Das Geheimnis entspannter Eltern - Emma Svanberg - E-Book

Das Geheimnis entspannter Eltern E-Book

Emma Svanberg

0,0
15,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie man eine liebevolle Beziehung zu seinem Kind und zu sich selbst aufbaut Die meisten Menschen gehen mit genauen Vorstellungen davon, wie das Leben mit Kind sein wird, in die Elternschaft. Wenn diese Erwartungen dann nicht erfüllt werden, fühlt es sich schnell an, als würde man das mit der Erziehung einfach nicht richtig hinbekommen, egal wie sehr man sich auch bemüht. Die Psychologin Dr. Emma Svanberg stellt viele ehrliche Fragen und zeigt, wie sich Elternschaft im echten Leben anfühlt und aussieht – einem Leben, das nicht perfekt ist und in dem Väter und Mütter oft unter Druck stehen. Schlechte Tage sind unvermeidlich und bedeuten nicht, dass man eine schlechte Mutter oder ein schlechter Vater ist! Eine Lektüre, bei der wir lernen, wie wir unsere Kinder gut begleiten können, ohne sie zu verbiegen und mehr Vertrauen in uns selbst entwickeln.  "In Parenting For Humans hält Emma Svanberg Ihnen die Hand durch die Erziehung Ihrer Kinder hindurch - und das ist etwas, das wir alle brauchen!" Dr. Becky Kennedy, Autorin des Bestsellers Good Inside -Das Gute sehen 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Geheimnis entspannter Eltern

Dr. Emma Svanberg arbeitet seit zwanzig Jahren als Psychologin in England und hat sich auf Familien, werdende Eltern und Mütter spezialisiert. Während ihrer Arbeit mit Eltern aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten begegnete ihr früh das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die dazu führen, dass Eltern mit ihrer psychischen Gesundheit zu kämpfen haben.

Die meisten Menschen gehen mit genauen Vorstellungen davon, wie das Leben mit Kind sein wird, in die Elternschaft. Wenn diese Erwartungen dann nicht erfüllt werden, fühlt es sich schnell an, als würde man das mit der Erziehung einfach nicht richtig hinbekommen, egal wie sehr man sich auch bemüht. Die Psychologin Dr. Emma Svanberg stellt viele ehrliche Fragen und zeigt, wie sich Elternschaft im echten Leben anfühlt und wie sie aussieht – einem Leben, das nicht perfekt ist und in dem Väter und Mütter oft unter Druck stehen. Schlechte Tage sind unvermeidlich und bedeuten nicht, dass man eine schlechte Mutter oder ein schlechter Vater ist! Eine Lektüre, bei der wir lernen, wie wir unsere Kinder gut begleiten können, ohne sie zu verbiegen, und mehr Vertrauen in uns selbst entwickeln.

Emma Svanberg

Das Geheimnis entspannter Eltern

Wie du dein Kind gut begleitest, ohne dich selbst dabei zu verlieren

Aus dem Englischen von Elisabeth Liebl

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

1. Auflage Juni 2024© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin, 2024© Emma Svanberg 2023Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel PARENTING FOR HUMANS bei VERMILION, einem Imprint von EBURY. EBURY ist Teil von Penguin Random House UK.Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung: zero-media.net, München nach einer Vorlage von Heike SchüsslerAutorinnenfoto: © Beth SteddonE-Book Konvertierung powered by pepyrusISBN: 978-3-8437-3192-8

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

Auf einigen Lesegeräten erzeugt das Öffnen dieses E-Books in der aktuellen Formatversion EPUB3 einen Warnhinweis, der auf ein nicht unterstütztes Dateiformat hinweist und vor Darstellungs- und Systemfehlern warnt. Das Öffnen dieses E-Books stellt demgegenüber auf sämtlichen Lesegeräten keine Gefahr dar und ist unbedenklich. Bitte ignorieren Sie etwaige Warnhinweise und wenden sich bei Fragen vertrauensvoll an unseren Verlag! Wir wünschen viel Lesevergnügen.

Hinweis zu UrheberrechtenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Titelei

Das Buch

Titelseite

Impressum

 

Einführung:  War das wirklich eine gute Idee?

Teil I: Die Mythen und Legenden rund ums Elternsein

1 Geschichten aufdröseln

2 Was ist ein »Elternteil«?

Teil II: Die Landkarte unserer Geschichten

3 Die Landkarte unserer Elternschaft

4 Geschichten aus Ihrer Vergangenheit

5 Geschichten aus Ihrer Kindheit

6 Geschichten aus Ihrer Zeit als Baby

7 Geschichten aus Ihrem Erwachsenenleben

Teil III: Die anderen Menschen in Ihrer Geschichte

8 Partner, die die Elternrolle übernehmen

9 Die Nebendarsteller

10 Geschichten aus der Gesellschaft

Teil IV: Die Geschichten der Kinder

11 Instrumente für die Reise

12 Die Landkarten unserer Kinder

13 Die Vermessung unserer Gefühle

14 Familiengeschichten

15 Kinder können Landkarten

Ende

Einflüsse

Danksagung

Anhang

Anmerkungen

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Einführung:  War das wirklich eine gute Idee?

Widmung

Für meine wunderbare Familie. Ihr seid meine Heimat.

Motto

Manche Menschen betrachten Kinder, als wären sie Ton in der Hand eines Töpfers. Dann beginnen sie, die Kinder zu formen, und fühlen sich für das Resultat verantwortlich. Das ist vollkommen falsch.

Donald Winnicott

Einführung:  War das wirklich eine gute Idee?

Wann haben Sie entschieden, Mutter oder Vater zu werden?

War es eine bewusste Entscheidung oder nicht geplant? Wollten Sie schon immer Vater oder Mutter sein? Glauben Sie, dass dies ein unverzichtbarer Teil Ihres Lebens ist? Oder haben Sie mit dieser Rolle gekämpft und tun das vielleicht immer noch?

Und wann sind Sie wirklich Vater oder Mutter geworden? Sobald Sie wussten, dass es nun so weit ist? Oder konnten Sie sich mit dieser Rolle erst Monate oder gar Jahre nach Geburt des Kindes identifizieren?

Haben Sie darüber nachgedacht, was es wirklich bedeutet, ein Elternteil zu sein? Was heißt es, eine lebenslange Beziehung mit einem anderen Menschen einzugehen? Vielleicht hatten Sie Geschichten im Kopf, wie Eltern sind und was sie so tun. Geschichten, die Sie gehört haben, als Sie selbst noch ein Kind waren. Geschichten, die eine gewisse Erwartungshaltung erzeugt haben, wie sich »gute« Eltern verhalten, fühlen und was sie beschäftigt.

Vielleicht hatten Sie nicht viel Gelegenheit, diese Geschichten genauer unter die Lupe zu nehmen. Möglicherweise haben Sie sie auch gar nicht als Geschichten erkannt. Aber sie sind in jedem von uns verankert – als Ideale oder Grundannahmen, die zur Ursache von belastenden Emotionen wie Verlust, Schuld oder Versagen werden können, wenn die Realität nicht mit diesen Geschichten übereinstimmt.

Und was ist mit Ihrem Kind?

Wenn Ihr Kind noch nicht auf der Welt ist, welche Vorstellungen machen Sie sich von ihm? Und worin wurzeln diese Vorstellungen?

Wenn Ihr Kind schon Teil Ihres Lebens ist, wie sehen die Vorstellungen aus, die Sie sich von ihm machen? Haben Sie bewusst darüber nachgedacht, bevor es in Ihr Leben trat? Haben Sie angenommen, Sie würden es auf magische Weise einfach »kennen«, sobald es in Ihren Armen liegt? Vielleicht hatten Sie schon ein Bild von einem Kind im Kopf, möglicherweise von früher, als Sie als Kleinkind ein imaginäres Baby herumgetragen haben, in Form einer Puppe, eines Kuscheltiers oder gar eines Stocks. Oder Sie haben sich gar nicht erst den Kopf zerbrochen, wie Ihr Kind sein würde, denn Ihrem Gefühl nach war es einfach an der Zeit, eine Familie zu gründen, weil, nun ja, das ist es doch, was die Leute so machen, oder?

Wir alle tragen Geschichten in uns.

Geschichten übers Elternsein, Geschichten darüber, wie Babys und Kinder sind. Geschichten über die Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Manchmal sind es positive Geschichten aus unserer eigenen Kindheit, die wir gern wiederholen würden. Mitunter beruhen diese Geschichten auf schmerzlichen Erfahrungen, sodass wir sie am liebsten vergessen oder umschreiben würden. Manchmal sind diese Geschichten tief in uns vergraben, dann wieder plätschern sie an der Oberfläche dahin.

Doch wo auch immer sie schlummern, an irgendeinem Punkt unseres Elterndaseins werden wir mit diesen Geschichten konfrontiert – und mit den Grundannahmen, die dahinterstehen. Vielleicht stellen wir sie infrage und denken uns eine neue Geschichte aus. Dann wieder klammern wir uns daran fest, weil wir ja auch nur Menschen sind und Geschichten sich gar nicht so leicht ändern lassen. Und wir fragen uns, was wir anders machen sollen, damit die Geschichte Wirklichkeit wird.

Vielleicht ist es eine dieser Geschichten – oder es sind auch mehrere –, die Sie dazu gebracht haben, dieses Buch zur Hand zu nehmen. Eine Geschichte wie: »Wenn ich nur die richtige Methode finde, um mit dem Verhalten meines Kindes umzugehen, dann wird das Leben viel einfacher werden.« Oder: »Das Familienleben ist wirklich schwierig geworden. Vielleicht liefert mir dieses Buch die nötigen Antworten, um das zu ändern.« Oder vielleicht sogar: »Vielleicht kann dieses Buch mir Aufschluss geben, was ich tun soll, denn ganz ehrlich: Ich bin ratlos und überfordert. Bei allen anderen scheint alles bestens zu laufen. Kann mir BITTE endlich jemand verraten, wie ich das auch schaffe? Ich versinke hier im Chaos.«

Wir greifen zu Elternratgebern, weil sie uns glauben lassen, dass alles viel einfacher wird, wenn wir nur das Richtige tun, sagen oder die jeweiligen Tipps befolgen. Und meist legen wir sie nach den ersten paar Seiten wieder aus der Hand, weil sie dann doch keine simplen Rezepte liefern.

Was aber, wenn es keine einfachen Antworten gibt? Wenn da nicht nur eine Geschichte existiert, sondern viele – die sich mitunter sogar widersprechen? Was, wenn wir diese Geschichten auseinandernehmen müssen, um unsere eigene zu schreiben? Die wir dann weiter und weiter spinnen, um neue Abschnitte und Kapitel ergänzen, während unsere Kinder he­ranwachsen und unser Leben sich ändert?

Selbst als Erwachsene sehen wir uns als Helden in unseren Geschichten. Manchmal auch in der Rolle der Schurkin oder des Schurken. Manchmal wünschen wir uns sicherlich, dass jemand kommt und uns rettet. (Bei Eltern naht die Rettung seltener in Gestalt eines Ritters in schimmernder Rüstung, sondern eher in Form einer lieben Patentante, die uns fast wie eine Fee erscheint.)

Sobald wir uns selbst besser kennen und einige der Geschichten, die wir mit uns herumtragen, enträtseln, Ideale infrage stellen und über eine neue Geschichte nachdenken, kann Wunderbares geschehen. Wir fangen an, uns so zu sehen, wie wir wirklich sind – unsere guten Anteile, die schlechten, und alles, was dazwischenliegt. Wir sind keine Heldinnen, sondern Menschen. Und wir beginnen auch, unsere Kinder so zu sehen, wie sie wirklich sind – das, was wir an ihnen mögen, das, was wir unausstehlich finden, und alles, was uns bislang entgangen ist. Wir bringen unser ganzheitliches Selbst in diese Beziehung ein, was unsere Kinder ermutigt, sich ebenfalls in Gänze zu zeigen. Das fühlt sich zunächst einmal beängstigend an. Doch das, was in diesem Prozess passieren kann, bereichert nicht nur die Beziehung zu unseren Kindern, sondern unser ganzes Leben.

Dies ist kein Buch über Erziehung – es ist ein Buch über Eltern

Ich weiß, dass Ihnen das Herz in die Hose gerutscht ist, als Sie gerade gelesen haben, dass es keine einfachen Antworten gibt. Ich fürchte, ich kann Ihnen weder Instanttipps noch leicht umsetzbare Lösungen liefern, weil das Familienleben sich über einen langen Zeitraum erstreckt und ständig verändert. Die beste Lösung ist, dass Sie herausfinden, wie Sie in Ihrer Familie auftreten und sein wollen. Der Rest kommt von allein.

Statt Ihnen Tipps zu geben, werde ich eine Unmenge Fragen stellen, auf die Sie Ihre ganz persönlichen Antworten finden dürfen. So werden Sie sich selbst besser kennenlernen und verstehen, was Sie als Vater oder Mutter (und als Mensch) beeinflusst. Dieser Prozess wird Ihnen Einsichten vermitteln und hoffentlich etwas Druck nehmen. Das braucht Zeit, aber ich hoffe, ich kann einen dauerhaften Wandel anstoßen.

In diesem Buch geht es also nicht um Erziehung, sondern um Eltern. Es geht um Sie.

Wenn wir uns selbst nicht kennen, wird es schwer, all die Erziehungsregeln, die wir in Büchern, Blogs, Artikeln und Podcasts finden, auf unser Leben anzuwenden. Wir bringen unser Baby ganz wunderbar zum Schlafen, schaffen es dann aber nicht, es allein im Zimmer zu lassen, weil wir selbst Angst vorm Verlassenwerden haben. Wir überlegen uns den perfekten Satz für unser vor Wut brüllendes Kleinkind, den wir dann mit zusammengebissenen Zähnen und Tränen in den Augen hervorstoßen. Wir nehmen uns Zeit, um mit unserem Kind etwas zu unternehmen, um dann loszubrüllen, weil das Ganze nicht so läuft, wie wir uns das vorgestellt hatten. Das führt häufig zum Gefühl, völlig hilflos und allein dazustehen, alles falsch gemacht zu haben und nicht mehr weiterzuwissen. Doch vielleicht sind wir gerade in diesen Momenten offen für etwas Neues – für dieses Buch zum Beispiel.

Die besten Elterntipps der Welt, das Verständnis für kindliche Entwicklung und Schlafzyklen, klare Grenzen und emotionale Bestätigung helfen nicht, wenn Sie sich nicht selbst kennen und wissen, wie Sie üblicherweise reagieren. Denn für das Elterndasein gibt es kein Rezept, an das man sich halten kann. Das Elterndasein ist ein Tanz zwischen komplizierten und sich ständig verändernden menschlichen Wesen. Es lässt uns nackt und bloß zurück, schutzlos, während wir gleichzeitig einen neuen Menschen kennenlernen, der anfangs in völliger Abhängigkeit von uns lebt und uns täglich vor neue Herausforderungen stellt. Häufig sind dann die sozialen Medien unsere einzige Unterstützung, wenn wir versuchen, herauszufinden, wer wir nun sind, jetzt, wo wir ein Kind haben.

Wenn wir nach Antworten Ausschau halten, die uns das Leben ein wenig einfacher machen, verlieren wir häufig aus den Augen, wer das Kind vor unserer Nase ist. Wir haben die Vorstellung, dass alles gut wird, wenn wir bloß die richtige Strategie finden, das richtige Etikett, die richtige Technik, den richtigen Wortlaut oder gar die richtige Diagnose. Dann hätten wir das Rätsel gelöst, egal, worum es geht: schlafen, füttern, fünf Portionen Obst und Gemüse täglich, »gutes« Benehmen, eine gesunde Beziehung. Und so jagen wir der magischen Lösung hinterher, statt innezuhalten und uns anzusehen, was in uns vorgeht, in unseren Kindern und in unserer Familie.

Kennen wir uns selbst – unsere Erfahrungen, Gefühle, Gedanken, Überzeugungen, Werte, Hoffnungen und Träume –, dann fällt es uns leichter, auch andere besser zu verstehen und wirklich kennenzulernen.

Daher wird Ihnen dieses Buch keine simplen Antworten, Erziehungstricks und bombensicheren Lösungen liefern. Aber es wird Ihnen helfen, eine neue Geschichte zu schreiben. Eine Geschichte, die mit Ihnen selbst anfängt.

Ich bin keine Erziehungsexpertin

Eines möchte ich gleich von Beginn an klarstellen: Ich bin keine Erziehungsexpertin. Tatsächlich finde ich, dass die Vorstellung, wir Eltern sollten auf »Experten« hören, den Glauben verstärkt, das Elterndasein sei etwas, das wir richtig machen können, wenn wir es nur auf eine bestimmte Weise anpacken. So werden wir schließlich abhängig von diesen Experten und vernachlässigen den Blick nach innen. In meiner Ausbildung ging es nicht um Elterntipps, sondern um Modelle und Erklärungsansätze, die uns helfen, uns selbst und unsere Beziehung zu unserem Kind besser zu verstehen. Egal, ob dieses Kind vorerst nur in Ihrer Familienplanung eine Rolle spielt oder ob es schon Teil Ihres Lebens ist.

Als klinische Psychologin bin ich auf die »perinatale Zeit« fokussiert, also auf Schwangerschaft, Geburt und die ersten Jahre. Ich arbeite seit zwanzig Jahren mit Eltern und Familien. Während sich viele Erziehungsratgeber auf das Kind konzentrieren, habe ich in meiner Ausbildung gelernt, mich auf die Erwachsenen zu konzentrieren und auf das, was sie in die Beziehung einbringen. Ich habe mit Eltern Einzel-, Paar- und Gruppentherapien gemacht. Als sich meine Arbeit auch weniger traditionellen therapeutischen Räumen zuwandte, hatte ich das Glück, Tausende von Eltern online erreichen zu können. Was ich aus all diesen Erfahrungen gelernt habe, habe ich in dieses Buch eingebracht.

Wer zu mir in die Therapie kommt, steht meist massiv unter Druck. Diese Menschen sind verzweifelt und suchen nach Antworten. Daher besteht meine Arbeit größtenteils darin, erst mal alles ein wenig zu bremsen. Ich unterstütze sie dabei, ihre üblichen Reaktionsmuster sowie die Herausforderungen, vor denen sie stehen, zu erkennen und zu verstehen. Sobald wir an diesem Punkt sind, genügen meist ein paar allgemeine Informationen über das normale Zusammenspiel von Eltern und Kindern, damit sie ihre eigenen Lösungen finden. Je länger ich diese Arbeit nun mache, desto weniger Ratschläge erteile ich. Denn ein sinnvoller Wandel muss von Ihnen selbst ausgehen, nicht von mir.

Es gibt viele verschiedene Arten von Psychologie und Psychologinnen. Zudem interpretiert jeder Mensch ein psychologisches Modell ein bisschen anders. Ich habe mich von den verschiedensten Denkschulen inspirieren lassen, die ihre Wurzeln sowohl innerhalb als auch außerhalb der Psychologie haben. Und all das ist gefärbt von meiner persönlichen Sichtweise, die von meiner Geschichte und meinen Lebensumständen geprägt ist. So wie Ihre Sicht der Dinge von Ihrem Hintergrund abhängt.

Die Psychologie ist im Grunde wie ein Lego-Baukasten. Ihre Ideen gründen auf Vorstellungen, die teils sehr alt sind. Viele grundlegende Konzepte in diesem Buch gehen auf Sigmund Freud zurück und damit auf die 1920er-Jahre. Ich werde hier also keine brandneuen Modelle vorstellen, keine schicken Abkürzungen verwenden oder Ideen für Sofortlösungen bieten. Ich würde Ihnen damit keinen Gefallen tun, denn das würde bedeuten, dass es einen spezifischen »Weg« oder einen faszinierend neuen Ansatz – erfunden von meiner Wenigkeit – gibt, der Ihre Probleme lösen wird. Und, ganz ehrlich: Das wäre falsch.

Stattdessen werde ich Ihnen einige grundlegende Konzepte vorstellen, die ich in meiner täglichen Arbeit verwende. Konzepte, die ich von anderen Menschen habe – von Psychologinnen, Psychiatern, Psychotherapeutinnen, Erziehern, Aktivistinnen, Forschern und Autorinnen. Und ich werde Ihnen, genau wie ich es mit meinen Klienten tue, Fragen stellen und neben Ihnen sitzen, wenn Sie überlegen, wie sich das auf Ihr eigenes Leben anwenden lässt, auf Ihre Geschichte aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Ich bin ein Mensch und spreche mit Ihnen von Mensch zu Mensch. Von außen fühlt sich die Psychologie manchmal sehr komplex an, irgendwie schwer zu verstehen. Letztlich aber geht es in meiner Arbeit immer um Beziehungen, um das Verständnis dafür, wie wir zu anderen in Beziehung treten und wie wir diesen Modus an unsere Kinder weitergeben. Ich habe gelernt, wie ich Menschen begleiten kann, während sie ihre Geschichte entdecken. Und genau wie in meiner klinischen Arbeit möchte ich auch hier mit einer leeren Seite anfangen. Und mit der Neugier, was wohl als Nächstes kommt. Wir machen uns gemeinsam auf Entdeckungsreise zu wichtigen Einsichten.

Es ist ein langsamer Prozess

Eines sollte Ihnen bewusst sein: Dieser Prozess ist nicht mit dem Zuklappen des Buches abgeschlossen. Die nächsten Kapitel werden Sie dazu anregen, über viele verschiedene Dinge nachzudenken, die lange nachwirken können. Bei einigen werden Sie Schwierigkeiten haben, andere werden Ihnen dafür leichterfallen. Ich hoffe sehr, dass Sie am Ende eine ganz neue Geschichte übers Elternsein für sich schreiben können, dass Sie Einsichten gewinnen – über sich selbst, Ihre Familie und Ihr Leben. Vielleicht wissen Sie sogar, wo Sie weiter hinschauen müssen, um Ihre Geschichte zu vervollständigen.

Allerdings wird diese Geschichte nie abgeschlossen sein. Auch diese Erkenntnis macht meist einen gewaltigen Unterschied. Wir alle sind ständig im Wandel und können nie alle Faktoren durchschauen. Doch es geht darum, dass wir uns wohlfühlen mit der Idee, dass wir die Möglichkeit haben, manche Passagen unserer Lebensgeschichte zu überarbeiten, neue Informationen zu berücksichtigen, Absätze hinzuzufügen, andere zu verschieben und gelegentlich einen ganz neuen Entwurf zu wagen.

Wir werden dieses Projekt langsam und vorsichtig angehen, denn es ist nicht immer leicht, über diese Dinge nachzudenken. Ich führe solche Gespräche schon lange, im »wirklichen« Leben mit Menschen in Therapie, online in Eltern-Communitys und auch zwischendurch mit Eltern, die ich kenne. Ich weiß, dass in diesen Gesprächen häufig eine gewisse Trauer mitschwingt, die unter der Oberfläche köchelt, wegen all der Wünsche und Sehnsüchte, die – noch – nicht erfüllt wurden. Da sind Gefühle des Versagens, der Enttäuschung und des Ärgers. Da ist die Angst, etwas zu riskieren, weil so viel auf dem Spiel steht.

Es kann frustrierend sein, dass es auf große Fragen keine einfachen Antworten gibt. Meistens müssen wir die Probleme aufdröseln und schauen, welche Lösungen für unsere Familie passen. Ja, wir werden Antworten finden, aber wir müssen Schritt für Schritt und mit Bedacht vorgehen. Daher ist es völlig in Ordnung, das Buch auch mal eine Zeit lang wegzulegen, sogar für einige Wochen. Bis Sie bereit sind für den nächsten Schritt. Ich wünsche mir, dass Sie sich Notizen machen, wichtige Passagen markieren, sie mit Post-its wiederfinden. Vertrauen Sie Ihre Überlegungen Ihrem Tagebuch an. Reden Sie mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin darüber, mit dem anderen Elternteil, mit Freundinnen und Freunden, den eigenen Eltern oder Geschwistern. Je weniger Sie Dinge überhasten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Buch sinnvolle Veränderungen für Sie und Ihre Familie bewirkt. Es ist übrigens nie zu spät, das eigene Elternsein zu ändern – nicht einmal dann, wenn Ihre Kinder schon selbst Eltern sind.

Eines habe ich von den Eltern gelernt, mit denen ich gesprochen habe: Alle kämpfen sich durch und hoffen dabei das Beste. Alle fragen sich zeitweise, wie zum Teufel sie in diese irrwitzigen Situationen geraten sind: ob sie nun mit der Dreijährigen über das Tragen von Unterwäsche verhandeln oder ob sie auf dem Weg zur Polizei sind, weil der fast erwachsene Sohn sich in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht hat.

Alle Eltern sehen manchmal ihr Kind an und fragen sich, wer dieser Mensch ist und wie es so weit kommen konnte. Manche Eltern beantworten diese Fragen mit größerer Selbstsicherheit als andere. Nicht, weil sie ein Geheimrezept haben, sondern einfach, weil ihnen bewusst ist, dass es normal ist und dazugehört, sich durchzukämpfen, Fehler zu machen und dazuzulernen. Vielleicht, weil sie selbst Eltern hatten, die dieses Gefühl akzeptiert und ihnen auf diese Weise vermittelt haben, dass beide, Eltern wie Kinder, gut genug sind, so wie sie sind – auch wenn nicht alles perfekt läuft.

Die Landkarte unserer Geschichten

Zum Einstieg untersuchen wir die Geschichten, die Sie in Ihre Rolle als Elternteil einbringen. Im nächsten Schritt werden wir uns Ihre verschiedenen Persönlichkeitsanteile ansehen – frühere und aktuelle. Wir untersuchen, welchen Einfluss andere Menschen auf Sie in Ihrer Elternrolle haben oder hatten. Am Ende beziehen wir Ihr Kind in die Geschichte mit ein.

Bevor wir uns gemeinsam auf diese Reise begeben, möchte ich Ihnen zwei grundlegende Ideen vorstellen. Wenn Sie nur zwei Dinge aus diesem Buch mitnehmen, sollten es die folgenden sein:

Wir können das Elternsein nicht genießen, wenn wir uns selbst nicht verstehen. Dazu gehört die Beziehung zu uns selbst und zu anderen Menschen, aber auch die Frage, wie wir zu Liebe und Verbundenheit stehen, zu Macht und Kontrolle.

Unsere Aufgabe als Eltern ist es nicht, unsere Kinder zu formen, sondern ihnen Halt zu geben. Sie zu unterstützen, wenn sie auf Entdeckungsreise gehen – zu ihrem magischen Selbst, zu ihrem individuellen Leben. Unsere Aufgabe ist es, ihnen ein solides Fundament zu geben, auf das sie bauen können, egal, ob sie nun fünf Monate oder fünfzig Jahre alt sind.

Wie vor jeder Reise gibt es auch bei mir Sicherheitshinweise: Bitte überspringen Sie Teil I und II nicht, weil es dort »nur« um Sie geht. Ich weiß, die Versuchung ist groß. Außerdem ist es nicht immer angenehm, einen Blick auf sich selbst zu werfen. Aber Teil III und IV funktionieren nicht, wenn Sie nicht vorher die Kapitel über sich selbst gelesen haben. So ist das mit dem Elternsein: Es wird einfacher, wenn Sie sich selbst besser verstehen.

Sie finden im Buch immer wieder Gelegenheit, innezuhalten, nachzudenken und zu prüfen, ob das, was da steht, für Sie passt. Bitte überspringen Sie auch diese Abschnitte nicht. Mir ist klar, dass Sie ein solches Vorgehen vielleicht als Zeitverschwendung empfinden. Wenn wir etwas besser verstehen und ändern wollen, dann denken und handeln wir häufig sehr rational. Aber wenn es um die entscheidenden Beziehungen in Ihrem Leben geht, müssen wir Körper und Seele miteinbeziehen. Denn der Kopf wird Ihnen zwar Einsichten ermöglichen, doch ändern wird sich nur etwas, wenn Ihr Herz dabei ist. Pausen machen genau das möglich.

Ich lasse dabei immer wieder Beispiele und Erkenntnisse aus meiner klinischen Arbeit einfließen. Denn obwohl Väter, Mütter und Familien ganz unterschiedlich sind, tauchen doch immer gemeinsame Themen auf, die mir in meiner Arbeit oft begegnen. Sämtliche Beispiele, die ich hier bringe, beruhen nie auf einzelnen Erfahrungen meiner Klienten, sondern sind der rote Faden, der viele Fälle verbindet.

Bei manchen Dingen, die Sie hier lesen werden, werden Sie instinktiv zusammenzucken, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht, weil es ein Ziehen im Herzen auslöst – aufgrund von Schuldgefühlen, Scham, Trauer oder Frustration. Oder weil die Geschichte einen unerwarteten Verlauf nimmt. Das kann mit Ihnen zu tun haben, mit Ihrem Kind, Ihrem Partner, Ihrer Familie, der Gesellschaft, in der wir leben, oder der Situation, in der Sie sich im Moment befinden. Bitte greifen Sie dann zurück auf die Strategien, die in Kapitel 3 vorgestellt werden. Sie sollen Ihnen in solchen Momenten helfen. Wir mögen schwierige Gefühle nicht, aber sie liefern uns wertvolle Informationen. Am besten versuchen Sie, diese Momente als Botschaft zu nehmen, dass es hier etwas zu erkunden gibt. Schauen Sie nicht weg, sondern genau dann erst recht hin.

Was ich selbst schwierig finde, wenn ich Bücher über Elternschaft lese, ist die Vorstellung, dass der Autor oder die Autorin alles im Griff hat. Denn auch ich lerne täglich dazu, und das wird sich nie ändern. Ich habe zwar viele Informationen, doch das macht die Umsetzung auch für mich kein bisschen einfacher. Während ich dieses Buch geschrieben habe, wurde mir bewusst, wie viele Dinge ich gern anders gemacht hätte. Ich werde mein professionelles Wissen mit Ihnen teilen. Doch glauben Sie mir: Im wirklichen Leben finden es meine eigenen Kinder wahnsinnig komisch, dass ich, gerade ich, ein Buch übers Elternsein schreibe.

Ein paar Worte noch zu der Frage, für wen dieses Buch gedacht ist. Hätte ich es vor zehn Jahren geschrieben, hätte es sich an Mütter gerichtet. Zu Beginn meiner Laufbahn ging ich davon aus, dass Frauen in der Mutterrolle mehr Bestätigung erhalten sollten, damit die Mutterschaft zu einer besseren Erfahrung wird. Das beruhte auf Theorien, die zu einer Zeit entstanden, als Mütter die Kinder erzogen und Väter die Familie ernährten. Heute glaube ich zwar immer noch, dass Mütter – besser gesagt alle Eltern – sich stärker wertgeschätzt fühlen sollten, dass sie wissen sollten, wie wichtig ihre Rolle ist. Trotzdem hat sich in den vergangenen 20 Jahren meine Vorstellung davon, wie das gelingen kann, verändert.

Mittlerweile ist der Druck auf Frauen enorm gestiegen, während Väter und Partner sich ihrer familiären Rolle nicht mehr sicher sind. Den Müttern gibt man immer kompliziertere Erziehungsziele vor, was Belastung und Frustration zunehmen lässt. Väter, Partner und andere Bezugspersonen aber werden aus der Diskussion um Elternschaft und Kinder ausgeschlossen. Sie haben kaum Zugang zu Hilfsangeboten, die sie in ihrer Elternrolle unterstützen könnten. So fallen sie wieder in jene Rollenmuster zurück, die sie eigentlich für sich abgelehnt haben. Viele Eltern entscheiden sich gegen das traditionelle Familienmodell, um dann festzustellen, dass die Gesellschaft es ihnen nur umso stärker oktroyiert, je mehr sie sich dagegen wehren. Wenn wir neue Geschichten über Familien schreiben wollen, muss die ganze Familie anpacken. Daher ist dieses Buch gedacht für alle Eltern und Bezugspersonen, auch künftige, und für die Menschen, die mit Eltern und Bezugspersonen befreundet sind. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Art, wie wir Familien behandeln und über sie sprechen. Und das fängt bei der Vorstellung darüber an, mit und von wem wir sprechen, wenn wir »Eltern« sagen.

Daher war es mein Ziel, viele verschiedene Formen von Familie einzubeziehen, also auch über den zusätzlichen Druck zu sprechen, der auf Familien aus benachteiligten und unterrepräsentierten Randgruppen lastet. Ich habe bewusst versucht, eine inklusive Sprache zu benutzen, aber sicher ist das nicht immer gelungen. Wenn Sie sich an solchen Punkten stören, dann möchte ich mich schon an dieser Stelle dafür entschuldigen. Manche der psychologischen Modelle, die ich in meiner Ausbildung gelernt habe, schließen Menschen aus und haben eine begrenzte Zielgruppe. Wird dies kritisiert, finde ich das richtig und wichtig. Auch die Psychologie ist in einem ständigen Prozess. Ich hoffe, Sie haben Nachsicht mit mir und den Fehlern, über die mein künftiges Selbst vermutlich den Kopf schütteln wird.

Ich habe mich dafür entschieden, psychologische Konzepte in diesem Buch metaphorisch darzustellen. Solche sprachlichen Bilder bleiben besser im Gedächtnis – wenn Sie in die Bilder eintauchen und darüber reden oder schreiben, schaffen Sie eine ganze Reihe von Assoziationen in Ihrem Gedächtnis, die dazu beitragen, dass Sie sich auch später noch daran erinnern. Solche Sprachbilder holen unsere Erfahrungen, Gefühle und Überzeugungen aus unserem Körper heraus – und damit auch Scham und Tadel – und sorgen dafür, dass wir sie mit mehr Abstand betrachten können.

Ich weiß aber auch, dass sich manche Menschen mit solchen Visualisierungen unwohl fühlen, denn es gibt große Unterschiede darin, wie intensiv Menschen visuelle Eindrücke erfahren. Kümmern Sie sich nach Möglichkeit nicht darum, was Sie sich vorstellen können oder nicht. Wenn sich kein klares Bild ergibt, dann gehen Sie mit dem Gefühl, das die Worte in Ihnen auslösen. Oder Sie schaffen sich ein eigenes Bild und beschreiben es in Ihren Worten. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch.

Noch ein letzter Rat: Klammern Sie sich nicht krampfhaft an das, was ich geschrieben habe. Nichts davon ist in Stein gemeißelt. Erst wenn Sie die für Sie richtige Lesart finden, werden Sie das Geschriebene auf Ihr Leben anwenden können. Vielleicht stellen Sie auch fest, dass etwas fehlt. Oder Sie sind mit manchem nicht einverstanden. Vielleicht rede ich zu viel über ein bestimmtes Thema oder schreibe etwas, das Sie mit Ihrer Erfahrung überhaupt nicht in Einklang bringen können und lächerlich finden. Das ist in Ordnung. Es ist nicht nur in Ordnung, sondern großartig. Wir sind komplexe, chaotische, menschliche Wesen und haben unterschiedliche Ansichten und Wünsche. Nicht alles, was ich sage, wird jeder Leserin einleuchten. Trotzdem sollten Sie nicht gleich das Buch pauschal verurteilen, wenn ich etwas schreibe, das auf Sie nicht zutrifft. Nehmen Sie es gelassen. Nehmen Sie sich das, was Sie brauchen können, und lassen Sie den Rest weg. Meine Hoffnung ist es, dass dieses Buch Ihnen dabei hilft, Ihren ganz eigenen Weg zu finden. Also, verehrte Mitforschende: Sind Sie bereit?

I Die Mythen und Legenden rund ums Elternsein

1 Geschichten aufdröseln

Alles hat seine Moral, man muss nur ein Auge dafür haben.

Lewis Caroll,

Alice im Wunderland

1

Können Sie sich noch daran erinnern, wie es war, als Sie noch an Magie glaubten? Ein Großteil der Kindheit ist davon bestimmt, dass wir nicht nur Geschichten, sondern ganze mythische Welten erfinden. Als wir Babys und Kleinkinder waren, gerieten Realität und Fantasie häufig durcheinander. Später in der Kindheit erschufen wir in der Fantasie einen vollständigen Kosmos mit eigenen Figuren, Geschichten und Ritualen.

Wir glauben, dass wir als Erwachsene immer rationaler und vernünftiger werden. Wir hören auf, an Magie zu glauben. Schluss mit den Fantasiewelten, wir kontrollieren lieber unsere Finanzen. Und statt uns in Tagträumen zu verlieren, scrollen wir in den sozialen Medien durch Katastrophennachrichten. Und doch bleibt uns die Fantasie erhalten, mehr noch, sie bestimmt sogar unseren Alltag. Wir merken es nur nicht.

Mit diesem Buch möchte ich ein wenig Magie in Ihr Leben zurückbringen. Wir werden uns gemeinsam auf eine Reise begeben, auf der wir unterschiedliche Landschaften erkunden und verschiedenen Charakteren begegnen. Wir werden sogar eine Zeitreise in die Vergangenheit unternehmen. Und ich möchte auch direkt mit einer Geschichte beginnen. Denn sie sind ein so wichtiger Teil unserer Kindheit, den wir als Erwachsene häufig aus den Augen verlieren. Doch es sind Geschichten, die uns zeigen, wie wir als Menschen in dieser Welt leben können. Immer und überall.

Das Märchen der Elternschaft

Es war einmal ein Kind, das sich vorstellte, selbst ein Kind zu haben. Und während das Kind größer wurde, wuchs mit ihm seine Vorstellung, wie es selbst als Elternteil sein und welche Art von Kind es einmal haben würde. An dieser Geschichte hielt das Kind fest. Und diese Geschichte wurde immer weiter ausgebaut – auf der Basis eigener Erfahrungen, von Büchern, aus der Werbung und Gesprächen. Und als dieses Kind dann endlich ein eigenes Kind hatte, merkte es, dass diese Geschichte ein Märchen war. Viel zu stark vereinfacht und idealisiert. Mit Charakteren, die das Kind nicht mehr wiedererkannte. Ja, es erschien darin selbst als ein Mensch, der es gar nicht sein wollte.

Wenn Sie nun eine Minute innehalten und darüber nachdenken, welche Art Vater oder Mutter Sie sein möchten oder wie Sie Elternschaft definieren, was fällt Ihnen dazu ein? Bei vielen Menschen fußen diese Vorstellungen auf einem Idealbild, das den Eltern entspricht, die sie selbst gern gehabt hätten. Hier fließen Erfahrungen ein, die man mit den eigenen Eltern oder Bezugspersonen gemacht hat, und vermischen sich mit anderen Bildern. Dieses Ideal ist der Fantasie-Elternteil. Dieser Elternteil weiß genau, was das Kind braucht. Er bringt das Kind ins Bett, haucht ihm einen Kuss auf die Stirn, und das Kind schläft sofort ein. Er verliert nie die Geduld und kocht seinem Kind stets sein Lieblingsgericht. Natürlich steht immer eine Schale mit glänzendem Obst auf der sauberen, aufgeräumten Küchenanrichte. Und die Kinder dieses Elternteils verschwinden wie durch Zauberhand von der Bildfläche, wenn etwas Wichtiges zu erledigen ist – Beruf, Hausarbeit, Duschen oder ein Date.

Ich kann mir meinen Fantasie-Elternteil gut vorstellen. Ich sehe sie vor meinem geistigen Auge, wie sie die Lippen leicht schürzt und dabei ein Lächeln ihre Mundwinkel umspielt, in etwa wie Claire Huxtable aus Die Bill Cosby Show (die erst in den vergangenen Jahren in Verruf geraten ist). Sie war in der Serie gütig, warmherzig, witzig, aber ein einziges Heben ihrer Augenbrauen ließ ein Kind sofort mit allem Unfug aufhören. Gerade die richtige Mischung aus mitfühlend und streng. Mutter, Ehefrau und erfolgreiche Anwältin. Sie erzog fünf sehr verschiedene Kinder zu starken, liebevollen Menschen, war die Königin des Haushalts. Und genauso braunhäutig wie ich.

Es gab noch andere mütterliche Ideale, die ich größtenteils einfach internalisierte, ohne es zu merken. Da waren die Frauen in meinem Leben, meine eigene Mutter selbstverständlich, die ihre ureigensten Geschichten über Familie, Beziehungen, Arbeit, Pflichten und Fürsorge mit sich brachte. Aber auch Fernsehserien aus den 1990ern, in denen Frauen Kinder bekamen und dann ihr »richtiges« Leben weiterführten. Alle in heterosexuellen Beziehungen, mit Ehemännern, die nur eine Nebenrolle spielten – weil sie außer Haus arbeiteten, die Kohle ranschafften und hin und wieder ein bisschen im Haushalt mithalfen.

Und die Babys und Kinder? Sie waren einfach nur süß, nicht wahr? Wenn sie weinten, ließen sie sich trösten. Wenn sie müde waren, schliefen sie. Wenn sie frech wurden, schickte man sie auf ihr Zimmer. All das vermengte sich zu facettenreichen Vorstellungen davon, wer ich als Elternteil sein würde, wer mein Partner wäre und wie unsere Kinder geraten würden. Vielleicht käme dazu noch eine schicke Wohnung in Manhattan, wie in Sex and the City.

Wie sieht es bei Ihnen aus? Wer oder was hat Ihre Geschichten über Eltern und Kinder geprägt?

Wann haben Sie gemerkt, dass diese schönen Geschichten nicht so ganz der Wirklichkeit entsprechen?

Vielleicht hatten Sie ja immer schon das Gefühl, dass dieses Ideal unerreichbar war – aufgrund Ihrer persönlichen Erfahrungen. Vielleicht ist Ihnen bei dem Gedanken, dass Sie einmal ein Kind haben könnten, ganz mulmig geworden, weil Sie sich nicht mal ansatzweise vorstellen konnten, wie man Kindern ein guter Vater oder eine gute Mutter ist. Eben weil Sie das selbst nie erlebt haben. Und vielleicht hat die Kluft zwischen Ihrem Ideal und Ihrer Wirklichkeit Sie davon abgehalten, eigene Kinder zu bekommen – oder dies zumindest verzögert.

Oder Sie haben gemerkt, dass die Geschichte nicht stimmen kann, als eine Freundin oder Schwester schwanger wurde, sie Ihnen von der Erschöpfung berichtet hat und von der ewigen Verstopfung – nicht gerade die begeisterte Erzählung, die Sie erwartet hatten.

Oder war es kurz nachdem Sie Ihr eigenes Baby bekommen hatten – und das ein bisschen zerknautschter aussah, als Sie gehofft hatten? Sie wurden dann mit ihm allein gelassen, obwohl Sie nicht die leiseste Ahnung hatten, was Sie mit ihm anfangen sollten – war es der Moment?

Oder stellte sich das Schwangerwerden als so viel schwieriger heraus, als man Ihnen immer erzählt hatte? Vielleicht geschah es auch während der Geburt, als alles schiefzulaufen schien und Sie sich auf einen Schlag von gut hundert verschiedenen Fantasien verabschieden mussten, die sich nicht nur um Babys und Eltern drehten, sondern auch um Körper, Sicherheit und Vertrauen? Vielleicht war es in der ersten Nacht zu Hause, als Sie Ihr Kind einfach nicht beruhigen konnten, ganz egal, was Sie anstellten? Oder passierte es später, als Sie zusahen, wie Ihr Partner oder Ihre Partnerin zur Arbeit ging und all Ihre Träume von langen Spaziergängen im Park und dem entspannten Kaffee mit Freunden zerplatzten, angesichts der Panik, nun ganz allein für dieses winzige Leben verantwortlich zu sein?

In all diesen Momenten kann es passieren, dass wir merken, dass die Fantasien in unseren Köpfen nicht real sind. Leider stellen wir aber nicht unsere Fantasie-Geschichten infrage. Sondern wir denken, dass wir alles falsch machen.

Der Mythos vom Elternsein

All diese Elternmärchen, woher sie auch stammen mögen, haben einige grundlegende Vorstellungen gemeinsam. Eine dieser Ideen ist das folgende Modell (ein verbreiteter Mythos):

Die Grundidee ist, dass Eltern die Kontrolle haben und Kinder geformt werden müssen. Auch wenn Eltern die Erziehung unterschiedlich anpacken, steht dahinter doch der Mythos, dass Kinder auf ihre Eltern hören sollten und sie das auch tun, weil sie davon ausgehen, dass ihre Eltern es besser wissen. Und wenn alles plangemäß abläuft, dann ist die Kindererziehung ein Kinderspiel, und wir genießen das Happy End.

Wenn wir an diesen Mythos glauben, heißt das für uns, dass wir mit der Elternschaft nur deswegen Probleme haben, weil wir versagen. Wir verstehen etwas falsch, irgendetwas entgeht uns. Oder mit unserem Kind stimmt etwas nicht, weil es auf unsere genialen Tricks nicht so reagiert, wie es sollte oder wie wir erhofft haben.

Wenn es schwierig wird, dann nur weil wir falschliegen und / oder mit unseren Kindern etwas nicht stimmt.

In den vergangenen Jahren ist dieser Teil des Mythos immer mächtiger geworden. Das hat mich nicht wirklich überrascht. Wir sind als Eltern häufig völlig auf uns allein gestellt, und unser Wissen über Kinder beziehen wir aus Büchern, Blogs und den sozialen Medien. Wir packen das Elternsein genauso an wie unser ganzes Leben: nach dem Leistungsprinzip. Man hat uns eingetrichtert, dass Leistung alles ist – ob nun in der Schule, in der Ausbildung, an der Uni oder im Beruf. Selbst in der Freizeit sollen wir uns immer wieder selbst optimieren und sportlicher, gesünder, schöner und gelassener werden. Also nehmen wir diesen Maßstab und wenden ihn auf die Elternschaft an. Wir betrachten sie als Tätigkeit, nicht als Zustand. Die Kluft zwischen unseren Erwartungen und der Wirklichkeit wird immer größer. Und in dieser Kluft wächst die Angst exponentiell an.

Und der Mythos erschöpft sich ja nicht in Erfahrungen und den Märchen, die wir mit uns herumtragen. Er speist sich aus allem, was in diese Märchen einfließt.

Nehmen wir die Geschichte »Junge trifft Mädchen«, die häufig mit einer Eheschließung endet. Sie werden in keinem Märchen davon lesen, dass Prinz und Prinzessin Probleme haben, ein Kind zu bekommen, oder dass sie ein Baby haben, das nicht schlafen will. Es geht auch nie um zwei Prinzen, die eine Prinzessin finden, die für sie ein Kind zur Welt bringt. Oder um ein Kleinkind, das mit einem Naturtalent zum Fluchen geboren wurde.

So betrachtet, zerbröseln die Märchen und Mythen ziemlich schnell, nicht wahr?

Geschichten versus Wirklichkeit

Hätte Ihnen jemand gesagt, dass die Elternschaft ein Epos voller Komik und Tragik zugleich ist, das Ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt, hätten Sie sich dann immer noch ein Kind gewünscht?

Hätte Ihnen jemand gesagt, dass Ihr Baby nicht abgesetzt werden möchte und nur schläft, wenn es sich eng an Ihren Körper schmiegen kann, hätten Sie dieses Baby dann immer noch gewollt? (Mir ist bewusst, dass sich nicht alle Babys so verhalten, aber wir erfahren trotzdem nicht viel über die verschiedenen Modi des Babyschlafes, oder?)

Oder hätten Sie ein Kleinkind ersehnt, das bei seinen Wutanfällen kratzt und beißt, Ihre Lieblingssachen kaputt macht und in aller Öffentlichkeit aus Leibeskräften brüllt?

Hätte Ihnen jemand erzählt, dass Ihr Kind nicht nur haarklein schildert, wie sehr es Sie hasst, sondern Ihnen auch noch an den Kopf wirft, dass es lieber Ihre beste Freundin als Mutter hätte – wäre der Wunsch nach Kindern immer noch so groß gewesen?

Hätte Ihnen jemand gesagt, dass Ihr Teenie-Töchterchen die ganze Nacht ausgeht, ohne Ihnen Bescheid zu geben, und dass es, wenn Sie es dann übernächtigt zur Rede stellen, die Tür zuknallt und wieder abhaut – hätten Sie ein solches Mädchen haben wollen?

Vielleicht aber ist Ihre Geschichte eine andere. Möglicherweise haben Sie Ihr Elterndasein nie infrage gestellt, ganz egal, wie hart es war. Dennoch werden alle Eltern an irgendeinem Punkt von den Herausforderungen des Elterndaseins kalt erwischt. Die meisten fühlen sich angesichts der harten Wirklichkeit betrogen. Manche bedauern es, überhaupt Kinder bekommen zu haben. Das ist eben nicht die Art von Wirklichkeit, die sie sich vorgestellt hatten.

Wie fühlt es sich an, über solche Fragen nachzudenken? Es ist mitunter nicht einfach, sich Gefühle von Ambivalenz, Wut, Groll oder sogar Hass auf die eigenen Kinder einzugestehen. Was gewöhnlich mit dem Mythos zu tun hat, dass gute Eltern ihre Kinder immer lieben, ganz egal, was geschieht. Aber wenn wir uns die unangenehmen Gefühle des Elternseins nicht genauer ansehen, dann übernehmen sie andernorts die Kontrolle. Wir laden sie ungebremst auf andere Menschen im Supermarkt ab. Oder wir betäuben sie mit dem einen oder anderen Gläschen Hochprozentigem. Ich weiß, es ist wirklich schwierig, über diese Dinge zu sprechen. Die Elternschaft, beziehungsweise einzelne Aspekte davon beschwerlich oder gar die eigenen Kinder unmöglich zu finden, ist immer noch ein Tabu.

So häufig wir auch darüber witzeln, dass unsere Kinder »kleine Monster« sind, oder wir Bücher lesen mit dem Titel Verdammte Scheiße, schlaf endlich ein!, so lächeln wir doch immer, wenn jemand fragt, wie es läuft, und behaupten, dass alles in Ordnung sei, auch wenn wir um fünf Uhr früh unseren Nachwuchs gern vor die Tür setzen würden, nur um einmal ungestört ausschlafen zu können.