigung würde für seine sogenannten ›Schläger‹ nicht gelten. – Finangelos, alarmieren Sie die Sicherheitskräfte. Sie müssten inzwischen auch ohne Aufforderung längst hier sein.«

»Schätze, die wollen keinen Ärger«, murmelte Finangelos. »Bitte, Professor, halten Sie sich raus. Wenn Sie meinen, hole ich die Sicherheitsleute, aber Sie warten bitte, bis sie da sind.«

»Vielleicht kann ich die Versammlung noch vorher sprengen.«

Er drängte sich durch die Menschen. Das war nicht weiter schwierig. Einige der Anwesenden kannten ihn, und die Schulterklappe, die ihn als Professor auswies, war für alle deutlich sichtbar. Als er die Plattform erreichte, stützte er beide Hände auf die Kante und schwang sich mit leisem Ächzen hinauf. Vor zehn Jahren hätte er das mit einer Hand und ohne Ächzen geschafft, dachte er verdrießlich.

Er richtete sich auf. Der Redner war verstummt und musterte ihn misstrauisch mit eiskalten Augen.

Seldon sagte ganz ruhig: »Sie haben eine Sondergenehmigung für eine Ansprache vor den Studenten, mein Herr?«

»Wer sind Sie?«, fragte der Redner. Er sagte es laut, mit weittragender Stimme.

»Ich gehöre dem Lehrkörper dieser Universität an.« Seldons Stimme war nicht weniger laut. »Ihre Genehmigung, bitte?«

»Ich spreche Ihnen das Recht ab, mir solche Fragen zu stellen.« Die jungen Männer hinter dem Redner waren näher getreten.

»Wenn Sie keine haben, würde ich Ihnen raten, das Universitätsgelände unverzüglich zu verlassen.«

»Und wenn ich das nicht tue?«

»Nun, unter anderem sind die Sicherheitskräfte der Universität bereits unterwegs.« Seldon wandte sich an die Menge. »Studenten«, rief er, »hier auf dem Campus genießen wir Rede- und Versammlungsfreiheit, doch beides kann uns entzogen werden, wenn wir zulassen, dass Außenseiter ohne Sondergenehmigung unbefugt …«

Eine Hand legte sich schwer auf seine Schulter, er zuckte zusammen und drehte sich um. Wie er feststellte, gehörte sie einem der Männer, die Finangelos als »Schläger« bezeichnet hatte.

Der Mann befahl mit einem starken Akzent, den Seldon nicht gleich einordnen konnte: »Verschwinden Sie hier – aber flott.«

»Was nützt Ihnen das?«, fragte Seldon. »Die Sicherheitskräfte werden jeden Moment hier sein.«

»In diesem Fall«, grinste Namarti wölfisch, »kommt es eben zu Krawallen. Das kann uns nicht schrecken.«

»Natürlich nicht«, sagte Seldon. »Sie würden es sogar genießen, aber es wird nicht zu Krawallen kommen. Sie werden alle ruhig nach Hause gehen.« Wieder wandte er sich an die Studenten und schüttelte dabei die Hand auf seiner Schulter ab. »Wir werden dafür sorgen, nicht wahr?«

Jemand in der Menge rief: »Das ist Professor Seldon! Der ist in Ordnung! Tut ihm nichts!«

Seldon spürte, dass die Menge gespalten war. Natürlich wären einige von den Anwesenden immer für ein Handgemenge mit den Sicherheitskräften der Universität zu haben. Dafür gab es gewiss auch Studenten, die ihn persönlich sympathisch fanden, und andere, die ihn zwar nicht kannten, aber ein gewaltsames Vorgehen gegen ein Mitglied des Lehrkörpers nicht billigen würden.

Eine Frauenstimme ließ sich vernehmen: »Vorsicht, Professor!«

Seufzend betrachtete Seldon die jungen Hünen, denen er gegenüberstand. Auch wenn er ein fähiger Twistkämpfer war, wusste er nicht, ob er ihnen gewachsen sein würde, ob seine Reflexe schnell genug, seine Muskeln kräftig genug waren.

Einer der Schläger kam näher, in blinder Selbstüberschätzung natürlich. Aber ziemlich langsam, wodurch Seldon die Zeit bekam, die sein alternder Körper brauchen würde. Zudem begann der Junge die Auseinandersetzung mit ausgestrecktem Arm, das erleichterte die Sache.

Seldon packte den Arm, wirbelte herum, duckte sich, stieß den Arm nach oben und riss ihn ächzend nach unten (wieso ächzte er schon wieder?). Der Schläger flog, teils von seinem eigenen Schwung getragen, durch die Luft und landete mit ausgerenktem rechten Schultergelenk und einem dumpfen Aufprall an der Außenkante der Plattform.

Das Publikum quittierte diese überraschende Entwicklung mit einem wilden Aufschrei. Mit einem Schlag brach so etwas wie Korpsgeist aus.

»Gib’s ihnen, Prof!«, ertönte eine Stimme. Andere nahmen den Ruf auf.

Seldon strich sich das Haar aus der Stirn und bemühte sich, nicht zu keuchen. Mit einem Fuß schob er den stöhnenden Schläger von der Plattform.

»Noch jemand?«, fragte er freundlich. »Oder wollen Sie nicht doch lieber ruhig nach Hause gehen?«

Er baute sich vor Namarti und seinen fünf Getreuen auf, und als sie unschlüssig zögerten, sagte er: »Ich warne Sie. Die Menge steht jetzt auf meiner Seite. Die Leute reißen Sie in Stücke, wenn Sie versuchen wollten, über mich herzufallen. – Schön, wer ist der Nächste? Los jetzt! Einer nach dem anderen.«

Beim letzten Satz erhob er die Stimme und winkte auffordernd mit dem gekrümmten Zeigefinger. Die Zuschauer johlten vor Vergnügen.

Namarti stand ungerührt da. Mit einem Satz war Seldon hinter ihm und legte ihm den Arm um die Kehle. Inzwischen erkletterten die ersten Studenten mit dem Ruf »Einer nach dem anderen! Einer nach dem anderen!« die Plattform und stellten sich zwischen die Leibwächter und Seldon.

Seldon verstärkte den Druck auf die Luftröhre seines Opfers und flüsterte ihm ins Ohr: »Es gibt da einen bestimmten Griff, Namarti, den ich seit Jahren übe und perfekt beherrsche. Sollten Sie Anstalten machen, sich loszureißen, zermalme ich Ihnen den Kehlkopf, sodass Sie bis an Ihr Lebensende nur noch flüstern können. Wenn Ihnen an Ihrer Stimme gelegen ist, dann tun Sie, was ich Ihnen sage. Sobald ich loslasse, schicken Sie Ihre Raufbolde weg. Ein Wort mehr als dazu nötig, und es ist das letzte Wort, das Sie mit normaler Stimme sprechen. Und sollte ich Sie jemals wieder auf diesem Campus erwischen, dann fasse ich Sie nicht mehr mit Samthandschuhen an. Dann ziehe ich die Sache durch.«

Er lockerte seinen Griff. Namarti sagte heiser: »Verschwindet, alle miteinander.« Seine Leute traten hastig den Rückzug an. Ihren verletzten Kameraden nahmen sie mit.

Als kurz darauf die Sicherheitskräfte der Universität eintrafen, sagte Seldon: »Bedaure, meine Herren. Blinder Alarm.«

Er verließ den Platz und setzte missmutig seinen Heimweg fort. Er hatte eine Seite von sich preisgegeben, die er lieber verborgen gehalten hätte. Er war Hari Seldon, der Mathematiker, nicht Hari Seldon, der sadistische Twistkämpfer.

Außerdem, grübelte er, würde Dors von dem Vorfall erfahren. Am besten erzählte er ihr gleich selbst davon, sonst kam ihr am Ende noch eine Version zu Ohren, die alles schlimmer machte, als es wirklich war.

Sie würde ohnehin nicht begeistert sein.

3

Dors war nicht begeistert.

Wie sie ihn, eine Hand lässig in die Hüfte gestützt, an der Wohnungstür erwartete, sah sie kaum anders aus als vor acht Jahren, als er sie hier an der Universität kennengelernt hatte: schlank, wohlproportioniert, mit rötlichblondem lockigem Haar – wunderschön in seinen Augen, aber nicht objektiv schön, wobei er freilich seit den ersten Tagen ihrer Freundschaft in Bezug auf sie auch zu keinem objektiven Urteil mehr fähig war.

Dors Venabili! So nannte er sie in Gedanken, als er ihr ruhiges Gesicht sah. Auf vielen Welten, sogar in vielen Bezirken von Trantor wäre es ganz normal gewesen, von Dors Seldon zu sprechen, aber er fand, damit hätte er sie als sein Eigentum abgestempelt, und das wollte er nicht, auch wenn dieser ehrwürdige Brauch bis in die nebelhaften Tiefen präimperialer Zeiten zurückreichte.

Mit einem traurigen Kopfschütteln, bei dem sich kaum ihre Locken bewegten, sagte Dors leise: »Ich weiß schon Bescheid, Hari. Was soll ich nun mit dir anfangen?«

»Ein Kuss wäre nicht verkehrt.«

»Mag sein, aber vorher werden wir der Sache auf den Grund gehen. Komm rein.« Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. »Wie du ja weißt, Liebster, habe ich meinen Kurs und meine wissenschaftliche Arbeit. Ich stecke immer noch in dieser grässlichen Geschichte des Königreichs Trantor, die für deine Forschungen angeblich so entscheidend ist. Soll ich das alles aufgeben, um dich auf Schritt und Tritt zu begleiten und zu beschützen? Das ist schließlich immer noch meine wichtigste Aufgabe. Mehr denn je, seit du mit deiner Psychohistorik auch noch Fortschritte machst.«

»Fortschritte? Ich wünschte, es wäre so. Aber zu beschützen brauchst du mich nicht.«

»Meinst du? Ich habe Raych losgeschickt, um nach dir zu suchen. Immerhin hattest du dich verspätet, und ich machte mir Sorgen. Du gibst mir sonst immer Nachricht, wenn es später wird. Wenn sich das anhört, als wäre ich dein Kerkermeister, dann tut es mir leid, Hari, aber ich muss nun einmal auf dich aufpassen.«

»Ist dir schon einmal der Gedanke gekommen, Kerkermeisterin Dors, dass ich hin und wieder ganz gerne die Ketten abstreife?«

»Und was erzähle ich Demerzel, wenn dir etwas zustößt?«

»Komme ich etwa zu spät zum Essen? Haben wir das Menü schon programmiert?«

»Nein. Ich habe auf dich gewartet. Und wenn du nun schon mal hier bist, kannst du ja das Programmieren übernehmen. Du bist, was das Essen angeht, sehr viel anspruchsvoller als ich. Und wechsle nicht schon wieder das Thema.«

»Hat Raych dir nicht gesagt, dass alles in Ordnung ist? Was gibt es dann noch groß zu bereden?«

»Als er dich fand, hattest du die Situation im Griff, und er war vor dir wieder hier, aber nicht lange vor dir. Einzelheiten habe ich nicht erfahren. Also: – Was – hast – du – angestellt?«

Seldon zuckte die Achseln. »Auf dem Großen Platz fand eine nicht genehmigte Versammlung statt, Dors, und ich habe sie aufgelöst. Andernfalls hätte die Universität womöglich völlig überflüssigen Ärger bekommen.«

»Und du fühlst dich berufen, das zu verhindern? Hari, du bist kein Twistkämpfer mehr. Du bist …«

»Ein alter Mann?«, fiel er ihr hastig ins Wort.

»Für einen Twistkämpfer schon. Du bist immerhin vierzig. Wie fühlst du dich?«

»Nun ja – ein bisschen steif.«

»Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Wenn du weiter den heliconischen Athletenjüngling spielst, brichst du dir eines Tages noch eine Rippe. – Und jetzt will ich wissen, was eigentlich los war.«

»Nun, ich habe dir doch von Amaryls Warnung erzählt, Jo-Jo Joranum bringe mit seiner Demagogie Demerzel in Schwierigkeiten.«

»Jo-Jo. Ja, das ist mir bekannt. Sag mir lieber, was ich noch nicht weiß. Was ist heute passiert?«

»Auf dem Großen Platz wurde eine Kundgebung abgehalten. Ein Jo-Jo-Anhänger namens Namarti hat eine Rede …«

»Namarti heißt mit vollem Namen Gambol Deen Namarti und ist Joranums rechte Hand.«

»Du bist offenbar besser informiert als ich. Jedenfalls hatten sich viele Zuhörer eingefunden, er hatte keine Sondergenehmigung, und ich glaube, er hoffte, in irgendeiner Form einen Krawall provozieren zu können. Typen wie er leben von solchen Unruhen, und wenn er auch nur eine zeitweilige Schließung der Universität hätte erreichen können, hätte er Demerzel bezichtigt, die akademische Freiheit zu untergraben. Nach allem, was ich höre, ist für sie der Kanzler immer an allem schuld. Deshalb habe ich der Sache ein Ende gemacht. – Und sie ohne Krawall nach Hause geschickt.«

»Darauf bist du sehr stolz?«

»Warum auch nicht? Für einen Vierzigjährigen war ich nicht schlecht.«

»War das dein Motiv? Auszuprobieren, wozu du mit vierzig noch fähig bist?«

Nachdenklich programmierte Seldon die Speisenfolge. Dann sagte er: »Nein. Ich habe tatsächlich befürchtet, die Universität könnte in unnötige Schwierigkeiten geraten. Und ich war Demerzels wegen besorgt. Yugo hatte mich mit seinen Horrorgeschichten wahrscheinlich tiefer beeindruckt, als ich dachte. Das war natürlich dumm, Dors, weil ich genau weiß, dass Demerzel selbst auf sich aufpassen kann. Aber das könnte ich weder Yugo noch sonst jemandem außer dir erklären.«

Er holte tief Atem. »Unglaublich, wie sehr es mich erleichtert, dass ich endlich mit dir darüber sprechen kann. Du weißt, dass Demerzel unverwundbar ist, ich weiß es, und Demerzel weiß es, aber niemand sonst – zumindest niemand, den ich kenne.«

Dors berührte einen Schalter in einer Nische der Wandvertäfelung, und weiches, pfirsichfarbenes Licht erhellte den Essbereich der Wohnung. Gemeinsam ging sie mit Hari zum Tisch, der bereits gedeckt und mit Gläsern und Besteck versehen war. Kaum hatten sie Platz genommen, als auch schon das Essen kam – so spät am Abend gab es nie lange Wartezeiten –, und Seldon nahm das ganz selbstverständlich hin. Er hatte sich seit Langem an seine gesellschaftliche Stellung gewöhnt, die es ihm ersparte, mit den anderen Dozenten im Speisesaal essen zu müssen.

Seldon genoss das Mahl. Die Speisen waren mit Gewürzen zubereitet, die er und Dors seit ihrem Aufenthalt im Mykogenbezirk kannten und schätzten – das Essen war das Einzige gewesen, was die beiden in diesem merkwürdigen, patriarchalisch geprägten, von religiösen Vorschriften bestimmten, rückwärtsgewandten Bezirk nicht verabscheut hatten.

Dors sagte leise: »Was meinst du mit ›unverwundbar‹?«

»Nun komm schon, Liebste, du hast doch wohl nicht vergessen, dass er Emotionen beeinflussen kann? Sollte Joranum wirklich gefährlich werden, dann bräuchte man nur …« – er vollführte eine unbestimmte Handbewegung – »… eine Veränderung vorzunehmen, die ihn veranlasst, sich eines anderen zu besinnen.«

Dors wirkte peinlich berührt, und das Abendessen verlief von da an ungewöhnlich schweigsam. Erst hinterher, als der Müllschlucker in der Tischmitte die Reste – Geschirr, Besteck und alles andere – aufgesogen hatte (worauf sich die Öffnung schloss, als wäre sie nie da gewesen), sagte sie: »Ich hätte dieses Thema lieber vermieden, Hari, aber ich kann nicht zulassen, dass du ein Opfer deiner eigenen Naivität wirst.«

»Naivität?« Er runzelte die Stirn.

»Ja. Wir haben nie davon gesprochen. Ich dachte auch nicht, dass wir je darauf eingehen müssten, aber auch Demerzel hat seine Schwächen. Er ist nicht unverwundbar, man kann ihm Schaden zufügen, und Joranum stellt tatsächlich eine Gefahr für ihn dar.«

»Ist das dein Ernst?«

»Natürlich. Du bist mit Robotern nicht vertraut – schon gar nicht mit einem so komplexen wie Demerzel. Ganz im Gegensatz zu mir.«

4

Wieder trat Schweigen ein, aber nur deshalb, weil Gedanken lautlos sind. In Seldons Kopf tobte nämlich ein Sturm.

Ja, es war richtig. Seine Frau bewies immer wieder ein geradezu unheimliches Verständnis für Roboter. Hari hatte sich im Laufe der Jahre oft darüber gewundert, bis er endlich aufgegeben und diesen Umstand irgendwo in den Hintergrund seines Bewusstseins verbannt hatte. Nur dank Eto Demerzel – einem Roboter – hatte Hari seine Dors überhaupt kennengelernt. Denn Dors arbeitete für Demerzel, und Demerzel hatte sie vor acht Jahren auf Hari »angesetzt«, hatte ihr den Auftrag gegeben, ihn bei seiner Flucht durch die verschiedenen Bezirke von Trantor zu beschützen. Inzwischen war sie längst seine Frau, seine Gefährtin, seine »bessere Hälfte«, doch gelegentlich machte sich Hari immer noch Gedanken über ihr eigenartiges Verhältnis zu dem Roboter Demerzel. Dies war der einzige Bereich in Dors’ Leben, bei dem Hari sich des Gefühls nicht erwehren konnte, nicht dazuzugehören – und auch nicht willkommen zu sein. Und damit war er wieder einmal bei der schmerzlichsten aller Fragen angelangt: Blieb Dors nur bei ihm, weil Demerzel es verlangte, oder weil sie ihn liebte? Er hätte nur zu gerne Letzteres geglaubt – und doch …

Sein Leben mit Dors war glücklich, aber dieses Glück hatte seinen Preis, es gab eine Bedingung dafür. Und an diese Bedingung war er umsomehr gebunden, als sie nie in einem offenen Gespräch ausgehandelt worden war, sondern eine stillschweigende Übereinkunft darstellte.

Seldon wusste, dass er in Dors die beste Ehefrau gefunden hatte, die er sich nur wünschen konnte. Gewiss, sie hatten keine Kinder, aber er hatte nie mit eigenen Kindern gerechnet und sich, wenn er ehrlich war, auch nicht unbedingt danach gesehnt. Schließlich gab es Raych, der gefühlsmäßig nicht weniger – vielleicht sogar noch mehr – sein Sohn war, als wenn er das gesamte Seldon-Genom geerbt hätte.

Allein die Tatsache, dass Dors ihm Anlass gab, sich mit dieser Sache zu beschäftigen, verstieß gegen die Vereinbarung, die in all den Jahren für Ruhe und Frieden gesorgt hatte, und Seldon spürte einen leichten, immer stärker werdenden Groll in sich aufsteigen.

Doch er verdrängte diese Gedanken und Zweifel wieder. Er hatte gelernt, sich mit Dors’ Beschützerrolle abzufinden, und dabei sollte es auch bleiben. Immerhin teilte sie Wohnung, Tisch und Bett mit ihm – und nicht mit Eto Demerzel.

Dors’ Stimme riss ihn aus seinen Träumereien.

»Ich sagte – Hari, bist du etwa böse auf mich?«

Er fuhr ein wenig zusammen, denn das klang nach einer Wiederholung, und er merkte erst jetzt, dass er sich immer weiter in seine Gedanken zurückgezogen und von ihr entfernt hatte.

»Entschuldige, mein Liebes. Nein, ich bin nicht böse auf dich – jedenfalls nicht bewusst. Ich hatte nur überlegt, wie ich auf deine Erklärung reagieren soll.«

»Über Roboter?« Sie sprach das Wort ohne erkennbare Unruhe aus.

»Du meinst, ich weiß nicht so viel über sie wie du. Was soll ich dazu sagen?« Er hielt inne, dann fügte er (in dem Bewusstsein, sich auf gefährliches Terrain zu begeben) leise hinzu: »Ohne jemanden zu kränken, meine ich.«

»Ich sagte nicht, dass du nichts von Robotern weißt.Wenn du mich schon zitierst, dann bitte exakt. Ich sagte, du bist mit Robotern nicht vertraut.Natürlich weißt du eine ganze Menge über sie, vielleicht sogar mehr als ich, aber man ist nicht zwangsläufig vertraut mit dem, was man weiß.«

»Dors, jetzt flüchtest du dich ins Paradoxe, nur um mich zu ärgern. Ein Paradoxon kann nur aus einer Zweideutigkeit entstehen, die ungewollt oder ganz gezielt irreführt. Auf wissenschaftlichem Gebiet schätze ich dergleichen nicht, und im zwanglosen Gespräch nur dann, wenn es scherzhaft gemeint ist, was hier wohl nicht der Fall sein dürfte.«

Dors lachte auf ihre ganz persönliche Art, so verhalten, als sei Erheiterung etwas Kostbares, mit dem man nicht allzu großzügig umgehen dürfe. »Mein Paradoxon scheint dich so verärgert zu haben, dass du theatralisch wirst, und wenn du theatralisch wirst, finde ich dich immer sehr komisch. Aber ich will es dir erklären. Es liegt nämlich nicht in meiner Absicht, dich zu ärgern.« Sie fasste nach seiner Hand, die Seldon, wie er erst jetzt überrascht (und ein wenig verlegen) feststellte, zur Faust geballt hatte.

»Du redest sehr viel von Psychohistorik« sagte Dors. »Jedenfalls mit mir. Ist dir das bewusst?«

Seldon räusperte sich. »Was das betrifft, bin ich völlig auf dich angewiesen. Das Projekt ist geheim – gezwungenermaßen. Die Psychohistorik kann nur funktionieren, wenn die davon Betroffenen nichts davon wissen, also kann ich nur mit Yugo und mit dir darüber sprechen. Für Yugo ist die Intuition alles. Er leistet hervorragende Arbeit, aber er ist so anfällig dafür, sich blindlings ins Ungewisse zu stürzen, dass ich ständig die Rolle des Warners spielen und ihn zurückhalten muss. Aber auch ich neige zu kühnen Gedankenspielen, und es hilft mir, sie laut auszusprechen, auch wenn …« – nun lächelte er –, »… auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass du kein Wort davon verstehst.«

»Ich weiß, dass du mich als Auditorium benützt, und das macht mir auch nichts aus. – Es macht mir wirklich nichts aus, Hari, also keine guten Vorsätze, dein Verhalten zu ändern. Natürlich sind mir deine mathematischen Formeln ein Buch mit sieben Siegeln. Ich bin nur Historikerin – und nicht einmal auf Wissenschaftsgeschichte spezialisiert. Im Moment verbringe ich meine Zeit damit, den Einfluss des wirtschaftlichen Wandels auf die politische Entwicklung …«

»Ja, und da bin ich dein Auditorium, oder ist dir das noch gar nicht aufgefallen? Ich brauche deine Erkenntnisse für die Psychohistorik, wenn ich damit erst einmal so weit bin, und dann wirst du mir vermutlich eine unschätzbare Hilfe sein.«

»Gut! Nachdem wir nun geklärt haben, warum du bei mir bleibst – ich wusste doch gleich, dass meine überirdische Schönheit nicht der Grund sein konnte –, solltest du wissen, dass ich gelegentlich, wenn du bei deinen Ausführungen die streng mathematische Perspektive verlässt, zu verstehen glaube, worauf du hinauswillst. Du hast mir immer wieder einmal die Notwendigkeit des Minimalismus dargelegt, wie du es nennst. Das glaube ich zu begreifen. Du meinst damit …«

»Ich weiß, was ich damit meine.«

Dors warf ihm einen gekränkten Blick zu. »Etwas weniger überheblich, Hari, wenn ich bitten darf. Die Erklärung ist schließlich nicht für dich bestimmt, sondern für mich selbst. Du hast dich eben als mein Auditorium bezeichnet, also benimm dich dementsprechend. Gleiches Recht für alle.«

»Gleiches Recht ist ja schön und gut, aber wenn du mir gleich Überheblichkeit vorwirfst, nur wegen eines einzigen, kleinen …«

»Genug! Schweig jetzt! – Deinen Worten nach ist dieser Minimalismus bei der Anwendung der Psychohistorik, bei dem Versuch also, eine unerwünschte Entwicklung nach allen Regeln der Kunst in eine gewünschte oder zumindest in eine weniger unerwünschte zu überführen, von größter Wichtigkeit. Du sagtest, die dabei eingeleiteten Veränderungen müssten so gering, so minimalistisch sein wie nur möglich …«

»Ja«, unterbrach Seldon mit Feuereifer, »und zwar deshalb …«

»Nein,Hari. Ich werde das jetzt zu erklären versuchen. Dass du es verstehst, wissen wir beide. Du brauchst den Minimalismus, weil jede wie auch immer beschaffene Veränderung unzählige Nebenwirkungen hat, die nicht immer kalkulierbar sind. Ist die Veränderung zu groß, werden die Nebenwirkungen zu zahlreich, so weicht das Resultat mit Sicherheit so weit von allen Planungen ab, dass es in keiner Weise mehr berechenbar ist.«

»Richtig«, bestätigte Seldon. »Das ist in wesentlichen Zügen der Chaoseffekt. Das Problem ist, ob es Veränderungen gibt, die so klein sind, dass sich die Folgen halbwegs kalkulieren lassen, oder ob die Geschichte der Menschheit in jeder Hinsicht unweigerlich und unwandelbar chaotisch verlaufen muss. Das ist der Grund, weshalb ich anfangs dachte, die Psychohistorik sei nicht …«

»Ich weiß, aber du hast mich nicht ausreden lassen. Ob es ausreichend geringfügige Veränderungen gibt, ist gar nicht die Frage. Wichtig ist, dass jede Veränderung, die über das Minimum hinausgeht, chaotisch ist.Das erforderliche Minimum könnte null sein, aber wenn nicht null, dann immer noch sehr klein – und es wäre doch sehr schwierig, eine Veränderung zu finden, die klein genug und doch signifikant größer als null ist. Und das meinst du, wenn ich dich recht verstanden habe, mit der Notwendigkeit des Minimalismus.«

»Mehr oder weniger«, sagte Seldon. »Natürlich lässt sich das Problem in der Sprache der Mathematik wie immer knapper und zugleich präziser ausdrücken. Sieh her …«

»Verschone mich«, bat Dors. »Wenn dir das für die Psychohistorik klar ist, Hari, dann solltest du es auch bei Demerzel begreifen. Du hast das Wissen, aber es fehlt dir am nötigen Verständnis, denn du kommst offenbar gar nicht auf die Idee, die Regeln der Psychohistorik auch auf die Gesetze der Robotik anzuwenden.«

Worauf Seldon nur noch matt erwiderte: »Jetzt kann ich dir überhaupt nicht mehr folgen.«

»Dieser Minimalismus gilt doch auch für ihn, nicht wahr, Hari? Nach dem Ersten Robotergesetz darf ein Roboter keinem menschlichen Wesen Schaden zufügen. Das ist die erste Regel für gewöhnliche Roboter, aber Demerzel ist außergewöhnlich, für ihn hat das Nullte Gesetz Gültigkeit, das sogar dem Ersten Gesetz übergeordnet ist. Das Nullte Gesetz legt fest, dass kein Roboter der ganzen Menschheit Schaden zufügen darf. Aber damit gerät Demerzel in das gleiche Dilemma wie du mit deiner Psychohistorik. Verstehst du?«

»Allmählich dämmert es mir.«

»Hoffentlich. Auch wenn Demerzel also imstande ist, das Bewusstsein von Menschen zu verändern, so ist er doch verpflichtet, darauf zu achten, dass das ohne unerwünschte Nebenwirkungen geschieht – und für den Kanzler des Imperiums gibt es wahrhaftig genügend Nebenwirkungen, die er dabei zu berücksichtigen hat.«

»Und was hat das mit unserem Fall zu tun?«

»Denk nach! Du kannst niemandem – außer mir natürlich – erzählen, dass Demerzel ein Roboter ist, weil er dich so manipuliert hat, dass es dir gar nicht möglich ist. Aber wie groß war die dazu erforderliche Manipulation? Willst du den Leuten erzählen, dass er ein Roboter ist? Willst du seine Position untergraben, wenn du doch gleichzeitig auf ihn angewiesen bist, weil er dich beschützt, weil er dir die nötigen Mittel für deine Arbeit beschafft und weil er unauffällig seinen Einfluss für dich geltend macht? Natürlich nicht. Er brauchte also nur eine ganz geringfügige Veränderung vorzunehmen, brauchte lediglich zu verhindern, dass du irgendwann in einem unbedachten Augenblick der Erregung mit dieser Information herausplatzt. Die Veränderung ist so minimal, dass die Nebenwirkungen nicht von Belang sind. Demerzel ist bestrebt, das ganze Imperium auf diese Weise zu führen.«

»Und der Fall Joranum?«

»Ist offensichtlich völlig anders gelagert. Joranum ist, aus welchen Motiven auch immer, ein erbitterter Gegner von Demerzel. Natürlich könnte Demerzel das ändern, aber der Preis wäre ein so starker Eingriff in Joranums Psyche, dass er die Folgen nicht absehen könnte. Wenn er also nicht riskieren will, dass Joranum Schaden nimmt und dass durch die dabei entstehenden Nebenwirkungen andere Menschen, womöglich die ganze Menschheit zu Schaden kommt, muss er Joranum so lange in Ruhe lassen, bis er eine kleine – eine wirklich minimale –Veränderung findet, mit der sich das Problem ohne Nachteile beheben lässt. Deshalb hat Yugo recht, und deshalb ist Demerzel durchaus angreifbar.«

Seldon hatte zugehört, antwortete aber nicht, sondern schien tief in Gedanken versunken. Minuten vergingen. Schließlich sagte er: »Wenn Demerzel in dieser Angelegenheit die Hände gebunden sind, muss ich handeln.«

»Wenn ihm die Hände gebunden sind, was kannst du dann tun?«

»Für mich sieht die Sache anders aus. Ich bin nicht an die Gesetze der Robotik gebunden. Ich brauche mich nicht sklavisch an das Prinzip des Minimalismus zu halten. – Aber als Erstes muss ich mit Demerzel sprechen.«

Das schien Dors ein wenig zu beunruhigen. »Muss das sein? Es wäre doch sicher klüger, eure Beziehung nicht an die große Glocke zu hängen.«

»Die Dinge sind so weit gediehen, dass wir nicht mehr um jeden Preis so tun können, als gebe es keine Beziehung zwischen uns. Natürlich werde ich meinen Besuch nicht mit Fanfarenstößen über Holovision ankündigen lassen, aber sprechen muss ich ihn.«

5

Immer wieder haderte Seldon mit der Flüchtigkeit der Zeit. Als er vor acht Jahren zum ersten Mal nach Trantor kam, war er sofort einsatzbereit gewesen. Das Einzige, was er aufzugeben hatte, war ein Hotelzimmer samt Inhalt, danach hatte er frei wie ein Vogel durch Trantors Bezirke streifen können.

Nun hatte er Fakultätssitzungen abzuhalten und Entscheidungen zu treffen, die Arbeit häufte sich. Wie sollte er da einfach alles stehen und liegen lassen, um Demerzel aufzusuchen – und selbst wenn er es irgendwie ermöglichte, auch der Kanzler hatte einen randvollen Terminkalender. Einen Zeitpunkt zu finden, zu dem sie sich beide freimachen konnten, würde nicht leicht sein.

Nicht minder schwer fiel es ihm, Dors’ Kopfschütteln zu ertragen. »Ich weiß nicht, was du vorhast, Hari.«

Gereizt gab er zurück: »Das weiß ich doch selbst noch nicht, Dors. Aber ich hoffe, es im Gespräch mit Demerzel herauszufinden.«

»Für dich hat die Psychohistorik Vorrang vor allem anderen. Das wird auch er dir sagen.«

»Vielleicht. Wir werden sehen.«

Und gerade als er endlich, für acht Tage später, ein Treffen mit dem Kanzler vereinbart hatte, erschien auf dem Wandschirm seines Fakultätsbüros eine in etwas antiquierter Schrift und noch sehr viel antiquierterem Stil gehaltene Nachricht: UM EINE AUDIENZ BEI PROFESSOR HARI SELDON WIRD DEMÜTIGST NACHGESUCHT.

Seldon starrte fassungslos auf den Bildschirm. Mit dieser vorsintflutlichen Wendung wurde nicht einmal mehr der Kaiser selbst angesprochen.

Auch bestand die Unterschrift nicht wie üblich aus gut zu entziffernden Druckbuchstaben, sondern war in Schreibschrift ausgeführt, ein schwungvoller, durchaus leserlicher Namenszug, der aber dennoch wie ein Kunstwerk anmutete, von einem Meister seines Fachs achtlos aufs Papier geworfen. Die Unterschrift lautete: LASKIN JORANUM. – Jo-Jo höchstpersönlich war es also, der demütigst um eine Audienz nachsuchte.

Seldon musste unwillkürlich lachen. Der Grund für die Wortwahl – und die Schreibschrift – war klar. Beides machte die schlichte Bitte zu einem rhetorischen Kunstgriff, der die Neugier reizte. Seldon war nicht besonders erpicht darauf, den Mann kennenzulernen – oder wäre es normalerweise nicht gewesen. Aber was steckte hinter dem raffinierten Archaismus? Das interessierte ihn nun doch.

Er beauftragte seine Sekretärin, eine Verabredung zu treffen. Die Zusammenkunft sollte in seinem Büro stattfinden, keinesfalls in seiner Wohnung. Ein rein berufliches Gespräch ohne privaten Hintergrund.

Und es würde vor der geplanten Unterredung mit Demerzel liegen.

»Mich überrascht das gar nicht, Hari«, sagte Dors. »Du hast zwei von seinen Leuten verletzt, darunter seinen Chefberater; du hast ihm seine kleine Kundgebung verdorben; und du hast seine Vertreter lächerlich gemacht und damit indirekt auch ihn. Jetzt will er sehen, wer du bist, und ich finde, da sollte ich dabei sein.«

Seldon schüttelte den Kopf. »Ich nehme Raych mit. Er kennt alle meine Tricks, außerdem ist er zwanzig Jahre alt, kräftig und durchtrainiert. Davon abgesehen bin ich überzeugt davon, dass ich gar keinen Beschützer brauchen werde.«

»Woher willst du das wissen?«

»Joranum trifft auf dem Universitätsgelände mit mir zusammen. Jede Menge junger Leute werden in der Nähe sein. Ich bin bei den Studenten nicht gerade unbeliebt, und so, wie ich Joranum einschätze, ist er ein Mann, der seine Hausaufgaben macht und weiß, dass ich mich auf heimischem Territorium sicher fühlen kann. Er wird von vollendeter Höflichkeit sein – die Freundlichkeit in Person.«

»Pah.« Dors zog verächtlich einen Mundwinkel nach unten.

»Und tödlich wie Gift«, schloss Seldon.

6

Ohne eine Miene zu verziehen, neigte Hari Seldon den Kopf nur so weit, dass die Höflichkeit halbwegs gewahrt blieb. Er hatte keine Mühe gescheut und sich Joranum in einer Reihe von Holografien angesehen, doch wie so oft unterschied sich die reale, nicht kontrollierte, spontan auf jede Veränderung der Umstände reagierende Persönlichkeit doch noch ein wenig von den Holografien – so sorgfältig diese auch aufgezeichnet sein mochten. Vielleicht, dachte Seldon, ist es auch die Reaktion des Betrachters, was diese »reale Persönlichkeit« so anders erscheinen lässt.

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