Spion der Konföderierten - Joe Juhnke - E-Book

Spion der Konföderierten E-Book

Joe Juhnke

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Blackout, dachte Jennifer Sharon und eine Spur aufrichtigen Bedauerns lag in ihren bergseeblauen Augen, als die rechte Gerade Mr. Campells blitzschnell vorschoß. Sie traf den Punkt – die Kinnspitze Patrik McLesters und hinterließ Leere unter der massigen Hirnschale des Iren. Weit öffnete er seinen Mund, während aus den Lippenwinkeln ein dünner Blutfaden über das Kinn sickerte. In den Augen, die starr auf dem Fremden ruhten, erschien toter Glanz, der noch stumpfer wurde, als der Riese in die Knie brach und sanft vornüber auf die Dielen fiel. David Campell schüttelte auflockernd die Hände, ehe er sich der Dame zuwandte, die einige Schritte zurückgetreten war und zwischen Stapeln von Baumwolle und einigen Ölfässern stand. Er zupfte die Rüschen des Hemdes glatt, richtete die Schleife. Während er in die weinrote Samtjacke schlüpfte, verbeugte er sich mit dem nonchalanten Lächeln eines Siegers. »Er wird Sie nicht mehr belästigen, Madam, denn sicher wird ihn die Erinnerung an diese Tracht Prügel künftig vor ähnlichen Rüpeleien bewahren.« Campell war ein hübscher Mann, großgewachsen, mit dem dunklen, welligen Haar und einem schmalen Menjoubärtchen über dem ausdrucksvollen Mund. Aber seine Haltung war arrogant zu nennen, wie auch der Blick seiner Augen, der sekundenlang Jennifers Figur streifte. Er schien der Mann zu sein, der sich seiner Wirkung auf Frauen voll bewußt ist. »Ich danke Ihnen, Mr…«, absichtlich stockte ihre Stimme. »Campell. David Campell.« Wieder verbeugte sich der Gentleman. »Ich danke Ihnen, Mr. Campell, daß Sie mich vor diesem rüpelhaften Menschen in Schutz genommen haben. Der Mann muß betrunken sein, wie sonst könnte er einer Lady zu nahe treten.

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Seitenzahl: 152

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Die großen Western – 295 –Spion der Konföderierten

Joe Juhnke

Blackout, dachte Jennifer Sharon und eine Spur aufrichtigen Bedauerns lag in ihren bergseeblauen Augen, als die rechte Gerade Mr. Campells blitzschnell vorschoß. Sie traf den Punkt – die Kinnspitze Patrik McLesters und hinterließ Leere unter der massigen Hirnschale des Iren. Weit öffnete er seinen Mund, während aus den Lippenwinkeln ein dünner Blutfaden über das Kinn sickerte. In den Augen, die starr auf dem Fremden ruhten, erschien toter Glanz, der noch stumpfer wurde, als der Riese in die Knie brach und sanft vornüber auf die Dielen fiel.

David Campell schüttelte auflockernd die Hände, ehe er sich der Dame zuwandte, die einige Schritte zurückgetreten war und zwischen Stapeln von Baumwolle und einigen Ölfässern stand. Er zupfte die Rüschen des Hemdes glatt, richtete die Schleife. Während er in die weinrote Samtjacke schlüpfte, verbeugte er sich mit dem nonchalanten Lächeln eines Siegers.

»Er wird Sie nicht mehr belästigen, Madam, denn sicher wird ihn die Erinnerung an diese Tracht Prügel künftig vor ähnlichen Rüpeleien bewahren.« Campell war ein hübscher Mann, großgewachsen, mit dem dunklen, welligen Haar und einem schmalen Menjoubärtchen über dem ausdrucksvollen Mund. Aber seine Haltung war arrogant zu nennen, wie auch der Blick seiner Augen, der sekundenlang Jennifers Figur streifte. Er schien der Mann zu sein, der sich seiner Wirkung auf Frauen voll bewußt ist.

»Ich danke Ihnen, Mr…«, absichtlich stockte ihre Stimme.

»Campell. David Campell.« Wieder verbeugte sich der Gentleman.

»Ich danke Ihnen, Mr. Campell, daß Sie mich vor diesem rüpelhaften Menschen in Schutz genommen haben. Der Mann muß betrunken sein, wie sonst könnte er einer Lady zu nahe treten. Sie waren sehr mutig.«

Campell reckte den Oberkörper in dem weinroten Samtjackett. Sein Lächeln drückte Überheblichkeit aus. »Gentlemanlike, Madame. Ein Kavalier duldet nicht, daß eine Lady belästigt wird. Darf ich Sie begleiten?« Er küßte ihre Hand.

Noch immer lächelnd deutete Jennifer Sharon zum Flußschiff hinüber, das an der Mole beladen wurde.

»Ich nehme die ›Ladybird‹ bis Quincy, Mr. Campell. Von dort hoffe ich, eine bequeme Passage nach Springfield zu finden. Ich habe in Springfield die Stellung einer Hausdame angenommen.«

»Springfield?« David Campell schien freudig überrascht. »Das nenne ich einen Zufall. Ich bin in Springfield zu Hause, Miss…«

»Sharon. Freunde nennen mich Jennifer.«

»Darf ich, hm…«

»Sicher, Mr. Campell, nennen Sie mich ruhig Jennifer. Letzten Endes haben Sie mich vor Unannehmlichkeiten geschützt.«

»Welch ein Vergnügen, Jennifer.« Campell schien es ehrlich zu meinen. Man sah es an seinem Gesicht, das strahlte. »Dann werden wir nicht nur die lange Reise gemeinsam erleben. Sicher treffen wir uns auch in Springfield. Bei wem werden Sie wohnen?«

»Bei Mrs. und Mr. Cambridge, David. Kennen Sie die Leute?«

Jennifer log. Wie glatt die Lügen über ihre Zunge liefen. Sie kannte keinen John Cambridge. Sie wußte diesen Namen nur aus Unterlagen, die der Verbindungsmann in Council Bluff ihr überreicht hatte. Ebenso wie Campells Name. Er war ein Glied der Kette, das zu gewinnen ein Teil ihrer Aufgaben war, welche das Oberkommando der Konföderierten Armee ihr und einigen getreuen Männern gestellt hatte.

»Lesley John Cambridge. Weiß Gott, er ist ein guter alter Freund meiner Familie. Ich beglückwünsche Sie, Jennifer. Die Cambridges sind eine alteingesessene Familie. Sie zu Freunden zu zählen, bedeutet eine besondere Ehre.«

»Wie schön, das zu hören. Sie nehmen also auch die ›Ladybird‹?«

David Campell blickte die Pier entlang. Etwa zweihundert Yards entfernt löschte die »Calimitty« ihre Fracht.

»Bestimmt, Jennifer.« Sie spürte, wie er ihre Hand drückte. Er hatte sie die ganze Zeit gehalten, und Jennifer Sharon merkte das leichte Vibrieren seiner Finger. »Ich habe noch einige geschäftliche Dinge zu erledigen. Bei Abfahrt des Riverbootes werde ich an Bord sein.« Er löste sich von ihr und winkte einen Nigger herbei, der lungernd am Kai stand. »Nimm das Gepäck der Lady, und bringe es an Bord.« Eine Zehn-Cent-Münze wechselte den Besitzer. Der Schwarze grinste.

»Bis später, Jennifer.« Campell hob grüßend die Hand und entfernte sich.

Die Frau blickte hinter der schlanken jugendlichen Erscheinung her, die schnellen Schrittes am Kai entlang eilte. Sie kannte Campells Aufgabe, die darin bestand, fünftausend Coltrevolver nebst Munition zu löschen. Das Modell hieß »Army 60«, und es war die zur Zeit modernste und schnellste Waffe aus Samuel Colts Fabriken, bestimmt für die Armee des Nordens, um einige Regimenter besser auszurüsten.

»War ich gut, Baby?«

Jennifer Sharon schreckte aus ihren Gedanken hoch. Ihr Blick suchte den Sprecher, dessen spöttische Stimme ihr entgegenschlug. Patrik McLester lag noch immer am Boden. Doch breites Lächeln füllte sein blutverschmiertes Gesicht. Grinsend schloß er ein Auge. »Ich meine, hat er mich überzeugend knock out geschlagen?«

Jennifer schüttelte lächelnd den Kopf. »Und ich dachte, er hätte es wirklich geschafft.«

Der stämmige Ire grunzte. »Dann war ich also gut. By gosh, Baby, schon nach dem ersten Schlagwechsel hätte ich dem Dandy die Hirnschale zertrümmern können.

Und irgendwann werde ich es sicher tun, denn noch nie hat ein Mann Patrik McLester zu Boden gezwungen.«

»Vorerst habt ihr eine andere Aufgabe, Dickschädel. Sie lagern Waffen und Munition in der letzten Halle. Mr. Campell wird mir sicher beim Dinner erzählen, wie stark die Bewachung ist und wohin der Transport geht. Halte dich während der Nacht in der Nähe des Kais auf. Du wirst von mir eine Botschaft erhalten, die du weiterleiten kannst. Ansonsten bleibt es wie besprochen. Wir treffen uns bei Big Foot Martin.« Jennifers Blick wanderte zur »Calimitty« hinüber. Sie sah David Campell, auf einem Stapel Kisten stehend, seine Leute antreiben. Er hat Feuer gefangen, dachte sie und wandte sich ab. Ohne Eile schlenderte sie den breiten Steg zum Riverboot hoch und ließ sich von einem Bediensteten einweisen.

*

Campell war vollendeter Kavalier. Sie dinierten im großen Salon des Flußbootes, und er konnte amüsante Geschichten erzählen. Er merkte in seinem Eifer nicht, daß Jennifer ihm immer wieder kleine Zwischenfragen stellte. Sie sprach über die »Calimitty«, erfuhr von ihm, daß sie in Quincy beladen war und er als Kommissar den Transport bis St. Louis begleitet hatte. Er berichtete, daß es sich um Verpflegung für die Armee handelte, die mit der Bahn nach Wichita überführt und dem dortigen Armeebereich zugeführt werden sollte. Im Laufe des Abends wußte Jennifer auch den bestimmten Zeitpunkt, wann dieser Transport St. Louis verließ.

Fünftausend Coltrevolver, nebst der dazugehörenden Munition wären eine gewaltige Verstärkung für den Süden, denn seit der Seeblockade der Union scheiterten Englands und Frankreichs Schiffe vor der Küste der konföderierten Allianz, und es kam immer weniger Kriegsmaterial ins Land.

An all das dachte Jennifer, als sie am Arme Campells über das Promenadendeck flanierte. Und dieser Gedanke entbehrte nicht eines gewissen Reizes. Zwar war es ihre eigentliche Aufgabe, Verbindung zu David Campell deswegen zu suchen, damit der ihr den Weg zu Colts Waffenschmiede in Springfield ebnen sollte, wo sie das exakt funktionierende Getriebe der Rüstungsfabrik zu stören hatte. Doch fünftausend intakte Revolver für General Lees Armee zu erobern, das wäre ein Ding für sich. Ein Handstreich, den man quasi am Rande führen konnte. Man müßte dem Hauptquartier diese Kenntnisse übermitteln. Jennifer Sharon zweifelte nicht daran, daß es befähigte Kommandos gab, die hinter den blauen Linien den Transport aufhalten und umleiten konnten. Sie dachte dabei an William Quantrill, dessen Guerillatruppe der Union manche Schlappe beibrachte.

Campell führte die Frau durch die Spielsäle, deren Gediegenheit nicht zu der buntgewürfelten Gesellschaft abenteuerlicher Gestalten paßte, die an den grünen Tischen ihr Glück suchten. Es waren Farmer aus dem Norden, Trapper und Fallensteller, die in St. Louis ihre Felle verkauft hatten und nun auf dem Wege in die einsamen Wälder Kanadas waren. Glücksritter, die zu den Goldfeldern des Yukon wollten und Glücksspieler, die auf dem Mississippi zu Hause waren.

Eine Weile schauten sie dem hektischen Treiben zu, das diese Menschen in Bann zog, und sie spürte, daß das Spielfieber auf Campell übergriff.

»Wir sollten einige Dollar setzen, Jennifer.« Campell hielt ein Bündel Noten in der Faust. »Dort wird ein Tisch frei. Wollen Sie für mich spielen?«

Jennifer schüttelte ablehnend den Kopf. »Ich verstehe nichts davon. Doch wenn Sie Ihr Glück versuchen wollen, ich stehe gern hinter Ihnen und halte die Daumen. Vielleicht bin ich eine Art Talisman.« Noch einmal lachte die Frau. Campell bemerkte nicht den zweideutigen Klang ihrer Worte.

Er hatte sich bereits am Tisch niedergelassen und setzte beim Roulette. Einige Male noch – als er gewann – blickte er triumphierend über die Schulter. Doch als er in Verlust geriet, hatte er nur Augen für die goldene Kugel, die geräuschvoll rollte und über Glück und Unglück entschied.

Dies war der Zeitpunkt, an dem sich Jennifer Sharon unbeobachtet zurückzog. Sie eilte den schmalen Gang entlang und huschte die Treppe hoch. Sie erreichte die Reling, und ihr Blick suchte den Kai ab.

Patrik McLester stand zwischen mächtigen Baumwollballen. Er trat aus dem Schatten und winkte ihr lebhaft zu.

Jennifer wußte, daß ihr wenig Zeit blieb, bis Campell ihre Abwesenheit entdeckt haben würde. Sie mußte sich beeilen. Mit kurzen, schnellen Schritten eilte sie den Steg hinunter und verschwand neben dem Iren im Schutz der Baumwollballen. Sie sprach intensiv auf McLester ein, erzählte ihm, was sie in Erfahrung gebracht hatte.

»Er redet von Lebensmitteln und Vorräten. Aber ich bin sicher, es sind Waffen.«

»Was sonst käme aus Colts Fabriken, Baby«, lachte Patrik und kaute vergnügt ein Stück Tabak. »Army 60. Die besten Eisen, die ich je gesehen habe. Fünfmal so schnell zu laden wie der gute alte Patterson, und ich wette, die Treffsicherheit ist ebenfalls fünfmal so groß wie der Friedensstifter.«

»Hast du dir etwa einen besorgt?« Jennifer schien erschreckt.

McLester grinste wieder. Er spielte mit einem harten Gegenstand, von dem Jennifer ahnte, daß er wahrscheinlich einer der neuen Colts war.

»Ich konnte nicht widerstehen, Baby. Wir haben einige geklaut und eine Kiste passende Munition dazu. Wer weiß, ob wir nicht bald schnell und sicher schießen müssen.«

»Du mußt verrückt sein, Patrik. Wenn sie euch erwischt hätten.«

»Wir haben schon andere Dinger gerissen, Baby. Das weißt du doch. Und die waren gefährlicher als dies hier.«

»Allright, Patrik. Gib Mundy Nachricht. Er soll unsere Kenntnisse weitervermitteln. Vielleicht weiß man im Hauptquartier etwas damit anzufangen. Mehr können wir nicht tun.« Jennifer glitt aus dem Schatten und eilte leichtfüßig zum Boot zurück.

Als sie in den Spielsaal eintrat, hatte Campell sich gerade erhoben. Er schien sie zu suchen, deshalb hob Jennifer winkend beide Hände. Campell steuerte auf sie zu. Seine Stirn glänzte vor Schweiß, und er schien noch ein wenig erregt vom Spiel.

»Ich habe meinen Glücksbringer vermißt, Jennifer, und trotzdem gewonnen. Fünfhundert Dollar. Was fangen wir damit an?«

Ihre Finger fuhren in die Rüschen seines Hemdes, und in ihren Augen blitzten gewisse Lockungen. »Sie werden bestimmt schon wissen, was wir tun, David«, schnurrte sie wie eine sanfte Katze.

»Genau«, lachte Campell, »wir verwandeln das trockene Geld in perlenden Champagner und begießen den Abend, der so schön begonnen hat und hoffentlich auch ebenso schön enden wird.«

*

Patrik McLester hatte das ungute Gefühl, gegen eine unsichtbare Mauer gerannt zu sein. Noch lag das Echo seiner Frage im Schankraum, als er unklar spürte, eine Dummheit begangen zu haben. Ein Dutzend Männeraugen blickten auf ihn und seine Begleiter. Boshaft, lauernd, direkt feindlich.

Irgendeiner stellte mit harter Bewegung sein Glas auf die Theke und trat einen Schritt näher. Und nun sah Patrik den Stern auf der Brust.

Der Sheriff.

»Du suchst Big Foot Martin, Stranger? Warum?« fragte Kid Demsey, der Sheriff. Seine Rechte ruhte unmißverständlich auf dem Knauf seiner Patterson.

Der Ire atmete vernehmlich. Er spürte, daß in Quincy irgend etwas schiefgelaufen sein mußte. Etwas, das Big Foot Martin betraf, der ein Freund der Konföderierten Allianz war und dem Süden manche Information lieferte.

»Warum, Stranger?« Wieder diese fordernde Frage.

»Warum«, polterte McLester los, »weil wir uns aus früheren Zeiten kennen. Big Foot Martin und ich haben einige Jahre im Araphaoland Büffel gejagt und in Colorado gemeinsam nach Gold gebuddelt. Ist das ein Grund, nach einem Freund zu fragen, wenn man schon mal in seiner Stadt ist?« McLester schnaufte wieder, denn er sah, daß Demseys Hand hart den Colt umschloß.

»So.« Demseys Lächeln wurde plötzlich kühl und überlegen. »Dann will ich dich zu deinem alten Freund führen. Geh voran, Red.« Der Sprecher deutete zum Ausgang.

»Und meine Freunde?«

»Sie werden warten.« Sheriff Demsey trat zu einem hageren Burschen und flüsterte ihm einige Worte zu. Der Mann nickte. Demsey wandte sich dem Ausgang entgegen. »Gehen wir, Red. Oder wie heißt du?«

»Patrik McLester.« Der Ire spürte die Gefährlichkeit dieses Sheriffs, der sein überlegenes Lächeln zeigte und die Hand nicht vom Revolver ließ.

»Allright, gehen wir, Patrik.«

Während sie das offene Tor durchschritten, wurde Patrik bewußt, daß sie seinen Freund erwischt hatten. Irgendwo auf diesen verwilderten Tombs würde er liegen.

»Dort das zweite Grab.«

Der Ire sah den frisch aufgeworfenen Hügel, den brauner Sand zierte. Keine Blumen, nur ein einfaches Kreuz, das Big Foots Namen trug. Er preßte die Lippen aufeinander.

»Wann ist er gestorben, Sheriff?«

»Vor zwei Tagen mit einem Strick um den Hals. Nun, wo ich deine Bedürfnisse befriedigt habe, wirst du mir einiges über Martin und dich erzählen, Patrik. Die ganze Wahrheit, Patrik, denn Big Foot Martin ist mit einer Lüge auf den Lippen verschieden, obwohl der Armeekommissar ihn der Spionage überführte. Sein Herz gehörte doch dem Süden? Wie das deine für die Rebellen schlägt, Patrik McLester.«

Patriks Gedanken arbeiteten fieberhaft. Da waren sie nun eine Woche von St. Louis nach Quincy geritten, um sich mit ihrem Mann zu treffen, und nun waren sie in eine Falle gelaufen. Patriks Handflächen wurden feucht, als sie über die Brust abwärts wanderten. Er wollte nicht am Galgen enden. Er würde kämpfen.

Sheriff Demsey schien seine Gedanken zu erraten.

»Mache keine Dummheiten, Patrik«, mahnte er lässig, während der Druck im Rücken stärker wurde. »Ich schieße dir nur ein Loch in den Bauch, und du wirst immer noch Zeit haben, zu plaudern, ehe du abkratzt. Wir sind hier verdammt scharf auf Jungs, die hinter unserer Front Ärger machen. Schnalle den Gurt ab.«

Dernsey sprach bestimmt und selbstsicher. McLester hatte den Eindruck, daß der Mann es ernst meinte. Nur langsam löste sich die aufgestaute Aggression in ihm. Als der Gurt in den braunen Sand fiel, wurde seine Zukunft grau und diesig.

*

Während die »Ladybird« gemächlich den großen Strom hochzog und David Campell längst die verlockende Schönheit eines Frauenleibes entdeckt hatte, wurde die Sache für Patrik McLester kritisch.

Er stand verbissen am vergitterten Fenster, das zum Hof des Jail hinführte. Einige Männer hatten Hank Blodder mit den Händen über einen Holm gebunden und ihm das Hemd vom Körper gerissen. Sheriff Demsey saß gelassen auf einem Holzklotz und drehte eine Zigarette. Der Mann neben ihm – jener Hagere aus der Schänke – gab seinen beiden Begleitern ein Kopfzeichen. Die Männer hoben die langen, schweren Peitschen und Patrik sah die dunklen Furchen, die sich auf Blodders Rücken abzeichneten. Noch verbiß Hank Blodder den brennenden Schmerz, der seinen Körper zu spalten schien.

»Verdammte Hunde«, fluchte der irische Hüne und spürte das Brennen auf der eigenen Haut. Auch ihn hatten sie geprügelt, wie man einen Sklaven zu prügeln pflegt. Aber er hatte geschwiegen und keine ihrer Fragen beantwortet.

Doch Hank Blodder war nicht so hart wie er, McLester.

Blodder stieß einen wimmernden Schrei aus, als unter Peitschenhieben die Haut aufplatzte. Er hatte den Kopf über die Schulter gewendet und Patrik McLester sah den verzweifelten Blick, der ihn traf.

Seine Zähne knackten aufeinander, während er mit markigem Griff die Gitterstäbe umspannte, so daß die Haut über den Knöcheln dünn und durchsichtig wurde. Diesen verdammten Agentenjäger Mark Corney könnte er mit den bloßen Händen erwürgen.

Wieder der verzweifelte Schrei Blodders.

»Aufhören«, brüllte McLester, der nicht mehr mit ansehen konnte, wie sie den Freund schindeten. »Hört endlich auf!«

»Und?« Ein Wort nur, aber es wehte wie ein Eishauch durch das vergitterte Fenster. McLester schnaufte resigniert. »Ich will mit dir reden, Corney.«

Mark Corneys kalter Blick verfing sich in Patriks Augen wie eine Schlange, die ihr Opfer anvisierte. Er nickte nur kurz und wandte sich ab. Corney trat zum Querholm, an dem Blodder halb bewußtlos hing. Er zog sein Messer aus dem Hüftgurt und durchtrennte die Fessel. Hart schlug Hank Blodders Körper zu Boden.

*

Nur wenige Tage brauchte die chiffrierte Depesche, bis sie das Konföderierte Hauptquartier in Fayetteville/Arkansas erreichte. Eine vortreffliche Leistung, wenn man bedachte, daß der größte Teil der Durchgabe über den Telegraph des Nordens lief.

General Garret maß der Depesche größte Bedeutung bei und rief seine Offiziere zu einer Lagebesprechung. Mit kurzen Worten klärte er die Männer auf.

»In Tennessee ist Grants Armee durchgebrochen und sie bewegt sich auf Memphis zu. In Louisiana gewinnt die Union ständig an Terrain. Sheriport ist bereits eingeschlossen. Ihre Überlegenheit zeichnet sich immer deutlicher ab, nachdem die Seeblockade die Waffenlieferungen Englands und Frankreichs stoppt. Colt beliefert den Norden mit den besten Waffen, die es gibt, während unsere Truppen zum Teil noch mit Vorderladern in den Kampf ziehen. Meine Herren«, Garrets Stimme hob sich leicht, während er mit dem Stock auf einen Punkt der Karte deutete, »in etwa einer Woche treffen in Wichita Waffenlieferungen ein. Fünftausend neue, moderne Army Colts mit der dazu gehörenden Munition. Ich habe konkrete Ausführungen über den Transport. Nun stellt sich die Frage, gibt es Möglichkeiten, diese Waffenlieferung zu konfiszieren?«

Garrett wandte den hageren Kopf. Sein Blick streifte die Offiziere. »Colonel Roswell?«

Roswell, ein sehniger, durchtrainierter Mann Mitte Vierzig hob leicht die Schulter. »Bei Joplin liegt das 4. Kavallerieregiment, Sir. Es könnte in Eilmärschen den Arkansas hochziehen und im Osten Wichita umgehen. Aber die Schwadronen brauchen wenigstens zehn Tage, um ihr Ziel zu erreichen. Nicht einkalkuliert sind dabei eventuelle Feindberührungen mit den üblichen Verlusten.«

General Garret schüttelte den Kopf. »In spätestens fünf Tagen muß die Bahnlinie besetzt sein. Welche militärische Einheit liegt Wichita am nächsten, Major Leyden?«

Major Leyden war ein Mann, der in zahllosen Schlachten Erfahrung gesammelt hatte. Viele Narben am Körper gaben Zeugnis von seiner Tapferkeit. Er nahm Haltung an. »Colonel Maasens Füsiliere, Sir. Sie liegen dicht an der Grenze von Kansas. Doch sie werden bedrängt von den Jayhawkers und einem Cheyennenregiment. Es gäbe nur einen Weg, Sir.« Leyden atmete tief, denn er wußte, daß er die brennende Lunte eines Pulverfasses in der Hand hielt, als er den Namen aussprach. »Quantrills Leute, Sir. Sie operieren tief in Kansas.«