Das Haus - Madison S. Archer - E-Book

Das Haus E-Book

Madison S. Archer

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Beschreibung

Das Leben ist mehr als das, was wir sehen. Es ist mehr als das, was wir wissen. Es besteht aus Geheimnissen, aus Träumen, aus Freundschaft und aus Liebe. Es geht um seltsame Geschehnisse. Drei Leben auf magische Art miteinander verknüpft. Ein unheimliches Haus und ein fesselndes Tagebuch. Das ist der Stoff, aus dem Träume sein können. Doch vielleicht ist alles ganz anders…

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Die in diesem Roman vorkommenden Orte und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Orten und real existierenden Personen wären rein zufällig und sind nicht beabsichtigt.

Prolog

„Irgendwann fügt sich alles zusammen, genau wie es sich zusammenfügen soll.“

Wer das mal zu mir gesagt hat, daran erinnere ich mich heute nicht mehr. Doch Der- oder Diejenige hatte vollkommen Recht. Manchmal dauert es zwar das halbe Leben, doch irgendwann klopft das Schicksal an die Tür.

Das mit den Türen ist allerdings so eine Sache.

Denn sie führen in beide Richtungen …

Sheriff Maxwell Trent war ein gutmütiger Mittvierziger. Er und sein jüngerer Partner Tom Foster arbeiteten schon eine ganze Weile zusammen. Am meisten mochten sie die Spätschicht. Da es in dem kleinen Urlaubsort selten wirklich große Probleme gab, ließen es er und Tom in der Regel ruhig angehen und trafen sich während ihrer Streifenfahrten schon mal auf einen Kaffee bei Lynette im Drive In am Rande der Stadt. So auch heute, jedoch diesmal aus einem etwas abwechslungsreicheren Anlass. Er und Tom sollten als Zeugen bei einer Testamentseröffnung fungieren.

Sheriff Trent traf als erster vor dem Drive In ein. An diesem Abend war er besonders froh über die Abwechslung. Es hatte den ganzen Tag über geschneit, was es nebenbei bemerkt immer noch tat, und rein gar nichts war los auf den Straßen. Die Stadt schien wie ausgestorben. Noch nicht einmal ein streunender Hund war irgendwo zu sehen.

Er betrat den Gastraum, nahm seinen Hut vom Kopf und klopfte mit der freien Hand den Schnee ab. Dann lies er seinen Blick durch den Gastraum schweifen. Schummrige Beleuchtung empfing ihn. Normalerweise wäre die Luft hier um diese Zeit bereits von Zigarettenrauch geschwängert und so dick wie Nebel. Doch der Raum war beinahe leer, was auch nicht weiter verwunderlich war. Von dem plötzlichen, viel zu frühen Wintereinbruch waren die Leute in dieser Region vollkommen überrascht worden, und schienen daher alle Zuhause geblieben zu sein. Alle bis auf einen.

Lloyd Richardson, der Testamentsvollstrecker, ein väterlich lächelnder, älterer Herr im grauen Anzug, mit einem leicht rundlichen Gesicht und einer schwarz umrandeten Brille auf der Nase saß an der Theke bei einer Tasse Kaffee und plauderte leise mit Lynette. Als er Max hereinkommen sah, drehte er sich zu ihm und winkte ihn zu sich. Die beiden Männer kannten sich gut, nicht zuletzt da Richardson mit Maxwells älterer Schwester Diane verheiratet war.

„Deine Mrs. Smith hat sich ja einen tollen Tag für die Eröffnung ihres Testamentes ausgesucht“, frotzelte Max mit einer wohltönenden dunklen Stimme, während er sich mit der einen Hand den Barhocker zurechtrückte und mit der anderen seinen Hut auf einen der Nachbarhocker beförderte. Sofort eilte Lynette zum hinteren Teil der Theke, goss einen Pott voll frisch gebrühten Kaffee und stellte ihn vor Max, der gleich damit begann, seine Hände daran zu wärmen.

„Wo bleibt denn Tom?“, fragte sie beiläufig.

„Verspätet sich wohl etwas“, antwortete Max mit einem Grinsen im Gesicht. „Er hat vorhin über Funk gemeldet, dass es bei Mills Creek ´nen Erdrutsch gegeben hat. Er muss wahrscheinlich außenrum.“

Besorgt sah Richardson auf die Uhr. Es war nicht mehr viel Zeit. Lynette fing seinen Blick auf. „Schon okay, Schätzchen“, sagte sie auf ihre unnachahmliche Art. „Wenn er nicht rechtzeitig kommt, dann mach ich Dir eben den zweiten Zeugen.“ Dabei tätschelte sie mütterlich die Hand des Mannes, der vom Alter her gut ihr Vater hätte sein können.

Von draußen drangen Motorgeräusche zu ihnen herein. Richardson atmete auf. Das musste Tom sein. Als der endlich zur Tür hereinkam, konnten ihm die Anderen am Gesicht ablesen, dass sein Abend bisher nicht so toll verlaufen war. Er setzte sich neben Max und beförderte dessen, sowie seinen eigenen Hut einen Platz weiter.

Lynette stellte einen Pott dampfenden Kaffee vor ihm hin, so wie sie es zuvor auch bei Max getan hatte. Und genau wie Max, legte auch er seine Hände um den Becher. Dann blickten alle drei erwartungsvoll Lloyd Richardson an.

Der öffnete seine Tasche und entnahm ihr eine Akte. „Wir haben uns heute hier versammelt, um den letzten Willen von Sissy Smith zu verlesen. Sie hat verfügt, dass dies genau 6 Wochen nach ihrem Tod hier im Drive In um genau 18.00 Uhr zu geschehen hat“, er sah erneut auf seine Uhr. „Diese Bedingung haben wir schon mal erfüllt.“ Er entnahm der Akte ein verschlossenes Briefkuvert und nestelte umständlich daran herum, bis es endlich seinen Inhalt preisgab. Er faltete das Blatt Papier auseinander, rückte seine Brille auf der Nase zurecht und begann zu lesen. „Ich Sandra Philomena Geraldine Eleonore Cäcilia Smith, genannt Sissy ... blablabla das können wir überspringen … Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte … blablabla das können wir auch überspringen ... Da ich keine Nachkommen oder sonstige noch lebenden Verwandte habe, verfüge ich hiermit, dass mein gesamter irdischer Besitz an die Person gehen soll, die nach 18.00 Uhr abgesehen von den geladenen Zeugen den Drive In betritt“.

Alle sahen sich an und keiner wagte, das Offensichtliche auszusprechen. Das konnte eine lange Nacht werden. Denn bevor jetzt nicht jemand durch diese Tür da vorne trat war die Testamentseröffnung nicht beendet und die Anwesenden konnten nicht nach Hause.

Nach dem der erste Anflug von Begeisterung verflogen war, beschlossen Tom und Max ein paar Minuten vor die Tür zu gehen.

Tom trat als erster aus dem Drive In, dicht gefolgt von Max. Beide schlugen die Krägen ihrer Jacken hoch und sahen zu ihren nebeneinander geparkten Wagen hinüber. ‚Nein, das wäre nicht korrekt. Sie hatten diese Aufgabe angenommen und würden sie auch zu Ende bringen.‘

Tom der gerade dabei war, sich eine Zigarette anzuzünden, hielt plötzlich mitten in der Bewegung inne, so dass Max beinahe auf ihn geprallt wäre. Er hob den Kopf und lauschte angestrengt. Auch Max spürte, dass sich ihnen Irgendetwas oder Irgendjemand näherte. Er spähte in die Dunkelheit. Täuschte er sich oder war es inzwischen noch kälter geworden?

Tom hob warnend die Hand. Da war wieder dieses undefinierbare Geräusch. Es klang fast wie tapsende Schritte, so als ob sich jemand mit letzter Kraft dahin schleppte. Und zusätzlich war da etwas, das wie das Fiepen eines Hundes klang. Doch zu sehen war nicht das Geringste. Schweigend standen die beiden Männer da und lauschten in die Dunkelheit hinein. Ihr Atem stand wie dünne, weiße Schals vor ihren Mündern und wurde vom Nachtwind mit den immer noch spärlich fallenden Schneeflocken zu einer trüben Suppe vermischt.

Tom drehte sich in die Richtung, aus der er das Geräusch wahrzunehmen glaubte, bis sein Blick auf die Einfahrt zum Parkplatz fiel. Dort, im Lichtkegel der Parkplatzbeleuchtung, zeichnete sich jetzt schemenhaft eine menschliche Gestalt ab.

Beiden Männern stockte der Atem, als die Gestalt näher kam. Es war eine junge Frau, die trotz der Kälte mit einem knielangen, schwarzweiß gemusterten Etuikleid und darunter einem dünnen schwarzen Rollkragenpulli und schwarzen Leggins viel zu dünn gekleidet war. Auch ihre flachen Ballerinas konnte man keinesfalls wintertauglich nennen.

Tom warf seine Zigarette in den Schnee und machte sich innerlich bereit los zu rennen.

Die Frau hatte sich zusammengekrümmt, ihre Kleidung sah reichlich ramponiert aus und sie war offensichtlich halb erfroren. Mit unsicheren Schritten kam sie auf das Lokal zu. Die beiden Männer, die direkt davor standen, schien sie gar nicht wahrzunehmen. Dann brach sie mitten in der Bewegung zusammen. Noch bevor ihr Körper den Boden berührte, war Tom mit großen Schritten bei ihr und fing sie auf.

Während Tom die Frau auf seine Arme nahm, fiel der Blick des Sheriffs zum Eingangsbereich des Parkplatzes. Genau dort, gerade außerhalb des Lichtkegels der Straßenlaterne, war knapp über dem Boden ein Schatten, der sich bewegte. Und für einen kurzen Augenblick glaubte Trent einen Wolf zu sehen. Doch als er genauer hinsah, war der Schatten verschwunden. Er hatte keine Zeit länger darüber nachzudenken, denn er musste seinem Kollegen dabei helfen, der fremden Frau das Leben zu retten.

X

Als sie erwachte, lag sie auf einer Sitzbank in Lynettes Drive In und das gutmütige Gesicht von Sheriff Trent blickte besorgt zu ihr hinab. Irgendjemand flößte ihr etwas Warmes zu trinken ein. Sie hörte mehrere Stimmen wie durch eine dicke Wand aus Watte und sah ihre Umgebung nur verschwommen. Eine kräftige, angenehm dunkle Stimme direkt vor ihrem Gesicht fragte immer wieder nach ihrem Namen, bis sie die Frage endlich verstand und leise antwortete.

„Mein Name? … Mein Name … ich … erinnere mich nicht…“

Die Leute um sie herum warfen sich besorgte Blicke zu. Der Mann mit der angenehmen Stimme richtete zuerst wieder das Wort an sie. „Offensichtlich hatten Sie einen Unfall. Ihre Kleidung sieht ziemlich ramponiert aus. Waren Sie mit dem Auto unterwegs? Möglicherweise finden wir dort eine Tasche mit einem Ausweis.“

Die junge Frau sah grübelnd drein. „Ich erinnere mich an kein Auto. … Moment“, da war doch etwas, etwas das sie nicht richtig greifen und festhalten konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte das hochrote Gesicht eines Mannes durch ihre Erinnerung, der sie, mit den Händen wie einen Schraubstock um ihren Hals, gegen die Innenseite einer Schnellzugtür presste. „Da war eine Tür“, sie schüttelte den Kopf, „an mehr erinnere ich mich nicht.“

Richardson fasste sich als erster wieder. "Wir sollten sie zu einem Arzt bringen, doch das nächste, das man Krankenhaus nennen könnte, ist mehr als 30 Meilen entfernt. Die Fahrt dahin ist bei diesem Wetter und noch dazu im dunklen lebensgefährlich. Unser örtlicher Medizinmann ist ausgerechnet heute nicht da. Daher hätte ich einen anderen Vorschlag." Er sah sich um und suchte nach einem Zeichen von Zustimmung in den Gesichtern der Anderen.

Max verstand als erster und schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. Er stellte sich so neben seinen Schwager, dass nur dieser ihn hören konnte. "Ich halte das für keine gute Idee Lloyd."

"Warum denn nicht?", entgegnete Richardson ebenfalls im Flüsterton und vollkommen arglos. "Du weißt doch, dass Sissy immer auf die heilenden Kräfte ihres Hauses geschworen hat. ... Ich hab es selbst erlebt. ... Du erinnerst dich doch an das Barbeque zu dem Diane und ich eingeladen waren. Und ich schwöre dir, ich hatte einen furchtbaren Hexenschuss an diesem Tag. ... Sissy hat mir angeboten, ein Nickerchen auf der Veranda zu machen. Und danach war mein Rücken wie ausgewechselt. ... Das ist eine Tatsache." Er nickte entschieden, als wolle er damit seiner Geschichte mehr Nachdruck verleihen.