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Was geschieht, wenn wir aufhören, an der Vergangenheit festzuhalten? Vietnam – ein Land voller Geschichte, geprägt von Krieg und Wandel, doch heute eine Nation, die nach vorne blickt. In Das Wunderland begibt sich Urs Tschudi auf eine Reise, die weit über das Physische hinausgeht. Zwischen den lebhaften Straßen Hanois, den stillen Tempeln und den gewaltigen Landschaften Vietnams entdeckt er die Kraft des bewussten Sehens – und die Weisheit des Loslassens. Doch Vergebung ist mehr als eine philosophische Idee. Was bedeutet es wirklich, sich von der Vergangenheit zu lösen? Ist Schweigen eine Form der Vergebung oder nur eine Notwendigkeit des Fortschritts? Dieses Buch verbindet mystische Einsichten mit den historischen Realitäten Vietnams und stellt Fragen, die über Raum und Zeit hinausgehen. Eine tiefgehende Erkundung darüber, wie innere Bilder unsere Realität formen – und wie wir lernen können, unser eigenes Wunderland zu erschaffen.
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Seitenzahl: 101
Veröffentlichungsjahr: 2025
Roland Kümin
Das Wunderland
Jenseits von Kontrolle und Konvention
Ein König, eine Herausforderung, zwei Kuchen
Es war einmal ein König, der seinen Nachfolger suchte. Er stellte seine Söhne vor eine ungewöhnliche Aufgabe: Wer von ihnen das Essen präsentieren konnte, das die Essenz von Himmel und Erde einfing, würde den Thron erben. Während die meisten Prinzen sich aufwändige und exotische Gerichte ausdachten, wandte sich der jüngste Sohn, Lang Liêu, nachdenklich den einfachsten Zutaten zu.
Er hatte nichts Außergewöhnliches – nur Reis, Bohnen und Schweinefleisch. Doch in einer nächtlichen Vision erschienen ihm himmlische Wesen, die ihm den Weg zeigten: „Forme die Erde aus dem Reis, quadratisch und stark. Forme den Himmel rund, wie die Sonne und der Mond. Lass die Einfachheit den größten Reichtum offenbaren.“
Am nächsten Morgen präsentierte Lang Liêu dem König zwei Kuchen: den quadratischen Bánh Chưng und den runden Bánh Dày. Der König war tief bewegt. „In der Einfachheit liegt die Wahrheit,“ sprach er. „Die Verbindung von Himmel und Erde zeigt sich nicht in Prunk, sondern in der Klarheit der Vision.“
Lang Liêu wurde der neue König, und seine Kuchen wurden für alle Zeiten Teil des Tết-Festes in Vietnam – ein Symbol für Bescheidenheit, Kreativität und die Harmoniezwischen Himmel und Erde.
In Das Wunderland geht Urs Tschudi auf eine Reise, die ihn nicht nur nach Vietnam, sondern tief in die Natur der Realität führt. Er erkennt, dass das Wunderland kein Ort ist, den man suchen kann – es ist ein Zustand des Bewusstseins, den man bewusst erschafft.
Das Tết-Fest in Vietnam und die Legende von Bánh Chưng und Bánh Dày dienen als Kulisse und Metapher für die tiefe Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gedanken und Materie. Die Geschichte zeigt, dass Weisheit nicht nur in Worten liegt – sondern im bewussten Fluss des Lebens, in Resonanz mit der eigenen inneren Vision.
Dieses Buch lädt dazu ein, die Grenzen des Bekannten zu überschreiten, die verschiedenen Ebenen der Existenz – Mentales, Astrales, Ätherisches und Physisches – als verwobenes Gewebe zu erkennen. Es ist ein Ruf, die Kontrolle loszulassen, mit der kosmischen Absicht zu kooperieren und die eigene Realität nicht nur zu erfahren, sondern aktiv zu weben.
Denn das Wunderland beginnt nicht irgendwo – es beginnt in dir.
© 2025 Roland Kümin
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Roland Kümin, Obere Reben 14, 5415 Obersiggenthal, Switzerland.Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung:
ISBN
E-Book978-3-384-54393-6
Für alle, die den Ruf des Unbekannten spüren und bereit sind, die Grenzen ihrer inneren Welt zu erweitern. Möge dieses Buch euch inspirieren, das Wunderland in euch selbst zu entdecken.
Die Schauplätze in Das Wunderland sind real – von den belebten Straßen Hanois bis zu den stillen Pagoden und den Reisfeldern im Norden Vietnams. Die Geschichte taucht in die tief verwurzelten Traditionen des Landes ein, in seine Spiritualität und seine bewegte Vergangenheit. Das Tết-Fest mit seinen Ahnenritualen und die Legende von Bánh Chưng und Bánh Dày sind seit Jahrhunderten fester Bestandteil der vietnamesischen Kultur und spiegeln eine Weisheit wider, die weit über die Landesgrenzen hinausreicht.
Ebenso gibt es das Trúc Lâm Tây Thiên Zen-Kloster tatsächlich – als Ort der Stille und der inneren Einkehr inmitten der Tam-Đảo-Berge. Auch die schwimmenden Märkte und die traditionellen Bauern, die seit Generationen im Einklang mit dem Rhythmus des Wassers leben, sind reale Elemente dieser Welt.
Doch obwohl die Orte und kulturellen Hintergründe authentisch sind, bleibt dieses Buch ein Werk der Fiktion. Die Hauptfigur, Urs Tschudi, seine spirituelle Reise und die Begegnungen mit Thiện und anderen Wegbegleitern sind eine Erzählung, die inspiriert, aber nicht dokumentiert.
Die philosophischen und spirituellen Konzepte, die in diesem Buch verwebt sind – von Zen bis zur Idee der Muttervision – basieren auf realen Denkweisen, wurden aber literarisch verarbeitet, um neue Perspektiven auf Wirklichkeit, Bewusstsein und persönliche Entwicklung zu eröffnen.
Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Der Morgen des 16. März 1968 begann in scheinbarer Stille. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf die feuchten Felder Südvietnams, während ein kühler Dunst noch über den Reisfeldern lag. Doch die Ruhe war trügerisch – an diesem Tag würde sich in Mỹ Lai eine der dunkelsten Episoden der modernen Kriegsführung entfalten.
Hugh Thompson, ein junger Hubschrauberpilot der US-Armee, flog mit seiner Crew – den Bordschützen Glenn Andreotta und Lawrence Colburn – einen Aufklärungsflug für die Task Force Barker. Ihre Mission war es, feindliche Bewegungen zu überwachen und gegebenenfalls Unterstützung für die Bodentruppen zu leisten.
Doch was Thompson aus dem Cockpit seines Helikopters sah, widersprach allem, was er erwartet hatte.
Zunächst waren es nur vereinzelt leblos daliegende Körper – reglose Gestalten, wahllos auf den Wegen verstreut. Männer. Frauen. Kinder.
Wo war der Feind? Wo war das Gefecht?
Er flog tiefer. Rauch stieg aus brennenden Hütten auf, Soldaten bewegten sich zwischen den Trümmern, doch es waren keine Schusswechsel zu hören – nur vereinzelte, gezielte Salven. Dann sah er, was wirklich geschah:
Eine Gruppe unbewaffneter Zivilisten wurde zusammengetrieben. Frauen hielten ihre Kinder fest umklammert, ältere Männer standen mit leeren Blicken da. Dann blitzte eine Bewegung auf. Ein Offizier trat vor, hob seine Waffe – ein einzelner Schuss durchbrach die Stille. Die Frau vor ihm fiel, ihr Kind stürzte mit ihr zu Boden.
Thompson erstarrte.
„Verdammt,“ murmelte Andreotta. „Sie exekutieren sie.“
Ein Funkspruch an die Bodentruppen. Keine Antwort.
„Wir gehen runter.“
Der Helikopter setzte zur Landung an, wirbelte Staub auf, als er nur wenige Meter von der Gruppe entfernt aufsetzte.
Thompson sprang aus der Maschine, seine Stiefel sanken in den weichen Boden. Sein Blick suchte nach einem Offizier, einem Verantwortlichen – jemandem, der ihm erklären konnte, was hier vor sich ging.
Er fand ihn in Second Lieutenant William Calley.
Thompson trat auf ihn zu. „Was ist hier los, Lieutenant?“
Calley drehte sich langsam zu ihm um. Sein Blick war ausdruckslos.
„Das ist meine Angelegenheit.“
„Wer sind diese Menschen?“ Thompson deutete auf die Zivilisten. „Das sind doch unbewaffnete Zivilisten!“
Calley verzog keine Miene. „Ich befolge Befehle.“
„Befehle? Wessen Befehle?“
Ein Moment des Schweigens.
„Es sind einfach Befehle.“
Thompson trat einen Schritt näher, seine Stimme bebte vor Wut.
„Aber das sind Menschen, verdammt noch mal! Unbewaffnete Zivilisten, Sir!“
Calley leckte sich über die Lippen, als spüre er zum ersten Mal die Schwere der Situation. Dann hob er sein Kinn und sagte mit kalter Bestimmtheit:
„Pass auf, Thompson. Das hier ist meine Operation. Ich habe hier das Kommando. Das geht dich nichts an.“
Thompson holte tief Luft, presste die Lippen zusammen. Er wusste, dass Diskussionen hier nichts bewirken würden.
„Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen.“
Er wandte sich ab und sprang zurück in seinen Helikopter.
Doch kaum hatte er wieder abgehoben, sah er, dass die Gräueltaten weitergingen. Eine Gruppe von Frauen und Kindern wurde in einen Bunker getrieben, Soldaten standen mit gezogenen Waffen davor.
Andreotta fluchte. „Die bringen sie um.“
Thompson fühlte den Kloß in seinem Hals.
„Lande! Jetzt!“
Der Helikopter setzte sich erneut zwischen die Soldaten und die fliehenden Zivilisten.
Thompson sprang heraus, seine Crew hielt die Maschinengewehre bereit.
Ein Offizier trat auf ihn zu. Sergeant Stephen Brooks.
„Ich werde diese Menschen aus dem Bunker holen,“ erklärte Thompson.
Brooks zuckte mit den Schultern. „Dann wirf eine Granate rein und erledige es schneller.“
Thompson ballte die Fäuste.
„Das werde ich nicht tun. Und wenn Sie nicht aufhören, befehle ich meinen Männern, auf Sie zu schießen.“
Für einen Moment war es totenstill.
Dann trat Brooks zurück.
Thompson trat in den Bunker, sprach leise mit den verängstigten Menschen. Minuten später kamen sie heraus – eine Mutter mit zwei Kindern, ein alter Mann, ein Junge, der nicht älter als fünf war. Er schob sie vorsichtig in den Helikopter.
Während der Abflug vorbereitet wurde, bemerkte Andreotta eine Bewegung in einem Bewässerungsgraben. Sie landeten erneut, und Andreotta sprang aus dem Hubschrauber. Sekunden später zog er ein verletztes Kind zwischen den Toten hervor. Das Mädchen blutete, aber es lebte.
Der Tag endete, doch für Thompson begann ein Kampf, der Jahre andauern sollte.
„Ich bin ein Soldat“, sagte er später in einem Interview. „Ich habe geschworen, mein Land zu verteidigen. Aber was ich an diesem Tag gesehen habe, war kein Verteidigen. Es war Mord.“
Er schrieb Berichte. Er meldete das Massaker. Aber die Reaktion der Armee war Schweigen.
Jahre vergingen, bevor die Wahrheit ans Licht kam. Calley wurde verurteilt, saß aber nur wenige Jahre im Gefängnis.
Thompson hingegen wurde von vielen Kameraden als Verräter gesehen.
Drei Jahrzehnte später, 1998, kehrte er nach Mỹ Lai zurück.
Einer der Menschen, die er damals rettete, war Do Hoa, ein Junge, der nun als erwachsener Mann vor ihm stand.
„Ohne Sie wäre ich heute nicht hier“, sagte er.
Thompson nickte, sah ihm in die Augen.
„Ich habe Menschen gerettet“, sagte er leise. „Aber ich konnte nicht verhindern, dass so viele andere starben.“
Das Massaker von Mỹ Lai mit über 500 toten Zivilisten bleibt ein dunkles Kapitel der Geschichte.
Doch Hugh Thompson steht als Symbol dafür, dass selbst in den dunkelsten Stunden ein Einzelner den Mut finden kann, das Richtige zu tun.
„Krieg zeigt das Schlimmste in uns“, sagte Thompson einmal in einer Rede.
„Aber es ist unsere Entscheidung, ob wir daran zerbrechen oder wachsen.“
Das Wohnzimmer war erfüllt von einer unangenehmen Stille. Nur das gelegentliche Knistern der Kerzenflamme durchbrach sie – ein leises Echo des Feuers, das in den Bildern des Berichts gebrannt hatte.
Der Bericht über das Massaker von Mỹ Lai lag offen auf dem Tisch vor ihm. Die Worte auf den Seiten fühlten sich an wie Wunden, die sich nicht mehr schließen wollten. „Exekution“, „Unschuldige“, „Massengrab“.
Tschudi strich mit den Fingern über das Papier, als könnte er die Geschichte darin begreifen. Die Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf: Kinder, die inmitten der Leichen ihrer Eltern lagen. Frauen, die um Gnade flehten, bevor der Lauf eines Gewehrs sie zum Schweigen brachte. Soldaten, deren Gesichter keine Reue zeigten.
Er lehnte sich zurück. Seine Gedanken fanden keinen Halt.
Warum ließ ihn dieser Bericht nicht los?
Er hatte Kriegsberichte gelesen, unzählige Geschichten über Grausamkeit und Elend. Aber etwas an diesem hier war anders. Vielleicht war es die Tatsache, dass einer der Männer, ein einziger, den Mut hatte, sich dem Strom zu widersetzen – Hugh Thompson.
Oder vielleicht war es die schreckliche Erkenntnis, dass diese Ereignisse keine Anomalien waren. Dass sie sich immer wieder in der Menschheitsgeschichte wiederholten.
Er griff nach seinem Glas, das halb mit Rotwein gefüllt auf der Armlehne balancierte. Der erste Schluck schmeckte bitterer als erwartet – oder vielleicht war es nur der Nachgeschmack seiner Gedanken, der alles verzerrte.
Er ließ das Glas sinken, drehte es langsam in der Hand, während sein Blick auf dem Bericht vor ihm ruhte.
„Wie konnte das Göttliche so etwas zulassen?“ murmelte er, fast flüsternd, als spräche er mit jemandem, der gerade nicht zuhören wollte.
Er dachte an Pedrinho, den Bildermacher, an die fünf Grundprinzipien der Weisheit, die dieser ihm einst in Rio de Janeiro vermittelt hatte.
Das erste Prinzip lautete: Alles Leben ist gut, weil wir leben – und daher ist auch die Welt gut, in der wir leben.
Aber wie konnte das wahr sein?
Tschudi starrte ins Leere. Die Frage hatte keine Antwort, nur ein endloses Echo, das sich in seinem Geist verlor.
Wie konnte ein Universum, das Liebe, Harmonie und Einheit versprach, solche Extreme der Dunkelheit zulassen?
War Grausamkeit Teil der Ordnung? Ein notwendiges Gegengewicht?
Oder war es einfach ein Fehler – ein Abweichen vom kosmischen Plan, ein Riss im Gewebe der Existenz?
Er erinnerte sich an eine Szene aus seiner Jugend. Ein Moment, der damals so unbedeutend gewirkt hatte – und ihn jetzt mit voller Wucht traf.
Es war ein Sommerabend, er war vielleicht dreizehn, als er mit seinem Vater in der Stadt unterwegs war.