Das Referat - Angela Zabel - E-Book

Das Referat E-Book

Angela Zabel

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Beschreibung

Nach vielen Berufsjahren ist Manfred unzufrieden und entscheidet sich, doch noch zu studieren. Dies verändert nicht nur seine Einstellung zum Leben im Allgemeinen. Nein! Durch die Aufgabe seines Professors ein Referat zum Thema Freiheit zu erstellen, verändert sich auch seine Sicht auf die Welt um ihn herum. Alltägliche Begebenheiten lüften plötzlich den Schleier des Unwissens!

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Veröffentlichungsjahr: 2015

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Angela Zabel

Das Referat

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Das Referat

Manfred sitzt auf der Terrasse und genießt die Morgensonne. Von hier aus kann er das ganze Tal sehen. Rechts der Wald, wo die Bäume ihr Blätterkleid endlich wieder angezogen haben, links der Blumengarten von Nachbarin Schmitz. Mit einem Lächeln nippt er an seinem Kaffee und lässt seinen Blick weiter ins Tal schweifen. Dort liegt die kleine Stadt, zu dem auch das Wohngebiet hier oben gehört. Ruhig liegt es da angeschmiegt an dem Berghang, einige Straßen winden sich mit Häusern rechts und links den Hang hinauf und enden in dem Neubaugebiet. Hier hat Manfred eine Wohngemeinschaft gefunden, die ihn trotz seines Alters gerne aufgenommen hat.

 

Er ist ein Spätzünder in Sachen Studium, hat erst mit Mitte 30 sein Abitur nachgemacht und mit 40 entschieden, doch noch ein Studium anzufangen. Viele Möglichkeiten hatte er erkundet. Abendlesungen, Halbtagsseminare und Fernstudium – all das hat er nach gründlicher Überlegung wieder verworfen. Abendlesungen kamen nicht in Frage, er braucht seinen Schlaf und wäre vom Unterricht viel zu aufgewühlt als dass er dann schlafen könnte. Halbtagsseminare sind ja gut und schön. Aber jeden Tag eine Vorlesung und dann nachmittags lernen waren nicht seine Vorstellungen von einem Studentenleben. Und das Fernstudium war auch nicht so prickelnd. Sicher, es hat in der Berufswelt einen Pluspunkt, weil man sich ja zu Hause alleine hinsetzt und lernt. Und das meist neben dem normalen Job. Aber Manfred wollte nicht alleine lernen.

Als er mit seinen Kumpels an seinem 42. Geburtstag in der Stammkneipe zusammen saß, hatten sie ihn so lange mit seiner Studienidee aufgezogen bis er endlich Nägel mit Köpfen machte. Noch am selben Abend entschied er sich zum Vollzeitstudenten. Mulmig war ihm schon gewesen, noch mal in seinem Alter die Schulbank zu drücken. Vor dem Lernen hatte Manfred noch nie Angst, ganz im Gegenteil. Immer wieder hat er sich was ausgesucht, was er lernen konnte. Jedoch sind die Vollzeitstudenten von heute keine Vierzig sondern Anfang zwanzig. Damit hatte er Probleme. Mit jungen Hüpfern, die noch ein viel besseres Gedächtnis haben als er in Konkurrenz zu treten.

Anfangs war es wirklich schwer. Erst einmal musste er eine Universität finden, die ihn überhaupt aufnahm. Nie hätte er gedacht, dass Unis tatsächlich so was wie einen Numerus Clausus fürs Alter haben. An seinen Noten konnte es nicht liegen. Das Abitur hat er mit einer Durchschnittsnote von 1,3 abgeschlossen. Darauf war er auch sehr stolz. Sogar die Prüfer hatten anerkennend die Augenbrauen gehoben, als sie von seinem Alter erfuhren. So etwas kommt nun mal nicht alle Tage vor.

Leise lacht Manfred vor sich hin, als er sich an jenen Tag erinnert. Er ging ganz stolz zu seinem Chef und erzählte ihm von seinem Erfolg. Nicht weil er mehr Geld wollte, sondern weil er für eine Beförderung ins Boot kommen wollte. Na gut, natürlich war mit der Beförderung auch ein höheres Gehalt verbunden. Aber darauf kam es ihm damals nicht an. Der Job wäre wirklich Klasse gewesen. Mit Dienstreisen in ferne Länder, neue Leute und Kulturen kennen lernen, nie länger an einem Ort, immer unterwegs.

Jetzt muss er laut lachen. Was für ein Glück, dass er den Job nicht bekommen hat! Sonst wäre er nie auf die Idee gekommen zu studieren und hätte nie das süße Studentenleben erleben können. Hätte er jetzt einen Drink in der Hand, würde er seinem alten Chef aus der Ferne zuprosten. Was soll’s? Mit einem Kaffee geht das auch.

„Na, Manni! Wieder in Erinnerung am schwelgen?“

Sein Mitbewohner Jörg kommt auf die Terrasse. Noch nicht sonderlich ausgeschlafen, weil er gestern noch bis in die frühen Morgenstunden für eine Klausur gelernt hat. Seine Jogginghose war zerknittert und völlig durchlöchert. Die kurzen Haare stehen in alle Richtungen und der Stoppelbart ist auch schon seit ein paar Tagen nicht rasiert worden. Aber das war ihm egal. Er sagt immer, er sei hier zu Hause und hier könne er rumlaufen wie er will. Wem dass nicht passt, der solle halt gehen.

Jörg gehört zu der Sorte Student, die auf Teufel komm raus lernen, um dann doch nur eine Bestnote von Drei herausarbeiten zu können. Eigentlich tut er Manfred ein wenig leid. Er selber muss nicht mal ein viertel an Pensum aufbringen, um eine Eins oder Zwei zu schreiben. Das kann nur daran liegen, dass er halt immer irgendwas am lernen ist. Eine Sprache, Details über bestimmte Verhaltensweisen, wie man ein Auto repariert und so weiter und so weiter. Wenn er solche Sprüche bringt, wird er nicht nur von Jörg mit einem verächtlichen Blick bedacht.

Auch die anderen vier Mitbewohner, Anja, Julia, Martin und Rani mussten mehr lernen, um auf einen ordentlichen Nenner zu kommen. Sie beneiden Manfred, der den Eindruck vermittelt, dass ihm alles einfach zufliegen würde. Auf der anderen Seite ist er natürlich ein guter Helfer, wenn es um die Klärung offener Fragen geht.

Mit einem Seufzen und knackenden Knochen lässt sich Jörg neben seinem Kumpel in den Plastiksessel fallen. Mit theatralischer Geste versenkt er seinen Kopf in beide Hände und seufzt noch mal, um sicher zu gehen, dass Manfred das auch gehört hat.

„Seufz nicht so theatralisch! Du bist doch selber schuld, wenn Du so spät anfängst zu lernen und nicht genug Schlaf bekommst! Hier, trink einen Kaffee!“