Das vierte Evangelium aus Sicht der semitischen Sprachen - Clemens Wassermann - E-Book

Das vierte Evangelium aus Sicht der semitischen Sprachen E-Book

Clemens Wassermann

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Beschreibung

Dieses Buch untersucht den Einfluss semitischer Sprachen im vierten Evangelium. Erstmalig wurden arabische und aramäische Dialekte der westlichen Levante zur Feststellung von umgangssprachlichen Einflüssen innerhalb der Semitismen des vierten Evangeliums herangezogen. Aufgrund einer eingehenden Untersuchung von 54 semitischen Transliterationen und 704 semitischen Syntagmen wird der bisherige Konsens hinterfragt, dass das Hebräische zur Zeit Jesu nur noch eine Kunst- und/oder Gelehrtensprache war, das Aramäische dagegen die alltägliche Umgangssprache. Insbesondere die häufige Verwendung von anti-/synthetischen Hebraismen, die eine große Nähe zum alttestamentlichen Sprachgebrauch im Buch Sprüche und in geringerem Maße auch in Ben Sira aufweisen, legt eine Frühdatierung und einen judäischen Ursprung des vierten Evangeliums nahe. Durch die Verwendung aktueller Quellen aus Qumran und der judäischen Wüste sowie durch Einbeziehung elektronischer Syntaxdatenbanken wird ein wesentlich genaueres Bild der Semitismen im vierten Evangelium gezeichnet als in bisherigen Studien. [The Fourth Gospel from the Point of View of the Semitic Languages. A Linguistic Contribution to the Clarification of the Johannine Question] This book investigates the influence of Semitic languages in the fourth Gospel. For the first time Arabic and Aramaic dialects from the western Levant region were taken into account in order to better identify colloquial features within the Semitisms of the fourth Gospel. Based on a thorough investigation of 54 Semitic transliterations and 704 Semitic syntagms, the former consensus, namely that Hebrew was only an artificial literary and/or scholarly language in the time of Jesus, whereas Aramaic was the daily colloquial language, is questioned. In particular, the frequent use of anti-/synthetical Hebraisms, which stand closely in line with the Old Testament book of Proverbs and to a lesser extend also with Ben Sira, favour an early dating and Judean provenance of the fourth Gospel. Through the employment of recent sources from Qumran and the Judean Desert as well as the incorporation of electronic syntax databases, a more precise and refined picture of Semitisms in the fourth Gospel is traced than in previous studies.

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ARBEITEN ZUR BIBEL UND IHRER GESCHICHTE

Herausgegeben von

Beate Ego, Christof Landmesser,

Udo Schnelle und Andreas Schüle

Band 65

Clemens Wassermann

DAS VIERTE EVANGELIUM AUS SICHT DER SEMITISCHEN SPRACHEN

EIN LINGUISTISCHER BEITRAG ZUR KLÄRUNGDER JOHANNEISCHEN FRAGE

Clemens Wassermann, Dr. theol., Jahrgang 1979, ist Dozent für Neues Testament an der EUSEBIA School of Theology (ESTh) Stuttgart und lehrt in den Sprachen des Alten Testaments. Er studierte Evangelische Theologie, Orientalistik und Semitistik in Tübingen, Princeton und Heidelberg. 2018 wurde er im Bereich Altes Testament/Neues Testament an der Evangelische Theologische Faculteit (ETF) Leuven promoviert.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische

Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2020 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Cover: Zacharias Bähring, Leipzig

Satz: Clemens Wassermann, Winterbach

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2020

ISBN 978-3-374-06461-8

www.eva-leipzig.de

Meinem Vater und Großvater

(Johannes 15,16)

VORWORT

Der grundlegende Ansatz zu dieser Forschungsarbeit reifte im Herbst/Winter 2010 während eines fünfmonatigen Aufenthaltes im Libanon, dem Land, in dem bereits mein Großvater als Missionar tätig war und mein Vater aufwuchs. Während der regnerischen Wintermonate beschäftigte ich mich dort erstmals intensiv mit den semitischen Transliterationen des Neuen Testaments anhand des griechischen Wörterbuches von Bauer-Aland und der Grammatik des jüdisch-palästinischen Aramäisch von Gustaf Dalman. Dabei fielen mir erste Parallelen zur gegenwärtigen libanesischen Umgangssprache auf. Der beginnende arabische Frühling führte allerdings bald darauf zur Rückkehr nach Deutschland. Jedoch beschäftigte mich weiterhin die Frage, ob und wie ich die im Libanon gemachten sprachlichen Beobachtungen weiterentwickeln könnte.

Im Herbst 2013 begann dann die intensive Forschungstätigkeit an der Evangelisch-Theologischen Fakultät Leuven (ETF), Belgien, zur Frage neutestamentlicher Semitismen im vierten Evangelium unter der Betreuung von Prof. Geert W. Lorein, einem ausgezeichneten Kenner der Texte vom Toten Meer sowie der alttestamentlichen Literatur der zweiten Tempelzeit. Ihm möchte ich an dieser Stelle sowohl für seine freundliche Aufnahme als auch die unvoreingenommene, fachkundige und beherzte Betreuung meines nicht ganz einfachen Dissertationsvorhabens danken. Neben Prof. Lorein arbeitete ich in der Anfangsphase meiner Dissertation auch unter der Betreuung von Prof. Gie Vleugels, der aber leider bereits nach dem ersten Jahr gesundheitsbedingt ausschied. Er ermutigte mich jedoch meine grundlegenden Kenntnisse der altsyrisch-christlichen Literatur weiter auszubauen und in diese Forschungsarbeit einzubringen.

Im zweiten Teil der Promotionsphase konnte ich dann Prof. Shabo Talay von der Freien Universität Berlin als Co-Promotor gewinnen. Auch Prof. Talay danke ich herzlich für seine freundliche, intuitive und sprachkundige Zweitbetreuung. Er verhalf mir insbesondere dazu, einen korrektiven Blick auf die semitischen Sprachen zu werfen, der über das hinausgeht, was in den Grammatiken geschrieben steht. Neben meinen wissenschaftlichen Betreuern war aber auch der Austausch mit meinen Studienkollegen und weiteren Dozenten an der ETF sehr hilfreich. Insbesondere möchte ich hier Dr. Boris Paschke, Dr. Jermo van Nes, Dr. Andy Messmer, Dr. Yevgeny Ustinovich, Dr. Daniel Gleich, Prof. M. Webber, Prof. J. Kok, Prof. A. Baum, Prof. W. Creighton Marlowe, Prof. H. Stadelmann und Prof. H. Wenzel für interessante und anregende Gespräche danken.

Darüber hinaus waren für diese interdisziplinäre Studie weitere Forschungskontakte notwendig. Wegbereitend war hierfür ein einjähriger Studienaufenthalt in Heidelberg am Seminar für Semitistik mit mehreren hilfreichen Vorlesungen von Dr. G. W. Nebe, Prof. W. Arnold und Dr. U. Seeger, sowie ein Gastvortrag an der Hochschule für Jüdische Studien von Dr. Noam Mizrahi, jetzt Prof. an der Universität Tel-Aviv. Weitere wichtige Forschungskontakte waren außerdem Prof. Uri Mor von der Ben-Gurion-Universität in Beer-Sheva und Prof. Abraham Tal von der Universität Tel-Aviv. Bei spezifischen Fragen zum Griechischen nahm ich Kontakt zu Prof. Hannah M. Cotton von der Hebrew University Jerusalem, Prof. Andrea Jördens vom Institut für Papyrologie in Heidelberg, Prof. Albert Rijksbaron von der Universität Amsterdam und Dr. Georg Walser in Schweden auf. Ihnen allen sei an dieser Stelle für ihre geduldige und kompetente Beantwortung meiner Fragen gedankt. Für weitere Hilfestellungen bei der Einarbeitung in die computergestützten Syntaxdatenbanken von Accordance danke ich Prof. R. D. Holmstedt von der University of Toronto. Des Weiteren danke ich Prof. Wido Th. van Peursen und seinem ganzen Team der Werkgroep Informatica an der Freien Universität Amsterdam, sowie besonders deren Systemadministrator Herrn Constantijn Sikkel, der mir einen Zugang auf dem VU-Forschungsserver einrichtete und zahlreiche Fragen zur Erstellung, Ausführung und Auswertung von Suchanfragen in den ETCBC- und synvar-Syntaxdatenbanken beantwortete.

Schließlich danke auch ich meinem Arbeitskollegen, Dr. habil. Markus Piennisch, für einige hilfreiche strukturelle Hinweise. Vor allem möchte ich aber meinen lieben Eltern danken, die mein Forschungsinteresse schon während meiner Studienzeit in Tübingen vorbereitet und auch durch schwierige Situationen hindurch erhalten und gefördert haben.

Zuletzt möchte ich natürlich auch noch in besonderer Weise meiner lieben Frau und unseren Töchtern danken, die während der Promotionsphase viele Entbehrungen auf sich genommen haben und mir immer wieder das Ziel des baldigen Abschlusses dieser Arbeit vor Augen stellten. Allen weiteren Wegbegleitern, die außerdem vordergründig oder hintergründig zum Gelingen beigetragen haben, sei an dieser Stelle ebenso gedankt, allermeist aber dem treuen und freundlichen HERRN, der mich bis hierher gebracht hat.

Soli Deo Gloria

Für die Druckfassung wurden ausgehend von zwei Leserrezensionen von Dr. G. W. Nebe und Dr. A. Hogeterp sowie dem Lektorat von Frau S. Ritter noch weitere Präzisierungen, Korrekturen und Nachträge eingearbeitet. Dass diese Forschungsarbeit nun auch im Buchhandel erscheinen kann und einer weiteren Leserschaft zugänglich wird, verdanke ich der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig, sowie den Herausgebern der Reihe Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte.

Winterbach, im Oktober 2019

Clemens Wassermann

INHALTSVERZEICHNIS

Cover

Titel

Über den Autor

Impressum

Vorwort

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

1.1. Neues Testament und semitische Sprachen

1.2. Forschungsgeschichte

1.2.1. Die erste Phase der neueren Semitismenforschung (ca. 1894 – 1960)

1.2.2. Die zweite Phase (ca. 1960 – 1984)

1.2.3. Die dritte Phase (seit ca. 1984)

1.2.4. Die noch ausstehende vierte Phase: Einbeziehung zentralsemitischer Dialekte

1.3. Methodik

1.4. Weitere Hinweise

1.4.1. Verwendete Quellen und elektronische Hilfsmittel

1.4.2. Notation

1.4.3. Datierung

1.4.4. Umgang mit DSS-Texten

1.4.5. Übersetzung

1.4.6. Semitische Transliteration

1.4.7. Griechische Akzente

1.4.8. Abkürzungen für Sprachen und Dialekte (mit sprachwiss. Hilfsmitteln)

1.4.9. Weitere Abkürzungen

2. SEMITISCHE TRANSLITERATIONEN

2.1. Transliterationen mit Erläuterung im Kontext

2.1.1.(Sah),(Sag)

2.1.2. (Shd)

2.1.3. (Sa)

2.1.4. ((Sha)

2.1.5. (Shad)

2.1.6. (Sa)

2.1.7. (Sa(h)d)

2.1.8. (Sad)

2.2. Weitere Transliterationen

2.3. Zusammenfassung der Ergebnisse

3. SEMITISCHE SYNTAX

3.1. Theoretische Voraussetzungen

3.1.1. Lateinische Schulgrammatik

3.1.2. Funktionale Grammatik

3.1.3. Generative Transformationsgrammatik

3.2. Die Nominalphrase

3.2.1. Allgemeines zur Nominalphrase

3.2.2. Das Nomen in Genitiv-Verbindung

3.2.3. Das Nomen mit Kardinalzahl

3.2.4. Das Nomen mit Adjektiv

3.2.4.1. Allgemeines zum Adjektiv

3.2.4.2. Attributives Adjektiv

3.2.4.3. Prädikatives Adjektiv

3.2.5. Das Nomen mit Pronomen

3.2.5.1. Allgemeines zum Pronomen

3.2.5.2. Adjektivisches Demonstrativpronomen

3.2.5.3. Substantivisches Demonstrativpronomen

3.3. Der Partizipialsatz

3.3.1. Allgemeines zum Partizipialsatz

3.3.2. Das prädikative Partizip

3.3.3. Das konditionale Partizip

3.3.3.1. Als Subjekt

3.3.3.2. Als Casus pendens

3.4. Der Verbalsatz

3.4.1. Allgemeines zum Verbalsatz

3.4.2. Die Stellung des Verbs im normalen Verbalsatz

3.4.3. Die Bedeutung der VOS- und OVS-Syntax

3.5. Zusammenfassung der Ergebnisse

4. SEMITISCHE QUELLEN

4.1. Hypothesen einer semitischen Quelle im vierten Evangelium

4.1.1. Schlatter (semitische Vorlage)

4.1.2. Wellhausen (weniger semitisch)

4.1.3. Burney (aramäisches Original)

4.1.4. Dalman (hebräischer und aramäischer Einfluss)

4.1.5. Torrey (aramäisches Original)

4.1.6. Bultmann (Drei-Quellen-Hypothese)

4.1.7. Black (aramäische Redenquelle)

4.1.8. Beyer (semitisierendes Griechisch, eventuell mit übersetzten Quellenstücken)

4.1.9. Neuere Entstehungsmodelle

4.2. Die Rückfrage nach einem semitischen Urevangelium

4.2.1. Ausgangspunkt: Syntaktische Semitismen

4.2.2. Auf der Suche nach einem schriftlichen Urevangelium

4.2.2.1. Hinweise aus der Kirchengeschichte (1. – 4. Jh.)

4.2.2.2. Diatessaron und Vetus Syra (2. – 5 Jh.)

4.2.2.3. Exkurs: Die Oden Salomos (1. – 3. Jh.)

4.2.3. Zwischenbilanz

4.2.4. Die Alternative ›mündliches Urevangelium‹

4.2.4.1. Einleitende Überlegungen

4.2.4.2. Joh 6,1–25 als Beispiel für die Bedeutung der dialektalen Aramaismen

4.2.4.3. Joh 6,26–58 als Beispiel für die Bedeutung der Hebraismen

4.2.4.4. Exkurs: Antithetischer und synthetischer Hebraismengebrauch

4.2.5. Lösungsvorschlag

4.3. Bedeutung der Ergebnisse für die johanneische Frage

4.3.1. Lokalisierung des vierten Evangeliums

4.3.2. Datierung des vierten Evangeliums

4.3.3. Verfasserschaft des vierten Evangeliums

4.3.4. Kontext der kirchlichen Tradition zum vierten Evangelium

5. ZUSAMMENFASSUNG

5.1. Geschichtlicher Hintergrund dieser Arbeit

5.2. Überblick und Ansatz

5.3. Ergebnisse

5.3.1. Semitische Transliterationen

5.3.2. Semitische Syntax

5.3.3. Semitische Quellen

5.4. Relevanz

LITERATURVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

SUMMARY

ABSTRACT

ENDNOTEN

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1. Verteilung der semitischen Transliterationen

Abbildung 2. Hierarchische Abstufung der syntaktischen Semitismen

Abbildung 3. Durchschnittswerte aller syntaktischen Semitismen

Abbildung 4. Lösungsvorschlag zur Frage semitischer Quellen

Abbildung 5. Gesamtverhältnis der semitischen Syntagmen

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1.  Genitiv-Verbindungen mit nachgestelltem Genitiv bei Joh

Tabelle 2.  Genitiv-Verbindungen mit Voran- und Mittelstellung des Genitivs bei Joh

Tabelle 3.  Voran- u. Mittelstellung des Genitivs bei Hdt (Verwandtschaftsverhältnisse)

Tabelle 4.  Nachstellung des Genitivs bei Joh (Verwandtschaftsverhältnisse)

Tabelle 5.  Genitiv-Verbindungen in P. Yadin 11

Tabelle 6.  Voran- u. Mittelstellung des Genitivs bei FJs (Verwandtschaftsverhältnisse)

Tabelle 7.  Hierarchische Funktion des vorangestellten Genitivs bei Joh

Tabelle 8.  Stellung der Kardinalzahl bei Joh

Tabelle 9.  Stellung der Kardinalzahl im BH, LBH und BA

Tabelle 10.  Stellung der Kardinalzahl im QH

Tabelle 11.  Stellung der Kardinalzahl bei Hdt

Tabelle 12.  Stellung der Kardinalzahl in äg./jud. Koine-Papyri

Tabelle 13.  Stellung des attributiven Adjektivs bei Joh

Tabelle 14.  Stellung des attributiven Adjektivs in jud Koine-Papyri

Tabelle 15.  Stellung des attributiven Adjektivs bei FJs

Tabelle 16.  Gebrauch des prädikativen Adjektivs im BH, LBH, BA und QH

Tabelle 17.  Stellung des adjektivischen Demonstrativpronomens bei Joh

Tabelle 18.  Stellung des adjektivischen Demonstrativpronomens im BH, LBH und BA

Tabelle 19.  Stellung des adjektivischen Demonstrativpronomens im QH und QA

Tabelle 20.  Stellung des adjektivischen Demonstrativpronomens in jud Koine-Papyri

Tabelle 21.  Resumptivesbei Joh

Tabelle 22.  Resumptives und bei Joh

Tabelle 23.  Resumptivpronomen nach casus pendens im BA

Tabelle 24.  Resumptivpronomen nach casus pendens im LBH

Tabelle 25.  Resumption nach casus pendens im QH

Tabelle 26.  Resumption eines casus pendens durchim Dtn

Tabelle 27.  Gebrauch vonbei Hdt

Tabelle 28.  Substantivisch-konditionale Partizipien bei Joh

Tabelle 29.  Substantivisch/-konditionale Partizipien im LBH

Tabelle 30.  Substantivisch/-konditionale Partizipien im QH

Tabelle 32.  Substantivisch/-konditionale Partizipien in Hab

Tabelle 33.  Substantivisch/-konditionale Partizipien im KLG

Tabelle 34.  Voranstellung des Partizips im Nominativ (jud. Koine-Papyri, FJs, Ev)

Tabelle 35.  Konditionales Partizip im casus pendens bei Joh

Tabelle 36.  Konditionales Partizip im casus pendens in Spr

Tabelle 37.  Stellung des Verbs bei Joh

Tabelle 38.  Übersicht aller Belege mit VS-Syntax bei Joh

Tabelle 39.  Belege mit VS(C)-Syntax bei Joh

Tabelle 40.  Belege mit VCS-Syntax bei Joh

Tabelle 41.  Belege mit CVS-Syntax bei Joh

Tabelle 42.  Stellung des Verbs im BA

Tabelle 43.  Stellung des Verbs in 1–2 Chr

Tabelle 44.  Stellung des Verbs in 1–2 Chr (einschl. Personalpronomen als Subjekt)

Tabelle 45.  Stellung des Verbs im QH (ohne Personalpronomen als Subjekt)

Tabelle 46.  Stellung des Verbs im QH (einschl. Personalpronomen als Subjekt)

Tabelle 47.  Stellung des Verbs im QA (1Q20 20–22)

Tabelle 48.  Stellung des Verbs bei Joh (Pronomen als Subjekt)

Tabelle 49.  Stellung des Verbs im BA (Pronomen als Subjekt)

Tabelle 50.  Stellung des Verbs in 1–2 Chr (Pronomen als Subjekt)

Tabelle 51.  Stellung des Verbs im QH und QA (Pronomen als Subjekt)

Tabelle 52.  Stellung des Verbs im KLG

Tabelle 53.  Stellung des Verbs in jud. Koine-Papyri (ohne Pronomen als Subjekt)

Tabelle 54.  Stellung des Verbs bei FJs (ohne Pronomen als Subjekt)

Tabelle 55.  Verhältnis von VOS- zu OVS-Syntax im BA und LBH

Tabelle 56.  Verhältnis von VOS- zu OVS-Syntax im QH

Tabelle 57.  Verhältnis von VOS- zu OVS-Syntax im QA (1Q20)

Tabelle 58.  Verhältnis von VOS- zu OVS-Syntax in arab. Dial. des Mittelmeerraums

Tabelle 59.  Übersicht der syntaktischen Semitismen

Tabelle 60.  Synopse der syntaktischen Semitismen bei Joh

Tabelle 61.  Abhängigkeit der Vetus Syra vom Diatessaron in Joh 4,25

Tabelle 62.  Abhängigkeit der Vetus Syra vom Diatessaron in Joh 10,11

Tabelle 63.  Gegenüberstellung der Semitismen bei Joh (NA28, Vetus Syra u. Peschitta)

Tabelle 64.  Dialektale Sad 2-Aramaismen in der Wundersequenz Joh 6,1–25

Tabelle 65.  M. Labahns formgeschichtliche Beurteilung von Joh 61,–25

Tabelle 66.  Hebraismen in der Brotrede Joh 6,26–58

Tabelle 67.  Antithetischer Partizipgebrauch im Vergleich (Joh, Spr, Sir)

Tabelle 68.  Johanneische Hebraismen in These/Antithese

Tabelle 69.  Johanneische Hebraismen in These/Synthese

Tabelle 70.  Übersicht der dialektal beeinflussten semitischen Transliterationen

Tabelle 71.  Gesamtauswertung der semitischen Syntagmen

1. EINLEITUNG

1.EINLEITUNG

1.1.NEUES TESTAMENT UND SEMITISCHE SPRACHEN

Es ist weithin bekannt, dass das Griechisch des Neuen Testaments sich nicht ausschließlich aus seiner hellenistischen1 Umwelt erklären lässt.2 Dennoch entstanden in den vergangenen Jahren mit Ausnahme des Lukas-Evangeliums3 nur sehr fragmentarische Untersuchungen zum Einfluss der semitischen Sprachen im Neuen Testament.4 Vielmehr lag der Forschungsschwerpunkt seit den richtungsweisenden Arbeiten Hengels5 zum Vordringen des Hellenismus im antiken Palästina darauf, die Beeinflussung des Neuen Testaments durch das hellenistische Judentum (v.a. durch die LXX, Philo und Josephus) genauer zu bestimmen als bisher.6

Grundlegende Arbeiten zur umgekehrten Fragestellung, der Beeinflussung des griechischen Neuen Testaments durch Semitismen (wie z.B. von Dalman,7Wellhausen,8 Burney,9 Howard,10 Black,11 Fitzmyer,12 Maloney13 und Beyer14), gerieten so in den Schatten der deutlich aktuelleren hellenistischen Forschungsdiskussion. Dabei wurden seither in der Erforschung der semitischen Quellen aus hellenistisch-römischer Zeit zumindest ebenso wegweisende Fortschritte gemacht.15 Der Einfluss semitischer Sprachen im Neuen Testament lässt sich deshalb anhand der heute verfügbaren Quellen wesentlich genauer bestimmen als zuvor, da eine Rekonstruktion der Sprache Jesu aus den späteren und meist nur schlecht erhaltenen Texten des galiläischen bzw. jüdisch-palästinischen Aramäisch16 aufgrund der nun vollständig veröffentlichten Texte vom Toten Meer nur noch sekundäre Bedeutung beanspruchen kann.17 Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Frage nach dem Einfluss der semitischen Sprachen im Neuen Testament am Beispiel des vierten Evangeliums neu aufzugreifen, nach dem gegenwärtigen sprachwissenschaftlichen Forschungsstand zu aktualisieren18 und in seiner exegetischen Konsequenz zu bedenken. Somit kann der Vernachlässigung dieser auch für das christliche Zeugnis in der Gegenwart durchaus relevanten Forschungsfrage entgegengewirkt werden.

1.2.FORSCHUNGSGESCHICHTE

Hilfreiche Zusammenstellungen zur bisherigen Semitismenforschung im Neuen Testament19 finden sich bei Dalman,20 Kittel,21 Rosenthal,22 Ott,23 Stuckenbruck,24 Smelik,25 Baltes26 und Porter.27 Für die spezifischere Fragestellung zum vierten Evangelium gibt es keine aktuelle Zusammenstellung, insbesondere in sprachwissenschaftlicher Hinsicht. Dennoch liegt zumindest für die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ein Teilüberblick von Brown28 vor, weshalb hier stärker auf die wichtigsten Entwicklungen seit der Entdeckung der Texte vom Toten Meer (1947–1965) eingegangen werden soll,29 die die Forschungslage nachhaltig verändert haben.30

1.2.1.Die erste Phase der neueren Semitismenforschung (ca. 1894 – 1960)

Als Weiterführung der älteren hebraistischen Semitismenforschung31 hatte sich mit dem Erscheinen von Dalmans wegweisender Grammatik des jüdisch-palästinischen Aramäisch (1894) und Deissmanns Bibelstudien,32 die die bisherige Forschung anhand griechischer Koine-Papyri hinterfragten, der aramaistische Ansatz in der Semitismenfrage bis zum zweiten Weltkrieg weitgehend etabliert.33Gegen Ende des zweiten Weltkriegs trat dann als Ergänzung zu Dalmans auf den kanonischen Targumen (Onkelos und Jonathan) aufbauenden Ansatz der von Kahle hinzu. Kahle gelangte durch seine Veröffentlichung von Handschriften des palästinischen Pentateuchtargums aus der Kairoer Geniza zu der Ansicht, dass das von Jesus gesprochene Aramäisch eher in der palästinischen Targumtradition zu finden sei (er nennt speziell die Parallele Mk 10,51/Joh 20,16 zu Gen 32,19 in MS C, dagegen Onkelos 34 Die kanonischen Targume hielt er dagegen für weniger bedeutend, da sie ursprünglich nicht in Palästina,35 sondern in Babylonien verfasst seien und zudem zu sehr vom hebräischen Text abhingen.36

In dieser ersten Entwicklungsphase der neueren Semitismenforschung erschien Blacks Standardwerk An Aramaic Approach to the Gospels and Acts (1946), das aufgrund seiner breiten und zugleich ausgewogenen Behandlung der Thematik bis heute noch keinen Ersatz gefunden hat. Black übernahm im Wesentlichen den von der palästinischen Targumtradition ausgehenden Ansatz Kahles, erweiterte ihn aber um eine stärkere Einbeziehung der christlich-palästinischen Literatur, wie sie zuvor schon Lewis37 und Schulthess38 vorgeschlagen hatten.39 An diesem palästinisch-aramäischen Ansatz hielt Black auch nach der Entdeckung der Texte vom Toten Meer unter nur flüchtiger Erwägung des darin bezeugten Hebräisch und Aramäisch (ähnlich seinem Schüler Wilcox)40 weiter fest.41 Einen ebenso palästinisch-aramäischen Ansatz vertrat Jeremias42 in der Semitismenfrage. Im Unterschied zu Black orientierte er sich allerdings noch stärker an Dalmans zuletzt geäußerter Position, zur Erörterung der Sprache Jesu besonders von dem aus dem Leben gegriffenen galiläisch-aramäischen Stoff des palästinischen Talmuds und der Midraschim auszugehen.43 Somit bestimmten in dieser ersten Phase vornehmlich palästinisch-aramäische Quellen die Forschungsdiskussion, welche aufgrund der mittlerweile bekannt gewordenen Unterschiede zum Qumran-Aramäischen aber erst ab dem 2.–3. Jahrhundert n. Chr. datiert werden können.44 Nach der Veröffentlichung erster Qumrantexte durch Sukenik45 wurde dann als Außenposition auch der hebraistische Ansatz von Birkeland46 und Grintz47 wieder neu vertreten.48

1.2.2.Die zweite Phase (ca. 1960 – 1984)

Die zweite Phase in der Semitismenforschung wurde durch Kutscher und Fitzmyer eingeleitet. Zunächst stellte Kutscher sehr grundsätzlich Kahles Ansatz in Frage, da letzterer auf frühestens ab dem 7. Jh. n. Chr. datierbaren Handschriften basierte.49 Anschließend forderte Fitzmyer50 einen radikalen Neuanfang, ausgehend vom Aramäischen des Genesis-Apokryphons (1Q20), welches Kutscher zuvor aufgrund sprachlicher Merkmale in Judäa lokalisiert und in die Zeit zwischen dem 1. Jh. v. und dem 1. Jh. n. Chr. datiert hatte.51 Noch im Schatten von Kutschers und Fitzmyers52 Pionierarbeit im Bereich des aramaistischen Ansatzes in der Semitismenforschung entwickelte sich aber auch der hebraistische Ansatz in dieser zweiten Phase einen deutlichen Schritt weiter. Wegbereiter hierfür waren zum einen wichtige Veröffentlichungen zum Qumran-Hebräischen,53 zum anderen aber auch die detailliertere Erforschung der semitischen Syntax im Neuen Testament durch Beyer, welche nun ebenfalls die Notwendigkeit der Beachtung des Hebräischen in der Semitismenfrage, insbesondere in den johanneischen Schriften, wieder neu bestätigte.54 Als erster, dem es gelang diese parallelen Entwicklungsstränge für die Semitismenforschung anhand des Markusevangeliums auszuwerten, ist Maloney, ein Schüler Fitzmyers, zu nennen.55 Das nachhaltigste Ergebnis dieser zweiten Phase der Semitismenforschung war aber dennoch Fitzmyers Modell der Neuklassifizierung der aramäischen Sprache, durch welches er das Mittelaramäische (ca. 200 v. – 200 n. Chr.) als neue, gesondert zu behandelnde Sprachstufe vom Altaramäischen (ca. 925 – 700 v. Chr.) und Reichsaramäischen (ca. 700 – 200 v. Chr.) einerseits sowie vom späteren Aramäisch (ca. 200 – 700 n. Chr.) und modernen Aramäisch (700 n. Chr. – heute) andererseits abtrennte.56

1.2.3.Die dritte Phase (seit ca. 1984)

1.2.4.Die noch ausstehende vierte Phase: Einbeziehung zentralsemitischer Dialekte

Parallel zu den oben aufgezeigten Entwicklungen in der Hebraistik und Aramaistik in Folge der Entdeckung der Texte vom Toten Meer hat sich seit den 70er Jahren auch eine wichtige Neugliederung im weiteren Forschungsbereich der Semitistik durchgesetzt. Ausgehend von Hetzron69 werden seither die für die Semitismenfrage grundlegenden nordwestsemitischen Sprachen Hebräisch und Aramäisch unter dem Oberbegriff Zentralsemitisch stärker als bisher in Beziehung zum Arabischen und Altsüdarabischen gestellt.70 Des Weiteren wurden innerhalb des zentralsemitischen Sprachzweigs die gesprochenen Dialekte71 genauer untersucht, so dass in der gegenwärtigen dialektologischen Forschungsdiskussion im Aramäischen zwischen dem Neuwestaramäischen und dem Neuostaramäischen unterschieden wird,72 während im Arabischen die Dialekte der westlichen Levante den Dialekten Mesopotamiens und denen der arabischen Halbinsel gegenüberstehen.73 Das Gebiet der westlichen Levante (zu dem auch das Neuwestaramäische zählt) bildet daher aus dialektologischer Sicht das engste sprachliche Umfeld des alten Israel. Diese regionale Abgrenzung wird mittlerweile auch in der Erforschung der griechischen Koine vertreten, in der von mindestens drei unterschiedlichen Dialektregionen (Ägypten, Syrien/Palästina und Kleinasien/Anatolien) ausgegangen wird.74

Des Weiteren wurde auf semitischer Seite insbesondere von Behnstedt75 und Arnold76 aramäischer Einfluss im Bereich der syro-libanesischen Dialekte nachgewiesen. Schon Bergsträsser war der Ansicht, dass die lebendigen westaramäischen und dadurch beeinflussten arabischen Dialekte der westlichen Levante als Vergleichsmaterial für das tote Aramäisch und Hebräisch nicht missachtet werden sollten.77 Deshalb soll in dieser Arbeit auf entsprechende Sprachvergleiche zurückgegriffen werden, wo Probleme durch die gängige hebraistisch-aramaistische Betrachtungsweise ungelöst bleiben. Dieser Fall scheint insbesondere bei der Frage gegeben, in wieweit die gesprochene Sprache in den semitischen Quellen der Zeit Jesu vorliegt.78 Da nun auch das vierte Evangelium, gerade mit seinen vielen Diskursen, einiges an Material für die Untersuchung der gesprochenen Sprache zu bieten scheint, sollte möglichem Einfluss semitischer Dialekte unbedingt genauer nachgegangen werden.79 Die Frage, ob die Semitismen im vierten Evangelium eher auf virtuelle80 oder tatsächliche Übersetzung hinweisen wurde im Anschluss an Burney schon vielfach diskutiert.81 Zur weiteren Erhellung dieses Fragenkomplexes könnte die Einbeziehung der in der westlichen Levante beheimateten Dialekte wie des Neuwestaramäischen und der gesprochenen arabischen Dialekte in Palästina, Syrien und im Libanon sicherlich einige neue Aspekte beitragen. Meines Wissens wurden diese Dialekte bei der Bearbeitung der neutestamentlichen Semitismen bisher noch nicht herangezogen. Deshalb kann die hier aufgezeigte Vorgehensweise eine vierte Phase in der Semitismenforschung einleiten, welche die gegenwärtige Sprachsituation im Nahen Osten mitbeachtet und dadurch möglicherweise zu einer besseren Verhältnisklärung der weiterhin stark divergierenden Forschungspositionen der vom jüdisch- bzw. christlich-palästinischen Aramäisch (JPA/CPA) ausgehenden Dalman-Kahle-Black-Schule einerseits und der vom Qumran-Aramäischen (QA) ausgehenden Kutscher-Fitzmyer-Schule andererseits beitragen könnte. Außerdem ergeben sich daraus vielleicht auch weitere Anhaltspunkte zur Lösung der Quellen- und Entstehungsfrage82 im vierten Evangelium und damit auch zur johanneischen Frage insgesamt.

1.3.METHODIK

Der Forschungsbereich, der in dieser Arbeit behandelt werden soll, ist nach Fitzmyers Aufsatz zur Methodik der des lexikalischen und syntaktischen Einflusses semitischer Sprachen (und Dialekte) auf das neutestamentliche Griechisch.83 Allerdings steht dieser Themenschwerpunkt in unmittelbarem Zusammenhang mit den semitischen Transliterationen im Neuen Testament sowie der Rückfrage nach semitischen Quellen im Hintergrund des griechischen Textes. Daher soll hier ausgehend von einer phonologischen und morphologischen Untersuchung der semitischen Transliterationen im vierten Evangelium (Kapitel 2) eine Neubearbeitung des Einflusses der semitischen Syntax (Kapitel 3) unternommen werden,84 um dann abschließend auf die hypothetische Fragestellung semitischer Quellen (Kapitel 4) im Hintergrund des griechischen Urtextes und auf die johanneische Frage insgesamt zu sprechen zu kommen.85 Damit folgt diese Arbeit der allgemeinen grammatischen Herangehensweise von der Phonologie über die Morphologie zur Syntax. Auf dieser Grundlage soll dann abschließend die Quellen- und Entstehungsfrage im vierten Evangelium untersucht werden.

Aus der Zusammenfassung der jüngeren Methodendebatte von Stuckenbruck86 wird deutlich, dass insbesondere der Ansatz Kahles, aber auch der Fitzmyers Schwächen hat. Das Hauptproblem von Kahles Ansatz ist der fehlende Beweis für eine Frühdatierung der palästinischen Targume, aber auch die Umgangssprachlichkeit87 dieser Targume ist konkret nachzuweisen. Dagegen muss Fitzmyers Ansatz vor allem Einwänden möglicher sprachlicher Isolation der zum Teil sektiererischen88 DSS-Texte begegnen sowie ebenfalls Umgangssprachlichkeit nachweisen. Beide Ansätze benötigen daher eine breitere sprachliche Basis für die Beweisführung, die, nach dem Vorbild von Beyers ›maximalist approach‹,89 zur sprachwissenschaftlichen Einordnung der DSS-Texte einerseits durch den Rückgriff auf die Spätschriften des Alten Testaments und andererseits durch einen flankierenden Vergleich mit den zentralsemitischen Dialekten der Gegenwart aufgebaut werden kann. Daher wird für diese Arbeit die folgende Herangehensweise vorgeschlagen:

1. Der grundlegendste Vergleichspunkt bei der Erhebung von Semitismen sollten die hebräischen und aramäischen Quellen aus der gleichen sprachgeschichtlichen Phase und dem gleichen geographischen Umfeld wie das Neue Testament selbst sein (d.h. vor allem die am Toten Meer gefundenen Dokumente der mittelaramäischen bzw. mittelhebräischen90 Phase).91

2. Die konkrete Beweisführung für einen Semitismus im Vergleich mit DSS-Texten sollte dann aber auch den weiteren Kontext des Late Biblical Hebrew (LBH) und des Biblisch-Aramäischen (BA) beachten und so den sprachgeschichtlichen Vergleich von den Spätschriften des Alten Testaments her aufbauen. Dadurch können die Entwicklung und der Zusammenhang zu den DSS-Texten und zeitlich parallelen Inschriften außerhalb des DSS-Korpus aufgezeigt werden, um so das Gegenargument der sprachlichen Isolation der DSS-Texte zu entkräften. Nach Möglichkeit sollten in diesem zweiten Schritt auch Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zur klassischen Phase des biblischen Hebräisch sowie zu den in der bisherigen Forschung bearbeiteten rabbinischen und ggf. altsyrischen Quellen aufgezeigt werden.

3. Falls weitere Unklarheiten bestehen, sollte ebenso geprüft werden, ob sich ähnliche Sprachmerkmale nicht auch in den heutigen neuwestaramäischen oder arabischen Dialekten der westlichen Levante nachweisen lassen, um so das Gegenargument der rein literarischen Sprache der DSS-Texte zu entkräften und ggf. eine eindeutigere Unterscheidung von ›Schriftsprache‹ und ›Dialekt‹ als bisher zu ermöglichen.

4. Im Bereich der Syntax müssen dazu ausgehend von den Standardgrammatiken zum Neuen Testament (BDR92 und Turner93) sowie zur LXX (Thackeray94 und Muraoka95) zunächst die wesentlichen Varianten eines vermuteten Semitismus im Textkorpus des Johannesevangeliums erhoben werden. Erst darauf kann ein Syntagma im Vergleich mit dem relevanten hebräisch-aramäischen Sprachumfeld (v.a. LBH, BA, QH/ JH und QA/JA) und ausgewählten für die historische Entwicklung der griechischen Koine96 relevanten Sprachproben (v.a. Herodot, ägyptische und judäische Koine-Papyri und Josephus)97 als mehr oder weniger semitisch eingestuft werden. Die LXX selbst ist aufgrund ihres häufig semitisierenden Übersetzungscharakters ein eher problematischer Zeuge für die historische Entwicklung der griechischen Koine.98 In zweifelhaften Fällen kann jedoch nur eine genaue Beobachtung der diachronen Veränderungen in der Syntax sowie ein Abwägen der relativen Häufigkeiten eines Syntagmas handfeste Hinweise für eine Einordnung liefern.99

5. Unsemitische Merkmale des griechischen Textes, die in semitischen Sprachen umformuliert oder ausgelassen werden müssen (wie z.B. sind im unmittelbaren Kontext der untersuchten Semitismen ebenso zu beachten.100

6. Eine mögliche Vorprägung durch die LXX (Septuagintismus) kann nur dann mit Sicherheit vorausgesetzt werden, wenn semitische Sprachmittel falsch verwendet werden (nach Burney101 und Beyer102 z.B. das satzeinleitende bei Lukas).103 Richtige Imitation semitischer Ausdrucksweise nach dem Vorbild der LXX lässt sich dagegen von einem tatsächlichen Semitismus nicht unterscheiden. Eine Imitation der LXX im NT liegt jedoch nicht unbedingt näher als die Beeinflussung durch den lebendigen semitischen Sprachgebrauch, da einerseits in neutestamentlicher Zeit LXX-Rezensionen mit einem unterschiedlichen Annäherungsgrad an deren hebräische Vorlage in Umlauf waren (z.B. kai-ge Rezension),104 und andererseits das Neue Testament sowohl einen von der LXX unabhängigen Wortschatz als auch unabhängige grammatische Konstruktionsweisen (z.B. durch Verwendung des Präsens historicum) aufweist.105 Des Weiteren beschränken sich Septuagintismen im Neuen Testament nach der bisherigen Forschung vornehmlich auf den Bereich des Lexikons sowie auf auffällige idiomatische Ausdrücke.106

7. Abschließend sollte versucht werden die semitischen Merkmale gegenüber dem griechischen Sprachgebrauch abzuwägen und anhand der von Beyer vorgeschlagenen Notation (S[h/a] [1–5])107 als mehr oder weniger eindeutigen Semitismus (bzw. falls genauer bestimmbar als Hebraismus oder Aramaismus)108 oder ggf. als mehr oder weniger eindeutigen Gräzismus (G 1–3)109 einzuordnen. Allerdings ist es aufgrund der inzwischen weiterentwickelten Forschung zur aramäischen und hebräischen Dialektologie und der gegenseitigen Beeinflussung beider Sprachen nötig, Beyers Notationssystem um die Möglichkeit der Angabe von Dialekten und der gegenseitigen Beeinflussung zu erweitern. In Anlehnung an das HALOT110 schlage ich daher die hochgestellten Buchstaben d für dialektal, g für galiläisch, j für judäisch, und h für ins Hebräische entlehnt111bzw. a für ins Aramäische entlehnt vor, um so sowohl das von Alters her bestehende Nord-Süd-Gefälle in der Dialektologie Palästinas als auch die enge sprachliche Kontaktsituation zwischen dem Hebräischen und Aramäischen der zweiten Tempelzeit abzubilden.112 Des Weiteren ist es nötig, nicht nur die Häufigkeit eines semitischen oder griechischen Syntagmas mit einer positiven Zahl, sondern ebenso dessen Seltenheit mit einer negativen Zahl angeben zu können.113 Es bietet sich deshalb folgende Erweiterung von Beyers Zahlenskala an: S -1 – im Semitischen viel seltener als im Griechischen, S -2 – im Semitischen sehr viel seltener als im Griechischen, G -1 – im Griechischen viel seltener als im Semitischen, G -2 – im Griechischen sehr viel seltener als im Semitischen.

1.4.WEITERE HINWEISE

1.4.1.Verwendete Quellen und elektronische Hilfsmittel

Als griechische Quellen wurden in dieser Arbeit neben Herodot, der LXX und Josephus vor allem Koine-griechische Papyri aus Ägypten und der judäischen Wüste herangezogen, wie sie mittlerweile in dem auf der Duke Databank of Documentary Papyri (DDbDP)114 basierenden Logos-Modul und dem auf den DJD- und JDS-Bänden basierenden G-JUDEAN-T Modul unter Accordance in elektronischer Form zur Verfügung stehen. Die verwendeten semitischen Quellen sind vornehmlich die in den DJD- und JDS-Bänden veröffentlichten semitischen Texte vom Toten Meer, die in den Accordance-Modulen QUMRAN und JUDEAN-T in elektronischer Form zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wurde natürlich die elektronische Ausgabe der BHS (Westminster Leningrad Codex), der Targume (Comprehensive Aramaic Lexicon Project), der Photos von neutestamentlichen Handschriften (insbesondere von Codex A, B und D) wie in BibleWorks integriert sowie dessen CATSS-Modul für den Vergleich des MT mit der LXX herangezogen. Außerdem wurde teilweise auch ein Vergleich mit der Mekhilta deRabbi Yishmael zu Exodus und der Mischna anhand der entsprechenden Accordance-Module, sowie mit der altsyrischen Überlieferung des Neuen Testament (Vetus Syra und Peschitta) anhand der entsprechenden Logos-Module von Kiraz unternommen. Griechischen Zitaten aus Herodot und weiteren klassischen Schriftstellern (z.B. Xenophon, Platon, usw.) liegt die elektronische Ausgabe der Perseus Digital Library zugrunde.115 Für Josephus-Zitate wurde die in BibleWorks integrierte und unter Accordance als Zusatzmodul erhältliche Ausgabe von B. Niese herangezogen. Alle elektronischen Textausgaben wurden, wenn nötig, mit den zugrundeliegenden Print-Editionen verglichen und ggf. nach letzteren verbessert.

Für die Untersuchung der semitischen Syntax in Kapitel 3 wurden außerdem Syntax-Datenbanken von Accordance zum Alten und Neuen Testament (HMT-W4.syntax und GNT28-T.syntax) sowie eine um 1QS und 1QM erweiterte Syntaxdatenbank des Syntactic Variation-Projektes der VU Werkgroep Informatica (ETCBC und synvar) herangezogen, zu der ich freundlicher Weise einen Forschungszugang erhielt.116 Bei allen Suchergebnissen aus diesen genannten Syntaxdatenbanken ist allerdings zu beachten, dass erstere immer nur als mehr oder weniger genaue Annäherungen an den tatsächlichen Sachverhalt anzusehen sind und mit jedem neuen Versionsstand einer Syntaxdatenbank (insbesondere bei Accordance) abweichen können.117 Deshalb wurde in den Ergebnistabellen strikt zwischen unverifizierten Treffern und verifizierten Belegen unterschieden. Des Weiteren bestimmt auch die Formulierungsweise einer Suchanfrage das Suchergebnis nicht unwesentlich, weshalb vor Ergebnistabellen meist Hinweise zum Aufbau der jeweiligen Suchanfrage gemacht wurden. Die Suchanfragen wurden nirgends zu Gunsten der Argumentation optimiert, sondern vielmehr so formuliert, dass eindeutig verifizierbare Belege erzielt werden konnten, die dann im Fließtext aufgelistet wurden. Einzelne übergangene Belege können dennoch aufgrund der Komplexität von computergestützten Syntaxsuchen nicht ausgeschlossen werden. Deshalb empfiehlt sich stets eine stichprobenhafte, manuelle Nachprüfung der aufgeführten Belege in ihrem jeweiligen Kontext. So fehlen z.B. in der aktuellen Accordance-Version 12.2.4 bei identischer Suche gegenüber den verifizierten Ergebnissen von Accordance 12.0.6 einzelne Belege im Johannesevangelium. Erfahrungsgemäß können solche Auslassungen (und entsprechend auch zusätzliche Treffer) entweder von einer Änderung oder einem Fehler in der verwendeten Version der GNT28-T-Syntaxdatenbank oder von einer Änderung im Suchalgorithmus des Accordance-Programmes abhängen. Leider ist es nicht immer gegeben, dass eine neuere Programmversion auch genauere Suchergebnisse liefert. Deshalb basiert das dritte Kapitel bis auf einzelne Verbesserungen durch Vergleichung der Suchergebnisse von Accordance 12.2.4 auf den Treffern und Belegen von Accordance 12.0.6.

1.4.2.Notation

Die Notation der Texte vom Toten Meer erfolgt nach den von Xeravits und Porzig118 beschriebenen Konventionen mit Kolumnen- und Zeilenangabe, mit der Abweichung, dass auch bei gut erhaltenen Schriftrollen die Kolumnenzählung in arabischer Ziffer angegeben wird, anstatt wie sonst üblich in römischer Ziffer in Großbuschstaben (also nicht 1QM XI,7, sondern 1QM 11,7 für 1QM Kolumne 11, Zeile 7). Bei Fragmenten wie zum Beispiel 4Q246 f1i,5 steht aber weiterhin eine kleine römische Ziffer für die Kolumne des Fragmentes. Bei Verträgen und ähnlichen Rechtsdokumenten wird bei Doppelurkunden nach der Kolumne noch die Version der Abschrift durch IT (innerer Text) oder OT (äußerer Text) angegeben sowie bei beidseitiger Beschriftung R für recto (Innenseite) und V für verso (Außenseite). Genauere Angaben zu diesen von Accordance vorgegeben Notationsdetails finden sich im aktuellsten Band der Dead Sea Scrolls Concordance von Martin Abegg et al.119

1.4.3.Datierung

Datierungsangaben zu den Texten vom Toten Meer im Fließtext beziehen sich auf die paläographisch erhobene Entstehungszeit des entsprechenden Manuskripts (Datierungsbelege in der nachfolgenden Fußnote), womit noch keine Aussage über die in der Regel älter anzusetzende Abfassungszeit eines Textes getroffen ist.120 Jedoch ergeben sich durch die geringe lexikalische und grammatikalische Variation im DSS-Korpus gewisse äußere Grenzen für eine diachrone Ermittlung der Abfassungszeit, wie sie besonders in aktuelleren Publikationen üblich ist.121 Durch die paläographische Datierung können im Wesentlichen die folgenden Perioden unterschieden werden: 1. die archaische Periode (ca. 250 – 150 v. Chr.), 2. die hasmonäische Periode (ca. 150 – 30 v. Chr.) und 3. die herodianische Periode (ca. 30 v. – 70 n. Chr.).122 Wie sich aus dem Vergleich der Datierungsangaben in den verschiedenen Textausgaben ergibt, sind die zu DSS-Texten genannten Jahreszahlen immer nur ungefähr entsprechend dem groben Datierungsraster (archaisch, hasmonäisch, herodianisch) zu verstehen. Als grundlegende und einführende Literatur für die paläographische Datierung der DSS gilt nach wie vor F. M. Cross, »The Development of the Jewish Scripts,« in The Bible and the Ancient Near East: Essays in Honor of William Foxwell Albright, hg. v. G. E. Wright (London: Routledge, 1961), 133–202, zusammengefasst und aktualisiert in ders., »Paleography,« EDSS 2: 629–634. Des Weiteren A. Yardeni, Understanding the Alphabet of the Dead Sea Scrolls: Development, Chronology, Dating (Jerusalem: Carta, 2014), zur Quadratschrift E. Tov, Scribal Practices and Approaches Reflected in the Texts Found in the Judean Desert, STDJ 54 (Leiden: Brill, 2004), 237–248 sowie zur Kursivschrift A. Yardeni, Textbook of Aramaic, Hebrew and Nabatean Documentary Texts from the Judean Desert and Related Material, vol. B, Translation, Paleography, Concordance (Jerusalem: Ben-Zion Dinur Center for Research in Jewish History, 2000), 147–218. Eine aktuelle Zusammenfassung der bisherigen Forschung zur Quadrat-, Kursiv- und paleohebräischen Schrift findet sich in E. Eshel, »Paleography of the Semitic Judean Desert Scrolls,« in ›An Eye for Form‹: Epigraphic Essays in Honor of Frank Moore Cross, hg. v. J. A. Hackett und W. E. Aufrecht (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2014), 334–351.

1.4.4.Umgang mit DSS-Texten

Da die DSS-Texte oft fragmentarisch sind und stellenweise Nachträge oder Auslöschungen enthalten, muss an einigen Stellen auf einen rekonstruierten Text zurückgegriffen werden, der je nach Grad der Rekonstruktion entweder durch diakritische Zeichen über Buchstaben (z.B. oder oder durch diakritische Zeichen oder Klammern um Buchstaben (z.B. und markiert wird.123 In Fußnoten werden völlig rekonstruierte Worte oder Phrasen in eckigen Klammern bei mehr als drei Gesamtbelegen ausgelassen. Bei mehr als 30 Gesamtbelegen pro Korpus (Qumran oder JDD) wird ggf. nur die Anzahl der Belege ohne Stellenangabe gelistet.

1.4.5.Übersetzung

Die Übersetzung der zitierten Quellen orientiert sich an deutschen Standardübersetzungen der entsprechenden Texte, d.h. für die aramäischen DSS an den Übersetzungen von Beyer und für die hebräischen Texte an Lohse,124 Steudel125 und Maier.126 Das Ziel ist es, die zitierte Stelle möglichst wortgetreu wiederzugeben, um so eine Hilfestellung für den Leser zu bieten. Daher kann es ggf. zu Anpassungen nach der englischen Standardübersetzung von Wise/Abegg/Cook127 oder nach dem Sprachgefühl und Textverständnis des Verfassers kommen. Wenn bei DSS-Texten eine Übersetzung wörtlich aus einer bestehenden Übersetzung übernommen wurde, ist dies in der Regel mit einer entsprechenden Fußnote gekennzeichnet.

1.4.6.Semitische Transliteration

Die Transliteration von semitischen Worten (insbesondere bei weniger bekannten Schriftzeichen wie dem Altsyrischen oder Arabischen) orientiert sich an dem Standard der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG)128 und dessen gegenwärtigen Anwendungsbeispiel in der Zeitschrift für Arabische Linguistik (ZAL).129

1.4.7.Griechische Akzente

Die Akzente von griechischen Phrasen und Sätzen wurden generell nicht an ihren neuen Kontext im Fließtext angepasst (z.B. durch Wandel von Gravis in Akut und umgekehrt),130 sondern wie an der zitierten Stelle der zu Grunde gelegten Textedition belassen. Gleiches gilt auch für zitierte Worte bei ihrer Ersterwähnung. Dadurch wird das Wiederauffinden von Zitaten bei computergestützten Suchen ohne vorherige Normalisierung der Akzente gewährleistet.

1.4.8.Abkürzungen für Sprachen und Dialekte (mit sprachwiss. Hilfsmitteln)

Für das Hebräische:

BH

Biblisches Hebräisch (GKC,131 JM,132 Blau Gr,133 Brockelmann Syn134 / Gesenius Wb,135 HALOT)

LBH

Late Biblical Hebrew (Kropat Syn,136 Polzin LBH137 / Hurvitz Lx)

QH

Qumran-Hebräisch (Qimron HDSS, Qimron Gr,138 Reymond QH139 / ThWQ,140 HAWTTM141)

JH

Judäisches Hebräisch (Mor JH, Ridzewski Gr142)

RH

Rabbinisches Hebräisch (Strack-Siegfried Lb,143 Segal Gr, Ridzewski Gr, Pérez Fernández Gr144 / Dalman Wb145)

SH

Samaritanisches Hebräisch (Macuch GrSH,146 Ben-Hayyim Gr147)

Für das Aramäische:

RA

Reichsaramäisch (Muraoka-Porten Gr148/ Beyer ATTM, DNWSI,149 CAL150)

BA

Biblisches Aramäisch (Kautzsch Gr,151 Bauer-Leander Gr,152 Rosenthal Gr153 / Beyer ATTM, Gesenius Wb, HALOT, CAL)

QA

Qumran-Aramäisch (Beyer ATTM, Muraoka GrQ / Beyer ATTM, Cook DQA,154 HAWTTM)

JA

Judäisches Aramäisch (Beyer ATTM, Muraoka GrQ / Sokoloff DJA,155 CAL)

NA

Nabatäisches Aramäisch (Cantineau Nab156)

JPA

Jüdisch-Palästinisches Aramäisch (Dalman Gr, Fassberg Gr / Sokoloff DJPA,157 CAL)

GA

Galiläisches Aramäisch (Beyer ATTM, Dalman Gr, Fassberg Gr / Sokoloff DJPA, CAL)

SA

Samaritanisches Aramäisch (Macuch GrSA158 / Tal DSA,159 CAL)

CPA

Christlich-Palästinisches Aramäisch (Schulthess Gr,160 Müller-Kessler Gr161/ Sokoloff DCPA,162 CAL)

ASy

Altsyrisch (Nöldeke SGr,163 Brockelmann SGr,164 Muraoka SGr165/ Payne Smith SD,166 Brockelmann LS,167 Sokoloff SL,168 CAL)

JBA

Jüdisch-Babylonisches Aramäisch (Margolis Lb,169 Schlesinger Satzlehre170 / Sokoloff DJBA,171 CAL)

MND

Mandäisches Aramäisch (Nöldeke MGr172)

NWA

Neuwestaramäisch (Arnold Gr,173 Correll Syn174 / Arnold Wb,175 Bergsträsser Glossar176)

NOA

Neuostaramäisch (Jastrow Gr,177 Waltisberg Syn178 / Khan Barwar179)

Für das Arabische:

ANA

Altnordarabisch (Macdonald ANA180)

KA

Klassisches Arabisch (Brockelmann AGr,181 Fischer Gr182/ Lane Lx183)

MSA

Modernes Schriftarabisch (Harder-Schimmel Spl184/ Wehr Wb185)

PA

Palästinensisches Arabisch (Bauer PA,186 Seeger Lb,187 Blau Syn188 / Bauer Wb,189 Seeger Wb190)

NPA

Nordpalästinensisches Arabisch (Blanc Studies191 / Bauer Wb)

LA

Libanesisches Arabisch (Feghali Parl,192 Feghali Syn,193 Fleisch Études,194 Jiha Bišm195 / Bauer Wb)

DA

Damaszenisches Arabisch (Grotzfeld Gr196 / Bauer Wb)

Für das Griechische:

KLG

Klassisches Griechisch (BR,197 Schwyzer Gr,198 Kühner Gr199 / LSJ200)

KNG

Koine-Griechisch (Mayser Gr201 / LSJ)

SGG

Septuaginta-Griechisch (Conybeare-Stock Gr,202 Thackeray Gr, Muraoka Syn / LEH203)

NTG

Neutestamentliches Griechisch (Winer-Schmiedel Gr, Radermacher Gr, BDR, Moulton Gr,204 von Siebenthal Gr / Bauer-Aland Wb,205 ThWNT206)

MG

Modernes Griechisch (Holton-Mackridge-Warburton Gr207)

1.4.9.Weitere Abkürzungen

Wenn nicht anderweitig durch eine Publikation vorgegeben und soweit verzeichnet, orientieren sich die übrigen Abkürzungen am IATG3 von Schwertner,208 das auch Varianten des SBL Handbook of Style notiert, die z.T. aufgrund ihrer besseren Leserlichkeit vorgezogen wurden. Gesondert zu erwähnen sind jedoch die folgenden häufiger verwendeten Abkürzungen für Targume und rabbinische Literatur:

TO

Targum Onqelos

TJ

Targum Jonathan

TPsJ

Targum Pseudo-Jonathan

TGnz

Targumfragmente aus der Kairoer Geniza

TN

Targum Neofiti

TF

Fragmenten-Targum

MekhY

Mekhilta deRabbi Yishmael

m

Mischna

2. SEMITISCHE TRANSLITERATIONEN

2.SEMITISCHE TRANSLITERATIONEN

2.1.TRANSLITERATIONEN MIT ERLÄUTERUNG IM KONTEXT

2.1.1.(Sah),(Sag)

Die erste Transliteration,1 die im vierten Evangelium in einer im Kontext erläuterten Weise auftritt, ist in Joh 1,38: 2 »sie aber sprachen zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Lehrer -, wo ist deine Bleibe?« Dalman erklärt in seiner Grammatik als maskulines Nomen »Großer, Lehrer« mit Suffix der 1cs (also »mein Lehrer, Meister«),3 das er, wie auch Beyer,4 auf die geminierte aramäische Wurzel »groß sein« zurückführt. Das aramäische nach dem Schema qaal gebildete ist auch im heutigen Arabisch mit der Wurzel rabba belegt,5 welche »Herr sein, besitzen, beherrschen«6 bedeutet. Zur gleichen aramäischen Wurzel gehört auch das Adjektiv (»groß«), dass im LBH in Titelbezeichnungen wie »Oberkämmerer« (Dan 1,3) oder »Hausvorsteher« (Est 1,8) vorkommt.7 Wie Joosten8 und Hornkohl9 aufzeigen, scheint schon in der Entstehungszeit des Buches Jeremia vom Aramäischen in das Hebräische übernommen worden zu sein. Zumindest legt dies die nominalisierte Verwendung in Jer 39,13 (gewöhnliches Hebräisch wäre dagegen wie in Jer 39,3) und insbesondere in Jer 41,1 zur Bezeichnung jüdischer Hofbeamter nahe. In den aramäischen Texten vom Toten Meer tritt diese nominalisierte Verwendung von dann weiter auf. Das belegen die Apokalypse vom Sohn Gottes 4Q246 (um 25 v. Chr.)10 »ein Herrscher in den Provinzen«11 (f1i,5) sowie die Worte des Erzengels Michael 4Q529 (um 50 v. Chr.)12 »mein Gebieter,13 Herr der Ewigkeit« (f1,6–7.9–12).14 In 4Q529 wird »der Herr der Ewigkeit« von seinen Engeln mit angeredet. Eine deutlicher menschenbezogene Verwendung von belegen drei Jerusalemer Inschriften, eine Ossuarinschrift CIJ 1218 (vor 70 n. Chr.)15 ein Graffito einer Grabhöhle CIIP 405 (1. Jh.?) und eine Zahlungsliste CIIP 693,6a (1. Jh.): 2 16 In der Mekhilta deRabbi Yishmael (von Neusner stellenweise zwischen 135 – 150 n. Chr. datiert)17 findet sich dann die zu einem Titel gewordene Verwendung von in der das Suffix bereits völlig bedeutungslos geworden ist,18 wie z.B. in MekhY Ex 18,27 »als Rabbi Nathan starb, schwand seine Weisheit mit ihm«19 oder MekhY Ex 31,15 »der große Rabbi Eliezer sagte zum Halten des Sabbats« Wie Riesner20 bestätigt, scheint vor 70 n. Chr. noch keine so verengt titulare Bedeutung gehabt zu haben, sondern auch allgemeiner als Anrede verwendet worden zu sein.21 Die in Joh 1,38 gegebene griechische Übersetzung von mit dem Vokativ Lehrer« legt aber zumindest nahe, dass es sich bereits um eine Anrede mit einem gewissen öffentlichen bzw. religiösen22 Ansehen handelte,23 wie es auch die epigraphischen Belege mit in den Jerusalemer Ossuarinschriften CIIP 211, 212 und 214 (1. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr.) bestätigen. Die weiterführende Frage weshalb erst in der Zeit nach der Zerstörung des zweiten Tempels zu einem spezifischen Titel der palästinischen Schriftgelehrsamkeit wurde,24 lässt sich meines Erachtens aus der aramäischen Abba-Inschrift CIIP 55 (2. – 1. Jh. v. Chr.) weiter erhellen. Sie lautet in Zeile 1f: »ich bin Abba, der Sohn des Priesters Eleaz(ar), des Sohnes Aarons, des Großen« Aaron wird hier mit »der Große« bezeichnet, was Rosenthal zunächst auf den Titel des samaritanischen Hohenpriesters bezieht, dann aber auch als möglichen Hinweis auf eine jüdische Hohepriesterfamilie wertet.25 In der Apokalypse zum Neuen Jerusalem 11Q18 (30 v. – 10 n. Chr.)26 wird der Hohepriester in ähnlicher Weise als (f14ii,5) bezeichnet. Dazu weist Mizrahi auf die Wiedergabe von in der Targumtradition hin (z.B. TO Lev 4,3.5.16).27 In Anbetracht dieser mehrfachen Belegung von vor der Zerstörung des zweiten Tempels und des in der Qumrangemeinde noch bezeugten Einflusses des Priestertums28 erscheint es nicht verwunderlich, wenn in Joh 1,38 noch nicht als bloßer Titel der palästinischen Schriftgelehrsamkeit wie in der sprachgeschichtlich später einzuordnenden rabbinischen Literatur verwendet wird.

Von der gleichen Wurzel wie stammt auch die Transliteration Im Johannesevangelium kommt nur einmal in Joh 20,16 vor: 29 »da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister!« Dalman vergleicht damit die in TO Gen 24,18 in der Ausgabe Sabbioneta bezeugte Form welche im Standardtext lautet. ist daher eine maskuline Nominalbildung der Wurzel auf -ōn/ūn mit Suffix der 1cs (»mein Gebieter«), in welcher der Vokal der ersten Silbe noch nicht zu einem (e)/i angehoben wurde, wie sonst im jüdisch-palästinischen Aramäisch (JPA) üblich.30 Die mutmaßlich ältere Vokalisierungsform mit a in der ersten Silbe bestätigte auch Kahle im palästinischen Pentateuchtargum TGnz zu Gen 32,19 und 37,18 und Kutscher fügte dem noch eine ebenso vokalisierte Korrektur in der Mischna31 nach dem Kaufmann-Codex hinzu.32 In Qumran kommt noch nicht vor. Dafür ist die Ausgangsform in den aramäischen Henochfragmenten (ca. 2. – 1. Jh. v. Chr.)33 durch (4Q201 f1iii,13; f2,2; 4Q202 f1ii,17) belegt. In den Texten aus der judäischen Wüste tritt in Sdeir 2 (135 n. Chr.)34 in dem Eigennamen (1,3.9) auf. Nach Beyer35 lautete die Nominalendung von ursprünglich -ān und verschob sich dann im judäischen Aramäisch (JA) hebraisierend zu -ōn36 (auch belegt durch die spät bezeugte Alternativlesart in Codex D) und im galiläischen Aramäisch (GA) zu -ūn, wie die von ihm in diesem Zusammenhang angeführten Transliterationen 94 und 96 aus Beth Shearim (3. – 4. Jh. n. Chr.) mit 37 anstatt des im NT bezeugten bestätigen. Im Vergleich mit den weiteren Transliterationen aus Beth Shearim38 scheint die Anhebung des langen ō zu ū39 neben der Beibehaltung der Diphthonge wie noch heute im libanesischen Arabisch (LA)40 ein typisches Aussprachemerkmal des galiläischen Aramäisch gewesen zu sein. Ebenso könnte auch die eigenartige Unterdrückung des kurzen a in der ersten Silbe von mit der Abschwächung des kurzen a zu i im nordpalästinensischen Arabisch (NPA)41 und LA42 zusammenhängen. Zur Bedeutung bemerkt Lohse, dass insbesondere in den Targumen als Bezeichnung für Menschen dient,43 aber sonst fast ausschließlich auf Gott angewendet wird.44 Daher erkannte auch schon Schlatter anhand der in der MekhY zwölf Mal vorkommenden Wendung »Herr der Welt« 45 dass im Johannesevangelium eine »feierlichere, inhaltsvollere«46 Bezeichnung als für den Auferstandenen ist. Der einzige weitere Beleg in Mk 10,51 verwendet ebenso als besondere Anrede für Jesus. Die galiläische Ausspracheform, die Joh 20,16 und Mk 10,51 einheitlich bezeugen, setzt Beyer schon für das Jahr 40 n. Chr. an.47 Aufgrund der fehlenden Vokalisation in den semitischen Inschriften und den DSS bleibt jedoch das Neue Testament selbst der zuverlässigste Beleg für diese Datierung. Sowohl als auch scheinen beide auf die aramäische Wurzel zurückzugehen, wobei durch die Anhebung des langen ō zu ū in der zweiten Silbe dialektale Besonderheiten der nördlichen Region Galiläas aufweist. Eine Herleitung von den hebräischen Wurzeln oder mit der Grundbedeutung »viel, zahlreich sein/werden«48 erscheint nicht möglich, da diese keine so genau passende Vorlage für den Gebrauch als ehrenvolle Anrede im Neuen Testament liefern wie das Aramäische.49 In der rabbinischen Zeit ist die Verwendung von und dann aber im Kontext hebräischer Texte ganz üblich, wie wir es exemplarisch in der Mekhilta gesehen haben.

2.1.2.(Shd)

Eine weitere im Kontext hervorgehobene Transliteration findet sich in Joh 1,41: »wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: Gesalbter.«50 Sowohl Dalman51 als auch Beyer52 erklären als aramäischen status determinatus53 von dem nach qaīl gebildeten, substantivierten Partizip Passiv der Wurzel 1 »salben, einreiben54«, wie er stets in den alten Targumen (z.B. TO Gen 49,10) vorkommt.55 Der st. abs. lautete ab dem 3. Jh. n. Chr. davor aber aufgrund von griechischen Transliterationen wohl noch 56 Den Vokal e in erklärt Beyer als eine ab dem 3. Jh. v. Chr. gehäuft auftretende Angleichung des Vokals a an einen benachbarten Sibilanten š, die sich unter anderem in der Transliteration Σεμεων (Esr 10,31 LXX)57 des ursprünglich Šamaōn lautenden Namens nachweisen lässt.58 Allerdings ist so noch nicht zweifelsfrei bestimmt, ob bei nun das determinierte aramäische das undeterminierte aramäische oder das undeterminierte hebräische transliteriert. Die DSS tragen zur Klärung folgendes bei: im Gegensatz zu den aramäischen DSS, in denen gar nicht vorkommt, ist in den hebräischen Qumrantexten insgesamt 30 Mal sicher belegt. Dabei fällt zunächst die ungewöhnliche Unterscheidung eines priesterlichen »Messias Aarons« und eines königlichen »Messias Israels« insbesondere in der Gemeinschaftsregel 1QS (125 – 100 v. Chr.)59 »bis zum Kommen eines Propheten und der Messiasse von Aaron und Israel«60 (9,11) auf, die mit der Vision der zwei Ölbäume in Sach 4,11–14 in Zusammenhang zu stehen scheint.61 Des Weiteren tritt ohne Artikel in der Damaskusschrift CD (1. Jh. v. Chr.?)62 » {{vom Tag}} des Lehrers der Gemeinschaft, bis zum Auftreten (des) Messias aus Aaron und Israel« (20,1) und in der teilweisen Rekonstruktion des Melchisedek-Midrasch 11Q13 (75 – 50 v. Chr.)63 »und der Freudenbote, e[r ist] der Geistgesalbte, wie Dan[iel über ihn] sagt: [bis zum Gesalbten, (dem) Fürst]«64 (2,18) auf, was wohl als gehobene Anrede zu verstehen ist.65 Von den 30 sicheren DSS-Belegen für stehen 22 im status constructus,66 drei mit Artikel67 und vier ohne Artikel.68 Daher ist Dalmans Ansicht, dass der in der späteren rabbinischen Literatur belegte artikellose Gebrauch von eine rein babylonische Sitte sei, widerlegt.69 In ähnlicher Weise fehlt auch in der zweiten Belegstelle in Joh 4,25 vor der Artikel: »spricht die Frau zu ihm: ich weiß, dass (der) Messias kommt, der da heißt Christus.« Es liegt daher eher ein Zusammenhang zwischen dem artikellosen in Joh 4,2570 und dem ebenso artikellos gebrauchten in den hebräischen DSS nahe, als ein Zusammenhang mit dem aramäischen st. det. wie er in den Targumen auftritt.71 Daher muss die Möglichkeit der Transliteration des hebräischen durch genauer untersucht werden. Für eine solche Transliteration aus dem Hebräischen sprächen auch die Hebraismen in den aramäischen DSS, welche insbesondere Nomina aus dem Bereich der Religion umfassen, wie es auf zutreffen würde.72 Aber wenn eine grundsätzliche Zuverlässigkeit der tiberischen Vokalisationstradition vorausgesetzt wird, müssten zwei Umlautungsstufen angenommen werden, um die Möglichkeit der Transliteration des hebräischen durch zu erhärten, nämlich (1) eine Vokalkürzung ā > a in der ersten Silbe und (2) eine Vokalanhebung a > e in der ersten Silbe. Falls sich diese beiden Umlautungsstufen nachweisen ließen, könnte ein Zusammenhang zwischen dem hebräischen māšīa und der griechischen Transliteration Μεσσίας begründeter Maßen angenommen werden. Daher sollen diese beiden Umlautungsstufen im Folgenden mit Hilfe des semitischen Sprachvergleichs eingehender untersucht werden.

1.) Zur Vokalkürzung ā > a in der ersten Silbe: Eine Unterscheidung der Vokale ā und a wird in westaramäischen und hebräischen Dialekten außerhalb der tiberischen Vokalisierungstradition nicht vorgenommen. So zeigt Fassberg auf,73 dass der Vokal ā insbesondere im galiläischen Aramäisch (GA)74 und im christlich-palästinischen Aramäisch (CPA)75 mit dem kurzen a zusammenfällt. Des Weiteren weist auch die palästinische Vokalisierungstradition des Hebräischen, die sich zum Teil noch in der heutigen sephardischen Aussprache fortsetzt, eine solche Überlappung von ā und a auf,76 wie es exemplarisch in MS J der Kairoer Geniza in der Vokalisierung in Dan 9,26 greifbar wird.77 Für die Ausspracheverhältnisse in der Entstehungszeit des Neuen Testaments sind allerdings die DSS maßgebend. Zum Qumran-Aramäischen (QA) schreibt Muraoka »we can safely postulate a phonemic opposition between /a/ and /ā/.«78 Dieses ›sichere‹ Postulat muss er dann allerdings mit dem ägyptischen Reichsaramäisch (RA) absichern, dessen Lautverhältnisse er im Bezug auf Vokallänge auch als unsicher beschreibt.79 Dazu belegt das von ihm genannte Beispiel von malka (»Königin von«) und malkā (»Königinnen von«) lediglich die Möglichkeit eines langen ā in der letzten Wortsilbe. Damit kann aber noch nicht unmittelbar auf das Vorkommen eines langen ā in der ersten Wortsilbe geschlossen werden, da im geographisch benachbarten Neuwestaramäischen (NWA) lange Vokale nur in der letzten oder vorletzten Silbe vorkommen können.80 Die Bestimmung der Aussprache- und Vokalisationstradition Palästinas in neutestamentlicher Zeit aufgrund der schriftlichen Überlieferung ist daher insbesondere in quantitativer Hinsicht nur sehr eingeschränkt möglich. Dies bestätigt auch Rosenthal, der zum biblischen Aramäisch schreibt: »How far the subtle Masoretic distinctions are applicable to the pre-Masoretic period of BA remains doubtful.«81 Das Vokalinventar des Qumran-Hebräischen (QH) erscheint noch weniger rekonstruierbar. Reymond82 vermutet zwar, dass es eine Unterscheidung der Vokallänge gab, aber verweist als Beleg vornehmlich auf die Sekunda des Origenes, die im 3. Jh. n. Chr. entstand und handschriftlich erst im 10. Jh. n. Chr. nachgewiesen ist.83 Daher gibt letztere Lautverhältnisse nicht unbedingt zuverlässiger als die bereits erwähnte palästinische Aussprachetradition wieder, deren Anfänge auch etwa bis in das 3. Jahrhundert n. Chr. zurückreichen.84 Dafür ist im QH85 und im judäischen Hebräisch (JH)86 zumindest die klitische Zusammenziehung zweier Worte belegt, wie z.B. in 1QS »sie sollen prüfen ihre Geister« (5,24) oder in Mur 43 (132 – 135 n. Chr.)87 »ich rufe den Himmel zu meinem Zeugen an« (f1,3), die in vergleichbarer Weise auch im PA88 z.B. in *mā tāf> matāf »fürchte dich nicht!« auftritt und stets zu einer Kürzung des ersten Langvokals bei der Aussprache von zwei Worten mit Langvokal führt. Gleiches gilt auch für einzelne Worte mit zwei Langvokalen wie z.B. *mīzān > mizān »Waage«, *bētēn > bitēn »zwei Häuser« oder *mafātī > mafatī »Schlüssel«.89 Auch das NWA90 belegt eine entsprechende Kürzung von Langvokalen im Vorton. Der Ursprung dieses im PA und NWA auftretenden phonologischen Prozesses scheint zwischen der Qalamūn-Region und dem heutigen Israel zu liegen, da eine entsprechende Kürzung von Langvokalen in weiter nördlichen Gebieten (wie z.B. Aleppo) nicht in gleichem Maße vorkommt.91 In Anbetracht dieser Zusammenhänge erscheint es durchaus möglich auch für die neutestamentliche Zeit eine entsprechende Vokalkürzung ā > a in der ersten Silbe des Wortes māšīa anzusetzen, welches zwei lange Silben aufweist. Nach Arnold und Behnstedt wäre eine solche Vokalkürzung älter als eine Vokalanhebung, der wir uns jetzt im zweiten Schritt zuwenden wollen.92

2.) Zur Vokalanhebung a > e in der ersten Silbe: Eine im JPA vorkommende Vokalanhebung a > e/i wurde bereits im Zusammenhang mit erwähnt. Hier soll dieses Phänomen nun eingehender erörtert werden. Fassberg bestätigt eine Vokalanhebung a > e anhand der palästinischen Targumfragmente der Kairoer Geniza vor den Sibilanten s und š.93 Dazu weist er darauf hin, dass bereits im BA eine entsprechende Anhebung a > ä vor Sibilanten wie z.B. in Dan 2,10 »auf dem trockenen Land« auftritt.94 Damit stimmt auch Beyers Datierung dieser Lautverschiebung ab dem 3. Jh. v. Chr. im Wesentlichen überein.95 Die Umlautung a > ä/e findet sich dazu auch im CPA96 sowie in fortgesetzter Entwicklung als e > i im NWA wieder.97 Des Weiteren tritt der entsprechende Wandel a > e auch im PA98 z.B. in *sāa > sēa »Stunde« und noch häufiger im LA99 z.B. in *bāb > bēb »Tür« auf. Auch das QA scheint eine entsprechende Umlautung a > e/i anzudeuten, wie sich z.B. aus dem Austausch ’ > y in Hiobtargum 11Q10 (um 50 n. Chr.)100 »denn ein Mann wie d]u ist deine Sünde (26,2) schließen lässt.101 Eine eindeutige Zuordnung dieses Phänomens erfordert allerdings eine eingehendere Untersuchung, die in diesem Zusammenhang nicht unternommen werden kann. Doch ist ab dem 3. Jh. die Vokalanhebung a > e/i vor Sibilanten dann wieder durch die Sekunda des Origenes belegt.102

Insgesamt betrachtet erscheint die hier untersuchte zweistufige Umlautung von māšīa zu mešīa durchaus naheliegend und in neutestamentlicher Zeit möglich. Die Frage, ob es sich bei in Joh 1,41 und 4,25 um die Transliteration des aramäischen st. det. des aramäischen st. abs. oder des artikellos gebrauchten hebräischen handelt, muss daher zu Gunsten des Hebräischen unter Voraussetzung dialektaler Aussprache entschieden werden. Der aramäische st. det. ließe eigentlich noch einen zusätzlichen griechischen Vokal in der Transliteration erwarten (also etwa 103 während der aramäische st. abs. nirgends in titularer Bedeutung belegt ist. Dagegen kann sowohl der artikellose Gebrauch von in titularer Bedeutung in den hebräischen DSS belegt werden,104 als auch die Transliteration eines griechischen α für ein hebräisches (mit oder ohne Pata furtivum) problemlos vorausgesetzt werden. Der in den Targumen stets gebrauchte st. det. lässt sich vor diesem Hintergrund als Weiterentwicklung des zum Teil noch artikellosen Gebrauchs von in den DSS und im Johannesevangelium erkennen.105

2.1.3.(Sa)

Der erste transliterierte Name, der im vierten Evangelium im Kontext hervorgehobenen wird ist in Joh 1,42: »du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das bedeutet übersetzt: Fels.«106 Dieser griechischen Transliteration liegt der st. det. des aramäischen Wortes zugrunde.107 steht daher für kēfā »der Fels«, wobei das griechische η ein langes ē wiedergibt.108 Bereits im Alten Testament tritt als aramäisches Lehnwort in Jer 4,29 »sie sind in das Dickicht gegangen und auf die Felsen gestiegen« und in Hiob 30,6 »um zu bewohnen Erdlöcher und Steinklüfte« auf.109 In den DSS ist das Wort sicher in dem aramäischen Henochfragment 4Q204 (30 – 1 v. Chr.)110 »und es stieg hinauf zur Spitze dieses Felsens« (f4,3) und in Hiobtargum 11Q10 in »Felsenziegen« 111 (32,1) und »auf dem Felsen wohnt er« 112 (33,9) belegt. Dazu gibt es noch einen weiteren Beleg in der Kupferrolle 3Q15 (25 – 75 n. Chr.)113 »in dem Grab, das im Wadi Ha-Kepha114 [liegt]« (5,12). In allen DSS-Belegen wird allerdings nicht als Eigenname verwendet, weshalb es sich im Neuen Testament um eine ungewöhnliche Namensgebung handelt.115 ist eindeutig Aramäisch.

2.1.4.(Sha)

Die erste transliterierte Ortsbezeichnung mit Erläuterung ist in Joh 5,2: »es ist aber in Jerusalem beim Schaftor ein Teich, der heißt auf Hebräisch Bethesda/Betzeta und hat fünf Säulenhallen.« Die Lesart ist insbesondere in der ASy- und CPA-Überlieferung des Neuen Testaments (syc.p.pal), dem Codex Alexandrinus und dem Mehrheitstext bezeugt und entspricht als Ortsbezeichnung der alten Jerusalemer Lokaltradition.118 Daneben gibt es aber auch die durch den Codex Sinaiticus gut bezeugte Variante die mit großer Unsicherheit als ursprüngliche Lesart in NA28 und GNT5 gewählt wird.119 Dagegen ist Jeremias der Ansicht, dass der gelehrten Textüberarbeitung entstammt.120 Dalman und Beyer vergleichen mit dem Aramäischen »Haus der Huld/Haus des esdā«121 während sie auf das Aramäische »Haus des Ölbaums/ Olivenhaus«122 zurückführen. In diesem Zusammenhang macht Jeremias auf die Problematik der Bezeichnung von »Haus« für einen »Teich« aufmerksam, die er mit der alternativen Übersetzung von im Dativ folgendermaßen zu lösen versucht: »es ist aber in Jerusalem beim Schafteich die auf aramäisch Bethesda genannte (Stätte) mit fünf Säulenhallen.«123 Allerdings ist diese Übersetzung aufgrund des dann fehlenden Bezugswortes für nicht unbedingt besser. Vielmehr hilft der semitische Sprachvergleich dieses Problem zu lösen, nach dem die Wurzel byt auch »Wohnung, Sitz« bedeuten kann.124 Es ist also nicht unbedingt an ein »Haus« im physikalischen Sinne zu denken, was ja auch das weitere Bedeutungsfeld im biblischen Hebräisch nahelegt.125 Die schwieriger zu lösende Frage ist allerdings, ob tatsächlich ein st. det. des Aramäischen (»Gnade/Huld; Schande«) ist.126 Des Weiteren könnte das in theoretisch auch für ein oder sowie das σ für ein (ś oder š) oder stehen.127 Im Vergleich mit den DSS ergibt sich daher neben der häufig belegten Wurzel (»gütig, fromm sein«) auch die Möglichkeit an (»vergießen, ausschütten«) zu denken. Es müssen daher beide Möglichkeiten eingehender geprüft werden.

Zu Insbesondere in Neh 13,14 »gedenke an mich dafür, mein Gott, und tilge meine frommen Taten nicht aus« 2 Chr 32,32 »und die übrige Geschichte Hiskias und seine frommen Taten« 128 und 2 Chr 35,26 »und die übrige Geschichte Josias und seine frommen Taten« 29 wird eine Bedeutungsüberlappung der Wurzel mit greifbar.130 Daher scheint im LBH nicht nur die Eigenschaft der »Gnade/Huld« sondern vor allem auch den »tätigen Erweis der Gnade« zu bezeichnen. Dieses auf den tätigen Erweis zielende Verständnis von liegt vermutlich auch in der Bezeichnung zu Grunde, mit der eine Gruppe von Eiferern für das Gesetz benannt wird, die sich in 1 Makk 2,42 Mattatias, dem Vater von Judas Makkabäus, anschließt.131 Eine ebensolche Bedeutungsnuance des Hulderweises wird dann auch in den Qumrantexten in der häufigen Wendung 132 deutlich, die auf das »Liebe üben« in Mi 6,8 zurückgeht. Besonders in der Gemeinschaftsregel 1QS wird in der Gegenüberstellung von »und ihre Taten« (5,24) und dem darauf folgenden »huldvolle Liebe«133 (5,25) sowie in »um zu tun Treue und Gerechtigkeit und Recht und huldvolle Liebe« (8,2) eine solche Nuance der tätigen Huld deutlich.134