Das Watt - Karsten Reise - E-Book

Das Watt E-Book

Karsten Reise

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Beschreibung

«Das Watt ist ein Trick der Natur, der uns erlaubt, das Meer zu Fuß zu besuchen. Watt lebt vom tiefen Ein- und Ausatmen des Meeres.»  Zwischen Land und Meer, sichtbar bei Ebbe und verborgen in der Flut, liegt eine faszinierende Naturlandschaft: Das Watt. Kaum jemand kennt diese flüchtige Welt besser als Karsten Reise, seit Jahrzehnten widmet er sich der Erforschung und dem Schutz des Wattenmeers mit unerschöpflicher Leidenschaft und Neugier. In seinem Buch erzählt er anschaulich und voller Zuneigung zu den Wattbewohnern vom mitunter harten Leben der Weichtiere, von der Arbeitswut des Wattwurms und «systemrelevanten Garnelen» – ein Buch wie ein Watt-Spaziergang, nur mit trockenen Füßen.   

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Seitenzahl: 353

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Karsten Reise

Das Watt

Wunderwelt zwischen Land und Meer

 

 

 

Über dieses Buch

«Das Watt ist ein Trick der Natur, der uns erlaubt, das Meer zu Fuß zu besuchen. Watt lebt vom tiefen Ein- und Ausatmen des Meeres.» 

Zwischen Land und Meer, sichtbar bei Ebbe und verborgen in der Flut liegt eine faszinierende Naturlandschaft: das Watt. Kaum jemand kennt diese flüchtige Welt besser als Karsten Reise, seit Jahrzehnten widmet er sich der Erforschung und dem Schutz des Wattenmeers mit unerschöpflicher Leidenschaft und Neugier. In seinem Buch erzählt er anschaulich und voller Zuneigung zu den Wattbewohnern vom mitunter harten Leben der Weichtiere, von der Arbeitswut des Wattwurms und «systemrelevanten Garnelen» – ein Buch wie ein Wattspaziergang, nur mit trockenen Füßen.   

Vita

Prof. Dr. Karsten Reise ist zwischen Nord- und Ostsee aufgewachsen. Er lehrte Zoologie, Meereskunde und Küstenforschung an den Universitäten Göttingen, Hamburg und Kiel und erforschte das Watt vor Sylt. Am Alfred-Wegener-Institut leitete er die Wattenmeerstation Sylt und wirkte daran mit, dass das Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Er lebt in List auf Sylt.

Inhaltsübersicht

Für Dago und ...

Gehen wir ins ...

Wenn du Leuten ...

Die Bucht Königshafen ...

Ich bin nicht im Watt geboren

Wie einzigartig ist das Wattenmeer?

Es begann wie im Märchen

Es war einmal ein kleiner Hafen

Eine Bucht im Norden, ihr König und die Erfindung der Ökologie

Watt kommt von waten

Watt verbindet durch Allmählichkeit

Erfolg durch Missgeschick

Watt ohne Wattwürmer

Was kommt nachts im Watt ans Licht?

Um zu überleben, macht jeder sein eigenes Ding

Auf Wanderschaft im Gezeitenmeer

Die Hacker im Nahrungsnetz

Eisiger Fluch und warmer Segen

Ist das Wattenmeer nur eine vorübergehende Erscheinung?

Der schwarze Tod

Der andere Tod

Grüne Revolte

Hunger auf Miesmuscheln

Als die Pazifische Auster kam

Bereit für ein wärmeres Wattenmeer?

Von Flugplänen, Reisezielen und enger werdenden Zeitfenstern

Als Meinert Mommsen ans Fenster klopfte

Ein Fischräuber wird zum Sympathieträger

Die Erfindung des Wattenmeeres

Kann man eine Küste vererben?

Die anderen macht das Watt glücklich

Raub des Meeres

Vom Wert der Natur

Atlantische und pazifische Watten

Eine offene Gesellschaft von Überlebenskünstlern

Nach der Ebbe ist vor der Flut

Das letzte Wort …

Dank

Quellen und weiterführende Literatur

Bildnachweis

Für Dago und Finn

Gehen wir ins Watt, betreten wir eine Welt

so alt wie die Erde selber – den Ort

ursprünglicher Begegnung der Elemente

Erde und Wasser, einen Ort der Kompromisse,

des Konflikts und des ewigen Wandels.

RACHEL CARSON (1955)

Wenn du Leuten erzählst, was du bei

Niedrigwasser sehen kannst, dann

denken sie, du übertreibst oder lügst,

obwohl du nur besonders wunderbare

Dinge möglichst klar erklärst.

JIM LYNCH (2005)

Die Bucht Königshafen im Norden von Sylt.

Ich bin nicht im Watt geboren

Ich war schon acht, als ich zum ersten Mal in Nordseewellen schwamm. Das Meer ließ mich spüren, wie leicht es mich trug. Damit hatte es mich für immer gewonnen.

Als Zehnjähriger bin ich erstmals um die flache Bucht auf Sylt gelaufen, die Königshafen heißt, bei List, wo ich bis heute wohne und forsche. Meine Beine waren die kürzesten, aber ich war stolz, mit den Großen laufen zu dürfen. Vom Schwimmen am Inselende, der Ellenbogenspitze, rieten mächtige Strudel unmissverständlich ab. Schafe betreuten die Salzwiesen, Strandflöhe hüpften wohl aus Freude durcheinander, und dazwischen fand ich eine vom Bohrschwamm durchlöcherte Austernschale für meine kleine Sammlung. Die Austernschale sah aus wie ein Sieb. Seit dieser Zeit liebe ich wie das Meer auch das Watt, so matschig und nutzlos es auch lange galt. Für mich war es nie nutzlos. Für mich gab es eine Welt zu entdecken, die auf magische Weise mal sichtbar und mal unsichtbar war. Wurde sie sichtbar, zog sie mich unwiderstehlich an.

Wer kennt nicht die Verlockung, zwischen zwei Fluten so weit wie möglich ins Watt zu waten, wohin bei Ebbe und ablandigem Wind das Meer zurückgewichen ist? Wen zog nicht ins Watt die Neugier auf das Leben am Grund, den das Meer nur für einen Augenblick dort bloßlegte? Was hat das Watt, dass man so etwas macht: nicht weiß, ob die Flut genug Zeit lässt, wieder an Land zu kommen, zu Fuß oder schwimmend? Wer blieb weit draußen sogar einfach mal stehen, bis Garnelen und Grundeln nicht nur an Zehenspitzen kitzelten, sondern schließlich am Hals, ist dann losgeschwommen, hat kein Land mehr gesehen …?

Das Watt zwischen Land und Meer bleibt ein Abenteuer. Für uns Landtiere sowieso, die im Watt immer nur kurz zwischen zwei Fluten zu Besuch sein können. Schlick saugt an den Füßen, plötzlicher Seenebel raubt die Orientierung, bei Gewitter sind wir verlockend für einschlagende Blitze. Selbst für alle Meereswesen, die dort wohnen, aber immerzu auf- und abtauchen müssen, sich bei Ebbe verkriechen, ausharren oder wegschwimmen, ist das Wattleben voller Unwägbarkeiten. Auch für das viele Wattgevögel: Wo gibt es was zu picken, zu stochern oder zu ertauchen? Und was passiert mit Wattrippeln bei Flut? Was wird aus den Schalen, wenn eine Muschel ihr Leben aushaucht? Was überhaupt ist Sand, was ist Schlick, und wozu sind die Priele da?

Von solchen Watterkundungen und Wattforschungen erzählt dieses Buch. Und es fragt auch, warum dort kaum natürliche Harmonie zu finden ist, warum Watt entstand und wieder verschwand, sich immerzu veränderte und dennoch schließlich für uns an Reiz und Wert gewann. Stecken in so einem Watt nicht nur Wunder, sondern auch Hoffnung und Zuversicht?

Ich erforschte Watten weltweit und im kleinen Königshafen von Sylt bereits seit 20 Jahren, als mich Tony Chapman 1995 besuchte, ein kanadischer Algenforscher. Tony und mich verband ökologisches Experimentieren an Meeresküsten. So tat er mir den Gefallen und ließ sich auf eine Wattwanderung durch den Königshafen ein. Wir fanden hier und da einzelne Algen, aber nichts Spektakuläres. Handfeste Algen lieben Felsen in starker Brandung, nicht aber haltlosen Schlick. Für Tony war deshalb der Königshafen alles andere als einladend. Den absoluten Tiefpunkt fand unsere Tour in einer Schlicksenke, die ich ansteuerte, um ihm dort zusammengespülte Grünalgen zu zeigen. Aber wir steckten fest im Matsch, und Tony machte seinem Entsetzen Luft: «Karsten, this is absolutely disgusting!» Ich sah ihn betroffen an. Zwar reichten meine Sprachkenntnisse, um zu verstehen, dass er diese Situation als ekelhaft empfand, aber ich war so in meinem Element, dass ich sein Gefühl nicht nachvollziehen konnte.

Das merkte er, und wir mussten lachen. Es entspann sich ein Gespräch über die Wirkung von Watt und Felsküsten auf unser ökologisches Denken, auf unseren Charakter. War Tonys Hang zu harten Fakten und klaren Aussagen von steilen Klippen geprägt? Dort wachsen von oben nach unten erst grüne, dann braune und schließlich rote Algen in geordneten Zonen. Oder hatte er ein Forschungsgebiet gefunden, das seinen Neigungen entsprach? Hat sich beides wechselwirkend verstärkt? Wir sackten immer noch etwas tiefer in den Matsch. Und wie lag das bei mir? Was hat das Watt über all die Jahre mit mir gemacht? War ich matschig im Kopf geworden und versandeten bei mir klare Gedanken? Wie sich Würmer und Muscheln im Wattboden verteilen, ist nicht so offensichtlich wie Algen an felsigen Küsten. Ich musste erst mühsam nach den Tieren im Wattboden graben und sie aussieben, um Zonierungsmuster zu erkennen. Die blieben zudem ziemlich verschwommen. Vermutlich war das Watt nicht steil genug und die Bodenarten zu sehr durchmischt. Fühlte ich mehr mit den Versackten und Tony mit denen, die immer sauber blieben?

Wir waren nicht nur ins Gespräch vertieft, sondern außerdem mittlerweile tief verschlammt. Nur unter Mühen gelangten wir ans Ufer, und Tony hatte leicht das letzte Wort: «Now you know what I mean, don’t you?» Ja, ja. Aber lag der Reiz des Watts nicht gerade im Verborgenen? Und hat es nicht außerdem die große Weite, die Ruhe und die Vogelscharen bis zum Horizont? Im Schlick zu stecken ist lästig. Aber auf rutschigem Felsenufer hinzuschlagen tut auch nicht gut. Im nordspanischen Galizien setzen mutige Fischer in tobender Brandung ihr Leben aufs Spiel, um von Felsen Entenmuscheln abzukratzen. Zweifellos färbt die Mitwelt auf uns ab, aber ebenso sicher formen wir uns zumindest im Geiste unsere Mitwelt so, wie wir sie aushalten oder sogar lieben können.

Seit fast 50 Jahren bin ich nun Wattforscher und ich weiß noch, wie vom nahen Deich im Abenddämmern pausenloses Knallen erscholl, Hunde mit Gebell ins Watt wetzten und mitbrachten, was taumelnd vom Himmel fiel. Das Watt ist heute nicht mehr zum Schießen da. Aus ihm wird auch nicht mehr eingedeichtes Land, sondern es ist unschätzbar wertvoll geworden. Wie es zu diesem Sinneswandel kam, habe ich selbst miterlebt und es drängt mich, davon zu erzählen. Auch, wie es gelang, dass eine einst als trügerisch und öde verkannte Flachküste schließlich als Wattenmeer 1985 zum Nationalpark und 2009 zum Erbe der Menschheit erklärt wurde. Nicht nur änderte sich unser Blick auf diese sonderbare Naturlandschaft, sondern auch das Watt selbst wandelte sich, hat seine Geschichte und Geschichten. Die Erforschung der Ökosysteme hatte ihr Konzept von Wald und Wiese dem Watt zunächst einfach übergestülpt, und die Meeresforschung hatte sich kaum um diesen verschwommenen Saum zwischen Land und Meer gekümmert. Das gefiel mir nicht und ich fand, die Wattforschung sollte ihr eigenes Konzept entwickeln, um den Eigenheiten dieser amphibischen Welt besser gerecht zu werden.

Das Watt gehört ganz klar zum Meer, auch wenn es uns bei Ebbe vorgaukelt, ein Land zu sein. Selten braust im Watt das Meer mit voller Wucht auf. Schmiegt sich meist sanft ans Land, zeigt nur kurz mit dem Watt seinen weichen Grund her. Wissenschaftlich betrachtet: Watt ist allseits auf Empfang, produziert selbst viel und bewirtet schwimmende und fliegende Gäste mit reich – aber niemals gleich – gedecktem Tisch. Im Watt leben nicht nur ausgebuffte Opportunisten und solche, die hart im Nehmen sind. Verborgen im Wattboden entfaltet sich eine Parallelwelt mikroskopisch kleinster Meereswesen. Die sind von unglaublicher Vielfalt und erst lückenhaft erforscht. Unter den gefiederten Fliegern sind Herumtreiber ebenso wie Hochleistungssportler mit engstem Zeitplan auf eiliger Durchreise. Alles in allem lebt im Watt eine vielschichtige Gesellschaft, die einen mit- und die anderen gegeneinander.

Und ein Nebeneinander kommt auch noch vor. Gemeinsam ist allen nur das sichere Zeitgefühl für Ebbe und Flut. Auf ihre Art tuscheln im Watt Land und Meer miteinander. Belauschen wir sie, entdecken wir vielleicht neue Wege zu ersehnten Ufern. Die werden wir brauchen. Weltweit stauen sich an den Küsten mehr Menschen in Metropolen, die kaum über und manchmal sogar schon unter dem Meeresniveau gebaut sind, und das, obwohl der Meeresspiegel klimabedingt nun wieder schneller zu steigen beginnt. Bei Sturm bremst das Watt das hochwogige Meer, bevor es unsere Ufer erschüttern kann. Das Watt ersetzt harte Grenzen durch seine Allmählichkeit. Schon darum lohnt es, der Wattnatur achtsam zu begegnen und auf den Grund zu gehen.

Dieses Buch erzählt vom oft untergründigen und flüchtigen Leben im Watt und empfiehlt, in dem Mit- und Durcheinander von Natürlichem und Verändertem auf Anregungen zu achten. Regeln, so scheint mir inzwischen, spielen im Wattleben nur Schattenrollen. Der Zufall ist dagegen dort ein großer Meister. Das Wechselbad von Ebbe und Flut lässt oftmals Leerstellen im Gemenge der Wattwesen frei. Auch wer aus Übersee stammt, kann sich leicht und locker einbringen. Alles ist wie im Fluss. Immer hat die Wattnatur Überraschungen auf Lager. Noch immer weiß ich nichts über ein mögliches Wir-Gefühl von Wattwürmern. Lässt sich die Flugfreude schwärmender Küstenvögel auch auf den Square Dance der Krebse übertragen? So manches Tier entzieht sich mit Geschick weiterhin allen Nachforschungen.

Viele Rätsel sind noch ungelöst. Enttäuscht kam ich nie aus dem Watt zurück, höchstens erschöpft, wenn ich zu lange blieb und die Flut mich auf dem Rückweg überholte. Im Watt sind wir immer nur Gast auf Zeit. Es bleibt ein spannender Erkundungsraum in sonst schwer zugänglicher Meeresnatur. Der bin ich forschend begegnet, ließ mich hinters Licht führen und erfuhr dennoch viel über ihr Wesen und ihre Wesen, was sie lieben und woran sie leiden. Davon und was es uns bedeutet, wird im Buch erzählt.

Watten gibt es fast überall

Weltweit betrachtet gibt es nicht viel Watt. Doch das größte zusammenhängende Wattgebiet taucht im Wattenmeer an der Nordseeküste auf.

Watten säumen viele Küsten unseres Planeten, aber meist sind sie in kleine Buchten gedrängt. Ihre Gesamtfläche von knapp 130000 Quadratkilometern ist vergleichsweise gering. Eine einzelne Bucht kann zwar zwischen oberem und unterem Gezeitenbereich – also der Uferzone, die bei Ebbe auftaucht und danach bei Flut wieder im Wasser versinkt – verschiedene Ausprägungen des Wattbodens und seiner Bewohner aufweisen, aber erst über lange Küstenabschnitte zeigt sich die Vielfalt verschiedenster Wattsedimente, Mischungen zwischen Süß- und Salzwasser, viel und wenig Nährstoffen, vor Wellen geschützte oder ihnen ausgesetzte Watten sowie Unterschiede im Tidenhub von Zentimetern bis zu mehreren Metern.

Die über 500 Kilometer lange Wattenmeerküste der Nordsee zwischen den Halbinseln Den Helder und Skallingen erfüllt solche Bedingungen. Kein anderer Küstenstrich auf der Welt verfügt über eine so große zusammenhängende Wattfläche – nämlich über 4700 Quadratkilometer, eingebettet in ein Schutzgebiet mit Flachwasser und Inseln von über 11000 km2. Diese Ausdehnung und Vielfalt macht das Wattenmeer für die weit herumziehenden Küstenvögel so einzigartig, dass hier die größten Schwärme über die Watten flügeln.

Wie einzigartig ist das Wattenmeer?

Weltweite Wattfläche im Vergleich: kaum größer als Java oder die Schweiz und Österreich oder die deutsche Waldfläche (ein Drittel Deutschlands).

Die Frage, wie viel Watt es weltweit gibt, blieb lange offen. Seekarten kennzeichnen Watten nicht einheitlich genug. Satellitenbilder zeigen die volle Wattausdehnung nur, wenn sie bei niedrigstem Tidenstand aufgenommen wurden. Das hat seine Tücken, denn jeder Küstenort hat seine eigene Niedrigwasserzeit, je nach Lage zum Drehpunkt des regionalen Gezeitenwirbels und der Form des Küstenverlaufs. Die Höhen astronomischer Tiden werden außerdem vom aktuellen Wind mal angehoben und mal gesenkt. Außerdem sind die Übergänge zu Salzwiesen, Mangroven, Korallen oder Geröll oft gleitend und verschwommen. Sehr komplexe Filterprogramme mussten erst entwickelt werden, um Watt von anderen Flachwasserzonen auf den Satellitenbildern unterscheiden zu können.

Das Team des Australiers Nick Murray errechnete aus über 700000 Satellitenbildern, aufgenommen zwischen 1984 und 2016, eine weltweite Wattfläche von fast 130000 Quadratkilometern. Das ist wenig mehr als die Fläche von Java oder – für Binnenländer – von Österreich und der Schweiz zusammen und entspricht der Waldfläche Deutschlands. Mangroven und Seegraswiesen haben eine ähnliche Ausdehnung. Zehnmal größer ist dagegen die Anbaufläche für Sojabohnen in Südamerika. Obwohl breiter als Strände, sind im globalen Maßstab Watten doch immer nur ein schmaler Saum zwischen Land und Meer.

Besonders viel Watt taucht am Gelben Meer von Shanghai bis zur Spitze der koreanischen Halbinsel auf. Große Wattflächen säumen das Delta vom Indus bis nach Bombay, vom Ganges-Brahmaputra-Delta bis ins nördliche Myanmar sowie beiderseits der Meerenge von Malakka zwischen Malaysia und Sumatra. Das größte zusammenhängende Wattgebiet befindet sich indessen im europäischen Wattenmeer der Nordsee. Es umfasst eine zusammenhängende Wattfläche von 4700 Quadratkilometern, nur unterbrochen von tiefen Gezeitenrinnen sowie den Mündungstrichtern von Elbe, Weser und Ems. Diese Fläche entspricht einem zehn Kilometer breiten Korridor von Sylt bis Berlin. Die Anbaufläche für Raps in Deutschland ist etwa doppelt so groß. Dennoch, für eine Wildnis im heutigen Europa ist das Watt von Skallingen in Dänemark bis Texel in den Niederlanden beachtlich groß. Watten in den Buchten der Britischen Inseln oder entlang der französischen Atlantikküste sind wesentlich kleiner.

Graues Watt im Wattenmeer von Skallingen bis Texel.

Vom Wattenmeer zählen nur knapp sechs Quadratkilometer zum Sylter Königshafen, aber diese kleine Fläche ist für die Wattforschung wie geschaffen. Die Bucht liegt nicht nur geschützt vor der Nordsee, sie ist außerdem noch gesetzlich geschützt. Die Ufer säumen Strände, Salzwiesen und ein Deich. Alle Wattformen vom oberen bis zum unteren Gezeitenbereich und vom Schlick- bis zum Sandwatt sind vertreten. Außerdem kommen Seegraswiesen und Muschelbänke vor und ein tiefer Priel mit Sandbänken am Rand schlängelt sich hindurch. Der Übergang zum ständig wasserbedeckten Wattenmeer verläuft zunächst flach bis auf zwei Meter unter normalem Niedrigwasser und fällt dann erst am Hang einer Gezeitenrinne steil ab bis auf 20 Meter Tiefe. Ein Wattenmeer im Kleinen ist der Königshafen dennoch nicht. Erst über die 500 Kilometer Küstenstrecke vom nordöstlichsten (Ho Bugt bei Skallingen) bis zum südwestlichsten Watt (Balgzand bei Texel) wird die regionale Vielfalt im Tidenhub, Salzgehalt oder mittleren Seegang deutlich. Das spiegelt sich facettenreich im Wattleben wider. Diese Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen und des darauf antwortenden Lebens macht das Wattenmeer erst zu einem Wattenmeer.

Dieses Wattenmeer fügt sich in einen trichterförmigen Küstenverlauf mit den Mündungen von Elbe und Weser im Zentrum. Dort schwankt der Salzgehalt am stärksten und ist der Tidenhub am größten. Von etwa vier Meter fällt er zum westlichen und nördlichen Ende auf anderthalb Meter ab. Nur dort könnte ich an der Niedrigwasserlinie stehen bleiben und die Flut würde mir nicht über den Kopf steigen, allerdings nur, wenn ausnahmsweise mal keine Wellen schwappen. Im Abstand von fünf bis 15 Kilometer zum Festland liegen Düneninseln aufgereiht wie auf einer Perlenkette. Die meisten Inseln sind durchs Watt zu Fuß erreichbar, wenn die Priele bei niedrigstem Wasserstand durchquert werden. Dabei kommt es auf ein geschicktes Timing an. Zur Mitte des Küstentrichters hin werden die Inseln kürzer und die Dünen flacher, während die Wattflächen dort am größten sind. Jede Teilregion hat ihre Eigenheiten. Das dänische Watt wächst, während das angrenzende nordfriesische Watt schrumpft. Dort aber wurzelt das meiste Seegras. Im Watt nördlich der Elbmündung versammeln sich im August die Brandenten Westeuropas zum Mausern. Im zentralen Wattenmeer schwankt der Salzgehalt am stärksten und leben die meisten der großen Sandklaffmuscheln. Am schlickigsten sind Dollart und Jadebusen. Sonst überwiegt im Wattenmeer ein sandiges Watt. Die Muschelbänke liegen vornehmlich im Schutz der Inseln. Die meisten Kegelrobben halten sich ganz im Westen auf. Bis zu zwölf Millionen Küstenvögel ziehen im Jahr durch das Wattenmeer. Und etwa ebenso viele Menschen besuchen die Inseln und die am Watt liegenden Ferienorte der Festlandsküste – für brütende Küstenvögel wird es dadurch eng.

So wie der Planet Erde selbst ist auch jeder Fleck dieser Erde einzigartig. Das ist zwar messbar, aber liegt doch weitgehend im Auge des Betrachters. Als mich der Wattforscher Akio Tamaki aus Japan im Wattenmeer besuchte, kam er aus begeistertem Staunen nicht heraus. In Japan sind Watten höchstens mal einen Kilometer breit. Da an der Küste Japans ebener Baugrund rar war, wurden viele der spärlichen Watten zugeschüttet. Umso wichtiger wurde dadurch der verbliebene Rest. Die Weite im Wattenmeer faszinierte Akio so sehr, dass er mir heute noch davon schreibt. Dadurch weiß ich das Wattenmeer in seiner Gesamtheit, über Ländergrenzen hinweg, erst recht zu schätzen.

Es begann wie im Märchen

Es war im Jahre 1988 über dem Watt vor Borkum. Zu dieser Insel ließ sich der amtierende Umweltminister Klaus Töpfer zum Urlaub fliegen. Vom Piloten auf das ungewohnte Grün im Watt aufmerksam gemacht, veranlasste er einen Forschungsauftrag, um dem auf den Grund zu gehen. Auch im Watt vom Königshafen wucherten zu dieser Zeit grüne Algen in Massen, wo vorher sonst kaum welche gewesen waren. Erste Befunde dazu hatte ich bereits publiziert und so erhielt ich den Auftrag. Zuerst brauchten wir einen Überblick. Da die angebotenen Hubschrauber vom Bundesgrenzschutz viel zu laut dröhnten und alles Federvieh aufscheuchten, starteten wir mit einem kleinen Sportflugzeug. Jürgen Meyer-Brenkhof, ein begeisterter Pilot, flog uns übers Wattenmeer. Was wir damals nicht ahnen konnten: Daraus wurde eine Flugfreundschaft für die nächsten dreißig Jahre. Das Kartieren von Grünalgen und Seegraswiesen im Watt wurde zu einer Daueraufgabe der staatlichen Umweltbeobachtung. Gestartet wurde vom Flughafen bei Westerland auf Sylt: im Juni, wenn Grünalgen schon erste Teppiche im Watt bilden konnten, im Juli, wenn Seegrasblätter erste Wiesen formten, und im August, wenn das Seegras am dichtesten wuchs und bevor erste Herbststürme Grünalgen wieder wegspülen konnten. Beides, Grünalgen und Seegräser, wollten wir im Blick haben. Die Grünalgen waren für uns der Indikator für überdüngtes Küstenwasser und die Seegräser Indikator für saubere Verhältnisse.

So klar unsere normative Entscheidung zwischen Gut und Schlecht war, zum Verzweifeln schwierig wurde es, aus 300 Meter Höhe zwischen Grünalgen und Seegräsern richtig zu unterscheiden: beide gleich grün oder doch etwas anders grün? Foppte nur die Sonne den Blick bei wechselndem Licht? Wolken warfen trügerische Schatten und täuschten Wattbewuchs vor. Wir lernten schnell, genauer hinzuschauen: Seegraswiesen waren meist wie mit Adern von kleinen Prielen durchzogen und sahen von oben aus, als wenn sie gekämmt worden wären. Das kam bei Grünalgen so nicht vor. Meterlange, dunkelgrüne Stränge waren jedenfalls immer ein untrügliches Zeichen für fädige Grünalgen, vom Ebbstrom zu Zöpfen verflochten. Wellen konnten sie zu Teppichen zusammenspülen, manchmal sogar aufrollen. Auf Muschelbänken wuchsen außerdem salatblättrige Grünalgen in leuchtendem Grün. Das betrachteten wir als ein gesondertes Phänomen. Rissen Wellen diesen Algensalat von den Bänken fort, trieb die Flut ihn in Buchten, wo er weiterwuchs und sich dort mit anderen Algen mischte.

Verloren waren wir, wenn Grünalgen und Seegräser durcheinanderwuchsen. Jürgen, der Pilot, erkannte unsere Not und flog dann so viele Runden um das fragliche Grün, bis wir uns entscheiden konnten oder einem davon speiübel wurde. Neben dem Piloten kartierten immer sechs Augen. Wer vorne im Cockpit saß, das war meistens ich, hatte den Überblick und das letzte Wort. Die beiden dahinter kartierten entweder zur linken oder rechten Seite. Zurück am Boden, entstand aus drei Versionen eine gemeinsame Karte. Keineswegs waren wir perfekt, aber wir vertrauten darauf, dass wir in jedem Jahr etwa gleich viele Fehlentscheidungen trafen, sodass trotzdem wahre Veränderungen erfasst wurden. Ergänzend oder klärend kamen immer auch Beobachtungen von unten mit hinzu.

Selbst im Himmel waren wir an Ebbe und Flut gebunden. Wenn schon Wasser über Seegräser und Algen floss und kräuselnde Wellen den Durchblick verwehrten, war für uns nichts mehr zu machen. Wir flogen daher immer zeitig los, um an der Elbmündung bei gut abgelaufener Tide zu beginnen. Dann hatten wir rund drei Stunden Zeit für den in großen Schleifen verlaufenden Flug zurück nach Sylt. Im Norden war der niedrigste Wasserstand erst zwei Stunden später als vor der Elbe. Fotos oder Satellitenbilder wären bequemer gewesen, aber reichten uns nicht, um Grünalgenwatt von Seegraswiesen unterscheiden zu können. Darauf aber kam es uns ja an.

Kein Flug endete ohne Extrarunden um den Königshafen. Das musste sein, denn außer Seegras und grünen Algen gab es für uns ja noch viel mehr von oben zu sehen. Muschelbänke und Muschelschill; goldbrauner Schlick durch Diatomeen (Kieselalgen); hellgrünes Schimmern von einzelligen grünen Algen, die bei Licht nach oben kamen und bei Flut wieder im Boden versanken; schwarzgrüne Polster von fädigen Schlauchalgen in der Elbmündung; mausernde Brandenten im Dithmarscher Außenwatt; Hausgrundrisse, Brunnen und Gräben beiderseits vom Rummelloch, einem Priel, der Spuren von vor vierhundert Jahren untergegangenen Marschdörfern wieder freilegte; Seehunde an Prielhängen und etwas abseits von ihnen die dunkelbraun melierten Damen und schwarzweißen Herren der Eiderenten; das Wrack der havarierten Pallas; vor Büsum im Watt flanierende Menschengruppen und ein Kreis um eine erklärende Wattführerin; Pferdekutschen von Neuwerk hinterließen eine helle Schneise, wo sie durch Grünalgenmatten rollten. Und vieles mehr.

Der Blick von oben lässt endlose Wattweiten zusammenschnurren. Dafür aber zeigt er das große Muster von Schlick und Sand und die von unten nicht fassbaren Prielverläufe. Form und Lage von Muschelbänken treten hervor und die rechteckigen Felder der Landgewinnung. Auch wenn am Ende der Kopf dröhnte, hatte jeder Flug Neues gebracht – nur nicht im Nebel oder wenn Regen den Blick verschwimmen ließ. Freigespülte Wracks warnten vor möglichem Missgeschick. Zwar malten wir uns oft aus, wie die Notlandung auf einer der Sandbänke wäre, aber dazu kam es nie. Immer setzte Jürgen uns sicher und souverän wieder auf dem Flughafen bei Westerland ab.

Zu Anfang überflogen wir das gesamte Wattenmeer von den Niederlanden bis Dänemark, denn Ökologie kennt keine Grenzen und das Watt keine Nationalfarben. Seehunde verteilen sich immer wieder neu, wahrscheinlich je nach Ergiebigkeit ihrer Fischgründe in Wattenmeer und Nordsee. Vogelschwärme rasten mal auf dänischen Sandbänken und picken danach deutsche Muscheln und umgekehrt. Plankton treibt parallel zur Küste mit der Strömung vorwiegend von Südwest nach Nordost im Wattenmeer, hinter den Inseln oft aber auch umgekehrt, und die wechselnden Windrichtungen haben immer das letzte Wort. Von oben aus ist die Zusammengehörigkeit der Watten und Priele von Texel bis Skallingen ganz offensichtlich. So verschieden die Menschen an der Küste auch sprechen mögen, das Wattenmeer ist eine natürlich gewachsene Einheit.

Es war einmal ein kleiner Hafen

Den Naturbegriff verwende ich ohne esoterisches Flimmern und ideologisches Flackern. Mir geht es um die Substanz und nicht die Essenz, also um die reale Natur und nicht deren Wesen. Diese Natur hat Geschichte, aber das Wort Naturgeschichte (Historia naturalis) gilt als veraltet. In der Antike umfasste Naturgeschichte alles, was unsere Sinne wahrnehmen können (Aristoteles) im Gegensatz zur abstrakten Welt der Ideen (Sokrates und Platon). In der Neuzeit wurde daraus vornehmlich die Kunde von Sternen, Mineralien, Pflanzen und Tieren. Die galten im Abendland als zeitlose Werke einer Schöpfung. Als sich dann aber die Entwicklungsgeschichte unseres Planeten und seiner Lebewesen im wissenschaftlichen Denken etablierte, verstaubte die tradierte Naturgeschichte und wurde durch so selbstbewusste Disziplinen wie Astronomie und Geologie, Botanik und Zoologie oder Anthropologie ersetzt. Die Naturgeschichte überlebte nur noch in den Namen naturkundlicher Museen oder als Natural History im Nature Writing angelsächsischer Literatur.

Dabei finden heute historisch orientierte Naturbetrachtungen, also Naturgeschichte im wörtlichen Sinn, zunehmende Beachtung. Seit wann gibt es in Norddeutschland die Buchenwälder? Warum verzeichnet Olaus Magnus 1539 in seiner illustrierten Karte von Skandinavien für Finnland Pelikane («eyn Vogel groß wie eyn Schwan … Der hat eyn Kropff wie eyn Sack under der Kelen …»)? Welche Rolle spielte das Klima und welche der Mensch? Warum breitete sich Heide aus und wo verschwanden Moore aus der Küstenlandschaft? Welche und wie viele Fische schwammen einst vom Meer in saubere Flüsse zum Laichen und warum tun sie das heute nicht mehr?

Diese Fragen führen zum geschichtlichen Rahmen heutiger Ökosystemfunktionen, die als stoffliche Zyklen analysiert, durchgerechnet und modelliert werden, als wären sie schon immer so gewesen. Insbesondere für Ziele im Naturschutz ist es aber unerlässlich, die Geschichte einer Landschaft, eines Moores, Flusses oder der Küste gut zu kennen. Die Fragen gehen außerdem über die Ökologie hinaus bis in die Kultur-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte hinein. Die Geschichtlichkeit der Natur liefert das Maß für mögliche, gewünschte oder unerwünschte Zukünfte – auch wenn es stets anders kommen kann, als man heute noch denkt.

Jeder Ort, jeder Mensch sowie jede nichtmenschliche – aber nicht übernatürliche – Natur hat eine Geschichte mit Anfang und Ende. Nicht nur Menschen schreiben Geschichte, sondern alle Welt schreibt Geschichte. Die können wir mit absolutem oder unserem relativen Zeitmaß zu erfassen versuchen. Wo uralte Eichen eine Landschaft prägen, gleichen wir Eintagsfliegen und dieser Baum erscheint uns wie eine Ewigkeit. Wo aber Priele sich von Jahr zu Jahr neu winden und wo Pionierpflanzen der Salzwiese weit ins Watt vorspringen, galoppiert uns die Natur wie ein Rennpferd davon. Dann ist sie uns unheimlich, denn wir nehmen unsere Lebenszeit als Maß. Wir möchten nicht, dass die Natur uns entgleitet. Entsprechend beunruhigt uns regionaler und globaler Wandel, wenn er sich überschlägt. Inzwischen haben wir gelernt, lokale Wetterkapriolen von regionalen Extremen und globalen Klimatrends zu unterscheiden. Der Klimaerwärmung folgt unvermeidlich ein schnellerer Meeresanstieg, der über viele Menschengenerationen nicht mehr umkehrbar sein wird. Selbst wenn es einmal im Watt ein natürliches Gleichgewicht gab, so ist dieses Märchen nun gänzlich aus der Zeit gefallen.

Die Geschichte der Natur liefert das Maß für ihre Zukunft. Eine kleine Wattenbucht auf Sylt dient als Messlatte für den Wandel im gesamten Wattenmeer. Die Episoden in der Natur des Königshafens am Nordende von Sylt habe ich über ein halbes Jahrhundert miterlebt und konnte sie vergleichen mit Aufzeichnungen aus den Jahrzehnten davor. Der Königshafen wurde mein Ausgangs- und Bezugspunkt für globale Küstenreisen. Was mir da als langer Zeitraum erscheint, ist dennoch nur ein Lidschlag in den gähnend langen Zeiträumen der Erdgeschichte. Doch auch die gilt es in Betracht zu ziehen, um Gegenwärtiges und Zukünftiges verstehen und bewerten zu können.

Um die Existenz dieser kleinen Bucht herzuleiten, denken wir uns zurück in die letzten Eis- und Warmzeiten unseres Planeten. Ein kilometerdicker Eisschild der vorletzten Kaltzeit (Saale-Kaltzeit vor 300000 bis 126000 Jahren) überzog ganz Nordeuropa vom Harz bis zu den Britischen Inseln. Unsere verflossenen Verwandten, die Neandertaler, erlebten damals ein mehrfaches Vor und Zurück gewaltiger Gletscher. Einer davon gebar die Sylt-Moräne, einen Haufen Erdreich und Gestein, abrasiert und ausgehobelt vom Eis. Die kurze Warmzeit danach (Eem-Warmzeit vor 126000 bis 115000 Jahren) ließ das Meer rasch steigen, und die Moräne wurde für mehrere Jahrtausende zur Insel. Dann wurde es wieder bitterkalt, das Meer zog sich erneut zurück und Sylt lag trocken als Hügel in baumloser Tundra oder Taiga mit Birken und Nadelwald. Nicht weit, nur etwa 70 Kilometer Richtung Ostsee, lag damals der skandinavische Gletscherrand. Nach dieser letzten Eiszeit (Weichsel-Kaltzeit vor 115000 bis 12000 Jahren) übernahm die gegenwärtige Warmzeit die Bühne der Erdgeschichte. Abermals hob sich das Meer, und Sylt wurde ein zweites Mal zur Insel. Sattelt nun noch die befürchtete Heißzeit obendrauf, wird aus dieser Insel womöglich eine Sandbank, die kaum noch auftauchen kann.

Das wiedergeborene Sylt ist gemessen an dieser langen Geschichte noch jung, etwa acht- bis siebentausend Jahre. Gleichzeitig zogen weiter im Süden schon Viehzüchter mit gezähmten Ziegen über Land, und Frauen kreuzten erste Getreidesorten. Sylt reichte anfangs noch mehrere Kilometer weiter raus in die See. Doch Wellen spülten nach und nach Sand und Lehm vom eiszeitlichen Hügel fort: Davon zeugt das grandiose Rote Kliff von Kampen. Was dort ins Meer stürzte, formten Wellen und Gezeiten zu langen Sandarmen nach Süden und nach Norden um. Diesen Armen wuchsen Muskeln, denn der ewige Seewind blies trockenen Sand zu hohen Dünen auf. Der Nordarm bog dann vor etwa 2000 Jahren an seinem Ende um. Hier, im Schutz dieses kräftigen Ellenbogens, entstand eine flache Bucht, der knapp sechs Quadratkilometer kleine Königshafen. An seinen Ufern wuchsen Salzwiesen und durch das Watt schwang sich ein breiter Priel. Nur nach Osten blieb die Bucht weit offen.

Sylt schräg von oben mit Königshafen und noch anderem Watt drum herum.

Die meisten anderen Inseln im Wattenmeer sind jünger und ganz aus Sandbänken entstanden, also aus dem Meer geboren. Sie nahmen durch Wind und Wellen die Gestalt von Bananen an, so wie die ostfriesischen Inseln. Im Schutz ihrer Dünen wuchsen Salzwiesen aus dem Meer. Keine dieser Inseln blieb, wo sie entstanden war. Manche verschmolzen mit Nachbarn, andere tauchten wieder ab. Seit etwa tausend Jahren bestimmt zunehmend der Mensch die Küstenform mit. Landbesitz wurde gegen das Meer verteidigt und Neuland gewonnen. Doch das Meer schlug zurück. Vor 500 Jahren erlangte das Wattenmeer seine größte Ausdehnung, denn eingedeichte Marschen sackten ab, und nach Sturmfluten zog sich von dort das Meer nicht wieder zurück. So entstanden Dollart, Jadebusen und Wattflächen vor Nordfriesland. Andere Watten wurden zu Land und dann erneut eingedeicht.

Sylt war vermutlich auch einmal über Salzwiesen und Moore mit dem Festland verbunden und wurde dann durch Sturmfluten getrennt, bis 1927 ein Bahndamm durchs Watt die Insel fest mit dem Festland verband. Im Watt veränderte sich viel und immerzu. Oft wurde der Mensch zum Auslöser. Wir wissen von der vernichtenden Jagd auf Wale und Robben, auf Vögel, dem letzten Fang großer Fische und dem Raubbau an Austern. Manches in der Naturgeschichte bleibt aber auch ungeklärt. 1933 wurde das langblättrige Seegras (Zostera marina) atlantikweit von einer Pilzkrankheit befallen. Unklar blieben Ursprung und Ursache, wie so oft bei einer Pandemie. Unter ständiger Wasserbedeckung wuchs einst im Königshafen eine dichte Seegraswiese. Der Küstenforscher Erich Wohlenberg schrieb, dass bei niedrigem Wasser kaum hindurchzurudern war, so dicht sei das Seegras dort gewachsen. Diese Wiese verschwand zu seiner Zeit restlos und kam nie wieder. Unsere Versuche, es dort wieder anzusiedeln, misslangen. Nur im auftauchenden Watt blieb das Seegras, hier mit kürzeren Blättern, erhalten. Es nahm mal zu und dann wieder ab. Gegenwärtig sieht es mal wieder schlecht aus, während sich im gesamten nordfriesischen Watt die Seegraswiesen seit den Neunzigerjahren ausgedehnt haben, etwa über eine Fläche, die das Seegras vor rund hundert Jahren schon einmal bewuchs.

Im Wattboden des Königshafens haben sich in den letzten hundert Jahren mehr als dreißig Tier- und Algenarten aus Übersee in die Lebensgemeinschaften eingemischt – und sind geblieben. Sie kamen als blinde Passagiere mit Schiffen und breiteten sich entlang der Nordseeküste bis in den Königshafen aus. Nimmt man hinzu, was bisher nur von Hafenanlagen bekannt ist, sind es im gesamten Wattenmeer von den Niederlanden bis Dänemark mehr als dreimal so viele Immigranten. Manche davon übernahmen sich in den ersten Jahren und blieben danach auf Mittelmaß.

Am aufdringlichsten wurde eine Auster aus dem Pazifik. Sie wurde absichtlich eingeführt und im Sylter Watt gemästet. Sie sollte ein wirtschaftlicher Trost für die durch Raubbau verlorene Europäische Auster sein. Diese Pazifische Auster kam nicht allein, sondern ihr hafteten weitere Arten an. Davon erzählt ein eigenes Kapitel später mehr. Alle diese Neuzugänge werden bleiben, und die schon vorhandenen Arten arrangieren sich damit.

Bei der Überdüngung des Nordseewassers vom Land aus scheint das Schlimmste überstanden zu sein. Die Nährstoffeinträge über die Flüsse sind zwar immer noch sehr hoch, aber sie gingen in den letzten dreißig Jahren wieder zurück. Wohl zuvor davon ausgelöst, wucherten im Königshafen in den Achtziger- und Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts im Sommer fädige Grünalgen wie nie zuvor. Wie schon erzählt, bedeckten sie als Matten weite Watten. Darunter wurde der Sauerstoff knapp. Die Bodentiere flüchteten oder starben, und das Watt stank zum Himmel. Dieser Spuk war nach etwa zehn Jahren wieder vorbei. Jetzt ist die Klimaerwärmung zum stärksten Treiber von Veränderungen geworden. Besonders den exotischen Arten aus Übersee tut die neue Wärme gut.

Der Königshafen dient uns als Messlatte für Veränderungen im gesamten Wattenmeer. Diese Bucht wurde vergleichsweise wenig durch Menschenhand verformt. Die Wehrmacht allerdings bezog Stellung im Dorf List am Rande des Königshafens und deichte 1937 die Salzwiese am Südufer ein. Ein Plan tauchte auf, die Bucht in einen Militärflugplatz zu verwandeln. Dafür wurde schon mal eine Sandinsel aufgespült. Dann tauchte der Plan aber wieder ab. In der Salzwiese im Westen der Bucht rostete lange Zeit ein britischer Panzer. Betrunkene Soldaten waren damit vom Weg abgekommen. Auf dieser Salzwiese wurden später immer nach der Sommersaison große Zielscheiben aufgespannt. Deswegen düsten im Tiefflug Militärjets über den Königshafen, um sich im Schießen zu üben. Vögel stoben in alle Richtungen davon. Nach 1992 wurden dann aber im Königshafen nur noch Fotos geschossen.

Die Dünen um den Königshafen herum waren einst ein sagenhaftes Brutgebiet für Küstenvögel. Neben Seeschwalben, Brandenten, Austernfischern und kleinen Regenpfeifern gab es dort bis zu 30000 Brutpaare von Silbermöwen. Die Lister Bauern hatten Sammelrechte für Möweneier und ernannten einen «Eierkönig», der während der Brutzeit auf dem Ellenbogen wohnte. Der wachte darüber, dass den Möwen höchstens die ersten zwei Gelege genommen wurden und nie das dritte. So blieb die Kolonie durch nachlegende Möwen erhalten. Entdeckte der König unbefugte Eiersammler in seinem Reich, begrüßte er sie unter heftigem Abklopfen, damit alle Eier zu Brei gingen, die in den Taschen steckten. Auch ein freilaufender Bulle hielt Eierdiebe fern. Welchen Einfluss die Vogelbrutkolonien auf die Wattfauna im Königshafen hatten, weiß leider niemand mehr zu erzählen. Denn diese nachhaltige Eiersammelei hielt sich nur bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Ein Wildschongesetz von 1870 erklärte sie dann für illegal. Der Eierkönig dankte ab, und wildes Eiersammeln machte sich in den Dünen breit. Bei Kurgästen kam auch noch das Möwenschießen in Mode. Schließlich nutzten Füchse den nach Sylt gebauten Damm, um sich auf der Insel dauerhaft einzurichten. Seitdem haben alle Bodenbrüter es schwer, und die verbliebenen Sylter Möwen haben sich zum Nisten auf Hausdächer verzogen.

So bewegt die Naturgeschichte des Königshafens auch war, andernorts hat sich in Mitteleuropa noch viel mehr verändert: Wälder wurden abgeholzt, Sümpfe trockengelegt, Agrar- und andere Industrien, Straßen und ausufernde Städte übernahmen das Landschaftsbild. Dem gegenüber gleicht das Watt einer weiten, nur wenig befleckten Wildnis. Doch es wird auch nie wieder das Watt sein, das es einmal war. Weder Natur- noch Menschengeschichte sind rückspulbar. Das viel zitierte natürliche Gleichgewicht halte ich für reine Fiktion, ein romantisches Hirngespinst, das es in der Natur nie wirklich gab. Als erinnernde Wissenschaft hilft die Ökologie, die fortlaufende Naturgeschichte zu verstehen und die heutige Natur vergleichend zu bewerten. Nur wo wir die Geschichte der Natur gut kennen, können wir uns auch mit Augenmaß auf Schutzziele verständigen.

Eine Bucht im Norden, ihr König und die Erfindung der Ökologie

Der Sylter Königshafen wurde zu einer Wiege der Ökologieforschung, denn in dieser kleinen Bucht ist die Vielfalt des Wattlebens faszinierend groß. Weit über tausend Arten pflanzlicher und tierischer Wesen wurden hier von der Forschung erfasst. Generationen von Wattstudierenden misslangen oder glückten im Königshafen Analysen und Experimente. Sie rätselten, irrten oder freuten sich über ihre Befunde. Einer von ihnen war ich.

Auf hoher Düne am Südufer der Bucht thront seit 1935 wie eine Ritterburg ein mit Reet gedecktes Heim, erbaut für Marineoffiziere. Drinnen im Festsaal an der Stirnwand tobte auf einem Gemälde die wohl berühmteste Seeschlacht im Königshafen: volle Segel, rauchende Kanonen und ein aufgebrachtes Meer. Kaum vorstellbar, wie diese Armada in die sonst so ruhige, für solche Schiffe viel zu flache Bucht geraten konnte. Im Saal des damaligen Marineheims erklangen ab und an öffentliche Konzerte. Da saß ich dann, lauschte der Musik und staunte über die wilde Seeschlacht an der Wand, die so gar nicht zu dem Königshafen passen wollte, wie ich ihn kannte. Der Legende nach soll Christian IV. von Dänemark hier 1644 eine holländische Flotte, bemannt mit schwedischen Soldaten, versenkt haben. Der dreißig Jahre in Europa wütende Krieg war schon der Erschöpfung nah, als der klamm gewordene Dänenkönig Zollabgaben von den reichen Holländern verlangte. Wie damals wohl üblich, entsandten die Niederlande prompt ihre Kriegsflotte zum Verhandeln. Die wollte bei Sylt eine Rast einlegen, aber daraus wurde dann nichts.

Der ortskundige König der Dänen war nämlich gewarnt worden, eröffnete im flachen Watt das Feuer und gewann. Hunderte schwedischer Soldaten starben und trieben an den Strand der noch namenlosen Bucht. Nicht dieser Gefallenen gedachte man bei der Namensgebung, sondern wie üblich dem Sieger. Fortan hieß die kleine Bucht nun Königshafen. Der Sylter Chronist C.P. Hansen hat ausschmückend von dieser Tragödie erzählt. Da Sylt später deutsch wurde, feiert heute niemand mehr diesen Sieg, und für Europas Geschichte war das Gemetzel wohl nicht weiter von Belang. Die Wattwürmer im Königshafen hat es ohnehin wohl kaum geschert. Eher schon berührte sie, was später mit den Austernbänken geschah.

Die gehörten nämlich der dänischen Krone. Austernfang gab es schon seit vielen Jahrhunderten, und das Dorf List am Königshafen galt als wichtiger Umschlagplatz. Die Pachtgebühr für die Austernbänke, die die Sylter an die Obrigkeit zu zahlen hatten, bestand aus Fässern voller Austern, bestimmt vor allem für prachtvolle Feste im königlichen Schloss. Einmal wurden Sylter Austern sogar bis nach St. Petersburg versandt. Zarin Katharina die Große (1729–1796) liebte Austern. Einem Diplomaten in dänischem Dienst gelang es, pünktlich zu ihrem Geburtstag am 2. Mai 1764 Sylter Austern aufzutischen. Das war ein logistisches Glanzstück: Von List wurden Austern in Fässern zum Festland gesegelt. Von dort holperten sie per Kutsche nach Apenrade am Ostseestrand. Dann ging es mit günstigem Wind über die ganze Ostsee bis zum Hof der Zarin. Wie ein Wunder blieben die Austern frisch. Das freute die Zarin sehr, und sie verzichtete auf holsteinischen Besitz ihres Gatten zugunsten von Dänemark. So trugen Austern aus dem Königshafen zum Frieden zwischen Dänemark und Russland bei.

Das sind schöne Geschichten. Vielleicht war es so oder doch nur so ähnlich. Manche Wirklichkeit wurde wohl vergessen und anderes hinzugedichtet. Die Wissenschaft versucht, solch lustvolle Erzählungen durch mehrfach überprüfte Fakten zu korrigieren oder zu ersetzen. Doch die Deutung dessen, was genau gemessen, gezählt, analysiert und vielfach abgeglichen wurde, bleibt der jeweiligen Zeit verbunden. Auch die Wissenschaft hat Moden, kennt Intrigen und ist abhängig von Auflagen, die mit den Forschungsgeldern verbunden sind.

Als die Sylter Austernbänke nach einem Krieg an Preußen fielen, brachen – wie zum Protest – die Fangerträge dramatisch ein. Der Zoologe Karl August Möbius (1825–1908) von der Kieler Universität wurde herbeigerufen und sollte der Austernkrise den Ausweg zeigen. Und Möbius tat etwas Überraschendes, das nicht nur den Austernhandel für immer verändern sollte. Der Zoologe sah die Austern schon damals nicht isoliert, sondern als Teil einer biologischen Artengemeinschaft. Seine Erkenntnisse und Empfehlungen publizierte er 1877 unter dem Buchtitel Die Auster und die Austernwirthschaft.

Das siebte Kapitel wurde zum Grundpfeiler einer gerade erst entstehenden Wissenschaft, der Ökologie. Sie betrachtete Lebewesen nicht mehr für sich, sondern nun mitsamt ihrer Umwelt, die besser Mitwelt heißen sollte. Austern lebten im Wattenmeer nicht verstreut, sondern wuchsen dicht beieinander. Die Schalen der Vorfahren dienten den Nachfahren als solide Grundlage. Man sprach deshalb von Austernbänken. Möbius bezeichnete sie als Lebensgemeinschaft und erfand dafür den Fachbegriff Biocoenosis – oder etwas gefälliger Biozönose. Er postulierte, dass sich solch eine Lebensgemeinschaft mit den durchschnittlichen Verhältnissen in einem Gleichgewicht befindet. Das bedeutet: Gegenläufiges wie Vermehrung, Konkurrenz und Fressfeindschaft halten sich darin auf natürliche Weise die Waage. Seine Diagnose: Dieses Gleichgewicht war durch den Raubbau der Austernfischerei grundlegend zerstört. Dazu hatte es kommen können, weil eine flotte Eisenbahn neue Märkte für die delikaten Austern erschlossen hatte. Die Nachfrage wuchs schneller als der Nachwuchs der Austern. Ähnliches geschah zu dieser Zeit auch an anderen Küsten Europas sowie in Amerika und sogar in Australien. Möbius’ Rat muss für die Fischer ein Schock gewesen sein. Er empfahl eine mehrjährige Schonzeit, was einem Lockdown für ihr Gewerbe gleichkam. Mit dem Zauberwort Biozönose konnte er seinem Vorschlag Nachdruck verleihen. Doch ähnlich wie heute kam die Ökologie erst zum Zuge, als nicht mehr viel zu retten war. Die Austernbänke erholten sich nicht mehr, und fünfzig Jahre später musste der Austernfang wegen Mangel an Austern endgültig eingestellt werden. Auch die von benachbarten Küsten importierten Ersatzaustern brachten keine Wiederbelebung mehr. Um 1950 herum starben die letzten Sylter Austern dieser Art.

Doch die Idee ökologischer Lebensgemeinschaften war hiermit geboren. Andere Forscher entwarfen Ähnliches, übernommen wurde aber die Definition von Möbius. Er betonte besonders die Wechselwirkungen innerhalb der Lebensgemeinschaften. Später verschob sich das Interesse mehr auf die Beziehungen zur unbelebten Umwelt, zu den örtlichen Gegebenheiten mit den physikalisch-chemischen Faktoren und dem stofflichen Austausch mit den Lebewesen. Dafür wurde das Konzept der Ökosysteme entwickelt, und die Biozönose ging samt ihrem postulierten Gleichgewicht darin auf.

Wegen der Austernkrise besuchte auch der Fischereibiologe Arthur Hagmeier (1886–1957) von der Biologischen Anstalt Helgoland die Insel Sylt, vor gut hundert Jahren war das, und er bot den Austernfischern seine Unterstützung an. Hagmeier schlug vor, die Austern in Bassins zu züchten. Auch Möbius hatte das erwogen, diese Idee aber wieder verworfen. Hagmeiers Versuch blieb denn auch ohne rechten Erfolg. Die Meerwasserbassins schlugen leck und mussten außerdem einem Hangar für Wasserflugzeuge der in List herrschenden Wehrmacht weichen. Das Sylter Austerndrama bleibt auch heute für uns wegen seiner konträren Deutungen interessant.