Das Licht der Ewigkeit - Andie Krown - E-Book

Das Licht der Ewigkeit E-Book

Andie Krown

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Eine Liebe, die alles überwindet – sogar den Tod!
Spannender Fantasy-Roman für Fans von Nalini Singh und Marah Woolf

Die Liebe zwischen Cedric und Anne scheint perfekt. Doch als Cedric während der Rosenkriege stirbt, zerbricht ihr Glück. Um seiner Geliebten weiterhin nahe sein zu können, nimmt er ein verlockendes Angebot an: Cedric wird als unsterblicher Kriegerengel in Erzengel Michaels Armee gegen die Dämonen Luzifers kämpfen. Aber Anne stirbt nur wenige Jahre nach ihm.

Fünfhundert Jahre vergehen, aber Cedric kann Anne nicht vergessen. Aus dem rechtschaffenen und liebenden Ehemann ist ein verbitterter Kämpfer geworden. Dann geschieht das Unmögliche: Cedric trifft in New York auf eine Frau, die aussieht wie seine Anne. In ihr erkennt er die Seele seiner Geliebten, die er für immer verloren glaubte. Die beiden kommen sich näher. Doch die Liebe zwischen Engeln und Sterblichen ist verboten und plötzlich sehen sich beide einer Gefahr gegenüber, die ihnen alles zu nehmen droht.

Erste Leserstimmen
„Sehr schöner Auftakt über Himmel und Hölle, Schicksal und Seelen, der mir sehr gut gefallen hat!“
„Ich kann es kaum erwarten, bis der zweite Band erscheint!“
„ein spannender und romantischer Fantasy-Roman voller Gefühl und Dramatik“
„Ein Wort: Gänsehautfeeling!!!
„wundervolles Debüt, das durch tiefe, authentische Emotionen besticht, die uns verzaubern und gleichzeitig aufwühlen“

Weitere Titel dieser Reihe
Das Licht der Seele (ISBN: 9783960876885)
Das Licht der Vergangenheit (ISBN: 9783960877332)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 493

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses E-Book

Kent, 1481. Die Liebe zwischen Cedric und Anne scheint perfekt. Doch als Cedric während der Rosenkriege stirbt, zerbricht ihr Glück. Um seiner Geliebten weiterhin nahe sein zu können, nimmt er ein verlockendes Angebot an: Cedric wird als unsterblicher Kriegerengel in Erzengel Michaels Armee gegen die Dämonen Luzifers kämpfen. Aber Anne stirbt nur wenige Jahre nach ihm. Fünfhundert Jahre vergehen, aber Cedric kann Anne nicht vergessen. Aus dem rechtschaffenen und liebenden Ehemann ist ein verbitterter Kämpfer geworden. Dann geschieht das Unmögliche: Cedric trifft in New York auf eine Frau, die aussieht wie seine Anne. In ihr erkennt er die Seele seiner Geliebten, die er für immer verloren glaubte. Die beiden kommen sich näher. Doch die Liebe zwischen Engeln und Sterblichen ist verboten und plötzlich sehen sich beide einer Gefahr gegenüber, die ihnen alles zu nehmen droht. 

Impressum

Überarbeitete Neuausgabe April 2019

Copyright © 2021 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96087-725-7 Taschenbuch-ISBN: 978-3-96087-753-0

Copyright © 2017, Andrea Kronberger im Selfpublishing Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2017 bei Andrea Kronberger im Selfpublishing erschienenen Titels Stärker als die Ewigkeit (ISBN: 978-1-52094-913-0).

Covergestaltung: Rose & Chili Design unter Verwendung von Motiven von Dreamstime.com: © Halayalex, © Vvs219, depositphotos.com: © MoonBloom, © gubh83, © EdZbarzhyvetsky Lektorat: Daniela Höhne

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Unser gesamtes Verlagsprogramm findest du hier

Website

Folge uns, um immer als Erste:r informiert zu sein

Newsletter

Facebook

Instagram

Twitter

YouTube

Das Licht der Ewigkeit

1

England, Kent, Frühling 1481, Tag des Jahrmarkts

Mit gleichmäßigem Ruckeln rollte die offene Kutsche über den unbefestigten Weg durch die hügelige Landschaft von Kent. Anne saß gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern auf der weich gepolsterten Sitzbank und war in ihren dicken Wollumhang gehüllt. Zu dieser frühen Stunde war es noch kühl, denn sie waren bereits kurz nach Sonnenaufgang aufgebrochen, hatten die Burg hinter sich gelassen und fuhren nun durch einen dichten Wald. Sie waren auf dem Weg ins Dorf, wo an diesem Tag der alljährliche Frühjahrsmarkt stattfand. Anne liebte die besondere Atmosphäre, die auf solchen Jahrmärkten herrschte, den regen Trubel, denn jeder feilschte mit jedem und manche Leute stritten sogar. Die Luft war schwer von all den verschiedenen Gerüchen nach Gewürzen, Pasteten und Backwaren.

Wie in den Jahren zuvor hatte ihr Vater, der Earl of Ashford, seiner Familie erlaubt, das Freudenfest zu besuchen und ritt nun mit drei seiner Ritter neben dem Wagen. Zwar war Anne es gewohnt, Geleitschutz um sich zu haben, denn sobald sie die schützenden Mauern der Burg verließ, musste stets ein Ritter ihres Vaters um sie sein, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. An diesem Tag jedoch hatte ihre Nervosität nichts mit der Vorfreude auf den Markt zu tun. So sehr sie es auch versuchte, sie konnte den Blick einfach nicht von dem Ritter abwenden, der direkt neben ihr ritt.

Cedric.

Immer wieder sah sie verstohlen zu ihm. Er war ihr so nahe, dass sie das metallische Klirren seines Schwertes hören konnte, das sich im gleichmäßigen Schritt des Tieres mitbewegte. Den Blick hatte er geradeaus gerichtet, während er die Zügel locker in einer Hand hielt. Sie bemühte sich, nicht ständig zu ihm hinüberzusehen, doch es gelang ihr eher schlecht als recht. Bewusst ermahnte sie sich, den Kopf gesenkt zu halten, doch ihr Blick wanderte erneut zu ihm. Bereits vor einiger Zeit war ihr der junge Ritter aufgefallen, dessen muskulöse Statur von täglichem Waffentraining und harter körperlicher Arbeit zeugte. Er war groß, hatte breite Schultern und ein markantes Gesicht, dessen Wangen ein Bart zierte, der ganz der Mode entsprechend gestutzt war. Zum Glück trugen die Ritter heute keinen Helm, sodass sie seine Züge genauer betrachten konnte. Sein Haar war dunkelbraun, beinahe schwarz und reichte ihm bis auf die Schultern. Sie konnte sehen, dass sich die Spitzen im Nacken kräuselten und sie hatte bereits herausgefunden, dass eine vorwitzige Strähne dazu neigte, ihm in die Stirn zu fallen. Sie wusste, seine Augen waren dunkelbraun und erschrak, als genau diese sie nun belustigt anblickten. Kurz lächelte sie zurück und senkte dann beschämt den Blick. Schließlich hatte er sie dabei erwischt, wie sie ihn musterte, als wäre er ein Pferd, das zum Verkauf angeboten wurde.

Ach,du liebe Güte. Anne spürte die Hitze bereits, die in ihren Wangen aufstieg.

„Seid Ihr unwohl, Mylady? Wünscht Ihr eine Rast?“ Besorgnis lag in seinem Blick.

„Nein … Danke. Es geht schon“, brachte sie stammelnd hervor, der tiefe melodische Klang seiner Stimme brachte sie völlig durcheinander.

Sei kein Schaf, schalt sie sich, denn für gewöhnlich war sie doch sonst auch nie um Worte verlegen. Selbstbewusst hob sie den Blick und lächelte ihn an. „Möchtet Ihr heute auch etwas kaufen, Sir Cedric?“

„Vielleicht ein Pferd, wenn es die Zeit erlaubt. Welche Besorgungen schweben Euch vor, Mylady, etwa auch Stoff für ein neues Kleid?“ Damit spielte er schmunzelnd auf das Gespräch zwischen ihrer Mutter und ihren Schwestern an, das sich seit Stunden um Muster, Farben und Schnitte drehte.

Anne lachte herzhaft. „Da wäre Mutter sicherlich begeistert, aber meine Kleider werden ohnehin bloß schmutzig und aus Haarschmuck mache ich mir nichts.“ Sie strich sich eine honigblonde Strähne hinters Ohr. „Am liebsten sehe ich mir die Tiere an, die Schafe, Rinder, Schweine, Gänse und natürlich die Pferde.“

***

Cedric blickte in ihre grünen Augen, die vor lauter Vorfreude funkelten. Schon lange war er fasziniert von Anne, bereits an dem Tag, als er in die Dienste ihres Vaters getreten war, war sie ihm aufgefallen. Sie war ein Wildfang, lebensfroh und abenteuerlustig und sie ritt lieber, als dass sie Kleider nähte oder an Stickereien arbeitete. Statt im Studierzimmer zu sitzen und zu lesen, nahm sie, sehr zum Leidwesen des Pfarrers, der ihr Lehrer war, die wertvollen Bücher gerne mit an den naheliegenden Fluss, um an dessen Ufer zu sitzen und die Werke im Sonnenschein zu lesen. Das wusste jeder in der Burg und alle waren hingerissen von ihrem liebenswürdigen und ungestümen Wesen. Sogar die strenge Köchin hatte sie verzaubert und es gelang Anne, ihr immer wieder einen Apfel abzuschwatzen. Sollte die Küchenmeisterin allerdings jemals dahinterkommen, dass Anne damit ihr Pferd fütterte, würde sie wohl keinen mehr bekommen.

Der Earl war zu Annes Glück ein weiser Mann, der wusste, dass er seine Tochter einsperren müsste, um sie zu bändigen. So hatte er beschlossen, ständig einen seiner Ritter bereitzustellen, um für ihre Sicherheit zu sorgen. Allerdings sehr zum Leidwesen von Annes Zofe Mildred, denn die hatte nun alle Hände voll zu tun, ihren lebensfrohen Schützling unter Kontrolle zu halten und die jungen Ritter mit ihren Blicken zu erdolchen, sollten sie sich in Annes Gesellschaft etwas zu sehr bemühen, ihren Pflichten nachzukommen. Wann immer sich die Gelegenheit ergab, ließ Cedric sich unauffällig als ihren Geleitschutz einteilen, so konnte er zumindest etwas Zeit mit ihr verbringen und Annes sonniges Wesen genießen. Von mehr durfte er nicht einmal träumen, denn sie war für ihn unerreichbar, schließlich war sie die Tochter eines Earls, während er bloß ein Ritter von niederem Adel war und somit weit unter ihr stand.

Als sie zur Mittagsstunde am Marktplatz angekommen waren, kommandierte Annes Vater einen Mann ab, um beim Wagen zu bleiben und darauf aufzupassen. Anne war ihr Tatendrang anzusehen, denn sie hatte sich bereits ihres Wollumhangs entledigt und wirbelte nun voller Energie um ihren Vater herum.

„Wir würden viel Zeit sparen, wenn Sir Cedric mich begleiten könnte. Ich möchte mir die Tiere ansehen und er möchte ein Pferd kaufen.“

Sie redete auf den Earl ein, der ihrem Wortschwall nicht viel entgegensetzen konnte und als sie ihn noch dazu davon überzeugte, kein Geld für neue Kleider zu benötigen, wusste Cedric, dass sie gewonnen hatte. Der Earl wandte sich an ihn: „Pass gut auf sie auf, sie wird sich mit Sicherheit in Schwierigkeiten bringen.“

Cedric verneigte sich. „Mylord.“

„Und lass dir von ihr keinen Klappergaul einreden, den sie vor dem Schlachter retten möchte.“

Cedric nickte und folgte Anne, die bereits losgelaufen war, zu den Ständen.

„Kommt, wir holen uns zuerst etwas Met und einige frische Pasteten.“ Schon war sie im Schnellschritt zu dem verlockenden Duft unterwegs. Cedric ließ es sich nicht nehmen, zu bezahlen und genüsslich vertilgten sie die frischen Backwaren und tranken den süßen Honigwein.

„Wo ist eigentlich Eure Zofe?“ Cedric war aufgefallen, dass er noch keine tödlichen Blicke erhalten hatte.

„Die Ärmste ist leider durch eine Erkältung ans Bett gefesselt.“

Cedric konnte ein erleichtertes Aufatmen nicht verhindern, das Anne sogleich zum Lachen brachte. „Habt Ihr etwa Angst vor ihr?“

„Ein wenig“, gab er schmunzelnd zu

„Ach, sie bellt nur und beißt nicht.“

„Da wäre ich mir aber nicht so sicher.“

Anne grinste und als sie fertig gespeist hatten, beschlossen sie, sich bei den Pferden umzusehen.

Kaum waren sie fündig geworden, hatte Cedric den dunkelbraunen Wallach auch schon an der Kutsche festgebunden. Er wurde den Verdacht nicht los, dass er vom Händler soeben ziemlich über den Tisch gezogen worden war, doch Anne hatte das Tier, das den Namen Aris trug so gut gefallen und somit hatte er es gekauft. Nun begleitete er sie zu den Reihen der Stände, die sie sich ansehen wollte.

Hatte er sich zuvor noch gefragt, wie sie sich wohl in Schwierigkeiten bringen würde, wusste er es nur wenig später.

Sie stritt mit einem Händler, der Schmuckstücke verkaufte, die man an das Zaumzeug eines Pferdes hängen konnte. Er reagierte nicht besonders freundlich, als Anne ihn der Halsabschneiderei beschuldigte. Auch vor einem Schweinezüchter musste er sie schützen, dem sie die Hölle heiß machte, da er die armen Tiere zu eng einpferchte. Schnell schob Cedric sie hinter sich und baute sich bedrohlich vor dem Mann auf. Demonstrativ legte er seine Hand auf den Schwertknauf und erinnerte den Züchter an seinen Tonfall einer Lady gegenüber. Gott sei Dank war die Angelegenheit damit erledigt, denn der Viehzüchter wich zurück, schimpfte etwas in seinen Bart und schickte Cedric und Anne zum Teufel. Cedric schob Anne hinter einige mannshoch aufgetürmte Strohballen in Sicherheit, denn sie schüttelte sich vor Lachen und er wollte den Groll des Mannes nicht erneut heraufbeschwören.

„Cedric, habt Ihr die Ader an seiner Stirn gesehen?“

„Ja, ich dachte, sein Kopf würde jeden Moment platzen.“

Ihr frohes und gänzlich undamenhaftes Lachen schürte eine Sehnsucht in ihm, die er nicht empfinden sollte und ein Verlangen, dem er niemals nachgeben durfte. Trotzdem konnte er die Augen nicht von ihr abwenden.

Plötzlich geriet sie ins Straucheln und legte schnell ihre zarte Hand an seine Brust, um sich abzustützen.

Es durchfuhr ihn wie ein Blitz.

Wie war das möglich? Schließlich trug er sein wattiertes Wams und dennoch spürte er eine Hitze an genau der Stelle, an der ihre Hand lag. In Windeseile breitete sich das Prickeln von seiner Brust in seinem ganzen Körper aus und trieb seinen Puls in die Höhe. Er hörte Annes überraschtes Keuchen. Sie hatte aufgehört zu lachen und sah ihn nun mit vor Überraschung geweiteten Augen an.

***

Was geschieht hier? Sie konnte die Hitze seines Körpers durch die Jacke hindurch fühlen und von ihrer Hand ausgehend, drohte sie ihren ganzen Leib zu versengen. Die gleiche Hitze, die in ihr tobte, erkannte sie in seinen Augen. Das glühende Braun, das von langen schwarzen Wimpern umgeben war, fesselte sie so sehr, dass ihr der Atem stockte.

„Cedric?“

„Ja. Ich fühle es auch.“

Er hob seine Hand und legte sie auf ihre an seiner Brust. Kräftige warme Finger umfingen ihre zitternden und sie fühlte seine vom täglichen Waffendrill schwielige Haut. Konnte ihr Herz denn überhaupt noch schneller schlagen?

Da hob er seine freie Hand, strich ihr zärtliche über die Wange und sogleich schmiegte sie sich näher an ihn. Wie konnten so unschuldige Berührungen derartig intensive Empfindungen in ihr auslösen und sich so richtig anfühlen? Es war, als gehörte sie genau hierher, denn sie wurde wie durch ein magisches Band zu ihm hingezogen. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer atmend, und die Luft um sie herum schien zu knistern, als sie ihren Kopf anhob und ihm entgegenstreckte.

Er beugte er sich zu ihr hinab und sein warmer Atem strich über ihre Lippen. Kurz verweilte er und sie befürchtete schon, er hätte es sich anders überlegt, doch dann verschloss er ihre Lippen mit seinen.

Ihr erster Kuss.

Noch nie zuvor hatte sie den Mund eines Mannes auf ihrem gefühlt und es war fantastisch. Zärtlich leckte seine Zunge über ihre Lippen, neckte sie unendlich süß und als würde eine höhere Macht es ihr zuflüstern, öffnete sie ihren Mund und gewährte ihm Einlass. In jenem Augenblick, als ihre Zungen sich berührten, wusste sie, dass es niemals einen anderen Mann in ihrem Leben geben würde.

Um ihm noch näher sein zu können, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um seinen Nacken. Sogleich presste er sie an sich und eroberte ihren Mund stürmisch und voller Leidenschaft. Ihre Sinne konzentrierten sich nur auf ihn. Sie fühlte seine weichen Haare zwischen ihren Fingern, spürte seine harte Brust an ihren zarten Rundungen und war wie berauscht von der Intensität seines Kusses.

Viel zu schnell löste er sich jedoch wieder von ihr und ohne sie aus seiner Umarmung zu entlassen, schob er sie ein kleines Stück von sich.

„Anne, was tun wir hier?“ Er war ebenso außer Atem wie sie.

„Etwas, das sich völlig richtig anfühlt.“

Er erwiderte nichts, sah sie nur einen Augenblick lang an, dann löste er sich aus ihrer Umarmung und nahm ihre Hand.

„Kommt, wir sind spät dran.“

Anne war beunruhigt. Sie war sich sicher, dass er die gleiche Magie gefühlt hatte, die auch sie empfunden hatte, denn obwohl sie unerfahren war, war sie nicht dumm. So stapfte sie verdrießlich neben ihm her.

Als alle sich wieder auf der Kutsche versammelt und die Männer die Berge an Stoffballen, Garn und Spitze verstaut hatten, half Cedric Anne auf den Wagen. Mit einer Hand hielt sie sich an ihm fest und mit der anderen raffte sie ihren Rock hoch, sodass sie die Stufe hinauf auf das Trittbrett erklimmen konnte. Dabei nahm sie seinen Duft wahr und atmete ihn tief ein. Er roch nach Leder, Wald und Seife sowie nach dem süßen Met, den sie zuvor getrunken hatten. Zart strich er mit dem Daumen über ihren Handrücken bevor er sie schließlich freigab. Verstohlen lächelte er sie an, doch dann blickte er zum Earl, der gerade den Befehl zum Aufsitzen gab. Cedric tat wie geheißen und dirigierte sogleich sein Pferd an Annes Seite. Zwar hielt er den Blick zumeist geradeaus gerichtet, doch wann immer er zu ihr sah, tauschten sie ein Lächeln aus. Dann fiel sein Blick jedoch stets auf den Rücken des Earls, der vor ihm ritt und Cedrics Miene wurde erneut ernst.

Anne fragte sich, wie sie den langen Weg zurück zur Burg bloß überstehen sollte. Sie musste unbedingt eine Möglichkeit finden, so schnell wie möglich ungestört mit Cedric zu reden, allerdings wusste sie nicht, wie sie das anstellen sollte.

2

Erst nach Sonnenuntergang kehrten sie zur Burg zurück. Nachdem sie im Hof angehalten hatten und die Männer abgesessen waren, eilten sogleich mehrere Stallburschen herbei, die sich emsig daran machten, die Pferde zu versorgen. Anne wartete geduldig, bis Cedric zu ihr kam und ihr die Hand reichte, um ihr vom Wagen zu helfen. Kaum berührte sie seine Haut, fühlte sie sofort wieder jenes warme Prickeln, das sich über ihren Arm hinauf weiter ausbreitete. Sie hüpfte die letzte Stufe hinunter und selbst als sie wieder festen Boden unter sich hatte, ließ er sie nicht gleich los. So stand sie da, unsicher, was sie nun tun sollte, doch sie wollte auf keinen Fall, dass der Moment in seiner Nähe endete.

„Ich danke Euch für den schönen Tag.“

Da ließ Cedric ihre Hand los und deutete eine Verneigung an. „Mylady“, erwiderte er bloß, drehte sich um und ging in Richtung Stall davon.

Voller Bedauern sah Anne ihm nach, ließ sich dann aber von ihren Schwestern in die Burg hineinschieben. Da sie aber keinen Hunger hatte, verabschiedete sie sich schnell und lief die Treppe hinauf, die ins Obergeschoß zu ihrer Kammer führte. Dort setzte sie sich an den Rand des Bettes und starrte in die Dunkelheit. Sie musste Cedric unbedingt sprechen, es ließ ihr einfach keine Ruhe. Natürlich konnte sie jeden Tag einen Ausritt unternehmen und hoffen, dass er der Ritter wäre, der sie begleiten musste, aber sollte er ihr aus dem Weg gehen wollen, würde ihm das leicht gelingen. Sie beschloss also, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Doch sie musste sich gedulden, bis die Bewohner der Burg sich zur Ruhe begeben hatten. So lauschte sie auf die Geräusche außerhalb ihres Gemachs und tappte dabei ungeduldig mit ihren Füßen auf den Boden.

Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis die letzte Tür ins Schloss gefallen war. Schnell griff sie sich den schweren dunklen Wollumhang, der neben der Tür hing und legte ihn sich um die Schultern. Sorgsam achtete sie darauf, sich die Kapuze tief in die Stirn zu ziehen, damit keine verräterische blonde Haarsträhne ihr Vorhaben zunichtemachen konnte.

Ganz leise öffnete sie die Tür ihres Gemachs und lauschte hinaus auf den Gang, der zum Glück leer und verlassen vor ihr lag. Flink schlüpfte sie hinaus und lief zur steinernen Treppe lief, die in die große Halle führte. Eng an die Wand gedrückt schlich sie die Stufen hinunter und verharrte knapp vor dem Durchgang zum Burgsaal, in dem abends die Tische zur Seite geschoben wurden und der den unverheirateten Männern als Schlafstätte diente. Sie hoffte inständig, dass Cedric noch im Stall war, denn wäre er bereits hier inmitten der schnarchenden Meute würde sie ihr Vorhaben, ihn ungestört zu treffen, gleich wieder vergessen können.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, ermahnte sie sich und lief los. Es war nur ein kleines Stück, das sie in der Halle zurücklegen musste, denn sie bog schnell in Richtung Küche ab, huschte sie durch das Reich der Köchin auf dem Weg zu einer schmalen Tür, die den seitlichen Eingang der Burg markierte. Ihre Finger zitterten, als sie den eisernen Riegel beiseiteschob; sie betete, dass niemand das Quietschen gehört hatte. Schnell schlüpfte sie durch das hölzerne Tor ins Freie und lief an der Burgmauer entlang in Richtung der Ställe.

***

Cedric half, die Pferde zu versorgen, denn er brauchte ein wenig Zeit, um Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Und das konnte er am besten allein, wenn sich alle anderen bereits für die Nacht zurückgezogen hatten. Mit Stroh rieb er die Tiere trocken wobei die gleichmäßigen Bewegungen ihn eigentlich zur Ruhe bringen sollten, doch sie taten es nicht. Er konnte nicht aufhören, an Anne zu denken. Wie so oft.

Vielleicht sollte er den Earl bitten, ihn für einige Tage vom Dienst freizustellen. Er hätte schon längst mal wieder zu seinem Gutshof in Stentington reiten sollen, um nach dem Rechten zu sehen. Letztes Jahr hatte der Earl ihn damit für seinen Einsatz im Kampf belohnt. Durch einen Verwalter ließ Cedric die Einkünfte aus Viehzucht und Ackerbau beaufsichtigen, aber ab und zu war es von Vorteil, selbst ein Auge auf die Buchführung zu werfen.

War er jedoch ehrlich zu sich selbst, wollte er nicht weg von hier. Von Anne. Er konnte sich nicht vorstellen, von ihr getrennt zu sein. Spätestens nach dem Kuss heute hatte sie ihn endgültig verzaubert. Der süße Geschmack ihrer Lippen machte ihn süchtig nach mehr.

Was sollte er nun tun? Der Earl würde ihm Anne niemals zur Frau geben, war er doch im Adelsstand weit unter ihr.

Frustriert, da er auf die vielen Gedanken, die in seinem Kopf kreisten, keine Antworten fand, fuhr er sich durch die Haare und stieß entnervt die Luft aus. In dieser Nacht würde er wohl auch zu keiner Erkenntnis mehr kommen.

Genervt trat er ein Büschel Stroh zur Seite und machte sich auf den Weg hinüber zur Burg, vielleicht konnte zumindest sein Körper Erholung finden nach dem langen Ritt.

Gerade, als er den Burghof überquerte, erregte eine Bewegung in seinem Augenwinkel seine Aufmerksamkeit. Er versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen, doch es gelang ihm nicht. Er beschloss, noch etwas zu warten und sich zu versichern, dass seine Augen ihm nicht bloß einen Streich gespielt hatten. So lehnte er sich an die Wand und starrte in die Nacht.

Es dauerte nicht lange, da bemerkte er eine Gestalt, die, in einen dunklen Umhang gehüllt, zu den Ställen schlich. Was sollte das? Der Größe nach musste es sich um einen Jugendlichen Handeln, wahrscheinlich einer von denen, die ständig nur Unfug im Kopf hatten. Wehe ihm, sollte er es wagen, die Pferde zu erschrecken! Cedric hatte keinerlei Verständnis für solchen Unfug und der Bursche würde sich wünschen, er wäre nie geboren worden. Geräuschlos setzte Cedric sich in Bewegung und folgte dem Halbwüchsigen, der schmal mal gebaut und sicherlich einen ganzen  Kopf kleiner war als er selbst. Kaum war er in den Stall getreten, schlich Cedric sich hinter ihn und packte ihn grob am Oberarm.

„Hab ich dich, du Bengel.“ Er vernahm deutlich ein erschrockenes Keuchen und flink wie ein Wiesel duckte sich der Bursche unter seinem Arm hindurch. Keinen Augenblick später spürte Cedric einen heftigen Schmerz an seinem Schienbein.

„Verflucht!“ Sogleich wollte er dem Übeltäter nachsetzen und ihn wieder einfangen, als dessen Kapuze nach hinten rutschte und er im Mondlicht, das durch die Tür hereinfiel, eine Flut an hellen Locken erkennen konnte, die sich über ein zartes Antlitz ergoss.

„Anne?“ Sofort blieb Cedric stehen und starrte sie entsetzt an.

„O Cedric, Ihr seid es, dem Himmel sei Dank.“

„Seid Ihr wohlauf? Habe ich Euch wehgetan?“

„Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe mich nur erschrocken.“

Da schien Cedric sich wieder daran zu erinnern, dass sie mitten in der Nacht im Stall aufgetaucht war.

„Was tut Ihr hier? Seid ihr völlig verrückt geworden im Dunkeln hier draußen herumzuschleichen?“

„Nein, mein Verstand ist völlig klar. Ich war vorsichtig und habe dafür gesorgt, dass mich niemand sieht.“

„Nun, das hat ja bestens geklappt.“

Sie setzte bereits zu einer Antwort an, schien es sich aber anders zu überlegen. Stattdessen rieb sie sich über die Stelle an ihrem Oberarm, an der er sie zuvor gepackt hatte. Schuldgefühle durchströmten ihn und er verringerte den kurzen Abstand, der sie trennte. Behutsam schob er ihren Umhang zur Seite und ihren Ärmel etwas in die Höhe, sodass er die Stelle knapp oberhalb ihres Ellenbogens entblößte. Obwohl er es im Mondlicht nicht genau erkennen konnte,  vermutete er, dass sich die roten Abdrücke seiner Finger deutlich auf ihrer zarten Haut abzeichneten.

„Vergebt mir“, flüsterte er, als er sanft über die geschundene Stelle strich. Als sie nickte, hob er vorsichtig ihren Arm und beugte sich darüber, um einen zarten Kuss auf die Striemen zu hauchen. Er fühlte Annes freie Hand an seinem Nacken, als sie ihre Finger in seinen Haaren vergrub und richtete sich auf, ohne sich aus ihrer Liebkosung zu lösen.

„Warum seid Ihr nicht in Eurer Kammer?“

„Ich wollte mit Euch sprechen.“

„Ist dies noch immer Euer Wunsch?“ Forschend sah er sie an, denn in ihrem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Schüchternheit und Neugierde.

„Nein.“ Zart strich nun auch ihre andere Hand seinen Arm hinauf, berührten die Muskeln an seiner Schulter und wanderte seinen Nacken entlang, wo sie spielerisch durch seine Haare glitt. Bei keiner anderen Frau hatte er jemals so intensive Gefühle empfunden wie bei ihr. Nur Anne vermochte es, bereits durch so kleine Berührungen sein Innerstes in Aufruhr zu versetzen.

Als er sie im Stall erkannt hatte, hatte sein Herz ausgesetzt – wenn er nur daran dachte, was ihr alles hier draußen hätte geschehen können! Allein, ohne Schutz, und eine Horde sorgloser und wahrscheinlich betrunkener Ritter unweit entfernt.

Er betrachtete ihre anmutigen Züge, im Mondlicht hatte ihre Haut einen hellen Glanz und ihr honigblondes Haar leuchtete silbrig. Bestimmt legte er seine Arme um ihre Taille und zog sie ganz nah an sich heran. Wie verführerisch sich ihre Rundungen anfühlten, als sie sich an ihn schmiegte. Er beugte sich zu ihr hinab und verschloss ihren Mund mit seinem. Sogleich teilte sie ihre Lippen und hieß ihn willkommen. Sie schmeckte süßer als jede Frucht und berauschender als der stärkste Wein. Als sie die Initiative ergriff und mit ihrer Zunge in seinen Mund eindrang, ihn erkundete und eroberte, raubte sie ihm damit den letzten Funken Verstand. Seit er ein Jüngling gewesen war, hatte er keine weichen Knie mehr durch einen Kuss bekommen, aber dies war nicht einfach nur ein Kuss. Es war, als würden ihre Seelen miteinander verschmelzen.

Sie drängte sich an ihn und ließ ihre Hände seinen Rücken hinabgleiten, schob sie unter seine Jacke und sein Unterhemd und zum ersten Mal fühlte er ihre Finger an der nackten Haut seines Oberkörpers. Obwohl sie kühl waren, zogen sie eine Spur aus Feuer hinter sich her. Er konnte nicht widerstehen und streifte ihren Umhang von ihren Schultern und ließ den Stoff achtlos ins Stroh fallen.

Zärtlich strich er ihre Haare nach hinten und beugte sich weiter hinab, um ihren Hals zu liebkosen. Anne keuchte voller Begierde in sein Ohr, was seinen Puls noch weiter antrieb. Er bedeckte ihre zarte Haut mit Küssen, leckte verführerisch darüber und atmete tief ihren süßen Duft ein. Je mehr er von ihr schmeckte, desto mehr wollte er sie. Mit all seinen Sinnen wollte er ihren Körper erkunden, wollte jede Stelle an ihr entdecken, sie küssen, riechen und überall streicheln. Er wollte ihren Atem tief in sich einsaugen und sich jedes verzückte Seufzen und jedes leidenschaftliche Stöhnen tief in seinem Gedächtnis einprägen.

Erneut suchte er ihre Lippen und verschloss sie mit einem Kuss. Tief drang er in ihre feuchte Höhle ein, während seine Finger hinaufwanderten, um die sanfte Wölbung ihrer Brüste zu verwöhnen, die so perfekt in seine Hände passten. Als er über die aufgerichteten Spitzen strich, keuchte Anne reizvoll und er konnte den schnellen Schlag ihres Herzens durch den Stoff hindurch fühlen. Wenn er noch einmal diesen süßen Klang ihres Stöhnens vernahm, schwor er sich, er würde sie hier und jetzt auf der Stelle nehmen.

Bei diesem Gedanken gefror ihm das Blut in den Adern. Was tat er hier, um Himmels willen? Hatte er denn völlig den Verstand verloren?

Bestimmt löste er sich von ihr, musste Abstand zu ihr gewinnen, denn so nah bei ihr brachte er keinen vernünftigen Gedanken zustande.

„Cedric?“, hauchte sie atemlos. „Was hast du?“

„Wir müssen aufhören. Du hättest nicht herkommen sollen.“

„Ich ahne, was du vorhast dennoch bitte ich dich, tritt nicht mit Füßen, was uns verbindet.“

Verblüfft sah er sie an, kam erneut zu ihr und nahm zärtlich ihr Gesicht in seine Hände. „Wie könnte ich das? Ich bin dir längst verfallen. Schon seit unzähligen Monden gehört mein Herz dir allein. Ich möchte dich nur schützen. Sollte man uns hier erwischen, wäre dein Ruf ruiniert.“

„Dessen bin ich mir bewusst.“

„Bist du dir auch im Klaren darüber, was geschehen würde, würde dein Vater vermuten, ich hätte dich entehrt? Bestenfalls würde er dich in ein Kloster verbannen.“

„Und dich in den Kerker werfen.“

Cedric nickte. „Ich habe keine Angst vor dem Verlies. Ich fürchte weder Dunkelheit noch Hunger und Ratten. Das Einzige, das ich daran nicht ertragen könnte, wäre, nicht zu wissen, wo du bist.“

Voller Verzweiflung blickte sie zu ihm auf. „Was sollen wir nur tun? Eine Zukunft ohne dich ist für mich unvorstellbar.“

Er zog sie zu sich heran und hielt sie mit seinen Armen umfangen, als er ihr ein Versprechen gab: „Wir werden einen Weg finden.“

3

Einige Monate später, auf einem Waldweg in wildem Galopp

Tief beugte Anne sich über den Hals ihres dunkelbraunen Wallachs. Sein angestrengtes Schnaufen und der rhythmische Schlag seiner Hufe, dröhnten laut in ihren Ohren. Der Wind peitschte ihr ins Gesicht und ließ ihre blonde Mähne ungestüm fliegen, während die Bäume an ihnen vorbeijagten.

Wie sehr sie diese Ausritte liebte und das Gefühl der unendlichen Freiheit genoss! Dies war es eindeutig wert, sich von zu Hause wegzuschleichen und die langweiligen Näharbeiten oder Stickereien hinter sich zu lassen. Sie blickte über die Schulter nach hinten. „Wehe, du lässt mich wieder absichtlich gewinnen!“, rief sie Cedric zu.

„Das würde ich niemals wagen!“, hörte sie ihn kurz hinter sich und drehte sich herzlich lachend wieder nach vorne. Natürlich ließ er sie gewinnen und sie war sich dessen völlig bewusst, aber er würde es niemals zugeben.

Cedric. Sie liebte diesen Ritter von ganzem Herzen und sie hatte nicht vor, ihn jemals wieder freizugeben.

Vor einer Wegzweigung galoppierte er an ihr vorbei, nahm die Zügel in seine rechte Hand und deutete mit der anderen nach links. Sie wusste, was er meinte und freute sich, dass er den Weg zu der kleinen Lichtung mit dem eiskalten Bach einschlug.

Kurz vor der Waldwiese parierten sie die Pferde durch, wobei Aris, der dunkelbraune Wallach, den Cedric damals auf dem Frühjahrsmarkt gekauft hatte und der nun ihr liebstes Reittier war, immer etwas länger brauchte, bis er von so viel Bewegungsdrang wieder zu seiner gewohnten Gemütlichkeit zurückfand.

Cedric lachte herzhaft. „Ihr zwei benötigt eine Strecke zum Anhalten so lang wie von London bis nach Canterbury.“

„Lachst du uns etwa aus? Wage es ja nicht, schlecht über Aris zu sprechen!“, drohte sie ihm scherzhaft. „Da verstehe ich keinen Spaß!“

Er hob beschwichtigend die Hände. „Ich weiß, er steht außer Konkurrenz.“

Sie lenkte Aris neben seinen Hengst. „Du bist sein einziger Widersacher.“ Daraufhin beugte sie sich zu ihm hinüber und küsste ihn.

In gemütlichem Schritt ritten sie über die Lichtung zu dem Bach, an dem sie abstiegen und den Pferden Wasser und eine verdiente Pause gönnten. Während Anne sich von ihren Schuhen und Strümpfen entledigte und ihre Füße ins kühle Nass tauchte, begleitete sie das genüssliche Mahlen der Pferde, sie sich nun an dem saftigen Gras bedienten. Glücklich lehnte sie sich an Cedric und kuschelte sich an seine Seite.

„Du hast dich verraten, mein Liebster. Indem du mich vorhin überholt hast, hast du bewiesen, dass dein Hengst doch nicht so langsam ist wie eine altersschwache Schnecke.“

Cedric grinste. „Ich hatte nur Glück.“

Sie glaubte ihm nicht, doch er beteuerte, dass ihr Aris viel leichter und wendiger wäre als sein schweres Streitross. Anne lachte über diese absurde Erläuterung und ihr Herz quoll über vor Liebe. Welches Geschenk des Himmels es doch war, hier diese Momente mit Cedric verbringen zu können. Seit Monaten ließ er sich, wann immer er konnte, ohne aufzufallen, als ihren Geleitschutz einteilen. Ihre verbotenen Gefühle füreinander waren rasend schnell zu aufrichtiger Liebe geworden.

Cedric stand unerwartet auf und zog sie mit sich hoch. Verständnislos wartete sie, was er vorhatte, doch er stand nur vor ihr und hielt ihre Hände in seinen.

„Anne …“ Sie sah den ernsten Ausdruck in seinen Augen. „Was ist denn los?“

„Du weißt, ich würde jederzeit mein Leben für dich geben.“

„Was bedrückt dich?“, erwiderte sie verstört.

„Ich möchte dich ehren, dir treu ergeben sein und dich stets beschützen. Anne, möchtest du mich heiraten?“

Überrascht schlug sie die Augen weit auf und warf sich dann stürmisch in seine Arme. „Ja!“, rief sie ohne zu zögern. „Natürlich will ich das.“ Lachend küsste sie ihn und obwohl sie vom Reiten verschwitzt war und das Kleid an ihr klebte, war sie noch nie zuvor glücklicher gewesen als in diesem Moment.

Als Cedric sie wieder zu Boden gleiten ließ und ihre nackten Füße das Gras berührten, schmiegte sie sich glücklich in seine Arme. Zärtlich strich er ihr eine feuchte Strähne aus dem Gesicht und sie schloss die Augen, um die sanfte Berührung seiner rauen Finger zu genießen.

„Was machen wir wegen meinem Vater?“, fragte sie an seine Brust gelehnt.

„Ich habe die letzten Wochen und Monate an nichts anderes gedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es versuchen muss. Ich möchte meine Gefühle für dich in die Welt hinaus rufen und sie nicht einen Tag länger im Verborgenen halten.“

„Was wenn er zornig wird und uns seine Zustimmung verweigert?“

„Er wird mit Sicherheit vor Wut schnaufen und ich werde seine Strafe über mich ergehen lassen müssen. Sobald er sich beruhigt hat, bitte ich ihn erneut um deine Hand.“

„Wenn wir nicht heiraten dürfen, gehen wir zusammen fort. Irgendwohin, ganz egal. Vielleicht in eine große Stadt. Dann kann es uns niemand verbieten.“

Langsam schüttelte Cedric den Kopf. „Anne, du bedeutest mir alles, dein Glück ist das Einzige, was für mich von Bedeutung ist. Glaubst du ich könnte dich einer solch ungewissen Zukunft aussetzen?“

„Ich nehme jedes Leben glücklich an, das ich als deine Gemahlin an deiner Seite verbringen werde.“

Anne ahnte, dass sie ihn noch nicht überzeugt hatte. „Hast du etwas dagegen, wenn wir zuerst mit Mutter sprechen? Wenn uns jemand helfen kann, dann ist sie es und es kann ja nicht schaden, sie als Fürsprecherin zu gewinnen.“

Cedric stimmte ihr zu und sie planten ihre gemeinsame Zukunft.

4

Anne wusste, ihre Mutter, Lady Margaret, trug eine romantische Ader in sich und an diese würde sie appellieren. Wenn jemand zu dem Earl durchdringen konnte, dann war sie es. Sie fanden die Burgherrin, als diese einer Magd in der großen Halle Anweisungen gab.

„Mutter, dürfen wir um ein privates Gespräch mit dir bitten?“

Die warmen Augen ihrer Mutter sahen erst sie und dann Cedric an. „Ich habe mir so etwas bereits gedacht. Kommt, hier gibt er zu viele Ohren.“ Sie führte die beiden die Treppe hinauf in ihre privaten Gemächer und sobald Cedric durch die Tür gegangen war, forderte sie ihn auf, sie zu schließen.

„Ich erahne die Gefühle, die ihr füreinander hegt.“

„Aber, Mutter, woher –“

„Ach, mein Kind, ihr beide seid noch so jung. Glaubt ihr, ich sehe nicht, wie ihr euch anblickt, wenn ihr glaubt, dass es niemand merkt? Oder wie sehr ihr euch anstrengt, in eine andere Richtung zu sehen, wenn ihr euch beobachtet wähnt?“

Cedric fühlte sich ertappt. „Mylady seid versichert, dass nie etwas Unanständiges –“

„Ich weiß, sei unbesorgt. Wäre es anders, hätte ich schon längst meinen Gemahl informiert. Ich habe stets auf Eure Anständigkeit gezählt und dass Ihr die Tugend meiner Tochter wahrt.“

„Natürlich, Mylady. Aus diesem Grund möchte ich Mylord um Erlaubnis bitten, Anne und mich zu vermählen.“

Lady Margaret nickte nachdenklich und wandte sich an ihre Tochter. „Ist das auch dein Wunsch?“

„Ja, so ist es. Ich möchte Cedric heiraten und mein Leben an seiner Seite verbringen.“ Die Worte sprudelten voller Zuversicht aus Anne heraus. Gemeinsam mit Cedric wartete sie gespannt auf Lady Margartes Reaktion. Die Augenblicke zogen sich unendlich in die Länge, als diese sie aufmerksam musterte. Dann endlich zeigte sich ein Lächeln in deren Gesicht. „Ihr habt meinen Segen, aber lasst mich zuerst mit dem Lord sprechen.“

Überschwänglich stürzte Anne sich in die Arme ihrer Mutter. „Ich danke dir mehr als ich jemals ausdrücken könnte.“ Ihr war schwindelig vor Glück, nur Cedric Worte holten sie auf den Boden zurück.

„Werdet Ihr den Lord davon überzeugen können?“

Lady Margarte nickte abschätzend. „Ich werde es versuchen.“

***

Noch am selben Abend sprach Lady Margaret mit ihrem Gemahl.

„Er möchte was?“, mit donnernder Stimme lief der Earl im Schlafgemach umher.

„Er möchte dich um Annes Hand bitten.“

„Was hat er getan? Hat er sie etwa entehrt? Ich werde ihn vierteilen lassen!“, energisch riss er die Tür auf und brüllte hinaus: „Wo ist er? Bringt ihn sofort zu mir!“

Sogleich beeilte sich Lady Margarte, die Tür wieder zu schließen und sah ihrem Mann eindringlich in die Augen. „William, bitte hör mich an. Ich versichere dir, es ist rein gar nichts geschehen. Komm, lass uns Platz nehmen und ruhig darüber sprechen, wie du zu entscheiden gedenkst.“ Sie schob ihn zu der Bank vor dem Kamin und schenkte ihm einen Becher Wein ein.

„Cedric ist ein anständiger junger Mann. Nicht ohne Grund hältst du große Stücke auf ihn. Er würde nie etwas tun, dass Anne Schande bereitet. Er liebt sie.“

Sir William schnaubte abfällig. „Wie kommt es denn, dass du davon weißt?“

Zärtlich legte sie ihrem Gemahl eine Hand auf den Arm. „Ich bin eine Frau, die das Glück hatte, zu erfahren, wie sich die Liebe anfühlt. Deswegen erkenne ich sie zwischen zwei jungen Leuten, wenn ich sie sehe.“

„Was genau hast du gesehen?“, fragte er argwöhnisch, doch Lady Margaret schmunzelte nur. „Ach, William, bloß ein Blick hier und ein schüchternes Lächeln da.“

„Was ist sonst noch vorgefallen?“

„Vielleicht mal eine flüchtige Berührung oder ein gestohlener Kuss. Erinnerst du dich denn nicht mehr, wie es war, als wir jung und verliebt waren?“

„Doch natürlich. Wie lange geht das schon?“

„Ich hege den Verdacht seit einigen Wochen, aber wahrscheinlich schon etwas länger. Ist dir nicht aufgefallen, dass es in letzter Zeit immer öfter Cedric war, der sich als Geleitschutz für unseren Wildfang einteilen ließ?“

Sir William kratzte seinen Bart und überlegte. „Jetzt da du es ansprichst.“

„William, sie lieben sich und Cedric ist ein ehrenwerter, junger Mann. Er würde sie glücklich machen.“

„Ehen werden nicht geschlossen, damit Frauen ihr Glück finden.“

Lady Margaret schmunzelte. „Natürlich nicht, aber es spricht auch nichts dagegen.“

„Das habe ich noch nicht entschieden.“

„Gewiss. Politisch gesehen hast du mit den Vermählungen unserer beiden älteren Töchter jeweils eine vorteilhafte Wahl getroffen. Hast du für Anne einen Anwärter im Sinne?“

„Nein. Außerdem ist sie noch zu jung.“

Lady Margaret lächelte erneut. „Ich war in ihrem Alter, als wir vermählt wurden. Anne ist unsere Jüngste, doch sie ist alt genug.“

Sir William schlug mit der Faust auf die Armlehne seines Stuhls. „Wir haben ihr viel zu viel durchgehen lassen. Wir hätten strenger mit ihr sein müssen und uns nicht von ihrem aufgeweckten Geist und ihrem Liebreiz um den Finger wickeln lassen dürfen.“

„Nun, mein lieber Gemahl, da stimme ich dir zu, doch das ist jetzt wohl nicht mehr zu ändern. Anne war schon immer etwas Besonderes und obwohl ich weiß, dass du alle unsere Kinder liebst, war Anne deinem Herzen doch stets die Nächste.“

Sir William brummte etwas Unverständliches in seinen Bart, aber Lady Margaret war mit ihren Ausführungen noch nicht am Ende. „Was spricht also gegen Cedric? Es stimmt, er ist noch von niederem Stand, jedoch bin ich mir sicher, er hat eine glanzvolle Zukunft vor sich und wird sich höhere Titel verdienen. Außerdem liegt sein Gut nicht einmal einen halben Tagesritt von hier entfernt.“

Sir William erhob sich. „Nun gut, ich möchte mit ihm sprechen. Lass ihn rufen.“

***

„Mylord.“ Cedric verneigte sich vor seinem Dienstgeber, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wartete.

„Aus Dank für deine Tapferkeit und Treue während der letzten Schlacht habe ich dich mit dem Gut Stentington belohnt. Aber ich frage mich nun: Wo ist deine Loyalität, wenn du hinter meinem Rücken mit meiner Tochter anbändelst?“

„Mylord, ich würde jederzeit mein Leben für das Eure geben, doch meine Gefühle für Anne sind aufrichtig und ehrenhaft und ich beabsichtige, sie zu ehelichen.“

„So, tust du das?“

„Ja, Mylord und ich bitte um Eure Zustimmung.“

„Und wenn ich dich wegen Verrats in den Kerker sperren lassen?“

„Irgendwann würde ich einen Weg dort hinaus finden und wenn Anne mich dann immer noch heiraten möchte, würde ich genau das tun. Aber lieber hätten ich Euren Segen.“

„Und wenn ich dich aus meinen Diensten entlasse und dich zum Teufel jage? Du wärst ein verarmter Ritter ohne Anstellung und ohne Lebensunterhalt. Würdest du allen Ernstes Anne ihres Standes und ihrer Zukunft berauben und sie mit dir fortnehmen?

„Nein, Mylord. Würdet Ihr mich fortschicken, so würde ich ohne sie gehen. Ich würde Tag und Nacht arbeiten, um mich zu beweisen und eine neue Anstellung zu finden. Erst wenn ich einen gewissen Wohlstand errungen habe, würde ich Anne zur Frau nehmen, sollte es dann noch ihr Wunsch sein.“

Sir William machte eine abfällige Handbewegung und fasste sich dann an die Nasenwurzel, ganz so als hätte er Kopfschmerzen. „Ich habe für heute genug von dir. Geh mir aus den Augen.“

Lady Margaret kam zu ihrem Mann, doch sie kannte ihn gut genug, um abzuwarten.

„Die Männer treiben mich eines Tages noch in den Wahnsinn.“ Erneut durchquerte Sir William den Raum. „In regelmäßigen Abständen verliebt sich einer meiner Ritter und dann setzt komplett sein Verstand aus. Cedric ist ja nicht der Erste, dem ich am liebsten den Kopf in Eiswasser tauchen würde, bevor ich es ihm überhaupt erst gestatte, den Mund aufzumachen.“

„Es wurden ganze Heldensagen über die Taten verliebter Männer geschrieben und Minnesänger trällern ihre Lieder darüber.“

„Und stell dir vor, sie hätten nichts mehr, worüber sie singen könnten, wäre das nicht furchtbar?“, spöttisch sah Sir William zu seiner Ehegattin.

„Mein Gemahl, ich finde, Cedric hat sich recht wacker geschlagen. Er erinnert mich an dich, als du noch ein junger Heißsporn warst. Auch dich konnte man von nichts abbringen, was du dir in den Kopf gesetzt hast.“

„Nur gut, dass ich unbedingt dein Herz erobern wollte.“

Lady Margarte lächelte ihn liebevoll an. „Also wirst du den beiden deine Zustimmung geben?“

Sir William nickte. „Das werde ich, aber möge Gott ihn vor meinem Zorn bewahren, sollte er mich noch einmal übergehen.“

„Soll ich ihn rufen lassen, damit du ihm deine Entscheidung kundtun kannst?“

„Nein, lassen wir ihn noch bis morgen in Ungewissheit schmoren. Er hat es nicht anders verdient.“

„Ich kann mir gut vorstellen, dass keiner von den beiden heute Nacht ein Auge zutun wird.“

Sir William grinste. „Das geschieht ihnen ganz recht.“

5

England, Kent, Frühling 1482, Tag der Hochzeit 

Anne hielt den Türgriff bereits in der Hand und warf einen letzten Blick in ihr Gemach. Alle ihre Kleidertruhen waren bereits fertig gepackt und standen in der Ecke, bereit, am nächsten Tag zu ihrem neuen Zuhause und in ihr neues Leben gebracht zu werden.

Ihre Mutter und ihre beiden Schwestern hatten ihr beim Ankleiden geholfen und ihre Locken in einem kunstvoll geflochtenen Zopf gebändigt. Sogar Rosenblüten hatten sie darin befestigt, doch vor wenigen Augenblicken waren sie aufgebrochen, um ihre Plätze in der Burgkapelle einzunehmen.

Ehrfürchtig strich sie den kostbaren Stoff, aus dem ihr Kleid gefertigt worden war, glatt. Es war ein cremefarbener Seidenbrokat mit goldenen Stickereien. Das Oberteil war eng geschnitten und schmiegte sich an ihren Körper bevor es in einen weiten Rock überging. Lange Ärmel und eine goldfarbene Kordel um den runden Ausschnitt vervollständigten das elegante Prunkgewand.

Ein energisches Klopfen riss sie aus ihren Gedanken.

„Es ist Zeit“, erklang die Stimme ihres Vaters, der es sich nicht nehmen ließ, seine Tochter persönlich abzuholen und zum Altar zu führen.

Anne drehte sich zu ihm. „Was meinst du, Vater, wird Cedric mich so heiraten?“

„Er wäre ein Idiot es nicht zu tun. Du siehst wunderschön aus.“

Anne stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihrem Vater einen Kuss auf die Wange. Amüsiert reichte Sir William Anne seinen Arm zum Geleit.

„Nun komm, bevor Cedric noch den Boden der Kapelle plattläuft. Der arme Kerl ist so nervös, er geht seit einer geschlagenen Stunde hin und her.“

Kaum schritt sie durch die Pforte, als sich ihr Blick mit Cedrics verflocht. Wie er dort vorn neben dem Altar stand, groß und stark, mit breiten Schultern und selbstsicherer Haltung. Ihr Herz flatterte aufgeregt und ihr stockte der Atem. Sie hatten nur Augen für einander. Cedric verfolgte jeden einzelnen ihrer Schritte und am liebsten wäre sie einfach zu ihm gelaufen, um sich in seine Arme zu werfen. Natürlich waren die Reihen der Kapelle und auch der Altar mit Blumen geschmückt, doch sie sah sie nicht. Sie sah nur ihn. Sie spürte die Anwesenheit vieler Gäste, doch sie wandte den Blick nicht von seiner Gestalt ab. Ihre gesamte Wahrnehmung war auf diesen einen Mann gerichtet.

Jeder Schritt brachte sie näher zu ihm und zu ihrem neuen Leben. Es fiel ihr schwer, in dem quälend langsamen Tempo zu gehen, das die Musik vorgab. Doch es gab ihr auch die Gelegenheit, ihn zu mustern. Er trug ein festliches Wams aus dunkelblauem Samt mit dem Wappen ihres Vaters darauf. Ein silberner, aufgerichteter Bär prangte auf dunkelrotem Grund. Hier stand er. Ein stattlicher Mann und stolzer Ritter. Und er war der Ihre.

Ihr Blick glitt weiter hinab über seinen Waffenrock und seine Hose, bis hin zu seinen Schuhen und sie musste schmunzeln. Offensichtlich hatte er sich auch heute nicht von seinen schweren Reitstiefeln trennen können. Sie wusste, wie lächerlich er Männer fand, die sich in feines Schuhwerk aus Seide kleideten. Ganz mein Cedric, dachte sie und sah ihm wieder ins Gesicht. Seine dunklen Augen zogen sie in ihren Bann, genau wie bei ihrer ersten Unterhaltung und bei jedem einzelnen Mal seither. Sie war sich sicher, dass sich an ihrer Liebe zu ihm niemals etwas ändern würde.

Als ihr Vater ihre Hand in Cedrics legte, war ihre Nervosität wie weggeblasen. Sie spürte die Wärme seiner Haut und eine innere Ruhe breitete sich in ihr aus. Einzig die Vorfreude auf ihr zukünftiges Leben an seiner Seite erfüllte sie.

Auf das Geheiß des Pfarrers drehten sie sich zueinander. Mit fester Stimme begann Cedric, das Ehegelöbnis zu sprechen und als sie den tiefen Klang seiner Worte vernahm, spürte sie Tränen in ihre Augen treten.

„Ich werde dich ehren, dir stets treu sein und dich als die Meine gegen jegliches Unglück beschützen.“

Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge, als er sich dem Zeremoniell widersetzte und ihr schon jetzt einen Kuss stahl. „Ich werde dich bis in alle Ewigkeit lieben“, flüsterte er ihr ins Ohr und grinste.

Da war es um Anne geschehen und sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Cedric sah sie belustigt an und strich ihr zärtlich über die Wange.

Nun war sie an der Reihe und sprach das Gelübde mit der Stimme ihres Herzens. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen.

„Ich werde dich, als die Deine ehren, dir treu ergeben sein, deinem Wort gehorchen und dich lieben.“ Sie sah Cedric grinsen, denn sie wusste beide, dass gehorchen nicht zu ihrem Naturell passte. „Bis in alle Ewigkeit“, fügte auch sie hinzu, denn das war es, was sie fühlte. Als der Priester sie zu Mann und Frau erklärte, zog Cedric sie an sich und küsste sie voller Hingabe.

6

Das rauschende Fest war im vollen Gange. Die große Halle der Burg war ebenfalls mit wunderschönen Wildrosen geschmückt worden. Alle Gäste schienen sich glänzend zu amüsieren, denn es spielte fröhliche Musik und Wein und Bier flossen in Strömen. Auch gab es ein beachtliches Festmahl mit allen nur erdenklichen Köstlichkeiten, Cedric war sehr aufmerksam und legte eine Unzahl an Speisen auf Annes Teller. Es war üblich, dass der Bräutigam als Zeichen seiner Wertschätzung die Braut bediente und er machte seine Sache außerordentlich gut. Immer wieder strich er dabei über ihre Hand oder stahl ihr lächelnd einen Kuss. Ein warmes Kribbeln entstand in ihrem Bauch, als sie daran dachte, dass sie später noch genug Zeit füreinander haben würden. Sie konnte die Röte förmlich spüren, die ihre Wangen bei diesen Gedanken färbte. Und die Neugierde auf die bevorstehende Nacht wurde immer größer. Sie blickte zu Cedric und betrachtete sein Profil. Seine dunklen Haare, die im Schein der Kerzen beinahe schwarz aussahen, seine gerade Nase und die Fältchen um seine Augen, da er gerade über etwas lachte, das sein Bruder zu ihm gesagt hatte. Ihr Blick glitt zu seinem festen Mund und sie wollte ihn einfach nur küssen. Plötzlich drehte er sich zu ihr und sah sie fragend an. „Was meinst du dazu?“

„Mhm?“, stammelte sie verlegen. „Bitte entschuldige, ich habe nicht zugehört.“

„Cedric, deine Braut scheint mit ihren Gedanken bereits im Obergeschoß zu sein“, warf sein älterer Bruder ein und sogleich ertönte dessen lautes Lachen. Anne wollte am liebsten im Boden versinken, denn sie war sich sicher, dass man ihr ansehen konnte, woran sie gerade gedacht hatte. Cedric beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Lass dich von seinen Späßen nicht einschüchtern. Im Grunde hat er einen weichen Kern“, laut fügte er hinzu: „Er verträgt gerade mal so viel Bier wie ein Mädchen.“

Nun war sie es, die kichern musste, denn Coenred war so groß wie Cedric und von stämmiger Statur. Noch bevor er etwas erwidern konnte, kam ihm eine kleine, zarte Frau zuvor.

„Junge, lass Anne in Ruhe!“ Doch der liebevolle, stolze Blick, mit dem sie ihn bedachte, nahm ihren Worten die Strenge. Etwas verblüfft stellte Anne fest, wie es ihr so leicht gelang, Coenreds Humor zu bändigen, denn dieser lehnte sich in seinem Stuhl zurück und widmete sich wieder den Speisen vor sich.

Anne musterte die Frau, Elizabeth, die Mutter der beiden, der sie an diesem Tag zum ersten Mal begegnet war. Sie war klein, doch von einer Anmut, die ihr ein beinahe königliches Auftreten verlieh und sie war noch immer wunderschön. Anne wurde klar, von wem Cedric sein dunkelbraunes Haar geerbt hatte. Der beeindruckende Kontrast zu ihrem hellen Teint bannte jedermanns Blick und die wenigen Falten machten sie umso sympathischer. Sie war ihrem Sohn unglaublich ähnlich.

„Anne, mein Kind, wenn du satt bist, möchtest du dich nicht ein wenig zu mir setzen? Ich würde dich so gern näher kennenlernen.“ Sie strahlte eine mütterliche Wärme aus, durch die Anne sich sogleich zu ihr hingezogen fühlte. Gern kam sie dieser Bitte nach und nahm neben ihr Platz.

„Er hat Eure Augen“, platzte sie heraus und erschrak über ihre direkten Worte. Dies war das erste Gespräch mit ihrer Schwiegermutter, und sie plapperte einfach drauf los. Doch die andere Frau lächelte nur mit einer Herzlichkeit, die Annes Herz rührte.

„Meine Liebe, dir muss nichts unangenehm sein. Ich wünsche mir ein ungezwungenes und freundschaftliches Verhältnis zu dir.“ Sie beugte sich ein wenig zu ihr und flüsterte verschwörerisch: „Ich möchte nicht der Drache von einer Schwiegermutter sein, den ich selbst habe. Bei deren Besuch ich schon im Vorfeld mit Bauchschmerzen erwache und den Tag herbeisehne, an dem sie wieder abreist.“ Ihr herzliches Lachen war ansteckend. Anne bemerkte, dass Cedric sie beobachtete. Sie lächelte ihm zu und bat Elizabeth, ihr etwas über seine Kindheit zu erzählen.

„Nun, meine ersten beinen Kinder sind Söhne, Coenred, mein Ältester und Cedric, mein Zweitgeborener. Sie waren beide kaum zu bändigen, einer der beiden hatte immer Unfug im Kopf und dann den anderen angestiftet.“ Lady Elizabeth lächelte versonnen. Ihr mütterlicher Stolz stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben und mit jeder Minute mochte Anne sie mehr.

„Ehrlich gesagt, bin ich heilfroh, dass ich nach den beiden zwei Töchter bekommen habe. Für meinen Geschmack hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits genug blutige Nasen und aufgeschlagene Knie versorgt.“

„Oje, das klingt wahrlich abenteuerlich“, Anne wollte noch mehr sagen, doch es verschlug ihr die Sprache. Cedric hatte sich erhoben und kam nun zielstrebig auf sie zu, nur vage nahm sie im Augenwinkel das amüsierte Schmunzeln seiner Mutter wahr. Als er zu ihr trat verneigte er sich grinsend vor ihr: „Mylady Wykeham, darf ich Euch um diesen Tanz bitten?“ 

„Aber natürlich, mein Gemahl“, antwortete sie und lachte freudestrahlend. Lady Anne Wykeham, so hieß sie nun und es fühlte sich unbeschreiblich gut an, Cedrics Namen zu tragen.

Cedric führte sie in die Mitte der Halle, wo bereits eine Gruppe von Männern und Frauen ausgelassen eine Chapelloise tanzten. Sie bewegten sich in einem großen Kreis, die Damen standen außen und die Herren innen. Anne mochte diesen Tanz besonders gern, denn er war fröhlich und die Damen wurden ein wenig herumgewirbelt. Man ging vorwärts und rückwärts, drehte sich und dann wurden die Damen von den Männern hochgehoben und im Kreis gedreht. Nach einer bestimmten Schrittfolge wechselte die Dame dann in einer Drehung zu dem Herrn hinter sich und das Ganze begann von vorn.

Sie stießen zu der Menge und bewegten sich gemeinsam zu der mitreißenden Musik. Obwohl Anne diesen Tanz liebte, mochte sie es nicht, sich von Cedric wegzubewegen, und auch er schien nicht ganz bei der Sache zu sein. Zwar beherrschte er die Schritte, doch er widmete sich nicht gebührend den Damen an seiner Seite. Er verfolgte Anne mit seinen Blicken.    

Endlich hatte sie die Runde vollendet und die Musik klang aus, als sie wieder bei Cedric angekommen war. Die Herren verbeugten sich und die Damen sanken in einen tiefen Knicks. Er reichte ihr seine Hand und half ihr, sich wieder aufzurichten. Anne war ein wenig außer Atem und einige Locken hatten sich aus ihrem Zopf gelöst.

Als sie ihren Kopf hob, sah sie das Verlangen, das in seinem Blick lag. Sie hatte nichts dagegen, als er sie zu sich heranzog und ihre Lippen mit seinen bedeckte. Obwohl die Musik von Neuem erklang, blieben sie einfach stehen, während die Tänzer um sie herumwirbelten.

Nachdem er den Kuss beendet hatte, nahm ihre Hand in seine und führte sie unter anfeuernden Jubelrufen hinauf ins Obergeschoß.

7

Annes Kammer wurde nur durch das Feuer im Kamin erhellt. Als sie das Geräusch der ins Schloss fallenden Tür vernahm, strömten tausend Gedanken gleichzeitig durch ihren Kopf, begleitet von noch mehr Gefühlen. Vorfreude, Neugierde, Glück, aber auch Unsicherheit, Nervosität und ein klein wenig Angst. Was, wenn sie sich linkisch anstellte? Natürlich hatte er Erfahrung, welcher Mann hatte die nicht? Es gab genügend willige und kundige Frauen. Und er war ein Mann, dem es mit Sicherheit nicht an Angeboten mangelte.

Unsicher sah sie ihn an und wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Da kam Cedric zu ihr und nahm sie in seine Arme. Er hielt sie nur und streichelte beruhigend über ihren Rücken. Anne konnte seinen Mund an ihren Haaren spüren und fühlte seinen warmen Atem.  

„Hab keine Angst. Ich verspreche dir, es wird nichts geschehen, was du nicht willst.“

Doch Anne reckte ihm ihr Kinn entgegen. „Ich habe keine Angst. Jedenfalls nicht viel. Und ich will es. Ich meine, du weißt schon.“ Sie atmete tief durch. „Ich möchte voll und ganz deine Gemahlin sein, nur habe ich ein wenig Angst davor, dich zu enttäuschen.“

Er legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie sanft, seinen Blick zu erwidern.

„Das könntest du gar nicht.“ Zärtlich berührte er ihre Wange.

„Aber du hast sicher schon viele Frauen gehabt, und –“

„Du bist alles für mich. Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, habe ich an keine andere mehr gedacht, geschweige denn eine angerührt. Du bist die Einzige, die ich liebe und die ich begehre.“

Anne sog seine Worte ein und dachte zum tausendsten Mal, wie dankbar sie war, dass Gott ihr diesen Mann geschenkt hatte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, fühlte seine festen Lippen auf ihren und er hielt still, überließ ihr die Führung. Sie schlang ihre Arme fester um seinen Nacken, aber er löste sich von ihr und schien ihr etwas sagen zu wollen.

„Du hast mir deine Liebe geschenkt und mich zum glücklichsten Mann aller Zeiten gemacht. Dass wir nun vermählt sind, ist mehr, als ich jemals zu hoffen gewagt habe und du kannst dir sicher sein, dass es für mich immer nur dich geben wird.“

Anne schmiegte sich eng an ihn, spürte den wohlbekannten Druck seiner Umarmung und roch seinen vertrauten und über alles geliebten, männlichen Geruch, als sie seinen Hals küsste. „Ich liebe dich.“

„Und ich liebe dich.“ Langsam trat er hinter sie und drehte sie zum Spiegel. „Sieh nur, wie wunderschön du bist.“ Er legte ihren Zopf über eine Schulter und glitt zärtlich über die nun freie Haut an ihrem Nacken, bevor er sich nach vorn beugte und die zarte Stelle küsste. Wie gebannt starrte Anne in den Spiegel und ihr Anblick, zusammen mit seinen Berührungen, löste wohlige Schauer in ihr aus.

Cedric entfernte die Blüten aus ihren Haaren und löste den kunstvollen Zopf. Nun reichten ihr die Locken bis zur Taille. Sie wusste, dass er es mochte, wenn sie ihr Haar offen trug. Tief atmete er ihren Duft ein.

„Ich kann die Blumen noch in deinem Haar riechen.“

„Es sind Wildrosen.“

Er blickte ihr im Spiegel entgegen. „Ich mag den Geruch.“ Langsam begann er, die Schnürung an der Rückseite ihres Oberkleides zu lösen. Als es weit genug aufgeschnürt war, um es hinabgleiten zu lassen, trafen sich ihre Blicke im Spiegel. Im Schein des Feuers wirkten seine Augen fast schwarz. Er half ihr, aus dem Kleid zu steigen, und nur in ihr Untergewand gekleidet, drehte sie sich zu ihm. Der Drang, ihn ebenfalls zu berühren, wurde stärker und schenkte ihr Mut, doch das Zittern ihrer Finger konnte sie nicht verhindern, als sie sein Wams öffnete. Schnell schlüpfte er aus der Jacke und entledigte sich auch gleich des weißen Unterhemds, das er darunter trug. Achtlos warf er es in eine Ecke und drehte sich erneut zu ihr.

Der Anblick seines nackten Oberkörpers war atemberaubend. Gebräunte glatte Haut spannte sich über harte Muskeln, denn er hatte die Statur eines Kriegers. Anne wurden die Knie schwach und sie legte zaghaft ihre Hand an seine Brust. Sogleich fühlte sie seine Wärme und Stärke und sie konzentrierte sich auf seinen kräftigen Herzschlag. Zärtlich küsste sie genau die Stelle darüber.

„Es schlägt nur für dich.“ Eindringlich sah er sie an. „Anne, du hast keine Ahnung, was du mit mir anstellst.“

Sie sah zu ihm auf und er starrte gebannt auf ihren Mund und er eroberte ihn mit einem begierigen Kuss. Sie fühlte seine Zunge, die ihre herausfordernd umspielte und Anne hatte den Wunsch nach mehr. Sie fasste in seine Haare und zog seinen Kopf weiter zu sich hinab. Er umfasste sie und presste sie an sich, doch es war ihr zu wenig, denn noch immer trennte sie der Stoff ihres Unterkleides. Noch nie hatte sie seine glatte Haut direkt auf der ihren gespürt und sie würde nun nicht länger darauf warten. Mit einer schnellen fließenden Bewegung zog sie sich ihr Baumwollgewand über den Kopf und schmiegte sich erneut in Cedrics Arme. Zum ersten Mal konnte Anne seine warme Haut auf ihrem nackten Oberkörper spüren. Das Gefühl war berauschend und sie wollte mehr von ihm. Da sie ihren Beinen allerdings nicht mehr trauen konnte, klammerte sie sich an ihn. Da hob er sie hoch, trug sie hinüber zur Bettstatt und legte sie sanft auf die Felle.

„Du bist wunderschön“, sein glühender Blick versprach ihr vieles und er legte sich zu ihr, ohne die Augen von ihr abzuwenden. Anne konnte das Lager unter seinem Gewicht nachgeben spüren und augenblicklich fühlte sie sich geborgen. Seine Berührung war unendlich sanft, als er mit seinen Fingern die Konturen ihres Gesichts nachfuhr. Er verlagerte sein Gewicht und küsste ihren Hals, während er seine Hände weiterhinab zu ihrer Taille wandern ließ. Wo er sie berührte, hinterließ er eine brennende Spur aus Hitze. Nun strich seine Hand wieder hinauf über ihren Bauchnabel entlang zu ihrem Brustbein und der weichen Wölbung ihrer Brüste. Seine Berührungen ließen ihren ganzen Körper erbeben, da entfuhr ihr ein überraschtes Keuchen, als er spielerisch in ihre Knospe kniff. Sogleich breitete sich noch mehr Hitze in ihr aus und sammelte sich im Zentrum ihrer Weiblichkeit. Sie konnte das süße Ziehen fühlen und auch etwas Feuchtigkeit.

Anne war aufgeregt, denn alles fühlte sich so neu und intensiv an, kaum dachte sie, es gäbe nichts noch Besseres, belehrte er sie eines Besseren, indem seine Lippen weiter hinab zu ihrer Brust gleiten ließ. Anne fühlte seinen warmen Atem an der empfindlichen Haut ihrer Brust und hielt die Luft an. Genießerisch leckte er mit seiner Zunge über ihre aufgerichtete Spitze, neckte die empfindliche Stelle und saugte spielerisch daran.

Keuchend stieß sie die Luft aus, als tausend Empfindungen gleichzeitig auf sie einprasselten. Sein Mund, seine Zunge, sein heißer Atem und seine Hände, all dies spürte sie auf ihrem Körper und es erregte sie. Gebräunte Haut traf auf hellen Teint. Raue Hände auf zarte Haut. Der Gegensatz seiner männlichen, markanten Züge an den weichen Rundungen ihrer Brüste steigerten ihre Lust noch mehr.