Das schwarze Korps - Dominique Manotti - E-Book

Das schwarze Korps E-Book

Dominique Manotti

4,6

Beschreibung

Paris, Juni 1944 In der Normandie landen die ersten alliierten Truppen. Noch geht Paris an diesem sonnigen Frühsommertag ungerührt seinen Geschäften nach: Die französische Gestapo verhaftet einen amerikanischen Offizier. Vorm Büro ihres Chefs ­Deslauriers stehen Bittsteller aus Geschäfts- und Halbwelt Schlange. Am Abend hält die schöne Dora Belle, Filmschauspielerin und Geliebte eines SS-Hauptsturmführers, ihren Salon. Hier trifft sich die Führung von SS und Wehrmacht mit Vertretern von Industrie, Finanzwelt und Kultur: elegantes Dekor, ausgesuchte Delikatessen, Champagner, Sex. Inspecteur Domecq von der Sitte, Verbindungsmann des gaullistischen Widerstands, nutzt den Abend, um Witterung aufzunehmen. Denn nicht nur militärisch steht die entscheidende Schlacht bevor. In Erwartung der deutschen Niederlage müssen Besatzer und Kollaborateure ihren Besitz, ihre Reputation oder auch nur ihre nackte Haut retten. Manches lässt sich mit Geld regeln oder bei einem guten Tropfen. Aber bald fließt mehr Blut als Champagner …

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 338

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,6 (18 Bewertungen)
12
5
1
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dominique Manotti

DAS SCHWARZE KORPS

Aus dem Französischen

von Andrea Stephani

Ariadne Krimi 1206

Argument Verlag

Knapp, geschliffen scharf, assoziativ und direkt – so kennen wir die Erzählsprache von »La Manotti«, der französischen Historikerin, die vielleicht Europas härteste Politkrimis schreibt. Hier katapultiert sie uns ins Jahr 1944, ins besetzte Paris. Ein Sittenpolizist und Undercoveragent belauert die Drahtzieher, Intriganten und Kriegsgewinnler, die auch nach der Landung der Alliierten in der Normandie prassen, killen und absahnen, in den Pariser Salons Champagner schlürfen und sich wechselseitig protegieren oder einander ans Messer liefern.

Da sitzt du in deiner Uniform, kantiger Kiefer, kurzes Blondhaar, blaue Augen. So dermaßen germanisch. So anders als der angekettete Gefangene, den Deslauriers ins Auto geschoben hat. Unbehagen. Ein Monat und zehn Tage in den Händen von Bauer, Avenue Foch, ein Ort, den nur sehr wenige lebend verlassen haben. Bauer hat sich nicht damit begnügt, dich zu vögeln. Wen hast du verraten, dass du noch am Leben bist?

Bei Manotti liest sich die Schlussphase der deutschen Besetzung von Paris als der Krimi, der es mit Sicherheit war. Nicht aus der Distanz pädagogisch wertvoller Schicksalsberichte, sondern als rasante Verfolgung des unmittelbaren Erlebens, unzensiert, strotzend von typisch menschlichen Absichten, seien sie nun irregeleitet, harmlos, mörderisch oder illusionär. Eine Momentaufnahme im Thrillerformat, frei von narrativen Weichzeichnern. Die Protagonisten – Helden, Opfer oder Täter – sind so greifbar, dass man ihre Begierden spürt. Akteure in einer historischen Ausnahmesituation, maßlos menschlich und mitten in all dem Sterben maßlos lebendig. Akteure, die auch unsere Kultur hervorbringen kann, weil ihre Motive, ihre Triebkräfte eben keine historische Ausnahme sind. Selten hat mich ein Roman so dicht an die Stringenz gesellschaftlicher Verbrechen herangeführt.

Else Laudan

Für Interessierte: http://www.spiegel.de/​spiegel/​print/​d-43366355.html

Dominique Manotti, 1942 geboren, lehrte als Historikerin an verschiedenen Pariser Universitäten Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit. Sie kam erst mit fünfzig Jahren zum Schreiben und veröffentlichte seither acht zum Teil preisgekrönte Romane.

Ariadne Krimis

Herausgegeben von Else Laudan

www.ariadnekrimis.de

Titel der französischen Originalausgabe:

Le corps noir

© Éditions du Seuil, Paris, 2004

Deutsche Erstausgabe

Alle Rechte vorbehalten

© Argument Verlag 2012

Glashüttenstraße 28, 20357 Hamburg

Telefon 040/​4018000 – Fax 040/​40180020

www.argument.de

Umschlag: Martin Grundmann

Fotomotiv: © stokkete, Fotolia.com

»Anmerkung zum historischen Kontext«

übersetzt von Iris Konopik

Lektorat: Iris Konopik & Else Laudan

Satz: Iris Konopik

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

ISBN 978-3-86754-980-6

Zweite Auflage 2013

Inhalt

Cover

Titel

Vorwort

Impressum

Anmerkung zum historischen Kontext

Danksagung

Vorbemerkung

1

6. Juni 1944

2

6. Juni 1944, abends

3

Freitag, 9. Juni

4

Sonntag, 11. Juni, morgens

Montag, 12. Juni

5

Dienstag, 13. Juni

6

Mittwoch, 14. Juni

Donnerstag, 15. Juni

Freitag, 16. Juni

7

Montag, 19. Juni

Donnerstag, 22. Juni

8

Freitag, 23. Juni

Montag, 26. Juni

Mittwoch, 28. Juni

9

Donnerstag, 6. Juli

Donnerstag, 13. Juli

10

Samstag, 15. Juli

Sonntag, 16. Juli

Dienstag, 18. Juli

11

Donnerstag, 20. Juli

Freitag, 21. Juli

12

Samstag, 22. Juli

Sonntag, 23. Juli

Montag, 24. Juli

13

Dienstag, 25. Juli

Mittwoch, 26. Juli

14

Donnerstag, 27. Juli

Freitag, 28. Juli

Samstag, 29. Juli

Sonntag, 30. Juli

15

Montag, 31. Juli

Mittwoch, 2. August

16

Donnerstag, 3. August

Samstag, 5. August

Dienstag, 8. August

Mittwoch, 9. August

17

Samstag, 12. August

Sonntag, 13. August

Mittwoch, 16. August

18

Samstag, 19. August

Mittwoch, 23. August

19

Freitag, 25. August

Epilog

Anmerkung zum historischen Kontext

Im Frühsommer 1944 ist das im Juni 1940 besiegte Frankreich von der deutschen Wehrmacht besetzt. Der französische Staatschef Marschall Pétain hat einen Waffenstillstand mit dem Dritten Reich unterzeichnet, und seine von Pierre Laval geführte Regierung kollaboriert mit der Besatzungsmacht. Die französische Polizei wird von den Deutschen scharf überwacht; sie muss deren Weisungen befolgen, hat aber ihre Befugnisse behalten. Unter Federführung der französischen Regierung gewährleistet sie die Aufrechterhaltung der Ordnung, die Ausführung von Befehlen der Besatzungsmacht, die Anwendung der französischen Gesetze gegen Kommunisten, Juden und Freimaurer und macht Jagd auf »Terroristen«.

Die Besetzung Frankreichs lag zunächst in der Zuständigkeit der Wehrmacht (Heer, feldgraue Uniform) und ihres Nachrichtendiensts, der Abwehr. Doch bereits in den ersten Tagen des Sommers 1940 versuchte die SS, die Wehrmacht auf diesem Feld zu verdrängen.

In den 1920er Jahren war die SS (wegen der Farbe ihrer Uniform »schwarzes Korps« genannt) ursprünglich die Privatmiliz der NSDAP. Mit Hitlers Machtergreifung, insbesondere ab 1938, verleibte sich die SS sämtliche Inlands-Sicherheitsdienste des deutschen Staates ein, darunter die berüchtigte Gestapo. Die Verwaltung der besetzten Länder oblag allerdings zumindest theoretisch der Wehrmacht.

Faktisch übernahm die SS ab 1942 unter dem Kommando des Höheren SS- und Polizeiführers Oberg die Kontrolle über das besetzte Frankreich. Im Februar 1944 wurde die Abwehr aufgelöst, ihre Abteilungen wurden teilweise der SS eingegliedert.

Die Rivalität zwischen Wehrmacht und SS war auch eine soziale Rivalität. Die Wehrmachtsoffiziere waren noch stark vom alten preußischen Adel geprägt. Die SS hingegen war das Sammelbecken, in dem vornehmlich Mittelstand und Unterschicht auf ein nationalsozialistisches, rassistisches, klassenloses Ideal eingeschworen wurden.

In Frankreich rekrutierte der SD, der Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS, zahlreiche französische Hilfskräfte. Sie erhielten Gestapo-Ausweise, einige ihrer Vorgesetzten auch SS-Dienstgrade und -Uniformen.

1944 gab es in Frankreich 1800 deutsche Gestapo-Angehörige und 30000 französische Gestapo-Hilfskräfte.

Das schwarze Korps ist kein »Schlüsselroman«. Die Haupt- und Nebenfiguren sind erfunden und haben keinerlei direkten Bezug zu bestimmten historischen Persönlichkeiten. Aber sie bewegen sich in einem bestens dokumentierten Kontext. Was sie tun, was sie denken, was sie sagen, das haben geschichtliche Akteure sehr wohl getan, gedacht, gesagt.

Das »Paris im Festrausch« von 1944, das die Kulisse des Romans bildet, ist bevölkert mit Schriftstellern, Theaterleuten, Damen von Welt, Schauspielerinnen und Schauspielern, Filmemachern, Halbweltdamen, Modeschöpfern, Sängerinnen, Politikern, Verbrechern, Handlangern und deutschen Offizieren. Alle diese Randfiguren (und viele andere aus denselben Zirkeln) haben existiert und treten im Roman unter ihrer wahren Identität auf.

Erzählen heißt Widerstand leisten.

Dominique Manotti

Danksagung

Alfred Eibel hat mich ermuntert, mich mit der französischen Gestapo zu befassen, und mir mein erstes Buch über die Carlingue geschenkt. Jean-Marc Berlière, Historiker mit dem Fachgebiet französische Polizei, hat mich in langen Gesprächen und Briefwechseln an seinem Wissen über diese Zeit teilhaben lassen.

Für diese maßgebliche Unterstützung sei ihnen gedankt, und es versteht sich, dass etwaige Fehler allein mir anzulasten sind. – DM

Das Fotoalbum liegt da, auf dem Tisch, in dunkelrotes Leder gebunden, flaumweich beim Drüberstreichen, etwas abgewetzt, der Falz abgenutzt, die Ecken verknickt. Auf dem Umschlagdeckel drei in Goldbuchstaben eingravierte Namen: François, Jeanne, Isabelle. Man muss es vorsichtig aufschlagen, so zerblättert ist es. Seiten aus dickem, steifem, dunkelgrauem Papier, die man einzeln umschlägt und auf die rechteckige kleine Hochglanzfotos mit gezacktem weißem Rand geklebt sind. Einige sind stärker vergilbt als andere, und bei manchen blättert die Glanzschicht. In einer schönen, festen Schrift ist hier und da mit der Feder ein Name, ein Ort, ein Datum vermerkt. Verblasste schwarze Tinte auf grauem Grund, mit der Zeit kaum mehr lesbar.

Viele Kinderfotos von jedem Alter, in der Wiege, am Strand, krank, beim Kartenspiel unter den Bäumen, im Boot, lesend oder schlafend im Sessel. Um sie herum die Mutter, die Großeltern, aufmerksam, gerührt, stolz, stets ihre Verbündeten. Manchmal, ganz selten, die schmale, sportlich-elegante Gestalt des Vaters. Chronik einer glücklichen Familie.

Auf einer der letzten Seiten vier Fotos beieinander.

März, Hochgebirgslandschaft. Strahlender Sonnenschein über einem sanft abfallenden weiten Schneefeld, in der Ferne eine dunkle Holzhütte, die Mutter, groß, schlank, das Haar unter einem Turban gebändigt, riesige weiße Sonnenbrille, schmal geschnittene kurze weiße Jacke und weite Hose aus schwarzem Wollstoff mit Knöchelbündchen, zieht einen Schlitten, auf dem das Nesthäkchen sitzt. Die beiden älteren Geschwister, François, sechzehn, und Jeanne, elf, in kurzärmeligen Hemden und Pumphosen, mit komischen schwarzen Skibrillen, die fast das ganze Gesicht verdecken, stehen sicher auf ihren Skiern, lächeln in die Kamera. François, kastanienbraunes Haar mit Bürstenschnitt, Grübchen an den Mundwinkeln und ein drittes am Kinn, sprüht vor Übermut und Charme.

Mai, Jeannes feierliche Erstkommunion. Zwei Fotos erinnern an das Ereignis. Auf dem einen steht Jeanne in langem weißem Spitzenkleid, Haube und Schleier aus weißem Tüll, ganz konzentriert allein mitten auf dem Rasen, in den ihre weißen Lackschuhe tief einsinken, und tut so, als läse sie in einem dicken Messbuch, hin- und hergerissen zwischen Andacht und Lachanfall. Auf dem anderen posiert die ganze Familie, der Vater im grauen Anzug, die Mutter in hellem kurzem Rock, Sandalen mit hohem Keilabsatz, die Verwandten, die Freunde, der Pfarrer in Soutane, zum Halbkreis aufgestellt auf den Stufen einer breiten Freitreppe aus weißem Stein mit schmiedeeisernem Geländer. Hinter zwei Geißblattsträuchern, deren schweren Duft man förmlich riechen kann, lässt sich ein imposantes rotes Backsteinhaus erahnen. Auf der untersten Stufe hält das Kommunionkind strahlend ein großes Kohlfuchspony an der Leine, das damit beschäftigt ist, den Rasen abzuweiden. Alle lächeln.

Letztes Foto, unten rechts, ein kleines Mädchen in einem Irisbeet, schulterlange blonde Locken, gesmoktes Kleid mit Puffärmeln, greift mit vollen Händen in die Blumen und riecht daran. Die Mutter hat in ihrer großen, festen Schrift vermerkt: 6. Juni, mein süßes Püppchen Isabelle mit zwei Jahren.

Vier Fotos, und oben auf der Seite eine Jahreszahl: 1944. Wir sind in Frankreich.

1

6.Juni 1944

4266Landungsfahrzeuge begleitet von 700Kriegsschiffen halten auf die Normandieküste zu. Drei Luftlandedivisionen starten von englischem Boden.

Mitternacht. Die ersten Fallschirmjägertruppen landen auf französischem Boden, im Hinterland der für die Landung der Alliierten vorgesehenen Strände.

3:14Uhr. Beginn der systematischen Beschießung der deutschen Küstenverteidigungsstellungen in der Seine-Bucht.

6:30Uhr. Bei mittlerem Seegang beginnt die Landung der englischen und kanadischen Truppen an den Strandabschnitten Gold, Juno und Sword an der Orne-Mündung. Wenig später landen die amerikanischen Truppen an den Küstenabschnitten Utah und Omaha der Halbinsel Cotentin.

Paris, 4Uhr früh. Zwei Citroëns fahren dicht hintereinander im Schritttempo und ohne Licht durch die Avenue Henri-Martin. Die Stadt ist dunkel, verlassen, still bis auf das Rauschen der Windböen in den Kastanien, eine Stadt unter Ausgangssperre. Die beiden Wagen halten leise vor Hausnummer 50, ein vornehmes Wohnhaus, Quaderstein, hohe Fenster und schmiedeeiserne Balkone. Vier Männer steigen aus, schließen geräuschlos die Wagentüren, formieren sich, gegürtete schwarze Ledermäntel, tief in die Stirn gezogene Filzhüte, drei von ihnen tragen eine Maschinenpistole über die rechte Schulter gehängt. Im Gleichschritt überqueren sie den Bürgersteig, bleiben vor einem hohen, schweren, mit Bronzeskulpturen geschmückten Holzportal stehen. Von einem eingezäunten Nachbarvorgarten weht mit jedem Windstoß der Geruch nach Rosen und feuchter Erde herüber. Der Anführer, ein gewisser Loiseau, hochgewachsen, hager, kantiges, zerklüftetes Gesicht, drückt auf die Klingel, hält sie gedrückt. Die Türglocke hallt durch die Stille, dann undefinierbare Geräusche und eine angstvolle Frauenstimme hinter der Tür.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!