Das Gesetz ist stärker - Joe Juhnke - E-Book

Das Gesetz ist stärker E-Book

Joe Juhnke

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Beschreibung

Western Helden – Die neue Reihe für echte Western-Fans! Harte Männer, wilde Landschaften und erbarmungslose Duelle – hier entscheidet Mut über Leben und Tod. Ob Revolverhelden, Gesetzlose oder einsame Reiter auf der Suche nach Gerechtigkeit – jede Geschichte steckt voller Spannung, Abenteuer und wilder Freiheit. Erlebe die ungeschönte Wahrheit über den Wilden Westen Müden Schrittes durchwandert ein Fremder die staubige Straße des kleinen Grenzforts am Colorado-River. Seine Kleidung ist mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Hager ist sein Antlitz, und seine Augen liegen tief in ihren Höhlen. Ohne Zweifel, der Mann muss einen weiten, beschwerlichen Weg hinter sich haben. Misstrauisch beobachten ihn die Augen Tim Barkers. Barker ist Sheriff in Fort Mohawe. Ihm untersteht die kleine Ansiedlung, die um das eigentliche Fort herum entstanden ist. Der Fremde gefällt ihm nicht, auch wenn er keine Waffen trägt. Als der Mann die Höhe des Office erreicht hat, tritt Barker aus dem Schatten der Hausfront auf die Straße. »Hallo«, sagt der hagere Sheriff gedehnt und lehnt sich lässig an einen Pfosten des Vordaches, dabei rollt er seine Zigarette von einem Mundwinkel zum anderen. Der Fremde bleibt stehen und blickt hinüber. Dabei greift er rein mechanisch nach den Zügeln seines Gaules, der ebenso müde hinter ihm herzockelt. Schwaches Lächeln bricht sich mühsam Bahn in die staubigen Züge seines Gesichtes. »Hallo«, grüßt er dann zurück. »Du kommst wohl von weit her?« »Yeah, aus der Sierra«, gibt der Fremde bereitwillig Auskunft. Mit elegantem Ruck hat sich inzwischen Barker von dem Tragebalken gelöst und ist auf den Reiter zugetreten.

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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Western Helden – 42 –Das Gesetz ist stärker

Joe Juhnke

Müden Schrittes durchwandert ein Fremder die staubige Straße des kleinen Grenzforts am Colorado-River. Seine Kleidung ist mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Hager ist sein Antlitz, und seine Augen liegen tief in ihren Höhlen. Ohne Zweifel, der Mann muss einen weiten, beschwerlichen Weg hinter sich haben.

Misstrauisch beobachten ihn die Augen Tim Barkers. Barker ist Sheriff in Fort Mohawe. Ihm untersteht die kleine Ansiedlung, die um das eigentliche Fort herum entstanden ist. Der Fremde gefällt ihm nicht, auch wenn er keine Waffen trägt.

Als der Mann die Höhe des Office erreicht hat, tritt Barker aus dem Schatten der Hausfront auf die Straße.

»Hallo«, sagt der hagere Sheriff gedehnt und lehnt sich lässig an einen Pfosten des Vordaches, dabei rollt er seine Zigarette von einem Mundwinkel zum anderen.

Der Fremde bleibt stehen und blickt hinüber. Dabei greift er rein mechanisch nach den Zügeln seines Gaules, der ebenso müde hinter ihm herzockelt. Schwaches Lächeln bricht sich mühsam Bahn in die staubigen Züge seines Gesichtes. »Hallo«, grüßt er dann zurück.

»Du kommst wohl von weit her?«

»Yeah, aus der Sierra«, gibt der Fremde bereitwillig Auskunft. Mit elegantem Ruck hat sich inzwischen Barker von dem Tragebalken gelöst und ist auf den Reiter zugetreten. Der Stern glänzt auf seiner Brust, seine Sporen klirren hell.

»Hm«, der Sheriff scheint zu überlegen, »trieb dich der Zufall ausgerechnet hierher?«

»Wie man’s nimmt, Sheriff.«

»Das ist doch keine vernünftige Antwort auf eine anständige Frage.«

Barker spuckt den Zigarettenstummel aus und zwirbelt energisch die Enden seines Schnurrbartes. Sein Blick wird scharf und durchdringend. Doch der andere lässt sich keineswegs einschüchtern und lächelt gleichbleibend freundlich zurück. »Es soll gar keine Antwort sein, Sheriff. Ich suche lediglich eine Unterkunft in diesem Nest, mehr aber nicht.«

»Und für wie lange?«

Der andere zuckt mit den Schultern. »Das kommt noch darauf an.«

»Worauf?«

»Auf die Umstände.«

Wieder scheint Barker den mühsam aufgenommenen Faden verloren zu haben. Erst räuspert er sich vernehmlich, um dann zu fragen: »Wie heißt du?«

Jetzt schiebt der Fremde leicht den Kopf vor. Waches Lauern steht in seinen braunen Augen.

»Dutch Searcy.«

»Dutch Searcy?« Barker deutet die Straße hinauf. »Im Colorado-Hotel kannst du übernachten.«

»Danke, Sheriff.«

Dutch Searcy wandert weiter. Er ist müde und völlig abgekämpft vom weiten Weg. Er hat nur noch einen einzigen Wunsch, schlafen und nochmals schlafen.

Er findet ein freundliches Zimmer im Colorado-Hotel und ein wirklich weiches Bett, nach dem er sich schon seit Wochen sehnte.

Dutch Searcy ahnt nicht, dass zur gleichen Stunde Sheriff Barker rauchend hinter seinem Schreibtisch hockt und einen dicken Band mit alten Fahndungsblättern studiert.

Dutch Searcy schläft tief und traumlos.

Die nächste Begegnung zwischen Dutch und dem Sheriff findet genau vierundzwanzig Stunden später statt.

Dutch Searcy ist völlig ausgeruht, und sein Körper steckt voller Tatenkraft. Er kaut gerade an einem mächtigen Steak, als die Eingangstür des Hotels aufspringt und der Sheriff sporenklirrend über die Schwelle tritt.

Barker steht im Vorraum, von dem aus eine Treppe zu den, im oberen Stockwerk gelegenen Fremdenzimmer führt. Er hört den tiefen Bass des Beamten, und dann nähern sich seine Schritte.

Als Barker dann auf einmal vor dem Fremden steht, wirkt er irgendwie drohend.

Er hat adlergraue Augen, die zum Teil hinter den Lidern verborgen liegen. Seine Züge sind markant und von vielen Furchen durchzogen. Er trägt auf der linken Seite einen schweren Colt, und die Art, wie er ihn tief auf dem Schenkel hängen hat, beweist, dass er ein fixer Schütze sein muss.

Sie blicken sich beide abschätzend an. Dann zieht Barker wortlos mit dem Fuß einen Stuhl heran und hockt sich darauf nieder.

»Du heißt Searcy?«, fragt er abrupt. Dutch wischt sich lächelnd mit der Serviette über die Lippen.

»Ich sagte es Ihnen bereits gestern schon«, erwidert er und greift nach der Tasse mit dampfendem Kaffee.

»Dutch Searcy?«

»Well.«

»Nicht Mac Searcy?«

Ein leichtes Aufzucken von Dutchs Brauen beweist, dass ihn diese plötzliche Frage doch etwas überrascht. Aber trotzdem bleibt das Lächeln in seinem Antlitz.

»Mac Searcy war mein Onkel. Mir scheint, Sie kannten ihn wohl, Sheriff?«

»Irrtum«, erwiderte Barker, »ich habe mich nur mit deiner Visage beschäftigt, während du geschlafen hast.« Hartes Lächeln bricht dabei aus seinen Mundwinkeln. »Auch habe ich mich etwas in deinem Zimmer umgesehen.«

»In meinem Zimmer?« Nun scheint Dutch doch ehrlich überrascht. »Es war doch von innen verriegelt?«

Barker lacht trocken auf. »Was bedeutet schon ein Riegel, Searcy, wenn man etwas von einem Schloss versteht?«

»Und was bezwecken Sie damit?«

Doch Barker scheint diese berechtigte Frage zu überhören. Er dreht sich mit der Rechten geschickt eine Zigarette und schiebt sie sich zwischen die schmalen Lippen. Dann stemmt er beide Fäuste auf die Tischplatte.

»Wo steckt dein Onkel?«, fragt er. Einen Augenblick schweigt Dutch, dann aber lacht er laut los.

»Wenn ich das wüsste, Sheriff, dann ging es mir besser.«

»Du hast eine ganze Menge Geld dabei, fast neunhundert Dollar.«

»Sie haben ja genau gezählt, Sheriff. Mit welchem Recht?«

Barker winkt aber ohne Antwort ab. Er lehnt sich zurück, und seine Hände laufen spielerisch über den Tischrand.

»Du kommst aus Dakota, aus Burlington.«

Jetzt ist Dutchs Lächeln plötzlich eingefroren. Blitzschnell arbeiten seine Gedanken. Er besitzt weder einen Pass noch sonst etwas, aus dem der Sheriff diese Feststellung entnehmen konnte. Und trotzdem stimmt es, was er sagt, sogar haargenau. Unmerklich bewegt er den Kopf. Dutch Searcy liegt plötzlich auf der Lauer, denn er spürt deutlich, dieser riesige Sheriff ist für ihn gefährlich.

»Darf ich fragen …«

Wieder winkt Barker ablehnend ab. »Du gehörtest dem 8. Regiment der Nordstaaten an. Du unterstandest Major Cooper. Du wurdest dann von Admiral Farragut mit dem ›Goldenen Stern‹ ausgezeichnet und vom einfachen Soldaten zum Leutnant befördert.«

Dutch Searcy ist sprachlos. Ihm bleibt glatt die Luft weg. Dieser Mann, den er doch nie gesehen hat, deckt hier ein Stück Vergangenheit auf, das weit zurückliegt. Und jedes Wort dieses Mannes stimmt haargenau.

Er sieht die harten Züge des Sprechers, hört wie im Traum dessen Stimme, als der Sheriff fortfährt: »Zwei Jahre später warst du bereits Major und Führer einer Sondergruppe, der es im Shenandoah-Tal mit einem Handstreich gelang, eine der letzten Goldreserven der Konföderierten zu kapern.«

»Wo steht das geschrieben?« Dutch fährt sich hastig über die trockenen Lippen.

Langsam hebt der Riese den Arm. Er tippt an seine Stirn und lächelt. »Hier, Searcy, hier drinnen. Und es wird auch ewig dortbleiben, denn ich war seinerzeit der Mann, der den Goldtreck führte.«

»Donnerwetter«, flüstert Searcy. Unwillkürlich spannen sich seine Muskeln. Er prüft die Züge des anderen, seine Augen, doch er erkennt nichts Feindliches in ihnen. Im Gegenteil. Sie sind nicht mehr so hart, so abweisend. Deshalb entspannt sich auch sein Körper wieder. »Es war eine höllische Sache damals, Sheriff. Die Jungs machten uns ordentlich zu schaffen. Ich hoffe, Sie sind nicht nachtragend.«

»Es freut mich, den Mann wiederzutreffen, der mich damals zu schlagen wusste. Ich kenne auch den weiteren Verlauf deines Lebens, Searcy.«

Barker winkt den Keeper herbei und bestellt eine Flasche Whisky.

»Du warst nach dem Kriege ein Jahr in Memphis am Mississippi. Dann später in Wyoming. Zuletzt in Kansas City. Und seit der letzten Station trägst du keine Eisen mehr.«

»Dann weißt du auch, weshalb?« Dutchs Miene verfinstert sich.

Barker nickt, während der Keeper zwei Gläser füllt und wieder zurückgeht. »Du hast einen Mann, namens Dick Powell, erschossen. Dieser Dick Powell war Driver auf dem Kansastrail. Er hatte keinen guten Ruf.«

»Aber er war betrunken, als ich ihn tötete. Ich brauchte es nicht zu tun.«

»Er hatte dich aber schwer beleidigt.«

»Es waren aber doch nur Worte.«

»Es gibt auch Worte, die töten können.«

»Sprechen wir nicht mehr weiter darüber«, bittet Dutch, und seine Hand umspannt das Glas, »trinken wir lieber auf unsere Begegnung.«

Barker nickt, und sie stoßen zusammen an.

Fast den ganzen Nachmittag bleiben die beiden Männer, deren Schicksal sie einmal zu Feinden und plötzlich zu Freunden macht, zusammen. Sie sprechen angeregt von den alten Zeiten und genehmigen sich so manchen Drink.

Dann ist es wieder Barker, der dem Thema eine neue Richtung gibt.

»Was führt dich aber nun eigentlich hier nach Mohawe?«

Zuerst zögert Dutch mit der Antwort, doch schließlich gibt er sich einen Ruck. »Ein Mann namens Tuffy.«

»Wie, der verrückte Alte?« Barker schüttelt verwundert den Kopf. »Was willst du denn von ihm?«

»Ich hoffe, dass er mir helfen kann. Ich suche nämlich meinen Onkel.«

»Und was hat dieser Tuffy mit ihm zu tun?«

»Man sagte mir, er habe so etwas wie einen sechsten Sinn.«

»Well, das hat er auch«, lacht Barker dröhnend auf, »ich würde diesen Sinn aber eher Blödsinn nennen.«

Doch Searcy bleibt bei diesem Witz recht ernst. »Vielleicht kann er mir doch helfen. Ich besitze eine Karte von jenem Gebiet, das einmal meinem Onkel gehörte. Tuffy soll schon einmal an Hand einer Karte ein Verbrechen aufgeklärt und einen vermissten Menschen gefunden haben.«

»Das stimmt, aber ich halte es für puren Zufall.«

»Trotzdem will ich es versuchen. Es ist eine stille Hoffnung von mir, denn ich habe das untrügliche Gefühl, als befände sich mein Onkel noch in der Sierra. Du sollst wissen, ich habe mir geschworen, sein Schicksal zu ergründen und die Menschen, die sich von ihm betrogen fühlen, zu überzeugen, dass er kein Betrüger ist. Ich suche auch noch einen zweiten Menschen: Jones Barotte. Er soll in Gouldroad wohnen oder wenigstens gewohnt haben.«

»Ich kenne diesen Barotte. Er hat aber vor vier Jahren den Colorado verlassen.«

Dutchs Lider zucken. »Etwa genauso lange ist auch mein Onkel verschollen.«

»Und was haben die beiden Männer miteinander zu tun?«

»Sie waren einmal Partner.«

Überrascht pfeift Barker durch die Zähne. »Das ist mir ja ganz neu. Damals wurde nichts davon erwähnt. Weder von den Klägern, und es waren deren nicht wenige, noch vom Anklagevertreter.«

»Niemand wusste es außer einem alten Digger aus der Sierra Nevada.«

»Murro?«

»Ja, du kennst ihn?«, fragt Dutch. »Natürlich.«

»Weshalb hat er geschwiegen?«

»Es hat ihn niemand gerufen. Und selbst wenn, er wäre auch sicher nicht vor Gericht erschienen.«

Sinnend blickt Barker auf die Straße. Schließlich sagt er: »Wenn du dir wirklich etwas von der Sache versprichst, bringe ich dich zu Tuffy.«

»Gerade deshalb bin ich ja hierher gekommen.«

»Dann komm gleich mit.«

Barker wirft ein Fünfdollarstück auf den Tisch und richtet sich auf. Auch Dutch erhebt sich. Er fühlt sich nicht mehr so ganz allein und verlassen in diesem fremden Land. Dazu hat er noch einen ehemaligen Feind als Freund gewonnen, und dieser Freund ist tatkräftig und erfahren genug, um ihm ein Helfer bei seiner schweren Aufgabe zu sein.

*

Tuffy ist nicht nur schrullig und ein Eigenbrötler, er ist dazu noch die personifizierte Hässlichkeit. Er ist klein und spindeldürr. Seine Nase ist lang und gebogen. Sie wirkt zwischen den faltigen, mageren Gesichtszügen wie der Hauer eines Adlers. Sein Blick ist stechend, die Farbe seiner Augen braun, ins Grünliche schillernd, was einen recht seltsamen Kontrast zu dem silbernen Haar ergibt. Die linke Schulter steht hoch, und dazu besitzt er noch einen gewaltigen Höcker.

Tuffy haust in einer Lehmhütte, in der die Luft heiß, sengend und stickig wie in einem Backofen ist. Eine Menge undefinierbarer Gerüche schlagen den beiden Männern entgegen, als sie das Tuch, das die Tür ersetzt, zurückschlagen und eintreten.

In Dutch Searcys Hals steigt ein Würgen auf. Er erschauert bei dem Gedanken, dass ein Mensch länger als eine Viertelstunde in diesem elenden Loch, das schlimmer als ein Schweinestall ist, hausen soll. Am liebsten möchte er auf der Stelle umkehren. Aber er zwingt mit Gewalt das hochkommende Unwohlsein nieder.

Tuffy hockt auf einem roh zusammengehauenen Schemel. Durch das winzige Seitenfenster des einzigen Zimmers fällt ein breiter Lichtkegel in den Raum und erhellt ihn notdürftig.

Tuffy lacht fistelnd, als der energische Sheriff ihm den Wunsch des Fremden vorträgt. Schließlich winkt er Barker näher und flüstert ihm etwas ins Ohr. Dutch bleibt abwartend zurück. Seine Augen ruhen unruhig auf Barker, als dieser sich ihm wieder zuwendet.

»Er will die Karte sehen, Dutch«, sagt Barker.

Wortlos greift Searcy in die Tasche und reicht sie Barker. Der Sheriff wirft sie dem verhutzelten Alten auf den Tisch.

Tuffys Finger glätten das Pergament. Dann wird es ganz still im Raum.

Dutch spürt, wie der Schweiß über seine Stirn perlt. Er hört nur den ziehenden Atem des Alten. Und wieder spürt er das Würgen in der Kehle.

Ruckartig hebt Tuffy den Kopf und sieht den Sheriff an.

»Was hat er zu bieten, Sheriff?«, will Tuffy wissen. »Für hundert Dollar würde ich es versuchen.«

»Er zahlt zwanzig«, erwidert Barker lächelnd und seelenruhig. Ihm scheint das Ganze nur Spaß zu bereiten.

»Fünfzig.«

»Zwanzig.«

»Fünfunddreißig, Sheriff, oder ich versuche es nicht.«

»Willst du vielleicht einen Sheriff erpressen, Tuffy«, grollt Barker und verleiht seiner Stimme einen zornigen Unterton.

Tuffys Kopf schrumpft zwischen den Schultern zusammen.

»Halsabschneider«, jammert er erbärmlich, »alle sind sie Halsabschneider. Gut also, zwanzig Dollar und eine Flasche Whisky.«

»Er soll sie haben, Tim.« Ungeduldig tritt Searcy näher. »Los, Alter, versuche dein Glück. Zwanzig Dollar und die Flasche. Wenn dann deine Angaben stimmen, sollst du später noch weitere hundert dazu bekommen.«

Nun schaut Tuffy zum ersten Mal zu Dutch hoch. Er wirkt klein und hässlich, wie ein Gnom. Aber Dutch schweigt erschrocken, als er die kalten Augen des Mannes auf sich ruhen fühlt. Ihm ist es plötzlich, als blicke er in das Gesicht eines Toten.

Nun gleiten die langen Finger Tuffys über den Tisch, und plötzlich erkennen die beiden Männer, dass der Alte etwas in der Hand hält. Es ist eine kleine silberne Kette, an deren Ende sich eine winzige Kugel befindet. Sie schillert grell im hereinfallenden Licht der Sonne, sie scheint magische Kraft zu besitzen, die stark auf die Augen der Männer einwirkt.

Sie sehen, wie die kleine Kugel über der Karte steht, reglos und ohne Bewegung und dabei weiß Barker ganz genau, dass die Hände des alten Tuffy zittern.

Plötzlich bewegt sich das Pendel. Es schlägt aus, rollt, wie von einer geheimnisvollen Macht angetrieben, in immer weiteren Kreisen über die Karte.

»Nach Norden – nach Norden …« Die helle Fistelstimme des Alten klingt durchdringend. Sie fährt wie ein kalter Schauer über die Rücken der schweigsamen Männer.

»Über den Fluss, den Berg hinauf, ein gewaltiger Berg, eine düstere Schlucht.«

Dutch ist unfähig, sich zu bewegen. Sein Blick ruht wie hypnotisiert auf der kleinen Kugel, die immer engere Kreise zieht. Nur seine Gedanken arbeiten.

Norden. Dort liegt die Sierra. Der Berg ist der Mowago Peak, und die düstere Schlucht, die Kugel zerfließt vor Dutchs Augen. Er sieht den Aufgang zur Barbas-Schlucht. Schwarz, düster, voller Gefahren. Er wandert im Geiste noch einmal diesen Weg, aber allein, einsam, nicht mit Murro, der ihn damals begleitet hatte.

Da reißt ihn wieder die Stimme des Alten aus seinen Gedanken.

»Hier muss es sein! Hier!«

Mit schrillem Diskant bricht die Stimme ab. Dutch sieht, dass die Kugel über der Karte schwebt. Ruckartig beugt er sich vor. Er studiert die Linien, die markanten Punkte, die dort eingezeichnet sind. Und genau dort, wo die Kugel steht, ist der Eingang zu den Wispie-Höhlen, wie Murro sie nannte.

Zögernd streicht Dutch Searcys Rechte über das brüchige Pergament. Er richtet den Oberkörper auf. Als er und sein Begleiter dann wieder auf der Straße stehen, kommt ein hörbares Aufatmen über seine Lippen.

Nur Sheriff Barker lacht, vielleicht nur, um seine Befangenheit abzuschütteln, vielleicht auch, weil er das ganze Schauspiel nicht ernst nimmt.

»So, deine Dollar bist du nun los. Ich sagte dir ja gleich, es ist alles nur Quatsch und ein Blödsinn, an so etwas zu glauben, aber trotzdem, es hat meine Nerven auch angegriffen. Willst du tatsächlich noch einmal in die Sierra zurück?«

»Nun erst recht.«

»Aber es ist doch alles Unsinn, was der Alte dir da vorgefaselt hat. Mit diesem Hokuspokus kann man doch höchstens kleine Kinder fangen, Dutch.«

»Ist alles möglich, Tim, aber seltsamerweise, obwohl ich dir im Grunde recht geben muss, vertraue ich dem Alten instinktiv. Noch einen Drink?«

»Ich könnte ihn ganz gut vertragen auf diesen Besuch hin, der mir das ganze Mittagessen im Magen umspülte.«

*

Drei Monate lang hört Barker nichts mehr von dem jungen, unbelehrbaren Freund, und schon glaubt er, Dutch habe längst die Suche aufgegeben und sei, um einer Blamage aus dem Wege zu gehen, außer Landes geritten, da taucht eines Nachmittags Dutch Searcy wieder in Fort Mohawe auf.

Und was nun Sheriff Barker an diesem Tage zu hören bekommt, verschlägt im glatt die Sprache.