"Das Waisenkind" und "Die Treppe" - Rebecker, Renate Gatzemeier - E-Book

"Das Waisenkind" und "Die Treppe" E-Book

Rebecker, Renate Gatzemeier

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Beschreibung

Wenn Angst und Eifersucht ein verzweifeltes Kind begleiten, kann das für sein menschliches Umfeld tödliche Folgen haben... "Das Waisenkind" Die scheue Lara lebt in einem Waisenhaus und wird von immer wiederkehrenden Alpträumen geplagt. Angst und Verzweiflung bestimmen ihr junges Leben... "Die Treppe" Auf dem Elternhaus der achtjährigen Nina, scheint ein Fluch zu liegen. Im Laufe weniger Jahre kommen hier drei Menschen zu Tode. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die eifersüchtige Nina...

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Seitenzahl: 40

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Rebecker, Renate Gatzemeier

"Das Waisenkind" und "Die Treppe"

zwei leise Psychothriller

 

 

 

Dieses eBook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Lara, das Mädchen aus dem Waisenhaus

Nina und die Treppe

Impressum

Lara, das Mädchen aus dem Waisenhaus

Ein leiser Thriller

Den alten zerzausten Teddy fest an sich gedrückt, stand Lara hinter einer der großen Säulen in der Empfangshalle des Waisenhauses Sonnenhof, das seit zwei Jahren ihr zu Hause war. Von hier aus konnte sie den Eingangsbereich bestens überblicken. Sie musste nur darauf achten, dass der Leiter Herr Schwacke sie nicht noch einmal erwischte. Sollte das geschehen, würde er sie wieder einsperren und davor fürchtete sich Lara ganz schrecklich. Bei ihrem ersten unerlaubten Hiersein war sie bereits in der Nacht in die Halle geschlichen, weil sie Angst hatte, Herr Schwacke könne die neuen Eltern, die sie mitnehmen wollten, einfach wieder wegschicken. Deshalb wollte sie lieber viel zu früh, als auch nur einen Augenblick zu spät da sein. Niemand hatte ihr den genauen Tag ihrer Ankunft genannt, aber sie wusste, dass sie irgendwann kommen würden, um sie abzuholen. Damals hatte Herr Schwacke ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht, als er sie während seines nächtlichen Rundgangs entdeckte. Wütend zog er sie an den Haaren hinter sich her und sperrte sie den Rest der Nacht in der Besenkammer neben seinem Büro ein. Lara hatte die ganze Zeit über geweint und fürchtete sich seither entsetzlich vor der Dunkelheit. Jede Nacht träumte sie von der Butze, in der es Unmengen von Spinnen und Mäusen geben musste. Piepsende und raschelnde Geräusche jagten ihr immer wieder Schauer über den Rücken. Wenn sie nachts in ihrem Bett schweißgebadet aufwachte, traute sie sich nicht wieder einzuschlafen, aus Furcht weiter zu träumen. Seither bestimmte Angst ihr Leben. Manchmal fantasierte sie auch wegen der Sache mit Niko, aber nicht so oft wie von der unheimlichen Besenkammer. Nie wieder würde sie dorthin gehen. Sie schüttelte sich. Wenn doch nur Herr Schwacke nicht wär.

Ihre schulterlangen schwarzen Haare und die vor Aufregung geröteten Wangen erinnerten an ein kleines Schneewittchen.

Sie trug ein gelbes Hängerchen mit kurzen Ärmeln, das ihr bis an die Waden reichte. Erst vor einigen Tagen hatte sie es von Janina, einem größeren Mädel, welches auch in dem Haus lebte, geschenkt bekommen. Es war Laras Lieblingskleid. Die kleinen Füße steckten in weißen Kniestrümpfen und wie immer, wenn sie nervös war, wippte sie auf den Zehenspitzen vor und zurück. Bereits vor einer Woche hatte sie ihren kleinen Kinderkoffer mit dem Nötigsten gepackt und schleppte ihn überall mit sich herum

Nach dem Frühstück herrschte in der Halle absolute Ruhe. Die Schulkinder befanden sich im Schulgebäude nebenan und die Kleinen waren im Kindergarten gegenüber. Dort hätte Lara mit ihren knapp sechs Jahren eigentlich auch sein sollen, aber seit einigen Tagen durfte sie nur noch unter Aufsicht irgendwohin gehen. Sie wusste nicht genau warum, ahnte aber, dass es mit Nikos Unfall zusammenhing. Sie war froh, wenn die Erzieherin vergaß die Tür hinter sich abzuschließen, wenn sie für eine Weile fort musste. Dann schlich Lara heimlich hierher in die Halle und versteckte sich hinter einer der Säulen, von wo aus sie zwar alles überblicken, nicht aber gesehen werden konnte. Früher teilte Lara sich das Zimmer mit Emma und Jule, aber die waren vor ein paar Tagen umgezogen. Das Alleinsein steigerte ihr Angst vor der Nacht und den damit immer wiederkehrenden Träumen.

Die Meiers kamen seit mehreren Monaten regelmäßig am Wochenende die weite Strecke von Hamburg nach Göttingen gefahren, um Lara zu besuchen. Reisten samstags in aller Früh an und blieben bis Sonntagnachmittag. Immer unternahmen sie gemeinsam irgendetwas Schönes. Lara lächelte bei dem Gedanken an Simone und Ralf, die ihr so viele wundervolle Stunden beschert hatten und die sie wie richtige Eltern liebte. Verstohlen schaute sie zur Wanduhr, die direkt über der Eingangstür hing. Sie konnte die Uhrzeit noch nicht wirklich lesen, wusste aber, wenn der große Zeiger den kleinen überholt hatte, war eine Stunde vergangen. Irgendwann erschien dann Frau Schröder, eine nette Erzieherin und nahm sie bei der Hand. „Komm Lara, es wird Zeit zu gehen, gleich gibt es Mittagessen.“

Doch jedes Mal schüttelte Lara energisch den Kopf und schaute Frau Schröder flehentlich an. „Die haben versprochen mich abzuholen, ich muss auf sie warten… Bitte, nur noch eine Stunde.“

„Ich glaube nicht, dass sie heute kommen werden, das habe ich dir doch schon so oft gesagt.“ Sie seufzte und fasste das kleine Mädchen bei der Hand, um es fortzuziehen. In diesem Moment bog Herr Schwacke, der Heimleiter, um die Ecke. Erstaunt runzelte er die Stirn. „Gibt es schon wieder ein Problem mit Lara, Frau Schröder? Warum steht sie hier mit einem Koffer in der Hand herum?“ Irritiert kratzte er sich am Kopf.