Das Leben erzählt die schönsten, aber auch die unglaublichsten Geschichten - Josef F. Justen - E-Book

Das Leben erzählt die schönsten, aber auch die unglaublichsten Geschichten E-Book

Josef F. Justen

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Beschreibung

Die Geschichten, die in diesem Buch erzählt werden, handeln von Gott, von Engeln und von Menschen, von ganz gewöhnlichen, von besonderen und von höchst außergewöhnlichen Menschen. Die Geschichten weisen unter der Oberfläche der Erzählung einen tiefen spirituellen Gehalt auf, der zum Nachdenken anregt und die Frage aufwirft: »Was ist die Moral von der Geschichte?« Dieses Buch enthält die schönsten Geschichten aus unserer zweibändigen Publikation »Geschichten über Gott, Engel und Menschen« sowie zahlreiche neue Erzählungen. www.Justen-Buecher.com

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Ich bekenne, ich brauche Geschichten, um die Welt zu verstehen.

Siegfried Lenz

Dieses Buch enthält die schönsten Geschichten aus unserer zweibändigen Publikation »Geschichten über Gott, Engel und Menschen« sowie zahlreiche brandneue Erzählungen.

Inhaltsverzeichnis

Das Medaillon

Der verborgene Diamant

Der Lehrer und der Bergmann

Ehrlich währt am längsten

Die erfüllte Prophezeiung

Die verlogene Trauerrede

Die letzte Chance

Der Kreislauf der guten Tat

Der Wahrtraum

»That’s not a good idea!«

Die drei Räuber und die drei Richter

Lügen kann tödlich sein

Der Streik der Erde

Das ganz besondere Weihnachtsfest

Die Hebamme und der Tod

Maskenball der Seele

Die Dreiteilung der Beute

Das Beichtgeheimnis

Wie ein kleiner Engel sich goldene Flügel verdiente

Der »grüne Gerd«

Der Tod und die Angst

Der sonntägliche Kirchgang (Gedicht)

Ein gar frommer Mann (Gedicht)

Das Gottesbild (Gedicht)

Das Medaillon

Peter Bröder erblickte Ende der 1990er-Jahre in einem kleinen Ort am Niederrhein – unweit der Grenze zu den Niederlanden – das Licht der Welt.

Seine Eltern führten dort einen recht großen Bauernhof, der sich bereits seit vielen Generationen im Besitz seiner väterlichen Vorfahren befand. Die Familie hatte sich schon seit Jahren auf die Milchwirtschaft spezialisiert. Im Durchschnitt standen 50 bis 60 Kühe in den Stallungen.

Genau wie für seinen Bruder war es auch für Peter immer klar, dass er auf dem Hof kräftig anpacken musste. Da er der Erstgeborene war, stand fest, dass er später einmal den Hof übernehmen sollte. Alle anfallenden Arbeiten, für die er ein rechtes Geschick zeigte, machten ihm viel Spaß, so dass er nie auf die Idee gekommen wäre, einen anderen Beruf zu ergreifen.

Schon in seiner Kindheit hatte Peter häufig Träume, die immer sehr ähnlich waren und ihn ein wenig beängstigten. In diesen Träumen sah er recht grausame Kriegshandlungen, Soldaten die sich gegenseitig auf das Heftigste bekämpften. Die Träume endeten stets damit, dass einer der Soldaten, der ihm irgendwie merkwürdig bekannt vorkam, von einem Granatsplitter getroffen wurde und verblutete. Je öfter er diesen Traum hatte, desto mehr gelangte er zu der Annahme, dass es sich bei dem getöteten Soldaten um ihn selbst handelte.

Als er einmal seinen Eltern davon erzählte, meinte sein Vater nur: »Du musst keine Angst haben, mein Junge! Träume sind Schäume!«

Als Peter dann so etwa zwölf Jahre alt geworden war, meldeten sich diese Träume nicht mehr.

Mittlerweile war er 22 Jahre. Nur noch höchst selten musste er an diese Träume aus Kindertagen denken.

Das änderte sich schlagartig, als er eines Tages im Fernsehen eine Dokumentation über die »dritte Flandernschlacht« innerhalb des 1. Weltkriegs, die vom 31. Juli 1917 bis zum 6. November 1917 währte, sah. Gezeigt wurden Bilder der Ortschaft Passendale in der belgischen Provinz Westflandern. Sofort beschlich ihn die Gewissheit: Das sind der Ort und die Kampfeshandlungen, die ich früher immer in meinen Träumen gesehen habe!

In der folgenden Nacht war der Traum wieder da. Allerdings war dieser jetzt nicht mehr so nebulös wie früher. Er sah ganz deutlich eine steinerne Brücke, an der sich das Gemetzel vor gut 100 Jahren zugetragen hatte, und auch den jungen französischen Soldaten, der durch einen Granatsplitter getötet wurde. Ihm war nun völlig klar, dass kein anderer als er selbst dieser Soldat war.

Am nächsten Morgen hatte er diesen Traum noch so lebhaft vor sich, wie wenn sich alles tatsächlich so ereignet hätte. Er war sich fast sicher, dass er auf dem Schlachtfeld gefallen war, wenngleich er sich das nicht erklären konnte. Als er darüber mit seinem Vater reden wollte, wies dieser ihn ab: »Blödsinn! Erzähle bloß niemandem davon! Die halten dich alle für verrückt!«

Peter konnte es aber nicht einfach ignorieren oder gar vergessen. So bat er seinen Bruder um ein Gespräch, in dem er ihm davon berichtete. Sein Bruder meinte: »Das hört sich ja sehr interessant an. Aber du weißt selbst, dass es unmöglich ist. Du kannst doch nicht schon einmal gelebt haben.«

Auch Peter war natürlich klar, dass er nicht vor rund 100 Jahren auf dem Schlachtfeld ums Leben gekommen sein könnte. Davon, dass die Menschen mehrmals auf der Erde leben, hatte er zwar schon gehört, aber so richtig daran glauben konnte er nicht.

So beschloss er, diese Träume und Ahnungen zu verdrängen.

Doch ein paar Tage später geschah das schier Unfassbare: Bei völliger Wachheit sah er so etwas wie einen Film vor seinem geistigen Auge. Es handelte sich um das gleiche Szenario, von dem er so oft geträumt hatte. Nur sah er jetzt alles noch viel, viel klarer und deutlicher. Er hatte nicht mehr den geringsten Zweifel daran, dass er dieser junge französische Soldat war, der von dem Granatsplitter getroffen wurde und verblutete. Er sah die Brücke, an der sich das Gemetzel abgespielt hatte, in allen Einzelheiten. Die steinerne Brücke führte über einen schmalen Fluss. Er wusste, dass diese am Ortsrand von Passendale stand. Schließlich sah er noch etwas: Der Soldat nahm so eine Art Münze aus seiner Brusttasche, wickelte sie in ein Taschentuch und vergrub sie unmittelbar neben dem linken Brückenpfeiler. Er konnte sich nun auch in die Gedanken und Gefühle des jungen Soldaten hineinversetzen. Dieser wollte nicht, dass die Münze in die Hände der Deutschen fällt und dachte: »Falls ich den Krieg überleben sollte, kann ich sie später wieder ausgraben.«

Peter hatte jetzt kaum noch einen Zweifel daran, dass dieser Wachtraum etwas wiedergab, was er selbst ganz real erlebt hatte.

Am nächsten Tag suchte er seinen Freund Bruno auf, dessen Meinung ihm immer sehr wichtig war. Nachdem Peter seinem Freund alles berichtet hatte, meinte dieser: »Also, ich glaube schon an die Reinkarnation. Ich habe sehr viel über dieses Thema gelesen und häufig darüber nachgedacht. Das Einzige, was mich etwas zweifeln lässt, ist die Tatsache, dass du dann schon nach nicht einmal 90 Jahren wieder auf die Erde gekommen bist. Meistens ist der Abstand zwischen zwei Erdenleben deutlich länger. Da du allerdings damals als noch sehr junger französischer Soldat gestorben bist, wäre es aber keineswegs unmöglich. Ich glaube nicht, dass dir deine Phantasie einen Streich gespielt hat. Du musst diese Träume ernst nehmen.«

Nachdem beide eine Weile schwiegen, fuhr Bruno fort: »Ich habe eine Idee! Passendale ist ja nicht so weit von hier entfernt. Mit dem Auto sind es keine drei Stunden. Lass uns am Samstag hinfahren. Dann schauen wir, ob die Brücke noch da steht. Vielleicht finden wir sogar noch die Münze.«

Am nächsten Samstag fuhren die beiden Freunde gleich in der Früh los. Nachdem sie Passendale erreicht hatten, suchten sie nach dem ehemaligen Schlachtfeld. Das war aber nicht so einfach. Außer der Brücke hatte Peter keinen Anhaltspunkt. Und diese konnte schließlich schon längst abgerissen worden sein. So fuhren die beiden eine ganze Zeit lang eher ziellos kreuz und quer durch Passendale und die nähere Umgebung.

Dann kamen sie an einem lichten Waldgebiet vorbei. Peter sagte: »Halte bitte an, Bruno. Ich habe so ein sonderbares Gefühl. Ich glaube, hier muss es irgendwo gewesen sein.«

Die beiden Freunde stiegen aus und nahmen einen Klappspaten mit. Zu Fuß durchstreiften sie das Areal. Bruno meinte: »Du musst deinen Schutzengel bitten, dir behilflich zu sein. Bitte ihn, dich zu der richtigen Stelle zu führen.«

Peter schaute etwas ungläubig, tat aber, was sein Freund ihm geraten hatte.

Tatsächlich sahen sie schon nach ein paar Minuten von weitem so etwas wie eine Brücke, auf die sie eiligen Schrittes zustrebten. Als sie an der Brücke ankamen, war sich Peter ganz sicher: »Hier war es! Das ist die Brücke!«

Der kleine Fluss war mittlerweile ausgetrocknet. Aber das Flussbett war noch deutlich zu erkennen. Von der ehemaligen Brücke waren nur noch Überreste der zwei Pfeiler zu sehen.

Die beiden gingen zu dem linken Pfeiler und begannen zu graben. Schon nach kurzer Zeit stießen sie auf einen Stofffetzen. Peter nahm ihn und schaute nach. Er konnte es selbst nicht recht glauben. Darin befand sich so etwas wie eine silberne Münze.

Er säuberte die Münze ein wenig und schaute sie sich genau an. Es war keine Münze, sondern ein Medaillon. Auf der einen Seite war das Bildnis des heiligen Christophorus, der als einer der Schutzpatronen der Soldaten gilt, zu sehen. Auf der anderen Seite waren die Worte »Dieu te protège mon fils« eingeprägt, was im Deutschen bedeutet: »Gott beschütze dich, mein Sohn«.

Sofort erinnerte sich Peter – wie wenn es erst vor wenigen Wochen gewesen wäre –, dass seine Mutter, die er in seinem letzten Leben hatte, ihm dieses Schutzmedaillon geschenkt hatte, bevor er in den Krieg ziehen musste...

Der verborgene Diamant

Es waren einmal zwei Schwestern, die mit ihrer Mutter in einer kleinen Hütte wohnten und recht arm waren.

An einem Herbsttag waren die beiden – wie so oft in dieser Jahreszeit – im Wald, um Pilze zu suchen. Da sahen sie plötzlich in der Ferne, dass ein Reiter auf sie zukam. Als dieser nahe genug herangekommen war, erkannten die Schwestern, dass es sich um den Prinzen, den einzigen Sohn des Königs, handelte.

Der Prinz befahl seinem Schimmel stehenzubleiben und stieg ab. Die Schwestern machten einen Knicks. Hildegard, die jüngere der beiden, war ganz nervös und stammelte: »Ich grüße euch, edler Prinz!« Der Prinz entgegnete: »Ich grüße euch auch. Was machen die beiden hübschen jungen Damen so ganz allein im Wald?« »Wir sammeln Pilze für das Abendbrot«, antwortete Gunhild, die ältere der Schwestern.

Als Hildegard bemerkte, dass der Prinz sehr traurig wirkte, meinte sie: »Edler Prinz, warum seid ihr so traurig?« Der Prinz war ganz gerührt, dass sie seine Traurigkeit spürte und sagte: »Ach weißt du, mein Vater hat angeordnet, dass ich in drei Monaten heiraten soll. Jeden Tag reite ich durchs ganze Land, um Ausschau nach einer Braut zu halten. Aber ich finde einfach keine Frau, die mir gefällt und der ich mein Herz schenken könnte.«

»Wie wäre es denn mit mir? Ich würde euch von der Stelle weg heiraten«, meinte Gunhild vorlaut. »Ja, ihr beiden gefallt mir schon sehr. Ihr seid wirklich hübsche und anständige junge Damen. – Also, vielleicht nehme ich wirklich eine von euch zur Gemahlin.«

»Auf wen von uns fällt eure Wahl?«, wollte Gunhild wissen. Wenngleich die Sympathie des Prinzen mehr Hildegard galt, wollte er beiden die gleiche Chance geben. So sprach er: »Diejenige von euch, die mir noch vor dem nächsten Vollmond den schöneren und größeren Diamanten bringt, werde ich zur Frau nehmen.« Dann verabschiedete er sich und ritt von dannen.

Gunhild und Hildegard waren ganz aufgeregt und konnten es einfach nicht fassen, dass eine von ihnen vielleicht die Frau des Prinzen werden könnte.

Wieder zu Hause angekommen erzählten sie alles ihrer Mutter. Dann meinte Hildegard: »Aber wo sollen wir einen Diamanten herbekommen? Ich weiß nicht einmal, ob man hier in der Gegend überhaupt einen finden könnte.« Ihre Mutter antwortete: »Ja, das ist wirklich ein Problem. Allerdings kenne ich vom Hörensagen einen Ort, wo es Diamanten geben soll. Es ist der einzige Ort im Umkreis von vielen Tausend Meilen.« »Erzähle weiter, Mutter!«, sagte Gunhild, die gar nicht abwarten konnte zu erfahren, wo dieser Ort wohl wäre. Die Mutter fuhr fort: »Es soll eine Höhle geben, in der sich wunderschöne Diamanten befinden. Diese soll gar nicht allzu weit von hier entfernt sein. Aber es ist äußerst gefährlich, die Höhle zu betreten. Es heißt, dass schon einige versucht haben, in sie einzudringen, um nach Diamanten zu suchen. Aber gefunden haben sie keinen einzigen. Erst nach Tagen sind sie völlig erschöpft, verunsichert und verängstigt zurückgekommen, weil sie sich in den Höhlengängen verirrt hatten. – Also, ich rate euch, von eurem Vorhaben Abstand zu nehmen. Es ist viel zu gefährlich!«

Doch die Schwestern ließen nicht locker und wollten von ihrer Mutter wissen, wo sie diese Höhle finden könnten. »Das weiß ich leider nicht. Aber es gibt eine alte Frau, die es euch sagen könnte.«

»Wer ist diese Frau, und wo wohnt sie?«

»Wenn ihr zur Quelle geht, an der ihr immer das Wasser schöpft, dann führt rechts ein schmaler Weg in den Wald hinein. Wenn ihr diesem Weg folgt, kommt ihr nach sieben Meilen an ein Häuschen. Dort lebt die alte Frau.«

Gleich nach Sonnenaufgang machten sich die beiden Schwestern, die sich von den Warnungen ihrer Mutter nicht abhalten ließen, auf den Weg. Nach knapp zwei Stunden kamen sie an dem Häuschen an. Die alte Frau bat sie hinein und sagte: »Seid mir gegrüßt! Ich habe schon seit Jahren keinen Besuch mehr gehabt. Was führt euch zu mir?«

Die Schwestern erzählten von ihrem Begehr und auch von den Warnungen ihrer Mutter.

»Ja, eure Mutter hat schon recht! Es ist sehr, sehr gefährlich, die Höhle zu betreten. Viele, die es schon versucht haben, haben es hinterher sehr bereut und werden es gewiss nie wieder versuchen.«

»Warst du schon einmal in der Höhle?«, wollte Hildegard wissen. »Ja, vor vielen, vielen Jahren. Ich habe sogar einen Diamanten gefunden. Heute brauche ich keinen mehr, weil ich alles habe, was ich benötige«, sprach die Alte.

»Warum ist es denn so gefährlich in der Höhle?«, fragte Hildegard. »Nun, man muss sich vorher gründlich vorbereiten. Die Besucher erwartet eine völlig andere Welt. Man muss wissen, was da auf einen alles zukommt und wie man sich zu verhalten hat. Nur dann kann einem nichts Schlimmes geschehen. Und wenn man ganz viel Glück hat, kann man sogar tatsächlich einen Diamanten finden.«

Gunhild wurde ungeduldig und sagte: »Papperlapapp! Wenn ich erst mal in der Höhle bin, werde ich schon sehen, wie es da so ist. Da werde ich schon klarkommen. Sage mir bitte endlich, wo sich diese Höhle befindet. Was meine Schwester macht, ist mir egal. Ich will jetzt endlich einen Diamanten suchen.« Die Alte zog die Augenbrauen hoch und meinte: »Gut, ich habe euch gewarnt! Aber du wolltest es nicht anders. Also, wenn du den Weg, auf dem ihr zu mir gekommen seid, noch drei Meilen fortsetzt, kommst du an eine kleine Lichtung. Am Ende der Lichtung stehen drei riesige Tannen. Zwischen der ersten und der zweiten befindet sich der Eingang. Wenn man es nicht weiß, kann man ihn leicht übersehen.«

Gunhild machte sich sofort auf den Weg.

Die Alte sagte: »Deine Schwester wollte nicht auf meinen Rat hören. Wenn sie so unvorbereitet in die Höhle geht, wird sie in dieser herumirren und nichts wahrnehmen können. Du bist vernünftiger. Wenn du möchtest, werde ich dich jetzt belehren, damit du eine Chance hast, einen Diamanten zu finden, um so die Frau des Prinzen zu werden.« »Ja, sehr gerne, liebe Frau!«