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Christina Elmer und Holger Wormer erklären zunächst, was das eigentlich ist: ein Datenjournalist. Es folgen Berichte über Veranstaltungen der Jahreskonferenz von netzwerk recherche, die sich 2014 erstmals schwerpunktmäßig mit datenbasierter Recherche und entsprechenden Darstellungsformen beschäftigte. In Porträts und Interviews stellen wir anschließend eine Reihe von Datenjournalisten aus Deutschland und ihre internationalen Kollegen vor. Die Autoren der Texte sind Journalistik-Studierende der TU Dortmund. Einige Berichte über weitere Schwerpunkte (Freie, Ausland, Überwachung, Forum), ebenfalls von Nachwuchsjournalisten verfasst, geben einen Eindruck von der Themenvielfalt der Jahreskonferenz 2014.
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Seitenzahl: 116
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Deutschland, Deine Datenkünstler
Schwerpunkt Datenjournalismus:
Datenjournalismus – was ist das?
Text: Christina Elmer, Holger Wormer
Der Journalist als Programmierer? – Von Zaubertöpfen und Netzverstehern
Text: Lara Malberger
Die digitale Büchse der Pandora
Text: Anastasiya Polubotko
Ein langer Weg – Datenjournalismus im Lokalen
Text: Eva Mühle
Mit Excel gegen die US-Geheimdienste
Text: Franziska Lehnert
Du Journalist, ich Programmierer!?
Text: Bernhard Fleischer
Dienstleister oder Newsmaker
Text: Maximilian Doeckel
Krankenhausstatistik unter der Lupe: der Operationsexplorer
Text: Laura Fischer
Der Spurensucher (Sebastian Mondial)
Text: Marleen Halbach
Es wäre töricht, nicht mit Wissenschaftlern zu sprechen
Text: Anastasiya Polubotko
Der Vermittler (Claus Weihs)
Text: Bernhard Fleischer
„Wir brauchen eine Anlaufstelle“
Text: Bernhard Fleischer
Der Beziehungs-Experte (Miguel Paz)
Text: Maximilian Doeckel
„Wir sprechen ja auch nicht vom ‚Telefonjournalismus‘“
Text: Maximilian Doeckel
Die Brückenbauerin (Christina Elmer)
Text: Annika Ostkamp
„Wir brauchen ein Netzwerk außerhalb der Redaktionen“
Text: Annika Ostkamp
Der Weltverbesserer (Marco Maas)
Text: Lara Malberger
„Money for nothing?“
Text: Lara Malberger
Die Grenzgängerin (Brigitte Alfter)
Text: Eva Mühle
„Das ist wie schreiben lernen“
Text: Eva Mühle
Der Investigative (Andrew Lehren)
Text: Katharina Schmitz
Der Interdisziplinäre (Kristian Kersting)
Text: Ansatasiya Polubotko
Die Diskussion nach Snowden weitertragen
Text: Anastasiya Polubotko
Die Strukturierte (Sylke Gruhnwald)
Text: Franziska Lehnert
„Nicht zu leicht geschlagen geben“
Text: Franziska Lehnert
Der Umsteiger (Patrick Stotz)
Text: Marleen Halbach
Deutschland in der Nachholphase
Text: Kornelius Dittmer
Der Daten-Überflieger (Lorenz Matzat)
Text: Sakander Zirai
„Die Datenlage könnte besser sein“
Text: Sakander Zirai
Die Datenleserin (Nicola Kuhrt)
Text: Katharina Schmitz
„Alles eine Frage der Haltung“
Text: Katharina Schmitz
Die Gerichtsfeste (Jennifer LaFleur)
Text: Vanessa Reske
Im Land der unbegrenzten Daten
Text: Vanessa Reske
Der Bevölkerungs-Experte (Björn Schwentker)
Text: Alia Khaddour
„Ein Gefühl für die Stärken des Datenjournalismus entwickeln“
Text: Alia Khaddour
Der Visualisierer (Gregor Aisch)
Text: Pierre-Jean Guéno
Datenschutz mit zweierlei Maß
Text: Pierre-Jean Guéno
Der Daten-Doktor (Volker Stollorz)
Text: Laura Fischer
„Muster erkennen, Strukturen verstehen“
Text: Laura Fischer
Schwerpunkt Kooperationen/Finanzierung:
You’ll never walk alone – Recherchekooperationen
Text: Annabell Brockhues
Vom (Un)Sinn der Recherchekooperationen
Text: Annabell Brockhues
Mut zum Scheitern
Text: Jana Hauschild
Grenzenlose Kooperation
Text: Marc Bädorf
Schwerpunkt Forum:
Was machen wir hier eigentlich?
Text: Jenny Kallenbrunnen
Die Quotenfrau
Text: Ann-Kathrin Seidel, Julia Gurol
Schwerpunkt Ausland:
Enthüllungsjournalismus in der Ukraine
Text: Christina Schneider
Schwerpunkt Überwachung:
Ein Saal voller Extremisten
Text: Katja Scherer
Schwerpunkt Freie Journalisten:
Rechtsschutz vor dem Ruin
Was sind das für Menschen, die mit Zahlen und Daten Geschichten erzählen wollen? Welche Herausforderungen stellen sich für den Datenjournalismus – und wo sind dessen eigene Grenzen vor dem Hintergrund jüngster Datenskandale?
Christina Elmer und Holger Wormer erklären zunächst, was das eigentlich ist: ein Datenjournalist. Es folgen Berichte über Veranstaltungen der Jahreskonferenz von netzwerk recherche, die sich 2014 erstmals schwerpunktmäßig mit datenbasierter Recherche und entsprechenden Darstellungsformen beschäftigte. In Porträts und Interviews stellen wir anschließend eine Reihe von Datenjournalisten aus Deutschland und ihre internationalen Kollegen vor. Die Autoren der Texte sind Journalistik-Studierende der TU Dortmund.
Insgesamt zählte die Konferenz rund einhundert Einzelveranstalten und mehr als zweihundert Referenten. Einige Berichte über weitere Schwerpunkte, ebenfalls von Nachwuchsjournalisten verfasst, geben einen Eindruck von der Themenvielfalt der Konferenz – noch mehr Texte wurden im Tagungsblog dokumentiert: nrch.de/blog14
* Titel in Anlehnung an die ARD-Reihe „Deutschland, Deine Künstler“:
„Datenjournalist? – Soso.“ Wer sich mit diesem Beruf vorstellt, erntet leicht eine Mischung aus Skepsis und Bewunderung. „Die, die mit den Zahlen sprechen“ sind nicht nur manchen Feuilletonisten suspekt. Andere Kollegen wittern ein teures Modethema, das die letzten freien Ressourcen aus der Redaktion abziehen und sich dann von selbst erledigen könnte: Internetblase, Finanzblase – und nun die Datenblase?
Es spricht viel dafür, dass sich das Outing-Gefühl für Datenjournalisten tatsächlich bald erledigen wird, allerdings in einem anderen Sinne. Nicht, dass bald ein Heer von Gleichgesinnten an ihre Seite treten wird, die echte Liebe zum Zerlegen von Datensätzen für sich entdeckt haben. Sondern viel mehr, weil zumindest datenjournalistische Grundkenntnisse zur normalen Journalistenausbildung gehören werden.
Als Informationen vorwiegend in Druckerpressen veredelt wurden, waren Journalisten mit Kladde, Kugelschreiber und klugen Fragen gut gerüstet. Noch um die Jahrtausendwende gab es Edelfedern, die nur auf der Schreibmaschine schreiben wollten – ein guter Journalist braucht doch keinen Computer! Heute leben wir endgültig in einer digitalen Welt, in der Daten zugleich Rohstoff und Transportsystem sind. Institutionen machen ihre Arbeit in digitaler Form zugänglich – manche freiwillig, andere unter juristischem Druck.
Doch die vielen Datenberge, die offen im Netz herumliegen, geben nicht von sich aus ihre Schätze Preis. Behörden oder Unternehmen werten oft nur jenes aus, was ihnen gefällt oder gar nützt. Gleichzeitig schrumpft für konventionelle Informationen der Vorsprung professioneller Journalisten: Seitdem auch Laien in Blogs, Foren und sozialen Netzwerken publizieren, muss man einen Recherche-Mehrwert liefern zu dem, was alle haben. Guter Datenjournalismus kann tiefere Einblicke, exklusive und relevante Geschichten liefern, die sich nicht ohnehin schon viral verbreiten. Und im Idealfall lassen sich die recherchierten Daten und ihre Geschichte gleich interaktiv an die Lebenswirklichkeit des Publikums anbinden.
Trotzdem mobilisiert das Buzzword vom Datenjournalismus (zuvor „Computer Assisted Reporting“) längst nicht jeden Chefredakteur. Erst in wenigen Redaktionen arbeiten Vollzeit-Datenjournalisten, noch seltener sind Teams mit Grafikern und Programmierern. Wer mit Daten arbeitet, verbraucht viel Zeit und Arbeitskraft – Ressourcen, die in Medienhäusern knapp sind. Und ins klassische Berufsbild vom Journalisten passen die seltsamen Gesellen mit ihren Tabellen eben auch nicht. Noch immer sitzen weit mehr Edelfedern in den Redaktionen als Bastler und Zahlenfüchse. „Datenjournalist? – Soso.“
Wer sich den Aufwand trotzdem leistet, steht vor weiteren Herausforderungen: Opulente Visualisierungen wirken auf großen Bildschirmen, sind aber natürliche Feinde des Smartphone-Daumens. Es mangelt an Konzepten, um komplexe Rechercheprojekte für diverse Endgeräte zu verpacken. Hier muss der Datenjournalismus selbst stärker mitgestalten und das Verhalten der Nutzer im Blick behalten. Ohne noch mehr Kooperationen mit Designern, Programmierern oder sogar Wissenschaftlern werden sich Datenjournalisten weiterhin schwer tun.
Um einfaches datenjournalistisches Handwerkszeug kommt umgekehrt auf Dauer kein Journalist herum: Wer als Arzt neue Behandlungsmöglichkeiten ignoriert, muss sich den Vorwurf des Kunstfehlers gefallen lassen. Wer als Journalist Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beleuchten will, das neue digitale Handwerkszeug dazu aber links liegen lässt, begeht einen journalistischen Kunstfehler. Und wenn die klassischen Medienhäuser das Thema einfach platzen lassen, werden es andere besetzen. Das war schon bei den Internet- und Finanzblasen so.
Als Sebastian Vollnhals auf der Jahrestagung des netzwerk recherche von „Klicki-Bunti-Seiten“spricht, deren maschinenlesbare Informationen sich mit eigens programmierter Software aus dem Internet fischen lässt, blickt er in die ratlosen Gesichter vieler Journalisten. Denn wenn Vollnhals von diesen Scraping-Programmen redet, dann redet er auch viel von Quellcodes und von Formaten wie html, csv, xml, json, rss und atom. Als Journalist komme man darum aber eben nicht herum – zumindest nicht, wenn man Daten für Geschichten sucht, die sonst keiner hat.
Ein bisschen „wonky“ sei es ja schon, so viel gesteht Sebastian Vollnhals den Journalisten noch zu. Trotzdem ist Programmieren für ihn etwas, das jeder einfach lernen kann – jeder, der es wirklich versucht. „Das ist alles eine Frage des Selbstbewusstseins“, sagt Vollnhals. Er habe sich alles, was er über Programmierung weiß, selbst beigebracht, mithilfe von Büchern. Kein Studium – nur eine abgebrochene Ausbildung zum Fachinformatiker.
Sebastian Vollnhals ist der Typ Mensch, den man anhand von Klischees schnell in die Kategorie Nerd oder Geek steckt. Das scheint er zu wissen und irgendwie scheint es ihm sogar zu gefallen. „Ich bin wohl in den Zaubertopf gefallen“, erklärt er sein schnelles Verständnis für Daten und Programmiertechniken. Doch was tun, wenn besagter Zaubertopf nicht auffindbar ist? Muss der normale Journalist dann tatsächlich mühsam programmieren lernen, um mit Daten zu arbeiten?
Marco Maas glaubt das nicht: „Journalisten sind Storyteller“, erklärt der Datenjournalist. Dinge wie das Scrapen lägen nicht in ihrem Aufgabenbereich. Nicht umsonst müssten Programmierer ihren Job in der Regel fünf bis sechs Jahre lernen, bevor sie wirklich gut seien– ebenso wie Journalisten. „Das zu vermengen ist gar nicht unbedingt sinnvoll oder gewinnbringend“, sagt Maas. Vollnhals ist da anderer Meinung: „Es sollte mittlerweile zum Handwerkszeug eines Journalisten gehören, zumindest ansatzweise programmieren zu lernen.“ Informationen könne man heutzutage nicht mehr in einem Aktenschrank finden, auch reiche es nicht mehr aus, irgendwelche Leute zu interviewen. „Es kommen immer mehr Informationen aus dem Netz“, sagt er.
Auf den ersten Blick sind die beiden Datenjournalisten ein ungleiches Paar: Vollnhals ist der Exzentriker mit blau lackierten Fingernägeln und pinken Haaren, Maas eher der etwas ruhigere Anzugträger. Trotzdem gehören die beiden zum Kernteam von Open Data City, einer Datenjournalismus-Agentur. Zwar kennt sich auch Marco Maas mit Daten aus und weiß, wie man sie beschafft und visualisiert. Für ihn gibt es aber eine Grenze von dem, was ein Journalist wirklich lernen muss. Er selbst würde sich Hilfe holen, wenn er nicht mehr weiter weiß – zum Beispiel bei Vollnhals. „Es gibt Experten auf jedem Gebiet, die dann zusammenkommen, um gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten“, sagt Maas. „Datenjournalismus wird immer mehr zur Teamarbeit.“
So oder so: Der Journalismus wird technischer, da sind sich die beiden einig. Vollnhals geht sogar noch einen Schritt weiter: „Es wird bald keinen Datenjournalismus mehr geben, weil es keinen Journalismus ohne Daten mehr geben wird“, sagt er. „Und wenn du selbst kein Nerd bist, such dir einen“, rät er denen, die sich so gar nicht damit anfreunden können. Finden kann man einen Nerd – das sollte ausreichend deutlich geworden sein– eben zum Beispiel bei Open Data City. Die Agentur hilft dabei, Technik-Freaks und Journalisten an einen Tisch zu bringen und so ganz neue Ideen umzusetzen.
Trotzdem sei es nicht verkehrt, sich mit manchen Dingen selbst auszukennen, findet auch Marco Maas: „Je mehr man selbst machen kann, desto besser kann man auch Geschichten umsetzen“, erklärt er. Dabei muss jeder selbst entscheiden, wie weit diese Eigenständigkeit gehen soll. „Ich glaube, es wird immer eine Teilung zwischen Hardcore-Codern und Journalisten geben, die ein bisschen verstehen, wie diese Leute ticken und vielleicht Einstiegssachen selbst machen können“, sagt Maas. Und dabei denkt er wohl auch an seinen Kollegen Vollnhals und sich selbst.
Sei es im Sand, Matsch oder Schnee: Wo der Mensch auch hingeht, hinterlässt er sichtbare Spuren. Es lässt sich zurückverfolgen, wo er herkam, wo er hingeht. In der realen Welt kann er seine Spuren verwischen – im digitalen Internet ist das schwieriger. Spätestens seit dem NSA-Skandal lässt sich die permanente Massenüberwachung durch Behörden nicht mehr leugnen. Der Zugang zu privaten Telefonaten und E-Mails ist maschinell in Sekundenschnelle möglich.
„Es ist wie die Büchse der Pandora. Sie wurde geöffnet, nun gibt es kein Zurück mehr. Man kann nur versuchen, sich zu schützen“, sagt Sebastian Mondial, Journalist bei der „Zeit“. Der Erfolg seiner Arbeit und der seiner Kollegen in der investigativen Recherche hängt auch von der nötigen Geheimhaltung und Privatsphäre ab, die durch die Überwachung sabotiert und gefährdet wird. Welche Daten Geheimdienste über Journalisten gespeichert haben, können diese erfragen. Um dies möglichst einfach zu gestalten, hat das „netzwerkrecherche“ einen Antragsgenerator auf seiner Internetseite eingerichtet. Damit solle den Behörden gezeigt werden, dass ihr Handeln in der Öffentlichkeit kritisch betrachtet wird.
Ein absoluter Schutz vor Überwachung ist nämlich nicht möglich. Hat zum Beispiel die NSA eine Person im Visier, kann sie diese in jedem Fall überwachen – auch trotz persönlicher Sicherheitsmaßnahmen. Doch Sebastian Mondial geht es um die breite Masse: Wenn alle ihre Daten verschlüsselten, wäre deren flächendeckende Erfassung auch für Geheimdienste schlicht zu aufwendig. Einige Programme und Tricks, die die Überwachung zumindest erschweren, stellte Mondial auf der Jahrestagung des „netzwerkrecherche“ vor.
Eine große Rolle spielt dabei die Kryptografie, also die Verschlüsselung von Nachrichten. Der Handy-Messenger Threema generiert dafür zwei individuelle Schlüssel: Einen öffentlichen und einen privaten. Der öffentliche darf verbreitet werden und kann in Kombination mit dem Privaten eine Nachricht verschlüsseln. Eine Nachricht entschlüsselt dann nur der private Schlüssel, der unbedingt geheim bleiben sollte. Dabei speichert der Threema-Server die Nachricht nur im verschlüsselten Zustand. Ruft der Empfänger die Nachricht auf, wird diese direkt vom Server gelöscht.
Mit diesem Prinzip arbeiten auch diverse andere Programme wie PGP („PrettyGood Privacy“), mit denen E-Mails abgesichert werden können, oder „Tor”, das die verschlüsselte Nachricht erst durch mehrere Knotenpunkte im Web leitet, bis sie den Empfänger erreicht. Damit wird es nahezu unmöglich, den Weg eines Datenpakets durch das Internet zurückzuverfolgen. Dem Entwickler von „Tor“, Jacob Appelbaum, kann es gar nicht sicher genug sein: Er rät gänzlich von Smartphones ab, vor allem denjenigen mit einer GPS- Funktion. Denn auch viele der angebotenen Software und Apps, sowohl für den Computerals auch für das Telefon, stehen in der Kritik, Sicherheitslücken zu haben.
Besondere Vorsicht ist bei allen Programmen geboten, die Zugang zum Internet haben und ständig private Daten von dem Mobiltelefon auf den Server schicken – dazu gehören auch die Betriebssysteme selbst, etwa Android oder iOs. Es bringt schließlich nichts, wenn ein Brief verschlossen beim Empfänger ankommt, jedoch beim Schreiben schon mitgelesen werden kann.
Momentan schrecken viele Journalisten noch vor solchen Tools zurück. Für die einen sind es die Kosten, für die anderen der Aufwand. Manche Journalisten setzen auf absolute Transparenz ihrer Recherche, andere wiederum sehen einfach (noch) keinen Sinn in der Verschlüsselung. „Ich habe keine Themen am Wickel, die die NSA oder ein anderer großer Bruder, der uns beobachtet, nicht wissen dürfte“, sagte Birte Siedenburg, freie Wirtschaftsjournalistin in einem Zapp-Interview während der netzwerk recherche-Tagung. Georg Mascolo, Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung wirft zudem die Frage auf, ob es nicht sicherer wäre, „sich im Heuhaufen zu verstecken“, anstatt mit der Benutzung von Anonymisierungssoftware die Aufmerksamkeit erst recht auf sich zu lenken. Denn offenbar gelten deren Nutzer vielen gleich als besonders verdächtig, dass sie etwas zu verbergen haben könnten.
Für die Standpunkte der beiden Kollegen hat auch Mondial Verständnis. Trotzdem schaut er optimistisch in die Zukunft der Kryptografie und hofft, dass einige Sicherheitsmaßnahmen bald Standard sind und „quasi mit zum Tarif“ gehören. Damit wäre dann auch der digitale Heuhaufen nicht mehr nötig – und die massenhafte Überwachung vielleicht schon bald Vergangenheit. Oder zumindest deutlich schwieriger.