8,99 €
Im Jahr 63 vor Christus reist die junge Ärztin Delia voller Vorfreude nach Rom, um endlich ihren Geliebten wiederzusehen, von dem sie zwei Jahre getrennt war. Doch ihre Wiedersehensfreude wird abrupt getrübt, als sie bei einer Besichtigung der Cloaca Maxima auf dutzende Leichname stößt. Was steckt hinter diesen mysteriösen Todesfällen? Während Delia tiefer in die Nachforschungen eintaucht, erkennt sie, dass es nicht nur um die Aufklärung der Todesursache geht – ein gefährlicher Verschwörer bedroht Rom und Cicero steht am Abgrund.
Doch was hat der aufstrebende Politiker Julius Caesar mit all dem zu tun? Und kann Delias Liebe inmitten dieser Intrigen und Gefahren bestehen, oder wird sie alles verlieren?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 270
Veröffentlichungsjahr: 2025
Im Jahr 63 vor Christus reist die junge Ärztin Delia voller Vorfreude nach Rom, um endlich ihren Geliebten wiederzusehen, von dem sie zwei Jahre getrennt war. Doch ihre Wiedersehensfreude wird abrupt getrübt, als sie bei einer Besichtigung der Cloaca Maxima auf dutzende Leichname stößt. Was steckt hinter diesen mysteriösen Todesfällen? Während Delia tiefer in die Nachforschungen eintaucht, erkennt sie, dass es nicht nur um die Aufklärung der Todesursache geht – ein gefährlicher Verschwörer bedroht Rom und Cicero steht am Abgrund.
Doch was hat der aufstrebende Politiker Julius Caesar mit all dem zu tun? Und kann Delias Liebe inmitten dieser Intrigen und Gefahren bestehen, oder wird sie alles verlieren?
Die Passion für Literatur begleitet die deutsch-österreichische Bestsellerautorin Gerlinde Friewald seit ihrer Kindheit, die sie im Süden Wiens in Österreich verbrachte. Leserinnen und Leser begeistert Gerlinde Friewald mit spannungsgeladenen Inhalten, facettenreichen Figuren und einer feingezeichneten Sprache. Unter ihrem Klarnamen widmet sie sich voller Leidenschaft der Spannungsliteratur und historischen Romanen. Als Olivia Anderson vereint Gerlinde Friewald ihre Leidenschaft für Geschichten über Liebe und Freundschaft sowie ferne Länder, die ihr ans Herz gewachsen sind. Als Dozentin für Kreatives Schreiben gibt sie ihr Wissen weiter. Gerlinde Friewald lebt heute mit ihrer Familie im Süden Wiens.
Einmal im Monat informieren wir Sie über
die besten Neuerscheinungen aus unserem vielfältigen ProgrammLesungen und Veranstaltungen rund um unsere BücherNeuigkeiten über unsere AutorenVideos, Lese- und Hörprobenattraktive Gewinnspiele, Aktionen und vieles mehrFolgen Sie uns auf Facebook, um stets aktuelle Informationen über uns und unsere Autoren zu erhalten:
https://www.facebook.com/aufbau.verlag
Registrieren Sie sich jetzt unter:
http://www.aufbau-verlage.de/newsletter
Unter allen Neu-Anmeldungen verlosen wir
jeden Monat ein Novitäten-Buchpaket!
Gerlinde Friewald
Das Schicksal der Medica
Cover
Titel
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Titelinformationen
Informationen zum Buch
Newsletter
Vorwort
Rom — Jahr 63 vor Christus
I: Publius Aiacius
II: Gaius Cornelius
III: Delia
IV: Delia
V: Delia
VI: Delia
VII: Delia
VIII: Delia
IX: Delia
X: Delia
XI: Delia
XII: Delia
XIII: Marcus
XIV: Delia
XV: Delia
XVI: Marcus
XVII: Delia
XVIII: Marcus
XIX: Delia
XX: Delia
XXI: Marcus
XXII: Delia
XXIII: Marcus
XXIV: Delia
XXV: Delia
XXVI: Delia
XXVII: Delia
XXVIII: Delia
XXIX: Delia
XXX: Delia
XXXI: Delia
XXXII: Marcus
XXXIII: Delia
XXXIV: Marcus
XXXV: Delia
XXXVI: Delia
XXXVII: Delia
XXXVIII: Cicero
XXXIX: Delia
Der Ring des Sklavenhändlers
Glossar
Personen
Impressum
Buchtipps, die Ihnen ebenfalls gefallen könnten!
Liebe Leserinnen und Leser,
das erste vorchristliche Jahrhundert ist eine extrem spannende Zeit, und das Imperium Rom hat viel zu bieten. Zwei verfeindete Lager, den Senat, Männer, die an die Macht wollen, Kämpfe und Kriege innen wie außen – und noch niemand ahnt, dass Rom bald vom ersten Kaiser Augustus regiert wird. Sein Name ist Gaius Octavius.
Mitten in diese Ära fällt die Verschwörung von Catilina. Dank Cicero, dem wahrscheinlich größten Gegner Catilinas, und anderen Geschichtsschreibern ist der Aufstand besonders gut dokumentiert.
Auch wenn uns die Parteien und die Querelen ihrer Anhänger um bessere Positionen und letztlich um die Herrschaft vielleicht ein wenig an so manche aktuelle Situation erinnern, gibt es doch deutliche Unterschiede. Wir tauchen hier in eine Welt ein, die wir uns wahrscheinlich nicht gänzlich vorstellen können. Etwa das Sklaventum.
Der im Roman erwähnte Aufstand von Spartacus ist uns allen ein Begriff. Aber auch die Zahlen? In der letzten Schlacht fielen 60.000 Sklaven, und 6.000 wurden entlang der Via Appia von Rom in Richtung Capua gekreuzigt. 6.000!
Am liebsten würde ich viele Seiten mit dem Vorwort füllen. Da zu lange Einleitungen aber ausnahmslos jeden ermüden, komme ich nun langsam zum Ende.
Auch in Delias zweitem Abenteuer finden Sie hinten ein Glossar – und diesmal außerdem ein Personenverzeichnis. Zu viele realhistorische Frauen und Männer tummeln sich zur Zeit der Catilinarischen Verschwörung in Rom. Mit ihren Beziehungen, Affären und Ehen sorgten sie im Übrigen sicherlich für mehr Stoff, als es Bridgerton und die Desperate Housewives zusammen schaffen würden.
Fulvia beispielsweise, der in der Geschichte eine durchaus wichtige Rolle zufällt, war mit drei Männern verheiratet: Clodius Pulcher, Curio, Marcus Antonius. Ihre Tochter Clodia aus erster Ehe war kurz mit Octavius verheiratet, der bekannterweise später gegen Marcus Antonius kämpfte, gewann und Kaiser Augustus wurde.
Viel Freude beim Lesen!
Gerlinde Friewald
Jahr 63 vor Christus
I
Die Nacht war bereits über die Stadt hereingebrochen. Außer Betrunkenen, zwielichtigen Gestalten und Liebhabern, die sich von heimlichen Begegnungen nach Hause schlichen, war keine Menschenseele mehr auf den Straßen Roms anzutreffen.
Mit dem bangen Gefühl des aufrechten Bürgers, der jeden Augenblick von einem Dieb aus dem Hinterhalt überfallen werden könnte, eilte Publius durch die schmalen Gassen. Immer wieder verharrte er, drückte sich an eine Hausmauer und lauschte mit angehaltenem Atem. Niemand folgte ihm, niemand lauerte ihm auf.
Worüber Lucius Sergius Catilina mit ihm sprechen wollte, hätte zweifellos bis morgen früh Zeit gehabt, doch gefiel es seinem Patron ganz offensichtlich, ihn den Gefahren des nächtlichen Roms auszusetzen. Aber was konnte er schon dagegen tun? Catilinas Sinn für Geheimnisse und Verschwörungen war stark ausgeprägt. Ein Treffen zu solch unüblicher Stunde passte genau zu ihm.
Als er endlich vor der Tür des ansehnlichen Stadthauses stand, wischte er sich erleichtert über die schweißnasse Stirn und klopfte dreimal. Auf der Stelle öffnete sich das Tor, und eilig schlüpfte er hindurch. »Bring mich zu deinem Herrn!«, herrschte er den Sklaven an, der ihn eingelassen hatte, und versetzte ihm einen Schlag gegen die Brust. Die Machtdemonstration tat ihm gut und vertrieb das lähmende Angstgefühl.
Während er hinter dem Sklaven herging, streckte er die Wirbelsäule durch und schob die Schultern zurück. Catilina schätzte die römische Würde. Wegen einer ehrlosen Haltung seinen Unmut heraufzubeschwören, wäre mehr als unklug und könnte üble Folgen nach sich ziehen. Catilina war nämlich auch ein jähzorniger Mann.
Vor dem Raum verbeugte sich der Sklave und verschwand eilig. Wahrscheinlich wollte er sich einen weiteren Hieb ersparen.
Für einen Augenblick blieb Publius am Eingang stehen und beobachtete die Lage. Catilina saß breitbeinig auf einem Stuhl, die Tunika hatte er bis zum Bauch hochgeschoben. Zu seinen Füßen knieten zwei nackte junge Frauen und bedienten seine aufgerichtete Männlichkeit. In der einen Hand hielt er einen Becher, mit der anderen umfasste er den Haarschopf eines Mädchens und lenkte ihren Kopf.
Publius musste sich mehrmals laut räuspern, um Catilinas Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Catilina löste die Finger aus den Haaren der Frau und winkte ihn mit einer gönnerhaften Geste zu sich. »Setz dich!«
Einer plötzlichen Eingebung folgend, hätte Publius am liebsten kehrtgemacht und das Haus fluchtartig verlassen – Roms finstere Gassen erschienen ihm mit einem Mal weniger gefährlich als sein Patron –, doch entgegen seinem Instinkt nahm er vor Catilina auf einem Hocker Platz. Erst jetzt sah er die beiden Männer, die im Hintergrund standen und ihn gleichmütig beobachteten. Er hob die Hand. »Gaius Cornelius, Quintus Curius, schön, euch zu sehen.«
Die Angesprochenen nickten ihm zu.
»Nun, erstatte mir Bericht«, sagte Catilina.
Publius atmete tief durch. »Die Letzten sind heute gestorben. Meine Männer haben bei Einbruch der Nacht begonnen, die Leichen an der üblichen Stelle zu entsorgen. Es wird zu keinen Komplikationen kommen.«
»Wie dir solch ein Fehlgriff passieren konnte, ist mir nach wie vor ein Rätsel.« Energisch schüttelte Catilina den Kopf.
Die Bewegung rollte wie eine Welle durch seinen Körper, und eine der Frauen kam ins Wanken. Um nicht zu kippen, hielt sie sich schnell an Catilinas Oberschenkel fest.
Schnaubend stieß er sie mit dem Fuß weg. »Verdammtes Drecksweib! Du hast mich gekratzt! Soll ich dich in den Tiber werfen lassen?«
Sofort kauerte sie sich auf dem Boden zusammen und begann zu wimmern.
Catilina hob den Arm und schnippte mit dem Finger. »Quintus Curius! Komm her und zeig dem Biest, was es verdient hat.«
Der Angesprochene antwortete abwehrend: »Mir liegt das Essen von vorhin noch schwer im Magen. Später vielleicht.«
»Ich mach das!« Gaius Cornelius löste sich von seinem Platz und ging auf die Sklavin zu. Er zog sie hoch und fasste ihr an die Brust. »Was für ein Prachtstück! Danke, mein Freund.« Mit einem Lachen zerrte er sie in eine Nische im hinteren Bereich des Raumes. Einen Atemzug darauf waren bereits ihre verhaltenen Klagelaute zu hören.
Catilina wandte sich wieder Publius zu. »Also, wie konnte dir dieser verheerende Fehler unterlaufen?«
»Ich habe dir schon gesagt, wie sehr ich die Umstände bedaure. Aber du hast die Ware rasch gebraucht. Meine Männer mussten unverzüglich handeln. Du weißt nicht, wie schwierig es ist, ein geeignetes Dorf oder einen ganzen Stamm zu finden und zu verschleppen. Bei dieser Größenordnung benötige ich sonst Monate.«
»Ach was! Von wegen Zeitdruck. Du hast schlechte Arbeit geleistet – nicht mehr und nicht weniger.« Zwischen Catilinas Augen erschien eine steile Falte. »Bist du nun der beste Sklavenhändler der Stadt oder einfach nur irgendein namenloser Lieferant, der sich im Verkauf von Dreck versucht?«
Publius fuhr auf. »Du kennst die ausgezeichnete Qualität meiner Ware und hast immer davon profitiert. Solche Vorwürfe muss ich mir nicht gefallen lassen, von niemandem, nicht einmal von dir. Und wenn …« Er unterbrach und strich sich mit dem Handrücken über die Stirn. Das mittlerweile verzweifelte Geschrei der Sklavin im Hintergrund irritierte ihn.
»Ausgezeichnete Qualität? Diese dem Tode geweihten Gestalten, die du angeschleppt hast?« Offenbar ebenfalls gestört von dem Lärm drehte Catilina den Kopf und brüllte: »Gaius Cornelius! Die Kleine war teuer. Wenn du sie umbringst, bezahlst du mir ihren vollen Preis. Es reicht! Komm her.«
Gaius erschien prompt und gesellte sich wieder zu Quintus Curius.
Publius sah die roten Flecken auf Gaius’ Gewand und erschauerte. Diese Männer waren zu allem fähig. Angst und Unterwürfigkeit riefen bei ihnen kein Mitleid hervor, sondern eher das Gegenteil. Also musste er den Weg nach vorn wagen. So entschieden, wie seine Furcht es zuließ, klopfte er mit geballter Faust auf den kleinen Beistelltisch, der neben seinem Hocker stand. »Ich habe sie nicht ›angeschleppt‹, wie du es nennst. Sie schienen gesund zu sein, und das weißt du selbst ganz genau.«
»Willst du jetzt mir die Schuld geben?«
»Aber nein! So habe ich es doch nicht gemeint«, sagte Publius hastig. »Ich würde alles für dich und die Sache tun. Wirklich … alles!«
Catilinas Stirn glättete sich. »Schon gut, Publius Aiacius, beruhige dich. Du hast mir tatsächlich immer tadellos gedient. Das werde ich nie vergessen.« Er hob die linke Hand und schnippte zweimal mit den Fingern.
Obwohl Publius das Zeichen seines Patrons nicht einordnen konnte, maß er ihm keine Bedeutung bei. Offenkundig galt es Gaius Cornelius, der sich sofort von seinem Platz löste und an ihm vorbei auf den Durchgang in seinem Rücken zusteuerte. Warum sollte er sich auch um irgendwelche Geheimcodes und Aktionen innerhalb der verschworenen Gruppe kümmern, die nichts mit ihm zu tun hatten? Viel wichtiger war, nun die richtigen Worte zu finden – höflich, ergeben, aber nicht kriecherisch.
Publius setzte gerade an zu sprechen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Gaius Cornelius sprang auf ihn zu, vollführte eine Halbdrehung und riss seinen Kopf an den Haaren zurück. Bereits im nächsten Moment spürte er ein unangenehmes Brennen in der Brust. Es fühlte sich an, als wäre er zu schnell gelaufen. Jetzt verstand er gar nichts mehr. Warum sah er plötzlich alles wie durch einen Schleier, und weshalb erinnerte er sich an nichts? War er denn nicht in Catilinas Haus? Ein Zittern lief durch seinen Körper, und er schaute an sich hinab. Ein Pugio steckte bis zum Anschlag zwischen seinen Rippen, und um die Klinge verfärbte sich der Stoff seines Gewands zusehends rot.
Krampfhaft versuchte er, tief einzuatmen, aber er war wie gelähmt und bekam keine Luft. Wo waren der Schmerz und die Furcht? Stimmen drangen zu ihm vor, er konnte sie jedoch niemandem zuordnen und begriff auch den Sinn der Worte nicht. Sie gingen in ein Gemurmel und schließlich in ein hohes Surren über. Dann wurde es still und dunkel.
II
Gaius Cornelius verharrte in seiner Position und beobachtete Catilina, der Publius mit glänzenden Augen sichtlich fasziniert anstarrte. Wie schaffte es jemand, sich am Sterben eines anderen zu ergötzen?
Er war bestimmt nicht prüde, doch spürte er den bitteren Geschmack des Ekels auf der Zunge, als Catilina den Kopf der zweiten Sklavin, die nach wie vor zwischen seinen Beinen kauerte, auf seine Lenden presste. Ohne den Blick von Publius abzuwenden, hielt Catilina sie fest und ignorierte ihre Würgegeräusche, bis er sich mit einem wollüstigen Ächzen in ihren Mund ergoss.
Der Laut war noch nicht verklungen, als Publius einen unmenschlichen Ton ausstieß und vornüberkippte. Mit einem Poltern landete sein massiger Körper auf dem Boden und blieb reglos liegen.
Gaius Cornelius kniete sich hin und zog den Pugio aus der Brust des Sklavenhändlers. Als er die Klinge kurzerhand am Saum von Publius’ Toga abwischte, musterte er dessen linke Hand. Auf dem Mittelfinger steckte ein massiver Siegelring von eindeutig bester Qualität. Das Band bestand aus fein stilisierten, goldenen Weinblättern, die an den Rändern von Stegen gehalten wurden. Auf der mit Smaragden und Saphiren verzierten, glatt polierten Fläche waren die Initialen »PA« eingraviert.
»Was machen wir mit dem Ring?«, fragte er Catilina.
»Vergiss ihn. Du willst doch nicht, dass irgendwann einmal jemand den Ring eines Sklavenhändlers an deiner Hand erkennt. Oder ein windiger Kaufmann, dem du das hübsche Stück andrehen möchtest, auf dich zeigt. Mach dir um Geld keine Sorgen. Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du ein feudales Leben führen.«
Gaius Cornelius verbarg seinen Ärger hinter einer verständnisvollen Miene. Die Maßregelung gefiel ihm nicht, selbst wenn sie mit einer Schmeichelei abgemildert worden war. Immerhin hatte er gerade für Catilina gemordet. Er war nicht dumm. Weder würde er den Ring tragen noch einem niedergelassenen Händler verkaufen.
»Und er?« Mit der Fußspitze stieß er Publius’ leblosen Körper an.
Catilina verzog den Mund. »Wir sollten ihn weit genug aus der Stadt schaffen und in den Tiber werfen. Mit etwas Glück treibt ihn die Strömung hinaus ins Meer.« Er klopfte sich auf die Oberschenkel. »Gleich morgen werden wir uns auch um sein Haus und seine Sklaven kümmern. Dabei finden wir bestimmt ein paar wertvolle Dinge für dich, die nicht mit Publius in Verbindung gebracht werden können.«
Schlagartig fühlte sich Gaius Cornelius besser. Die Aussicht auf Kostbarkeiten versöhnte ihn.
»Wie erklären wir Publius’ Verschwinden?«, fragte Quintus Curius, der sich die ganze Zeit über nicht von seinem Platz bewegt hatte.
»Wir lassen bekannt werden, dass er auf Reisen gegangen ist«, erwiderte Catilina. »Wie Publius selbst gesagt hat, kann die Suche nach Sklaven Monate dauern. In einem Jahr denkt kein Mensch mehr an ihn.«
Quintus Curius nickte, und für einen Moment schien es, als wäre er angewidert.
III
Ich stand etwas abseits von den anderen Passagieren und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft. Als sich das Schiff vor Tagen der Küste Italias genähert hatte, war ich aufgeregt zur Reling gelaufen und hatte mich kaum sattsehen können. Mittlerweile wünschte ich mir nur noch, endlich mein Ziel zu erreichen: Rom, den Arzt Asklepiades und Marcus Aponius Saturninus, nach dem ich mich nahezu schmerzhaft sehnte.
Leider war dieses Sehnen nicht die einzige Empfindung, die mich begleitete. Auch ein quälendes Gefühl von Unsicherheit ließ mich nicht los. Aber wie sollte es anders sein? Schließlich hatten wir uns seit seiner Abreise aus Alexandria nicht mehr gesehen. Zwei lange Jahre, in denen ich die brennende Leidenschaft zwar so lebhaft spürte wie die raue Salzluft, die ich gerade einatmete, Marcus’ Züge vor meinem inneren Auge jedoch wie hinter einer Nebelwand verborgen lagen. Was, wenn es ihm mit mir gleich erging? Und wenn nicht nur mein Gesicht, sondern auch seine Gefühle verblasst waren? Nicht Marcus hatte diese Reise vorangetrieben. Es war Asklepiades gewesen, der mich nach seinem Besuch in Alexandria zu gemeinsamen Forschungen nach Rom eingeladen hatte.
Unmerklich schüttelte ich den Kopf. Marcus’ Reaktion auf meine Nachricht, in der ich ihm von dem geplanten Aufenthalt in Rom geschrieben hatte, war für einen Römer regelrecht euphorisch gewesen – und dennoch blieben die nagenden Zweifel.
»Bevor die Sonne untergeht, werden wir den Hafen von Ostia erreicht haben.« Der Kapitän des Schiffs trat neben mich und wies mit ausgestrecktem Arm in Richtung des Bugs.
Dankbar für die Unterbrechung meiner bangen Gedanken lächelte ich ihm zu. Von seinem Äußeren her ließ sich der Mann keinem bestimmten Volk zuordnen. Im Übrigen wie sein Griechisch. Ein Wirrwarr aus verschiedenen Dialekten, insgesamt verständlich, aber selbst mit großer Anstrengung und guten Sprachkenntnissen nicht zu lokalisieren.
Während der gesamten Reise war er stets freundlich zu mir gewesen – ganz im Gegensatz zu einigen griechischen Passagieren, die mich misstrauisch und abschätzig beäugten. Eine Ärztin und Wissenschaftlerin, zu allem Überfluss offizielles Mitglied am Museion von Alexandria, passte nicht in ihr Weltbild. Sowohl in meiner Funktion als auch in der Position war ich für sie schlichtweg fehl am Platz. Erschwerend kamen mein Alter und mein Aussehen dazu. Ich war gerade vierundzwanzig Jahre alt und hatte die zierliche Gestalt meiner Mutter geerbt, ebenso ihre helle Haut und das dichte rötliche Haar. Seltene Farbtöne, die sogar in einer Stadt wie Alexandria auffielen, wo man alle Facetten des menschlichen Erscheinungsbilds antraf. Als gefeierte Hetäre hätten sie mich wahrscheinlich zweifellos tausendmal höflicher behandelt.
»Ich freue mich darauf, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren«, sagte ich und nickte bekräftigend.
»Euch ergeht es auf einem Schiff wie mir auf dem Land. Mein Körper braucht die Bewegung der Wellen, den Wind und die Freiheit.« Der Kapitän stieß ein heiseres Lachen aus.
Die Äußerung in seinem Dialektmix, gepaart mit der respektvollen Anrede, hätte so manchen Philosophen am Museion entzückt.
Bevor ich antworten konnte, fragte er: »Seid Ihr schon einmal in Rom gewesen?«
»Nein, es ist mein erster Besuch.«
Wieder ertönte sein Lachen, und einige Passagiere, die in der Nähe standen, sahen neugierig zu uns herüber. Ein Seidenhändler, der sich mir gegenüber ebenfalls immer liebenswürdig verhalten hatte, kam zu uns.
Der Kapitän beachtete ihn nicht und sprach ungerührt mit mir weiter. »Ihr werdet staunen, verehrte Delia. Rom ist … anders. Ich bin viel herumgekommen und habe keine auch nur annähernd vergleichbare Stadt kennengelernt. Eure Heimat, Alexandria, ist das genaue Gegenteil von Rom.«
Der Seidenhändler räusperte sich und sagte: »Die Unterschiede ergeben sich schon daraus, dass Rom aus einem Bauerndorf entstand. Niemand hat sich ein vernünftiges System überlegt. Die Menschen bauten einfach wahllos immer dazu. Alexandria hingegen wurde auf dem Reißbrett geplant.«
»Rom birgt sämtliche Gegensätze«, übernahm der Kapitän. »Von unmäßigem Reichtum und prächtigen Bauten bis hin zu verwahrlosten Mietshäusern, in denen Ihr nicht einmal Euren untreuesten Sklaven unterbringen würdet. Während am Forum alles in Sauberkeit erstrahlt, sammelt sich der Dreck in den schmalen Gassen der Subura.«
Der Reihe nach streckte der Seidenhändler die Finger seiner linken Hand in die Höhe. »Man lernt die tugendhafteste Jungfrau kennen, genauso wie das anrüchigste Weib des Mittelmeerraumes. Machthungrige Politiker und geistreiche Männer, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat, andererseits die durchtriebensten Diebe und kaltblütigsten Mörder.«
Zum dritten Mal lachte der Kapitän auf. »Die Crux bei der Sache ist, die Guten von den Bösen zu unterscheiden.«
»Wenn ich euch zuhöre, möchte ich am liebsten das nächste Schiff zurück nach Alexandria nehmen.« Ich versuchte ein Schmunzeln, um meine plötzlichen Zweifel zu verbergen. Hatte ich die Reise voreilig angetreten?
»Auf keinen Fall!«, erwiderte der Kapitän. »Rom wird Euch gefallen. Meidet ehrgeizige Amtsträger vom Quästor bis zum Konsul und bleibt in den Wissenschaftskreisen, dann geschieht Euch nichts.« Er bedeutete einem Matrosen, der sich uns näherte, anzuhalten, und sagte: »Ich muss mich entschuldigen, die Arbeit ruft.« Mit einer formvollendeten Verbeugung drehte er sich um und ging davon.
IV
Wie der Kapitän vorhergesagt hatte, war die Sonne noch nicht untergegangen, als der Hafen von Ostia in Sicht kam. Schon vor einer Weile hatte er sich durch Anlegestege für Boote, lang gestreckte Sklavenunterkünfte und ärmliche Fischerhütten angekündigt, die sich entlang der Küste immer dichter reihten.
Nachdem wir vor Anker gegangen waren, hatten alle Passagiere es eilig, das Schiff zu verlassen. Mit einer galanten Bewegung bot mir der Kapitän seinen Arm und geleitete mich über den Steg. Wie bereits einige Male während der Überfahrt fragte ich mich auch jetzt, wo dieser Mann seine auffallend guten Manieren gelernt hatte. Er wartete sogar, bis ich mich daran gewöhnt hatte, dass der Boden nicht mehr schwankte. Ich dankte ihm mit einem Lächeln und begann, mein Gewand zu ordnen.
Gerade hatte ich die letzte Falte zurechtgezupft, als ein Sklave direkt auf mich zusteuerte. »Bist du Delia, Ärztin und Wissenschaftlerin aus Alexandria?«
»Die bin ich«, antwortete ich knapp. »Was willst du?« Weder Asklepiades noch Marcus konnten wissen, wann genau mein Schiff den Hafen erreichte, und sonst hatte keiner Kenntnis von meiner Ankunft.
Der Sklave deutete auf zwei Sänften. Davor standen einige Personen. »Mein Herr, Gaius Cartilius Poplicola, erlaubt sich, dir seine Aufwartung zu machen. Er ist der Duumvir von Ostia.«
Ich nickte und folgte dem Sklaven, der vor mir auf die kleine Delegation zulief.
Ein Mann in vornehmer Kleidung löste sich von der Gruppe. Sein Haar zeigte mehrere lichte Stellen, und obwohl er sehr dick war, bewegte er sich geschmeidig und wirkte energiegeladen. Mit einer passend dynamischen Stimme begrüßte er mich. »Ich freue mich, dich in Ostia willkommen zu heißen. Da ich bereits so viel über dich erfahren habe, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, dich persönlich vom Hafen abzuholen.«
Als Mann, der es gewohnt war, erkannt zu werden, nannte er mir weder seinen Namen noch seine Position. Zum Glück war der Sklave umsichtig genug gewesen, mich über seinen Herrn ausreichend zu informieren. Aber das war es nicht, was mich irritierte.
»Es ist mir eine Ehre, vom Duumvir Ostias persönlich begrüßt zu werden«, sagte ich und fügte hinzu: »Du hast von mir gehört?«
»Das hat er in der Tat. Von mir!« Ein zweiter Mann trat vor.
Ich erstarrte. »Marcus!«
Statt zu antworten, machte er einen weiten Schritt auf mich zu und ergriff meine Hände. Dann zog er mich an sich und küsste mich auf die Wange.
Ich unterdrückte einen Seufzer und spürte, wie mein Körper erbebte. Die dezente Berührung genügte, um mich in einen Zustand zu versetzen, der an den Ausbruch eines Vulkans erinnerte. Im Gegenzug bemerkte ich, wie Marcus’ Hände zitterten, und ich sah die pochende Ader an seinem Hals. Zweifellos erging es ihm gleich.
Cartilius Poplicola, der unsere Erregung nicht registrierte – oder nicht registrieren wollte –, durchbrach den Moment. »Marcus’ Familie und meine verbindet eine enge Freundschaft. Er ist seit Tagen zu Gast in meinem Haus und wartet auf deine Ankunft, Delia.« Kurz hielt er inne. »Wenn du nicht sofort nach Rom weiterreisen musst, wäre es mir eine Ehre, dich heute Nacht in meinem bescheidenen Heim zu beherbergen.«
»Da ich nicht weiß, wie lange die Reise nach Rom dauert, möchte ich die Entscheidung lieber in Marcus’ Hände legen«, entgegnete ich unverbindlich – und für mein Gefühl viel zu gestelzt. Aber ich hatte keine Ahnung, wie sich die Menschen hier verhielten und welche Pläne Marcus hatte. Außerdem war ich zu verwirrt, um eine Entscheidung zu treffen.
Marcus’ Antwort kam prompt. »Rom ist nicht weit. Doch es bricht schon bald die Dämmerung herein, und ich würde dir mit großer Freude noch eine Nacht zur Last fallen, verehrter Gaius.«
Der Duumvir schnaufte und riss mit einer theatralischen Geste die Arme in die Höhe. »Die Götter mögen mich vor den Kindern und Kindeskindern meiner Freunde bewahren! Über deine Anwesenheit, Delia, freue ich mich natürlich.« Er grinste breit und verbeugte sich vor mir. »Die Sklaven werden sich um dein Gepäck kümmern.«
Ich nickte. »Vielen Dank. Meine Sklavin Kassiopeia wacht darüber. Sei so freundlich und weise deine Männer an, sie mitzunehmen. Ihr Wohlergehen liegt mir am Herzen.«
»Kassiopeia ist hier?«, rief Marcus freudig aus und wandte sich an Cartilius Poplicola. »Kassiopeia versteht sich in der Kunst des Massierens wie keine Zweite. Ich habe ihre Fertigkeiten in Alexandria kennen- und lieben gelernt.«
Der Duumvir zog die Brauen hoch und sah mich an. »Du willst diese Kassiopeia nicht vielleicht loswerden, oder? Es wird immer schwieriger, Sklaven mit besonderen Talenten zu finden.« Er wies auf die größere der beiden Sänften. »Nutzen wir die Zeit bis zu meinem Haus, um über den Preis zu reden.«
Noch während ich überlegte, wie ich ablehnend und doch höflich antworten könnte, kam mir Marcus zu Hilfe. Er kletterte in die Sänfte und sagte: »Du bemühst dich umsonst, Gaius. Kassiopeia ist auch Delias medizinische Assistentin und eine von ihr selbst ausgebildete Hebamme.« Er reichte mir die Hand und zog mich an seine Seite.
»Das ist schade.« Cartilius Poplicola zuckte mit den Schultern und winkte ab. »Dann widmen wir uns meiner wunderbaren Stadt. Ostia hat wahrlich einiges zu bieten, Delia. Gleich passieren wir die neu gebaute Therme, und du musst unseren Tempel des Jupiter sehen. Aber keine Sorge! Wir bleiben gemütlich in der Sänfte.« Er lächelte mir zu und setzte die Aufzählung der imposantesten Gebäude in Ostia fort.
Die unbekümmerte Plauderei tat mir gut, und zu meinem Erstaunen erwies sich der Duumvir nicht nur als kundiger Führer – was in seiner Position zu erwarten war –, sondern auch als angenehmer Erzähler. Alles war so schnell gegangen, dass ich erst jetzt langsam zur Ruhe kam und wirklich erfasste, dass Marcus neben mir saß – was mich wiederum unglaublich nervös machte. Es fühlte sich an, als würde ich in zwei entgegengesetzte Richtungen gezerrt werden. Daher war ich heilfroh, als wir endlich das Haus von Cartilius Poplicola erreichten.
Es handelte sich um ein weitläufiges Anwesen am Rande Ostias, das von außen nicht erahnen ließ, wie schön es innen war. Voller Bewunderung ging ich durch die Räume und betrachtete die erlesenen Mosaike und die prächtigen Wandmalereien. Im Atrium standen fein gehauene Skulpturen dicht nebeneinander. Am meisten begeisterte mich allerdings eine private, direkt an das Gebäude angeschlossene Therme. Nach der langen Schifffahrt erschien sie mir wie ein Geschenk der Götter, und Cartilius Poplicola, der mein Entzücken bemerkte, gab auf der Stelle Anweisung, alles für mich vorzubereiten.
Die Aussicht auf ein ausgiebiges Bad war so verlockend, dass ich nur einen schnellen Blick in mein Zimmer warf und dann sofort mit Kassiopeia im Schlepptau zum Thermenhaus lief. Auch dieser Bereich spiegelte den exquisiten Geschmack meines Gastgebers wider.
Das Zentrum des Raums bildeten zwei Becken. Wie üblich handelte es sich bei dem kleineren um die Kaltwasserwanne. An der hinteren Wand war die Geburt der Aphrodite – oder, da wir uns auf römischem Boden befanden, der Venus – aus dem Schaum des Meeres mit kräftigen Farben dargestellt, die beiden schmaleren Seiten zeigten fröhliche Nymphen an einer sprudelnden Quelle. Davor standen drei mit Leinenstoff überzogene Liegen, die zum Ausruhen einluden.
Kassiopeia entkleidete mich, und ich stieg in das Warmwasserbecken. Da auf dem Schiff ständig Menschen um mich herum gewesen waren, sehnte ich mich nach einem Moment des Alleinseins. »Warte vor der Tür, ich möchte nicht gestört werden«, sagte ich zu Kassiopeia und holte tief Luft, als ich endlich für mich war.
Es duftete angenehm nach Jasmin und Minze. Ich konzentrierte mich auf die Atembewegungen meiner Brust und legte den Kopf in den Nacken. Das gedämpfte Licht im Raum und die Empfindung, alles wegzuspülen – den Schmutz und die Strapazen der Reise, das Salz des Meeres auf der Haut –, halfen mir, mich zu entspannen. Langsam ließ ich meinen ausgestreckten Arm durch das Wasser gleiten. Das Kribbeln auf der Haut, das dabei entstand, erinnerte mich an Marcus’ Berührungen. Eine Hitzewelle durchströmte mich, und rasch steckte ich den Kopf unter Wasser. Als ich wieder an die Oberfläche kam, rauschte es in meinen Ohren – doch da war noch ein anderes Geräusch.
Ich hatte Kassiopeia befohlen, achtzugeben. Freiwillig würde sie niemanden vorbeilassen. Ich unterdrückte das Bedürfnis, nach ihr zu rufen, und lauschte – vielleicht hatte ich mich bloß getäuscht. Aber da war es erneut! Abrupt drehte ich den Kopf und sah Marcus am Eingang stehen. Ihm hatte Kassiopeia den Eintritt natürlich nicht verwehrt.
Marcus trug eine knappe Sporttunika, die er sich mit einem einzigen Handgriff vom Körper zog. Dann stieg er ohne Aufheben zu mir in das Becken. Es war, als wollte er durch keinen unbedachten Laut den Augenblick zerstören. Sein dunkles Haar bildete einen Kontrast zu der zwar gebräunten, aber deutlich helleren Haut und unterstrich seine markanten männlichen Züge. Nur die vollen Lippen, die er leicht geöffnet hatte, machten sein Gesicht etwas weicher.
Zögerlich berührte er meine Schultern und zog mich schließlich behutsam in seine Arme. Ich schmiegte mich an ihn, und kurz schien die Zeit für uns anzuhalten. Dann jedoch kroch die Leidenschaft in mir hoch, und ich erschauerte. Marcus erging es zweifellos gleich. Unvermittelt küsste er mich innig. Er stöhnte auf und drückte mich mit dem Rücken gegen die steinerne Wand des Beckens.
Ich stieß einen sehnsüchtigen Ton aus und schlang die Beine um seinen Körper. Als ich seinen fragenden Blick mit einem hastigen Nicken bejahte, fasste er mich an den Hüften und drang mit einer kraftvollen Bewegung in mich ein.
Jäh wich unser sanftes Herantasten dieser besonderen ungezügelten Begierde, die selbst der größte Dichter nicht gänzlich in Worte zu kleiden vermochte. Rasend vor Verlangen klammerten wir uns aneinander und versanken in der Flut unserer gebündelten Ekstase. Die Welt rundum war vergessen. Nichts existierte außer uns beiden. Marcus trieb meine Lust voran, und wie der Phönix schien ich in Flammen aufzugehen, um prompt wiedergeboren zu werden.
Marcus hatte nur auf diesen Moment gewartet. Er warf den Kopf in den Nacken und stieß einige Male fest zu. Dann ergriff auch ihn die Erfüllung, und mit einem erstickten Laut vergrub er sein Gesicht in meinem Haar.
Ich fühlte mich erschöpft, gleichzeitig so fröhlich und leicht, als wäre eine schwere Last von mir genommen worden.
»Ich liebe dich, Delia«, flüsterte Marcus mit rauer Stimme. Er atmete geräuschvoll ein und zog mich erneut in seine Arme, wobei seine Hände kühn, doch nicht mehr mit der zügellosen Wildheit von eben, meinen Körper erforschten. »Oder hast du schon genug?« Seine Lippen verzogen sich zu einem verwegenen Lächeln.
»Die Sonne hat sich im Laufe unserer Umarmung nicht vom Platz bewegt. Ich könnte bestimmt …« Weiter kam ich nicht, weil Marcus mich küsste.
Abrupt wurden meine Sinne, die sofort wieder anschlugen, von Kassiopeias eindringlichem Hüsteln zurückgedrängt.
Sie stand beim Eingang und trat von einem Fuß auf den anderen. Die Unterbrechung war ihr sichtlich unangenehm. »Verzeih die Störung. Eine Sklavin des Hausherrn wollte zu dir.« Sie runzelte die Stirn. »Ich und Hercules haben sie aber nicht eingelassen. Ich soll dir …«
»Wer ist Hercules?«, unterbrach ich sie.
Marcus antwortete anstatt Kassiopeia. »Mein neuer Leibsklave. Ich habe ihn vor ungefähr einem Jahr gekauft.« Mit einer knappen Geste forderte er Kassiopeia auf, weiterzusprechen.
Sie nickte ergeben. »Ich soll ausrichten, dass das Abendmahl in Kürze serviert wird. Einige Persönlichkeiten Ostias sind ebenfalls dabei.«
Marcus seufzte. »Ich hätte es wissen müssen. Unser Gastgeber möchte mit dir prahlen. Ich fürchte, es gibt kein Entrinnen.«
»Dann lass mich jetzt bitte los, damit ich mich fertig machen kann.« Ich warf einen bedeutsamen Blick auf seine Hände, die mich nach wie vor festhielten. »Oder soll ich so erscheinen?« Schmunzelnd stellte ich mich auf die Zehenspitzen, so dass meine Brüste aus dem Wasser ragten.
»Natürlich nicht«, murmelte Marcus und musterte mich. »Wie viel lieber wäre ich mit dir allein!«
»Die Gesellschaft wird hoffentlich nicht so lang dauern wie ein Bankett im alexandrinischen Palast«, erwiderte ich und verdrehte die Augen.
Marcus küsste mich auf die Wange und kletterte aus dem Becken. »Mögen die Götter dafür sorgen, dass sich deine Worte bewahrheiten.«
V
Als mich Kassiopeia am nächsten Morgen weckte, brauchte ich eine ganze Weile, um zu realisieren, wo ich mich befand. In Alexandria war ich immer schon wach, wenn Electra, meine Hauptsklavin, das Schlafgemach betrat. Früher hatte Creusa diese Aufgabe erledigt, doch sie war vor knapp zwei Jahren an einer schweren Kopfverletzung gestorben.
Schnell verdrängte ich den Gedanken an Creusa und die furchtbaren Ereignisse in Alexandria, die zu ihrem Tod geführt hatten. Lieber wollte ich mich an den vergangenen, überraschenderweise äußerst unterhaltsamen Abend erinnern. Der Duumvir hatte eine nur kleine Gruppe erlesener Gäste eingeladen, die zumindest am Anfang noch reserviert gewesen waren. Erst später hatten sie begonnen, ihre unzähligen Fragen zu stellen. Besonders ein Arzt und offenkundig sehr enger Freund von Cartilius Poplicola war bei medizinischen Themen kaum zu bremsen gewesen.
Es würde immer ein Rätsel für mich bleiben, wie Rom – eine Großmacht – in der Heilkunde derart zurückliegen konnte. Wahrscheinlich räumten sie der Politik und dem Krieg so viel Platz ein, dass sie für andere Bereiche keine Zeit mehr fanden. Dementsprechend unpopulär war auch der Beruf des Arztes.