Das Prinzip des Einen - Dorothee Amelung - E-Book

Das Prinzip des Einen E-Book

Dorothee Amelung

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Beschreibung

Was bedeutet es, durch ein spirituelles Erwachen zu gehen? Wie wirkt sich das ganz konkret auf unsere Überzeugungen, Glaubenssysteme, Beziehungen zu anderen Menschen, Lebensvorstellungen, und sogar den eigenen Körper aus? In welche Sackgassen können wir auf einem spirituellen Weg geraten? Was hat ein Erwachen mit dem mystischen Einheitsprinzip ("Oneness") zu tun und was bedeutet das für die Zeit des Umbruchs, in der wir leben und die wir alle konkret mitgestalten können? Dieses Buch soll nicht nur (erste) Impulse zu diesen Fragen geben, es soll auch eine Brücke bauen zwischen Herz und Verstand: denn die Autorin lässt neben eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen immer wieder auch wissenschaftliche Forschungsergebnisse einfließen, die nicht so sehr im Widerspruch zu spirituellen Konzepten und Ideen stehen wie es manche vielleicht erwarten würden.

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Seitenzahl: 296

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Dorothee Amelung

Das Prinzip des Einen

Bewusstsein einer neuen Menschlichkeit

© 2021 Dorothee Amelung

www.dorotheeamelung.com

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-4422359 Hamburg

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-28212-4

Hardcover:

978-3-347-28213-1

e-Book:

978-3-347-28214-8

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Bewusstsein einer neuen Menschlichkeit

Ein paar Grundbegriffe zu Beginn

Wie sieht ein „Erwachen“ praktisch aus?

Ist Spiritualität naiv?

Warum ein spiritueller Weg oft nicht viel mit organisierter Religion zu tun hat

Warum Spiritualität sehr viel mit Wissenschaft zu tun hat, und uns die Logik hier trotzdem nicht weiterhilft

Vom Umgang mit Emotionen

Yin und Yang - Von den männlichen und weiblichen Prinzipien im Einklang

Warum wir noch viel zu lernen haben – das Einheitsbewusstsein

Verurteilung oder Beurteilung

Ego oder kreative Individualität

Verantwortung oder Schuld

Ermächtigung oder Machtausübung

Abschottung oder Grenzziehung

Schwäche oder Verletzlichkeit

Parallele Realitäten in einem kreativen Universum

Licht und Dunkel aus Sicht der Einheit - gibt es „das Böse“ und wenn ja, welche Seite ist „mächtiger“? Eine Frage der Perspektive

Das Gesetz der Anziehung, die positive Psychologie und was das in einer Welt der Dualität praktisch bedeutet

Wer hat denn nun Recht? Die „Wahrheit“ aus spiritueller Sicht

Warum Liebe eben nicht nur eine schöne Nebensache ist

Vom Karma, dem Einssein, und dem göttlichen Willen - gibt es den freien Willen?

Von der Heilung – Befreiung von Leiden oder „Blockaden“

Die Rolle des physischen Körpers im Erwachensprozess

Spirituelle Fähigkeiten, Intuition und warum sich das sogenannte dritte Auge nicht einfach schlagartig öffnet

Über die Fantasie, die „Imagination“ und das innere Kind

Vom Unterschied zwischen Mitgefühl, Mitleid und Empathie und warum das wichtig ist

Akzeptanz und Verzeihen als konkrete Schritte auf dem Weg des Mitgefühls

Transhumanismus oder das Wirken von Spirit durch Grace

Quellenverzeichnis

Über die Autorin

Bewusstsein einer neuen Menschlichkeit

Wir leben in einer Zeit der massiven Umbrüche, die sowohl Risiken als auch Chancen für uns bereithält. Dabei denken viele Menschen vielleicht an technologische Fortschritte. So wird ja auch viel Hoffnung geschürt, dass diese die vielen Probleme der Welt lösen mögen - die Agrarrevolution, die mittels Genmanipulation den Welthunger besiegen, der medizinische Fortschritt, der Krankheiten auslöschen möge, bis hin zur künstlichen Intelligenz, die die Unzulänglichkeiten der Menschheit vergessen machen soll. Doch diese einseitigen Hoffnungen vernebeln den Blick auf einen ganz wesentlichen, viel naheliegenderen Aspekt, den es nicht einmal zu entwickeln, sondern vielmehr wiederzuentdecken gilt - die Natur unseres Selbst.

Der im Vergleich mit technologischem Fortschritt viel umwälzendere Wandel ist der unseres Bewusstseins. Es muss einen eigentlich wundern, dass er so verborgen, im öffentlichen Bewusstsein noch nicht angekommen zu sein scheint. Vermutlich liegt das an der Radikalität, mit der dieser Wandel unsere Vorstellungskraft übersteigt, da wir keinen Bezugspunkt zu einer veränderten Realität herstellen können, die wir in dieser Form noch nie erlebt haben.

Dieser Wandel betrifft nicht einfach nur einen kleinen Ausschnitt unserer physischen Realität - das Finanzsystem etwa, das Bildungssystem, oder politische Systeme auf der Weltbühne. Veränderungen in all diesen Bereichen zeigen sich letztlich nur als Auswirkungen eines viel tiefer liegenden Wandels, der nichts weniger als die Natur unserer Wahrnehmung der Realität selbst betrifft. Und damit betrifft dieser Wandel unsere Realität als Ganzes, denn unsere Wahrnehmung, unser Bewusstsein existiert nicht losgelöst von dieser Realität.

Wenn sich das kollektive Bewusstsein so rasant entwickelt wie in unserer Zeit, folgen die äußeren Veränderungen auf dem Fuße, denn unser Bewusstsein interagiert mit unserer Realität - unsere Realität und unser Bewusstsein sind eng und untrennbar miteinander verwoben. Wenn wir also echten, nachhaltigen und organischen Wandel bewirken wollen, müssen wir nach innen schauen und aktive Gestalter unserer Bewusstseinsentwicklung werden, oder dieser Entwicklung zumindest nicht im Wege stehen, anstelle im Außen Möglichkeiten der Kontrolle, schnellen Lösungen, oder unserer „Rettung“ nachzujagen.

Dies wird umso deutlicher, je mehr wir uns vor Augen führen, dass jede Technologie im Außen nur so konstruktiv, nützlich und fortschrittlich ist, wie es das Bewusstsein der Personen zulässt, die sie einsetzen. Jede Technologie kann zum Wohle aller eingesetzt werden – oder zum Vorteil einiger weniger, was immer immense Kosten für das Gemeinwohl mit sich bringt, wofür unsere Welt zahlreiche Beispiele bietet. Darum ist es so wichtig, nicht nach einseitigem technologischem Fortschritt zu rufen - sondern unsere Bewusstseinsentwicklung endlich ernst zu nehmen - nur so ist ein ethisch verantwortungsvoller Umgang mit technologischem Fortschritt überhaupt möglich, der dem Gemeinwohl dient.

Letztlich entspringt der Wunsch, in Technologien im Außen einen Ausgleich für die eigenen inneren wahrgenommenen Unzulänglichkeiten zu finden auch einem zutiefst zerrissenen Selbstbild, das den eigenen Wert nicht erkennt und von tiefem Misstrauen den eigenen Fähigkeiten, den eigenen innersten Beweggründen gegenüber geprägt ist. Möglicherweise haben wir sogar eine solche Angst vor der eigenen Ermächtigung und Freiheit, die in unserer Bewusstwerdung liegt, möglicherweise haben wir so viel Dunkelheit erlebt, dass wir unserem eigenen Licht nicht mehr vertrauen, ja, dieses nicht einmal mehr erkennen können. Ein spiritueller Erwachensprozess ist ein Weg zurück in dieses Vertrauen.

Der Wandel unseres Bewusstseins gleicht einem Evolutionssprung, der jeden einzelnen von uns vor die Wahl stellt, ob wir mit dem Wandel oder in den Widerstand gehen wollen - sei es aus einer weit verbreiteten Angst vor dem Unbekannten oder aus einem Zustand der Verwirrung darüber, was denn nun eigentlich das Richtige, Wahre, wo Halt zu finden sei.

Der Schlüssel zur Beantwortung der Frage nach dem „Richtigen“ liegt in jedem einzelnen von uns, denn das absolut „Richtige“ gibt es eigentlich nicht in einem kreativen Universum, das uns in dieser neuen Ära vor die gewaltige und erschreckende Aufgabe stellt, unsere kulturell vorgegebenen Konditionierungen loszulassen, die die Welt in einfach zu überblickende, für alle gültige Einheiten aufteilt, - gut, schlecht, richtig, falsch, schön, hässlich -, um endgültig zu lernen, unserem eigenen inneren Kompass zu folgen.

Gleichzeitig bewirkt die Entwicklung unseres Bewusstseins die Befreiung von unserer Sucht danach, zu beurteilen. Sie befreit uns davon, uns selbst einteilen, uns in irgendeine Schublade oder Rolle einordnen zu müssen. Denn das wird unserem Wesen nicht gerecht. Dieser Prozess führt uns zu dem viel umfassenderen „echten“ inneren Wesen zurück, einschließlich dem, was alte mystische Schulen schon immer die „Einheit“ oder „Ganzheit“ nannten, oder auch das Einheitsbewusstsein.

Dies kann jedoch nur geschehen, wenn wir die Wege wählen, die dazu geeignet sind, die tiefen Spaltungen in unserer Gesellschaft zu überwinden, und Brücken zueinander zu bauen über alle Differenzen hinweg - die trotz aller kreativer Unterschiede letztendlich nicht so groß sind wie sie vielleicht scheinen.

Das klingt in der Theorie schön und gut, die kollektive Praxis sieht derzeit jedoch noch nach dem genauen Gegenteil aus - ist sie doch von Meinungspolarisierung und erbitterten Kämpfen um die „Wahrheit“ geprägt. Der Prozess, in dem wir uns befinden, ist mit teils schmerzhaften Umbrüchen und Veränderungen verbunden, denn er bedeutet für uns, lieb gewonnene Gewohnheiten aufzugeben, uns mit Verletzungen und Wunden aus der Vergangenheit zu konfrontieren, Bedürfnisse nach Kontrolle, Ablenkungen und Süchte hinter uns zu lassen, und uns ehrlich all unseren Anteilen zu stellen - auf individueller und kollektiver Ebene.

Doch wir befinden uns in einem Lern- und Erwachensprozess, den wir alle mitgestalten, und der dazu dient, dass wir die Erinnerung an uns selbst wiederfinden. Dazu ist jeder von uns ein aktiv mitgestaltender Teil - wir sind keine passiven Beobachter, die am Rande stehen, und allen Ereignissen hilflos ausgeliefert sind. Dieses Buch soll eine Art Erinnerungshilfe sein für jeden, der im tiefsten Innern fühlt, dass es hier mehr zu entdecken gilt als das tägliche Einerlei, dass da etwas im Innern ist, was sich erinnern möchte - eine zaghafte Stimme vielleicht nur, die leicht übertönt wird von den vielen Ablenkungen unserer Welt, vielleicht nur ein kleiner Zweifel, ein Unwohlsein, aber zweifellos vorhanden.

Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf dem Einheitsprinzip (Oneness) liegen. Nicht nur handelt es sich dabei um eine in mystischen Traditionen grundlegend formulierte Wahrheit über unseren Ursprung, sie beinhaltet auch eine Perspektive der Non-Dualität, mit der wir hier in unserer physischen Existenz besonders zu kämpfen haben. Zudem legt uns die Rückbesinnung auf und Anwendung dieses Gesetzes einen zentralen Schlüssel in unsere Herzen und unsere Hände, den Schlüssel zu mehr Verständnis für uns selbst und unsere Mitmenschen.

Und damit bekommen wir auch wieder den Zugang zu dem, was Mystiker und spirituelle Lehrer manchmal das Einheitsbewusstsein nennen, den Schlüssel zu mehr innerem Frieden und Frieden in der Welt, was letztlich ein und dasselbe ist. Das ist keine hehre Idee oder abgehobene Philosophie, sondern tatsächlich der einzige Weg aus dem Leid der Dualität, und somit aus den auf Macht und Ausbeutung basierenden Systemen dieser Welt.

Gleichzeitig soll dieses Buch auch denjenigen ein Wegweiser sein, die sich - meist weder gewollt noch geplant - auf diese Reise des Bewusstseins, die Reise zum eigenen Ursprung, gemacht haben: ihr seid nicht allein und es gibt viele von euch! Gerade in Deutschland wird über Spiritualität nicht viel geredet - und wenn, dann werden spirituelle Themen wahlweise nur mit religiösem Dogma oder unglaubwürdiger New-Age-Esoterik gleichgesetzt, die wissenschaftliche Erkenntnis ablehnt oder mit dieser nicht vereinbar ist.

Das ist sehr schade, denn leider hat unsere technokratische Effizienzgesellschaft nur wenige bis keine Antworten auf die Fragen, die den Erwachenden umtreiben, oder Erklärungen für die Erfahrungen, die wir in einem solchen Prozess machen können. Und jeder, der die eine oder andere bewusstseinserweiternde Erfahrung macht, oder merkt, dass sich die eigenen Glaubenssysteme langsam verändern, und dass sie sich von dem unterscheiden, was alle anderen um einen herum glauben - oder nicht glauben - der schweigt auch erst einmal.

Ein weiteres zentrales Anliegen dieses Buches ist es, immer wieder aufzuzeigen, dass es bei gelebter Spiritualität eigentlich um sehr grundlegende Dinge geht, die nichts Abgehobenes haben - ein gesunder Körper, emotionale, mentale, psychologische Stabilität sind zentrale Bausteine eines organischen Erwachensprozesses, ohne die ein solcher wirklich unangenehm werden kann - und schmerzhafter als nötig.

Die abgehobeneren spirituellen Themen, für die New-Age-Communities oft verspottet werden - spirituelle Fähigkeiten oder Erlebnisse wie Astralprojektion, Bilokation, Hellsichtigkeit, Kundalini-Erlebnisse - haben meiner Erfahrung nach zwar einen realen Hintergrund, sind aber lediglich Beiwerk einer veränderten Wahrnehmung unserer Realität - ohne eine entsprechende Bewusstseinsentwicklung ist alles Wissen darüber nutzlos - im besten Falle Ablenkung vom Wesentlichen, im Schlechtesten leider auch nicht ganz ungefährlich.

Demgegenüber soll hier das Augenmerk auf dem Potenzial liegen, das in einer echten gelebten und geerdeten Spiritualität liegt - denn dieses besteht darin, unser authentisches Selbst so in die Welt zu tragen, dass es perfekt ineinandergreift in die Potenziale und Talente unserer Mitmenschen, so dass all diese individuellen Talente sich zu einem großen Ganzen potenzieren, das dem Wohle aller dient und einen für den Einzelnen schwer vorstellbaren physischen, also sichtbaren, Wandel bewirkt.

So wird auch deutlich, dass kein Einzelner den Schlüssel zur „Rettung der Welt“ in der Hand hält,- ein Mythos, der in unserer Kultur, in Filmen und Büchern immer wieder aufgegriffen und vermittelt wird, letztlich jedoch sehr entmächtigend ist - sondern dass jeder einzelne von uns ein wichtiges Puzzleteil in der Hand hält und wir deswegen zusammenarbeiten müssen, um einen positiven Wandel zu vollbringen.

Demgegenüber findet man in vielen spirituellen Gruppen leider immer wieder die zwei Phänomene, die ein falsches Bild von dem vermitteln, was Spiritualität eigentlich ist: „spiritual elitism“ („spirituelles Elitendenken“) - der Drang, sich selbst zu erhöhen durch eine als überlegen wahrgenommene „spirituelle“ Lebensweise und daraus Bestätigung zu ziehen, und „spiritual escapism“ („spirituelles Flüchten“) - die Tendenz, durch die Beschäftigung mit abgehobenen spirituellen Themen von der eigenen inneren Arbeit oder dem eigenen als negativ empfundenen Leben abzulenken - beides ist für einen organischen Erwachensprozess jedoch mehr als kontraproduktiv.

Zu guter Letzt soll es also in diesem Buch auch um das eine oder andere Missverständnis zum Thema „Spiritualität“ gehen, Missverständnisse, die viele Menschen lange abschrecken, bevor sie in diesem großen, weiten Feld, in dem wir uns natürlich auch verirren können, doch vielleicht etwas finden, das auf Resonanz trifft und hilfreich ist. Dieses Buch soll also in allererster Linie nicht eine bestimmte Sichtweise oder Philosophie „verkaufen“, es soll hilfreich sein.

Dies ist ohnehin eine der wichtigsten Fragen, die wir uns im Verlauf eines Erwachensprozesses stellen können und sollten, bei dem es ja gerade darum geht, dass wir in unsere Kraft und unser volles Potenzial mit unseren ganz eigenen Bedürfnissen, Erfahrungen und Themen finden: Ist die Information, über die wir gerade stolpern, für uns hilfreich oder nicht? Auch in einem Buch wie diesem wird selten alles für jeden gleichermaßen relevant oder hilfreich sein: Nehmen Sie sich das heraus, was hilfreich ist, das andere lassen Sie einfach bei mir.

Ein paar Grundbegriffe zu Beginn

Man kann über das Thema Spiritualität nicht sprechen oder schreiben, ohne unweigerlich einige Begriffe nutzen zu müssen, die nur Annäherungen sein können an schwer Beschreibbares. Gleichzeitig sind viele Begriffe in diesem Kontext bereits vorbelastet und lösen entweder Assoziationen zu religiösen Vorstellungen aus oder erinnern an verklärte New-Age-Romantik, wie beispielsweise die Begriffe „Gott“, das „Göttliche“, „Geist“, aber auch schon Begriffe wie „Liebe“, „Gnade“ oder „Mitgefühl“.

Ich habe versucht, insbesondere religiös vorbelastete Begriffe zu vermeiden, doch ganz ohne entsprechende Wörter wird es schwierig, spirituelle Konzepte und Erfahrungen zu beschreiben. Zudem ist die Abwehr, die wir möglicherweise bei religiös überfrachteten Begrifflichkeiten empfinden eine unnötige Hürde auf einem spirituellen Weg, die uns als Suchende lange davon abhalten kann, vermehrt in die Tiefe zu gehen und in die eigene innere Wahrheit hineinzuhorchen. Ich nutze also Begriffe wie „Spirit“ oder „Gnade“ weitgehend losgelöst von bestimmten religiösen oder philosophischen Lehren.

Dabei sehe ich diese Begriffe und Vorstellungen letztendlich nur als Hilfskonstruktionen an, die einen Austausch zu schwer fassbaren Themen erleichtern sollen. Einem solchen leichteren und verständlichen Austausch zuliebe möchte ich hier kurz einige der in diesem Buch immer wieder verwendeten Grundbegriffe und -konzepte nennen, sowie die Bedeutung erläutern, die ich persönlich ihnen zuschreibe. Diese Konzepte sollen selbst nicht wieder zu einem festen Dogma oder Regelwerk werden, und andere Menschen werden wieder andere Begrifflichkeiten dafür finden oder andere Vorstellungen von ihnen entwickeln.

Die Grundvorstellung von Realität, die diesem Buch zugrunde liegt und das Ergebnis meiner persönlichen Lernerfahrungen auf einem spirituellen Weg sind, ist die eines Einheitsbewusstseins oder Einheitsprinzips, aus dem alles bewusste Leben stammt. Wichtig ist dabei, dass Bewusstsein in dieser Vorstellung nicht das Ergebnis neuronaler Aktivität im Gehirn ist, sondern unabhängig vom Körper und damit auch über den Tod hinaus existiert. Dabei ist dieses Einheitsbewusstsein wie ein weiter Ozean, der alles einschließt, umfasst und transzendiert, was wir kennen. Nun ist es möglich, dass sich aus diesem Ozean ein Teilbewusstsein wie ein extrem konzentrierter Laser oder Lichtstrahl abspalten und in einen physischen Körper fokussieren kann. Das könnte man dann Inkarnation nennen.

Dieses abgespaltene und temporär in einen physischen Körper gebündelte Teilbewusstsein nenne ich auch Alltagsbewusstsein, individuelles Bewusstsein oder Ego Mind - im Gegensatz zu einem erweiterten Bewusstseinszustand, in dem weitere Teile der Realität als die uns bekannte physische Realität wieder wahrnehmbar werden. Das bedeutet, dass wir auch einen nicht-physischen Aspekt haben, der uns ausmacht und der allem Materiellen vorgeschaltet ist - also zuerst da war. Diesen Aspekt nenne ich das höhere Selbst oder – wenn wir alle höheren Selbste aller Menschen zusammennehmen, die ja ohnehin auf einer übergeordneten Ebene alle zum Einheitsbewusstsein zusammenfließen, Spirit.

Spirit steht dabei im Gegensatz zu unserer physisch wahrnehmbaren dreidimensionalen Realität. Dabei befinden sich Spirit und die physische Materie jedoch in sich gegenseitig beeinflussender Interaktion miteinander. Wichtig ist jedoch noch einmal, dass Spirit dem Physischen immer vorgeordnet ist und dieses hervorgebracht hat - nicht umgekehrt.

Somit ist unser physischer Körper mitsamt seinem Ego Mind letztlich wie ein Avatar, den wir mittels unseres Spirit-Aspekts durch unsere temporär erschaffene physische Realität steuern. Diese Realität wird also durch unser gemeinsames Bewusstsein erschaffen, wie eine Art Simulation oder Traum. Ein Erwachensprozess ist letztlich nur die Bewusstwerdung über diesen Sachverhalt - ein Erinnern an unseren Spirit-Aspekt. Manche nennen das auch die Reaktivierung des Gottesfunken in uns allen (engl.: „God Spark“). Ein solches Konzept von „Gott“ ist, wie unschwer erkennbar, weit entfernt von religiösen Alltagsvorstellungen von einem oder mehreren von uns abgetrennten und mit Persönlichkeit ausgestatteten Göttern im Außen (vgl. Kapitel Warum ein spiritueller Weg oft nicht viel mit organisierter Religion zu tun hat).

Menschen, die von sich sagen, sie seien auf einem spirituellen Weg, unterscheiden sich dabei nicht wesentlich von Menschen, die dies nicht von sich sagen würden. Wir alle befinden uns an irgendeinem Punkt auf diesem Weg des Lernens und der Selbsterkenntnis, selbst wenn dieser von spirituellen Prinzipien der Einheit eher wegzuführen scheint. Der einzige Unterschied besteht darin, dass ein Mensch, der sich zu den „Erwachenden“ zählen würde, damit beginnt, den Prozess aktiv mitzugestalten.

Wie sieht ein „Erwachen“ praktisch aus?

Viele Menschen, die den Prozess des „Erwachens“ noch nicht begonnen haben oder sich noch nicht bewusst sind, dass es sich bei den eigenen Erlebnissen und Prozessen eben genau darum handelt, gehen im besten Fall davon aus, dass es sich dabei einfach um eine Art Philosophie handelt, die Betroffene wohl irgendwie überzeugt haben muss, Suchenden vielleicht eine Art beruhigendes Gefühl gibt, dass es „da draußen“ mehr geben, oder dass es mit dem Tod nicht zu Ende sein muss.

Vielleicht handelt es sich bei denen, die von sich behaupten, sich in einem spirituellen Erwachensprozess zu befinden, einfach um Menschen, die mit ihrer irdischen Existenz unzufrieden sind, oder die einfach schwere Schicksalsschläge verkraften mussten, die nur mit einer Idee vom Transzendentalen erträglich werden. Ein Erwachen scheint in der Vorstellung vieler also so etwas wie ein Trost für Verlierer zu sein.

Auch der Asket in weißer Kleidung, der sich in die Einsamkeit der Natur zurückzieht, um zu meditieren oder Gott näherzukommen, gehört zu den zahlreichen Vorstellungen, ebenso wie der Veganer, der wütend andere Menschen vom fleischlosen Leben predigt, Yoga praktiziert und seine Chakren regelmäßig reinigt.

Im schlimmsten Fall werden Erwachende einfach für fantasierende Spinner gehalten, die sich etwas gesucht haben, um sich überlegen fühlen zu können. Spirituelle Lehrer mit narzisstischen Grundzügen gibt es durchaus - wie in jedem anderen Lebensbereich auch -, und das erleichtert den Durchblick natürlich kaum. Doch was hat es jenseits all dieser Vorstellungen mit diesem Erwachen tatsächlich auf sich - existiert so etwas wirklich und wie sieht es konkret aus?

Es gibt meiner Beobachtung nach zwei fundamentale Missverständnisse darüber, was ein spirituelles Erwachen ist - zum einen das Missverständnis, ein spirituelles Erwachen sei lediglich eine reine Geistesübung, bei der sich der Suchende aktiv eine Philosophie aussucht, die ihn überzeugt, um ihr fortan zu folgen. Zum anderen das Missverständnis, ein Erwachen sei lediglich ein verzweifelter Versuch, der harschen Realität des eigenen Lebens zu entgehen.

Diese Missverständnisse helfen denen, die am Beginn des Prozesses stehen, leider wenig – es mag sie sogar unnötig lang in die Irre führen, insbesondere, wenn sie selbst diese Vorstellungen von Spiritualität zuvor teilten. Zum anderen führen derartige Fehlvorstellungen leider dazu, dass der Erwachende oder das unbedarfte Umfeld von den Veränderungen dieses Prozesses so irritiert sind, oder diese so verurteilen, dass die Möglichkeit für offene Gespräche über das Thema - so überhaupt darüber gesprochen wird - im Keim erstickt wird.

Die meisten „Erwachenden“ fühlen sich ohnehin bereits häufig isoliert mit ihren Erfahrungen sowie zu Beginn auch oft verwirrt. Auch wenn es noch schwerer ist, von außen nachzuvollziehen, was Erwachende schon aus der Innenperspektive nicht wirklich einordnen können, sind Mitgefühl und Akzeptanz für die Veränderungen, die ein solcher Mensch durchmacht, am Hilfreichsten - auch wenn diese Veränderungen Außenstehenden Angst einjagen oder sie verunsichern können.

Das, was gemeinhin als „spirituelles Erwachen“ bezeichnet wird, ist ein real existierender, umfassender Prozess, der Menschen in der Regel grundsätzlich verändert und viel Kraft fordert - denn er geht oft auch mit ganz praktischen Veränderungen im Lebensumfeld einher - und kann dazu führen, dass andere Dinge, die einen „normalen“ gefestigten Lebensweg in der entsprechenden Kultur ausmachen, erst einmal auf der Strecke bleiben oder sogar uninteressant werden - wie beispielsweise die berufliche Karriere oder Familiengründung.

Wichtig ist jedoch auch, zu erwähnen, dass nicht jeder Mensch, der durch ein tatsächliches Erwachen geht, dies auch so einordnen würde oder sich ganz bewusst auf einen spirituellen Weg macht - manche Erwachende verändern sich und oft auch ihr Leben langsam und schrittweise von innen heraus, verspüren hier und da mal körperliche Symptome oder verändern ihr Weltbild - ohne sich jemals als „spirituell“ zu bezeichnen.

Häufig kann ein Erwachender auch erst in der Rückschau nachvollziehen, was ihm oder ihr widerfahren ist, und wie die Erlebnisse und Veränderungen einzuordnen sind - auch hier wird wieder deutlich, dass ein Erwachen weder ein kopfgesteuerter Prozess ist, noch dass er von unserem alltäglichen Ego Mind - also unserem individuellen Egobewusstsein - angestoßen oder vorangetrieben würde - unser Verstand hat im Gegenteil oft Mühe, Schritt zu halten. Darüber hinaus kann er dem Prozess auch massiv im Weg stehen, da unser Ego gern Prozesse blockiert, die mit dem Erleben eines Kontrollverlusts einhergehen (vgl. Kapitel Ego oder kreative Individualität).

Trotz einiger eher untrüglicher Anzeichen gibt es das eindeutige Muster, nachdem ein spirituelles Erwachen abzulaufen hat, also nicht, denn es ist ein sehr persönlicher, an die individuellen Bedürfnisse angepasster Prozess. Zudem kann er je nach spiritueller, emotionaler, mentaler und physischer Ausgangslage sehr unterschiedlich erlebt werden.

Mit einer reinen kopfgesteuerten Philosophie hat ein spirituelles Erwachen also nichts zu tun. Es mag spirituelle Lehrer geben, die reine Kopfpredigten halten, doch nicht aus Erfahrung sprechen - hier mag es dann mehr um das bereits erwähnte Phänomen des spirituellen Elitendenkens gehen, das sich bis hin zu einem Kult um einen bestimmten Lehrer oder einen Guru ausweiten kann. Führt ein solcher Personenkult nur wieder dazu, dass wir unsere eigene Kraft an etwas im Außen abgeben, um eine scheinbare Sicherheit aufzubauen, hat dieser mit einem echten spirituellen Weg nicht viel zu tun (vgl. Kapitel Ermächtigung oder Machtausübung).

Ein spirituelles Erwachen findet auf allen Ebenen statt - natürlich auch der mentalen, der Ebene des Kopfes, des analytischen Verstandes. Aber immer auch auf der emotionalen, der spirituellen, und der physischen Ebene. Ein echtes Erwachen ist also niemals ein rein hochgeistiger, abgehobener Prozess, der mit dem Körper oder dem Alltag eines Menschen nichts zu tun hat, sondern vielmehr ein, wenn man so will, evolutionsbiologischer Vorgang, der sich auch physiologisch, in körperlichen Symptomen und Veränderungen, niederschlagen kann (vgl. Kapitel Die Rolle des physischen Körpers im Erwachensprozess).

Wir stehen im wahrsten Sinne des Wortes vor dem nächsten Evolutionsschritt der Menschheit, der eine Evolution des Bewusstseins mit einschließt, sich sogar durch diese definiert, denn das Bewusstsein ist der Schlüssel dazu - auch wenn spirituelle Lehrer oftmals eher von einer Rückkehr zu etwas sprechen, was wir schon immer waren oder von einem Erinnern an das, was uns tatsächlich ausmacht - so sprechen wir hier doch von so langen Zeiträumen, dass die Vorstellung eines Evolutions- oder Entwicklungsschrittes unserem linearen Denken wohl leichter fällt.

Was bedeutet das genau für die körperliche Ebene eines Erwachenden? Ein Erwachen kann mit massiven körperlichen Symptomen einhergehen - so gibt es Menschen, die mit Herzrasen und Verdacht auf Angina pectoris in die Notaufnahme eingeliefert werden - nur um wenige Stunden später kerngesund und ohne Befund oder bleibende Schäden wieder entlassen zu werden - es geht hier also nicht (nur) um subtile Symptome, meiner Erfahrung nach sind die Symptome jedoch umso stärker ausgeprägt, je mehr Widerstand der Erwachende dem Prozess unbewusst entgegensetzt.

Die Symptome können teilweise - wenn auch nicht immer - mit einem seltsamen Gefühl der Ruhe und Angstlosigkeit einhergehen, mit einem erweiterten Bewusstsein, das Gedanken und Gefühle oder plötzliche Eingebungen hereinlassen kann, die normalerweise nicht in den eigenen Erfahrungsbereich kommen würden - als käme man kurzfristig in die Anbindung an etwas viel Größeres, das irgendwie weiß, dass hier nichts Negatives passiert.

Andere körperliche Zeichen können zum Beispiel Schmerzen und Schmerzsyndrome einschließen. Bei wieder anderen kann es zu fieberähnlichen schüttelfrostartigen Zuständen kommen mit Kopf- oder Gliederschmerzen - ohne Auslöser, ohne Grunderkrankung, ohne Nachoder Nebenwirkungen. Das geht dann nicht unbedingt mit einer tatsächlich erhöhten Temperatur einher, doch häufig ist das Nervensystem im Verlauf des Erwachensprozesses Anpassungen unterworfen, die sich entsprechend ähnlich anfühlen können.

Das Ganze wird in der Esoterik als Lichtkörperprozess bezeichnet, ein Prozess, bei dem sich der physische Körper an eine neue Realität anpasst, in der wir unseren Spirit-Aspekt mehr und mehr verkörpern können. Dieser Prozess fühlt sich sehr real an mit Symptomen wie die bereits genannten, die auch als „Aufstiegssymptome“ bezeichnet werden. Natürlich sollten körperliche Symptome immer ärztlich abgeklärt werden, findet sich jedoch keine Erklärung, oder verschwinden sie sang- und klanglos wieder, handelt es sich möglicherweise um solche Aufstiegs- oder Anpassungssymptome.

Auch mit einer Flucht in Fantasiewelten mit dem Ziel, die eigene beschränkte Existenz irgendwie zu ertragen - wie es das zweite Missverständnis annimmt - hat ein echtes spirituelles Erwachen nicht viel gemein. Solche Missverständnisse kommen natürlich nicht von ungefähr. So kann es durchaus passieren, dass wir in eine Flucht in höhere Sphären abdriften, wenn wir einmal die Erfahrung machen, dass intensive Glückszustände in der Meditation erlebt werden können, oder wir tatsächlich anfangen, in erweiterten Bewusstseinszuständen andere Realitätsebenen wahrzunehmen (vgl. Kapitel Spirituelle Fähigkeiten, Intuition und warum sich das sogenannte dritte Auge nicht einfach schlagartig öffnet).

Es ist möglich, durch solche Erfahrungen die Erdung zu verlieren. Dies kann auch noch durch die in spirituellen Gruppierungen häufig propagierten Lehren vom positiven Denken verstärkt werden, die auf dem metaphysischen Gesetz der Anziehung beruhen und durch das Buch „The Secret“ von Rhonda Byrne1 Popularität erlangt haben. Obwohl diese Lehren ihre berechtigte Grundlage haben, werden sie oftmals einseitig und nicht im breiteren Kontext der Gegebenheiten eines spirituellen Weges oder anderer metaphysischer Gesetzmäßigkeiten oder Prinzipien wie dem der Einheit dargestellt (vgl. Kapitel Das Gesetzder Anziehung, die positive Psychologie, und was das in einer Welt der Dualität praktisch bedeutet).

So ist die Tendenz, sich zu einseitig auf das Positive zu fokussieren, um ja nichts Negatives in das eigene Leben zu „ziehen“, oder sich zu stark in der Möglichkeit anderer Welten, Realitäten oder Dimensionen zu verlieren, als spirituelles Flüchten oder Ausweichen („spiritual bypassing“) bekannt und birgt als solches eine echte Gefahr durch Ablenkung vom Wesentlichen.

Gleichzeitig existiert eine ähnliche Tendenz im Negativen - wer sich zu sehr in dunklen Verschwörungstheorien verliert, macht denselben Fehler nur im anderen Extrem und verliert die Erdung, bis hin zur Radikalisierung. Bei einem vermutlich gesünderen, weil geerdeteren Erwachensprozess geht es demgegenüber erst einmal nur darum, in den ganz profanen Dingen des Lebens die eigene Balance zu finden, den eigenen Lebensstil ins Gleichgewicht zu bringen, und sich mit den eigenen emotionalen Triggern auseinanderzusetzen.

Trotzdem müssen positive oder negative Extreme auch im Bereich der Spiritualität manchmal zunächst durchlaufen werden, damit eine Erkenntnis darüber möglich ist, was eine Harmonisierung dieser zwei Pole wirklich bedeutet, und wie wir so Spiritualität im Sinne des Einheitsprinzips leben können (vgl. Kapitel Licht und Dunkel aus Sicht der Einheit - gibt es „das Böse“ und wenn ja, welche Seite ist „mächtiger“? Eine Frage der Perspektive und Warum wir noch viel zu lernen haben – das Einheitsbewusstsein).

Wenn wir die Grundlagen ignorieren und uns lieber gleich den abgehobeneren Dingen widmen möchten - ein Kundalini-Erwachen herbeiführen, das dritte Auge öffnen oder die Kunst der Bilokation erlernen - können wir durchaus unsere psychische Gesundheit riskieren. Zwar handelt es sich bei diesem „Abgehobenen“ um „ungewöhnliche“ Fähigkeiten und Erfahrungen, die durchaus real sind, für manche Menschen sogar zur Normalität gehören, jedoch sollten wir sie nicht ohne Grundlage herbeizwingen (vgl. Kapitel Spirituelle Fähigkeiten, Intuition undwarum sich das sogenannte dritte Auge nicht einfach schlagartig öffnet).

Die Idee, dass Menschen, die ihre profane Realität unerträglich finden, sich eine Philosophie suchen, die ihnen Trost spenden kann, weil sie sonst keinen Halt im Leben finden, hat ihren Ursprung möglicherweise in einer durchaus legitimen Beobachtung: oft wird ein Such- oder Erwachensprozess durch leidvolle Erfahrung ausgelöst - denn oft motiviert erst Leid uns dazu, Fragen zu stellen, und die richtigen Türen zum Innern zu öffnen.

So werden beispielsweise häufig Geschichten erzählt, in denen Menschen unter extrem leidvollen Erfahrungen wie Krieg oder Naturkatastrophen zum Glauben an eine höhere Macht gefunden und in diesem Trost gefunden haben. Allerdings haben Menschen unter solchen Bedingungen wohl kaum die Zeit, sich verschiedene Philosophien oder hochgeistige Theorien zu Gemüte zu führen, um dann wohlüberlegt ihre Wahl zu treffen, welche denn nun die passende, trostspendenste wäre.

In anderen Worten: Ein Erwachensprozess wird niemals von außen oder dem Individualbewusstsein, dem Ego Mind des Erwachenden gesteuert - von außen kommen höchstens die notwendigen oder hinreichenden Impulse hinzu - zudem spielt sich der Prozess auch nicht auf der rein kognitiven, also gedanklichen Ebene ab. Der Prozess wird immer im Inneren angestoßen und vom höheren Selbst oder Spirit gesteuert.

Auch außerhalb von Kriegszeiten mögen leidvolle Erlebnisse lediglich eine Brücke oder ein Angebot darstellen, die eigenen Glaubenssysteme zu hinterfragen. Die Antworten dazu finden sich höchstens teilweise in einem Buch und sind auch dann meist lediglich ein Spiegel für Erkenntnisse, die sich bereits im Inneren angebahnt haben. Mögliche Impulse im Außen, die durch ein Buch, einen Film, einen Vortrag oder Ähnliches ins Bewusstsein eines Erwachenden gelangen, bilden auch meist erst einmal keine in sich stimmige Theorie, die diesem sofort Beruhigung und Trost spenden könnte.

Im Gegenteil, ein sich zunächst einstellendes Gefühl der Verunsicherung und Verwirrung ist eher typisches Merkmal eines Erwachens, vielleicht auch ein notwendiger, denn aus einem Gefühl der Sicherheit oder aus der Illusion sicheren Wissens entstammt nicht das Bedürfnis, zu hinterfragen oder sich auf die Suche zu begeben. In der Illusion äußerer Sicherheiten finden wir nicht den Samen zur Veränderung oder die nötige Flexibilität und Offenheit, die Dinge anders betrachten zu wollen.

Ein spirituell Erwachender geht also selten auf rosa Wölkchen spazieren. Nicht umsonst wird der Prozess, der sich oftmals zunächst einstellt, in der Esoterik die „dunkle Nacht der Seele“ genannt - ein Prozess, in dessen Verlauf alles, aber auch wirklich alles, ans gleißende Tageslicht kommt, was wir gern im Keller versteckt hätten, seien das Süchte, negative Angewohnheiten, ungesunde Neigungen oder sogar physische Krankheiten, vieles davon seit Generationen in der Familie weitergegeben.

Das Licht, das hereinkommt, um einen Menschen aufzuwecken, fühlt sich nicht immer angenehm und liebevoll an, denn es ist auch das Licht der Wahrheit. Somit hat ein spiritueller Erwachensprozess recht wenig mit Einhörnern und Regenbogen zu tun, oder dem in rein weißer Kleidung auf der Bergspitze Meditierenden, völlig entrückt von der „Realität“ unserer dreidimensionalen Wirklichkeit.

Ein Erwachen ist also eher ein Erinnern - Spiritualität ist keine großartige, neue Philosophie, die wir irgendwo aufschnappen und von der wir denken, dass sie sich doch gut im eigenen Glaubenssystem integrieren lässt, oder die uns die Welt und das eigene Leben angenehmer macht. Es ist in der Regel auch nichts, auf das wir stoßen, weil wir uns eine schönere Welt herbeiträumen und mit der harschen Realität nicht klarkommen.

Ein Erwachen ist überhaupt kein rein kognitiver Prozess. Es ist ein chaotischer, wirrer Prozess voller Abzweigungen, Irrwegen, Sackgassen, Feedback-Schleifen und Erfahrungen, der die Gefühlswelt, die Überzeugungen, das eigene Verhalten und selbst physiologische Prozesse von Grund auf durcheinanderrütteln kann - so wie auch die meisten Menschen nicht durch ein leises subtiles Murmeln aus einem Tiefschlaf wachgerüttelt werden können.

Sind wir erst einmal wachgerüttelt, gehen wir also auch nicht durch einen linearen Prozess, in dem wir uns beispielsweise schön geordnet nacheinander bestimmten Lektionen widmen, diese verstehen, und mit ein wenig Disziplin dann in höhere Sphären aufsteigen. Wir erwachen meist chaotisch, nehmen Abzweigungen und Umwege, werden auch mal in tiefe Verzweiflung und Verwirrung gestürzt, und fragen uns vielleicht an mancher Stelle, was denn nun real ist - denn alles scheint plötzlich möglich.

Gleichzeitig gilt es ja auch noch, das physische Leben zu leben mit seiner ganzen Profanität - dem Beziehungen meistern, Geldverdienen, oder Wäsche waschen - und die wenigsten werden die Möglichkeit haben, sich „ungestört“ durch weltliche Bedürfnisse oder Aufgaben dem Spirituellen zu widmen, und das ist auch gar nicht das Ziel. Gerade diese weltlichen Bedürfnisse und Aufgaben sind ja die größten Lehrmeister, wegen denen wir hier sind.

Ein Erwachen ist also niemals Stillstand in irgendeiner Form von festem Glaubenssystem oder Dogma, sondern erfordert eine immer wieder neue Anpassung unserer Glaubenssysteme an die gemachten Erfahrungen - nicht nur einmal, denn wenn wir nun glauben, wir hätten der Weisheit letzten Schluss gefunden, werden wir ein ums andere Mal eines Besseren belehrt, und die eigene schöne, sicher und gemütlich neu aufgebaute Weltsicht kommt erneut ins Wanken.

So ist es meist kein angenehmer Prozess - trotz sehr schöner tiefgreifender Erfahrungen von Gefühlen der „Einheit“ oder „universellen Liebe“, die wir dabei durchaus machen können und die vor allem den Zweck erfüllen, uns auf eine tiefere Wirklichkeit aufmerksam zu machen und darin zu bestärken, diese entdecken zu wollen.

Schließlich „passiert“ ein spirituelles Erwachen auch häufig denen, die nie auf der Suche waren. Im Gegenteil, viele verfolgen einen ganz typischen Lebensweg und führen ein Leben, das sie zunächst gerne behalten hätten - und wehren sich zunächst mit Händen und Füßen gegen die Veränderungen, die da über sie hereinbrechen.

So ist es auch möglich, dass wir zunächst eine tiefgreifende Erfahrung machen, diese aber zunächst verdrängen, da sie unser Weltbild erschüttert - das könnte zum Beispiel eine spontane außerkörperliche Erfahrung sein, oder auch eine Kundalini-Erfahrung, bei der die sogenannte Kundalini-Energie sich vom Steißbeinbereich ausgehend nach oben entlang der Wirbelsäule bewegt und dabei ein massives Gefühl der Hitze und Energie erzeugt, das sich auch beängstigend anfühlen kann. Diese intensiveren Erfahrungen sind jedoch nicht unbedingt die Regel, und manchmal dienen sie auch eher dazu, die Aufmerksamkeit des erwachenden Ego-Selbst darauf zu lenken, dass es etwas jenseits der uns bekannten Welt gibt. So sind die intensiveren Erfahrungen oft eine Art Kurskorrektur, ein Hinweis, dass es jetzt an der Zeit ist, sich zu erinnern.

Vielleicht beginnen wir nach einem oder mehrerer solcher Erlebnisse, - möglicherweise auch erst nach einer Phase des Verdrängens oder Nicht-wahr-haben-Wollens - ganz zaghaft eine Tür aufzustoßen, beginnen, Fragen zu stellen. Oder wir werden durch die schiere Massivität unserer Erlebnisse dazu gezwungen, die Tür gleich ganz aufzureißen. Manchmal sind das dann leider auch die bereits erwähnten Schicksalsschläge, wie beispielsweise Krankheiten, Verluste oder Gewalt- und Missbrauchserfahrungen.

Vielleicht beginnen wir dann, mehr oder weniger neugierig oder verzweifelt Fragen zu stellen an – in Ermangelung einer besseren Idee - „irgendwen da draußen“. Ein solches „Öffnen der Tür“ durch unser Ego-Selbst ist ein zentraler Punkt, da wir uns in einem Experiment des freien Willens befinden – das bedeutet, ohne unsere wie auch immer erteilte Zustimmung kann nicht-physisches Bewusstsein oder Spirit nicht mit uns arbeiten (vgl. Kapitel Vom Karma, dem Einssein, und dem göttlichen Willen - gibt es den freien Willen?).

So wird unser Lernen zwar durch den nicht-physischen Anteil unseres eigenen Bewusstseinsaspekts gesteuert, jedoch ist es Teil der Lernarbeit, ein zunehmend aktiver und bewusster Teil der Interaktion mit diesem nicht-physischen, höheren Selbst zu werden. In anderen Worten: wir müssen schon auch mitmachen. Wird die Tür also aufgestoßen, beginnt die eigentliche Arbeit. Das höhere oder unendliche Selbst des Erwachenden lenkt das Ego-Selbst wie einen Avatar durch diesen Prozess und eine Reise der Selbsterkenntnis beginnt, die eine Reise zu sich selbst ist – und dieses Selbst ist viel mehr als unsere physische Existenz.

So geht es in der Spiritualität auch nur vordergründig um Wissen, Erfahrungen oder Entdeckungen im Außen, um eine spirituelle Praxis, oder um Methoden der Selbstheilung. Dies alles sind nur Werkzeuge, denn es geht immer um die Erkenntnis, dass das Selbst Teil von etwas viel Größerem ist, Teil eines Mysteriums, das wir durch das Selbst erfahren können.

Wie können wir auf einem spirituellen Weg dieses Mysterium erfahren? Wie kann es aussehen, wenn wir einen Eindruck bekommen von diesem großen Ganzen, wenn wir unser Bewusstsein kurzzeitig an dieses große Ganze anbinden und so einen flüchtigen Blick auf sein Wirken erhaschen können? Kurz gesagt, woran merken wir eigentlich, wenn Spirit und Ego Mind, Individual- und Kollektivbewusstsein, Geist und Materie in unserer direkten Erfahrung eins werden?