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Das ist doch zum Hundemelken! E-Book

V. C. Herz

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Beschreibung

Eine große, grüne Wiese, viel Sonnenschein und ein plötzlicher, schmerzfreier Tod: So stellen sich die meisten Menschen das Leben unserer Nutztiere vor. Die Realität sieht hingegen vollkommen anders aus: Ohne Sonnenlicht fristen Milliarden Tiere weltweit ein kurzes Dasein in dunklen Mastställen, bevor es in überfüllten Tiertransportern ins blutige Schlachthaus geht. Über 100 Kurzgeschichten führen den Leser in diesem Buch durch die unterschiedlichsten Aspekte unserer Ernährung sowie deren Folgen für Klima, Umwelt, Mensch und Tier. Hinter dem makabren Witz dieser Erzählungen enthüllt sich letztlich die traurige Wahrheit über unsere Gesellschaft, welche scheinbar jegliches Mitgefühl für Tiere verloren hat – von geliebten Hunden und Katzen einmal abgesehen. Achtung: Kann Spuren von Sarkasmus enthalten!

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V. C. HERZ

DAS IST JA ZUM HUNDEMELKEN!

Copyright: 2020 V. C. Herz

Kontakt: [email protected]

1. Auflage

Umschlaggestaltung, Illustration: froileinkdesign.de

Lektorat, Korrektorat: R. Rottenfußer

Verlag: Amazon EU S.à r.l., Luxemburg

„Wartet nicht auf außergewöhnliche Umstände, um Gutes zu tun. Tut es unter normalen Umständen.“

Jean Paul (1763  – 1825)

„Nichts wird so leicht für Übertreibung gehalten, wie die Schilderung der nackten Wahrheit.“

Joseph Conrad (1857  – 1924)

 

Inhaltsverzeichnis

 

1. Vorwort

 

2. Vegan Basics

 

3. Vegan Map

 

4. Früher war alles besser!

1.Ein Sommermärchen

2.Gute-Nacht-Geschichte

3.Das Essen ist kein Ponyhof

4.Dauerwerbesendung

5.Reine Bösartigkeit

6.Ein lustiger Schultag

7.Ist doch nur ein Schnitzel

8.Eine nette Begegnung

 

5. Kleiner Rollenwechsel

1.Die Zaubershow

2.Tierliebe

3.Luxusurlaub

4.Das Portal

5.Weils halt so lecker ist

6.Das Paradies

7.Entdeckungslust

 

6. Das haben wir schon immer so gemacht!

1.Ein bisschen Spaß muss sein!

2.Die Jagd macht’s

3.Die Störenfriede

4.Vereinsarbeit

5.Der Heilige Abend

6.Never touch a running system

7.Nächstenliebe

8.Haarsträubend

 

7. Aus der Arbeitswelt

1.Die Erkältung

2.Eine Frage der Intelligenz

3.Die Pflicht ruft

4.Im Namen der Forschung

5.Sprechstunde

6.Do it yourself!

7.Grippeschutz

8.Die Würde der Arbeit ist unantastbar

 

8. Überraschung!

1.Das gefundene Fressen

2.Das Dschungelcamp

3.Die smarte Lösung des Welthungers

4.Keine Wahl

5.Die Liebe meines Lebens

6.Die Qual der Wahl

7.Ein Genuss

8.Trauerhilfe

 

9. Schwarz auf Weiß

1.Der Gottesdienst

2.Der große Keller

3.Ruhet in Frieden

4.Kinder haften für ihre Eltern

5.Auf Nimmerwiedersehen

6.Blau oder Rot?

 

10. Soll ich’s wirklich kaufen oder lass ich’s lieber sein?

1.Darf’s ein bisserl mehr sein?

2.Anständig essen

3.Delikat essen

4.Normal

5.Deal with it

6.Endlich volljährig

7.Rette sich wer kann!

8.Alleine

9.Das Würstchen

 

11. Verrückte Welt

1.Die Straßensperre

2.Es könnt alles so einfach sein

3.Das Schnitzel freut sich nicht

4.Speed-Dating

5.Das interessiert doch keine Sau

6.Live dabei

7.Probieren geht über studieren

8.Die Speisekarte

9.Eine lange Woche

10.Das ist ja zum Hundemelken

 

12. Ordnung muss sein

1.Entspannung für den Wohnungsmarkt in Sicht

2.Gerechte Welt

3.Es war noch nie so einfach

4.Das passt auf keine Kuhhaut

5.Das Ende der Zivilcourage

6.Der faire Prozess

7.Tierqual-Skandal

 

13. Ab in den Süden

1.Die Autobahn

2.Eine Reise, die ist lustig

3.Undercover

4.Auf Spurensuche

5.Frische Luft

6.Hoffnungslos

7.Großes Gepäck

8.Mein neuer Freund

 

14. Direkt aus der Produktion

1.Happy Birthday

2.Aus dem Leben eines Schweines

3.Akzeptable Fehlerquote

4.Das Praktikum

5.Der Leidindex

6.Refugees Welcome

7.Im Iglu

8.Gefangen

9.Vom glücklichen Tier

 

15. Das Leben als Pflanzenfresser

1.Unmöglich

2.Gesellschaftliche Toleranz

3.Verantwortungslose Eltern

4.Gastfreundschaft

5.Viele bunte Gesichter

6.Ein ganz normaler Tag

7.Die Entbehrung

 

16. Das kann man gar nicht vergleichen!

1.Der Umweltaktivist

2.Die persönliche Entscheidung

3.Ein Hoch auf den Fortschritt

4.Eine untypische Entscheidung

5.Ein bisschen Fleisch

6.Das gute Gewissen

7.Die Debatte

8.Rostige Argumente

9.Der König

 

17. Galaktisch Gut!

1.Das Mars-Projekt

2.Der Grillabend

3.Freilandhaltung

4.Neue Welt

5.Die Ausgrabung

6.Polizeieinsatz

7.In Sicherheit

8.Die Besucher

 

18. Zurück in die Zukunft

1.2200

2.Es ist aus!

3.Fleischeslust

4.Immer weiter

5.Wüste

6.Die Vision

 

19. Schlusswort

 

20. Quellen

 

21. Über den Autor

Vorwort

Die nachfolgenden Geschichten sind teilweise lustig, teilweise ernst, teilweise sehr real und somit leider auch teilweise sehr brutal. Mit Sicherheit wird nicht jede Geschichte den Geschmack jedes Lesers treffen. Aber so ist das schließlich beim Essen – nicht jedem schmeckt alles. Was der Eine liebt, kann der Andere nicht leiden.

Manche Geschichten sind sehr provokant formuliert, andere bedienen sich dem Stilmittel der Übertreibung. Es ist damit allerdings nicht beabsichtigt, jemanden persönlich anzugreifen. Dargestellt sind immer nur einzelne Sichtweisen auf ein ausgesprochen weit reichendes und umfangreiches Thema. Wenn Sie zu einem Thema anderer Meinung sind, können Sie mich gerne kontaktieren. Über konstruktives Feedback freue ich mich jederzeit.

Die Zitate am Ende einer jeden Geschichte sind teilweise etwas in die Jahre gekommen. Das liegt allerdings nicht daran, dass heute niemand mehr etwas zu dem Thema beizutragen hätte. Vielmehr verlangt das Urheberrecht diese Einschränkung bei der Zitatauswahl. Erst 70 Jahre nach dem Tod eines Autors kann dieser frei zitiert werden. Diese alten Zitate zeigen aber auch, wie lange das Thema Tierleid und Fleischkonsum die Menschheit bereits beschäftigt. Interessierte finden im Internet zahlreiche weitere beeindruckende Zitate von Zeitgenossen und “kürzlich“ Verstorbenen.

Die Geschichten sind gänzlich voneinander unabhängig. Man muss also nicht überlegen, bei welcher man zuletzt stehen geblieben war. Man muss nicht die letzten Seiten nochmals lesen, um wieder ins Thema zu kommen.  Sie können das Buch auch an beliebiger Stelle aufschlagen und einfach drauf los lesen.

Zur besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

Ich distanziere mich von jeglicher Form von Diskriminierung und wünsche mir eine Welt, in der jedes Lebewesen respektiert und anerkannt wird – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Rasse, Religion, Weltanschauung, Alter, Behinderung oder Spezies.

Viel Spaß mit dieser Lektüre!

Wichtiger Hinweis

Stellen Sie bei einer veganen Ernährung eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 sicher, beispielsweise mit einer entsprechenden Zahnpasta, mit angereicherten Lebensmitteln, mit Tabletten oder per Injektion. Außerdem empfiehlt sich die Supplementierung von Vitamin D im Winter. Lassen Sie sicherheitshalber jährlich Ihre Blutwerte überprüfen.

Vegan Basics

Hier gibt es die wichtigsten Basics für alle, die sich mit dem Thema noch nicht so sehr beschäftigt haben:

Tiere sind keine Dinge

Tiere sind Lebewesen, keine Dinge. In ihnen schlägt ein kleines oder großes Herz, sie haben zwei Augen und ein Gehirn wie wir Menschen. Kein Tier ist wie das andere. Das eine Tier ist schüchtern, das andere offen und selbstbewusst – wie bei uns Menschen eben auch. Jedes Tier kann Glück und Freude, aber auch Schmerz, Angst und Leid empfinden. Das gilt allerdings nicht nur für unsere geliebten Katzen und Hunde, sondern auch für Rinder, Schweine und Hühner.

Tierische Produkte verschwenden Ressourcen

Tiere müssen viel essen, um schnell zu wachsen. An unsere Tiere werden hauptsächlich Getreide und Sojabohnen verfüttert – Lebensmittel, die wir Menschen auch selbst verzehren könnten. Um eine tierische Kalorie zu gewinnen, sind bis zu 30 pflanzliche Kalorien erforderlich. Es gehen also bis zu 29 Kalorien bei der Produktion von tierischen Lebensmitteln verloren. Bei wachsender Weltbevölkerung und aktuell knapp einer Milliarde hungernder Menschen ist diese Verschwendung kaum noch zu rechtfertigen. Würden alle Menschen auf der Welt essen wie wir im Westen, so würden wir zwei weitere Planeten für den Futtermittelanbau benötigen.1

Tierische Produkte sind Klimakiller

Wenn wir über den Klimawandel sprechen, denken wir meistens nur an unsere Autos. Laut einer FAO-Studie aus dem Jahr 2006 sind jedoch 18% der weltweiten Klimagas-Emissionen auf unseren Fleischkonsum zurückzuführen. Eine Studie des Worldwatch-Instituts rechnet sogar mit einem Anteil von 51%. In beiden Studien hat der Fleischkonsum einen höheren Einfluss auf das Klima als der komplette weltweite Verkehrssektor. Während wir allerdings Benzin mit horrenden Steuersätzen belasten, gilt für tierische Produkte der reduzierte Mehrwertsteuersatz. Zusätzlich fließen Subventionen in Milliardenhöhe in die Produktion von tierischen Lebensmitteln. Eine merkwürdige Doppelmoral.2

Tierische Produkte sind ungesund

Es gibt mehrere Studien, die Zusammenhänge zwischen Zivilisationskrankheiten und dem Konsum von tierischen Produkten feststellen. Detaillierte Langzeitstudien mit Veganern gibt es hingegen noch kaum. Auffällig ist, dass in den Ländern mit dem höchsten Konsum von tierischen Produkten auch Zivilisationskrankheiten am häufigsten auftreten. Etliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die viel Fleisch essen, häufiger an Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden als Menschen, die wenig oder gar kein Fleisch essen.

Vegan Map

Nachfolgend eine kleine Übersichtskarte, welche anschaulich zeigt, welche Auswirkungen welches Lebensmittel hat. Nehmen Sie die Zahlen allerdings nicht zu genau – es sind generell nur Richtwerte. Es gibt beispielsweise keinen immer gültigen Wert für die Klimabelastung je Kilogramm Rindfleisch. Je nach Haltungsart und Futtermittel unterscheiden sich die Ergebnisse teils deutlich, weshalb man auch immer wieder von unterschiedliche Zahlen liest. Beim Rindfleisch etwa vergleicht man gerne den Grad der Klimaschädigung mit der einer Autofahrt. Die Zahlen für ein Kilogramm schwanken dabei zwischen knapp 100 und 1.600 Auto-Kilometern.

Auch wenn die Zahlen von Untersuchung zu Untersuchung verschieden sind, so sind sich doch alle Forscher in einem einig: Tierische Produkte erzeugen eine im Vergleich zu den meisten pflanzlichen Lebensmitteln enorme Klimabelastung.

Ein Sommermärchen

Odette ist ein toller Hase. Den halben letzten Sommer habe ich mit ihr im Garten verbracht. Ich habe sie gestreichelt, mich um sie gekümmert, mit ihr gespielt. Odette ist auch eine liebevolle Mutter. Sie umsorgt ihre kleinen Hasenbabys liebevoll und beschützt sie. Wir beherrschen sogar ein paar Tricks – z.B. stupsen wir uns regelmäßig mit unseren Nasen an. Eigentlich ist Odette nicht sonderlich zutraulich. Sie ist normalerweise ein sehr schüchterner Hase. Aber mir gegenüber hat sie sich geöffnet. Mich liebt sie, mir vertraut sie. Häufig nehme ich Odette heimlich abends mit in mein Bett und kuschle mich mit ihr in den Schlaf. Odette und ich, wir sind Freunde!

Als ich an einem lauwarmen September-Nachmittag von der Schule heim komme, ist Odette nicht mehr in ihrem Stall. Sie ist auch nirgendwo auf der Wiese. Sie ist einfach weg. Ich suche verzweifelt nach ihr. Im Keller finde ich sie schließlich - kopfüber an der Wäscheleine baumelnd, darunter eine Blutlache. Daneben mein Vater mit einem blutverschmierten Messer in der Hand. Er hat meine Odette getötet – einfach so! Obwohl er genau wusste, dass sie meine Odette ist. Am Abend schiebt meine Mutter Odette in den Backofen. Sie scheint damit überhaupt kein Problem zu haben, obwohl sie genau weiß, dass sie da meine Odette isst. Ich soll mich nicht so anstellen, meint sie. Für mich ist in diesem Moment eine Welt zusammengebrochen. Ich habe mich geweigert, Odette zu essen  – ganz im Gegensatz zu meiner Familie. Die haben am Tisch sogar noch Scherze darüber gemacht. Das hat Odette nicht verdient. Das hat sie einfach nicht verdient.

Spät abends, als meine Eltern schon im Bett sind, schleiche ich mich in die Küche. Ich sammle alle Knochen aus dem Mülleimer zusammen und packe sie in eine kleine Holzdose. Damit gehe ich in den Garten. Dort begrabe ich meine Odette unter dem Baum, bei dem wir immer gespielt haben. Schaufel für Schaufel hebe ich die Erde aus dem Boden. Ich muss dabei weinen. Ich vermisse Odette. Als ich nach dem Essen zu ihren Babys schaute, waren diese ganz verstört. Ihre Mutter ist schließlich weg und sie wird auch nie mehr zurückkommen.

Aus zwei Ästen baue ich ein Kreuz für Odettes letzte Ruhestätte. Ich halte, allein im Dunkeln, eine Trauerrede. Und ich lege eine Gedenkminute für meine Odette ein. Eine Gedenkminute, das ist das mindeste, was dieses wundervolle Wesen verdient hat.

Wie viele Tiere werden heute noch gestorben sein? Dieser Gedanke kommt mir unwillkürlich während der Gedenkminute. Auch diese hätten bestimmt eine Gedenkminute verdient. Es waren sicher allesamt ganz wundervolle Wesen, auch wenn ich sie nicht kennen lernen durfte. Also beginne ich mit der nächsten Gedenkminute für einen unbekannten Hasen. Ich will für jedes einzelne Tier eine Gedenkminute halten. Dann denke ich nach, und die Realität holt mich ein. Ich kann schließlich gar nicht für jedes getötete Tier eine Gedenkminute einlegen. Allein zwischen 22:17 Uhr und 22:18 Uhr, also in der einen Gedenkminute, die ich für ein einzelnes Tier abgehalten habe, wurden in Deutschland 1.455 Tiere getötet. Während ich also im Gedanken bei diesem einen Lebewesen war, blieben weitere 1.454 völlig unbeachtet. Eine Minute pro Tier funktioniert also nicht. Wie wäre es aber mit einer Gedenksekunde? Für jedes Tier? Es grenzt schon an Hohn, ein ganzes Leben mit nur einer Sekunde zu würdigen. Und selbst wenn ich eine Gedenksekunde einlegen würde: schon während der ersten Sekunde, also z.B. von 22:19:17 Uhr bis 22:19:18 Uhr, würden in Deutschland schon 24 Tiere getötet werden. Für 23 dieser Tiere könnte ich also gar keine Gedenksekunde abhalten. Meine Zeit reicht einfach nicht aus.

Ich muss schneller werden. Ich beginne wahllos Namen aufzuzählen, in Windeseile. Aber ich schaffe es nicht, mehr als zwei Namen pro Sekunde auszusprechen. Ich komme nicht hinterher. Obwohl diese Tiere hier in Deutschland für nichts als einen Gaumenkitzel ihr Leben lassen mussten, kann ich ihrer nicht einmal  in würdiger Form gedenken. Nicht einmal mit einer einzigen Sekunde. Es geht nicht, wir töten einfach viel zu schnell.

Bedrückt gehe ich wieder in mein Bett. Mein Herz wurde mir heute gebrochen – von meiner eigenen Familie. Nie wieder werde ich mich mit einem unserer Hasen anfreunden. Zu sehr schmerzt es, weiß ich doch jetzt, dass mein Vater auch mein nächstes Lieblingstier wieder töten würde. Das stimmt mich traurig. Es war so eine wundervolle Zeit mit Odette. Es ist jetzt 23 Uhr. Ich stelle meinen Wecker auf 7 Uhr. Mit dem Gedanken, dass bis zu dem Zeitpunkt, an dem mein Wecker morgen klingelt, weitere 698.632 Tiere in Deutschland tot sein werden, schlafe ich langsam ein.

„Man muß nur ein Wesen recht von Grund auf lieben, dann kommen einem alle anderen liebenswürdig vor.“

Johann Wolfgang von Goethe (1749  – 1832)

Gute-Nacht-Geschichte

Saftige, weite Wiesen. Gras, grüner als grün. Der Himmel himmelblau. Die Sonne strahlend warm. Hier lebt das Schweinchen Babe. Babe ist ein glückliches Schweinchen, hat es doch genug Zeit um über die Wiesen zu laufen, in der Sonne zu liegen und mit seinen Freunden zu spielen. Da wäre z.B. der liebe Osterhase, ein kleiner Witzbold, der immer für jeden Spaß zu haben ist. Ein guter Freund. Auch spielt Babe gerne mit seinem Freund Shaun. Shaun ist ein Schaf mit schneeweißer, warmer flauschiger Wolle. Der letzte im Bunde ist der kleine Hirsch Bambi. Bambi liebt es zu spielen, auch wenn er schnell beleidigt ist, wenn er mal verliert.

So tollen die vier liebend gern über die saftigen Wiesen und lassen es sich gut gehen. Während Babe faul in der Sonne liegt, kommt plötzlich ein Vogel angeflogen. Dieser ist völlig außer Atem. „Babe! Babe!“ ruft er. „Was ist denn passiert? Geht es dir gut?“ fragt Babe. „Babe! Ich habe etwas Furchtbares gesehen. Ich habe meine übliche Runde gedreht, als ich ein Grunzen hörte. Ich dachte erst, du wärst das, aber dem war nicht so. Es war ein anderes Schwein und das war eingesperrt in einer engen kleinen Bucht. Ich bin hingeflogen, und es hat mir alles erzählt. Es wäre schon immer dort, sagt es, und es komme nicht raus. Babe! Dieses Schwein braucht unsere Hilfe!“.

Babe springt auf. Ein Artgenosse in Not! Babe ruft seine Freunde zusammen, und alle sind sich einig. Sie werden losziehen, um das Schwein zu retten. Der Osterhase packt Verpflegung für den Weg ein, Shaun das Schaf besorgt etwas zu trinken, und Bambi sucht sämtliche Hilfsmittel zusammen, die er finden kann. Irgendwie werden sie das Schwein retten müssen.

Nach einer Stunde sind alle Tiere wieder auf der großen Wiese versammelt und bereit zum Aufbruch. Es geht auf große Mission –schließlich gilt es, ein Schwein zu retten. Entsprechend marschieren die Tiere los, genau den Weg entlang, den der Vogel ihnen beschrieben hatte. Bereits am Abend müssten sie ihr Ziel erreicht haben.

Nach einigen Stunden kommen die Tiere an einem Brunnen vorbei. Erschöpft entscheiden sie sich, eine Pause einzulegen. Der Osterhase springt gleich in den Wald hinein, die anderen sitzen um den Brunnen herum und trinken einen Schluck daraus. Da kommt ein alter Druide mit langen, grauen Haaren und ebenso langem Bart vorbei und grüßt die Tiere. In seinen Händen hat er ein großes Büschel Wildkräuter.

Der Osterhase kommt aus dem Wald zurück gehoppelt. „Seht, was ich gefunden habe!“ ruft er den anderen Tieren zu. Beeren, Pilze und Kräuter hat er eingesammelt. Babe stürzt sich sofort auf die Beeren, während Shaun gemütlich ein paar Pilze isst. Bambi hingegen kaut lieber etwas an der Rinde eins Baums in der Nähe. „Jedem das seine“, meint der Osterhase und beißt in ein paar Kräuter. Nachdem alle durchgeschnauft haben, geht die Reise weiter. Sie wollen schließlich noch vor Anbruch der Dunkelheit bei dem hilflosen Schwein ankommen.

Es wird langsam dunkel, als sie an der alten Scheune ankommen, von der ihnen der Vogel erzählt hatte. Bereits aus der Ferne hören sie die Rufe des Schweins. „Wir haben es gleich geschafft, kommt schon!“ treibt Bambi die Truppe an.

Und tatsächlich, in einer kleinen Bucht außen an der Scheune steht das Schwein. „Hilfe!“ ruft es und springt auf und ab. Der Osterhase rennt als erstes hin. „Was ist hier passiert? Wie bist du da rein gekommen?“. „Ich war schon immer hier drin. Ich war noch nie draußen. Seit ich denken kann, bin ich hier. Zweimal am Tag kommt ein Mensch und wirft mir seine Essensreste hin. Ich will hier raus. Bitte, könnt ihr mir helfen?“

Der Osterhase schnappt sich einen Stein und versucht, damit das Schloss aufzuschlagen. Vergeblich. Es ist einfach zu stabil. „Ihr müsst aufpassen, falls der Mensch kommt, ihr müsst aufpassen, falls der Mensch kommt“, wiederholt das Schwein sichtlich panisch.

Peng. Ein lauter Knall geht durch die Luft. „Was war das?“ ruft Shaun das Schaf. Alle schauen wild umher, bis sie es sehen. Der Osterhase hält sich die Brust. Seine Hände sind rot. Sein Fell ist rot. Er beginnt zu schwanken. „Mir geht’s nicht so gut“, meint der Osterhase während er taumelnd zu Boden geht. Peng. Ein zweiter Knall. Bambi beginnt zu rennen. Babe hat es das linke Ohr weggefetzt. „Halt! Hören sie auf! Hören sie auf!“ brüllt Shaun. „Auf den Menschen aufpassen müsst ihr. Hab ich euch doch gesagt“, brummelt das Schwein im Hintergrund. Peng. Bambi fällt um. Peng. Der Kopf von Shaun dem Schaf explodiert, und die Einzelteile seines Kopfes fliegen in alle Richtungen. Der Rest des Körpers geht leblos zu Boden. Babe versucht zu fliehen. Peng. Vorbei. Babe beginnt im Slalom zu laufen. Peng. Wieder vorbei. Fast geschafft. Nur noch ein paar Meter bis in den schützenden Wald. Peng. Peng. Peng. Es hilft nichts. Auch Babe geht blutend und erschöpft zu Boden.

„Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleichgestellte Werke des allmächtigen Schöpfers: Unsere Brüder.“

Franz von Assisi (1181  – 1226)

Das Essen ist kein Ponyhof

Ich springe aus dem Bett, stürme nach unten. Der Frühstückstisch ist bereits gedeckt, in der Mitte steht ein großer Kuchen mit sieben kleinen Kerzen darauf. Meine Eltern sitzen bereits am Tisch und haben auf mich gewartet. „Happy Birthday to you …“. Ich werde ganz rot. Nach dem Ständchen drücken mich beide, dann gibt es mein Lieblingsfrühstück: Zwei Spiegeleier nebeneinander, darunter ein lächelnder Mund aus Speckstreifen. Da muss ich immer lachen, wenn mich mein Frühstück so anlacht.

„Wo sind denn meine Geschenke?“, frage ich meine Eltern. Normalerweise gibt es immer einen kleinen Gabentisch, heute fehlt er allerdings. „Nun ja“, holt meine Mama aus, „dieses Jahr gibt es keine Geschenke“.

Stille. Bitte was? Keine Geschenke? „Aber warum denn nicht? Was habe ich falsch gemacht?“

Mein Vater fängt an zu lachen. „Nur ein kleiner Spaß – wir haben eine kleine Überraschung für dich vorbereitet, nach dem Frühstück geht es los.“.

Typisch meine Eltern. Immer müssen die mich verarschen. Und ich glaube das dann immer noch. Meinen Eltern macht das immer richtig Spaß. Eigentlich hätte ich es ahnen können …

Nach dem Frühstück ruft meine Oma an, und ich telefoniere noch kurz mit ihr, würge sie aber relativ schnell ab. Ich will schließlich mein Geschenk haben. Aber erst Zähne putzen. Ich ziehe mein rosa Lieblingskleid an und eile nach unten. Mama und Papa warten bereits auf mich, ich springe in meine Schuhe, und wir steigen ins Auto.

„Sind wir bald da?“, frage ich nach zehn Minuten genervt. „Ja, jetzt!“, sagt mein Papa, während er in eine Einfahrt biegt. In der Ferne sehe ich einen Bauernhof. „Da fahren wir hin?“, frage ich ungläubig.

Als wir näher kommen, sehe ich auf den Wiesen um den Hof lauter kleine Ponys. Meine Eltern werden doch nicht etwa …?

Wir halten vor einem der Gatter und steigen aus. Eingezäunt steht dort ein kleines Pony mit wunderschöner Mähne. „Happy Birthday!“, sagen meine Eltern. Ich schreie vor Freude. Das kann doch nicht wahr sein, ich habe echt ein Pony geschenkt bekommen! Ich drücke meine Eltern und nähere mich dann vorsichtig dem Tier. Es ist total zutraulich und schleckt mich ohne zu zögern ab. Es ist ein Weibchen, ich gebe ihr den Namen „Lena“. Die nächste Stunde verbringe ich damit, mit Lena zu spielen und sie zu streicheln. Sie ist ein so tolles Pony!

Anschließend bringe ich meine kleine Lena in ihren Stall. Auf dem Hof gibt es noch ganz viele andere Ponys. Es ist wie in einem Traum, die Besitzerin ist auch herzallerliebst. Ich kann mein Glück immer noch nicht richtig fassen. Mit meinem Handy mache ich ein paar Selfies von mir und Lena und schicke diese an meine Freundinnen. Die werden alle furchtbar eifersüchtig sein.

Anschließend gehen wir noch in das nahegelegene bürgerliche Wirtshaus, welches auch vom Ponyhof betrieben wird. Es ist wundervoll eingerichtet, an den Wänden hängen überall Bilder meiner Lieblingstiere. Ich bestelle mein Lieblingsessen: Schnitzel mit Pommes.

Meine Mutter muss der Köchin einen Tipp gegeben haben, denn mein Schnitzel landet nach kurzer Wartezeit freudestrahlend auf meinem Teller: Mit Ketchup ist ein Smile auf das Fleisch gezeichnet.

„Papa, hatte das Schnitzel eigentlich auch so ein tolles Leben wie mein Pony?“, frage ich neugierig meinen Vater. „Na klar!“, erwidert dieser. „Die Schweinchen spielen den ganzen Tag auf der Wiese und werden ganz viel gestreichelt“. Ich atme beruhigt durch und esse einen weiteren Bissen. Plötzlich beginnen meine Eltern lautstark zu lachen. Verdammt, sie haben mich schon wieder verarscht! „Du glaubst auch alles, oder?“, meint mein Papa. „Schweine haben kein schönes Leben, ganz bestimmt nicht. Ich will ehrlich zu dir sein. Als erstes reißt man den Tieren die Hoden raus, dann knipst man ihnen ihren Ringelschwanz ab. Eine Wiese oder die Sonne sehen die nie. Wenn die kleinen Schweinchen dann so alt sind wie dein Pony, schneidet man ihnen die Kehle durch und sie landen in der Pfanne. So läuft das.“

„Aber warum dürfen die Schweinchen denn kein schönes Leben haben?“, frage ich irritiert. „Papa, du hast doch auch ein schönes Leben. Und Mama darf auch ein schönes Leben haben. Meine Lena hat doch auch ein ganz schönes Leben. Ich darf auch ein ganz tolles Leben haben. Unsere Katze zu Hause hat auch ein schönes Leben, Oma hat eins, meine Freunde haben auch alle eins. Warum darf das Schweinchen das dann nicht auch haben?“

„Tja meine Liebe, das Leben ist nun mal kein Ponyhof!“, erwidert mein Vater.

„Aber warum kann das Leben denn kein Ponyhof sein?“, frage ich.

„Diskussion: eine Methode, andere in ihren Irrtümern zu bestärken.“

Ambrose Gwinnett Bierce (1842  – 1914)

Dauerwerbesendung

Ich zappe durch das Fernsehprogramm. Bei einer Kochsendung bleibe ich hängen. Eine Frau mittleren Alters hält freudestrahlend ein tiefgefrorenes Hühnchen von Wiesenhof in die Luft und erzählt, welchen Leckerbissen sie gleich daraus zaubern wird. Ich notiere eifrig das Rezept, es hört sich wirklich fabelhaft an.

Ich schalte um. Es läuft ein Spielfilm. Der Hauptdarsteller sitzt in einem Steakhaus, verdrückt ein halbes argentinisches Rind und erzählt dabei einen Veganerwitz. Ich muss lachen. Den schreibe ich mir auf, da werden meine Freunde morgen auch kichern. Werbepause. Wenn der kleine Hunger kommt – stimmt, hatte ich nicht auch noch irgendwo ein Snickers? Ich laufe in die Küche und hole mir eines. Als ich zurück komme, macht gerade mein Lieblingsfußballer Werbung für Nutella und die Sonderedition des Schokobrotaufstrichs zur Europameisterschaft. Wie recht er hat, Nutella ist wahrlich fantastisch. Schön, dass mein Idol und ich hier derselben Meinung sind. Ich eile in die Küche und notiere „Nutella Sonderedition“ auf dem Einkaufszettel.

Nach der McDonald’s-Werbung schalte ich um. Da bekommt man ja richtig Hunger von, obwohl es vorhin eigentlich schon Abendessen gab. Ich bleibe bei einer Serie hängen. Die Polizei ermittelt gerade auf einem Bauernhof wegen eines Mordes. Der Bauer, welcher fünf Kühe auf einer schier endlos großen Weide hält, beklagt sich beim dicken Kommissar über die furchtbar niedrigen Milchpreise und darüber, dass er deshalb bald seinen Milchstall schließen muss. Wirklich furchtbar, was mit den armen Bauern gemacht wird.

Im nächsten Programm läuft eine Talkshow. Es geht um Veganismus. Einer der Gäste erzählt, dass man auch sehr lecker vegan kochen könne, und dass es nicht notwendig sei, Tiere zu töten. Ein anderer Gast wendet ein, dass er sich doch nicht vorschreiben ließe, was er zu essen habe. Recht hat er, ich entscheide schließlich selbst, was ich esse, und ich kann es gar nicht leiden, wenn jemand versucht, mich bei dieser Entscheidung zu beeinflussen.

„Freiheit ist Befreiung von der Illusion, der Täuschung der Persönlichkeit.“

Leo Nikolajewitsch Graf Tolstoi (1828  – 1910)

Reine Bösartigkeit

Mein Wecker klingelt. Ich springe auf, dusche mich und eile in die Küche. Aus dem Kühlschrank hole ich ein paar Eier und etwas Speck und mache daraus eine große Portion Rührei. Hier dürfte es schließlich jeden Moment nur so vor hungrigen Mäulern wimmeln. Und wirklich, kaum ist der Frühstückstisch gedeckt, kommen mein Mann und meine zwei Söhne in die Küche gestürmt. Mein jüngster Sohn Benedikt haut sich eine ordentliche Portion Rührei auf den Teller, mein älterer Sohn Sebastian nimmt nur eine kleine Portion, dafür gönnt er sich noch ein Wurstbrot.

So plötzlich es begonnen hat, so schnell war die Raubtierfütterung auch schon wieder vorbei, und ich stehe in einer verwüsteten Küche, nachdem mein Mann und die Kinder das Haus verlassen haben. Ich beginne also mit dem Abwasch und bringe wieder alles in Ordnung. Als ich gerade die Betten mache, finde ich bei Benedikt neben dem Bett eine tote Spinne, oder was davon noch übrig ist. Der Körper liegt in der Mitte, daneben verteilt und zu Kreuzen geformt liegen die Beine. Mir läuft es kalt den Rücken hinunter, als ich die Überreste des Tieres mit dem Staubsauger einsauge.

Leider war das nicht das erste Mal. Ich habe hier auch schon Fliegen ohne Flügel gefunden sowie in feine Scheiben geschnittene Regenwürmer. Wenn ich nur wüsste, was mit Benedikt nicht stimmt. Wieso macht er so was mit diesen hilflosen Tieren? Ich beende meinen Gedankengang, als das Telefon klingelt. Es ist ein Anruf aus der Schule, der Schulleiter möchte mich sprechen. Ich steige also ins Auto und fahre los. Ich will gar nicht wissen, was meine Jungs jetzt schon wieder angestellt haben.

Nach kurzer Wartezeit vor dem Rektorzimmer bittet mich dieser herein. Es geht um Benedikt. Eine Lehrerin hat ihn dabei erwischt, wie er in der Pause eine Katze gestreichelt und dann ganz plötzlich begonnen hat, sie am Schwanz zu ziehen. Als er die Lehrerin bemerkte, hat er die Katze mit dem Fuß getreten, so dass sie ein Stück durch die Luft flog. Ich kann mir das alles nicht erklären. Der Rektor fragt mich, ob es in der Familie Probleme gebe, aber eigentlich ist bei uns alles in Ordnung. Der Rektor legt mir nahe, Benedikt in eine Therapie zu schicken, da scheinbar eine Persönlichkeitsstörung bei ihm vorliegt.

Zuhause angekommen, beginne ich das Mittagessen zu kochen. Mit dem Termin in der Schule hatte ich nicht gerechnet, entsprechend bin ich spät dran. Ich werfe also nur schnell eine Tüte Pommes in den Backofen und brate ein paar Schnitzel an. Pünktlich auf die Minute stürmen meine Jungs zur Haustür herein und nehmen am Esstisch platz. So schnell sie da waren, so schnell haben sie das Essen verschlungen und sich in ihre Zimmer zurückgezogen.

Bei Kaffee und Kuchen spreche ich Benedikt darauf an, dass ich einen Anruf aus der Schule erhalten habe und frage, ob er sich vorstellen könne, worum es ging. Er sagt nur irgendwas mit „Dreckskatze“ und verschwindet wieder.

Als mein Mann aus der Arbeit heimgekommen ist und wir den Grill anwerfen, erzähle ich ihm von allem. Er ist wirklich entsetzt. Wir überlegen ernsthaft, ob wir es mit einer Therapie versuchen sollten. Irgendwas scheint mit unserem Sohn wirklich nicht zu stimmen. Während sich mein Mann um den Grill kümmert, bereite ich die Salate vor: ein Nudelsalat mit Käse, Schinken und Eiern sowie einen Thunfischsalat.

Beim Grillen gönne ich mir mit meinem Mann ein Bier, die Kinder bekommen eine Cola. Ich esse ein saftiges Steak, die Jungs schlingen eine Wurst nach der anderen herunter. Als ich später noch durch den Garten schlendere, zeigt sich mir unter einem Baum ein Bild des Grauens. Der Boden ist von Blut ganz rot getränkt, ich hole meinen Mann dazu. Scheinbar hat Benjamin mit einem Stein ein Igelbaby zermatscht. Ich breche in Tränen aus. Was haben wir nur falsch gemacht? Wir waren doch immer so eine tolle Familie und haben unsere Kinder doch so gut erzogen.

„Wie du gesät hast, so wirst du ernten.“

Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr.  – 43 v. Chr.)

Ein lustiger Schultag

Liebes Tagebuch, heute war ein lustiger Tag in der Schule. Wir haben heute gelernt, dass unsere Milch von Kühen kommt. Unsere Lehrerin hat uns erklärt, dass die Kühe uns sehr gerne ihre Milch geben, damit wir sie trinken können. Moritz, der übrigens nur drei Häuser von mir entfernt wohnt, fragte unsere Lehrerin, ob denn die Kälber keine Milch haben wollen. Seine Mama hat ihm nämlich erklärt, dass das auch Babys sind, und Babys trinken schließlich Milch. Da hat uns unsere Lehrerin gesagt, dass die Kuhmilch für uns Menschen ist. Wenn die Kälber die Milch trinken würden, könnten wir sie schließlich nicht mehr trinken. Das fanden wir alle logisch.

Mein Papa sagt immer, man muss immer nur an sich selbst denken. Ich denke, da hat er Recht. Fritz hat dann gefragt, ob man auch Elefantenmilch trinken kann. Da haben wir alle gelacht. Frau Müller, unsere Lehrerin, sagte nur, dass das nicht geht, weil das nicht so lecker wie die Milch von der Kuh schmeckt. Fritz war dann ganz traurig, weil er Elefanten so gerne mag und deshalb auch gerne mal eine Elefantenmilch trinken würde. In der letzten Reihe machte noch jemand „Muuuuuuh“, und alle haben gelacht.

Später haben wir gelernt, dass aus Eiern kleine Küken schlüpfen. Da habe ich gleich an Tweety, das singende Küken, denken müssen und habe die Melodie dazu gesummt. Unsere Lehrerin hatte sogar kleine Holzeier dabei und hat uns Bilder von kleinen Küken gezeigt. Die sind ja so süß mit ihren flauschigen, gelben Federn! Ich liebe Küken. Dann hat Moritz gefragt, was mit den Küken eigentlich passiert, wenn wir die Eier essen. Frau Müller meinte nur, dass in den Eiern, die wir essen, gar keine Küken sind. Moritz wollte dann wissen, woher man denn wissen kann, ob in einem Ei ein Küken ist oder nicht. Frau Müller hat uns dann erklärt, dass es dafür spezielle Hühner gibt, die nur kükenlose Eier legen. Da waren wir dann alle sehr beruhigt.

Dann hat uns Frau Müller erklärt, dass im Meer ganz viele Fische schwimmen, damit wir sie essen können. Peter meinte dann, dass er „Findet Nemo“ gesehen hat und die Fische da gar nicht gegessen werden wollten. Dann meinte Frau Müller, dass die Fische sonst von Haien gegessen wurden. Peter sagte dann, dass es aber auch vegetarische Haie gibt, das weiß er auch aus „Findet Nemo“, und wenn nur mehr Haie Vegetarier werden würden, müssten weniger Fische sterben. Da mussten wir wieder alle lachen. Frau Müller erklärte dann, dass das nur ein Film ist und Fische gar keine Gefühle haben können, deshalb können wir sie alle töten. Wichtig ist nur, dass wir nicht versehentlich Delphine fangen, weil die schon Gefühle haben, und die dürfen wir nicht töten.

Frau Müller hat uns dann noch einen Plastik-Burger gezeigt und gesagt, dass wir für unsere Burger auch Fleisch brauchen. Deshalb haben wir Hühner, Schweine und Rinder, die wir für unser Fleisch füttern. Moritz wollte wissen, warum wir denn Schweine töten dürfen aber keine Delphine. Da wusste Frau Müller dann auch nicht sofort eine Antwort. Sie meinte aber, dass Delphine auch gar nicht so lecker schmecken würden. Von hinten hat dann jemand „Delphin-Burger“ gerufen, und wir haben wieder alle gelacht. Peter wollte wissen, ob die Tiere das eigentlich nicht doof finden, wenn sie sterben müssen. Da hat Frau Müller gesagt, dass die das gar nicht wissen, weil die so dumm sind. Dann wollte Marie noch wissen, ob man auch Hunde essen kann, weil sie gar keine Hunde mag. Und wenn man die essen würde, wären sie alle weg. Da hat Frau Müller gelacht und gesagt, dass das aber verboten ist, Hunde zu töten. Und außerdem schmecken Hunde nicht. Außerdem, so Frau Müller, haben Hunde auch Gefühle. Deshalb dürfen wir keine Hunde essen.

Dann hat Frau Müller uns noch von Vegetariern erzählt. Das sind wohl Menschen, die gar keine Burger essen, weil sie nicht wollen, dass die Tiere getötet werden. Peter erzählte dann, dass sein Papa aber gesagt hat, dass Vegetarier alles Doofköpfe sind, und ein richtiger Mensch nämlich Fleisch isst. Von hinten hat dann jemand „Doofkopf“ gerufen, da mussten wir wieder alle lachen.

„In der Jugend lernt, im Alter versteht man.“

Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach (1830  – 1916)

Ist doch nur ein Schnitzel

Sonntag, 10 Uhr morgens. Die Sonne scheint, und ich habe nichts vor. Perfekt! Der Tag kann kommen.

Meine Frau hat ein köstliches Frühstück zubereitet. Es gibt Rührtofu und einen Mandel-Latte. Mein Sohn, acht Jahre alt, sitzt auch am Tisch. „Die anderen dürfen immer echtes Rührei essen“. Na toll, geht das schon wieder los, denke ich mir. „Wir dürfen das auch, wir wollen es aber nicht!“

Mittagessen. Es gibt Sojaschnitzel mit Kartoffelsalat. Und einen aufgebrachten Sohn. „Bei Fritz gab es gestern aber richtiges Wiener Schnitzel. Warum gibt es bei uns keine richtigen Schnitzel?“ „Wegen der Tiere.“ „Ich will aber Schnitzel! Ein richtiges Schnitzel!“ Meine Frau schaut bereits sichtlich genervt. „Jetzt sei mal nicht so, dann soll er halt einmal ein echtes Schnitzel haben. Hauptsache dieses ewige Gejammer hört endlich auf“. „Ja Papa, ist doch nur ein Schnitzel. Bitte bitte bitte ….“ Na toll. Wenn es denn unbedingt sein muss.

Ich schnappe meinen Sohn, und wir fahren los. „Was soll es denn zu dem Schnitzel geben?“. „Ganz viel Ketchup und Pommes!“. Na gut. Wir halten bei einem Gemüsebauer um die Ecke. Ein guter Freund. Ich gehe ins Gewächshaus und hole mir vier Tomaten. Danach geht es mit einem Spaten auf den Kartoffelacker. Mein Sohn schaut ganz gespannt zu. Ich steche den Spaten in den Boden und hole eine Handvoll Kartoffeln raus. Dem Gemüsebauern fünf Euro bezahlt, und weiter geht’s.

Mein Sohn wird müde. „Ich wollte doch nur Schnitzel mit Pommes“.  „Ja, gibt’s auch gleich!“. Nächster Bauernhof. Bio-Bauernhof. Ein Freund von mir. Ich begrüße meinen alten Klassenkameraden und lasse mich auf einen Kaffee einladen. Mein Sohn spielt währenddessen mit den Kindern des Bauern draußen im Hof. Zusammen mit dem Hund. Und Petra. Das ist das erst letzte Woche geborene Kälbchen von Milchkuh Hilda. Petra ist total verspielt, und die Kinder lieben sie. Nach einer Stunde, Kaffee und Kuchen sind verspeist, begebe ich mich nach draußen. Mein Sohn lässt sich gerade von Petra das Gesicht abschlecken und lacht dabei herzhaft. Er schaut richtig glücklich aus. „Komm Junior, ich habe uns ein Schnitzel gekauft!“ Mein Sohn springt zu mir. „Hurra! Papa, Papa, das ist übrigens Petra!“ Er zeigt mir das Kalb. „Ich weiß“ sage ich. Wir gehen hinter den Hof. Petra folgt uns neugierig. Wir gehen in eine kleine Scheune. Petra hinterher. Ich mache das Licht an. Klack. Tür zu.

Petra steht in einem engen Gang. Wir daneben. „Papa, wo ist denn jetzt das Schnitzel?“. „Gleich, mein Sohn“. Mein Sohn streichelt Petra. „Und was macht Petra eigentlich hier?“ Ich nehme das Bolzenschussgerät, welches auf einem Tisch schon bereitliegt. „Ich habe sie eben gekauft“, sage ich. Ich setze am Kopf an. Peng! Petra fällt um. Mein Sohn schreit auf. Ich packe mir einen der Hufe und befestige ihn an einer bereitgelegten Kette. Damit ziehe ich Petra langsam hoch. Jetzt baumelt sie kopfüber vor mir. Mein Sohn schreit und weint. Ich nehme das Messer und steche Petra in den Hals. Das Blut spritzt auf meine Hose, auf mein Hemd, über meinen Sohn. So habe ich ihn noch nie schreien gehört. „Du wolltest Schnitzel, jetzt hör auf zu flennen!“. Ich schneide ein Bein ab, schlitze den Bauch auf, hole Magen, Herz und Innereien heraus. Mein Sohn wird ohnmächtig. Ich schneide ein schnitzelgroßes Stück heraus. Der Rest gehört meinem Freund. Schließlich habe ich nicht das ganze Kalb gekauft. Wäre mir auch zu teuer gewesen. Und was will ich mit dem ganzen Fleisch? Ich werfe meinen noch ohnmächtigen Sohn über die Schulter und gehe.

„Wenn der moderne Mensch die Tiere, deren er sich als Nahrung bedient, selbst töten müsste, würde die Anzahl der Pflanzenesser ins Ungemessene steigen.“

Christian Morgenstern (1871  – 1914)

Eine nette Begegnung

Urlaub! Endlich kann man sich vom Stress des Alltags erholen. Nachdem unser Flieger auf Fuerteventura gelandet ist, hole ich mit meiner Familie den Mietwagen, und wir machen uns auf den Weg zu unserer Ferienunterkunft. Unsere Kinder schauen ganz gespannt aus dem Fenster und bewundern die einzigartigen Landschaften. Zeitweise sieht es aus wie auf Hawaii, dann wie auf dem Mars.

In unserem Ferienhäuschen angekommen, schaffen wir das Gepäck auf die Zimmer und machen uns bereit für unseren ersten Tagesausflug. An der Westküste soll es wunderschöne, kilometerlange einsame weiße Sandstrände geben.

Auf der Fahrt sieht man immer wieder Ziegen und Schafe. Einzeln oder in kleinen Gruppen, im Sand oder auf steinigem Boden. Diese Tiere leben hier in Freiheit, wie gut es ihnen doch geht! Ein wundervolles Klima, eine wundervolle Landschaft, viel Natur und keine Raubtiere. Meine Kinder bewundern die Tiere. „Määääh!“, ruft meine Tochter, als wir an einem kleinen Lamm vorbei fahren.

Mit jedem Kilometer verändern sich die Landschaften, es ist beeindruckend. Nach kurzer Fahrt kommen wir an einem Viehbetrieb vorbei. Hier stehen wieder Ziegen – allerdings extrem viele, und sie sind von einem Zaun umgeben. Meine Tochter fragt, warum die armen Ziegen dort alle eingesperrt seien und warum sie nicht so glücklich leben dürften wie die anderen. Ich erkläre ihr, dass man die Ziegen wegen ihrer Milch dort gefangen hält, damit man daraus leckeren Ziegenkäse machen kann.

Die Straßen werden immer älter und enger, bis wir schließlich nur noch auf einer schmalen Schotterstraße unterwegs sind. Wenn Gegenverkehr kommt, muss man vorsichtig rangieren, so eng ist die Straße, und sie führt hinauf in die Berge. Dort angekommen, gibt es eine kleine Aussichtsplattform. Der Ausblick ist wahrlich atemberaubend. Man blickt hinab zur Westküste der Insel – kilometerlange Sandstrände, und abgesehen von ein paar einzelnen Häusern quasi komplett unbebaut – ein traumhafter Anblick.

Als wir unten am Strand angekommen sind, wollen wir natürlich gleich ins Meer eintauchen. Ich traue meinen Augen nicht, was ich da sehe: Der wunderbare Sandstrand, den wir fast für uns allein haben, ist von Plastikmüll übersät. Es ist allerdings nicht der Müll der Badegäste, die hier die Sonne genossen haben. Nur ein schmaler Streifen entlang der kompletten Küste  ist mit Müll bedeckt. Abfall, den wir Menschen ins Meer geworfen haben und der hier wieder angespült wurde. Der Schrott trübt dieses herrliche Naturschauspiel schon etwas. Dafür ist das Meer selbst traumhaft. Obwohl es erst Mai ist, ist das Wasser nicht zu kalt und relativ flach, so dass die Kinder auch weit hinein gehen und trotzdem noch stehen können, während sie in den Wellen spielen.

Nach einigen Stunden packen wir wieder zusammen und machen uns auf den Rückweg. Unseren Müll nehmen wir selbstverständlich mit, wie wir das immer tun. Ich frage mich allerdings, als ich wieder an dem Meeresschrott vorbei laufe, ob das nicht ein vergebliches Unterfangen ist.

Als wir die enge Schotterstraße zurück fahren, steht plötzlich ein Schaf mitten auf der Straße. Überall Natur, weit und breit kein Haus oder ein anderer Mensch, nur das Schaf und wir. Ich halte an, da das Tier die Straße blockiert. Es sieht uns an, und wir sehen es an. Dann kommt es auf unser Auto zu und stellt sich neben meine Türe. Ich habe das Fenster offen und das Schaf blickt zu uns herein. Es schaut meine Frau an, meine Kinder und mich. Ich strecke die Hand aus und streichle dem Schaf über den Kopf. Als Dankeschön schleckt es meine Hand ab.

Meine Kinder sind so fasziniert von diesem Moment, dass sie völlig lautlos zuschauen. Dann ziehe ich aus der Ablage in der Tür den kleinen spitzen Hammer, den ich dort vorher bereit gelegt hatte, und schlage, während das Schaf meine Hand abschleckt, mit voller Wucht auf dessen Kopf ein. Blut spritzt, und das Schaf sackt zusammen. Das Tier packe ich in den Kofferraum, und wir fahren weiter.

In unserem Ferienhaus angekommen, schleife ich das Tier in die Badewanne und nehme es auseinander. Das Fell nehmen wir mit nach Hause, wir haben eh noch nach einem kleinen Teppich für unser Wohnzimmer gesucht. Während meine Frau einen Nudelsalat zum Essen zubereitet, schneide ich ein paar saftige Steaks aus dem Schaf.

„Fleischessen ist unprovozierter Mord.“

Benjamin Franklin (1706  – 1790)

Die Zaubershow

Nur noch wenige Minuten trennen mich von meinem Auftritt. Ich bin ein wahrhaft großer Künstler, und heute darf ich bei einer Fernseh-Castingshow meine Künste unter Beweis stellen. Vor Monaten hatte ich mich mit einem Video für die Show beworben – dort habe ich ein paar einfache Zaubertricks vorgeführt. Scheinbar hat es dem Fernsehsender gefallen, bereits nach wenigen Tagen erhielt ich eine Einladung für den heutigen Tag. Und jetzt ist es endlich so weit.

Das grüne Licht über der Tür leuchtet auf. Ich bin dran. Ein Mitarbeiter der Crew begleitet mich zur Tür, meine große Zaubertruhe wurde schon vorher von Mitarbeitern auf die Bühne verfrachtet. Hier stehe ich nun, ganz allein, vor hunderten Zuschauern und vor einem Millionen-Publikum im Fernsehen. Die drei Juroren begrüßen mich, ich erzähle ihnen, dass sie eine tolle Zaubershow erwartet.

„Abrakadabra“, rufe ich und fuchtele mit meinem Zauberstab über meinem Kopf herum. Wie mit der Crew besprochen, geht das Licht im Studio aus, und nur noch ein einzelner Scheinwerfer lässt mich in einem kreisförmigen Licht erstrahlen. Jetzt kommt mein großer Moment.

Ich ziehe ein buntes Tuch aus meinem Ohr. Aus meiner Hosentasche ziehe ich einen Blumenstrauß. Verhaltener Applaus. Sind ja auch nur ein paar kleine Tricks zum Warmwerden. Ich blicke tiefer in meinen Hut. Tatsächlich, da hat sich eine Taube darin versteckt. Ich ziehe sie heraus, und sie lässt sich friedlich auf meinem Arm nieder. Das scheint dem Publikum schon etwas besser zu gefallen.

Ich gehe mit der Taube zu meiner Zaubertruhe und wühle darin. Daraus ziehe ich ein großes Samurai-Schwert hervor und schlage der Taube damit gekonnt den halben Schnabel ab. Ein lauter Aufschrei geht durchs Publikum. Ich beginne der Taube die Federn auszureißen, begleitet von unzähligen Buh-Rufen. Anschließend hole ich einen Metalltrichter aus meiner Kiste und ramme diesen der Taube in den Rachen. Dann stopfe ich sie durch den Trichter mit Brei voll. Das Publikum beginnt wahllos mit Gegenständen nach mir zu werfen, man hört Kinder weinen und brüllen.

Ich drehe mich wieder zum Publikum und werfe die Taube mit einem heftigen Ruck auf den Boden. Die Gesichter der Jurymitglieder blicken mich fassungslos an. „Abrakadabra“, rufe ich wieder und greife in meinen Hut. Dort befindet sich die Taube. Völlig unverletzt setzt sie sich auf meinen Arm und gurrt zufrieden. Das Publikum ist sichtlich verwirrt, also drehe ich mich wieder um und blicke auf den Boden. Dort liegen überall Federn, ein halber Schnabel und eine um Luft ringende Gans. Man spürt förmlich, wie das Publikum vor Erleichterung durchatmet. Mit einem gezielten Schwertstoß enthaupte ich die hilflose Gans, welche nun kopflos und Blut verspritzend über die Bühne läuft. Unter tobendem Applaus, verbunden mit schallendem Gelächter, bricht die Gans schließlich auf der Bühne zusammen.

Aber ich bin noch nicht fertig mit meiner Zaubershow. Ich gehe zu meiner Kiste und hole einen kleinen Welpen hervor. Ein lautes „Ooooooohhhh“ geht durch den Saal, so süß ist der kleine Hund. Ich setze ihn auf den Boden und lasse ihn einen Salto vorführen. Dann schnappe ich mir den kleinen Hund wieder und greife gleichzeitig in meine Zauberkiste. Ein lauter Schrei erhebt sich aus dem Publikum, als ich dem Hund seinen Schwanz mit einer Zange abknipse und dieser vor Schmerzen jault. Dann nehme ich ein kleines Messer aus meiner Tasche. Damit schneide ich seinen Hodensack horizontal auf und reiße anschließend seine beiden Hoden mit bloßer Hand heraus. Wieder kommen laute Buh-Rufe aus dem Publikum, wieder hört man kleine Kinder weinen. Den heulenden Welpen werfe ich auf den Boden, mit den Hoden jongliere ich noch ein bisschen auf der Bühne, während ich wieder in die fassungslosen Gesichter der Jury blicke.

„Abrakadabra“ rufe ich erneut, während ich die Hoden auf den Boden fallen lasse und wieder in meinen Hut greife. Dort befindet sich der kleine Welpe, freudestrahlend und unbeschadet. Ich drehe mich um, doch in der Ecke liegt nun ein blutendes Ferkel, daneben dessen abgetrennter Kringelschwanz. Man hört, wie das Publikum erleichtert durchatmet. Aus meiner Zauberkiste ziehe ich einen großen Metallspieß und ramme diesen dem kleinen Ferkel so tief in sein Rektum, dass die blutverschmierte Spitze aus seinem Mund ragt. Während das Publikum klatscht und applaudiert, stecke ich noch einen knackigen roten Apfel in das weit geöffnete Maul des Ferkels.

Nun kommt es zum großen Finale. Ich greife wieder in meinen Hut, aus welchem ich drei schwarze Katzenbabys ziehe und auf dem Boden absetze. Tollpatschig laufen diese über die Bühne, und das Publikum applaudiert. Während die Katzen spielen, baue ich meine Zauberkiste in einen großen Häcksler um. Der Applaus verstummt plötzlich. Ich sammle unter Kindergeschrei und Buhrufen die kleinen Kätzchen ein und schalte den Häcksler an. Eine Frau versucht auf die Bühne zu klettern, um mich aufzuhalten, aber sie kommt zu spät. Während das Publikum hysterisch schreit, werfe ich die kleinen Kätzchen in den Häcksler, man sieht das Blut in alle Richtungen spritzen.

Wieder drehe ich mich um. Die Frau, welche versuchte, auf die Bühne zu stürmen, wird gerade von der Crew zurück an ihren Platz gebracht. Mit einem lauten „Abrakadabra“ greife ich wieder in meinen Hut und ziehe die drei Kätzchen wohlbehalten heraus. Jubel und Applaus erklingen aus dem Saal. Ich drehe mich wieder zu dem Häcksler um, jetzt kann man deutlich gelbe und rote Fetzen erkennen, neben dem Gerät fliegen noch vereinzelt gelbe flauschige Federn durch die Luft. Lautes Gelächter geht durch das Publikum: es waren nur ein paar Küken gewesen.

„Gemeinschaftlicher Wahnsinn hört auf Wahnsinn zu sein und wird Magie. Wahnsinn nach Regeln und mit vollem Bewusstsein.“

Novalis (1772  – 1801)

 

Tierliebe

 

9 Uhr. Mein Wecker klingelt. Die Sonne scheint durch mein Schlafzimmerfenster. Wir haben Mitte Juli, Wochenende, und das Wetter ist wunderschön. Was will man mehr im Leben? Ich stehe auf, springe unter die Dusche. Als ich aus der Dusche komme höre ich schon das Miauen. Meine Katze hat Hunger. Also ziehe ich mir schnell etwas über und eile in die Küche. Meine Katze springt in der Küche bereits auf und ab. Es ist alles voller Blut und Blutspuren. Hinter dem Mülleimer finde ich die Überreste einer Maus. Ihre Gedärme sind in der ganzen Küche verteilt. Ich werfe die Überreste in den Müll und wische den Boden. Warum muss meine Katze immer so grausam sein? Ich schimpfe sie, auch wenn ich weiß, dass sie es nicht verstehen wird. Dann hole ich ihr Katzenfutter aus dem Schrank. Thunfisch, das hat sie am liebsten. Sie schnurrt zufrieden und frisst die komplette Packung.

Ich werfe meinen Kaffeevollautomaten an und lasse mir einen Cappuccino raus. Dazu gibt es ein köstliches Buttercroissant mit Nutella, ein Spiegelei, ein Brötchen mit Weichkäse sowie ein Wurstbrötchen. Frisch gestärkt kann ich in den Tag starten.

Heute steht einiges auf dem Programm. Da meine Katze sich seit einigen Tagen ungewöhnlich verhält, fahre ich mit ihr zum Tierarzt. Ich packe sie in ihre kleine Transportbox, die sie leider überhaupt nicht leiden kann, und verfrachte sie in mein Auto. Als ich losfahre leuchtet eine Kontrolllampe auf. Also halte ich an der nächsten Werkstatt. Ein Marderschaden. Diese blöden Viecher! Ich fahre mit einem Leihwagen weiter und lade meine Katze mit um.

Beim Tierarzt angekommen, muss ich kurz im Wartezimmer Platz nehmen. Ein kleiner Junge mit seinem Hamster und ein Mädchen mit einer kleinen Maus sind vor mir dran. Während ich im Wartezimmer sitze, kommt eine Frau mit einem verletzten Vogel in der Hand ins Wartezimmer. Den hat sie so in ihrem Garten gefunden, erzählt sie. Vermutlich ist der Flügel gebrochen. Sie darf als nächstes zum Arzt. Es handelt sich schließlich um einen Notfall.

Nach 20 Minuten bin ich an der Reihe. Diagnose: Wurmbefall. Jetzt darf ich meiner Katze wieder Medikamente unters Futter mischen. Aber zum Glück ist es mir rechtzeitig aufgefallen. Die Rechnung über 250 Euro begleiche ich direkt in bar. So viel Geld für sein Haustier auszugeben tut weh, schließlich verdiene ich nicht sonderlich viel. Aber meine Katze gehört schließlich zur Familie. Und für die Familie dürfen keine Kosten gescheut werden.

Ich steige wieder in den Leihwagen und bringe meine Katze nach Hause. Ich muss zwar noch einkaufen, aber so lange möchte ich sie nicht alleine im Auto lassen. Auf dem Rückweg springen gerade Frösche über die Straße. Ich trete auf die Bremse, fahre rechts ran und helfe ihnen über die Straße. Einige andere Autofahrer bremsen nicht einmal ab. Etliche Frösche werden dabei überfahren. Wie kann man nur so herzlos sein? Kurz zu bremsen ist doch echt nicht zu viel verlangt.

In der Stadt angekommen, stelle ich den Wagen im Parkhaus ab. Ich muss ganz hoch aufs Parkdach fahren, alle anderen Plätze sind belegt. Ich schlendere durch die Altstadt. An einem Schuhgeschäft mache ich halt. Diese Schuhe muss ich haben! Ich springe in den Laden und probiere sie an. Ein Traum. Perfekter Tragekomfort. Aus echtem Wildleder. Für nur 49 Euro. Ich schlage zu. Freudestrahlend verlasse ich das Geschäft. Der Tag ist gerettet. Anschließend kaufe ich mir ein neues Kissen. Mein altes ist etwas durchgelegen und auch schon ziemlich in die Jahre gekommen. Für 39 Euro finde ich ein bequemes Daunenkissen.