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Dieses Buch möchte das Interesse für Spiritualität neu wecken oder schon vorhandene Spiritualität weiter unterstützen. Dabei beschreibt der Autor nicht die gewohnten Inhalte, wie sie in vielen anderen guten Büchern zu lesen sind, sondern er zielt mitten auf die zentrale Erfahrung jedes spirituellen Bemühens: die Erfahrung der Nicht-Zweiheit, das Erleben des ewigen Jetzt und das Gewahrsein der Einheit des Lebens. Das ist die mystische Erfahrung. "Gott" ist ein Wort, hinter dem eine Realität verborgen ist, die erlebt werden will. Sonst bleibt "Gott" nur eine vage Vorstellung, ein Gedanke ohne erfahrenen Inhalt. Welche Rolle spielt dabei der Verstand? Wie sollen wir mit den gegensätzlichen Zweiheiten in der Welt umgehen? Wie kann ein spiritueller Pfad hin zur einzigartigen mystischen Erfahrung gegangen werden? Was sollte der westliche Mensch dabei beachten? Welche Bedeutung hat das ewige Jetzt für den Alltag? Der Autor gibt auf offene und persönliche Weise Einblick in diese spannenden Fragen und lädt auf diese Weise ein, sich näher mit lebendiger Mystik zu befassen. Die Einladung gilt für Atheisten und Gläubige gleichermaßen, denn die verborgene Wirklichkeit ist überall gegenwärtig und daher jedem Menschen prinzipiell zugänglich. Der Autor beschreibt in seinem Buch, welche Orientierung im Leben wertvoll ist, um dieser mystischen Erfahrung näherzukommen. Mit Leib, Gefühl und Verstand. Stein auf Stein und Schritt für Schritt. Hinweis in eigener Sache: Es gibt verschiedene Kaufmöglichkeiten. Kaufen Sie beim Verlag, so wäre dies optimal: Ich erhalte das volle Honorar. Bei einem anderen Kaufweg fließt ein erheblicher Teil meines Honorars woanders hin. Natürlich steht Ihnen auch der Weg zu Ihrem vertrauten Buchladen oder Online-Shop zur Verfügung. Auch der Buchhändler um die Ecke freut sich, wenn er weiterhin Bücher verkaufen kann. Sie entscheiden. Und ich bedanke mich für Ihr Interesse.
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Seitenzahl: 168
Veröffentlichungsjahr: 2017
Ich schreibe dieses Buch, weil ich die Mystik verstehe. Ich schreibe dieses Buch außerdem, weil die Mystik für die meisten Menschen nur sehr schwer verstehbar ist. Früher selbst einmal ein Suchender auf dem Gebiet der Spiritualität war ich für jede echte Hilfe und Orientierung dankbar, auch durch Buch-Lektüre.
Dieses Buch kann eine lebenslange Orientierung sein – so mein Wunsch für den Leser und die Leserin.
Michael Stefan Anders, geboren 1961 in Darmstadt, Studium der Katholischen Theologie, Religionswissenschaft und Indischen Philologie (Magister-Abschluss). Mehrere Aufenthalte in Indien, um den Dialog der Religionen zu vertiefen.
Lieblingsthema: Mystik erleben und verstehen in heutiger Welt.
Weitere Interessen sind Ernährungswissenschaft, Gesundheit und Fußball.
www.michael-mystik-anders.de
Michael Stefan Anders
© 2017 Michael Stefan Anders
Umschlag: Michael Stefan Anders
Foto: Hans Braxmeier/pixabay.com
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN 978-3-7345-8235-6 (Paperback)
ISBN 978-3-7345-8237-0 (e-Book)
Gedruckt in Deutschland
Erste Auflage
Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Wenn Sie jetzt fragen würden, ob ich wirklich Michael Stefan Anders heiße, so würde ich Ihnen ehrlicherweise antworten: „Nein, ich heiße anders.“
Zu meiner Begründung: Ich bin ein „halber Einsiedler“ und kein öffentlicher Mensch. Dies entspricht meiner Lebensweise, Mentalität und damit auch meinem Bedürfnis.
Die andere Hälfte von mir lebt normal in der Welt, hat auch einige Jahre als Meditations-Lehrer das Schweigen und die Übung im Schweigen in öffentlichen Bildungshäusern vermittelt und versucht, auf diese Art und Weise für die mystische Erfahrung Zeugnis abzulegen.
„Meinen“ Menschen von damals sage ich in Stille:
„Danke schön!“
Kennen Sie den Duft einer Rose? Schön.
Und wie würden Sie diesen Duft einem anderen Menschen beschreiben, der noch nie eine Rose gesehen hat? Schwierig, nicht wahr? Dann sollte er besser selbst zu einer Rose gehen und an ihr schnuppern.
Davon handelt dieses Buch. Es geht um die mystische Erfahrung, an der Sie schnuppern sollen. Und wenn Ihnen der Duft gefällt, dann können Sie eigene Schritte gehen. Immer der Spürnase hinterher.
Falls Sie sich am Inhalt dieses Buches negativ stoßen – warum eigentlich –, so denken Sie bitte daran: Mystik ist schon immer ein Stein des Anstoßes gewesen.
Und falls Sie sich am Inhalt des Buches positiv stoßen – warum eigentlich nicht –, so haben Sie einen Stein ins Rollen gebracht. Vielleicht ist es ja Ihr Stein der Weisheit.
Der Autor macht es auf seine persönliche Art und Weise, denn somit haben Sie einen besseren Eindruck, was eine mystische Erfahrung überhaupt ist. Es erwartet Sie also kein trockener Vortrag. Hier und da werde ich klare Aussagen machen, die der Orientierung dienen sollen. Ich werde auch kein Allgemeinwissen bedienen, das sowieso schon jeder kennt. Dazu ist meine und Ihre Zeit zu kostbar.
Eine Frage musste ich mir beim Schreiben des Buches von Anfang an stellen: Wie persönlich darf ich sein und wie persönlich muss ich sein, damit das Lesen über spirituelle Erfahrung gelingen kann? Für Sie und mich.
Ich selbst nehme mich in diesem Buch gar nicht so wichtig, daher auch mein Pseudonym. Es soll deutlich machen, dass nicht der Autor im Mittelpunkt stehen möchte, sondern allein die spirituelle Erfahrung selbst und der Suchende, der unterwegs zu ihr ist. Diesem Anliegen fühlt sich der Autor verbunden.
Meine persönliche und offene Art hat also nur den Sinn, einen menschlichen Weg zu der einen „Wirklichkeit Gottes“ möglichst konkret und anschaulich zu gestalten, soweit das mit Worten überhaupt möglich ist.
Oberstes Motiv ist die Würde des Menschen und seine Freiheit, selbst zu entscheiden.
Kein Vortrag, dieses Buch soll keine Einladung zum Diskutieren oder Theoretisieren sein. Deshalb habe ich viel Faktenwissen, Informationen oder das Einarbeiten von Literatur bewusst weggelassen. Mir geht es um eine klare Darstellung eines authentischen spirituellen Weges und welche Bedeutung dabei die zentrale „Erfahrung der Nicht-Zweiheit“ einnimmt.
Sobald wir uns in dem Buch das theoretische Rüstzeug für eine sinnvolle Praxis angeeignet haben, können wir mutiger werden und aktive Schritte mit einbeziehen. Gehen wir ohne gute theoretische Kenntnis gleich los auf unserem Weg zur „Einheit mit Gott“ und wollen besonders mutig (und damit fortschrittlich) sein, so haben wir kein Konzept, keine Orientierung, gehen in die Irre, stolpern, machen unnötige Fehler .....
und das macht auch keine Freude.
Die rund 190 Seiten sind kein Lesebuch, das von Anfang bis Ende schnell durchgearbeitet werden kann, um danach über Mystik Bescheid zu wissen. Vielmehr sollen die Texte zum Verweilen anregen, zum inneren Betrachten und Nachsinnen.
Pausen zum Innehalten bieten sich an, damit so manches Wort im Stillen wirken kann.
Am Ende des Buches werden Sie in der Lage sein zu verstehen, worauf es bei diesem Thema im Wesentlichen ankommt – und dann selbst entscheiden können, ob Sie einen solchen Weg beschreiten möchten.
Hierbei versteht sich der Autor lediglich als Wegweiser, der Ihnen eine klare Vorstellung über das Ziel und über den Weg vermitteln möchte.
Der Umfang des Buches ist hierbei so gestaltet, dass er nicht zu groß und nicht zu klein sein soll; eben nur das Wesentliche, ohne unnötigen Ballast. Auch auf Ihrem spirituellen Weg – wie im Leben generell – sollten Sie nutzlosen Ballast möglichst abwerfen. Das hilft, den Blick für das Wesentliche zu schärfen.
Mystik will das Wesentliche des Menschen erkennen.
Es gibt Menschen, die haben bedauerlicherweise keinen Zugang zur Mystik, kein Verständnis, keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet und auch kein Bedürfnis, dies zu verändern. Das war schon immer so. Für diese Menschen – sie mögen ihr Glück auf andere Weise finden – hat der Autor dieses Buch auch nicht geschrieben. (Es wäre vergebene Liebesmüh, sie erreichen zu wollen.)
Um sich auf die Mystik einzulassen, braucht es eine gewisse Bereitschaft und wertvolle Tugenden (die alles andere als selbstverständlich sind): Offenheit, ein eigenes Interesse und einen gesunden Menschenverstand! Wenn Sie dazu noch über religiöse Intuition verfügen, umso besser.
Ich wünsche dem Leser und der Leserin, dass Sie sowohl vor dem Lesen des Buches als auch danach reichlich mit solchen Tugenden gesegnet sind.
Ebenfalls begrüße ich die Menschen, die sich selbst als Atheisten bezeichnen. Ob gläubig oder nicht gläubig, die Wirklichkeit des Seins, um die es in der Mystik geht, ist für jeden Menschen eine Herausforderung. Von dieser tieferen Wirklichkeit ist kein Mensch ausgeschlossen.
Mit einem haben Sie, Herr und Frau Atheist, schon mal recht: Es genügt nicht, an eine Existenz Gottes lediglich glauben zu können. Sie muss auch beweisbar sein. Und dies ist (für Sie selbst) durch eigene tiefgehende Erfahrung möglich.
Der Zen-Weg zum Beispiel verzichtet von vorneherein auf irgendwelche Gottesbilder und schickt Sie in der Stille-Übung in die Begegnung mit sich selbst.
Da die letzte Wirklichkeit ein Geheimnis ist und mit dem Geheimnis des Menschen eng verbunden ist, genügt es, sich ganz auf die ehrliche Suche nach dem eigenen verborgenen Selbst, dem eigenen tiefen Sein, zu begeben.
Man muss nur diesen Weg bis zum Ende gehen – das ist sozusagen die Bedingung für den Selbstbeweis – und darf vorher nicht aufhören.
Ende gut – alles gut.
VIEL GLÜCK FÜR IHRE LESEZEIT!
Im Allgemeinen herrscht in der Bevölkerung die Ansicht, dass Mystik etwas Nebulöses darstellt. Hier muss der Autor klar widersprechen: Mystik heißt Klarheit. Ist die Erfahrung nicht klar, dann ist es (noch) keine echte Mystik. Dass der Mystiker von außen oft nicht verstanden wird und in der Geschichte immer wieder gerne ignoriert wurde, liegt an der ungewöhnlichen mystischen Erfahrung selbst.
Sie klingt unglaublich, ist aber dennoch wahr.
Die Mystiker aller authentischen Traditionen bestätigen dies. Zweifel gibt es nur bei denen, die diese Erfahrung (noch) nicht kennen. Aber dafür kann der Mystiker nichts.
Die Vertreter dieser Traditionen gehören zur sogenannten „Philosophia perennis“ („Ewige Philosophie“).
Hierzu zählen zum Beispiel Mystiker/Mystikerinnen aus dem Christentum, Hinduismus, Buddhismus und Taoismus. Bedeutende Merkmale einer solchen Mystik sind:
die Erfahrung der Nicht-Zweiheit, das Erleben des ewigen Jetzt sowie das Gewahrsein der Einheit allen Lebens.
Gegenüber den reichen Erfahrungen dieser beachtlichen Männer und Frauen empfindet der Autor hohen Respekt.
Nun wird es Zeit, uns die mystische Erfahrung etwas genauer anzuschauen. Schlagen wir in einem Wörterbuch unter „Mystik“ nach, so können wir ungefähr Folgendes lesen: Der Mystiker versucht, die Trennung zwischen menschlichem Ich und göttlichem Sein zu überwinden. Durch Hingabe und religiöse Praxis wie Meditation und Stille erlangt der Suchende die Vereinigung oder Einheit mit Gott.
Da die mystische Erfahrung von ungewöhnlicher Art ist, so kann es nicht erstaunen, wenn diese Erfahrung auch mit einem ungewöhnlichen Wort beschrieben wird. Es ist ein zentraler Begriff, der uns bei diesem Thema immer wieder begegnet und bereits in diesem Buch erwähnt wurde, nämlich: Nicht-Zweiheit (Nicht-Dualität).
Eine ähnliche Benennung wäre „Einswerden mit Gott“. Der Mystiker weiß, was hiermit gemeint ist, doch kann dieser Begriff von außerhalb leicht missverstanden werden. Die beste Benennung ist nach Meinung des Autors: Nicht-Zweiheit.
Wir werden gleich mehr darüber verstehen.
Doch zunächst schauen wir uns die Zweiheit an, denn das kennen Sie:
ich und du, ich hier drinnen und die Welt da draußen, freundlich und feindlich, Frieden und Krieg, richtig und falsch, ja und nein.
Die Liste wäre lang.
Wo Zweiheit ist, da finden wir auch immer wieder Zwiespalt, Streit oder Zwei-Kampf bis hin zur gegenseitigen Vernichtung. (Auch die Zerstörung der Umwelt da draußen gehört hier dazu.)
Orientierung nach der Dualität allein ist keine Lösung. Es ist, als wäre die Welt und damit unser gesamtes Leben dauerhaft gespalten.
Wo Zweiheit ist, da findet sich auch Vielfalt: ich, du, er, sie, es; Peter, Paul, Pauline und Julia; Hund, Katze, Maus und Papagei; Tisch, Stuhl, Lampe und eine Mahlzeit auf dem Teller; 1000 Namen und Bezeichnungen im Kopf da drinnen und 1000 Geschöpfe und Dinge in der Welt da draußen.
So als wäre die Welt nicht nur in Zweiheiten gespalten, sondern auch in unzählige Vielheiten, Lebewesen und Dinge. Und alles scheint voneinander getrennt zu sein.
Und nun endlich, Gott sei Dank, die spirituelle Erfahrung der Nicht-Zweiheit:
Diese überwindet die Zweiheiten und die Vielfalt durch eine neue, ganz andersartige Wahrnehmung.
Um dies mit einem einfachen, aber treffenden Vergleich zu erklären, ziehen wir das Beispiel von Zwillingen heran, aus einer einzigen Eizelle stammend, versteht sich.
Es sind zwei verschiedene Personen (eine Zweiheit), aber sie sehen wie identisch aus (und das ist Nicht-Zweiheit).
Bei der mystischen Erfahrung geht es selbstverständlich nicht um das äußere Aussehen – das ist ja nur ein Vergleich für etwas, das in Wirklichkeit unvergleichlich ist –, sondern es geht um eine Einsheit vom Sein her, besser: Nicht-Zweiheit im Sein.
Mehr Verständlichkeit können wir von einem weltlichen Vergleich nicht erwarten, denn die göttliche Wirklichkeit ist eben einmalig; im besten Sinne des Wortes.
Und an diesem einen und Einheit schaffenden Sein Gottes können wir Menschen bewusst teilhaben durch die „Vereinigung mit Gott“. Der Mystiker nimmt dann beides wahr: die Zweiheiten und Vielfalt in der Welt und gleichzeitig noch die alles verbindende und einigende Nicht-Zweiheit im Sein.
UNGLAUBLICH UND WAHR
Der Autor ist aufgrund seines ausführlichen Studiums der Religionen und seiner intensiven Beschäftigung mit Spiritualität der Überzeugung, dass der bewusste Umgang mit Sprache auf diesem Gebiet von großer Wichtigkeit ist. Für den Autor ist die Kenntnis von Worten ein unverzichtbares Mittel für den Umgang mit lebendiger Spiritualität/Mystik.
Das Wort „Wasser“ stillt nicht Ihren Durst. Das Wort „Brot“ macht Sie nicht satt. In das Wort „Apfel“ können Sie nicht beißen. Das Wort „Salz“ schmeckt nicht salzig. Das Wort „Medizin“ heilt nicht Ihre Krankheit. Das Wort „Gott“ bringt noch keine Erlöstheit.
Worte weisen auf etwas hin. Sie stehen für etwas, was wir im Allgemeinen aufgrund unserer Lebenserfahrung verstehen. Dabei zählt nicht ein einzelnes Wort, sondern die Gesamtheit aller Worte und was an Realität dahintersteckt; was mit den Worten an Erfahrung und damit auch an Deutung verbunden ist.
Bei einem Wort können wir im Wörterbuch nachschauen und eine Definition lesen. In dieser finden wir wieder andere Wörter. Die möchten wir natürlich auch verstehen und schlagen erneut im Wörterbuch nach, bis wir schließlich jedes Wort nachgeschlagen und verstanden haben.
Und damit meint der Autor wirklich jedes Wort, das in einem Wörterbuch stehen könnte. (Mit der Zeit werden auch neue Wörter gebildet und kommen in das Wörterbuch hinzu.) Es würde genügen, wenn wir uns hier auf eine einzige Sprache beschränken. Jedoch können wir, wenn Sie möchten, auch alle anderen Sprachen mit dazunehmen, was unseren geistigen Horizont natürlich großartig erweitert.
Es werden also alle Wörter der Welt gebraucht, um alle anderen Wörter zu verstehen. Das sollte an dieser Stelle verdeutlicht werden.
Und für alle diese Wörter gilt ausnahmslos: Sie können nur auf etwas hinweisen. So wie Schilder auf etwas hinweisen oder Pfeile oder Wegweiser. Selbst wenn alle Wörter auf etwas Bestimmtes hinweisen würden, zum Beispiel auf Gott, so wüssten wir immer noch nicht, was damit gemeint ist, weil das Wort „Gott“ für eine Wirklichkeit steht, die erlebt werden muss, so wie alle anderen Wörter auch mit Leben erfüllt werden müssen.
Alle Wörter im Kopf-Wörterbuch sind also ziemlich nutzlos. Es sei denn, sie sind mit Lebendigkeit und Erfahrung verbunden.
Kein Wort ist mit dem gleichzusetzen, auf das es hinweist. Auch die Worte „mystische Erfahrung“ sind nicht die Erfahrung selbst, so oft wir sie auch aussprechen mögen oder mit unserem reichhaltigen Wörterbuch im Kopf darüber nachdenken mögen.
(Es gibt Menschen, die versuchen dies. Ich weiß nicht, ob sie schon an ein Ende gelangt sind.)
Daher nützen Diskussionen und theologische Streitereien über Mystik herzlich wenig. Sie gehen an der Realität Gottes vorbei, nämlich an der Erfahrung Gottes selbst. Das Entsprechende gilt für Begriffe aus anderen Religionen, die ebenso auf eine letzte Wirklichkeit hindeuten. Auch diese Begriffe sind mit Erfahrungen verbunden, auf die es ankommt.
Als Beispiele nehmen wir hier die Begriffe „Atman“ (das göttliche Selbst) im Hinduismus, „Nirvana“ (das mysteriöse „Verwehen“ im Buddhismus) oder „Shunyata“ (die Leere) im Zen.
Es ist die Aufgabe der Religionswissenschaft, anhand von religiösen Texten und heiligen Schriften die Unterschiede zwischen den zahlreichen Begrifflichkeiten herauszuarbeiten und zu würdigen. Damit ist jedoch noch keine Gotteserfahrung selbst gegeben.
Das aber ist das Gebiet der Mystik und hier kann sie auf ein reichhaltiges Wissen zurückgreifen. Vertreter der Mystik sehen deshalb auch ihre Aufgabe darin, diesen Erfahrungsschatz mitzuteilen, einen gehbaren Weg zu beschreiben und dabei praktische Hilfe anzubieten.
Die Herangehensweise der Mystik zeigt sich in ihrer Wertschätzung der Stille-Übung. Gehen wir tief genug in die stille Gottesbegegnung hinein, so werden die Worte und Konzepte, die vorher noch wichtig und nötig waren, losgelassen.
In der Tiefen-Meditation sind wir frei von allen Vorstellungen und Gedanken, um genau dadurch der Erfahrung Gottes Platz zu machen. (Nach der Erfahrung dürfen die Worte ruhig wiederkommen, um das Erlebte sich selbst und anderen Menschen erklären zu können und sich dadurch mündlich oder schriftlich mitteilen zu können.)
Gewiss, es macht Spaß, Wörter im Kopf zu besitzen. Doch damit kennen wir nicht automatisch die Realität selbst, die mit den Worten gemeint ist; auch wenn wir dies denken mögen. Wir dürfen das Gedachte nicht einfach für die ganze Realität halten.
Sonst unterliegen wir der Illusion, wir wüssten ganz genau, was mit dem Wort „Mensch“ oder „Gott“ oder „Welt“ oder ....... oder ....... gemeint ist.
Und wenn wir glauben, wir wüssten es schon ganz genau – was uns zugegebenermaßen ein schmeichelhaftes Gefühl verleiht und außerdem noch Sicherheit gibt –, dann fühlen wir uns „fertig“ in unserer Erkenntnis und verpassen die Wahrnehmung der tieferen Wirklichkeit.
Will ich die Realität jenseits aller Worte kennenlernen, so wie es ein Mystiker erlebt, dann muss ich alle Wörter über die Realität loslassen können, bis die tieferliegende Realität selbst sich zeigt.
Indem durch eine regelmäßige Stille-Übung die vielen Worte und Gedanken allmählich zur Ruhe kommen, wird die Wahrnehmung des göttlichen Seins ermöglicht. Und das ist dann eine Erfahrung der Nicht-Zweiheit mit Gott, der alles Sein durchdringt.
Wenn der Autor in diesem Buch Wörter und Formulierungen in Bezug auf die Wirklichkeit Gottes verwendet, so tut er dies aus eigenem Erleben, das zudem jahrelang reflektiert ist. Wenn manche Aussagen für den Leser und die Leserin schwer nachzuvollziehen sind, so liegt das daran, dass die mystische Erfahrung als solche „über den Verstand hinausgeht“.
Die Wirklichkeit Gottes ist eben so, wie sie ist. Und dafür können wir Menschen nichts, sie ist uns so vorgegeben. Wir können nur versuchen, uns in dieses Geheimnis zu vertiefen, um dadurch den Sinn zu erfassen.
Ein Mystiker wünscht sich grundsätzlich, dass mehr Menschen das „Licht jenseits des Verstandes“ aufgeht und die verborgene Wirklichkeit erleben und damit auch verstehen.
So würde es der Autor begrüßen, wenn das Verständnis über die Mystik durch dieses Buch zunimmt und sich mehr spirituell Aufgeschlossene auf das Abenteuer mit Gott einlassen.
Wenn es schon einen Gott gibt, dann wird er wohl auch eingeplant haben, dass er durch den Menschen erfahrbar ist. Sonst macht Gott keinen Sinn. Und wenn Gott erfahrbar ist, dann ist es dem Menschen auch möglich, über seine religiöse Erfahrung nachzudenken und darüber zu reden. Das ist menschliche Gotteserkenntnis.
Natürlich ist dieses Sprechen immer anthropomorph, das heißt: in der Art des Menschen. Wie sollte es denn sonst sein? (gr. ánthropos = Mensch; morphé = Gestalt, Form)
Aber wir dürfen doch auch darauf vertrauen, dass Gott uns einen möglichst gesunden, gut funktionierenden und zur Einsicht fähigen Verstand mitgegeben hat, auf dass wir ihn bestmöglich einsetzen und nutzen. Und das heißt: nicht nur zur Alltagsbewältigung, sondern gerade auch für die Erkenntnis der tieferliegenden Wahrheit selbst; denn Gott gilt als das Wichtigste im Leben, das „Summum Bonum“ (= Höchstes Gut).
(Wir kommen auf die Rolle des Verstandes später noch ausführlich zu sprechen.)
Auch Gott dürfte (wieder anthropomorph gesprochen) ein Interesse haben, von uns Menschen erkannt zu werden.
Nun weiß ein denkender und sprechender Mensch bei all seinem Bemühen nicht wirklich, wirklich, wirklich, wie Gott ist. Denn das wäre Anmaßung oder Überheblichkeit, Hybris (gr. hyper = über).
Aber wir können eine Gotteserfahrung, insofern wir sie gründlich geprüft haben, mit unseren eigenen Worten beschreiben; und das ist schon sehr viel, auch an Selbsterkenntnis. Denn nur in Gott erkennen wir uns auch selbst vollständig und ganz.
Ohne die lebendige Erfahrung Gottes fehlt dem Menschen dauerhaft das Wesentliche.
Je umfassender dabei die Erfahrung, je klarer die Beschreibung, desto wertvoller die Erkenntnis und desto besser kann eine menschliche Kommunikation über mystische Erfahrung gelingen. Doch immer nur in gegenseitigem Respekt und in Anerkennung des Gesprächspartners; das verlangt schon die religiöse Erfahrung selbst.
Und was immer wir über Gott aufgrund unserer Erfahrung gemeinsam wissen und sagen können, Gott (ER oder SIE oder ES oder ...... ein anderes Wort) bleibt ein Geheimnis. Und da wir dem Geheimnis nicht wehtun, wenn wir es auf verschiedene Weise benennen, können wir dies auch in verantwortungsvoller Weise tun.
Gottes-Erfahrung ist ein Wissen im Nicht-Wissen.