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"Das Topinambur Buch" ist eine umfassende Darstellung dieser außergewöhnlichen Pflanze. Beginnend mit einer faszinierenden Reise durch die Geschichte seiner Entdeckung, wird die Leserschaft durch die vielschichtigen botanischen Merkmale, den ökologischen Wert und vor allem seine gesundheitliche Bedeutung dieser einzigartigen Knolle geführt. Fundierte Informationen Das Buch liefert nicht nur fundierte Informationen über Topinambur, sondern bietet auch detaillierte Anleitungen für den erfolgreichen Anbau im heimischen Garten sowie dessen Anwendungen in der Landwirtschaft, der Wildtierpflege und in nachhaltigen Anbauprojekten. Anwendung für die Gesundheit Ein zentrales Thema des Buches ist die Bedeutung des Topinamburs für die Gesundheit und die Anwendung in der modernen Küche. Das Buch präsentiert eine sorgfältig kuratierte Sammlung an Rezepten, die die kulinarische Flexibilität und den einzigartigen Geschmack des Topinamburs hervorheben. Darüber hinaus werden die zahlreichen gesundheitlichen Vorteile, die diese Pflanze bietet, durch die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse belegt und praktische Ratschläge gegeben, wie Topinambur zur Verbesserung des persönlichen Wohlbefindens vor allem bei Diabetes und Diät beitragen kann. Mit über 140 Seiten, bereichert durch anschauliche Fotografien und praxiserprobte Empfehlungen, ist dieses Buch ein unverzichtbarer Begleiter für jeden, der sich für die nachhaltige Landwirtschaft, bewusste Ernährung und die Erkundung gesunder Lebensmittel interessiert. "Das Topinambur Buch" von Georg Lindl ist nicht nur ein Ratgeber, sondern auch eine Inspirationsquelle, die dazu einlädt, die vielfältigen Möglichkeiten dieser bemerkenswerten Pflanze zu entdecken und zu nutzen
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Seitenzahl: 113
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Hinweise
Einleitung
Eine Pflanze mit Geschichte
Botanische Betrachtung
Anbau, Pflege und Ernte
Gesund leben mit Topinambur
Topinambur in der Ernährung
Topinambur in Garten und Natur
Topinambur in der Landwirtschaft
Sonderbereiche
Rezepte
Zukunftsperspektiven
Abbildungsverzeichniss
Literaturverzeichniss
© 2024
Die Topinambur Manufaktur
Georg Lindl
Riedhirsch 190
D- 88178 Heimenkirch / Allgäu
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Dieses Buch wurde nach bestem Wissen und Gewissen unter Verwendung zuverlässiger Quellen und sorgfältiger Recherche erstellt. Die Inhalte dienen ausschließlich der Information und sind nicht als medizinische Beratung zu verstehen. Der Autor übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Informationen. Bei gesundheitlichen Fragen oder Beschwerden sollte stets professioneller medizinischer Rat eingeholt werden.
Die digitale Version dieses Buches darf nicht ohne Zustimmung des Autors modifiziert, an Dritte weitergegeben oder für kommerzielle Zwecke verwendet werden.
Eigenverlag: Die Topinambur Manufaktur
1. Auflage 2024
ISBN Print 978-3-98970-013-0
ISBN E-Book (EPUB) 978-3-98970-014-7
IBAN E-Book (mobi) 978-3-98970-015-5
Georg Lindl ist Landwirt und Inhaber der Topinambur Manufaktur (www.topinambur-manufaktur.de), er ist gelernter Gärtner und studierte in Weihenstephan Landschaftsarchitektur. Die Liebe zu Topinambur entstand durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema alternative Landbewirtschaftung. Bei der Suche nach einer biologischen und wirtschaftlichen Landnutzung für eine kleine Landwirtschaft im Allgäu auf 700 m Höhe stieß er dabei auf diese faszinierende Pflanze.
Ein entscheidender Moment war die Beschaffung des ersten Topinamburs für den eigenen Betrieb von Kurt Marquart in Müden an der Örtze. Herr Marquardt führte den Betrieb von Dr. G.A. Küppers-Sonnenberg, einem wichtigen Förderer von Topinambur nach dem Zweiten Weltkrieg, fort. Küppers-Sonnenbergs Buch „Topinambur–Anbau und Nutzungsmöglichkeiten" von 1946 war ein Schlüsselwerk, das half, das Wissen um den Anbau dieser Pflanze zu bewahren. So konnte wertvolles Wissen weitergegeben und eine gute Basis für die Landwirtschaft gelegt werden Weitere wertvolle Verbindungen knüpfte der Autor auch über die Europäische Topinamburgesellschaft e. V. mit Experten wie Prof. Bärwald, Frau Stolzenburg und Herrn Brunner.
Die 2008 ins Leben gerufene Topinambur Manufaktur hat sich zum Ziel gesetzt, umfassend über Topinambur zu informieren und dessen Bekanntheit zu steigern. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Kunden – darunter Diabetiker, ernährungsbewusste Personen, Gartenliebhaber, Jäger und Pferdebesitzer – motivierten Lindl, seine Erkenntnisse und Erfahrungen in einem Buch zusammenzufassen.
Abb. 2. Georg Lindl, Die Topinambur Manufaktur.
Als wir vor über 20 Jahren das erste Mal Topinambur auf unserem Bio-Bauernhof im Allgäu angebaut haben, wussten wir noch nicht, wohin uns das alles führen würde. Viele hielten uns für verrückt, auf eine Pflanze zu setzen, deren Namen kaum auszusprechen ist und die nahezu unbekannt ist. Doch kam alles ganz anders …
Durch die vielen interessanten Begegnungen, guten Erfahrungen und eigenen Erkenntnisse begeisterten wir uns immer mehr für diese faszinierende Pflanze. Wir erhielten so viele positive Rückmeldungen von unserer Kundschaft über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Pflanze, dass es uns oft in Erstaunen versetzte, was die Pflanze alles kann.
Mit der Zeit haben wir ein umfangreiches Wissen erworben, das sowohl auf Erfahrungen, Recherchen als auch auf unzähligen Gesprächen über Topinambur beruht. Wir haben eine Vielzahl wissenschaftlicher Abhandlungen aus dem In- und Ausland gesichtet und ausgewertet. Die Menge an spannenden Ergebnissen und positiven Berichten macht es umso verwunderlicher, wie unbekannt und wenig beachtet dieses Wunder der Natur ist. In Deutschland wird Topinambur unbegreiflicher Weise als „vergessenes Gemüse“ gesehen.
Unsere Liebe zu Topinambur wurzelt in seiner bemerkenswerten Vitalität und seiner Vielfalt, die uns immer wieder aufs Neue begeistert. Neben der erfreulich einfachen Anbauweise ist er unglaublich gesund und bietet eine Fülle an Verwendungsmöglichkeiten. Topinambur ist eine klassische Mehrnutzungspflanze und bietet in den unterschiedlichsten Bereichen Vorteile, die weit über die eines „normalen“ Gemüses hinausreichen.
Mit diesem Buch möchte ich dazu beitragen, Topinambur aus der Vergessenheit zu führen und den wahren Wert und die Bedeutung für die Gesundheit und die Ernährung zu verdeutlichen. Außerdem soll es ein Praxisleitfaden und ein Kompendium über alles Wissenswerte rund um die Pflanze sein. In Zeiten des Klimawandels und zahlreicher Ernährungskrisen hat diese Sonnenblumenart viel mehr Potenzial zu bieten als gemeinhin bekannt.
Georg Lindl
Frühjahr 2024
Ich freue mich über Rückmeldung und konstruktive Kritik unter [email protected]
Im Folgenden beleuchten wir die Geschichte des Topinamburs in Europa und seine gesellschaftliche Anerkennung. Diese Pflanze, die seit über 400 Jahren in Europa bekannt ist, birgt zahlreiche faszinierende Aspekte. Es wird dargestellt wie es dazu kam, dass der Topinambur, trotz seines Wertes, in Vergessenheit geraten konnte.
Topinambur (Helianthus tuberosus) ist eine mehrjährige, knollenbildende Pflanze mit bis zu 4 m Höhe. Die Pflanze, ein Mitglied der Familie der Sonnenblumengewächse, ist für ihre strahlend gelben Blüten bekannt. Sie hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet in den Prärien der östlichen und zentralen Bereiche der USA sowie in den südöstlichen Bereichen Kanadas.
Die Prärien sind weite, offene Graslandschaften mit mehr oder weniger fruchtbaren Böden und geringem Baumbewuchs. Das kontinentale Klima mit seinen ausgeprägten Jahreszeiten, strengen und kalten Wintern und heißen, zum Teil trockenen Sommern, kennzeichnen diese Landschaft. Die Pflanzen gedeihen dort unter verschiedensten, zum Teil auch extremen Temperaturen und Niederschlagsbedingungen.
Abb. 3: Topinambur in seinem natürlichen Lebensraum, der Prärie Nordamerikas.
Die indigene Bevölkerung nutzte die Prärie als Lebensgrundlage und Topinambur mit seinen nahrhaften Wurzelknollen als Nahrungsmittel. Es gibt Berichte, laut denen die indigene Bevölkerung die appetitzügelnde Wirkung der Knollen vorwiegend auf weiten Wanderungen zu schätzen wusste.
Der französische Hofgeograf Samuel de Champlain stieß um das Jahr 1605 nahe Cape Cod in Nouvelle France, dem Gebiet der heutigen Nordostküste der Vereinigten Staaten, zufällig auf die Topinambur-Pflanze. Während seines Aufenthalts in der Region des Sankt-Lorenz-Stroms sahen er sich und seine Kolonialisten einem harten Winter gegenüber, in dem Nahrungsmittel äußerst knapp waren und die Ernährungssituation kritisch wurde. Da er ein freundschaftliches Verhältnis zu den einheimischen indigenen Stämmen, die in der Nähe lebten, führte, machten diese de Champlain auf Topinambur aufmerksam und halfen ihnen so, eine schwere Hungersnot zu überstehen.
Vermutlich handelte es sich um Angehörige der Algonkin Indigenen, die diese Knolle noch heute „Sonnenwurzel” bzw. „Sunroot” nennen. Die Begegnung mit Topinambur spielte eine wesentliche Rolle für das Überleben der Kolonialist:Innen und markiert einen bedeutenden Moment in der Geschichte der Entdeckung und Nutzung dieser Pflanze.
Abb. 4. Samuel de Champlain brachte die Topinambur um 1607 nach Frankreich.
Um das Jahr 1607 erreichten an Bord eines Forschungsschiffes von der Nordostküste Nordamerikas einige Topinamburknollen Frankreich. Diesem Transport war ein Schreiben an König Heinrich IV. von Frankreich beigelegt, in dem die entscheidende Rolle der Topinamburknollen für das Überleben der französischen Kolonialist:Innen am Sankt-Lorenz-Strom unter Samuel de Champlain dargelegt wurde.
Angesichts dieser überlebenswichtigen Bedeutung entschied man sich, die „Wunderknollen” in den königlichen Gärten anzubauen, um ihre außergewöhnlichen Eigenschaften zu erforschen und zu bestätigen.
Zu dieser Zeit war der Zugang zu Topinambur exklusiv dem französischen Hochadel und einigen Gelehrten vorbehalten. Durch diese Exklusivität entwickelte sich die Knolle schnell zu einer begehrten Delikatesse. Derweil versuchte das gemeine Volk, sich durch Diebstahl und illegale Entnahme Zugang zu dieser „Wunderknolle“ zu verschaffen. Diese Praktiken und die beschränkte Verfügbarkeit führten dazu, dass Topinambur lange Zeit als eine exquisite Delikatesse der Reichen angesehen wurde, deren Konsum ein Symbol für Status und Privileg war.
In den Niederlanden kultivierte der Dichter, Botaniker und Prediger Petrus Hondius auf seinem Anwesen De Moufeschans einen beeindruckenden botanischen Garten. Dieser Garten war bekannt für seine Sammlung seltener und neu entdeckter Gemüsesorten. Hondius, der als einer der Ersten in den Niederlanden Topinambur anbaute, bezeichnete diese Pflanze als „Batate canadensis" (zu Deutsch: kanadische Kartoffel) oder "Artischocke unter der Erde". Er war zudem einer der ersten, der experimentelle Kreuzungen zwischen Kartoffeln und Topinambur durchführte.
Abb. 5. G. Caillebotte Les jardiniers 1875.
Über die eigentliche Ankunft des Topinambur in Europa gibt es eine weitere Version. In dem Buch “Topinambur” von F.A. Pinkert (1861) wird die Ankunft von Topinambur in Europa um 1617 vermutet. In dieser Version wurden mit der Ankunft von Sir Francis Drake einige Knollen vermutlich zuerst nach Irland und von dort später nach England gebracht. Welche Version der Wahrheit entspricht, kann nicht genau geprüft werden. Allerdings steht fest, dass Topinambur vor über 400 Jahren seinen Weg aus Nordamerika nach Europa gefunden hat.
Die Bezeichnung „Topinambur" entstand laut verschiedenen Quellen um 1613 in Frankreich. Zu dieser Zeit etablierte sich die Pflanze zusehends in Europa. Gleichzeitig befand sich eine Delegation des indigenen Volkes der Tupinambas aus Brasilien zu Verhandlungen am französischen Hof. Ihnen zu Ehren, und zur Betonung der Bedeutung der Verhandlungen, wurde laut diesen Quellen das "neue Gemüse" aus Nordamerika auf den Namen Topinambur getauft. Diese Bezeichnung hat sich in Europa für Helianthus tuberosus bis heute etabliert.
Alternativ wird Topinambur auch als Jerusalem Artischocke bezeichnet. Über diese Namensherkunft gibt es unterschiedliche Berichte. Zum einen galt Topinambur für lange Zeit als wichtiges Nahrungsmittel für die Pilger in Amerika, die sich auf ihren Trecks von der Ost- an die Westküste quer durch Nordamerika bewegten. Topinambur war Nahrung für die Puritaner im “neuen Jerusalem”, dem Land der Verheißung. Daraus, so eine Erzählung, hat sich der Name Jersualem Artichoke gebildet, der noch heute in Amerika geläufig ist.
Eine andere Erzählung beschreibt die Benennung der Knollen durch italienische Auswanderer in Nordamerika als „Girasole”, was im italienischen so viel wie “mit der Sonne gehen” bedeutet. Unterschiede in Dialekt und Betonung, vor allem der englischsprachigen Einwanderer in Amerika, haben aus „Girasole” sprachlich “Jerusalem” gemacht.
Zusammenfassend ist Topinambur unter eine Vielzahl von Bezeichnungen bekannt und wird im englischsprachigen Raum vor allem als „Jerusalem artichoke” oder „sunroot” bezeichnet. In Deutschland gibt es zudem noch geläufige Bezeichnungen wie Erdbirne, Diabetikerkartoffel, Indianerkartoffel, Rossapfel, Rossler, Erdartischocke, Borbel, Erdsonnenblume, Ewigkeitskartoffel und Knollensonnenblume.
Vielleicht auch durch seine faszinierende Entdeckungsgeschichte und die Erzählungen über seine lebensrettenden Eigenschaften gewann der Topinambur rasch an Popularität in Europa. Bereits um 1613 wurde er in den Niederlanden eingeführt, gefolgt von Italien im Jahr 1614 und England im Jahr 1617, wo er bald als Nahrungsmittel geschätzt wurde. Circa um das Jahr 1626 fand der Topinambur schließlich auch seinen Weg nach Deutschland, wo er sich schnell als ein wesentliches Nahrungsmittel etablierte.
Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde der Topinambur in Europa verbreitet und als wertvolles Nahrungsmittel sowohl für den menschlichen Verzehr als auch als Viehfutter genutzt. Seine leichte Anbaufähigkeit und die nährstoffreichen Knollen trugen zu seiner schnellen Akzeptanz und Verbreitung bei. So entwickelte sich der Topinambur von einer exotischen Neuheit in den königlichen Gärten zu einem festen Bestandteil der europäischen Landwirtschaft und Ernährung.
Parallel zur Verbreitung des Topinambur in Europa trat die Kartoffel ihren Siegeszug an. Die bereits seit 1596 in England angebaute Kartoffel wurde einige Jahre früher in Europa kultiviert und hatte dadurch einen Vorsprung. Beide Pflanzen, Topinambur und Kartoffel standen in Konkurrenz zueinander. Topinambur war leichter zu kultivieren als die Kartoffel und aufgrund seiner Anspruchslosigkeit gegenüber der Bodenart und der Bodenfruchtbarkeit beliebter. Entscheidend für die Etablierung als Grundnahrungsmittel waren aber vor allem der Nährstoffgehalt und die Lagerfähigkeit.
Die Kartoffel hat einen mehr als doppelt so hohen Energiewert wie Topinambur und die dicke Schale der Kartoffel macht diese sehr lagerfähig. Diese beiden Vorteile haben dazu geführt, dass sich die Kartoffel trotz der Nachteile im Anbau gegenüber dem Topinambur stärker durchgesetzt und etabliert hat. Dieser Konkurrenzkampf im 17. Jahr. zwischen dem Erdapfel und der Erdbirne wird auch als „Kartoffelkrieg” bezeichnet. Diese Entwicklung wird im folgenden beschrieben.
Starke Konkurrenz und Hungersnöte
Historisch gesehen spielte Topinambur hauptsächlich in Krisenzeiten eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Bevölkerung. Große Hungersnöte wie im Dreißigjährigen Krieg wurden durch Topinambur gemildert, aber die höhere Energiedichte und die größeren Erträge der Kartoffel verdrängten Topinambur zusehends. Friedrich der Große erließ 1746 anlässlich einer Hungersnot in Pommern seinen ersten Kartoffelerlass, in dem er die bäuerliche Bevölkerung dazu aufrief, intensiv Kartoffeln anzubauen. Es folgten insgesamt 15 Erlasse, die dem König auch den Beinamen „Kartoffelkönig” einbrachten. Im Zuge dessen wurde Topinambur zusehends unbedeutender und überwiegend als Viehfutter angebaut. Der für Topinambur auch gebräuchliche Name Rossapfel spiegelt diese Entwicklung wider.
Abb. 6: Kartoffelrevolution. 1848 Bild von Vinzenz Kratzer.
Während der großen Hungersnot in Irland 1845 bis 1849, die aufgrund der Kartoffelfäule und der daraus folgenden Missernten bis zu eine Millionen Tote und ca. zwei Millionen Emigranten hervorbrachte, rückte Topinambur erneut in den Fokus und wurde wieder verstärkt angebaut. Parallel zur Hungersnot in Irland waren auch die Missernten der Kartoffel in Deutschland gravierend, sodass es im April 1847 in Berlin zur Kartoffelrevolution kam. Vor allem die einfache Bevölkerung litt Hunger. Daher waren in den Jahren 1840 bis 1850 Hungerrevolten die häufigste Protestform in Deutschland.
Stellvertreterin der kranken Kartoffel 1848.
1848 erschien das Buch „Die Topinambur als Stellvertreterin der kranken Kartoffel” von Louis Gustav Nesslen mit dem gezielten Aufruf, Topinambur zu Zeiten von Missjahren als Ersatzpflanze für Kartoffeln für die menschliche Ernährung anzubauen.
Ein halbes Jahrhundert später (ca. 1898) wird Topinambur im Handbuch für Landwirtschaft von Johann Adam Schlipf nur noch als Viehfutter empfohlen. Das ist darauf zurückzuführen, dass Züchtungen Resistenzen gegen die Kartoffelfäule hervorbrachten . Somit gewann die Kartoffel erneut an Bedeutung für die Grundernährung der Bevölkerung.
Zu dieser Zeit wird vor allem im Badischen, im Elsass und in der Pfalz Topinambur angebaut. Die Knollen finden überwiegend als Viehfutter und zum Schnapsbrand Verwendung. Vor dem Ersten Weltkrieg konnte man Topinambur vorwiegend nur noch als Winterdelikatesse in den Großstädten kaufen.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere während der beiden Weltkriege, erlebte Europa eine signifikante Verschlechterung der Lebensmittelversorgung, teilweise bedingt durch die Ausbreitung des aus Nordamerika stammenden Kartoffelkäfers. Dieser Schädling, der erstmals im Ersten Weltkrieg auftrat, führte zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Kartoffelernten.