Das Israel-Projekt - Tobias Krämer - E-Book

Das Israel-Projekt E-Book

Tobias Krämer

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Beschreibung

Gott schreibt eine großartige Geschichte mit dieser Welt, mit dir und mir. Dafür hat er sich einen besonderen Hauptakteur ausgewählt: Israel. Israel ist der rote Faden, durch den Gottes Handeln und sein Wesen bis heute immer wieder sichtbar wird. Theologe Tobias Krämer deckt die großen Zusammenhänge der Bibel auf und macht deutlich: Beschäftigst du dich mit Israel, lernst du nicht nur deinen Schöpfer besser kennen. Sondern du entdeckst deine Bestimmung, deinen Auftrag und deinen Platz in der größten Geschichte aller Zeiten.

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Seitenzahl: 234

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Tobias Krämer

Das ISRAELProjekt

Warum Israel für deinen persönlichen Glaubenrelevant ist

SCM R.Brockhaus ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-775-16199-2 (E-Book)

ISBN 978-3-775-16184-8 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

2. , verbesserte Auflage

© 2021 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Str. 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-brockhaus.de; E-Mail: [email protected]

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002

und 2006 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen

Weiter wurden verwendet:

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart (LUT)

Umschlaggestaltung: Stephan Schulze, Stuttgart

Titelbild: unsplash-Davis Maier, Olga Thelavart, curology, Kiwihug; freepik-Olive Tree

Autorenfoto: © Naemi Frey

Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Inhalt

Über den Autor

His Story – My Story – Our Story: Warum ich dieses Buch geschrieben habe

Die Anfänge: Der Abrahamsbund

1. Teil: Das Volk und sein Gott

Israel unter Vertrag: Befreit und erwählt

Der Neue Bund: Hoffnung in Exil und Besatzung

2. Teil: Die Zeitenwende

Das Unglaubliche wird wahr: Der Messias kommt

Vom Saulus zum Paulus? Was vor Damaskus wirklich geschah

3. Teil: Gemeinsam in die Zukunft

Die Botschaft breitet sich aus: Das Evangelium in der Heidenwelt

Hat Gott sein Volk verstoßen? Warum Israel Zukunft hat

4. Teil: Katastrophen

Zerstreut unter die Nationen: Israels Ende

Antisemitismus ohne Ende: Die Kehrseite der Erwählung

5. Teil: Aufbau und Wiederherstellung

Das 20. Jahrhundert: Globale Umbrüche und Israels Auferstehung

Endspurt und Ziel: Wie doch noch alles gut wird

Was nun? Fazit und Konsequenzen

Anhang für Kleingruppen

Anmerkungen

Tobias Krämer (Jg. 1968) ist Diplomtheologe. Jahrelang arbeitete er als Gemeindepastor und Theologiedozent. Nun ist er bei »Christen an der Seite Israels e. V.« tätig. Daneben ist er als Coach, Gemeindeberater und Sprecher gefragt. Tobias ist mit Christina verheiratet. Die beiden haben zwei Söhne und wohnen im Großraum Stuttgart.

His Story – My Story – Our Story: Warum ich dieses Buch geschrieben habe

2006 ist für mich ein ganz besonderes Jahr. Dieses Jahr wurde zu einem Wendepunkt in meinem Leben, weil hier der Anfang meiner persönlichen Geschichte mit Israel liegt.

Zu diesem Zeitpunkt war ich längst Diplomtheologe, Pastor und leidenschaftlicher Bibellehrer, hatte aber keine Ahnung von Israel. Man kann heute gut durch ein Theologiestudium kommen und jahrelang Pastor sein, ohne auf Israel zu stoßen! Israel war einfach kein Thema für mich. Ich hielt es für unwesentlich und in der Gemeinde wurde ich nie danach gefragt. Dazu muss ich gestehen: Ich kannte ein paar »Israel-Freaks«, durch die mir bewiesen schien, dass Israel nur etwas für verquere Typen war.

Dann kam das Jahr 2006. In Berlin wurde der 1. Gemeinde-Israel-Kongress abgehalten. Mir war meine Bildungslücke in Sachen Israel bewusst und so fuhr ich hin. Dieser Kongress veränderte mein Leben. Denn es geschah, womit ich nicht gerechnet hatte: Gott berührte mein Herz. Die Liebe, die Gott zu seinem Volk Israel hat, spürte ich plötzlich selbst in mir, und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Der Kongress selbst war für mich ein Wechselbad der Gefühle. Zwischen Faszination und handfestem Ärger war alles dabei. Aus manchen Ecken des Kongressgeschehens kam mir einiges an Religiosität entgegen. Das stieß mich ab. An anderen Ecken tat sich mir die Bibel auf wie nie zuvor. Das zog mich in den Bann. Vor allem aber bewegte mich die hohe Authentizität der Sprecher und Sprecherinnen. In den Herzen dieser Menschen war etwas, das ich nicht kannte. Das war echt. Es war biblisch und vom Heiligen Geist gewirkt.

Der Kongress hat in mir mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Da ich aber Spaß am Forschen habe, fühlte ich mich positiv herausgefordert. Jetzt wollte ich es wissen! Mein Plan war, mich durch einen Stapel Fachliteratur hindurchzuarbeiten. In drei Monaten, so dachte ich, müsste das zu schaffen sein. Aus den drei Monaten sind inzwischen viele Jahre geworden!

Unterwegs traf ich in meiner eigenen Gemeinde auf Mitstreiter. Dazu muss man wissen: Ich war damals in einer großen Gemeinde mit mehreren Tausend Gottesdienstbesuchern, die aber keinen Zugang zu Israel hatte. Unter den Tausenden waren aber ein paar Israelfreunde und plötzlich entdeckte ich sie. Richtige Israelexperten, die schon Jahrzehnte mit diesem Thema befasst waren. Wir trafen uns, forschten miteinander, tauschten uns aus und diskutierten, bis uns die Köpfe rauchten.

Wir waren eine bunt gemischte Gruppe und gerade das war das Interessante. Aufgrund meiner theologischen Prägung kam ich vom Neuen Testament und der Systematischen Theologie her. Andere waren Koryphäen im Alten Testament oder der Kirchengeschichte. Wieder andere kamen vom Judentum her und eine Teilnehmerin hatte sogar einige Jahre in Israel gelebt – ein spannender Mix! Zu Beginn verstanden wir uns eigentlich nicht sonderlich gut. Welten stießen aufeinander. Aber wir ließen uns aufeinander ein und sind miteinander gewachsen. Das war eine Erfahrung, die mich glücklich gemacht hat, und ich war seither in keiner gewinnbringenderen Arbeitsgruppe mehr.

Eines wurde mir jedoch klar: Das Thema Israel kann man nicht isoliert behandeln. Es betrifft den Glauben insgesamt – und jeden seiner Bereiche. Aus dem punktuellen Forschungsprojekt war ein Lebensthema geworden. Und irgendwie fühlte ich, dass ich im Grunde nochmals von vorn beginnen musste. Neustart also.

Nochmals von vorn hieß für mich, dort zu beginnen, wo alles losgegangen war. Back to the roots: Der Slogan ist ja modern. Viele interessieren sich heute für ihre persönlichen Wurzeln und ihre familiäre Vorgeschichte. Sie spüren, dass das etwas mit ihnen als Person und ihrer Identität zu tun hat. Das ist nicht nur interessant, sondern sagt etwas darüber aus, wo wir herkommen. Genau so ist das mit unserem Glauben auch. Es macht einen Unterschied, ob wir einfach nur glauben oder unseren Glauben in die atemberaubende Geschichte eingebettet sehen, die bei Abraham beginnt und über uns hinweg weit in die Zukunft führt – bis ans Ende der Welt sozusagen. Unser Glaube an Jesus steht nicht für sich allein. Er ist eingebunden in diesen großen Bogen der sogenannten Heilsgeschichte.

Heilsgeschichte ist ein recht abstraktes Wort. Es handelt sich um die Geschichte des heilenden Wirkens Gottes von seinen Anfängen bis zum Ende, wenn Jesus wiederkommt und sagt: Ja, ich mache alles neu! (Offenbarung 21,5a). Damit ist schon angedeutet, welchen Weg ich in diesem Buch beschreiten will.

Das Buch, das du gerade in der Hand hältst, ist kein klassisches Israelbuch. Ich schreibe hier nicht nur über Israel, sondern möchte die vielen Bezüge aufzeigen, in denen Israel steht: zu uns Christen, zum Neuen Testament, zur Frühzeit eines Abraham bis hin zur Ewigkeit eines neuen Jerusalem. Überall steckt Israel drin! Diese Dimension haben wir weitgehend verloren. Schon ziemlich lange. Mein Konzept ist im Grunde ganz einfach: Ich erzähle die Heilsgeschichte nach. Komplett. Den ganzen großen Bogen.

Israel ist ein Big Player in der Heilsgeschichte – und ein Global Player. Wenn ich also die Heilsgeschichte nacherzähle, dann ist Israel mittendrin und ein besonderer Schwerpunkt. Damit das Ganze überschaubar bleibt, steuere ich gezielt Knotenpunkte der Heilsgeschichte an: Stellen, wo richtig was passiert ist oder noch passieren wird. Sodass man den roten Faden, die Linie Gottes, sieht. An jeder Stelle könnte man Exkurse nach links und rechts machen, doch hier soll es um den großen Bogen der Bibel gehen, dafür aber von A bis Z.

Du wirst sehen: Es gibt unterwegs ungeheuer viel zu entdecken! Die vielen Bausteine, von denen du wahrscheinlich schon einige kennst, ergeben plötzlich ein Gesamtbild, das Sinn macht. Manches wird zurechtgerückt, anderes kommt an den richtigen Platz. Missverständnisse werden geklärt und Fehlschlüsse behoben. Dein Glaube bekommt neue Impulse und die unsichtbare Wand, die zwischen uns und Israel bzw. den Juden steht, wird eingerissen. Deine Glaubensperspektive wird sich vergrößern und erweitern. Denn es geht nicht nur um dein Seelenheil, deine Gemeinde und dein Privatleben – so wichtig das alles ist. Es geht um etwas Größeres: um den Masterplan Gottes.

Wir starten mit Abraham. Danach geht es um die Geschichte Gottes mit Israel, wie sie das Alte Testament erzählt. Im Folgenden stehen Jesus und Paulus im Mittelpunkt des Interesses. Ein weiterer Teil ist den beiden Größen Israel und Gemeinde Jesu gewidmet. Ein harter, aber ehrlicher Aspekt sind die Abgründe der Geschichte: von der Tempelzerstörung 70 n. Chr. bis zum Holocaust. Schließlich schauen wir uns noch die Wunder der Wiederherstellung Israels an und nehmen zu guter Letzt einen Ausblick auf die Rückkehr Jesu. Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben (Offenbarung 21,4). Es gibt also ein gutes Ende!

Also – fangen wir an. Bist du bereit?

Bevor ich loslege, will ich dich ein wenig herausfordern. Schreib bitte mal spontan auf, was du über Israel denkst. Gedanken, Gefühle, Fragen, Assoziationen – alles, was dir einfällt. Gerne nur stichwortartig. Ich komme am Ende des Buches darauf zurück.

Und noch etwas: Falls ihr das Buch als Kleingruppe lest, habe ich hinten noch ein paar Fragen angehängt, die zu jedem Kapitel passen und garantiert für lebendige Gespräche sorgen.

Die Anfänge:Der Abrahamsbund

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Warum fängt die Bibel mit diesem Satz an? Weil damit gleich von Anfang an klargemacht wird, worum es geht. Es geht um den Gott, der alles, was es gibt, geschaffen hat, und es geht um die ganze Welt. Es geht nicht nur um Christen oder Juden, es geht nicht nur um Sünde und Erlösung, es geht nicht nur um Gemeinde, Evangelisation, Seelsorge, Lobpreis und was uns Christen sonst so beschäftigt. Es geht in der Bibel nicht nur um dich und mich und generell nicht um etwas – sondern um alles. Und darum, dass alles seinen Ursprung in Gott hat.

Dieser Anfangssatz der Bibel ist eine steile Aussage. Die Menschen zu biblischen Zeiten mussten bei diesem Satz richtig schlucken, denn er war ein Angriff auf die Vielgötterei. Wenn es einen Gott gibt, auf den alles zurückgeht, dann sind die vielen Götter ja eigentlich keine Götter. Oder nur Götter zweiter Klasse, jedenfalls nicht der eine Gott. Der Satz ist also ein Affront gegen alle anderen Götter, Göttererzählungen und Religionen.

In diesem ersten Satz der Bibel ist die Grundlage für den Monotheismus gelegt, also für den Glauben, dass es unterm Strich nur einen Gott gibt und nicht viele. Von diesem einen Gott berichtet die Bibel. Glaube an Gott ist nichts Harmloses. Glaube hat auch etwas Herausforderndes. Vielleicht hast du es auch schon erlebt, dass Freunde oder Bekannte sich durch deinen Glauben angegriffen fühlten, obwohl du das eigentlich gar nicht wolltest.

Beziehungsrisse

Der Schöpfergott legt sich am Anfang der Bibel mächtig ins Zeug. Sechs Tage ist er an der Arbeit, am siebten ruht er. Mit seinem Werk ist er zufrieden. Alles ist gelungen, die Schöpfung ist, wie er selbst sagt, »sehr gut« (1. Mose 1,31). Alles passt, alles ist in Ordnung. Dann ein Riss. Schon die ersten Menschen missachten Gottes Willen und verscherzen sich die unbefangene Gemeinschaft mit ihm. Sie müssen den Garten Eden, wo sie bisher mit Gott zusammen in paradiesischen Umständen gelebt haben, verlassen. Hinter ihnen wird die Tür zugemacht und sie finden sich draußen, in der rauen Welt, wieder.

Nun geht die Geschichte getrennt von Gott weiter. Und was geschieht? Sofort geht es bergab. Schon bald geschieht der erste Mord und nach nicht allzu langer Zeit hat das Böse so sehr zugenommen, dass Gott beschließt, eine weltweite Flut zu schicken, um alles Leben zu vernichten. Gott sehnt sich nach einem Neuanfang. Noah ist sein Mann (1. Mose 6–8). Denn Noah ist ein guter und gerechter Mensch. Der große Durchbruch ist dies zwar nicht, denn danach geht es ähnlich schlecht weiter. Aber immerhin verspricht Gott, die Lebenskreisläufe in Zukunft zu erhalten. Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht sollen sich für immer abwechseln. Nie wieder wird Gott eine Sintflut schicken. Dieses Versprechen hat er seither eingehalten und es sichert bis zum heutigen Tag unsere Existenz.

Das Böse ist aber nicht gebannt. Es findet immer neue Formen und Ausdrucksweisen. Am Ende des Einleitungsteils der Bibel (1. Mose 1–11) tut sich die ganze Menschheit zusammen, um einen großen Turm zu bauen. Diese Aktion geht als Turmbau zu Babel in die Geschichte ein. Der Zweck der Sache ist es, groß rauszukommen. Ohne, ja, gegen Gott. Gott greift ein und verhindert diesen Plan. Er zerstreut die Menschheit und verwirrt ihre Sprache, sodass wir heute viele Völker mit unterschiedlichen Sprachen haben. Die Gefahr ist fürs Erste gebannt. Wie aber macht Gott weiter?

Nach all diesen Geschichten, die aus globaler Perspektive geschrieben sind, schaltet der Erzähler um. Die biblische Kamera verlässt die Totale und wird neu ausgerichtet. Aus den vielen Menschen der vielen Völker wird eine Person herausgegriffen. Sie wird herangezoomt und in den Fokus genommen, sodass alle auf sie schauen. Diese Person muss wichtig sein, wenn sie so stark hervorgehoben wird, und das ist sie auch wirklich. Fast jeder kennt sie. Ihr Name: Abraham.

Ein dreifaches Versprechen

Eigentlich war Abraham, oder Abram, wie er zunächst hieß, ein Nobody. Ein normaler Nomade in Mesopotamien, wie es damals viele gab. Was aber macht ihn so bedeutungsvoll? Buchstäblich aus heiterem Himmel gibt Gott Abraham ein gewaltiges Versprechen: Er soll ein Land bekommen und aus ihm soll ein Volk entstehen (1. Mose 12,1-2). Wer den Fortgang der Geschichte kennt, der weiß, dass sie auf Israel hinausläuft. Auf das Volk Israel im späteren Land Israel.

Ein Land zu bekommen, ist eine krasse Geschichte. Stell dir mal vor, dein Pastor würde nächste Woche im Gottesdienst verkünden: »Ich bekomme Österreich!« Was würdest du darüber denken? So ähnlich muss das damals mit Abraham auch gewesen sein. Dieses Land ist für ein Volk gedacht, für die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs, also für Israel. Volk und Land gehören zusammen. Gemeinsam bilden sie das, was wir heute eine Nation nennen. Volk plus Land gleich Nation. Kurz gesagt: Gott verspricht Abraham, dass er der Vater einer Nation werden wird, nämlich der Nation Israel. Ist das nicht gigantisch?

Das aber hat Konsequenzen. Nicht nur für Abraham und seine Nachkommen, sondern auch für das Land. Auf dem Land Kanaan liegt nun eine Bestimmung Gottes. Es ist das Land für Israel. Gott will es dazu gebrauchen, dass sein Volk darin leben kann – zusammen mit seinem Gott – und so eine Nation werden kann zum Segen für die Welt. Das ist der Plan. Gott gehört schließlich die ganze Welt. Zu den meisten Ländern hat er sich nicht geäußert. Er überlässt sie den Menschen und dem Lauf der Geschichte. An manchen Stellen gibt es Streit. Griechenland und die Türkei beispielsweise streiten sich um Zypern. Doch das müssen sie selbst miteinander ausmachen, denn zu Zypern hat Gott nichts gesagt. Zu dem kleinen Landstrich zwischen Mittelmeer und Jordan aber schon. Dieser Landstrich ist für Israel bestimmt – und für Gottes Plan mit Israel. Deshalb kann Gott an dieser Stelle auch allergisch reagieren: Sie haben mein Land geteilt! ist ein Vorwurf, den Gott im Endgericht den Nationen machen wird (Joel 4,2). Jenes Land ist das Land, das Gott für sich reklamiert und das für Israel gedacht ist. Ganze Kontinente stehen den Völkern zur freien Verfügung, nicht aber dieses Land. Das ist für Gott und Israel.

Wenn du das heute zu Ende denkst, wird deutlich, dass es im Nahostkonflikt heute nicht nur um menschliche Spannungsfelder geht. Es geht darum, ob das Land in seine göttliche Bestimmung kommen kann oder nicht.

Das Israel-Projekt Gottes hat einen bestimmten Zweck: Es soll zum Segen der Welt werden, wie wir gleich im Bibeltext sehen werden. Israel ist der Kanal, durch den Gott seinen Segen in die Welt fließen lassen möchte. Dieser Gedanke ist gewöhnungsbedürftig. Könnte Gott die Welt nicht auch anders segnen? Direkt und ohne Israel? Natürlich könnte er das. Aber er tut es nicht. Gott wählt Abraham bzw. Israel. Das Versprechen an Abraham ist gemacht, der Pflock ist gesetzt und dabei bleibt es. Gott hat sich entschieden, wie er vorgehen will, also läuft es auch so. Hier nun der Text:

Dann befahl der Herr Abram: »Verlass deine Heimat, deine Verwandten und die Familie deines Vaters und geh in das Land, das ich dir zeigen werde! Von dir wird ein großes Volk abstammen. Ich will dich segnen und du sollst in der ganzen Welt bekannt sein. Ich will dich zum Segen für andere machen. Wer dich segnet, den werde ich auch segnen. Wer dich verflucht, den werde ich auch verfluchen. Alle Völker der Erde werden durch dich gesegnet werden.«

1. Mose 12,1-3

Gottes Versprechen an Abraham hat drei Komponenten: Volk, Land und Segen. Wie in einem Samenkorn ist darin alles enthalten, was sich in der Heilsgeschichte entfalten und am Schluss zur Vollendung kommen wird. Hast du schon mal einen Samen gesät und zugeschaut, wie er keimt und zu einer Pflanze heranwächst? So ähnlich kannst du dir das mit der Abrahamsverheißung auch vorstellen. Volk und Land sind irdische Dinge. Sie sind gegenständlich und greifbar. Das Volk, die Juden, sind Menschen aus Fleisch und Blut und das Land, Kanaan, ist das uns bekannte Israel – ebenjener Landstrich zwischen Mittelmeer und Jordan. Die dritte Komponente, der Segen, liegt auf einer anderen Ebene.

Segen ist etwas Geistliches und kommt von Gott, aus dem Himmel herab. Hinter Gottes Segen steht die gnädige Zuwendung Gottes. Klassisch ist dies im sogenannten Aaronitischen Segen ausgedrückt:

Der Herr segne dich und beschütze dich. Der Herr wende sich dir freundlich zu und sei dir gnädig. Der Herr sei dir besonders nahe und gebe dir seinen Frieden.

4. Mose 6,24-26

Das ist Segen: die Nähe und Freundlichkeit Gottes zu erfahren. Segen kann viele Facetten haben. Der größte Segen wird die ultimative Erlösung sein, die am Ende der Tage kommen wird: die Befreiung von Sünde, Teufel und Tod und von all dem Leid, das die Menschen quält.

Bund mit Bestand

Das dreifache Versprechen Gottes an Abraham wird oft auch Abrahamsbund genannt. Auch wenn das Bundesritual erst in 1. Mose 15 folgt, hat Gott sich durch sein Versprechen an Abraham bereits gebunden. Von daher passt der Begriff.

Abrahamsbund

Wir stellen uns unter einem Bund meist zwei Beteiligte vor, die beide in den Bund eintreten, so wie zum Beispiel in den Bund der Ehe. Im Hebräischen ist das anders. Das hebräische Wort für Bund, berît, kann auch einseitig gebraucht werden. Eine einzelne Person bindet sich an eine andere, unabhängig davon, was diese macht. Im Deutschen würden wir eher von einem Schwur, einem Eid oder eben einem Versprechen reden. Genau das geschieht hier: Durch sein Versprechen bindet Gott sich selbst an Abraham und seine Nachkommen.

Gott ist mit diesem Bund nun nicht mehr frei. Er hat sich festgelegt. Deshalb muss die Geschichte so ausgehen, dass Israel am Ende in seiner vollen Bestimmung sein wird, ein Segen für die Welt zu sein. Und so wird es auch kommen, lies dazu gerne einmal nach in Jesaja 2,1-5.

Drei Züge am Abrahamsbund will ich hervorheben, die besonders sind: Der Abrahamsbund ist einseitig, bedingungslos und ewig.

• Er ist einseitig: Gott gibt Abraham sein Versprechen einfach mit auf den Weg, ohne dass auch Abraham etwas versprechen müsste.

• Er ist bedingungslos: Abraham bekommt Gottes Versprechen einfach blanko in die Hand. Gott fordert weder eine Gegenleistung noch stellt er Bedingungen.

• Er ist ewig: Gott hat sein Versprechen nicht zeitlich begrenzt. Also ist es über alle Zeiten hinweg gültig. Später, bei der Weitergabe an Isaak und Jakob, wird ausdrücklich gesagt, dass der Bund ewig ist.

Das heißt: Der Bund gilt und hat Bestand. Für immer und ewig, komme, was wolle. Warum? Weil er aus einem Versprechen Gottes besteht. Und Gott hält sein Wort. Sobald wir diesen Bund antasten, tasten wir Gottes Integrität an. Wir unterstellen ihm, dass er sein Wort bricht. Aber wenn Gott die Zusagen an Israel nicht hält, wie kannst du dann gewiss sein, dass er die an uns Christen hält? Hier dürfen wir umdenken. Gott hält sein Wort, also auch das an Israel. Wenn du das glaubst, dann landest du an der Seite Israels. Dort ist natürlicherweise dein Platz als Christ oder Christin.

Der Abrahamsbund ist ein Geschenk Gottes. Ein riesiges Geschenkpaket mit Schleife und Grußkarte. Stell dir die Szene doch mal vor: Abraham sitzt in der Steppe und hütet seine Schafe und Ziegen. Tag für Tag. Da sitzt er und denkt nichts Gutes und nichts Böses. Von Gott hat Abraham keine Ahnung. Er kennt ihn nicht und will auch nichts von ihm. Wahrscheinlich war Abraham ein Götzenanbeter, wie alle damals. Völlig ahnungslos sitzt er also da. Und plötzlich bekommt er vom Himmel herab diese gigantischen Zusagen. Was für ein Ereignis, was für eine gewaltige Erfahrung!

Abraham muss völlig platt gewesen sein. Wahrscheinlich hat er gleich überlegt, wie all das geschehen könnte, was Gott ihm zugesagt hat, und vermutlich ist er dabei schnell an seine Grenzen gekommen. Gott übersteigt die Grenzen des Vorstellbaren. So ist Gott und das ist stark. Darin zeigt sich aber auch Gottes Wesen. Gott tritt hier als gebender und schenkender Gott in Erscheinung, als ein Gott der Liebe, der Zuneigung und des Segens, als guter Gott. Gottes Versprechen ist reine Gnade. Also ist der Abrahamsbund ein Gnadenbund. Darin zeigt sich Gottes Herz auch für uns heute. Gott will segnen. Er will seine Fülle nicht für sich behalten, sondern weitergeben. Mit Abraham geht es los. Danke, Gott, dass du so gut bist!

Gott ist aber auch weitsichtig. Er sieht voraus, dass sein Segen nicht bei allen Menschen willkommen sein wird. Und sein Segensträger Israel auch nicht. Gott rechnet mit Widerstand, ja Feindschaft. Also muss Israel geschützt werden. Gott tut dies, indem er einen geistlichen Mechanismus in die Weltgeschichte einbaut:

Wer dich segnet, den werde ich auch segnen. Wer dich verflucht, den werde ich auch verfluchen.

1. Mose 12,3

Die Menschen stehen vor der Entscheidung, wie sie sich zu Israel stellen. Das gilt für die Nationen, für Großorganisationen und Kirchen, aber auch für jeden Einzelnen. Es gilt für mich und auch für dich, deine Familie und Gemeinde. Es gilt für die Städte, in denen wir leben, und die Betriebe, in denen wir arbeiten. Alle müssen eine Haltung zu Israel einnehmen, ob sie wollen oder nicht, und alle tun das auch. Viele werden sagen, sie hätten keine Haltung zu Israel. Dann sind sie gleichgültig – auch das ist eine Haltung.

Dazu muss man wissen, dass man wörtlich übersetzen müsste: »Wer dich gering achtet oder für zu leicht nimmt, den werde ich verfluchen.« Ein recht geringes Vergehen (Geringachtung) wird relativ hart geahndet. Das ist schon krass! Gott reagiert auf unsere Haltung: Wer Israel segnet, wird von Gott Segen empfangen. Gott fördert die, die Israel segnen, und gibt ihnen Rückenwind. Wer Israel aber flucht, der wird von Gott Fluch ernten. Wer Israel gegenüber positiv eingestellt ist, der kann erkennen, welcher Segen durch Israel in die Welt kommt, und kann daran teilhaben. Wer aber negativ eingestellt ist, der lehnt ohnehin alles ab, was von Israel kommt.

Es gibt heute viel Negativität gegen Israel. Auch in christlichen Kreisen. Dabei sollten wir vielmehr segnen. Dann kommt auch Segen zu uns zurück. Das heißt nun nicht, dass wir alles toll finden müssen, was in Israel geschieht. Aber unser Herz muss stimmen. Es muss rein und segnend sein und wir sollten Israel das volle Gewicht geben, das erwählte Volk zu sein, mit dem Gott im Bund steht, auch wenn Israel noch nicht in seiner endgültigen Bestimmung ist. Segen und Fluch entscheiden sich maßgeblich an der Einstellung zu Israel. Dieser Mechanismus ist niemals wieder aufgelöst worden. Er gilt bis heute.

Glaube an den Gott Israels

Der Abrahamsbund ist gesamtbiblisch gesehen von allergrößter Bedeutung. Hier liegt der Beginn der Heilsgeschichte, der Geschichte des heilenden Wirkens Gottes. Hier beginnt Gott, die Geschichte zu schreiben, die über Israel zu Jesus und zur Erlösung der Welt führt. Sie mündet ein in eine neue Welt, in der es kein Leid und keine Tränen mehr gibt (Offenbarung 21–22). Der Beginn dieser Geschichte liegt nicht bei Jesus, wie Christen oft meinen. Er liegt bei Abraham. Hier geht es los. Alles noch klein zusammengepackt in dem Stichwort Segen. Aber schon groß dimensioniert, weil es sich um Segen für die ganze Welt handelt.

Ein zweiter Aspekt ist nicht weniger bedeutungsvoll. Indem Gott Abraham und seinen Nachkommen die genannten Versprechen mit auf den Weg gibt, bindet er sich an Israel. Gott und Israel gehören zusammen. Für Zeit und Ewigkeit. Hier gibt es kein »… bis dass der Tod euch scheidet«. Der eine und einzige Gott, der Schöpfer aller Dinge, hat sich selbst an Israel gebunden. Nun ist er der Gott Israels und Israel ist Gottes Volk. Dafür hat Gott selbst gesorgt und deshalb wird sich dies nie wieder ändern. Ist das nicht der Hammer?

Hinter dieser Aussage steht eine atemberaubende Kühnheit. Der Schöpfer der Welt Gott eines Volkes! Das wäre dreist, überheblich oder einfach verrückt, wenn nicht Gott selbst hinter dieser Aussage stehen würde. Das aber tut er. Denn es ist Gott höchstpersönlich, der sich zum Gott Israels gemacht hat. So sagt es die Bibel.

Wenn nun Gott tatsächlich der Gott Israels ist, dann bleibt uns Christen nichts anderes übrig, als daraus die Konsequenz zu ziehen. Und die lautet: Du und ich glauben an den Gott Israels. Hast du darüber schon einmal nachgedacht? Wir glauben nicht nur allgemein an den Schöpfergott. Und wir glauben auch nicht an den Gott Deutschlands, wie früher die Assyrer an die assyrischen Gottheiten und die Perser an die persischen Götter geglaubt haben. Wir glauben, dass es nur einen Gott gibt, den Schöpfer, und dass dieser eine Gott der Gott Israels ist. Das ist es, was Israel so besonders macht. Für Gott, für die Völker und für uns Christen.

Gott ist und bleibt der Gott Israels. Aber nicht im exklusiven Sinn. Durch Jesus wurde Gott auch unser Gott. Wir dürfen dazukommen und Gott Vater nennen (Epheser 2,11-22 und 1. Johannes 3,1). So herum wird biblisch gesehen ein Schuh draus.

Wie es weitergeht

Abraham trägt also Gottes Versprechen in seinem Herzen. Auf Gottes Anweisung hin reist er nach Kanaan, in das versprochene Land, erwirbt sich die Höhle Machpela und wird darin mit seiner Frau Sarah begraben. Mehr sieht er von den Versprechen Gottes nicht. Vorher zeugt er aber noch zwei Söhne. Den einen aus Verzweiflung mit seiner Magd Hagar, den anderen als den versprochenen Sohn mit seiner hochbetagten Frau Sarah. Die Rede ist von Ismael und Isaak.

Ismael ist Abrahams erstgeborener Sohn und hätte eigentlich eine hervorgehobene Stellung haben sollen. Er ist aber nicht der von Gott versprochene Sohn. Die Erwählungslinie läuft nach Gottes Willen von Abraham zu Isaak, nicht zu Ismael. Interessant ist, dass genau an dieser Stelle der Islam einhakt und das Gegenteil behauptet. Für die Muslime läuft die Erwählungslinie nicht über Abraham zu Isaak, Jakob und Israel, sondern über Ismael zu den muslimischen Völkern im Nahen Osten. Das ist jedoch ein Konstrukt. Denn der Islam ist erst im 7. Jahrhundert n. Chr. entstanden, Ismael hat aber, grob eingeordnet, um das Jahr 2000 v. Chr. gelebt. Deshalb ist es im Grunde unmöglich, die arabisch-islamischen Nationen bis auf Ismael zurückzuverfolgen.

In der nächsten Generation läuft es ähnlich. Isaak bringt Jakob und Esau hervor. Auf Esau als den Erstgeborenen hätte die Linie eigentlich zulaufen müssen. Aber Jakob ist ein Pfiffikus und luchst Esau das Erstgeburtsrecht ab. Von Jakob wird oft schlecht gedacht, aber im Grunde tut er nichts Verwerfliches. Er nutzt nur seine Chance, einen guten Deal zu machen: Linseneintopf gegen Erstgeburtsrecht. Esau lässt sich darauf ein. Das ist aber nicht Jakobs Schuld. Jakob kapiert, was wirklich wichtig ist, während Esau sich von seinem leeren Magen leiten lässt. Jakob ist nicht unfair, sondern Esau ist dumm.

Mutter Rebekka wiederum ist auf Jakobs Seite und will, dass Jakob nun auch den Erstgeburtssegen von seinem Vater Isaak bekommt. Das ist nur logisch, denn das Erstgeburtsrecht hat er ja schon und so steht ihm der Segen zu. Isaak aber hängt sehr daran, dass Esau sein Erstgeborener ist. Also wird Isaak ausgetrickst. Das ist zwar nicht die feine englische Art, aber im Grunde folgerichtig. Das Ende vom Lied: Die Linie Gottes läuft von Abraham über Isaak zu Jakob. Gott folgt nicht der natürlichen Linie über die erstgeborenen Söhne, sondern seiner eigenen Linie – der Erwählungslinie (vgl. Römer 9,6-13).