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Das Kind in uns: Entdecken Sie den Schlüssel zu einem erfüllten Leben und zufriedenen Beziehungen mit dem inneren Kind! Begegnen Sie Ihrem inneren Kind mit Freundlichkeit und Akzeptanz. Jeder Mensch sehnt sich danach, ganz angenommen und wirklich geliebt zu werden, erfüllende Beziehungen zu führen und Konflikte problemlos lösen zu können. Der Schlüssel dafür liegt in den oft unbewussten, unverarbeiteten Erfahrungen aus der eigenen Kindheit, die die Wurzel vieler unserer alltäglichen Probleme sind. Der bekannte Familien-Therapeut und Bestseller-Autor John Bradshaw zeigt in diesem Selbsthilfe-Ratgeber, warum das verletzte Kind in uns unser Leben heute bestimmt und wie wir zu ihm zurückkehren können. Durch die Verarbeitung prägender Erfahrungen und den Abschluss mit der Kindheit finden Sie zu einem befreiten Leben. Ziel ist es, das innere Kind für sich zurückzugewinnen und zu beschützen, sodass frühere Verletzungen heute nicht mehr schaden können. So entfalten Sie Ihr volles Potenzial, entdecken neue Kraftquellen und leben endlich authentisch. Dieses Praxisbuch begleitet jeden Suchenden auf dem Weg zum inneren Kind mit kompetenten Ratschlägen, Selbsthilfe-Übungen, Fragebögen und Selbstauswertungen. Beginnen Sie Ihre Reise zur Selbstheilung und stärken Sie Ihr Selbstbewusstsein für ein Leben voller Mitgefühl, Akzeptanz und erfüllender Beziehungen!
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Seitenzahl: 568
Veröffentlichungsjahr: 2013
John Bradshaw
Wie finde ich zu mir selbst
Aus dem Amerikanischenvon Bringfried Schröder
Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG.
Viele unserer alltäglichen Probleme haben eine Wurzel: unverarbeitete Erfahrungen aus der Kindheit. John Bradshaw zeigt, wie wir zu dem Kind in uns zurückkehren, mit der Kindheit abschließen und zu einem erfüllten Leben finden können. Ein Ratgeber, der jeden Suchenden auf dem Weg zum inneren Kind mit Hilfe von Fragebogen und Selbstauswertungen ganz praktisch begleitet.
Prolog
Eine Parabel
1. Teil
Einleitung
1. Kapitel
Co-Abhängigkeit
Gewalt
Narzißtische Störungen
Vertrauensprobleme
Agieren
Selbstbestrafung
Wunderglaube
Störungen der Intimität
Undiszipliniertes Verhalten
Sucht- und zwanghaftes Verhalten
Denkstörungen
Innere Leere(Apathie, Depression)
Fragebogen zum verletzten Kind in uns
2. Kapitel
Neugier
Optimismus
Naivität
Abhängigkeit
Gefühle
Beweglichkeit, Spannkraft
Freies Spiel
Einzigartigkeit
Liebe
Die spirituelle Wunde
Sexueller Mißbrauch, körperliche und seelische Mißhandlungen
Kulturelle Scham
Krankhafte Scham
Parabel
2. Teil
Einleitung
Regenerative Zyklen
Die Entwicklung des Seins
3. Kapitel
Das Primat der Gefühle
Der Leidensdruck und das Gehirn
Die Abwehrmechanismen des Ichs und die neuralen »Sperren« des Gehirns
Verarbeitung des Urschmerzes
Erleben von Gefühlen
4. Kapitel
Liste der Verdachtsmomente
Die normale Säuglingszeit
Elternschaft – der schwierigste Beruf der Welt
Entwicklungsstörungen
Nachbereitung
Erzählen Sie einem Freund über Ihre Kindheit
Das Erleben von Gefühlen
Briefe schreiben
Bestätigungen und Zusicherungen
Meditation über den Säugling in Ihrem Inneren
5. Kapitel
Liste der Verdachtsmomente
Entwicklungsstörungen
Nachbereitung
Erzählen Sie einem Freund aus Ihrer Kleinkindzeit
Erleben Sie Ihre Gefühle
Schreiben Sie einen Brief
Zusicherungen
Kleinkind-Meditation
6. Kapitel
Liste der Verdachtsmomente
Das normale Vorschulalter
Die Ichstärke des Vorschulkindes
Entwicklungsstörungen
Nachbereitung
Mißbrauch durch Geschwister
Erzählen Sie einem Freund ihre Geschichte als Vorschulkind
Das Erleben von Gefühlen
Briefe schreiben
Die Rollen in einem gestörten Familiensystem
Übung
Zusicherungen
Meditation des Vorschulkindes
7. Kapitel
Index der Verdachtsmomente
Normales Schulalter
Konkretes, logisches Denken
Entwicklungsstörungen
Nachbereitung
Rollen im gestörten Familiensystem
Bestätigungen
Schulkind-Meditation
8. Kapitel
Liste der Verdachtsmomente
Die normale Adoleszenz
Entwicklungsstörungen
Nachbereitung
Besprechen Sie Pubertätsprobleme mit Ihrem Partner
Das Erleben der Gefühle
Meditation der Heimkehr
Vergebung
3. Teil
Einleitung
9. Kapitel
Liste der Macht
Um Vergebung bitten
Erzählen Sie Ihrem Kind von Ihrer Höheren Macht
Geben Sie sich selbst eine neue Kindheit
Anker
Das Herstellen eines Sicherheitsankers
Lassen Sie den Erwachsenen neue Väter und Mütter für Ihr inneres Kind suchen
10. Kapitel
Positive Disziplin
Die Erlaubnis, Sie selbst sein zu dürfen
11. Kapitel
Das Geschenk von Zeit und Aufmerksamkeit
Die Kommunikation mit Ihrem inneren Kind
Eine neue Familie
Die Kraft und der Schutz des Gebets
Zärtlichkeiten für das Kind in sich
12. Kapitel
Übungen, um die Bedürfnisse Ihrer Säuglingszeit zu befriedigen
Übungen, um die Bedürfnisse Ihres Kleinkindes zu befriedigen
Übungen für die Ablösungsphase des Kleinkindes
Übungen, die sich auf das Vorschulalter beziehen
Übungen für das Schulkind in Ihnen
Übung, um sich aus der Verstrickung mit Ihrem Elternhaus befreien zu können
Beenden Sie Ihren Mythos oder Ihr Märchen
4. Teil
Einleitung
13. Kapitel
Puer aeternus
Das göttliche Kind als wahres Selbst
Die Nichtidealisierung des göttlichen Kindes
14. Kapitel
Das göttliche Kind als schöpferische Erneuerung
Wir erzählen unsere Geschichte
Der plötzliche Energieschub
Traumatische Ereignisse und seelischer Schmerz
Träume
Kindheitserinnerungen
Eine gute Neuigkeit
Kreativität
Epilog
Literaturempfehlungen
Danksagung
Ich weiß, was ich mir wirklich zu Weihnachten wünsche. Ich möchte meine Kindheit wiederhaben. Niemand schenkt sie mir … Ich weiß, daß es unvernünftig klingt, aber was hat Weihnachten mit Vernunft zu tun? Weihnachten hat etwas mit einem Kind von ganz früher und ganz weit weg zu tun, und es hat etwas mit einem Kind von jetzt zu tun. In dir und in mir. Es wartet hinter der Tür unseres Herzens darauf, daß etwas Wunderbares geschieht.
Robert Fulghum
Als ich die Teilnehmer meines Workshops betrachtete, war ich von der Intensität ihres Engagements beeindruckt. Hundert Leute in Gruppen von sechs bis acht füllten den Raum. Jede Gruppe war selbständig, die Leute saßen dicht beieinander und flüsterten miteinander. Es war der zweite Tag des Workshops, und ein großer Teil der Interaktionen und des Miteinanders hatte bereits stattgefunden. Trotzdem waren sich diese Leute zu Anfang völlig fremd gewesen.
Ich näherte mich einer bestimmten Gruppe, die einem grauhaarigen Mann aufmerksam zuhörte. Er las ihnen einen Brief vor, den das Kind in ihm an seinen Vater geschrieben hatte.
Lieber Dad,
Du sollst wissen, wie sehr du mich verletzt hast. Als wir noch zusammen waren, hast du mich oft bestraft. Die Striemen und Schrammen hätte ich ja noch ertragen können, wenn du bloß mehr Zeit für mich gehabt hättest.
Ich habe dir nie sagen können, wie sehr ich mich nach deiner Liebe gesehnt habe. Wenn du doch nur mit mir gespielt oder mich zu einem Fußballspiel mitgenommen hättest. Wenn du doch nur ein einziges Mal gesagt hättest, daß du mich lieb hast. Ich wünschte, du hättest dich um mich gekümmert …
Er bedeckte seine Augen mit den Händen. Eine Frau in mittleren Jahren, die neben ihm saß, streichelte ihm zärtlich über das Haar; ein jüngerer Mann ergriff seine Hand. Ein anderer Mann fragte ihn, ob er in den Arm genommen werden wolle; der grauhaarige Mann nickte.
Eine andere Gruppe saß auf dem Boden, und alle hatten die Arme auf die Schultern ihres Nachbarn gelegt. Eine elegante Frau in den Siebzigern las ihren Brief vor:
Mutter, du warst immer zu sehr mit deinen Wohltätigkeitsveranstaltungen beschäftigt. Du hattest nie Zeit, mir zu sagen, daß du mich lieb hast. Du hast dich nur um mich gekümmert, wenn ich krank war oder wenn ich Klavier spielte und du stolz auf mich warst. Du hast mir nur die Gefühle gestattet, die dir paßten. Ich war nur dann wichtig, wenn ich dir Freude machte. Du hast mich nie um meiner selbst willen geliebt. Ich war so allein …
Ihre Stimme brach, und sie fing an zu weinen. Und mit ihren Tränen begann die Mauer, die sie siebzig Jahre lang aufrechterhalten hatte, einzustürzen. Ein junges Mädchen umarmte sie. Ein junger Mann sagte ihr, sie solle ruhig weinen und er bewundere ihren Mut.
Ich ging zu einer anderen Gruppe. Ein Blinder in den Dreißigern las einen Brief, den er in Blindenschrift abgefaßt hatte:
Ich habe dich gehaßt, weil du dich meinetwegen geschämt hast. Wenn deine Freunde zu Besuch kamen, hast du mich in das Zimmer hinter der Garage gesperrt. Ich habe nie genügend zu essen bekommen. Ich hatte immer solchen Hunger. Ich wußte, daß du mich haßt, weil ich dir lästig war. Du hast mich ausgelacht, wenn ich hinfiel …
Jetzt mußte ich mich einmischen. Ich konnte spüren, wie mich der immer noch vorhandene Zorn des eigenen verletzten Kindes in mir erfaßte, und ich hätte am liebsten vor Wut und Entrüstung geschrien. Das Gefühl der Traurigkeit und Einsamkeit der Kindheit war überwältigend. Wie konnte man sich überhaupt jemals von einem solchen Kummer erholen?
Aber am Ende des Tages hatte sich die Stimmung verändert und war friedlich und fröhlich geworden. Die Leute saßen beieinander; manche hielten sich bei der Hand, und bei den abschließenden Übungen lächelten die meisten. Einer nach dem anderen dankte mir, weil ich ihm geholfen hatte, das verletzte Kind in seinem Inneren zu finden. Ein Bankdirektor, der zu Beginn des Workshops offen Widerstand geleistet hatte, sagte mir, er habe seit vierzig Jahren zum erstenmal wieder geweint. Als Kind war er von seinem Vater in grausamer Weise verprügelt worden und hatte sich geschworen, im Leben nie verletzbar zu sein oder Gefühle zu zeigen. Jetzt sagte er, er wolle lernen, sich um den einsamen Jungen in seinem Inneren zu kümmern. Sein Gesicht hatte einen weichen Ausdruck bekommen, und er sah jünger aus.
Zu Beginn des Workshops hatte ich die Teilnehmer aufgefordert, ihre Masken abzulegen und aus ihren Verstecken herauszukommen. Ich hatte ihnen erklärt, daß sie das verletzte Kind in ihrem Inneren nicht verstecken dürften, weil es sonst ihr Leben vergiften würde. Wutanfälle, unangemessene Reaktionen, Eheprobleme und Suchtkrankheiten seien die Folge. Darüber hinaus könnten sie ihren eigenen Kindern keine guten Eltern sein und würden in ihren Beziehungen Schwierigkeiten haben und bittere Erfahrungen machen müssen.
Ich muß bei ihnen einen Nerv getroffen haben, denn sie reagierten tatsächlich. Ich war begeistert und dankbar, als ich in ihre offenen, lächelnden Gesichter blickte. Dieser Workshop fand 1983 statt. Seitdem ist meine Faszination für die heilende Kraft des Kindes in uns immer größer geworden.
Drei Dinge fallen bei der Arbeit mit dem inneren Kind besonders auf: die Schnelligkeit, mit der die Leute sich verändern, wenn sie diese Arbeit tun; wie tiefgreifend diese Veränderung ist; und welche Kraft und Kreativität freigesetzt werden, wenn die Wunden der Vergangenheit geheilt sind.
Ich habe die Arbeit an dem Kind in unserem Inneren vor zwölf Jahren begonnen und bei einigen Therapiepatienten mit einer selbstausgearbeiteten Meditationstechnik gearbeitet. Aber die Meditation führte zu dramatischen Ergebnissen. Wenn die Menschen zum erstenmal Kontakt mit dem Kind in sich aufnahmen, war das Erlebnis oft überwältigend. Mitunter mußten sie schrecklich weinen. Anschließend sagten sie mir dann zum Beispiel: »Ich habe mein ganzes Leben lang darauf gewartet, daß jemand mich findet.« oder: »Es ist, als käme ich nach Hause.« oder: »Seit ich mein Kind gefunden habe, hat sich mein Leben völlig verändert.«
Diese Reaktionen veranlaßten mich dazu, einen Workshop zu entwickeln, der nur dazu dienen sollte, den Menschen dabei zu helfen, das Kind in sich zu finden und anzunehmen. Dieser Workshop hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt, was vor allem dem ständigen Dialog mit den Teilnehmern zu verdanken ist. Es ist die erfolgreichste Arbeit, die ich je geleistet habe.
Der Workshop konzentriert sich darauf, den Leuten dabei zu helfen, über negative Kindheitserlebnisse zu trauern – Erlebnisse, die mit Verlassenheit, Mißbrauch in jeder Form und mit ungestillten Bedürfnissen zusammenhängen, die auf die entwicklungsbedingte kindliche Abhängigkeit zurückzuführen sind. Außerdem spielt es eine große Rolle, daß die Kinder in familiäre Probleme verstrickt werden, die nicht ursprünglich ihre eigenen sind. (Ich werde die einzelnen Punkte später noch ausführlich behandeln.)
In einem solchen Workshop verbringen wir die meiste Zeit damit, über die Vernachlässigung unserer entwicklungsbedingten Abhängigkeitsbedürfnisse zu trauern. Das ist auch das Hauptanliegen dieses Buches. Nach meinen Erfahrungen stellt der entwicklungsorientierte Ansatz die umfassendste und wirkungsvollste Art dar, wie wir unsere seelischen Verletzungen heilen können. Ich glaube, daß die Konzentration auf die Heilung jeder einzelnen Entwicklungsstufe meine Workshops von anderen unterscheidet.
Im Verlauf eines solchen Kurses beschreibe ich die normalen Abhängigkeitsbedürfnisse des Kindes. Wenn diese Bedürfnisse nicht befriedigt werden, besteht die Gefahr, daß wir als Erwachsene ein verletztes Kind in uns tragen. Wenn die Bedürfnisse unserer Kindheit befriedigt worden wären, wären wir keine »erwachsenen Kinder« geworden.
Zuerst skizziere ich die Bedürfnisse einer bestimmten Entwicklungsstufe und teile dann die Teilnehmer in Gruppen auf. Nacheinander steht jeder von ihnen einmal im Mittelpunkt und hört den anderen zu, die ihm in verbaler Form die Bestätigung geben, die er oder sie in der frühen Kindheit, als Kleinkind, in den Vorschuljahren und so weiter gerne gehört hätte.
Je nachdem, wo der Betroffene seine persönlichen Grenzen zieht, wird er von den Teilnehmern gestreichelt und moralisch unterstützt. Die Schmerzen, die ihm in seiner Kindheit zugefügt worden sind, werden von der Gruppe ernst genommen. Wenn der Betroffene eine Bestätigung bekommt, die er1 als Kind so dringend gebraucht hätte, aber nicht bekommen hat, fängt er in der Regel an zu weinen, manchmal leise, manchmal sehr heftig. Ein Teil des eingefrorenen Kummers beginnt aufzutauen. Am Ende des Workshops hat jeder Teilnehmer zumindest einen Teil seiner Trauerarbeit geleistet. Das Ausmaß dieser Arbeit hängt von dem Stadium des Heilungsprozesses ab, in dem sich der Betroffene befindet. Manche Leute haben schon vor dem Workshop eine Menge Trauerarbeit geleistet, manche nicht.
Am Ende des Kurses gebe ich den Teilnehmern Anweisungen für eine Meditation, bei der sie das Kind in sich annehmen können. Wenn das geschieht, erleben viele Teilnehmer einen intensiven Gefühlsausbruch. Bevor sie dann den Workshop verlassen, ermuntere ich sie noch dazu, sich jeden Tag etwas Zeit zu nehmen, um einen Dialog mit dem Kind in sich zu führen.
Wenn die Menschen erst einmal den Anspruch auf das verletzte Kind in ihrem Inneren erhoben haben und es liebevoll umsorgen, wird die schöpferische Kraft dieses wunderbaren, natürlichen Kindes erkennbar. Wenn das Kind erst einmal integriert worden ist, wird es zu einem Quell der Erneuerung und neuer Lebenskraft. C. G. Jung nannte dieses natürliche Kind das »göttliche Kind« – unser natürliches Potential, das uns in die Lage versetzt, die Welt zu erforschen, zu staunen und schöpferisch zu sein.
Der Workshop hat mich davon überzeugt, daß die Arbeit mit dem Kind in uns die schnellste und wirksamste Methode darstellt, wie man eine therapeutische Veränderung herbeiführen kann. Ich bin immer wieder erstaunt, wie unmittelbar die Wirkung einsetzt.
Normalerweise betrachte ich derartige »Blitzheilungen« mit ziemlicher Skepsis, aber diese Arbeit scheint tatsächlich einen dauerhaften Veränderungsprozeß einzuleiten. Viele Teilnehmer schrieben mir ein, zwei Jahre danach, daß der Workshop ihr Leben verändert habe. Ich habe mich darüber gefreut, war aber auch etwas verwirrt. Ich wußte tatsächlich nicht, warum die Arbeit bei manchen Leuten eine so einschneidende Veränderung bewirkt hat, während sie bei anderen nur minimale Erfolge brachte. Als ich versuchte, eine Erklärung dafür zu finden, begann sich nach und nach ein bestimmtes Bild abzuzeichnen.
Ich beschäftigte mich zuerst mit den Arbeiten von Eric Berne, dem schöpferischen Genius der Transaktionsanalyse. Die Theorien der T. A. betonen den »Zustand des kindlichen Ichs«, der sich auf das spontane, natürliche Kind bezieht, das wir alle einmal waren. Die Transaktionsanalyse beschreibt außerdem die Art und Weise, wie sich das natürliche Kind an den Druck und den Streß der ersten Jahre in der Familie angepaßt hat.
Das natürliche oder göttliche Kind kommt zum Vorschein, wenn Sie einen alten Freund treffen, wenn Sie von Herzen lachen, wenn Sie kreativ und spontan sind, oder wenn Sie staunend vor etwas Wunderbarem stehen.
Das angepaßte oder verletzte Kind zeigt sich, wenn Sie sich entweder weigern, eine rote Ampel zu beachten, obwohl sie offensichtlich kaputt ist, oder über eine rote Ampel fahren, weil niemand Sie sehen kann und Sie glauben, daß Sie damit durchkommen. Zu weiteren Verhaltensweisen des verletzten Kindes zählen Wutanfälle, übertriebene Höflichkeit und übermäßiger Gehorsam, die Verwendung von Kindersprache, das Manipulieren und Schmollen. Im ersten Kapitel werde ich darstellen, in welch mannigfacher Weise das verletzte Kind unser erwachsenes Leben belasten kann.
Obwohl ich die Transaktionsanalyse viele Jahre lang als wichtigstes therapeutisches Modell benützt habe, habe ich mich in meiner Arbeit vorher nie auf die verschiedenen Entwicklungsstufen konzentriert, die das Kind in uns durchläuft, um sich anzupassen und überleben zu können. Ich bin inzwischen der Meinung, daß das Fehlen entwicklungsspezifischer Details ein Mangel ist, der den größten Teil der Arbeit mit der Transaktionsanalyse betrifft. Die frühe Entwicklung unseres göttlichen Kindes kann auf jeder Stufe fixiert werden. Wir können als Erwachsene infantil sein, wir können auf die Stufe des Kleinkindes regredieren, wir können wundergläubig sein wie ein Vorschulkind, und wir können schmollen und uns zurückziehen wie ein Erstkläßler, der ein Spiel verloren hat. All das sind kindliche Verhaltensweisen und Zeichen für Entwicklungsstörungen auf verschiedenen Ebenen. Hauptanliegen dieses Buches ist es, Ihnen zu helfen, Ihre Ansprüche auf das verletzte Kind in sich auf jeder Entwicklungsstufe geltend zu machen.
Später wurde meine Arbeit durch den Hypnotherapeuten Milton Erickson beeinflußt. Erickson geht davon aus, daß jeder Mensch eine eigene einzigartige Karte der Welt besitzt, ein System von Überzeugungen, das unbewußt ist und wie eine Art von hypnotischer Trance wirkt. Mit Hilfe der Ericksonschen Hypnose lernte ich, mich in die Trance, in der sich meine Klienten bereits befanden, einzuschalten und sie im Sinne einer Erweiterung und Veränderung auszunützen. Was ich damals, als ich meine Arbeit mit dem Kind in uns noch nicht begonnen hatte, noch nicht erkannt hatte, war, daß das verletzte Kind in uns für die Bildung des Wesenskerns dieses Überzeugungssystems verantwortlich ist. Wenn man mit Hilfe der Methode der Altersregression Zugang zu der Trance des Kindes in uns findet, ist es möglich, diese Grundüberzeugung direkt und schnell zu verändern.
Dem Psychotherapeuten Ron Kurtz verdanke ich ein tieferes Verständnis für die Dynamik der Arbeit mit dem Kind in uns. Kurtz’ System, das sich Haikomi-Therapie nennt, konzentriert sich direkt auf dieses Kernmaterial, das sich auf die Art, wie unser inneres Erleben organisiert ist, bezieht. Es setzt sich aus unseren frühesten Gefühlen zusammen und wird als Reaktion auf den Umweltstreß unserer Kindheit gebildet. Dieses Kernmaterial ist unlogisch und primitiv, aber es war die einzige Möglichkeit, wie ein magisches, verletzliches und bedürftiges Kind, das noch keine Grenzen kannte, überleben konnte.
Wenn sich dieses Kernmaterial erst einmal herausgebildet hat, wird es zu einem Filter, den alle neuen Erlebnisse passieren müssen. Das erklärt, warum manche Leute immer wieder die gleichen destruktiven Liebesbeziehungen haben, warum manche ihr Leben als eine Serie von Verletzungen erleben, die gewissermaßen immer wieder »recycled« werden, und warum so viele von uns nicht aus ihren Fehlern lernen.
Freud nannte diesen Drang, die Vergangenheit zu wiederholen, »Wiederholungszwang«. Die berühmte Therapeutin Alice Miller spricht von der »Logik des Absurden«. Es ist logisch, wenn man begreift, wie das Kernmaterial unsere Erfahrung prägt. Es ist, als würde man eine Sonnenbrille tragen: Ganz egal, wie stark die Sonne scheint, immer wird das Licht auf die gleiche Weise gefiltert. Wenn die Gläser grün getönt sind, sieht die Welt grün aus. Wenn die Gläser braun sind, kann man helle Farben nicht sehr gut unterscheiden.
Wenn wir uns also verändern wollen, müssen wir unser Kernmaterial verändern. Da das Kind in unserem Inneren unsere Erfahrungen ganz zu Anfang organisiert hat, müssen wir Kontakt mit ihm aufnehmen, um unser Kernmaterial unmittelbar verändern zu können.
Die Arbeit mit dem Kind in unserm Inneren ist ein wichtiges neues Werkzeug der Psychotherapie und unterscheidet sich völlig von den therapeutischen Ansätzen der Vergangenheit. Freud hat als erster erkannt, in welchem Maße Konflikte in der Kindheit, die wir im späteren Leben immer wieder durchleben, für Neurosen und Persönlichkeitsstörungen verantwortlich sind. Er versuchte, das verletzte Kind zu heilen, indem er in der Therapiesituation eine abgeschirmte, sichere Umwelt schuf, in der das verletzte Kind sich zeigen und seine ungestillten Bedürfnisse auf den Therapeuten übertragen konnte. Der Therapeut ersetzte dem verletzten Kind dann die Eltern, so daß es seine unerledigten Aufgaben zu Ende bringen und auf diese Weise geheilt werden konnte.
Freuds Methode erfordert ungeheuer viel Zeit und Geld und führt häufig bei den Patienten zu einer unguten Abhängigkeit vom Therapeuten. Eine meiner Klientinnen kam zu mir, nachdem sie zehn Jahre lang in psychoanalytischer Behandlung gewesen war. Und auch als sie bereits mit mir arbeitete, rief sie ihren Analytiker zwei bis dreimal pro Woche an, um sich von ihm Rat für die alltäglichsten Dinge zu holen. Der Analytiker war tatsächlich zum lieben Vater des Kindes in ihr geworden. Aber er half ihr damit kaum. Sie lebte in einer schrecklichen Abhängigkeit von ihm. Wahre Hilfe hätte dazu geführt, daß sie sich auf ihre eigene Kraft als erwachsene Frau besonnen hätte, um selbst dem Kind in ihrem Inneren zu helfen.
Ich möchte Ihnen in diesem Buch einen neuen Weg zeigen, wie Sie die Ansprüche auf das Kind in Ihrem Inneren geltend machen, Kontakt mit ihm aufnehmen und ihm helfen können. Sie müssen die vorgeschlagenen Übungen wirklich durchführen, wenn Sie eine Veränderung erreichen wollen. Es ist Aufgabe des erwachsenen Teils Ihrer Persönlichkeit, sich zu entscheiden, diese Arbeit zu tun. Selbst wenn Sie sich in Ihrem kindlichen Stadium befinden, weiß Ihr erwachsenes Ich immer noch genau, wo Sie sind und was Sie tun. Das Kind in Ihnen wird die Dinge so erleben, wie Sie sie in der Kindheit erlebt haben, aber diesmal ist Ihr erwachsenes Ich da, um das Kind zu beschützen, während es seine wichtigen unerledigten Angelegenheiten zu Ende bringt.
Das Buch besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil wird beschrieben, wie Ihr göttliches Kind seine Göttlichkeit verloren hat, und wie die Verletzungen, die ihm in der Kindheit zugefügt worden sind, Ihr Leben beeinflussen.
Im zweiten Teil lernen Sie die verschiedenen kindlichen Entwicklungsstufen kennen und erfahren, was Sie gebraucht hätten, um auf eine gesunde Weise großwerden zu können. Jedes Kapitel enthält einen Fragenbogen, der Ihnen helfen soll, festzustellen, ob die Bedürfnisse des Kindes in Ihnen in einer bestimmten Phase Ihrer Entwicklung befriedigt worden sind. Anschließend werde ich Ihnen dann mit den Methoden, die ich auch in meinem Workshop anwende, dabei helfen, die Ansprüche auf das Kind in Ihnen in jeder Entwicklungsphase geltend zu machen.
Der dritte Teil bietet spezielle korrektive Übungen an, die das Kind in Ihnen blühen und gedeihen lassen. Sie lernen, wie Sie andere Erwachsene dazu bringen können, Bedürfnisse des Kindes in Ihrem Inneren zu befriedigen, und wie Sie einen Schutzwall um das Kind errichten können, während Sie das Problem der Intimität in Ihren Beziehungen bearbeiten. In diesem Teil werden Sie lernen, wie Sie selbst der hilfreiche Elternteil sein können, der Ihnen in der Kindheit so sehr gefehlt hat. Wenn Sie lernen, sich selbst »Wiederzubeeltern« (re-parent), werden Sie nicht immer wieder versuchen, andere Menschen zu Ihren Eltern zu machen, um mit Ihrer Vergangenheit fertigwerden zu können.
Im vierten Teil werden Sie sehen, wie Ihr göttliches Kind zum Vorschein kommt und das verletzte Kind geheilt wird. Sie werden lernen, einen Zugang zu Ihrem göttlichen Kind zu finden, und erkennen, daß es die schöpferische Energie verkörpert, die Ihnen für eine Umgestaltung zur Verfügung steht. Das göttliche Kind stellt den Teil von Ihnen dar, der Ihrem Schöpfer am meisten ähnelt. Es stellt eine direkte, persönliche Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem einzigartigen Ich und zu Gott, wie Sie ihn begreifen, her. Das ist die umfassendste Heilung, die es gibt, eine Heilung, wie sie in den Verheißungen der größten Lehrer aller Glaubensrichtungen enthalten ist.
Außerdem erzähle ich Ihnen auch meine eigene Geschichte. Als ich vor zwölf Jahren mit dieser Arbeit begonnen habe, hätte ich nie gedacht, daß mein Denken und Verhalten sich durch meine Entdeckung des Kindes in mir so stark verändern würde. Ich hatte die Auswirkungen meiner Kindheit vorher als minimal betrachtet und hatte die Zwangsvorstellung, meine Eltern idealisieren und beschützen zu müssen, vor allem meine Mutter. Als Kind sagte ich mir oft: »Wenn ich groß bin und hier weggehe, wird alles gut werden.« Im Lauf der Jahre wurde mir klar, daß es keineswegs besser wurde, sondern eher schlimmer. Bei den anderen Familienmitgliedern konnte ich das noch besser erkennen als bei mir selbst. Zehn Jahre, nachdem ich meinen Alkoholismus besiegt hatte, stellte ich fest, daß ich immer noch getrieben war und unter vielen Zwängen litt.
An einem verregneten Donnerstag nachmittag erlebte ich das, was Alice Miller über ihr inneres Kind geschrieben hat: »… und ich brachte es nicht fertig … das Kind … dort wieder allein zu lassen. Hier faßte ich einen Entschluß, der mein Leben grundlegend verändern sollte: mich von dem Kind führen zu lassen …« An diesem Tag entschloß ich mich, das Kind in mir zurückzufordern und es unter meine Fittiche zu nehmen. Ich fand es im Zustand panischer Angst vor. Zunächst hatte es kein Vertrauen zu mir und wollte nicht mit mir gehen. Aber ich ließ nicht locker, sondern redete ihm gut zu und versprach ihm, es nicht im Stich zu lassen. Erst dann begann ich, sein Vertrauen zu gewinnen. In diesem Buch beschreibe ich die einzelnen Phasen dieser Reise, die es mir möglich machte, Fürsprecher und Schutzengel des Kindes in meinem Inneren zu werden, eine Reise, die mein Leben verändert hat.
Die doppelte Tragödie des Rudy Revolvin
(frei nach The Strange Life of Ivan Osokin von P. D. Ouspensky)
Es war einmal ein Mann, der hieß Rudy Revolvin und führte ein qualvolles, tragisches Leben. Er starb unerfüllt und begab sich zum Ort der Finsternis.
Der Herr der Finsternis erkannte, daß Rudy ein erwachsenes Kind war, und meinte, daß er die Finsternis noch weiter vergrößern könne, wenn er Rudy die Möglichkeit böte, sein Leben noch einmal erleben zu können. Ihr müßt wissen, daß der Herr der Finsternis dafür zu sorgen hatte, daß die Finsternis nie aufhört – er sollte sie möglichst noch dunkler werden lassen. Er erklärte Rudy, er sei sicher, daß Rudy genau die gleichen Fehler wieder machen und die gleiche Tragödie erleben würde wie in seinem vorigen Leben.
Dann gab er Rudy eine Woche Bedenkzeit.
Rudy dachte angestrengt nach. Es wurde ihm klar, daß der Herr der Finsternis ihn hereinlegen wollte. Natürlich würde er die gleichen Fehler machen, denn er würde sich ja nicht mehr an das erinnern können, was er in seinem vorigen Leben durchgemacht hatte. Und ohne diese Erinnerungen hatte er keine Möglichkeit, die gleichen Fehler zu vermeiden.
Als er schließlich wieder vor den Herrscher trat, lehnte er das Angebot ab.
Rudys Ablehnung konnte den Herrn der Finsternis, der das »Geheimnis« des verletzten Kindes im Inneren des Menschen kannte, nicht beeindrucken. Er erklärte ihm, daß Rudy sich – im Gegensatz zu der üblichen Verfahrensweise – an alles aus seinem vorigen Leben erinnern dürfe. Der Herr der Finsternis wußte genau, daß Rudy trotz dieser Erinnerungen genau die gleichen Fehler machen und sein qualvolles Leben noch einmal durchleben würde.
Rudy lachte leise. »Endlich bekomme ich eine wirkliche Chance«, dachte er. Rudy wußte nichts von dem »Geheimnis« des verletzten Kindes in seinem Inneren.
Und so kam es dann, daß er sein qualvolles, tragisches Leben noch einmal durchlebte, obwohl er jede Einzelheit der Katastrophen voraussehen konnte, die er bereits in seinem früheren Leben angerichtet hatte. Und der Herr der Finsternis war zufrieden!
Das Problem des verletzten Kindes in uns
Das Wissen erleuchtete vergessene Gemächer in dem dunklen Haus der frühen Kindheit. Ich wußte jetzt, warum ich zu Hause Heimweh haben konnte.
G. K. Chesterton
Buckminster Fuller, einer der schöpferischsten Menschen unserer Zeit, zitierte gern Christopher Morleys Gedicht über die Kindheit:
Das schönste Gedicht, das je geschrieben wurde,
ist eines, dem alle Dichter entwachsen sind:
Es ist die angeborene, unausgesprochene Poesie,
wenn man erst vier Jahre alt ist.
Wenn man noch jung genug ist, um Teil zu sein
des großen, impulsiven Herzens der Natur,
wenn man als Gefährte der Vögel, der anderen Tiere
und der Bäume geboren ist
und noch so unbewußt lebt wie eine Biene –
Und trotzdem mit einem wunderbaren Verstand
jeden Tag ein neues Paradies schafft,
begeistert alle Sinne erforscht,
ohne Bestürzung und ohne sich etwas vorzumachen!
In deinen klaren, durchsichtigen Augen
liegt kein Gewissen, keine Überraschung:
Du nimmst die Rätsel der Natur hin,
bewahrst dir deine seltsame Göttlichkeit …
Und das Leben, das alle Dinge in Reime setzt,
macht auch aus dir schließlich einen Dichter –
aber es hat Tage gegeben, o du zarte Elfe,
da warst du selbst Poesie!
Was wird aus diesem wunderschönen Anfang, als wir alle noch »selbst Poesie« waren? Wie ist es möglich, daß aus all diesen zarten Elfen Mörder, Drogenabhängige, Kriminelle, Sexualverbrecher, grausame Diktatoren und moralisch degenerierte Politiker werden? Wie ist es möglich, daß aus ihnen die »wandelnden Verletzten« werden? Wir sehen sie alle um uns herum die Traurigen, Furchtsamen, Zweifelnden und Deprimierten, die von einer unsagbaren Sehnsucht erfüllt sind. Der Verlust unseres natürlichen menschlichen Potentials ist mit Sicherheit die größte aller Tragödien.
Je mehr wir darüber wissen, auf welche Weise wir unsere Spontaneität und Kreativität verloren haben, um so eher können wir eine Möglichkeit finden, sie zurückzugewinnen. Wir können möglicherweise sogar dafür sorgen, daß unseren eigenen Kindern so etwas nicht widerfährt.