Das Musikhaus an der Alster - Melodie der Heimat - Katja Dörr - E-Book

Das Musikhaus an der Alster - Melodie der Heimat E-Book

Katja Dörr

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Beschreibung

Hamburg, 1930: Für das Jubiläumsfest des Musikhauses ihrer Eltern kehrt Lena zurück nach Hamburg. Als jedoch bei der Feier die Bühne einstürzt, auf der gerade das Orchester spielt, wird Lenas Freund Harry verletzt. Die Rückreise der beiden nach London muss daher vorerst warten. Lena rechnet damit, dass ihre Eltern die Verlängerung des Besuchs freut. Aber zu ihrer Überraschung wollen Theresa und Georg ihre Tochter so schnell wie möglich auf das nächste Schiff setzen. Seit dem tragischen Ereignis bei der Feier benehmen sie sich merkwürdig. Und als Lena dem auf den Grund geht, findet sie heraus, dass das Unglück überhaupt kein Unfall, sondern ein gezielter Anschlag war. Ihre Eltern werden erpresst. Doch bevor sie herausfinden können, wer es auf sie abgesehen hat, passiert auch schon der nächste Albtraum. Und dieser bedroht nicht nur die Zukunft des Musikhauses, sondern auch die von Lenas und Harrys gerade erwachten Gefühlen füreinander ...

Der zweite Band der emotionalen und mitreißenden Familiensaga um das Musikhaus an der Alster in Hamburg. Ein Lesegenuss für alle Fans von Miriam Georg, MODEHAUS HAYNBACH und GRANDHOTEL SCHWARZENBERG.

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Weitere Romane der "Musikhaus an der Alster"-Reihe:

Das Musikhaus an der Alster - Lied der Sterne (Band 1)


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Inhalt

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Über dieses Buch

Titel

Widmung

1.

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Danksagung

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Hamburg, 1930: Für das Jubiläumsfest des Musikhauses ihrer Eltern kehrt Lena zurück nach Hamburg. Doch als bei der Feier die Bühne einstürzt, auf der gerade das Orchester spielt, wird Lenas Freund Harry verletzt. Die Rückreise der beiden nach London muss daher vorerst warten. Lenas Eltern sollte das eigentlich freuen, aber zu ihrer Überraschung wollen diese ihre Tochter so schnell wie möglich auf das nächste Schiff setzen. Seit der tragischen Feier benehmen sie sich merkwürdig. Und als Lena dem auf den Grund geht, findet sie heraus, dass das Unglück überhaupt kein Unfall, sondern ein gezielter Anschlag war. Ihre Eltern werden erpresst. Doch bevor sie herausfinden können, wer es auf sie abgesehen hat, passiert auch schon der nächste Albtraum. Und dieser bedroht nicht nur die Zukunft des Musikhauses, sondern auch die von Lenas und Harrys gerade erwachten Gefühlen füreinander ...

Katja Dörr

Das Musikhaus an der Alster – Melodie der Heimat

Roman

Für meine Familie

1.

Hamburg-Uhlenhorst, Sonntag, 4. Mai 1930

Vorsichtig zog Theresa die schwere Haustür hinter sich zu, schloss für einen Moment die Augen und atmete in tiefen Zügen die frische, kühle Luft ein, während die ersten Sonnenstrahlen sie leicht in der Nase kitzelten. Hätte sie eine Liste mit all den Dingen erstellen müssen, die sie an dieser alten Villa direkt am Fluss liebte, so wäre diese sicher tausend Seiten lang geworden, aber am allermeisten hatte es ihr die erste halbe Stunde nach Sonnenaufgang im Frühling angetan. Theresa war wie jeden Tag in aller Frühe aufgestanden, hatte sich mit kaltem Wasser gewaschen und ein leichtes Kleid angezogen.

Nun begab sie sich in den kleinen Garten auf der Südseite des Musikhauses und setzte sich auf den einzigen Stuhl, den es dort gab. Er war uralt, quietschte bei jeder Bewegung und bestand schon lange mehr aus braunem Rost als aus Metall, aber es war ihr Platz. Dieses bescheidene Fleckchen Erde und die Zeit, die sie dort verbrachte, gehörten nur ihr ganz allein. Gedankenversunken genoss Theresa den Anblick der weißen Maiglöckchenblüten und des Frühlingsgrün des Laubs, die sich mit dem satten Gelb der Butterblumen mischten. Beide wuchsen nahezu wild und ohne dass sie spezieller Pflege bedurften. Gerade diese ursprüngliche Seite des Gartens machte ihn für Theresa so wunderschön und überaus wertvoll. Ihr Blick fiel auf den halb verrotteten Holzstiel einer Hacke, die an der gegenüberliegenden Seite des Beets lehnte, der schon halb von zarten, hellgrünen Grashalmen überwuchert war. Von dem Metallblatt, das einmal am Kopfende befestigt gewesen sein musste, war nichts zu sehen. Theresa seufzte leise. Ja, es hatte Zeiten gegeben, in denen sie hier draußen jeden Tag die Hacke hatte schwingen müssen, bis ihr der Rücken schmerzte. Das konnte kaum mehr als fünfzehn Jahre her sein, aber dennoch kam es ihr vor, als wäre es in einem anderen Leben gewesen. Damals gab es hier draußen keine Spur von Blumen. Jeder kostbare Zentimeter der fruchtbaren Erde war für Gemüse reserviert, das Georg, Helena und sie selbst ernährte. Zwiebeln, Rüben, Kohl, alles, was wuchs, wurde sorgsam gehegt, gepflegt und schließlich geerntet, um es zu verarbeiten und für die harten Wintermonate zu konservieren.

Zunächst war der Krieg ausgebrochen. Der große Krieg, der so weit weg tobte und doch so verheerend für ihre geliebte Heimatstadt Hamburg war. Klaas Friedrichs, Theresas und Georgs erster Angestellter in ihrem Musikhaus, war schon im August des Jahres 1914 mit seinen Kameraden nach Flandern gezogen. Das Ehepaar hatte zusammen mit den Eltern des Rekruten der Verabschiedung am Bahnhof Sternschanze beigewohnt. In seiner etwas zu groß geratenen grauen Uniform hatte der vierundzwanzigjährige sommersprossige Klaas noch jünger ausgesehen als sonst. Es gäbe keinerlei Grund zur Sorge, hatte er seiner tränenüberströmten Mutter mit ernster Miene versichert, der Feind würde schnell besiegt sein, und zu Weihnachten wäre sicher alles wieder beim Alten. Er kehrte nie zurück.

Im Laufe des Krieges verlor Hamburg Zehntausende junger Männer. Doch auch danach sollte es zunächst nicht besser werden. Diejenigen, die zurückkamen, von Gram gebeugt und mit leeren Augen, die ständig in die Ferne zu starren schienen, schleppten neben ihrem Kummer auch noch die Spanische Grippe in ihren steifen, verwundeten Körpern heim. Tausende Bürger erkrankten. Und die Seuche traf keineswegs nur die Alten und die Schwachen, sondern ging durch die gesamte Bevölkerung. Einige kamen nach ein paar Tagen mit Husten und Fieber wieder auf die Beine, bei anderen verfärbte sich die Haut blau, Blut lief ihnen aus Mund, Ohren und Nase, und dann starben sie einen qualvollen Tod. Im Herbst des Jahres 1918 wurde es derart schlimm, dass die Krankenhäuser aus allen Nähten platzten und das öffentliche Leben fast stillstand, weil derart viele Menschen nicht mehr in der Lage waren, ihrer Arbeit nachzugehen.

In dieser Zeit, in der man noch die Toten des Krieges betrauerte, während schon die nächste Katastrophe in Form dieser elenden Krankheit über Europa hinwegfegte, hatten die wenigstens Hamburger Zeit und Geld, um sich im Musikhaus ein neues Instrument zu kaufen. Und so kam es, dass Theresa und Georg hauptsächlich von ihren Ersparnissen lebten und, so gut es ging, damit haushalteten. Ihre einzige verbleibende Angestellte schickten sie kurzerhand nach Hause. Zwar hätte Theresa das Familienanwesen nahe der Innenstadt verkaufen können, das nun, da ihre Eltern und ihr Bruder Wilhelm tot waren und Georg, Helena und sie in der Wohnung über ihrem Musikhaus lebten, bereits seit Jahren leer stand, aber als Georg diese Idee ansprach, hatte ihm Theresa nur einen langen, zornigen Blick zugeworfen.

»Nur über meine Leiche«, hatte sie in einem ruhigen, jedoch gleichzeitig bedrohlichen Ton geflüstert. Und damit war das Thema ein für alle Mal beendet gewesen.

Die Not jedoch, welche die gesamte Stadt damals heimsuchte, war nicht nur eine Sache des Geldes. Viele Lebensmittel, insbesondere frisches Obst und Gemüse, waren derart knapp, dass sie Mangelware wurden. Wer wie Theresa und Georg nicht den verbrecherischen Handel auf dem Schwarzmarkt unterstützen wollte, musste wohl oder übel selbst zum Kleinbauern werden. Für Georg, der auf einem Bauernhof aufgewachsen war, stellte das Anlegen eines simplen Gemüsegartens kein Problem dar, und so konnten die beiden Musikhausbetreiber tatsächlich bald die erste Ernte einfahren. In den Folgejahren gedieh das Gemüse oft so gut, dass sie sogar einen Teil davon an ein paar besonders arme Familien abgeben konnten, die sich überschwänglich für die lebensrettende Spende bedankten. Und so hielt sich die Familie Albers irgendwie über Wasser. Erst in den Zwanzigerjahren war langsam wieder die Normalität eingekehrt.

Immer noch in Gedanken versunken, vernahm Theresa plötzlich Schritte auf den spröden, rissigen Steinplatten, die eine Art Weg um das Haus herum bis zum Garten bildeten. Verflixt noch eins, konnte sie denn nicht einmal mehr hier ein wenig ihre Ruhe haben? Georg war ja schon seit Wochen völlig aus dem Häuschen wegen der anstehenden Feier zum zwanzigsten Jubiläum des Musikhauses, aber dass er nun auch noch sonntags früh aufstand, sah im gar nicht ähnlich.

»Georg«, sagte Theresa, ohne aufzusehen, als sie ihn näher kommen hörte. »Bitte verschone mich heute mit dieser Feier. Es ist noch Zeit bis Mittwoch. Morgen in aller Frühe setzen wir uns wieder an die Planung, aber heute habe ich wirklich keine Lust dazu.«

Das Geräusch der Schritte auf den Steinplatten stoppte, aber Theresa erhielt keine Antwort.

»Jetzt komm«, forderte sie ihn auf. »Heute ist kein Tag zum Schmollen. Lass uns lieber ...« Theresa wandte den Kopf. Ein fremder Mann stand vor ihr. Der Bursche, nach Theresas Schätzung kaum älter als achtzehn oder neunzehn Jahre, sah sie schüchtern an. Er war groß gewachsen, hatte kurz geschorenes braunes Haar und smaragdgrüne Augen. Offenbar war er von Theresas Anblick ebenso überrascht, wie sie von seinem. Einen Lidschlag lang musterten sich die beiden, dann fand Theresa ihre Sprache wieder.

»Was machen Sie in meinem Garten?«, stellte sie den Eindringling zur Rede. »Wollen Sie etwa meine Blumen stehlen?«

»Nein, nein«, stieß der junge Mann hastig hervor. »Ich ... ich habe Sie gesucht.« Seine Stimme hatte einen leichten Akzent.

»Mich gesucht?«, echote Theresa. »Nun, ich haben Sie in meinem Leben noch nie gesehen, junger Mann, und ich habe keinen Schimmer, wer Sie sind und was Sie hier wollen.«

»Ich bin ...«

»Das interessiert mich nicht«, unterbrach Theresa ihn schroff. »Es ist Sonntagmorgen, und ich will meine Ruhe haben. Also gehen Sie jetzt, aber ein bisschen plötzlich, wenn ich bitten darf!«

Mit weit aufgerissenen Augen und hochrotem Kopf drehte sich der ungebetene Gast um und wollte gerade den Rückzug antreten, als ihn eine attraktive, junge Frau aufhielt, die gerade in den Garten trat.

»Tut mir leid, Harry«, sagte sie, wobei ein kaum sichtbares Lächeln auf ihren Lippen lag. »Normalerweise ist meine Mutter etwas freundlicher, wenn man zu ihr zu Besuch kommt«.

Theresa sprang so schnell von ihrem Stuhl auf, dass sie fast vornüber in ihr Blumenbeet gestürzt wäre.

»Helena!«, rief sie und schloss ihre Tochter in die Arme, während sie ihre Augen mit Freudentränen füllten. »Mein Schatz, wie schön, dass du wieder da bist!«

Mit einem Mal war jeglicher Wunsch nach Einsamkeit und Ruhe in Theresas Innerem wie weggewischt. Die Gedanken an Not und Elend zogen sich in weite Ferne zurück und machten Platz für das pure Glück, das sie nun durchströmte. Ihre geliebte Tochter war endlich aus England zurückgekehrt.

2.

Hamburg-Uhlenhorst, Sonntag, 4. Mai 1930

Amüsiert sah Lena sich in dem kleinen, vollgestellten Esszimmer ihrer Eltern um. Es hatte sich überhaupt nichts verändert, seit sie vor etwas über einem Jahr das letzte Mal hier gewesen war. Ihr Vater ließ offenbar immer noch überall seinen Krempel herumliegen. Auch dieses Zimmer blieb nicht von seinen Papierstapeln, Kistchen und diversen Ersatzteilen für Musikinstrumente verschont. Bevor Harry sich neben Lena setzen konnte, hatte der Hausherr erst einmal ein Haufen Metall von der schmalen Sitzbank räumen müssen, bei dem es sich scheinbar um alte, angelaufene Mundstücke für Trompeten handelte. Lenas Mutter ertrug das Chaos ihres Mannes wie immer gelassen. Vielleicht fiel es ihr nach über zwei Jahrzehnten auch schon gar nicht mehr auf. Im Moment schien sie ohnehin nichts mehr um sich herum wahrzunehmen als ihre Tochter, die sie pausenlos anlächelte, als sähe sie diese gerade zum ersten Mal in ihrem Leben. Mein Gott, es hat sich wirklich überhaupt nichts verändert, dachte Lena, als ihre Eltern in der Küche verschwanden, um eilig ein Frühstück mit Kaffee und Brötchen für den unerwarteten Besuch zu improvisieren.

Plötzlich kam es ihr vor, als wäre sie wieder acht Jahre alt und säße mit ihren Eltern beim Frühstück, bevor sie sich auf den Weg zur Schule machte. Ihre Mutter hatte sie sogar bei ihrem Geburtsnamen Helena genannt, obwohl das schon ewig niemand mehr sonst tat. Allgemein hieß sie Lena. Und ihre englischen Freunde, einschließlich Harry, kannten sie nur als Helen, da sie unter diesem Namen auch als Künstlerin auftrat. Es war wirklich bemerkenswert, wie sehr sich dieser bloße Ortswechsel wie eine Reise in die Vergangenheit anfühlte.

»So«, sagte ihr Vater, der mit einem großen Tablett den Raum betrat, auf dem ein Korb mit Brötchen, Butter, eine Platte mit Käse, vier Tassen und eine porzellanene Kaffeekanne standen. Vorsichtig setzte er das Tablett auf dem Esstisch ab. »Greift zu. Da, wo das herkommt, gibt‘s noch mehr.«

»Danke«, sagte Lena und bediente sich sofort. Sie hatte an diesem Tag noch nichts gegessen, und ihr knurrte bereits der Magen.

Ihre Mutter kam mit geröteten Wangen aus der Küche und setzte sich zu ihnen.

»Wie schön, dass ihr da seid«, flötete sie und begann, reihum Kaffee einzuschenken. »Damit habe ich heute noch gar nicht gerechnet. Ich dachte, dein Schiff sollte erst morgen Nachmittag einlaufen, Liebes?«

»Ja«, entgegnete Lena und biss genüsslich in ihr Käsebrötchen. »So war es eigentlich geplant. Aber wir konnten kurzfristig umbuchen und sind deshalb schon gestern Nachmittag angekommen. Harry wollte sich unbedingt den Hafen ansehen, und so haben wir erst mal das erledigt, und dann haben wir von gestern auf heute in einer Pension übernachtet«.

Sie bemerkte, dass Harry ihr einen nervösen Seitenblick zuwarf. Seine Wangen waren gerötet, und sein Blick wirkte alarmiert. Erst dann fiel ihr auf, dass sie ihren Eltern gegenüber gerade angedeutet hatte, dass sie mit diesem Mann, den sie ihnen nicht einmal richtig vorgestellt hatte, gemeinsame Nächte in irgendwelchen Pensionen verbrachte. »Wir konnten recht günstig zwei Zimmer bekommen«, fügte sie hastig hinzu, was ihr dennoch einen skeptischen Blick von ihrer Mutter einbrachte. »Übrigens, Harry ist einer meiner Musikerkollegen aus London. Ein wirklich überaus talentierter Schlagzeuger ... und ein lieber Freund.«

Harry errötete noch mehr und senkte bescheiden den Blick. »Nun ja«, sagte er leise, »genau genommen begleite ich Helen eher. Sie ist als Sängerin natürlich der Mittelpunkt, und der Rest der Band tut, was er kann, um mit ihr mitzuhalten. Sie hat wirklich eine sehr schöne Stimme und eine ganz außergewöhnliche musikalische Begabung.«

Lena sah, wie Argwohn und Besorgnis aus dem Gesicht ihres Vaters wichen, während er erfreut die Augenbrauen hochzog und sich ein wenig aufrichtete. Dieser Anblick brachte sie unweigerlich ein wenig zum Schmunzeln, weil sie es so herzerwärmend fand, wie stolz er auf sie war. Ihre Mutter hatte das wohl ebenfalls bemerkt und zwinkerte Lena kaum merklich zu, während sie ihrem Mann ein weiteres Käsebrötchen zuschob. Wie immer langte Lenas Vater schon beim Frühstück zu, während seine Frau lediglich eine Tasse Kaffee trank und hier und da an einem Brötchen knabberte.

»Und Sie?« Lenas Mutter wandte sich zu Harry. »Wie hat Ihnen Hamburg bisher gefallen? Selbstverständlich ist unser Hafen etwas ganz Besonderes, aber es gibt auch noch viele andere bemerkenswerte Sehenswürdigkeiten. Den Hamburger Michel zum Beispiel oder das Rathaus. Ach Gott, und noch so vieles mehr. Wie lange bleiben Sie denn überhaupt? Und weshalb sprechen Sie so fabelhaft unsere Sprache, wo Sie doch Engländer sind?«

Herrje, Mama, dachte Lena und warf ihrer Mutter einen erstaunten Blick zu, vielleicht lässt du ihn erst einmal auf eine deiner drei Fragen antworten, bevor das Verhör weitergeht. Ihre Mutter war offensichtlich furchtbar nervös, sonst hätte sie auf keinen Fall derart losgeplappert. Die Grafentochter Theresa von Eiben mochte mittlerweile zwar seit zwei Jahrzehnten Albers heißen, aber die höflichen Manieren einer Adligen ließen sich bei ihr für gewöhnlich nicht so einfach abschütteln. Was brachte sie nur derart aus der Ruhe? Ahnte sie etwa bereits jetzt, mit welcher Nachricht Lena eigentlich zu ihren Eltern kam?

»Nun ja«, setzte Harry an und schenkte Lenas Mutter ein scheues Lächeln. »Bisher fand ich es wirklich sehr interessant. Der Hamburger Hafen mit seiner Speicherstadt ist schon etwas ganz anderes als die Docks in Southampton. Ich hatte geplant, eine Woche zu bleiben, daher hoffe ich, dass genug Zeit bleibt, um noch ein bisschen mehr von der Stadt zu sehen«. Er schien nun langsam aufzutauen und trank einen Schluck Kaffee. »Und was mein Deutsch angeht, das verdanke ich meinem Großvater mütterlicherseits. Er stammte aus Deutschland. Genauer gesagt wurde er in der Nähe von Hannover geboren und lebte bis zu seinem zwanzigsten Geburtstag in dieser Gegend. Nach dem Ende des Krieges gegen die Franzosen, als viele Menschen sich über den Atlantik nach Amerika aufmachten, zog es ihn nach Großbritannien. In Liverpool fand er eine Anstellung in einer Zuckerfabrik und heiratete ein paar Jahre später meine Großmutter. Zwar ist er nie in seine eigentliche Heimat zurückgekehrt, aber es war ihm dennoch sehr wichtig, sich seine Muttersprache zu erhalten. Und so bin ich mit deutschen Märchenbüchern aufgewachsen und habe später Hauptmann und Rilke in der deutschen Originalfassung lesen können. Scheinbar ist ein bisschen was davon hängen geblieben.«

»Und trotzdem waren Sie bisher noch nie in Deutschland?«, hakte Lenas Mutter nach.

»Nein. Meine Eltern haben es nicht so mit dem Verreisen, und bis vor zwei Jahren ging ich ja noch zur Schule und hatte kein eigenes Geld. Umso schöner finde ich es natürlich, dass es jetzt geklappt hat.«

»Interessant«, bemerkte Lenas Mutter, sah dabei allerdings zu ihrer Tochter statt zu Harry. »Sehr interessant.« Langsam und mit Bedacht schenkte sie zuerst ihren Gästen und dann ihrem Mann noch ein wenig Kaffee nach. »Und in einer Woche reisen sie dann allein zurück nach England?«

Jetzt geht's los, dachte Lena und ergriff, während Harry ihr einen weiteren, Hilfe suchenden Seitenblick zuwarf, kurzerhand das Wort. »Nein, Mama. Unter anderem darüber wollte ich mit euch sprechen.« Sie machte eine kurze Pause und versuchte, möglichst unauffällig, tief einzuatmen. Eigentlich hatte sie sich ihre Worte erst noch ein wenig zurechtlegen und erst nach der Jubiläumsfeier mit der Sprache herausrücken wollen, aber ihre Mutter würde jetzt keinesfalls mehr lockerlassen. »In knapp einer Woche muss ich leider schon wieder zurück in London sein. Dann treffe ich mich mit einem Veranstalter, der Musiker für ein großes Konzert sucht. Vielleicht wird sogar eine kleine Serie von Konzerten daraus, mal sehen. Jedenfalls werden Harry und ich beide abreisen.«

Der Kommentar ihrer Mutter zu dieser Offenbarung bestand zunächst nur darin, dass sie die Lippen kaum merklich aufeinanderpresste und die Augenbrauen hochzog. Ihr Vater starrte stumm auf seinen Kaffee.

»Das ist eine große Chance für meine Karriere und öffnet mir vielleicht sogar weitere Türen im Showgeschäft«, erklärte Lena und staunte selbst über ihren kleinlauten, fast entschuldigenden Tonfall. Los jetzt, nimm dich zusammen, ermahnte sie sich im Stillen. Schließlich war sie eine erwachsene Frau und traf ihre Entscheidungen so, wie sie es für richtig hielt. Es musste an diesem Ort liegen, an der Rückkehr in ihr Elternhaus, dass es ihr jetzt so vorkam, als sei sie plötzlich wieder ein kleines Mädchen, das Vater und Mutter davon überzeugen wollte, es an einem Schulausflug teilnehmen zu lassen. Langsam und betont ruhig sprach Lena weiter, wobei sie darauf achtete, lediglich die Fakten darzulegen, statt sich dafür zu entschuldigen. »Ich habe mir in England schon einiges aufgebaut. Da wären meine Band, mein Agent und nicht zuletzt eine ganze Menge wertvoller Kontakte.«

In dem kleinen Esszimmer war es absolut still geworden. Die anderen hatten aufgehört zu essen und zu trinken und lauschten angespannt Lenas Worten.

»London ist, was Musik angeht, nun mal eine ganz eigene Welt, völlig anders als Hamburg«, fuhr sie fort. »Hier müsste ich noch mal komplett bei null anfangen, und selbst dann würde es viel schwerer als vorher, weil es hier kaum geeignete Clubs oder Bars gibt, die einen Sinn für meine Musik haben. So einen Rückschritt will ich an diesem Punkt meiner Karriere einfach nicht machen.«

»Hmm«, machte ihre Mutter und biss sich auf die Unterlippe. Lena wusste, dass es ein Zeichen für große Anspannung und Nervosität war. So plötzlich, quasi direkt nach ihrer Ankunft, hatte sie ihren Eltern nicht verkünden wollen, dass sie beabsichtigte, für immer in London zu bleiben.

»Das heißt also ...«, setzte ihre Mutter an, hielt jedoch inne, als ihr Mann seine Kaffeetasse klirrend auf dem Unterteller abstellte und sich erhob. Erst jetzt wurde Lena klar, dass er die ganze Zeit über noch kein Wort gesagt hatte. Offenbar hatte er nun genug gehört.

»Ich bin fertig«, konstatierte er und sah dabei lediglich seine Frau an, die direkt neben ihm saß. »Du weißt ja, es gibt noch schrecklich viel vorzubereiten, damit unser Jubiläum glattläuft. Falls also noch etwas sein sollte, findest du mich unten in der Werkstatt.« Und damit verschwand er zur Tür hinaus, ohne Lena oder Harry noch eines Blickes zu würdigen. Lenas Mutter blickte ihrem Mann nach, wusste jedoch wohl, dass es nichts bringen würde, ihm hinterherzulaufen. Stattdessen rührte sie stumm in ihrer halb leeren Kaffeetasse, während Harry wie versteinert zu Boden starrte.

Großartig, ging es Lena durch den Kopf, und ich dachte, es wäre Mama, die mir eine Szene macht.

3.

Hamburg-Uhlenhorst, Sonntag, 4. Mai 1930

Nachdem Lena und Harry sich verabschiedet hatten, blieb Theresa nichts anderes übrig, als den Frühstückstisch abzuräumen. Obwohl sie nun allein im Raum war, konnte sie immer noch die Anspannung in der Luft spüren, die der kurze Besuch ihrer Tochter ausgelöst hatte. Für Theresa selbst waren Lenas Pläne keineswegs eine Überraschung, auch wenn sie bis zuletzt gehofft hatte, mit ihren Vermutungen falschzuliegen. Es hatte einiges an Anzeichen dafür gegeben, dass eine endgültige Heimkehr nicht geplant war. Zunächst war da die Tatsache, dass Lena seit Monaten in ihren Briefen wieder und wieder den Nachfragen ihrer Mutter ausgewichen war, wenn es um die Vorbereitungen für ihre Rückkehr nach Hamburg ging. Es gab keine neue Wohnung, keinen neuen Agenten und keinerlei Pläne für den Transport ihres Hab und Guts.

Stattdessen konnte Theresa Seite für Seite und Zeile für Zeile lesen, wie tief verwurzelt Lena mittlerweile in der Londoner Musikszene war. Neben ihrer fantastischen Stimme schien sie ein Talent dafür zu haben, Kontakte zu knüpfen und überall Unterstützer für ihre Projekte zu finden. Dabei war die junge Sängerin absolut fokussiert auf ihre Karriere und ließ sich von nichts und niemanden vom Weg abbringen, wenn es darum ging, ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Theresa spülte die letzte Tasse aus, trocknete sie mit einigen schnellen Handbewegungen ab und stellte sie neben die anderen in den kleinen Hängeschrank über der Küchenzeile. Wenn Lena nun einmal in London bleiben wollte, hatte es keinen Sinn zu versuchen, sie umzustimmen. Georg und sie würden sich als Eltern bestmöglich mit der Situation engagieren müssen. Obwohl sie eigentlich besorgt und gestresst wegen des so abrupt beendeten Frühstücks war, musste Theresa ein klein wenig schmunzeln. Lena war ihr mit ihrer zierlichen Figur, ihren feinen Gesichtszügen und den braunen Haaren nicht nur äußerlich sehr ähnlich, sondern sie hatte auch eine gehörige Portion ihrer Sturheit geerbt. Helena hatte stets ihren eigenen Kopf und einen verflixt starken Willen gehabt, so war das schon seit frühester Kindheit. Georg, der früher meist gelassen reagiert und auch mal den ein oder anderen Zwist einfach weggelächelt hatte, schien es mit den Jahren jedoch schwerer und schwerer zu fallen, sich mit dieser Eigenheit seiner Tochter auseinanderzusetzen. Aber dass er so zornig und trotzig reagierte und das in Anwesenheit eines Gastes, hatte Theresa in ihren vielen Ehejahren noch nicht erlebt.

Nachdem nun alles wieder aufgeräumt war, dachte sie kurz sehnsüchtig an ihr sonniges Plätzchen am Rande des ehemaligen Gemüsegartens. Nein, der Moment war für heute vorbei und die herrliche Ruhe des frühen Morgens längst verflogen. Aber vielleicht brauchte ja Georg bei seinen Vorbereitungen noch ein wenig Hilfe. Sicherlich hatte er sich mittlerweile auch wieder ein wenig beruhigt, sodass sie ein besonnenes Gespräch über die neue Situation mit ihm führen könnte.

Während sie die geschwungene Holztreppe mit dem gedrechselten Geländer hinunter ins Erdgeschoss nahm, um durch die Verkaufsräume in die dahinterliegende Werkstatt zu gelangen, überlegte sie, wie sie ihren Mann auf andere Gedanken bringen könnte. Schließlich hatte er sich so auf die Jubiläumsfeier des Musikhauses Albers gefreut, das bis über die Grenzen Hamburgs hinaus als »das Musikhaus an der Alster« bekannt war. Georgs Reaktion nach zu urteilen, hatten ihn Lenas Worte unvorbereitet getroffen. Er war sicher davon ausgegangen, dass ihr Aufenthalt in Großbritannien nur ein Gastspiel sein würde, um neue Eindrücke und Erfahrungen zu sammeln, bevor sie ihre Karriere in der Heimat verfolgte. So hatten die drei es besprochen, bevor Lena sich in die Fremde aufgemacht hatte.

Als Theresa am Fuß der Treppe ankam, hörte sie plötzlich Musik. Aus dem Klavierzimmer zu ihrer Linken drangen die Klänge der Einleitung aus Beethovens Klaviersonate Nr. 26 in Es-Dur. Ein Stück, das landläufig als Les Adieux bekannt war und in musikalischer Form vom Schmerz des Abschieds erzählte.

Wie erwartet, fand Theresa Georg an seinem liebsten Klavier sitzend vor, mit hängendem Kopf, leicht nach vorne gebeugt und völlig in sein Spiel vertieft. Rechts neben dem Klavierhocker entdeckte sie das kleine, leicht eckige Gläschen, aus dem ihr Mann hin und wieder abends einen Schnaps trank, wenn er sich von einem harten Arbeitstag erholen wollte. Offensichtlich hatte er heute schon morgens zu diesem Heilmittel für seine Nerven gegriffen.

»Georg«, begann Theresa, während sie vorsichtig um ihn herum ging.

Er zuckte leicht zusammen, öffnete die Augen und hob die Hände von den Tasten. »Theresa, bitte«, sagte er heiser, »ich will jetzt noch nicht darüber reden.«

»Ich aber schon«, entgegnete Theresa ebenso ruhig wie bestimmt. »Du hast dich eben recht unhöflich verhalten. Insbesondere unserem Gast gegenüber. So kenne ich dich ja gar nicht.«

»Unhöflich?«, wiederholte Georg und warf ihr einen ärgerlichen Blick zu, während er die Tastenklappe des Klaviers schloss. »Na, entschuldige mal. Denkst du vielleicht, ich sitze still und freundlich lächelnd da, während unsere Tochter verkündet, dass sie auf einmal mir nichts dir nichts hier alles aufgeben will?«

»Was sie will«, sagte Theresa, »ist, ihre Karriere voranzutreiben. Und das kann sie in London nun mal einfach besser. Sie ist eben sehr ambitioniert und zielstrebig, mein Lieber. In dieser Hinsicht erinnert sie mich sehr an einen gewissen Pianisten, den ich mal kannte. Der war Klavierlehrer und Organist, wollte aber für sein Leben gern Komponist werden ...«

»Ach, hör doch auf!« Georg schnaubte. »Das kann man überhaupt nicht vergleichen. Was hatte ich denn zu der Zeit schon vorzuweisen? Überhaupt nichts, und das weißt du genau.« Er stand auf, ging jedoch nicht auf Theresa zu, sondern um das Klavier herum und stützte sich müde auf den massiven, tiefschwarzen Korpus. »Unsere Lena könnte auch in Hamburg Sängerin werden. Oder gibt es so was etwa hierzulande nicht mehr? Ihr stehen doch wirklich alle Türen offen. Aber nein, da drüben hat sie ja bereits ihre Kontakte.« Georg schüttelte ärgerlich den Kopf, sodass seine ergraute Lockenmähne in Bewegung geriet. »Kontakte, dass ich nicht lache!«

»Und was soll das nun wieder heißen?«, fragte Theresa, die sich nun wirklich darüber wunderte, wie wütend und verletzt ihr Mann auf die Situation reagierte.

»Siehst du das denn nicht? Das Mädchen ist doch völlig durcheinander!« Georg trommelte nervös mit den Fingern auf das dicke Eichenholz des Instruments. »Dieser Harry, den sie im Schlepptau hat, der ist ihr Kontakt. Wegen dieses Burschen will sie auf einmal so dringend in England bleiben, das sage ich dir. Er hat ihr den Kopf verdreht, und auf einmal sind wir abgemeldet.«

»Ach was«, winkte Theresa ab, dachte jedoch gleichzeitig daran, wie herzlich die beiden voneinander gesprochen hatten. In ihren Briefen hatte Lena Harry kein einziges Mal namentlich erwähnt. Und jetzt war er ihr so vertraut, dass sie zusammen auf Reisen gingen?

»Ich war von Anfang an dagegen, dass sie nach London geht«, zeterte Georg weiter. »Von Anfang an! Das gehört sich für eine unverheiratete Frau in ihrem Alter einfach nicht. Aber nein, Lena hat wie immer ihren Willen durchgesetzt. Angeblich wohnt sie ja mit ihrer Studienfreundin zusammen. Wer sagt uns denn, dass das überhaupt stimmt?«

»Das stimmt schon, Georg«, entgegnete Theresa. »Ich kann verstehen, dass du aufgewühlt bist. Das bin ich auch, verflixt noch mal. Aber ich vertraue Helena. Sie ist klug und weiß, was gut für sie ist. Und außerdem liebt sie uns. Hast du denn nicht bemerkt, wie schwer ihr das alles fällt? Denkst du etwa, es tut ihr nicht weh, von uns getrennt zu sein?« Langsam ging sie zu ihrem Mann hinüber und nahm seine Hände in die ihren.

Georg schüttelte immer wieder den Kopf. Aber die Zornesfalten auf seiner Stirn lösten sich allmählich auf. Besorgt und traurig sah er sie an. »Aber was ist mit dem Musikhaus, Theresa?«, fragte er mit belegter Stimme. »Was soll daraus werden, wenn wir einmal älter sind und das alles nicht mehr stemmen können? Was ist ein Familienunternehmen denn noch wert, wenn die einzige Tochter fortgeht und nichts mehr damit zu tun haben will?«

Theresa wurde schwer ums Herz. So weit hatte sie überhaupt noch nicht gedacht. Dabei waren Georgs Sorgen weiß Gott nicht unberechtigt. »Dass sie das Musikhaus nicht übernehmen will, hat Lena doch gar nicht gesagt«, tröstete sie ihren Mann und drückte sanft seine rechte Hand. »Genau so wenig, wie sie gesagt hat, dass sie nie wieder nach Hamburg ziehen wird. Sie ist doch noch so jung. Gib ihr etwas Zeit und die Dinge werden sich fügen.«

Georg nickte und richtete sich auf. »Schließlich gehöre ich im Moment noch nicht zum alten Eisen. Ein paar Jahre bleibe ich sicher noch der Chef. Und du bleibst die Chefin, nicht wahr?«

»So ist es«, bestätigte Theresa und bemühte sich darum, sicher und überzeugt zu klingen, während Georg sich ein müdes Lächeln abrang und ihr zuzwinkerte. Doch nun hatte die Angst vor der Zukunft sich bereits still und leise in ihr Herz geschlichen. Das Musikhaus war nicht nur ihr Beruf oder ihre Einnahmequelle, sondern es sollte irgendwann Georgs und Theresas Vermächtnis werden. Und bei aller Liebe und Verständnis für Lena, die Pläne ihrer Tochter hatten diese Zukunft heute ins Wanken gebracht.

4.

Hamburg-Winterhude, Sonntag, 4. Mai 1930

»Na, glaubst du mir jetzt endlich, dass wir hier in der schönsten Stadt der Welt sind?«, fragte Lena und sah Harry erwartungsvoll an. Die beiden verließen gerade die breite, von Platanen gesäumte Allee des Stadtparks nach links, um in einen schmaleren Weg einzubiegen. Es war ein warmer Frühlingsnachmittag, und der Wind blies nur leicht aus Richtung Westen. Das milde Wetter und der blaue, fast wolkenlose Himmel an diesem Montag lockten zahlreiche Spaziergänger an, welche die weitläufige Anlage durchstreiften.

»Ja, ganz schön euer Städtchen«, erwiderte Harry bewusst gelassen und zwinkerte Lena mit einem spitzbübischen Grinsen zu. Das Laub der Bäume warf ständig wechselnde Schatten auf sein Gesicht, während die beiden nebeneinanderher schlenderten. »Aber mit unserem Hyde Park kann das hier ja wohl kaum mithalten, auch wenn ich zugeben muss, dass ihr einen recht beeindruckenden See habt.«

»Ach was, Hyde Park!«, konterte Lena in gespielt überheblichem Ton und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn ich gehe, möchte ich mich entspannen und nicht andauernd irgendwelchen hochwohlgeborenen Herrschaften auf ihren Gäulen ausweichen.«

»Also das ist ja wohl die Höhe!«, entgegnete Harry. »Wenn du unsere schöne Stadt weiter so verunglimpfen willst, dann nehme ich dich nicht mehr mit zurück nach London, Helen.«

»Das wäre meinen Eltern sicher überaus recht«, sagte Lena, und die unbeschwerte Leichtigkeit wich augenblicklich aus ihrer Stimme. »Es tut mir leid, dass du das gestern miterleben musstest. Ich hätte mir eigentlich denken können, dass es Streit gibt.«

»Ach was, Streit«, sagte Harry und schüttelte den Kopf. »Streit war bei meinen Eltern zu Hause immer erst, wenn meine Mutter anfing, mit Geschirr zu werfen, und mein Vater fluchtartig das Haus verließ.«

»Trotzdem. Danke, dass du mitgekommen bist. Eigentlich kommt man mit meinen Eltern ziemlich gut aus.«

»Das glaube ich dir. Ich hätte mir zu gern auch mal das Musikhaus richtig angesehen, aber dazu ist es ja nicht mehr gekommen.«

»Tut mir leid.«

Harry nickte nur. So langsam war ihm das Thema sichtlich unangenehm, und er wusste wohl nicht mehr so recht, was er zu dem abrupt beendeten Frühstück im Hause Albers noch sagen sollte. Lena ging es ganz genauso. Umso dankbarer war sie ihm dafür, dass er nun das Thema wechselte.

»Sag mal, Helen, hat euer grandioser weltberühmter Stadtpark zufällig auch so etwas wie Bänke? Wir laufen schon seit Stunden, und langsam tun mir die Füße weh.«

Sie musste lachen. Harry konnte man die gute Laune einfach nicht verderben, und wenn er einen erst einmal ein wenig besser kannte, hatte er zudem in allen Lebenslagen einen lockeren Spruch auf den Lippen. »Na klar«, sagte sie und zeigte nach rechts, wo die saftig grüne Wiese an einer niedrigen Backsteinmauer mit einer halbrunden Ausbuchtung endete. »Da vorn können wir uns kurz mal ausruhen.«

»Und wer ist dieser nachdenkliche Bursche?«, sagte Harry, nachdem er auf der breiten Holzbank platzgenommen und einen seiner Schuhe ausgezogen hatte, der ihm offenbar einen schmerzenden Fuß bereitete.

Theresa folgte seinem Blick zu der Bronzestatue, die sich ungefähr zehn Schritte von den beiden entfernt in Denkerpose mit gekreuzten Beinen und angewinkelten Armen auf einem steinernen Sockel erhob. »Heinrich Heine. Das Denkmal wurde erst vor ein paar Jahren errichtet. Kennst du ihn?«

»Sicher«, sagte Harry. »Ich habe dir doch erzählt, dass ich immer deutsche Bücher lese. Schließlich will ich die Muttersprache meines Großvaters nicht verlernen. Von Heines Gedichten müssen bestimmt auch ein oder zwei dabei gewesen sein«. Er kratzte sich am Kopf und schloss die Augen, als würde er angestrengt nachdenken, bevor er fortfuhr. »Und als ich die deutsche Sprache vernahm, da ward mir seltsam zu Mute. Ich meinte nicht anders, als ob das Herz recht angenehm blute.«

»Das kannst du ihm wohl nachfühlen, was?«, fragte Theresa.

»Natürlich«, erwiderte Harry. »Der Mann wusste einfach, wovon er schreibt. Heine hatte einen ziemlich realistischen Blick auf die Dinge. Deshalb heißt es in dem Gedicht ja auch: Franzosen und Russen gehört das Land, das Meer gehört den Briten ...«

»Harry ...«

»... Wir aber besitzen im Luftreich des Traums die Herrschaft unbestritten.«

»Harry!«, zischte Lena wieder und packte ihn sanft, aber bestimmt am Arm. »Nicht so laut! Oder willst du gleich an deinem dritten Tag hier deine erste Tracht Prügel einstecken? Wundern würde es mich nicht. Viele Leute sind weder auf Heinrich Heine selbst noch auf sein Wintermärchen auch nach fast hundert Jahren besonders gut zu sprechen, und die Stimmung im Volk ist sowieso schon angespannt.«

»Schon gut, schon gut«, entgegnete Harry leicht beleidigt, wandte sich ab und zog seinen Schuh wieder an.

Lena sah sich kurz um. Die Bank zu ihrer Rechten war leer, und auch sonst hielt sich gerade niemand in ihrer unmittelbaren Nähe auf. Lediglich ungefähr fünfzig Meter entfernt stand ein Mann, der in ihre Richtung zu blicken schien. Aufgrund der breiten Krempe seines Huts und des hochgeklappten Mantelkragens war sein Gesicht nicht zu erkennen. Für die frühlingshaften Temperaturen war er viel zu dick angezogen. Sobald er Lenas Blick bemerkte, drehte er sich langsam um und ging in südlicher Richtung davon.

»Sieh mal hier«, sagte Harry fröhlich. »Das wollte ich dir schon den ganzen Tag zeigen.« Er überreichte Lena einen dünnen Bogen aus Papier. Es handelte sich um eine Seite aus dem Hamburger Anzeiger. Ein langer Artikel trug den fett gedruckten Titel Deutschlands schönstes Planetarium. Darunter konnte man alles über diese spektakuläre, erst kürzlich eröffnete Attraktion im Nordwesten des Parks lesen, die im ehemaligen Wasserturm untergebracht war. »Das ist doch großartig, oder?«, begeisterte er sich. »Da gibt’s eine Himmelskuppel mit über fünftausend Sternen! Du interessierst dich doch für Astronomie, nicht wahr? Komm, da gehen wir hin, Helen.«

»Das Planetarium möchte ich mir auch unbedingt noch anschauen, bevor wir Hamburg wieder den Rücken kehren«, sagte Lena und gab Harry den Zeitungsausschnitt zurück. »Aber für heute sind wir genug gelaufen und haben genug gesehen. Ich bin hundemüde.«

»Ach, komm schon«, drängte Harry und stand auf. Offenbar steckte er noch voller Energie.

»Nein, wirklich nicht. Ich bin einfach zu erschöpft. Und außerdem sollten wir uns dafür richtig Zeit nehmen. Lass uns in den nächsten Tagen mal früh morgens aufbrechen, und dann schauen wir uns sämtliche Sterne und Planeten an, versprochen«.

»Na gut«, gab sich Harry geschlagen. »Aber ich will mir den alten Wasserturm wenigstens mal von außen ansehen, nur ganz kurz. Wartest du hier? In einer Viertelstunde bin ich bestimmt wieder da.«

»Wenn du dich da mal nicht verschätzt«, entgegnete Lena leise und schloss die Augen. Harry hatte sich bereits schnellen Schrittes auf den Weg gemacht. Als sie so vor sich hin döste, den Kopf in den Nacken gelegt und die Beine lässig überkreuzt, dachte Lena erneut an die Reaktion ihres Vaters auf ihre Neuigkeiten beim gemeinsamen Frühstück. Vor der Abreise aus England hatte sie sich sämtliche Möglichkeiten für den Ausgang dieses unvermeidlichen Gesprächs ausgemalt, die ihr eingefallen waren: Streit, Vorwürfe, stundenlange Diskussionen, mit alldem wäre sie schon irgendwie zurechtgekommen. Aber dieses eisige Schweigen kannte Lena von ihrem stets lebensbejahenden, rational denkenden Vater nicht, und es machte ihr Angst.

Als sie die Augen wieder öffnete, um nachzusehen, ob Harry vielleicht schon auf dem Rückweg in ihre Richtung war, fiel Lenas Blick erneut auf den fremden Mann mit dem Hut und dem langen Wintermantel. Er war stehen geblieben, hatte den Kopf gehoben und schaute direkt in ihre Richtung. Beobachtete er sie etwa? Irgendetwas an der Erscheinung des Unbekannten behagte Lena ganz und gar nicht. Die Art, wie er einfach so mitten auf dem Weg dastand und in ihre Richtung sah, bescherte ihre eine leichte Gänsehaut und ein flaues Gefühl im Magen.

»Und da bin ich wieder«, keuchte Harry plötzlich neben ihr. Er war etwas aus der Puste, was darauf hindeutete, dass er vermutlich den gesamten Weg zum alten Wasserturm und zurück gerannt war. »Es wirkt schon von außen wirklich beeindruckend. Am besten gehen wir gleich nach der Feier deiner Eltern hin.« Er stockte kurz und sah sie von oben bis unten an. »Ist alles in Ordnung, Helen? Du siehst etwas blass aus.«

»Ja, alles gut so weit«, entgegnete sie geistesabwesend, während sie beobachtete, wie der fremde Mann sich wieder in Bewegung setzte. »Lass uns hier verschwinden, Harry. Für heute habe ich definitiv genug von diesem Park.«

5.

Hamburg-Uhlenhorst, Mittwoch, 7. Mai 1930

Theresa stand auf der Bühne, die für das Jubiläum des Musikhauses errichtet worden war und ließ ihren Blick über die Menge schweifen, die sich auf der frisch gemähten Wiese neben der Villa versammelt hatte. Das Fest war am frühen Abend schon in vollem Gange. Die meisten Gäste genossen, an schmalen hölzernen Tischen sitzend, gegrillte Würste mit Brötchen und kühle Getränke, während andere fröhlich miteinander tanzten. Es roch nach Rauch, Gras und frisch gezapftem Bier, sodass man fast hätte meinen können, der Sommer hielte bereits Einzug an der Außenalster. Bei schönstem Wetter, mit viel Sonnenschein und nahezu Windstille, spielte gerade eine Gruppe aus dem lokalen Musikverein auf. Die acht Männer, deren Instrumente gut zur Hälfte aus dem geschätzten Musikhaus an der Alster stammten, ließen gerade auf Gitarren und Akkordeons ihre eigene flotte Version des Klassikers De Hamborger Veermaster hören. Alles in allem lief die Feier also bestens, aber wo war Georg schon wieder abgeblieben? Würde er tatsächlich die lang ersehnte Jubiläumsfeier ihres Musikhauses versäumen, nur weil er immer noch wegen Lenas Karriereplänen schmollte? Theresa stieg von der Bühne und schob sich nach vorn durch das dichte Gedränge, in der Hoffnung, ihren Mann irgendwo unter den Gästen zu entdecken.

»Guten Tag«, hörte sie ihn plötzlich laut hinter sich sagen. »Wie schön, dass Sie alle zu unserem besonderen Tag gekommen sind.«

Wie aus dem Nichts war Georg mit einem Mal auf der rund zwei Meter hohen Bühne am Rand der Wiese erschienen. Er trug seinen besten Anzug und lächelte einnehmend zu den Besuchern hinunter. Seine Stimme hallte auch ohne Mikrofon über den gesamten improvisierten Festplatz, sodass sich die Aufmerksamkeit der Anwesenden nun ganz auf ihn richtete. »Für alle, die mich noch nicht kennen: Mein Name ist Georg Albers, und ich leite zusammen mit meiner Frau Theresa nun schon seit genau zwanzig Jahren das Musikhaus Albers, das aufgrund seiner wunderschönen Lage in Hamburg im Allgemeinen als Musikhaus an der Alster bekannt ist. Der Fluss hinterlässt bei vielen also offenbar eher einen bleibenden Eindruck als mein Nachname, aber damit kann ich leben.« Er machte eine kleine Pause und erntete ein paar verhaltene Lacher. »Ich bin weiß Gott kein großer Redner und möchte Ihnen daher nur noch sagen, dass wir jeden Einzelnen unserer Kunden sehr schätzen und von Herzen hoffen, dass Sie uns auch noch weitere zwanzig Jahre treu bleiben. Bitte genießen Sie das Essen, die Getränke sowie unser musikalisches Rahmenprogramm. Die Herren hinter mir werden noch ein letztes Stück für uns alle spielen, wobei sie jedoch noch ein klein wenig Verstärkung am Mikrofon erhalten.« Er warf einen kurzen Blick nach hinten über seine linke Schulter. »Bitte begrüßen Sie mit mir eine aufstrebende Sängerin aus Hamburg, Lena Albers.«

Sieh mal einer an, dachte Theresa, während ihre Tochter, die am Vorabend in ihrem Kinderzimmer übernachtet hatte, lächelnd und in einem wunderschönen rosafarbenen Sommerkleid unter großem Applaus auf die Bühne stolzierte. Sollten sich Vater und Tochter etwa heimlich und ohne ihr Zutun versöhnt haben? Das allein wäre ja schon eine Feier wert. Auf den zweiten Blick registrierte Theresa, dass auch Harry zugegen war. Er stand ebenfalls auf der Bühne, blieb jedoch im Hintergrund und war wohl nur als Lenas Begleiter zugegen, nicht als weiterer Musiker. Gerade unterhielt er sich angeregt mit Georgs Freund Max Reiminger, der im Anschluss ein paar Stücke auf seiner Violine spielen sollte.

»Vielen Dank«, rief Lena und winkte den Zuschauern zu, während das Klatschen und die Pfiffe langsam leiser wurden. »Ich freue mich ebenfalls, dass ...«

Weiter kam sie nicht, denn plötzlich ertönte ein lautes Krachen, das alle Gespräche verstummen ließ. Als Lena sich fragend zu ihrem Vater umdrehte, gab die vordere rechte Stütze der Bühne mit einem heftigen Ruck nach, der Holzboden senkte sich dort, und alle, die sich darauf befanden, fielen zu Boden.

Oh Gott, dachte Theresa, während sie sich panisch einen Weg durch die aufgescheuchte Besuchermenge bahnte. Oh Gott, bitte lass sie unverletzt sein. Einige der Gäste hatten sich bereits darangemacht, denjenigen, die von der eingestürzten Bühne gefallen waren, aufzuhelfen und sie hinüber zu einem weniger überfüllten Teil der Wiese zu führen. Andere standen schockiert herum und verfolgten das Treiben mit bleichen Gesichtern und weit aufgerissenen Augen. Theresa sah zwei junge Männer, die einen dritten, deutlich älteren, stützten, der sich mit einer blutenden Kopfwunde und schmerzverzerrtem Gesicht vorwärtsschleppte. Dahinter begutachtete eine rundliche Dame ihre zerbrochene Mandoline, die offenbar ebenfalls dem Unglück zum Opfer gefallen war. Endlich erreichte Theresa Lena und Georg, die sich über jemanden beugten, der am Boden lag. Augenscheinlich waren sie wohlauf und unverletzt.

»Da seid ihr ja!«, rief Theresa mit zitternder Stimme. »Ist alles in Ordnung?«

»Mit uns beiden schon«, entgegnete Georg. »Allerdings scheint Harry sich den Fuß gebrochen zu haben.«

Erst jetzt sah Theresa, dass der junge Brite am Boden lag und mit zusammengebissenen Zähnen sein linkes Bein umklammert hielt. Lena hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und redete beruhigend auf ihn ein, während auch schon zwei unverletzte Musiker herbeigeeilt kamen, um ihn in Richtung des Hauses zu bringen.

»Jemand muss die Ambulanz rufen«, sagte Georg, und sein Gesicht war von tiefen Sorgenfalten gezeichnet. »Einige scheinen ganz schön was abbekommen zu haben.«

»Wie konnte das geschehen?«, stieß Theresa hervor. »Die Bühne war doch stabil, oder? Hast du nicht gesagt, dass du sie gestern noch überprüft hast?«

»Ja«, erwiderte Georg. »Es war alles in Ordnung, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher. Normalerweise hätte ich noch ein ausgewachsenes Nilpferd auf die Bühne holen können, und es wäre trotzdem nichts passiert. So eine massive Holzstütze bricht auch nicht einfach so aus heiterem Himmel durch.«

»Aber was heißt das? Was war da bloß los, verflixt noch mal?«, fragte Theresa.

»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, gab Georg zu und sah sich auf der Wiese um. »Aber im Moment sieht es ganz so aus, als hätte jemand mit Absicht den Unfall herbeigeführt und vermutlich die Stütze angesägt.«