DAS STAHLGEWITTER - Horst Pukallus - E-Book

DAS STAHLGEWITTER E-Book

Horst Pukallus

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Beschreibung

1938: Auf der Spur des Unsterblichen Baranow wird T.N.T. Smith in der Sowjetunion als vermeintlicher Agent festgenommen. Nach abenteuerlicher Rettung zieht es ihn mit seiner Ex-Geliebten Grace und einem Volkskommissar in die von Russen und Japanern umkämpfte Mandschurei, wo ihn ein japanischer Vorstoß von seinen Begleitern trennt. Von der Roten Armee gejagt fällt er schließlich den Japanern in die Hände, die ihn für einen Kommunisten halten. Bei ihnen begegnet er dem mysteriösen Unsterblichen Grosvenor, der ihm aus der Patsche hilft und sodann mit Baranow nach Macao entschwindet. Mit Hilfe des Rekordfliegers Gasponi heftet Smith sich an ihre Fersen, doch in Macao warten schon die Angehörigen der SS-Organisation Ragnarök, um Grosvenor und Baranow mit U-Booten zu entführen... T.N.T. SMITH. Die beinharte Science-Fiction-Serie spielt vor der atemberaubenden Kulisse des Zweiten Weltkriegs und führt den Leser in rasanten Abenteuern um die ganze Welt.

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HORST PUKALLUS

T.N.T. Smith, Band 4:

Das Stahlgewitter

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

DAS STAHLGEWITTER 

Das Abenteuer geht weiter! 

 

Das Buch

1938: Auf der Spur des Unsterblichen Baranow wird T.N.T. Smith in der Sowjetunion als vermeintlicher Agent festgenommen. Nach abenteuerlicher Rettung zieht es ihn mit seiner Ex-Geliebten Grace und einem Volkskommissar in die von Russen und Japanern umkämpfte Mandschurei, wo ihn ein japanischer Vorstoß von seinen Begleitern trennt. Von der Roten Armee gejagt fällt er schließlich den Japanern in die Hände, die ihn für einen Kommunisten halten. Bei ihnen begegnet er dem mysteriösen Unsterblichen Grosvenor, der ihm aus der Patsche hilft und sodann mit Baranow nach Macao entschwindet. Mit Hilfe des Rekordfliegers Gasponi heftet Smith sich an ihre Fersen, doch in Macao warten schon die Angehörigen der SS-Organisation Ragnarök, um Grosvenor und Baranow mit U-Booten zu entführen...

T.N.T. SMITH. Die beinharte Science-Fiction-Serie spielt vor der atemberaubenden Kulisse des Zweiten Weltkriegs und führt den Leser in rasanten Abenteuern um die ganze Welt.

Der Autor

Horst Pukallus, Jahrgang 1949.

Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer.

Seit den späten 1960er Jahren veröffentlichte er Kritiken zur SF-Literatur, vor allem in der Zeitschrift Science Fiction-Times. 1974 erschien seine erste Erzählung Interludium. Es folgten u.a. die Story-Sammlungen Die Wellenlänge der Wirklichkeit (1983) und Songs aus der Konverter-Kammer (1985), die Pukallus als einen der vielseitigsten und intellektuell versiertesten deutschsprachigen Genre-Autoren seiner Generation etablierten. Neben seiner Meisterschaft im Metier der Kurzgeschichten/Erzählungen sind auch seine Romane Krisenzentrum Dschinnistan (1985) und Hinter den Mauern der Zeit (1989, zusammen mit Michael Iwoleit) von überragender inhaltlicher und stilistischer Qualität. Zu Recht wird Horst Pukallus mit dem großen amerikanischen SF-Schriftsteller Philip K. Dick verglichen.

Zu seinen herausragenden Übersetzungen aus dem Englischen/Amerikanischen gehören u.a.: Iain Banks: Vor einem dunklen Hintergrund (1998), John Brunner: Morgenwelt (1980), John Brunner: Schafe blicken auf (1978), John Brunner: Der Schockwellenreiter (1979), Philip K. Dick: Kinder des Holocaust (1984), Jack Womack: Heidern (1993) sowie die Deryni-Romane von Katherine Kurtz (1978 – 2000).

In den Jahren 1980, 1981, 1984, 1985 und 2001 erhielt er den Kurd-Laßwitz-Preis für die beste Übersetzung; 1991 erhielt er diese Ehrung für seine Erzählung Das Blei der Zeit.

Horst Pukallus lebt und arbeitet in Wuppertal.

 

Horst Pukallus

DAS STAHLGEWITTER

 

„Es naht das Jahrhundert, in dem Blut in Strömen fließt,

im Herbst der Toten Gebeine weithin auf Feldern bleichen.“ 

 

Aus dem Bundschwur der Faust der Gerechtigkeit und Eintracht 

Jahr des Hundes (1898) 

 

 

1. Kapitel 

 

Am Khalkin Gol, April 1938 (Jahr des Tigers)

 

Es gibt Sachen, überlegt T.N.T. Smith, die dermaßen unwahrscheinlich sind, dass sie eigentlich gar nicht passieren können. 

Aber plötzlich zieht das Schicksal einem Menschen hinterfotzig den Teppich unter den Füßen weg, und sie ereignen sich doch. Nie im Leben hätte er sich träumen lassen, er könnte je in so einer unglaublichen, ja, abwegigen Lage sein. 

Während er aus der Froschsicht an Grace O’Maras Beinen empor schielt, umtanzen ihn unter lauten Ausrufen drei japanische Infanteristen. Zwei Dutzend weitere japanische Soldaten klatschen dazu im Takt. „Geduld, Smith, Geduld“, sagt Grace und blättert, eine 30-mm-Filmrolle unter den Arm geklemmt, in einem Stapel hektographierter Presse-Informationen. „Ich hab’s gleich.“ Leicht umweht ein eleganter, im Augenblick offen getragener Fuchsschwanzmantel ihre schlanke, zierliche Gestalt. Der Russe schneidet lautlos Fratzen und verdreht die Augen. Romantisch schimmert die Sonne des Spätnachmittags auf diese scheinbar volkstümliche Veranstaltung herab, so dass man meinen könnte, hier fände ein heiter-buntes Zusammentreffen von Abordnungen verschiedener Völker statt. 

Doch die Lage ist nicht nur abwegig, sie ist auch ausweglos; sie ist nämlich todernst. Die drei Japaner, die um Smith den Tanz vollführen, stampfen die mongolische Erde fest, in die man ihn bis ans Kinn eingegraben hat, und nahebei stehen nicht nur klatschende Zuschauer, sondern zudem mehrere japanische Panzer. Dem Russen quellen die Augen aus dem Kopf, weil vier Japaner gerade dabei sind, ihn mit Hilfe eines Gürtels und eines Schraubenschlüssels zu erdrosseln. („Messieurs“, tadelt Grace sie, indem sie kurz den Blick aus den Pressemitteilungen hebt und den Kopf schüttelt, „le pauvre suffeur terriblement.“) Und in der Umgegend rumpelt Artillerie-Störfeuer. Die Umstände sind wirklich alles andere als angenehm. 

Dabei waren die letzten Tage so aussichtsreich gewesen. Ein einigermaßen erfreulich verlaufenes Wiedersehen mit Grace O’Mara – der schönen, wunderbaren, so heiß von Smith begehrten Kollegin –, weitgehendes Entgegenkommen der sowjetischen Behörden und Militärs, Freiflüge, Betreuung, Bewirtung, alles was das Herz eines Journalisten nur begehren kann. Fast hätte Smith sich eingebildet, eine Glückssträhne zu haben.  

Die Scholle der ostmongolischen Steppe ist kalt. Im Somon Sumber, dem östlichsten Landesteil der Mongolei, steigt die Tagestemperatur im April selten über 8° Celsius. Schon spürt Smith, dass ihm allmählich sämtliche Glieder absterben. 

Endlich stapfen die drei Soldaten davon, sobald rings um Smiths Hals das Erdreich zu ihrer Zufriedenheit festgetreten ist. Smith hat Dreck in den Augen, aber er sieht, dass der Russe leblos zusammensackt, die Infanteristen den Leichnam fortschleifen, wahrscheinlich zu einem Massengrab. 

Der japanische Offizier, Oberst Kurotora, kommt in seiner eckig-steifen Gangart auf Smith zu. Auf der vernickelten Scheide seines Militär-Katana glänzt roter Sonnenschein, so dass sie wie eine blutige Klinge aussieht. Dichtauf wieselt ihm sein Dolmetscher nach. Kurotora brummt seinem Untergebenen ein paar kehlige Laute zu. 

„Der Oberst lässt letzt Mal fragen, Smith-san“, piepst der Dolmetscher in englischer Sprache, „ob Sie nun haben die Freundlichkeit und wünschen zu machen Geständnis, dass Sie sind bolschewist Agent.“ 

Smith zwinkert und blinzelt gegen Schmutz und Tränen an. „Hören Sie“, ächzt er, „Sie kennen doch die Wahrheit. Ich bin britischer Journalist und eigentlich nur auf der Durchreise. Mein Pass, der Presseausweis, das sowjetische Visum, meine Kreditkarte und die Aussagen meiner Begleitung bestätigen meine Angaben. Was wollen Sie denn sonst noch?“ 

Daraufhin wird Smith von dem Dolmetscher mehrere Sekunden lang durch die dicken Brillengläser regelrecht verständnislos angestarrt. Smith-san“, sagt er schließlich langsam und deutlich, „vielleicht ich habe nicht klar ausgedrückt. Ich bitt sehr höflich, Sie mir gütigst verzeihen. Der Oberst befiehlt: Wenn Sie nicht machen Geständnis, dass Sie sind bolschewist Agent, über Ihren Kopf fährt Panzer. Dann Kopf spritz zu Matsch wie Kürbis.“ 

Smith stößt ein bitteres Auflachen aus. „Ihr Englisch ist nicht übel, ich habe alles kapiert. Aber gestehe ich, werde ich umgenietet, was? Ach, es ist doch einerlei, auf welche Weise ich hier verrecke.“ 

Schnell schnattert der Dolmetscher seinem Vorgesetzten etwas zu. Offensichtlich ist nun Oberst Kurotoras Geduld erschöpft. Er reißt einen Mund voller Goldzähne auf und brüllt mehrere Sätze. Atemwölkchen stieben ihm von den Lippen in die kühle Luft. 

 „Der Oberst sagt, Sie sehr unklug, gomen nasai, Smith-san. Er sagt, er schon 1920 hat einig bolschewist Agent verheizt in Lokomotive.“ Dem Dolmetscher zittert das Kinn. „Er red kein Scherz. Tai-ken sumimasen, Smith-san. Ich Ihnen raten, o-negai shi-masu, Sie machen Geständnis. Dann vielleicht der Oberst Ihnen vorschlag Kollaboration.“ 

„Zum Donnerwetter“, schreit Smith, „ich gestehe doch nichts, was nicht wahr ist!“, Es ist einfach grässlich, dass Militärs überall auf der Welt gleich bescheuert sind. „Als Journalist bin ich der Wahrheit verpflichtet. Er soll sich den Panzer mit dem Rohr voran in den Hintern stecken!“ 

Nun wird der bedauernswerte Dolmetscher etwas blass. „Sore ja, de wa“, nuschelt er, „shikata ga arimasen...“ Er wendet sich Oberst Kurotora zu, vollführt eine zackige Verbeugung und erklärt ihm Smiths Standpunkt. 

Der Offizier würdigt Smith keines weiteren Blicks. Auf dem Absatz dreht er sich um. Smith kann es nicht genau erkennen, doch anscheinend gibt der Oberst einen Wink. An Graces Halbstiefeln vorbei sieht Smith, dass ein Japaner in lederner Kluft sich auf den nächst stehenden Panzer schwingt und durch eine Luke hinein steigt. 

Gleich darauf hört man den Anlasser leiern. Der Motor rattert. Kurotora und sein Dolmetscher schlendern beiseite. 

Nun ist es also so weit, denkt Smith. Er muss aus der schnöden Welt scheiden. Er merkt, dass ihm das Blut vollends in den Adern stockt. Wenigstens ist in seinem letzten Stündlein Grace bei ihm. 

„Ach, da steht es ja.“ Aufgeregt schwenkt Grace den Stapel Pressemitteilungen. „Du brauchst dir nicht den Kopf zu zerbrechen, Smith, hier lese ich’s schwarz auf weiß: Die Japaner haben keine Panzer von achtzehn Tonnen Kampfgewicht.“ 

 

Dabei ist es auf der Welt, als Smith sie, wie es den Anschein hat, verlassen muss, gerade ziemlich aufregend geworden. Er hat einen der Unsterblichen quer durch Europa verfolgt: Alexander Baranow, Ex-Offizier des Zaren. Über Baranow, der sich Budrys nennt, allerdings noch viel mehr falsche Pässe hat, hoffte er Cedric Grosvenor wieder zu finden, den Chef der Unsterblichen-Clique. 

Wenigstens der überlebenden Unsterblichen. Gilbert Castello und Piotr Drabek sind tot; geradeso scheißtot wie jeder tote Sterbliche. Die Unsterblichen, hat Baranow kürzlich im Orient-Express Smith erklärt, sind nämlich eigentlich gar nicht unsterblich, sie „werden nur sehr alt.“ 

Dadurch ändert sich nichts daran, dass es als erstrebenswert gilt, ihr Geheimnis zu lüften. Diese Tatsache hat das lange Ferngespräch bestätigt, das Smith in Wien mit seinem Londoner Chef Mr. Castle führte, dem Verleger der World. Seit Monaten leistet Smith kaum noch journalistische Arbeit, schickt nur die Fortsetzungen seines vornehmlich aus den Fingern gesaugten und auf fremdsprachige Reiseliteratur gestützten „Reiseberichts aus Nepal“ nach London. Dennoch übermittelte Castle ihm umgehend per telegraphischer Geldanweisung zweihundertfünfzig Britische Pfund. 

Dank Mr. Castles ausgezeichneten Verbindungen zur Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission in Wien suchte schon ein paar Stunden nach dem Ferngespräch ein Bote Smith in der billigen Absteige auf, in der er ein Zimmer gemietet hatte. (Baranow wohnte natürlich im hochfeinen Edelhotel „Kaiser Ferdinand“.) 

Ringsum keiften Nutten, zankten Freier und brüllten Loddel herum; unterdessen las Smith, während er einen grässlichen Åch’lputz verzehrte, Kopien von Aktenteilen und erfuhr Neues über Cedric Grosvenor. 

Die Unterlagen ergaben keinen vollständigen Lebenslauf des 1810 in Manchester geborenen Grosvenor, der häufig auch unter den Namen Elmer Harris oder Bruce Harris auftrat, schlossen aber etliche Wissenslücken. Zwischen 1863 und 1872 baute er in Australien eine Reederei auf und erwarb beträchtlichen Reichtum. (Wahrscheinlich hat er dafür, vermutet Smith, seinen Anteil aus der zusammen mit seinen Legionskameraden 1837 geraubten Soldkasse investiert.) 1873 ließ er sich in Casablanca nieder. Ab 1890 kennt man ihn in Südostasien, wo er in den Waffenhandel einstieg. Seit 1932 hat Grosvenor in den USA und im Nahen Osten die Finger in erheblichem Umfang auch im Ölgeschäft. 

1925 beteiligte sich an Grosvenors in Tripolis ansässiger Firma Trafalgar S.A. ein gewisser Sascha Budrys – also niemand anderes als Alexander Baranow! Infolgedessen lag für Smith die Schlussfolgerung nahe, dass die beiden Männer sich, wenn Baranow ostwärts reist, irgendwann zu Absprachen oder gemeinsamen Unternehmungen treffen. 

Zwar hatte Smith noch Baranows gefälschten Pass in Besitz, der auf den Namen Jean-Paul Lafleur lautete – und seinen Koffer mit Kleidung -, war aber der Meinung, damit nicht weit zu gelangen. Für den Fall, dass Baranow in die UdSSR fuhr – und den Verdacht hegte Smith schon seit Klagenfurt -, hat er Mr. Castle zudem gebeten, für ihn telegraphisch bei der sowjetischen Gesandtschaft in Wien ein Visum zu beantragen und Eilbearbeitung zu erbitten. 

Erfreulicherweise ist dem Gesuch seitens der UdSSR entsprochen worden. Als alter Antimonarchist hat Smith anfangs der 30er Jahre in verschiedenerlei Zeitungen, darunter auch österreichischen Blättern, ein paar ironische Glossen über die unappetitlichen Umtriebe expatriierter russischer Adeliger veröffentlicht. Offenbar ist er dadurch in guter Erinnerung geblieben. Am nächsten Tag konnte er das Visum im britischen Konsulat abholen. Baranows falschen Pass schnitt Smith in Schnipsel und spülte sie im Hotel das Wasserklosett hinab. 

Bei der fortgesetzten Verfolgung Baranows – zum Glück traf Mr. Castles Geld ein, bevor der Russe die Weiterreise antrat – betrug sich Smith überaus vorsichtig. Wohl hat er Baranow als leutseligen Zeitgenossen kennengelernt; seinem Gedächtnis war allerdings keineswegs entfallen, dass Baranow auf dem Parkplatz der SS-Schulungsherberge am Loibl-Pass nach der Erschießung Drabeks auch ihn mit Blei zu durchsieben beabsichtigt hatte.