Das Girsbergerhaus in Unterstammheim - Roland Böhmer - E-Book

Das Girsbergerhaus in Unterstammheim E-Book

Roland Böhmer

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Beschreibung

Das kurz nach 1420 erbaute Girsbergerhaus gilt als ältestes in seinen wesentlichen Teilen erhaltenes Fachwerkhaus im ländlichen Raum der Schweiz. Ein aus Holz und Lehm errichtetes Bauwerk, das sechshundert Jahre weitgehend unbeschadet überdauert hat, ist ein Faszinosum – besonders für unsere Zeit, die nachhaltiges Bauen eben erst wieder zu entdecken beginnt. Aber nicht nur die im ursprünglichen Zustand erhaltenen Bauteile sind eindrücklich. Spannend ist auch die komplexe Baugeschichte, die von Reparaturen, einer nachträglichen Unterkellerung, diversen Anbauten und einer Umdisponierung des Innern zu erzählen weiss. Nach einer umfassenden Restaurierung dient das Girsbergerhaus wie seit eh und je als Wohnhaus. Im öffentlich zugänglichen ehemaligen Ökonomieteil vermittelt «Fachwerkerleben», ein Museum und Schaulager, die Geschichte des Fachwerkbaus auf anschauliche Weise.

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Roland Böhmer

Das Girsbergerhaus in Unterstammheim

Kanton Zürich

Stammheim und das Stammertal

Lage des Girsbergerhauses

Bau- und Besitzergeschichte

Der Kernbau von 1420

Der Einbau des Kellers 1422

Der Umbau der Küche 1561

Die Errichtung des Südanbaus 1589

Die Umdisponierung des Hauses 1619

Der Einbau von Zwischenböden im Südanbau 1633

Reparaturen am Fachwerk 1676

Der Bau der Laube 1689

Die ersten überlieferten Eigentümer des Girsbergerhauses

Umbauten unter Michael Ita 1749, 1754, 1756

Umbauten unter Christoph Ita 1804 und 1810

Eigentümer und Baumassnahmen im 19. und 20. Jh.

Kauf durch den Kanton Zürich und Gesamtrestaurierung

Das Äussere

Nordfassade

Ostfassade

Westfassade

Südfassade

Das Innere

Erdgeschoss

Obergeschoss

Dachgeschoss

Fachwerkerleben

Fachwerkbauten im Stammertal

Anhang

Stammheim und das Stammertal

Luftaufnahme von 2012 mit Unterstammheim (vorn) und Oberstammheim (hinten). Das Girsbergerhaus befindet sich exakt in der Bildmitte (mit weissem Notdach während der Restaurierung). Am linken Bildrand der bewaldete Stammerberg, im Hintergrund der Hüttwiler- (links) und der Nussbaumersee (rechts).

Das Stammertal erstreckt sich von Hüttwilen in nordwestlicher Richtung bis gegen Diessenhofen. Es verdankt seine Entstehung starken Erosionsprozessen durch Gletschereis und mächtige Schmelzwassermassen, die während diverser Vergletscherungsphasen eine tiefe, im heutigen Landschaftsbild kaum mehr wahrnehmbare Felsrinne schufen. Diese wurde später durch eiszeitliche Lockergesteine grösstenteils wieder verfüllt, sodass heute nur noch die rund zwei Kilometer breite, sanfte Talebene an der Erdoberfläche zu sehen ist. Beim Rückzug des Rheingletschers nach der letzten Eiszeit lagerten sich nordwestlich und südöstlich von Stammheim zwei bogenförmige Endmoränen über dieser Talfüllung ab. Die südöstliche Endmoräne bewirkte an der heutigen Grenze zwischen den Kantonen Zürich und Thurgau die Bildung einer Wasserscheide. Durch das Schmelzen des Eises entstand hier ein See, der allmählich verlandete und sich in den Nussbaumer-, den Hüttwiler- und den Hasensee aufgliederte. Während der Seebach das Wasser aus dem Seegebiet entgegen der ursprünglichen Fliessrichtung des Tals nach Südosten in die Thur leitet, wird das Gebiet von Stammheim nach Nordwesten zum Rhein hin entwässert.

Der Name Stammheim leitet sich von «stam» (Baumstamm, Baumstock) und «heim» (Haus, Heimat) ab. Er könnte «Heimstätte bei Baumstrünken» bedeuten, vielleicht auch «angestammte Heimstätte». Auf -heim auslautende Siedlungsnamen finden sich bevorzugt im Elsass, in Franken und am Rhein. Der Sinngehalt des der Endung vorangestellten Substantivs wirkt oft stereotyp. Beispiele im Umkreis von Stammheim sind Seeheim (heute Seen), Feldheim (Veltheim) und Müllheim. Viele solche heim-Namen sind schon früh schriftlich belegt. Sie benennen fränkisches Königsgut des 8. und 9. Jh. Die Vermutung liegt deshalb nahe, die Namensgebung mancher heim-Orte sei auf eine planmässige fränkische Siedlungsorganisation zurückzuführen.

Erstmals erwähnt ist «stamhaim» 761, als ein gewisser Isanhart seine Güter in Stammheim, Etzwilen und Basadingen dem Kloster St. Gallen übergab. 897 ist in den Quellen die Rede von einer Kirche (der Galluskapelle in Oberstammheim) sowie von einem Königshof, den Kaiser Karl der Dicke 879 dem Kloster St. Gallen geschenkt hatte. 1303 veräusserte das Kloster St. Gallen die niederen Gerichtsrechte über Stammheim an die Herren von Klingenberg. Von diesen gelangten sie 1464 an den Zürcher Rat, womit Stammheim eine zürcherische Obervogtei wurde. Für das Hochgericht war die Landgrafschaft Thurgau bzw. ab 1460 die Gemeine Herrschaft Thurgau zuständig. Nach dem Ende des Ancien Régime wurde Stammheim 1798 dem Kanton Zürich zugeschlagen.

Lage von Unterstammheim.

Unter- und Oberstammheim auf der Zürcher Kantonskarte von Johannes Wild, um 1850. Der rote Kreis bezeichnet das Girsbergerhaus.

Stammheim gliedert sich in die Dörfer Ober- und Unterstammheim. Diese wurden bereits 1212 in einer Urkunde unterschieden und bildeten von 1652 bis 2018 separate Gemeinden. Im Jahr 1467 zählten sie je 44 Haushaltungen. Damit gehörten sie zu den bevölkerungsreichsten Dörfern des Zürcher Weinlandes. Die beiden Ortschaften liegen am westlichen Fuss des Stammerbergs. Dessen untere Hanglagen sind seit Jahrhunderten mit Reben bepflanzt, die Kuppe ist bewaldet. Die weite, vom Mülibach durchflossene Talniederung war vor den Meliorationsmassnahmen des späten 19. und 20. Jh. Sumpfgebiet; nur ein höher gelegener Landstreifen in Dorfnähe eignete sich als Ackerland. Die Mehrzahl der Häuser von Unterstammheim säumt die Strasse, die von Pfyn nach Diessenhofen führt. Beim Hangarten, der ehemaligen Gerichtsstätte, kreuzt ein zweiter Strassenzug rechtwinklig die Hauptachse. Westwärts führt er nach Guntalingen, ostwärts zur erhöht gelegenen Pfarrkirche und von da in einem Bogen hinunter zum Ortsteil Möhe am nördlichen Dorfende.

Lage des Girsbergerhauses

Das Girsbergerhaus verdankt seinen Namen der Familie Girsberger, die es zwischen 1876 und 1962 besass (s. S. 23–25). Es steht auf der Ostseite der oben erwähnten Hauptachse. Diese wird in ihrem südlichen Teil Sennegasse – im Ortsdialekt «Sänigass» – genannt, abgeleitet vom Familiennamen Senn. Anders als die Nachbarbauten Sennegasse 3 und 7 ist das Girsbergerhaus um 25 m von der Strasse zurückversetzt, sodass sich westlich vor dem Gebäude ein Hofraum erstreckt. Das nahe gelegene Haus Sennegasse 1, das ebenfalls ins Spätmittelalter zurückreicht, ist gleich situiert.

Bis ins ausgehende 19. Jh. stand das Girsbergerhaus allseits frei. Noch heute ist es im Osten und Süden von einem Garten umgeben. Auf dem Landstreifen nördlich des Hauses, der bis 1876 ebenfalls zur Liegenschaft gehört hatte, wurde 1893 ein Schlachthäuschen errichtet (Sennegasse 3.1). Zwischen diesem Backsteingebäude und dem Girsbergerhaus verläuft ein Durchgang.

Westfassade mit dem davor gelegenen Hofraum.

Bau- und Besitzergeschichte

Der Kernbau von 1420

Datierung

Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jh. fand das Girsbergerhaus in lokal- und kunsthistorischen Publikationen Erwähnung, denn es unterschied sich durch seine altertümliche Bauweise von den anderen Bauten des Dorfes. Das genaue Alter war indessen unbekannt. Mit der Methode der Dendrochronologie (Jahrringdatierung) ist es seit den 1940er-Jahren möglich, das Fälljahr eines Baums auf das Jahr genau zu bestimmen. Um Klarheit über das Baujahr des Girsbergerhauses zu erhalten, wurde 1973 eine dendrochronologische Altersbestimmung vorgenommen. Sie lieferte als Ergebnis das Jahr 1420. Die Datierungskampagnen von 1999 und 2011/12 ermöglichten eine Präzisierung: Das meiste Bauholz wurde zwischen dem Winterhalbjahr 1419/20 und dem Sommer 1420 geschlagen. Zwei Hölzer datieren erst vom Winterhalbjahr 1420/21; da sie von schnellwachsenden Bäumen mit wenig Jahrringen stammen, ist ihre Datierung allerdings mit einem gewissen Vorbehalt zu geniessen. Vom