Das große Buch des Swing- und Daytradings - John F. Carter - E-Book

Das große Buch des Swing- und Daytradings E-Book

John F. Carter

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Beschreibung

Das große Buch des Swing- und Daytradings führt den Leser Schritt für Schritt zum erfolgreichen Trade. Als Vollzeittrader und Fondsmanager weiß John Carter genau, welche Swing- und Daytrading-Strategien in welchen Märkten funktionieren. Der Leser lernt Techniken, um Verlust zu kontrollieren und exakte Einstiegs- und Ausstiegssignale für Aktien, Optionen, ETFs und Forex-Währungsmärkte zu erkennen. Neben Strategien, um die eigenen Emotionen in den Griff zu bekommen, erhält der interessierte Anleger auch Tipps zum Kauf guter Trading-Soft- und Hardware, um professionell traden zu können. Ein allumfassendes Buch, das jedem Trader Wege aufzeigt, die eigenen Trades mit Bravour zu meistern.

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Seitenzahl: 663

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JOHN F. CARTER

Das große Buch desSWING- UND DAYTRADINGS

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FBV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

5. Auflage 2022

© 2009 FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Original edition Copyright © 2006 by The McGraw-Hill Inc. All rights reserved.

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Mastering the Trade« bei The McGraw-Hill Companies, Inc.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Jürgen Skuda, baerenundbullen Ltd.

Lektorat: Hagen Thorn, Dr. Renate Oettinger, Jörg Weger

Satz & Layout: Druckerei Joh. Walch, Augsburg

ebook by ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-89879-845-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-579-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-580-2

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere anderen Verlage unter

www.m-vg.de

Dieses Buch ist all jenen gewidmet,

die sich mutig der Aufgabe stellen,

ein professioneller Trader zu werden.

INHALTSÜBERSICHT

Danksagung

Vorwort

Einleitung

Teil 1: Die Grundausbildung für Trader

  1.  Kapitel: Die Märkte bewegen sich nicht, weil sie wollen, sondern weil sie müssen

  2.  Kapitel: Das kleine Einmaleins der Psychologie: Was man über Trading in der Schule nicht lernt

  3.  Kapitel: Hardware und Software – die besten Tools für das Trading

  4.  Kapitel: Das kleine Einmaleins der Märkte: Die Grundmechanismen der in diesem Buch besprochenen Märkte

  5.  Kapitel: Der Aktienmarkt ist eröffnet – sieben Grundregeln für breit gefächerten Intraday-Handel

Teil 2: Spezielle Intraday- und Swing-Setups für Futures, Aktien, Optionen und Forex

  6.  Kapitel: Das Opening Gap: die erste und beste Wahrscheinlichkeit des Tages

  7.  Kapitel: Pivot Points – toll an Trendtagen und noch besser an unsteten Tagen

  8.  Kapitel: Scalper Buys und Scalper Sells – wenn nur eine schnelle Bestätigung hilft

  9.  Kapitel: Tick Fades – die andere Seite der Newbies einnehmen

10.  Kapitel: Der Squeeze – die richtige Positionierung für große Märkte und deren Bewegungen

11.  Kapitel: Brick Plays – die Märkte aufschichten lassen

12.  Kapitel: Das Ping-Pong-Play – die Märkte auf- und abschlagen – den ganzen Tag lang

13.  Kapitel: Das 3:52-Play – den Tag mit einer schönen Zigarre ausklingen lassen

14.  Kapitel: Box Plays – schauen Sie an Tagen, an denen der Aktienmarkt tot ist, auf die Währungen

15.  Kapitel: HOLP & LOHP – Trend Reversals ohne Schaden einfangen

16.  Kapitel: Propulsion Plays – Swing Plays bei Aktien, Single-Stock-Futures und Aktienoptionen

17.  Kapitel: Market Profile – ein Geheimnis wird gelüftet

Teil 3: Zurück in die echte Welt des Handels

18.  Kapitel: Die vorbörsliche Checkliste – entwerfen Sie eine Strategie für den nächsten Handelstag

19.  Kapitel: Der Geschäftsplan eines Traders

20.  Kapitel: Tipps und Tricks für Zeiten, in denen nichts in Ihrem Sinne funktioniert, egal was Sie tun

21.  Kapitel: Meistern Sie den Trade

Über den Autor

Danksagung

Schreiben und Trading haben viel gemeinsam. Beide sind im Wesentlichen einsame Tätigkeiten, die durch die Hilfe anderer viel angenehmer werden. Was das vorliegende Projekt angeht, möchte ich zuerst Hubert Senters und Priyanka Rajpal dafür danken, dass sie die Stellung gehalten haben, während ich an diesem »Albtraum« arbeitete. Vielen Dank auch für Eure Beiträge, die mir halfen, nicht durchzudrehen, als es gegen Ende ein wenig verrückt wurde. Obwohl es eine verbindliche Deadline für das Buch gab, konnte ich die Kursbewegungen bei den Juli-Sojabohnen einfach nicht ignorieren.

Ich danke Kira MacCaffrey Brecht, Gail Osten und allen anderen vom »SFO Magazine« dafür, dass sie mich darauf gebracht haben, dass sich die Mühe, über Trading zu schreiben, lohnen könnte. Larry Connors und Eddie Kwong von Trading Markets danke ich für die Ratschläge, die sie mir die ganze Zeit über gaben, und dafür, dass sie dafür sorgten, dass das ursprüngliche Konzept des Buchs einhielt und nicht zu viel Zeit mit einer »Neuerfindung des Rads« verschwendete. Kelly Christiansen von McGraw-Hill danke ich dafür, dass sie es war, die mich ursprünglich für dieses Projekt begeisterte, und dafür, dass sie die Idee in die Tat umsetzte. Ich danke dem Executive Editor Stephen Isaacs von McGraw-Hill für seine Hilfe, dass ich bei diesem Buch nicht den Überblick verlor.

Ich hätte gedacht, ich könnte nach der Vollendung der ersten Fassung ruhig schlafen. Aber ich hatte keine Ahnung davon, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst richtig losgehen würde. Mein Dank geht an Bill Shugg, Tim Sambrano, Pamela Snelling und Don Allen für ihr Feedback nach dem Lesen der ersten Entwürfe. Ebenso danke ich den Mitarbeitern von McGraw-Hill, die die Herkulesaufgabe meisterten, dieses Buch Wirklichkeit werden zu lassen: Scott Kurtz (Editing Supervisor), Maureen Harper, (Production Supervisor), Robert Mantus (Copy Editor) und Eric Lowenkron (Proofreader). Ich danke auch Mark Douglas für sein aufschlussreiches Feedback in den späteren Phasen dieses Unternehmens.

Was mein Trading und damit verbundene Projekte angeht, möchte ich Marcia Webber, meiner Angebeteten aus Maui, dafür danken, dass sie die Dinge bezüglich meines Abschieds von Corporate America ins Rollen gebracht hat, so dass ich ein Vollzeit-Trader werden konnte. Scott Sether, der wirklich von Anfang an an diesem Projekt beteiligt war, danke ich für seine Hilfe bei der Neudefinition des Begriffs »Marktanalyse«. Tracy Alderman, Rosa Hernandez und Michael Duwe möchte ich für ihre Hilfe beim Start des Projekts danken, Page Rossiter für die Unterstützung bei der Durchführung. Danke an Skip Klohn, einem frühen Mentor in diesem Prozess. Eric Corkhill – wo soll ich nur anfangen? Danke für Deine Unterstützung als Berater in unzähligen Dingen und danke für ausreichend Rotwein, der dafür sorgte, dass ich mich am nächsten Morgen nur noch an die guten Sachen erinnern konnte.

Danke auch an Barbara Schmidt-Bailey und Jeff Campbell an dem »Chicago Board of Trade« für ihre guten Ideen, an Marty Doyle von »One Chicago« für gute Ideen und großartiges Feedback sowie an John Conolly für eine Menge hilfreicher Einblicke in das Business. Danke an die ganze Bande bei Mirus für ihre andauernde Unterstützung. Danke an die Leute bei Newport, die mir klarmachten, was man nicht tun sollte und wie man es nicht tun sollte, sowie an Steve Patrow und Becky Herman, die das Projekt unterhaltsam gestalteten, als ich mich am Beginn dieses Abenteuers befand.

Es ist selbstverständlich, den Familienmitgliedern an geeigneter Stelle zu danken. Mein Dank geht also an meine Mutter Francie Cobb für ihre Unterstützung, während ich »mein Ding machte«, auch wenn es manchmal ein wenig gefährlich aussah. Danke an meinen Stiefvater Lace Cobb, der ein echter Vater war und mich schon in meinen jungen Jahren in die Welt der Finanzmärkte einführte. Danke an meinen Bruder Jason Carter, einfach dafür, dass er ein großartiger Bruder ist. Es ist schön, einen Menschen zu haben, der einen versteht. Danke an meine Frau Maria Carter für ihre bedingungslose Unterstützung. Sie hat ihre Leidenschaft für den Heimdekorationskanal im Fernsehen entdeckt, während ihr Mann am Wochenende »Schreib endlich das Buch weiter« spielte. Nächstes Mal fahren wir einfach nach Hawaii. Ich verspreche es Dir. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich schreiben und gleichzeitig Mai-Tais trinken kann.

Danke auch an meinen verstorbenen Vater Bill Carter, der viel zu früh von uns genommen wurde. Dadurch aber erteilte er seinen Kindern wertvolle Lektionen. Ein großer Dank geht auch an die verstorbene Joanne Wolfram, eine gute Freundin, die uns alle daran erinnert, dass man das Leben leben sollte, solange man kann.

Vorwort

Im Frühjahr 2003 nahm ich an einer Konferenz zum Thema Online-Trading teil, um aktive Trader auf eine neue Produktklasse namens »Security-Futures« aufmerksam zu machen. Nach mehr als 20 Jahren im Money Management habe ich bei OneChicago angeheuert, weil ich meine, dass diese Produkte das Trading auf den Cash-, Futures- und Optionsmärkten verbessern werden. Ich war wirklich überrascht, auf dieser Konferenz jemandem zuhören zu dürfen, der sich so wunderbar ausdrücken konnte und so geistreich war. Ich dachte: »Der hat es wirklich drauf«.

John Carter sprach nicht über Security-Futures – er präsentierte vielmehr seinen intellektuellen Ansatz sowie seine Trading-Methode. Diese entsprach sehr meinen Ansichten – also stellte ich mich vor. Wir sprachen ausführlich über diverse Themen, unter anderem über die Idee, dass unsere Methode auch auf Security-Futures angewendet werden könnte und dass erfolgreiches Trading eine lange Reise und kein Ziel sei. John wurde zu einem der ersten Unterstützer und Trader bei OneChicago – ein weiterer Beweis für seinen innovativen Geist. Wir haben unseren Gedankenaustausch immer weiter fortgesetzt, und eben deshalb fühlte ich mich geehrt, als John mich fragte, ob ich ein Vorwort zu Mastering the Trade1 verfassen wolle.

Ich beurteile ein Buch zum Thema Trading nach einem einfachen Kriterium: Habe ich etwas Neues gelernt? Mastering the Trade bietet einem nicht nur neue Konzepte – es ist auch noch äußerst hilfreich und leicht zu lesen. Dies ist in der Trading-Literatur eine seltene Kombination. Zusätzlich gibt John zu bedenken, dass es weder eine einzige Methode, noch eine einzige Lösung für erfolgreiches Trading gibt. Seiner Überzeugung nach kann nur derjenige erfolgreich handeln, der seine eigene Persönlichkeit genau kennt.

Jede Entscheidung, von der Haltedauer für einen Trade bis hin zur Geldmenge, die der Investor bei einem Trade riskieren möchte, ist eine Reflektion seiner angeborenen Vorlieben. Deshalb betont Mastering the Trade bereits zu Beginn, wie wichtig eine passende Herangehensweise an das Trading ist, bevor die Methoden besprochen werden.

Wenn sich das Buch dann dem eigentlichen Prozess des Tradings zuwendet, so glänzt es auch hier. Egal, wie lang der Leser sich schon mit den Märkten beschäftigt hat, er findet doch stets neue Methoden oder Zusätze zu bereits existierenden Methoden, die ich für äußerst nützlich halte. Ein Beispiel: Einem aktiven Teilnehmer auf dem Markt der Futures ist Johns Methode des extremen »Tick Readings« sehr hilfreich. Ich kann nun entscheiden, ob ich diese Methode anwenden, sie weiterentwickeln oder sie einfach ignorieren möchte. Das Schöne am Trading ist, dass es keinen Masterplan gibt. Und John versucht auch nicht, seine Ideen als eben diesen Masterplan anzupreisen. Sie werden präsentiert, diskutiert und dann demonstriert. Sehr schön ist die Tatsache, dass nicht jeder Trade erfolgreich endet. Das Setup ist das Ergebnis von Wahrscheinlichkeiten, die bei richtiger Behandlung zum Erfolg führen sollten. Das ist Johns essenzielle Botschaft: Schlechte Trades gibt es die ganze Zeit; es kommt darauf an, wie man mit ihnen umgeht.

Ein weiterer Punkt in Mastering the Trade ist, dass es eben keine einzige Antwort auf die Frage gibt: Sollte man auf einem Markt long oder short sein? Es gibt für beide Handlungen vernünftige Antworten. Die Märkte liefern bestimmte Hinweise, aber der Rest hängt vom eigenen Trading-Stil ab. Das ist der Grund, warum John aufzeigt, wie alle Möglichkeiten zur Verwendung gelangen – von Monatscharts bis zu Ein-Minuten-Pivots. Ein Vollzeit-Trader wird andere Maßstäbe in Sachen Volatilität und Risiko setzen als jemand, der den Markt nur vor der Eröffnung und nach der Schließung beobachten kann.

Trading ist eine nervenaufreibende Angelegenheit. Man kann das Gestern immer perfekt erklären. Der Wochen-Trader sagt: »Wäre ich doch nur dem Ein- Minuten-Chart gefolgt, dann wäre ich jetzt nicht in dieser Situation«. Der Ein-Minuten-Intraday-Trader sagt: »Hätte ich mich doch nur auf den wöchentlichen Pivot-Punkt verlassen, dann wäre ich nicht ausgestoppt worden und hätte hohe Profite gemacht«. John geht anders vor. Er wendet ein ehrliches, intellektuelles System beim Trading an, schlägt Risiko-Ertrag-Setups vor und lässt dann die Märkte ihren Teil erledigen. Denken Sie daran: Der Markt hat immer recht. Die Analyse oder das Setup ist falsch.

Mastering the Trade untermauert das, was erfolgreiche Trader intuitiv tun, wenn sie eine Position platzieren: im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten handeln, lange dabeibleiben und zusehen, dass die Zeit zum eigenen Verbündeten wird. Verluststrecken werden sicher stattfinden, und zu wissen, dass sie stattfinden werden, und sie zu durchleben, sind zwei verschiedene Dinge. Streuen Sie Ihre Trades auf verschiedenen Märkten. Einige Setups werden auf einem Markt gut funktionieren und dann plötzlich nicht mehr. Der Markt hat sich nicht verändert. Auch das Setup ist nicht gescheitert: Je mehr Möglichkeiten es gibt, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Wer aber zu groß handelt, wird vielleicht nicht mehr in der Lage sein, den nächsten Trade nach einer Reihe von Verlusten zu starten. John macht hilfreiche Vorschläge zur Größe eines Trades.

Ich schlage vor, die Liste der empfohlenen Märkte zu studieren und sich darauf vorzubereiten, auf vielen von ihnen zu agieren. Wir alle neigen dazu, die Setups auf den Märkten zu wählen, zu denen wir von vornherein eine Affinität haben. Die Botschaft von Mastering the Trade ist, dass Setups objektiv sind und helfen können, die inneren Kämpfe, die ständig ausgetragen werden, zu eliminieren. Heute könnte ein Single-Stock-Future auf einem Chart großartig aussehen. Das Setup könnte aber anzeigen, dass es Zeit ist zu verkaufen. Wenn Sie auf der Suche nach einer Entschuldigung dafür sind, den Signalen nicht zu folgen, sollten Sie Mastering the Trade nicht kaufen. Wenn Sie es aber satt haben, immer sagen zu müssen: »Ich wusste, dass das passieren würde!«, und dieses Wissen nicht begründen zu können, dann ist John Carters neues Buch ein großartiger Ausgangspunkt für eine realistische, bodenständige Methode, den Trade zu meistern!

Peter Borish

Chairman OneChicago

Ehemaliger Forschungs-Chef bei Paul Tudor Jones

1)  Mastering the Trade ist der Buchtitel der englischsprachigen Originalausgabe.

Einleitung

Die beste Lektion, die ich jemals über Short-Term-Trading gelernt habe, fand während eines Raftings statt. Wir saßen zu acht in einem Boot, als wir gegen einen Felsen fuhren und wie durch ein Katapult in die Luft geschleudert wurden. Das führte dazu, dass wir alle kopfüber im eiskalten Wasser landeten. Die Hälfte von uns konnte sich an die Anweisung erinnern, in einem solchen Falle ruhig zu bleiben und sich auf den Rücken zu legen, mit den Füßen stromabwärts. Wir rasten also zwischen Felsen und Wasserfällen hindurch, bis wir uns schließlich ans Ufer ziehen konnten. Es verging eine ganze Stunde, bis uns klar wurde, was mit dem Rest der Gruppe passiert war. Für sie organisierten wir eine Rettungsaktion. Das Ergebnis der Havarie: eine klaffende Beinverletzung, eine Gehirnerschütterung und eine Person, die beinahe ertrunken wäre. Später, als ich mit den Betroffenen sprach, sagten sie mir, dass sie alle eine Art »Gehirnstarre« erlebt hätten. Sie konnten die Gefahr, die sie umgab, wahrnehmen. Sie wussten, dass sie sich in Schwierigkeiten befanden. Sie wussten sogar, dass sie etwas tun müssten, irgendetwas. Sie konnten sich jedoch nicht entscheiden, was. Also taten sie das, was ihnen als einzige Möglichkeit noch übrig blieb: Sie verharrten in Schockstarre und taten gar nichts. Wegen ihrer Apathie packte der Fluss sie am Schlafittchen und schlug sie bewusstlos.

Ich kann mich an den Kommentar eines Gruppenmitglieds erinnern: »Dieser Fluss wollte mich umbringen!« Doch der Fluss wollte sicherlich niemanden umbringen. Er tat einfach, was er immer tut: schnell durch einen Canyon fließen, um den Ozean zu erreichen. Die Mitglieder der Gruppe, die das Naturell des Flusses verstanden hatten, waren auf diese kleine Achterbahnfahrt vorbereitet. Diejenigen, die darauf nicht vorbereitet waren, bezogen Prügel.

Die Ähnlichkeit dieses Ereignisses mit einem typischen Trading-Tag ist deutlich: Der unvorbereitete Trader (Newbie) befindet sich in der gleichen Situation wie der unvorbereitete Wildwasserfahrer. Im Fall extremer Umstände werden beide in Schockstarre verfallen und können von Glück reden, wenn sie diese Erfahrung überleben. Ein einziger Verlust-Trade kann die Gewinne von Monaten oder gar Jahren verschlingen.

Professionelle Trader erzielen Gewinne nicht, weil sie öfter richtig liegen als andere, sondern, weil sie es verstehen, aus dem »Frischfleisch« an Amateuren und schlecht vorbereiteten Tradern ihren Vorteil zu ziehen. »Frischfleisch« ist die Bezeichnung für alle Trader, die weniger als zehn Jahre dabei sind. Angesichts dessen wird schnell klar, dass viele Trader über diese Opferrolle erst gar nicht hinauskommen. Die Minderheit, die diese Phase überlebt und in die Reihen der konstant Gewinne erzielenden Trader aufsteigt, sind die Investoren, die Folgendes verstanden haben:

Die Finanzmärkte sind naturgemäß darauf ausgelegt, die menschliche Natur auszunutzen. Das Ergebnis: Die Märkte vollziehen massive Intraday- und Swing-Bewegungen, von denen so wenige Marktteilnehmer wie möglich profitieren. Ein Trader, der diesen Zusammenhang nicht verstanden hat, wird verlieren.

Trader können mehr über den Markt wissen als irgendjemand sonst. Wenn sie aber die falsche Methode bei ihren Trading-Setups anwenden, werden sie Geld verlieren.

Trader können mehr über einen Indikator oder eine Gruppe von Indikatoren wissen als irgendjemand sonst. Wenn sie aber die falsche Methode bei diesen Indikatoren anwenden, werden sie Geld verlieren.

Trader können ganz genau wissen, was sie tun. Wenn sie aber auf einem Markt traden, der nicht zu ihrem Charakter passt, werden sie Geld verlieren.

Trader können genau wissen, was sie tun. Wenn sie aber die gleichen Strategien anwenden, die sie in anderen Lebensbereichen erfolgreich angewendet haben, werden sie Geld verlieren.

Ohne dieses Wissen ist ein Trader wie eine verwundete Antilope inmitten eines Löwenrudels, wo es nicht um die Frage geht, »ob« die Antilope getötet und gefressen wird, sondern »wann«. Für einen Händler, der über dieses Wissen nicht verfügt, ist die Frage nach dem potenziellen finanziellen Ruin keine Frage von »ob«, sondern von »wann«.

Nichtsdestotrotz überschwemmen jedes Jahr Tausende neuer, unvorbereiteter Trader die Märkte – auch wenn alles gegen sie spricht. Ihre Köpfe sind voll vom Gedanken des »Easy Cash«, des schnellen Geldes, von First-Class-Flugtickets und von der Vorstellung, ihrem Chef endlich sagen zu können, er könne sich seine Arbeit sonstwohin stecken. Zu dem Zeitpunkt, an dem die meisten unter ihnen den ersten Hauch einer Idee verspürt haben, die es ihnen erlaubt hätte, endlich zu verstehen, wie Trading wirklich funktioniert, sind sie bereits über die Klippen gesprungen und fallen auf die dahinterliegenden Felsen. Alles, was sie als Ergebnis ihrer harten Arbeit vorweisen können, sind große Mengen an Frustration und Verzweiflung, vielleicht auch ein Wutausbruch – und natürlich ein Trading-Konto, das von einem Profi abgeräumt wurde.

Im Trading geht es nicht darum, Händchen zu halten, John Lennons »Imagine« zu säuseln und gemeinsam Geld zu erwirtschaften. Die Finanzmärkte sind die demokratischsten Orte auf der ganzen Welt. Es ist völlig irrelevant, ob ein Trader männlich oder weiblich, weiß oder schwarz, Amerikaner oder Iraker, Republikaner oder Demokrat ist. Es geht ausnahmslos um seine Fähigkeiten.

Der einzige Weg, ein professioneller Trader zu werden, besteht darin, diejenigen Fähigkeiten abzurufen, die einen vom Rest der Schafherde unterscheiden. Dieser Unterschied wird durch die Verwendung spezifischer Chart-Setups und Trading-Methoden geschaffen, welche die fünf oben aufgeführten Grundregeln und die Persönlichkeit des Traders berücksichtigen. Sonst werden sich die Raubtiere die Lefzen lecken, wenn sie sehen, wie Sie voller Elan und Begeisterung die Drehtür zu den Finanzmärkten hereinkommen. Denn sie werden das besagte Frischfleisch wittern, das zum Verzehr freigegeben ist. Es wird ein Festmahl für sie sein.

WER SOLLTE DIESES BUCH LESEN?

In diesem Buch wird eine ganz besondere Herangehensweise an die Märkte erörtert, deren Fokus auf den tatsächlichen Ursachen liegt, welche die Märkte in Bewegung halten, und die auf Aktien-, Option-, Future- und Forex-Trading angewendet werden kann. In der Realität bewegen sich Kurse nicht, weil sie es so wollen, sondern weil sie müssen. Margin-Calls, Stopp-Runs und psychische Kapitulation sind Dinge, die innerhalb kürzester Zeit unweigerlich zu einem Schnellfeuer von Market-Orders führen. Sie sind Ursache für steile Intraday-Bewegungen, die zwischen ein paar Minuten und ein paar Stunden dauern, oder in einem größeren Rahmen für Swings, die ein paar Stunden oder ein paar Tage anhalten. Diese Bewegungen bereiten jenen Tradern Kopfschmerzen, die nicht verstanden haben, wie dieser Prozess funktioniert. Doch es gibt immer eine Gruppe von Tradern, die von diesen Bewegungen profitiert. Das vorliegende Buch beleuchtet Wege, wie man sich »auf der anderen Seite des Trades« positionieren kann, um aus diesen Bewegungen auf der Grundlage einer ganz besonderen Interpretation klassischer technischer Analyse und Chart-Patterns Vorteile zu ziehen. Im Speziellen befasst sich das Buch mit Strategien, die einen genauen Einstieg, einen genauen Ausstieg sowie Stopp-Loss-Levels für das Intraday-Trading von Aktien, Optionen, ETFs, E-Mini-Futures, Bonds mit 30-jähriger Laufzeit und den Forex-Währungsmarkt umfassen. Außerdem behandelt es Swing-Trade-Setups, die im Zusammenhang mit Aktien, Optionen, Single-Stock-Futures und E-Mini-Stock-Index-Futures erörtert werden.

Ich hoffe, dass Trader aller Erfahrungsstufen den Überblick über den breiten Markt sowie die spezifischen Trading-Strategien in diesem Buch begrüßen werden. Anfänger werden mit einem Blick auf die Realität versorgt, der Hypes außer Acht lässt, einem Blick darauf, wie die Märkte wirklich funktionieren. Sie werden in klare Konzepte und Trade-Setups eingeführt, und sie lernen zu verstehen, warum weniger erfahrene Trader so lange Geld verlieren, bis sie die grundlegenden Marktmechanismen erfasst haben, die ständig hinter den Kulissen ablaufen. Sie werden außerdem lernen, diesen Umstand immer wieder zu nutzen.

Es ist mein erklärtes Ziel, dass auch Trader, die bereits ein wenig Erfahrung gesammelt haben, von den Informationen in diesem Buch profitieren, denn dieses Buch soll sie auf die nächste Stufe des Tradings heben. Zusätzlich hoffe ich, dass professionelle Trader einige der Wahrheiten, die sie selbst erfahren haben, in diesem Buch wiederfinden. Außerdem soll dieses Buch auch denjenigen Tradern neue Ideen vermitteln, die ihren Gewinn steigern können. Aktien-Trader, die bisher noch nie mit E-Mini-Futures oder Forex gehandelt haben, werden lernen, wie diese Märkte funktionieren und wie man sich ausreichend Informationen beschafft, um entscheiden zu können, ob diese Märkte für ihr persönliches Trading geeignet sind. Sie werden lernen, wie die Future-Märkte bestimmte Aktien beeinflussen – und dadurch werden sie sich besser positionieren können, um höhere Gewinne beim Aktien-Trading zu erzielen.

Day-Trader werden lernen, warum es nicht viel nützt, sich allein auf die Indikatoren zu verlassen. Sie werden spezifische Strategien kennenlernen, frühzeitig in einen Trade einzusteigen, und sie werden lernen, zu unterscheiden, wann der richtige Zeitpunkt zum Aussteigen ist und wann man die Position halten sollte. Swing-Trader und reine Aktienhändler werden lernen, wie man die »Gezeiten« auf den Märkten liest und ob es besser ist, long oder short zu gehen. Investoren, die einen Blick auf ihre Altersversorgungskonten werfen, erhalten detaillierte Anregungen, ihre Investitionen auf monatlicher oder vierteljährlicher Basis zu planen, um dadurch die Erträge zu verbessern. Obwohl dieses Buch auf Vollzeit-Trader ausgelegt ist, gibt es auch Textpassagen, die sich an solche wenden, die einen anderen Hauptberuf haben und nur in Teilzeit traden können. Letzteres hat auch seine Vorteile – wenn man es richtig macht.

Obwohl ich meine, dass dieses Buch ein willkommenes Produkt für alle sein wird, die sich für die Finanzmärkte interessieren, so ist es doch auch wichtig zu sehen, dass das Buch lediglich eine grundlegende Kenntnis der Arbeitsweise vermittelt. Es gibt kein Kapitel, das die Details des Unterschieds von Unterstützung und Widerstand erklärt, und auch kein Kapitel mit 25 Beispielen zur Erklärung des Unterschieds zwischen einem Aufwärts- und einem Abwärtstrend. Es gibt zwar ein Kapitel darüber, wie mit Optionen zu verfahren ist, doch es gibt keins darüber, wie Optionen funktionieren. Anders ausgedrückt: Wenn über ein Thema bereits geschrieben wurde oder alles Wissenswerte bei Google zu erfahren ist, habe ich es in vorliegendem Buch nicht berücksichtigt. Dieses Buch konzentriert sich auf neue Konzepte, über die bislang noch nicht geschrieben wurde. In diesem Zusammenhang bietet das Buch ein Kapitel als Einführung zum Thema »Trading von Futures und Forex« sowie in die verschiedenen Arten von Märkten, auf denen der Schwerpunkt dieses Buches liegt. Sollten Sie sich nicht sicher sein, was ein Bond-Tick wert ist oder was zehn Euro-Pips für Ihr P&L bedeuten, dann ist dieses Kapitel das richtige für Sie. Ich werde außerdem über Webseiten und andere Bücher schreiben, die einem helfen, stets auf dem neuesten Stand zu sein.

Zusätzlich zu spezifischen Trading-Setups behandelt das Buch praktische Aspekte des Tradings. So etwa die verwendete Hard- und Software, Money Management und die Entwicklung einer Strategie, die dem Charakter des Traders entspricht. Den Schluss bilden spezifische Informationen, die sich am nächsten Handelstag verwenden lassen.

Legen wir also los.

TEIL 1

Die Grundausbildung für Trader

Ich möchte den Käse gar nicht,

ich möchte nur aus der Falle rauskommen.

– Spanisches Sprichwort –

1. KAPITEL

Die Märkte bewegen sich nicht, weil sie wollen, sondern weil sie müssen

DAS PROFIL EINES DURCHSCHNITTS-TRADERS: MIT DEN FALSCHEN FÄHIGKEITEN ZUR FALSCHEN ZEIT AM FALSCHEN ORT

Trader sind ständig den Kräften der zwei Welten ausgesetzt, zwischen denen sie festhängen und die einerseits das Beste und andererseits das Schlimmste darstellen, was das Trading zu bieten hat. Einerseits können sie mit Leichtigkeit und Effizienz auf einem Markt ein- und wieder aussteigen, wovon bei großen Fonds nur zu träumen ist. Sie können für sich besondere Nischen gestalten, wie sie ein Rentenmanager niemals zu Stande bringen oder gar kopieren würde. Auf diese Weise haben sie die Möglichkeit, ein unabhängiges Leben zu führen, ohne den alltäglichen Ärger von Otto Normalverbraucher. Dies sind äußerst verlockende Anreize, die sich mit keiner anderen Tätigkeit erreichen lassen.

Die Gründe, warum sich Menschen für Trading in Voll- oder Teilzeit entscheiden, sind vielfältig. Es könnte der Wunsch nach einer beruflichen Veränderung, nach mehr Unabhängigkeit sein, der Wunsch, der Verantwortung einer Führungsposition in einem Unternehmen zu entkommen, oder die Möglichkeit, zu Hause bei den Kindern zu bleiben. Dieser »Job« bietet die Chance eines ansehnlichen Einkommens und ist wesentlich interessanter und unterhaltsamer als jeder andere Beruf – außer Rockstar vielleicht. Aber falls die Möglichkeit, gemeinsam mit U2 auf einer Bühne zu stehen, ein bisschen unerreichbar zu sein scheint, dann ist Trading eine gute Alternative.

Traden lässt sich überall, wo es einen zuverlässigen Internetzugang gibt. Kein Chef erteilt alberne und ständig wechselnde, widersprüchliche Anweisungen, während er sich mit einem System abmüht, das ihn an den Rand seiner Fähigkeiten (oder darüber hinaus) gebracht hat. Angestellte sind nicht notwendig. Für diejenigen unter uns, welche die Welt der Unternehmen überlebt haben, gibt es nichts, was einem so ein Freiheitsgefühl verschafft und so schön ist, wie wenn man keine große Gruppe von leidenschaftslosen menschlichen Wesen mehr leiten muss. Dank der Leasingprogramme von Firmen wie Dell sind die Startkosten minimal. Es ist völlig in Ordnung, im Bademantel oder gar nackt zu traden. Das Beste aber ist die flexible Arbeitszeit. Beispiele einiger erfolgreicher Trader, mit denen ich zusammenarbeite: Aktiv Traden von Oktober bis April, danach fünf Monate Urlaub. Oder: Lediglich während der ersten beiden Stunden des Handelstags handeln und dann den Rest des Tags freimachen. Oder: So lange traden, bis man 50 Prozent seines Kapitals neu erwirtschaftet hat, und dann den Rest des Jahrs frei nehmen. Diese Liste lässt sich beliebig erweitern. Bei allem, was dieser Beruf zu bieten hat, ist es also kein Wunder, dass Zehntausende ihr Glück versuchen und in diesem reizvollsten aller Berufe zu arbeiten beginnen. Er verkörpert den sprichwörtlichen »amerikanischen Traum«.

So viel Freiheit hat freilich einen grausamen Preis. Einfach ausgedrückt: Die Märkte können eine(n) Trader(in) nicht vor sich selbst schützen. Individuelle Trader sind – anders als Fondsmanager – unbeaufsichtigt, und es steht ihnen frei, ungehindert nach eigenem Gutdünken zu agieren. Und bei manchen Tradern bedeutet das, dass sie sich aufführen wie Siebenjährige, die nach dem Ex-Trinken von zwei Dosen »Mountain Dew« bei Toys’R’Us abgesetzt worden sind. Leider verstärkt diese Freiheit schlechte Angewohnheiten. Die Folge ist ein Markt, der sich so bewegt und so gedeiht, dass möglichst viele Menschen ständig kein Geld verdienen. Warum das so ist? Es hat damit zu tun, dass Trader die besten Verkäufer der Welt sind.

Obwohl Gebrauchtwagenhändlern der zweifelhafte Ruf anhaftet, penetrant und unehrlich zu sein, ist das nichts im Vergleich zu einem Durchschnitts-Trader. Ein(e) Trader(in), der/die eine Position eingegangen ist, kann sich selbst derart belügen, dass er/sie alles glaubt, was den Glauben verstärkt, dass er/sie Recht hat.

Wenn er sich einem Verlust gegenübersieht, wird unser Durchschnitts-Trader einen Blick auf den Chart werfen und jedem in Hörweite mitteilen, dass es so aussehe, als ob es bald zu einer Kursumkehr käme. Mit dem Ergebnis, dass er nicht aus seiner Position aussteigt und seine Verluste weiter wachsen.

Mit einem möglichen Gewinn konfrontiert, wird unsere Durchschnitts-Traderin zögern, auszusteigen, und ihrer Katze erzählen, dass »… der Markt gut performt. Es ist zu früh, um jetzt zu verkaufen«. Das Ergebnis: Sie bleibt im Trade, und der verwandelt sich in einen Verlust.

Der Fehler, den die beiden gemacht haben, ist eine weit verbreitete, verhängnisvolle Krankheit bei den meisten Tradern. Sie sind sich nicht darüber im Klaren, wie der Markt naturgemäß ihre Reaktionen so programmiert, dass sie Verluste machen. Und sie sind sich nicht der Schlüsselfaktoren bewusst, die die Märkte wirklich bewegen und die ich bereits in der Einleitung erörtert habe. Die Folge sind Trader, »die wie Spatzen essen, aber wie Elefanten sch…n.« Dieser Situation kann natürlich kein Konto standhalten. Schlimmer noch: Dieser Kreislauf, den eigenen Gefühlen ausgeliefert zu sein, kann nur durchbrochen werden, wenn er frontal angegangen wird. Leider verstehen professionelle Trader diese Situation nur zu gut und setzen deshalb ihre Parameter so, dass sie davon profitieren. Sie beuten insbesondere die Trader aus, die nicht verstanden haben, warum sie verlieren. Das Unheil des einen Traders ist des anderen täglich Brot.

ALLES DREHT SICH UM SCHMERZ UND LEIDEN

Das Problem ist einfach und doch zwiespältig. Erstens: Obwohl Trader sicherlich wissen, dass nicht alle Trades gut ausgehen können, bekommen sie doch bei jedem das »sichere Gefühl, dass es diesmal klappt«. Eine Studie von kanadischen Psychologen dokumentiert diesen faszinierenden Aspekt des menschlichen Verhaltens. Gleich nach dem Setzen einer Pferdewette sind die Leute wesentlich zuversichtlicher, dass ihr Pferd gewinnt, als sie es noch kurz vor dem Setzen waren. Es ist klar, dass sich an dem Pferd selbst nichts geändert hat. In den Köpfen der Wettenden aber haben sich die Chancen des Pferds nach der Wettabgabe immens erhöht. Ohne zu weit in psychologische Abhandlungen abzuschweifen: Dieses Verhalten hat mit der sozialen Prägung zu tun, dass wir möglichst zu unseren eigenen Entscheidungen stehen sollen. Wenn wir uns einmal entschieden haben, so reagieren wir nach innen und außen stets damit, unsere früheren Entscheidungen zu rechtfertigen. Wenn wir eine richtige Entscheidung getroffen haben, geht dieser Prozess gut für uns aus, und wir steigern unser Selbstvertrauen. Wenn wir aber eine falsche Entscheidung getroffen haben – ob es sich dabei um einen Trade, einen Job oder den Partner handelt –, dann wird dieser psychologische Prozess alles noch viel schlimmer erscheinen lassen. Wir weigern uns schlicht und einfach, loszulassen und weiter nach vorn zu schauen, und konzentrieren uns zu sehr darauf, unsere frühere Entscheidung zu rechtfertigen. Manche Menschen verschwenden ihr ganzes Leben damit, eine falsche Entscheidung zu rechtfertigen. Was für eine Zeitverschwendung!

Zweitens: Viele Trader meinen, sie könnten sich auf ihr Urteilsvermögen verlassen, wenn sie einen Trade eingegangen sind. Auf dem Papier ist das sicherlich sinnvoll. Tatsache ist jedoch, dass Trader dann am objektivsten sind, bevor sie in einen Trade einsteigen. Ist der Trade erst einmal gestartet, fällt der Grad an Objektivität direkt proportional zur Anzahl der über dasselbe Konto gehandelten Anteile oder Kontrakte stetig ab. Stellen Sie sich das so vor: Wenn ein Trader, der ein 10.000-Dollar-Konto hat, mit 10 E-Mini-S&P-Futures long ist, und ein anderer, der ein 100.000-Dollar-Konto besitzt, mit einem E-Mini-S&P-Future long ist – wer von beiden wird dann bei jedem Tick Blut und Wasser schwitzen? Nicht nur, dass der erste Trader schon das Gefühl hat, »dass dieser Trade funktionieren wird«, er ist jetzt auch noch unweigerlich dem zusätzlichen Druck ausgesetzt, eine Position managen zu müssen, die bei jedem Tick riesige Equity-Percentage-Schwankungen erzeugt. Trader, die sich auf ihr Urteilsvermögen verlassen, wenn sie eine Position eingegangen sind, die sie emotional sehr aufwühlt, handeln so, als wollten sie ein Boot mit einem Paddel aus Emmentaler flussaufwärts rudern – es funktioniert einfach nicht.

Die oben genannten Faktoren halten einen Teufelskreis am Laufen, dessen Folge Trader sind, die sich ständig selbst – wie schlechte Gebrauchtwagenhändler – eine ganze Reihe falscher Vorstellungen verkaufen. Anstatt einen Schlachtplan zu verfolgen, anhand dessen sie aus einer Position aussteigen könnten, verbringen sie ihre Zeit damit, zu begründen, warum sie Recht haben. Und es gibt nur ein oder zwei Gründe, die sie dazu bringen können, eine Position glattzustellen. Der erste wäre, dass der Schmerz durch das Halten der Position so übermächtig wird, dass sie es nicht länger aushalten. Wenn dieser Punkt des Aufgebens erreicht ist, fangen sie an, wie verrückt auf ihre Tastatur einzuhacken, um »zum bestmöglichen Kurs« zu verkaufen (beziehungsweise sich einzudecken), und auf diese Weise den Schmerz zu lindern. Der zweite Grund ist ein so genannter »Margin Call« ihres Brokers, der ihnen höflich anbietet, ihnen zu helfen, und ihnen freundlich mitteilt, dass sie aussteigen sollten. Dieser Trade wird ebenfalls »zum bestmöglichen Kurs« platziert. In solchen Situationen existiert kein Plan, kein klarer Gedanke und keine Objektivität, nur ein Haufen erzwungener Sell- beziehungsweise Buy-Orders, wenn jemand short ist. Dieser Akt der Kapitulation, bei dem die Trader aussteigen, weil sie müssen, nicht, weil sie es so wollen, ist emotionsgesteuertes Trading in Reinform – und das ist es, was die Märkte in Bewegung hält. Egal ob es sich um einen monatelangen Abwärtstrend auf Grund von anhaltenden Kapitulationsverkäufen oder um eine zehnminütige Rallye auf Grund von Deckungskäufen handelt – diese Handlungsweisen sind Ursache der großen Bewegungen auf allen Märkten und in allen Zeitfenstern. Die Märkte bewegen sich nicht, weil sie wollen, sondern weil sie müssen.

Der Druck, den sich die Trader machen, die versuchen, »im Einklang mit ihrer ursprünglichen Entscheidung« zu handeln, sowie die Trader, die ihre finanziellen Möglichkeiten bei Weitem überschreiten, führen mehr als alles andere zu Katastrophen beim Trading. Katastrophen für die meisten zumindest. Auf zehn bis 20 Trader, die ihren Kontorahmen sprengen, kommen typischerweise ein bis zwei Trader, die ein Vermögen verdienen. Schließlich verschwindet das Geld nicht einfach. Es fließt nur auf ein anderes Konto – von jemandem, der mit seinen Setups gezielt die menschliche Natur ausnutzt.

EINE FALLSTUDIE, DIE BEIM STUDIUM AN DER HARVARD BUSINESS SCHOOL NICHT VORKOMMT

Abbildung 1.1 zeigt den Chart einer aktiv gehandelten Aktie, deren Name uns vorerst nicht interessieren soll. Während des Jahrs 2004 wurde die Aktie von einer Seite der Trader-Gemeinde gekauft und von der anderen energisch geshorted. Beide Parteien hatten reichlich Gelegenheit zum Geldverdienen. Am 29. Dezember 2004 markierte die Aktie ein neues 52-Wochen-Hoch und erreichte am nächsten Handelstag 33,45 US-Dollar. Im Verlauf der folgenden fünf Börsensitzungen gab es einen Pullback zur Supportlinie bei 27,62 US-Dollar (Punkt 3). Dies stellte eine solide Kaufgelegenheit dar, die die Kaufgelegenheit bei Punkt 1 mit der gleichen Oversold-Wahrscheinlichkeit wie in Punkt 2 nachbildete.

Dieser Chart stellt einen klassischen Fall eines Wendepunkts dar, an dem einige Trader eine Entscheidung treffen müssen. Einem Trader, der die Aktie gekauft hat, als sie zum Höhenflug ansetzte, wird es wehtun, während einer, der bei dem Hoch short gegangen ist, ein Hochgefühl empfinden wird. Investoren, die bei schon bei 10,00 US-Dollar long gegangen sind, werden begeistert sein und sich überlegen, ob sie bei dem Pullback ihre Position ausbauen sollen. Ein Trader, der bei der Aktie flat ist, wird besorgt sein, weil er die nächste Kursbewegung nicht verpassen will, und versuchen, bei dem Pullback zur Supportlinie zu kaufen. Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, um sich den Chart genau anzusehen. Was würden Sie in dieser Situation tun? Gehen Sie short oder kaufen Sie? Wie viel würden Sie riskieren? All das muss ein Trader wissen, bevor er einen Trade platziert.

Abbildung 1.1

Lassen Sie uns einen fiktiven Trader als Beispiel nehmen, den ich Joe Trader nennen will. Joe tradet schon seit einer Weile und hat eine Menge über Risk-Reward-Ratios gelernt; auch dass es heißt, geduldig auf hochprofitable Setups zu warten. Er wirft also einen Blick auf unseren Chart und bemerkt eine anständige Kaufgelegenheit bei dieser Aktie. Sein Tradingkonto weist einen Stand von 100.000 US-Dollar auf. Kurz vor Börsenschluss kauft er für etwa die Hälfte seines Budgets 2.000 Anteile zu 27,80 US-Dollar, ohne dass auch nur im Geringsten eine zusätzliche Sicherheitsleistung notwendig wäre. Er platziert eine Stopp-Limit-Order bei 26,20 US-Dollar sowie eine GTC-Sell-Order (Good-till-cancelled) bei 32,60 US-Dollar, also knapp unter dem jüngsten Höchststand. Er riskiert 1,60 US-Dollar (3.200 US-Dollar), um 4,80 US-Dollar (9.600 US-Dollar) zu verdienen, eine sehr angenehme Risk-Reward-Ratio von 3:1. Wenn er ausgestoppt wird, verliert er 3,2 Prozent seines Kontostands, was er angesichts einer Rendite von 9,6 Prozent für ein annehmbares Risiko hält.

Am nächsten Tag, am 7. Januar 2005, eröffnet die Aktie mit einer Abwärtslücke bei 23,78 US-Dollar, und damit deutlich unter Joes Stopp-Limit-Order (siehe Abbildung 1.2). Damit hält Joe die Position, seine Stopp-Limit-Order wird erst ausgelöst, wenn der Kurs wieder bei 26,80 US-Dollar steht.

Aber Joe verfällt nicht in Panik. Er hat das alles schon einmal erlebt. Es sieht nicht gut für seinen Trade aus, aber das ist nicht so schlimm, der Kurs steht nur um einen US-Dollar über seinem ursprünglichen Stopp. Joe weiß, dass die Kurse, bevor sie einbrechen, stets noch einmal ein Stück weiter ansteigen, bevor sie endgültig sinken. Die Aktie ist nach der Tages-Stochastik auch überverkauft, was einen Kurssprung nach oben erwarten lässt, auch wenn es sich vielleicht nur um einen Dead-Cat-Bounce handelt. Er entscheidet sich, seine Stopp-Limit- Order für diesen möglichen Wiederanstieg des Kurses stehen zu lassen und beabsichtigt, kurz vor Börsenschluss noch einmal nachzusehen, wo der Kurs dann steht.

Etwa 15 Minuten vor der Schlussglocke wirft er noch mal einen Blick auf die Aktie und stellt fest, dass sie sein Stopp-Limit niemals erreicht hat, sich aber während des Tages von dem Tief wieder ein wenig erholt hat. Er meint, die Chancen stünden gut, dass der Kurs sich am nächsten Börsentag noch ein gutes Stück weiter nach oben bewegt. Joe ist ruhig. Er ist objektiv. Er entscheidet sich dranzubleiben. Unglücklicherweise ist der nächste Handelstag erst Montag, und somit verbringt er den Großteil des Wochenendes damit, über die Aktie nachzudenken, und reagiert kaum auf seine Umwelt. Am Sonntag fällt seiner Frau auf, dass Joe das ganze Wochenende über sehr ruhig war, fast schon apathisch, und dass er dauernd auf irgendwelche Charts auf seinem PC-Bildschirm starrt. Sie blättert nochmals die letzte Ausgabe der Cosmopolitan durch in der Hoffnung, Tipps zu bekommen, wie man ihn aufmuntern könnte, aber bis sie die Zeitschrift fertiggelesen hat, stellt sie sich bereits die Frage, warum sie diesen Wicht überhaupt geheiratet hat. Die Kerle in den Zeitschriften sind einfach viel verwegener und lustiger! Als sie am Sonntagabend schlafen geht, ist sie wütend.

Joe, der das alles gar nicht bemerkt hat, starrt immer noch auf seinen Chart.

Endlich kommt der Montagmorgen. Joe hüpft nach grauenhaftem Schlaf aus dem Bett und kommt genau rechtzeitig, um zu sehen, dass die Aktie im vorbörslichen Handel niedriger steht. Bei der Eröffnung des regulären Handels gibt es eine Abwärtslücke von fast 3,00 US-Dollar (siehe Abbildung 1.3). Joe schüttelt ungläubig den Kopf. Wie konnte das passieren?

Als Joe seinen Morgenkaffee trinkt, schaut er sich den Chart »objektiv« an und sieht all die Gründe dafür, warum der Kurs nach oben springen sollte. Die Aktie hat mittlerweile mehr als 40 Prozent ihres Allzeithochs eingebüßt – und das nur binnen sieben Tagen. Auf den Tagescharts hat der Kurs fast die Supportlinie erreicht. Der Tages-Stochastik nach ist die Aktie hochgradig überverkauft. Joe ist Realist. Er weiß, dass diese Aktie am Ende ist. Er weiß aber auch, dass sich die Aktie früher oder später ein wenig erholen wird, und es wird ihm dann möglich sein, mit einem blauen Auge davonzukommen. Er beobachtet den ganzen Tag nägelkauend und Kaffee trinkend den Chart und unternimmt nichts. Der Kurs schließt mit einem Verlust von mehr als sechs US-Dollar unter seinem Stopp. Erschrocken über diese Tatsache entscheidet sich Joe, einen weiteren Tag im Trade zu bleiben, da ein Kurssprung überfällig ist.

Abbildung 1.2

Abbildung 1.3

Erst als er die Garagentür hört, fällt ihm wieder ein, dass er für seine Frau einen Stapel Wäsche bei der Reinigung hätte abgeben sollen. Er packt die Klamotten und rennt aus der Haustür.

Am Dienstag, 11. Januar, eröffnet die Aktie (okay, es ist TASR) weitere drei Punkte niedrigerer, bei einem Stand von 17,01 US-Dollar (siehe Abbildung 1.4). Joe atmet tief durch und beißt die Zähne zusammen. Er hat keine Lust mehr, nicht schlafen zu können, und zu allem Überfluss benimmt sich seine Frau plötzlich auch noch ausgesprochen ablehnend. Er fragt sich, ob sie wohl sein P&L auf dem Bildschirm gesehen hat, ist sich aber sicher, dass er es gut versteckt hat, weil er die Anzeige seiner Trading-Plattform immer minimiert, wenn er das Zimmer verlässt. Er weiß, dass er mit seiner Frau sprechen muss, und das wird er auch, sobald er flat aus der Position ausgestiegen ist. Er schaut auf den Chart.

Er redet sich selbst ein, jetzt bloß nicht in Panik zu verfallen und sich nicht zu benehmen wie ein Anfänger, sondern wie ein professioneller Trader. Er ist sich sicher, dass er nie mehr in so eine Situation kommen wird – in der Zwischenzeit aber muss er einen kühlen Kopf bewahren und aus dem Schlamassel herauskommen.

Joe stellt fest, dass es ihm in den vergangenen vier Monaten gelungen ist, durch Trading ein monatliches Durchschnittseinkommen von 5.000 US-Dollar zu generieren. Wenn er nun, bei 17,00 US-Dollar, aus dem TASR-Trade aussteigt, hat er allein damit 21.600 US-Dollar verloren. Es würde also länger als vier Monate dauern, bis er das Kapital wieder zusammen hätte. Er fragt sich selbst: »Okay, vergiss die ursprüngliche Order. Nehmen wir an, du wärst gerade erst eingestiegen. Was wäre ein vernünftiges Ziel?« Er setzt rasch eine Reihe von Fibonacci-Linien ein, um zu sehen, wo beim gesamten Kursabfall der 50-Prozent-Retracement-Level liegt. Dieser Wert befindet sich bei 22,79 US-Dollar, also deutlich unter Joes ursprünglichem Stopp. Wenn aber die Aktie wieder auf diesen Wert stiege, so wäre das ein Gewinn von 11.580 US-Dollar, und das würde wiederum einen Verlust von lediglich 10.200 statt 21.600 US-Dollar bedeuten. Joe setzt also seine neue Sell-Order, im sicheren Glauben, dass es nun klappen wird, lehnt sich zurück und wartet, was geschieht.

Abbildung 1.4

Sonderbarerweise setzt sich der Abwärtstrend der Aktie im Verlauf des Tags weiter fort. Joe starrt auf den Chart und erinnert sich immer wieder daran, einen kühlen Kopf zu bewahren – die Aktie sei hoffnungslos überkauft und werde demnächst nach oben springen. Habe Geduld, warte auf die Erholung, sei kein Dummkopf und verkaufe nicht am schlimmsten Tiefpunkt.

Als sich die Märkte dem Tagesschluss nähern, bricht TASR zu neuen Intraday-Tiefpunkten ein und fällt unter die 14,00-Dollar-Marke. Joe springt von seinem Schreibtisch auf und schreit angewidert auf. Das ist unmöglich! TASR hat in acht Tagen fast 60 Prozent verloren. Er ist kurz davor, vor Wut zu explodieren, er merkt, dass er es nicht länger aushalten kann. Er ist mit seinen Nerven am Ende, und sein Nacken ist so verspannt, dass er sich hart wie Sperrholz anfühlt. Joe verkauft kurz vor Börsenschluss bei 14,02 US-Dollar. Das bedeutet einen Verlust von 27.560 US-Dollar. Er kann es immer noch nicht fassen, wie weit und wie schnell TASR gefallen ist. Wie viel tiefer kann der Kurs denn noch sinken? Spontan wirft Joe einen Blick auf den Wochenchart und stellt fest, dass es oberhalb von 10,00 US-Dollar keine Supportlinie gibt. Er ändert sofort seine Taktik und geht kurz vor der Schlussglocke mit 4.000 Anteilen bei 14,04 US-Dollar short. Obwohl er von sich selbst angewidert ist, fühlt er sich nun doch ein Stück besser bei dem Gedanken, eine Maßnahme ergriffen zu haben. So wird er wenigstens den weiteren Kursabfall der Aktie nicht verpassen. Er hat Angst davor, zu sehen, wie TASR am nächsten Tag eröffnet.

Joe entschließt sich, seiner Frau nichts von alledem zu sagen, schreibt sich aber selbst einen Erinnerungszettel, um am folgenden Tag die Kleidung aus der Reinigung zu holen.

TASR eröffnet flat am nächsten Tag, und fängt dann an, kontinuierlich zu steigen (siehe Abbildung 1.5). Joe ist sich sicher, dass die Rallye nicht lange andauern wird. Er setzt trotzdem einen Stopp knapp über den gestrigen Höchstständen. Dieses Mal setzt er eine Stopp-Market-Order, weil ihn in erster Linie die Stopp-Limit-Order in solche Schwierigkeiten gebracht hatte. Er ist sich sicher, dass dieser Trade funktionieren wird. Er hat auf ein gutes Pferd gesetzt!

TASR schließt in der Nähe der Rekordstände vom 12. Januar, überschreitet aber nicht die Höchststände des Vortags – Joes Stopp greift also nicht. Er kann sein Pech kaum noch fassen und hofft, dass die Aktie am nächsten Tag mit einer Abwärtslücke eröffnen wird. Seine Frau ruft an, um ihm zu sagen, dass sie mit ihren Mädels ausgeht. Joe besorgt sich ein Sixpack Bier und sieht sich auf HBO Tony Sopranos Sendung an, um zu sehen, wie dieser mit den Problemen in seinem Leben umgeht.

Abbildung 1.5

Nun, der nächste Tag bricht an, und die Aktie eröffnet mit einer Aufwärtslücke von fast 4,00 US-Dollar. Joe wird durch seine Stopp-Order ausgestoppt, da diese, wenn sich der Kurs über seinen Stopp, also 20,83 US-Dollar, bewegt, zu einer Market-Order wird. Joe verliert dabei 6,79 US-Dollar. Auf 4.000 Anteile gerechnet, bedeutet das einen Verlust von 27.600 US-Dollar – fast genauso viel wie bei seinem ersten Trade. Sein Trading-Konto von ursprünglich 100.000 US-Dollar steht nun noch bei 45.280 US-Dollar. Er muss nun 121 Prozent erwirtschaften, um überhaupt seinen Break-even zu erreichen. Er ist so wütend, dass er nicht weiß, was er tun soll. Schließlich packt er seine Tastatur und schleudert sie gegen die Wand. Etwa eine Stunde später ruft seine Frau an und teilt ihm mit, dass sie zur Eheberatung gehen sollten. Joe gönnt sich einen großen Whiskey und denkt über den Sinn des Lebens nach.

Joe war long in der Aktie. Er wählte einen Einstiegspunkt mit niedrigem Risiko, hatte ein tolles Risk-Reward-Ratio, und wagte lediglich drei Prozent seines Portfolios dran. Er hatte nicht einmal einen Margin Call erhalten, wie viele andere Trader in dieser Situation. Unterm Strich war es ein guter Plan, aber er endete in einem Desaster.

Für jemand anderen aber war es ein toller Trade. Dieser Chart von TASR zeigt eine andere Sichtweise (siehe Abbildung 1.6). Dies ist ein häufig anzutreffendes Setup, das dann entsteht, wenn große Fonds aus einer Aktie aussteigen wollen. Sie schieben den Kurs auf neue Höhen, verführen die Privathändler und beginnen dann damit, abzustoßen. Sie wissen, dass die Privaten bei den neuen Höchstständen kaufen werden, und ihnen ist auch bewusst, dass die Privaten bis hinunter zur Support-Linie kaufen werden. Das gibt den Unternehmen reichlich Zeit, ihre Bestände zu verkaufen. Ich nenne dieses Setup deshalb »Fake and Break« (Vortäuschen und Abhauen), und ich verwende es als Fade für Swing-Trades bei Aktien. (»To fade a market« heißt, einen Trade in die entgegengesetzte Richtung der eigentlichen Kursbewegung zu führen.) Anders ausgedrückt: Wenn eine Aktie bei diesem Setup eine Rallye hinlegt, versuche ich, sie zu shorten.

Abbildung 1.6

TRADING-GRUNDSÄTZE FÜR VERKÄUFE BEI SHORT-POSITIONEN BEI KÄUFEN IN UMGEKEHRTER RICHTUNG

Nach folgenden Grundsätzen verfahre ich beim »Fake-and-Break«-Setup, welches ich bei individuellen Aktien verwende:

Sehen Sie sich nach Aktien um, die neue 52-Wochen-Hochs erreichen

: Am 30. Dezember, nachdem es tags zuvor ein 52-Wochen-Hoch bei Punkt 1 erreicht hatte, eröffnete TASR mit einer Aufwärtslücke und erreichte ein Allzeithoch bei 33,45 US-Dollar (Punkt 2).

Halten Sie bei Aktien, die neue Höchststände erreichen, mit Hilfe eines RSI (Periode 7) nach bearishen Divergenzen Ausschau:

Als TASR am 30. Dezember einen neuen Höchststand erklomm, erreichte der RSI 72,35 (Punkt 4) und lag damit deutlich unter dem Wert des jüngsten 52-Wochen-Hochs am 15. November (Punkt 3). Wenn der Index auf immer neue Hochpunkte steigt und der RSI gleichzeitig fallende Hochpunkte ausbildet, ist die Rede von einer

bearishen Divergenz.

Der RSI misst die relative Stärke der Kursbewegungen und zeigt dem Trader in diesem Fall, dass die Aktie an Stärke verliert.

Achten Sie bei Aktien, die neue Höchststände erreichen, auf signifikante Volumenrückgänge:

Als TASR neue 52-Wochen-Hochs erreichte, besaß sie nur noch ein Viertel des Volumens vom vorherigen Anlauf. Das ist so, wie wenn bei einem Auto das Benzin ausgeht. Ohne Volumen gibt es keinen anhaltende Kursbewegung.

Shorten Sie die Aktie an dem Tag, an dem sie unter dem vorvergangenen 52-Wochen-Hoch schließt:

Am 3. Januar schließt TASR unter 30,98 US-Dollar, dem vorvergangenen 52-Wochen-Hoch vom 15. November. Mit diesem Setup geht die Traderin, nennen wir sie Joanne, mit 2.000 Einheiten, die bei 30,27 US-Dollar ausgeführt werden, bei der Eröffnung am 4. Januar short. Sie platziert einen Stopp 25 Cent oberhalb des Allzeithochs. Da dieses bei 33,45 US-Dollar liegt, wird der Stopp bei 33,70 US-Dollar platziert. Es handelt sich dabei um eine Stopp-Market-Order, nicht um eine Stopp-Limit-Order wie bei Joe.

Benutzen Sie zum Aussteigen ein Backup, das nur wenig oberhalb des Höchststands dieses Tags, aber über der Hauptsupportlinie liegt: Wenn die Hauptsupportlinie durchbrochen wird, halten Sie die Position so lange offen, bis sich ein Backup zum Ausstieg über dem Höchststand eines 60-Minuten-Charts der letzten Handelsstunde gebildet hat.

Ich spreche dieses Thema hier nur kurz an, aber ich werde in einem späteren Abschnitt dieses Buchs das Konzept detaillierter erklären.

Ziehen Sie keine Stopps nach

. Der Ausstieg ist das Kursumkehrsignal.

Nachdem der Einstieg bei TASR short erfolgt ist, steigt der Kurs nie hoch genug, um über dem Höchststand des Vortages abzuschließen. Daher ist Joanne bei der Aktie immer noch short, als diese auf dem Tageschart die Hauptsupportlinie in Form der Hauptuptrendlinie durchbricht. Nachdem diese Hauptsupportlinie durchbrochen wurde, wird aggressiv verkauft.

Abbildung 1.7 ist ein 60-Minuten-Chart, der den Volumenanstieg bei TASR nach dem Durchbrechen der Tageschart-Hauptsupportlinie bei Punkt 1 anzeigt.

Während des dreitägigen Ausverkaufs (Punkte 2, 3 und 4) steigt der Kurs niemals weit genug, um über dem Höchststand des unteren 60-Minuten-Balkens zu notieren. Am nächsten Tag, bei Punkt 5, steigt TASR weit genug an, um über dem vorhergehenden 60-Minuten-Balken, dem untersten Balken der gesamten Abwärtsbewegung, zu notieren. Dieser Kurs ist das Signal zum Glattstellen. Bei der Eröffnung des nächsten Balkens stellt Joanne ihre 2.000 TASR-Anteile bei 16,17 US-Dollar glatt und verdient dabei 28.200 US-Dollar. Jetzt geht sie zum gleichen Kurs mit 4.000 Anteilen long, wobei sie einen Stopp beim Tiefstkurs des 60-Minuten-Intervalls setzt.

Sie hält die Position so lange, bis der stündliche Kursverlauf unterhalb des Tiefstkurses des oberen 60-Minuten-Balkens notiert. Das geschieht am nächsten Tag bei Punkt 6, und Joanne stellt ihre Long-Position bei 20,54 US-Dollar glatt und verdient dabei 17.400 US-Dollar. Während Joe mit sich selbst hadert und seine erste Eheberatungsstunde absolviert, zählt Joanne ihre Gewinne von 45.680 US-Dollar und verwendet einen Teil ihres Profits für einen einwöchigen Trip nach Maui. Wenn ein Trader Geld verliert, ist es nicht verschwunden. Es ist nur auf das Konto eines anderen Traders gewandert.

Abbildung 1.7

ES LIEGT NICHT AN DER WIRTSCHAFT, DU IDIOT!

TASR verlor sicherlich nicht innerhalb von acht Handelstagen 60 Prozent ihres Wertes, weil die Aktie es so wollte. Hilflose Trader und Offene Fonds, die sich diese Aktie besorgten, um Covered Calls zu verkaufen, waren die Hauptleidtragenden. Covered Call Writing war während des größten Teils des Jahrs 2004 eine der verlässlichsten Quellen zum Geldverdienen. Das lag daran, dass die Märkte unruhig und unentschlossen waren. Weil die Methode so gut funktionierte, kündigte die Wall Street Pläne zur Auflage einiger auf Covered Calls spezialisierter Offener Fonds an. Obwohl es auf den Märkten keine Garantien gibt, kann man sich einer Sache fast hundertprozentig sicher sein: Sobald die Wall Street ein spezielles Vehikel für einen bestimmten Markt oder eine bestimmte Strategie ankündigt, dann war es das für diesen Markt oder diese Strategie. Nachdem die Offenen Fonds aufgelegt worden waren, gab es in den letzten zwei Monaten des Jahres 2004 ein großes Geschrei, das diese Strategie als beste Methode zur Ausnutzung der damaligen Marktsituation unbrauchbar machte. Ein weiteres Beispiel gefällig? 2004 kündigte die Wall Street einen Holders Trust für Gold namens GLD exakt zu dem Zeitpunkt an, als Gold einen Höchststand bei 450 US-Dollar pro Feinunze erreichte. Und die Moral von der Geschichte? Wenn die Wall Street anfängt, Packages zu schnüren und sie mit einer Zierschleife der Öffentlichkeit verkauft, dann ist die Kursbewegung schon vorbei. Aber ich fange an, vom Thema abzukommen.

TASR verlor 60 Prozent ihres Wertes, weil es viele Leute erwischte, die in der Aktie waren und darin »einfroren«, so wie es auch Joe Trader erging. Viele von ihnen konnten die eigentlich vernünftige Entscheidung nicht fällen, die Aktie zu verkaufen. Sie blieben dabei, bis sie den Schmerz nicht mehr aushielten, oder so lange, bis ihr Broker sie durch Margin Calls herausholte. Eben diese Margin Calls verursachten den schlimmsten Teil des Verfalls von TASR, als die Aktie nahe bei 14,00 US-Dollar schloss. Diese erzwungenen Market-Orders verursachten starke Bewegungen der Aktie, die noch schlechter für Trader wie Joe endeten, die versuchten, ihre Fähigkeiten zu nutzen, um auf möglichst schlaue Weise aus dem Trade auszusteigen.

Von sich selbst angewidert und mit hochrotem Kopf stolzierten die Opfer aus diesen Trades hinaus und sinnierten über den Irrsinn des Universums. Wir haben gesehen, dass mittlerweile eine andere Gruppe von Tradern die entgegengesetzte Seite dieses »Kapitulations-Trades« eingenommen und hohe Profite erzielt hat. Wie schafft es ein Trader auf die Gewinnerseite? Nun, um das richtig zu verstehen, müssen wir zuerst einen Schritt zurück machen und verstehen, wie die Märkte wirklich funktionieren und warum sich Trader ständig und instinktiv selbst sabotieren.

Der erste Teil ist einfach: Die Märkte sind nicht so komplex und funktionieren sehr einfach. Märkte steigen auf täglicher Basis, weil die aktuelle Nachfrage das aktuelle Angebot übersteigt – Punkt. Das hat nichts damit zu tun, in einem bearishen Sekulärmarkt, einem zyklischen Bullenmarkt, in hohen Kurs-Gewinn-Verhältnissen oder Maria Bartiromos2 Halskette zu sein. (Für jeden, der während der Dotcom-Blase aktiv gehandelt hat: Die Trader erwarteten eine Rallye, wenn Maria Perlen trug. Sehr rational gedacht, nicht wahr?) Es geht einzig und allein darum, was Trader heute bereit sind, für einen bestimmten Markt oder eine bestimmte Aktie zu zahlen.

Es ist nicht relevant, ob die Nachfrage fälschlicherweise von einem Hedge-Fonds generiert wurde, der »die Macht übernimmt« (er kauft große Mengen einer Aktie und zehrt an den Vorräten des Market-Makers. Damit zwingt er die Market-Maker, die Aktie zu einem höheren Preis zurückzukaufen). Auch ein Market Squeeze, der die Shorts richtig verprügelt und sie zwingt zu covern, ist ebenso irrelevant wie ein Gerücht, eine Aktie der Biotechnologiebranche sei von Martha Stewart unter Druck gesetzt worden. Nachfrage ist Nachfrage, und Nachfrage treibt die Märkte nach oben. Auch das Gegenteil ist wahr: Wenn das Angebot auf dem Markt zu groß ist, werden die Kurse sinken. Der beste Hinweis auf »zu viel Angebot« sind die Margin Calls oder andere Varianten erzwungener Verkäufe, wie beispielsweise die Joe Traders dieser Welt, die das Handtuch werfen und ihre Position unter Wert verkaufen. Das ist der Grund, warum Märkte ihre Gewinne so schnell wieder verlieren können: Sie nehmen die Treppe nach oben, fahren aber mit dem Lift wieder nach unten. Für den Trader ist es immens wichtig, diesen Umstand vor Augen zu haben. Ja, die Aktie mag gerade sehr gut performen, und die Aussichten mögen rosig sein. Aber wenn 1,5 Millionen Aktien gleichzeitig zum Kauf angeboten und nur 50.000 Aktien gekauft werden, dann wird das Papier eine Bruchlandung hinlegen. Es ist nicht so kompliziert. Es geht einfach um Angebot und Nachfrage in ihrer reinsten Form.

Long oder short zu traden ist sehr einfach, wenn der Investor erst einmal gelernt hat, seine eigene Meinung zu ignorieren. Das bedeutet, alle, und wirklich alle, Vorurteile über die Märkte beiseite zu schieben und sich auf die aktuelle Angebots- und Nachfragesituation zu konzentrieren. Hat ein Trader dies begriffen, muss er als Erstes an seinen eigenen seelischen Voraussetzungen arbeiten und daran, wie er mit dieser Information umgeht, und er muss vollständig begreifen, wie die Funktionsweise des menschlichen Gehirns die Trader naturgemäß immer wieder dazu bringt, auf den Märkten Geld zu verlieren. Egal, ob ein Riesenverlust wie im Fall von Joe Trader oder eine Serie kleinerer Verluste das Tradingkonto aufzehren – immer ist es das menschliche Gehirn, das all dies zulässt.

Und davon wird im nächsten Kapitel die Rede sein.

2)  Star-Reporterin, die beim Wirtschaftskanal CNBC die Börsennachrichten moderiert.

2. KAPITEL

Das kleine Einmaleins der Psychologie: Was man über Trading in der Schule nicht lernt

Nur ein Narr testet mit beiden Füßen die Tiefe des Wassers.

– afrikanisches Sprichwort –

GEFÜHLE SIND EINE SCHÖNE SACHE – BEI HOCHZEITEN UND BEERDIGUNGEN

Trading ist die wohl trügerischste Tätigkeit der Welt. Kennen Sie jemanden, der kürzlich in einen Flughafen gelaufen ist, sich in das Cockpit eines Jumbo-Jets voller Passagiere gesetzt hat und einfach mal ohne Training losgeflogen ist? Es geschieht aber ständig, dass Menschen ein Tradingkonto eröffnen und ohne irgendeine Anleitung anfangen zu traden. Das ist mindestens genauso verrückt. Diese Trader haben kaum ein Bewusstsein dafür, wie ihre Gefühle und die naturgegebenen Funktionen ihres Gehirns vom Läuten der Eröffnungsglocke an gegen sie arbeiten.

So wie ein geschwätziger Masseur einer entspannenden Wellnessbehandlung im Weg steht, sind die Gefühle der Feind des Erfolgs beim Trading. Die Märkte sind darauf ausgelegt, sich die menschliche Natur zunutze zu machen. Sie bewegen sich nur dann deutlich, wenn genügend Investoren in die gleiche Falle tappen und auf der falschen Seite eines Trades stehen. Das spült eine Welle von Furcht, Frustration und Wut auf die Märkte – und schafft dadurch günstige Tradinggelegenheiten für denjenigen, der darauf vorbereitet ist. Sich ohne die leiseste Ahnung davon, wie die menschlichen Gefühle die Märkte bewegen und wie die Gefühle das eigene Trading sabotieren, kopfüber in dieses Abenteuer namens Trading zu stürzen, ist so aussichtslos wie der Versuch, während eines Wolkenbruchs in Manhattan ein Taxi zu bekommen.

Mit diesem Kapitel sollen Trader auf die Setups vorbereitet werden, die wir später in diesem Buch besprechen werden. Auf Grund dieser Vorbereitung werden die Trader verstehen, wie sich beim Trading die »bösen Geister in seinem Inneren« unter Kontrolle halten lassen, diese Geschöpfe, die einen Trader mental blockieren, sobald er in einen Trade eingestiegen ist. Dieser Zustand ist der eingangs beschriebenen »Gehirnstarre« bei dem Rafting-Unfall sehr ähnlich. Es gilt auch zu bedenken, dass bei jedem Trader andere Charakterzüge vorherrschen, auf Grund derer er Informationen aufnimmt und sich in Beziehung zu seiner Umwelt setzt. Manche Trader sind eher visuell veranlagt, andere auditiv und wieder andere kinästhetisch – ihre Beziehung zur Welt beruht auf durch äußere Ereignisse hervorgerufenen Gefühlen. Diese drei unterschiedlichen Charaktereigenschaften können einen entscheidenden Einfluss auf das Trading-Verhalten eines Menschen haben. Vorwiegend kinästhetisch veranlagte Trader sind schon beim Einstieg in einen Trade verloren – zumindest so lange, bis sie ihre Beziehung zur Welt durchschauen und erkennen, wie sie ihr Trading beeinflusst. Gegen Ende des Buchs gibt es ein Kapitel, das Tipps für den Fall enthält, »dass Trading für Sie einfach nicht funktioniert«. In diesem Kapitel gibt es einen Persönlichkeitstest, mit dessen Hilfe Sie feststellen können, was für ein Persönlichkeitstyp Sie sind und welche die jeweiligen Vor- und Nachteile beim Trading sind. Die Nachteile werden den Trader so lange behindern, ohne dass er es überhaupt merkt, bis er etwas über sie erfährt und begreift, was da in ihm vor sich geht.

Darüber hinaus wird der Trader erkennen, wie wichtig es ist, für jedes Setup eine spezielle Methode anzuwenden, da sich jedes Setup bestimmte Aspekte menschlicher Emotionen zunutze macht. Ein Trader darf keinesfalls bei jedem Setup pauschal nach den gleichen Grundsätzen verfahren. Das ist einer der größten Fehler, die ich bei Anfängern immer wieder beobachte. Ein Zwei-Punkt-Stopp beim E-Mini S&P mag bei einem Setup gut funktionieren, aber nur, weil jeder Trade von einem anderen gestoppt wird. Fünf Lots à 50.000 US-Dollar zu handeln mag bei dem einen Setup sehr gut funktionieren, könnte aber bei einem anderen fatale Auswirkungen haben. Wenn man die einem Trade zugrunde liegende Psychologie versteht, kennt man auch für jedes Setup die passenden Parameter und die passende Allokation. Jedes Setup ist einzigartig und muss dementsprechend behandelt werden.

Am Ende dieses Kapitels sollten Sie in der Lage sein, das zu entwickeln, was ich als professionelle Einstellung beim Trading bezeichne. Obwohl wir in diesem Buch größtenteils Setups besprechen, müssen Trader die Psychologie des Tradings unbedingt verinnerlicht haben. Sonst wird ihre Zeit als Trader nur kurz und sehr schmerzhaft sein.

ZEIGEN SIE MIR EINEN TYPEN DER EIN SYSTEM HAT, UND ICH WERDE IHN IN MEINEM KASINO WILLKOMMEN HEISSEN

Dieses alte Sprichwort aus Las Vegas passt auch wunderbar zu den Finanzmärkten. Ein System zu haben gibt den Leuten ein Gefühl von Sicherheit – es kann nichts schief gehen. Jedes Mal, wenn ich das »Mandalay Bay« oder das »Bellagio« in Las Vegas besuche, wird mir wieder bewusst, dass all dieser Prunk von Leuten bezahlt wurde, die meinten, sie könnten die Blackjack-Tische schlagen. Die Besitzer des Luxor-Kasinos nahmen einen Kredit über 550 Millionen US-Dollar mit einer Laufzeit von 20 Jahren auf, um ihr Kasino bauen zu können. Sie konnten ihn innerhalb von nur drei Jahren abbezahlen. Gehen Sie an den Empfang und sagen Sie, Sie hätten eine Strategie, und es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie die Präsidentensuite und einen Spieltisch nur für sich bekommen.

Warum funktionieren Strategien in Las Vegas nicht? Dafür gibt es zwei Gründe: Das Haus hat prozentual gesehen einen Vorteil, und sobald ein System ein paar Mal ins Wanken gekommen ist, fängt der menschliche Geist an, es zu verändern, um es zu perfektionieren. Das vermasselt irgendwann das Verfahren. In den Kasinos – wie auch beim Trading – muss man nur einmal falsch setzen, um sein ganzes Geld zu verpulvern. Kasinobesitzer wissen das, und genau deshalb verkaufen sie ihre Strategieratgeber direkt im ans Kasino angrenzenden Souvenir-Shop. Dies ist ein neues Niveau des sprichwörtlichen Fuchses, der den Hühnerstall bewacht.