Dear Friend and Gardener! - Beth Chatto - E-Book

Dear Friend and Gardener! E-Book

Beth Chatto

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  • Herausgeber: DVA
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Über das Leben, das Gärtnern und die Freundschaft

In diesem faszinierenden Briefwechsel tauschen sich die beiden legendären englischen Gärtner Beth Chatto und Christopher Lloyd, langjährige Freunde und enthusiastische Pflanzenliebhaber, über ihre so unterschiedlichen Gärten, aber auch über ihre Erfahrungen, Erfolge und Enttäuschungen aus; sie berichten von Erlebnissen, gemeinsamen Freunden, kulinarischen Genüssen und den Freuden und Leiden des Alltags. Sehr persönlich und liebenswert diskutieren sie ihre Ansichten und Einsichten über das Leben, die Musik, die Jahreszeiten und die Natur. Ihre Lebenswege und Ausgangsbedingungen sind sehr unterschiedlich: auf der einen Seite Beth Chatto, die als Autodidaktin ihre heute berühmten Beth Chatto Gardens in East Anglia über mehr als 40 Jahre dem kargen Boden abgetrotzt hat und damit zeigt, was unter schwierigsten Bedingungen möglich ist; auf der anderen Seite Christopher Llyod, der das historische Anwesen Great Dixter in Sussex mit seinen zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Sir Edwin Lutyens angelegten Gärten von seinen Eltern übernommen und sehr kreativ weiterentwickelt hat. Beide haben mehrere Bücher über ihre Gärten veröffentlicht und wurden weltweit mit zahlreichen Preisen und Anerkennungen ausgezeichnet.

• Faszinierender Briefwechsel zweier legendärer Gärtner
• Persönlich und berührend
• Wunderbare Lektüre für alle Gartenfreunde

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Seitenzahl: 565

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Beth ChattoChristopher Lloyd

Dear Friendand Gardener!

Ein Briefwechselüber das Leben, das Gärtnernund die Freundschaft

Aus dem Englischen übertragen von Maria Gurlitt-Sartori und Christoph Gurlitt

Deutsche Verlags-Anstalt

Aus dem Englischen übertragen von Maria Gurlitt-Sartori und Christoph Gurlitt

Titel der englischen Originalausgabe: Dear Friend and Gardener

Originalverlag: Frances Lincoln Ltd

74–77 White Lion Street

London N1 9PF

www.franceslincoln.com

Copyright © Frances Lincoln Ltd 1998

Text copyright © Christopher Lloyd and Beth Chatto 1998

1. AuflageCopyright © 2013 Deutsche Verlags-Anstalt, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHAlle Rechte vorbehaltenGesetzt aus der Minion ProLithographie: Helio Repro, MünchenISBN 978-3-641-08875-0www.dva.de

Beth Chatto zum 90. Geburtstag

Inhalt

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Vorworte zur Originalausgabe 1998

Von Beth Chatto

Von Christopher Lloyd

Teil 1 1996

Beth ChattoThe Beth Chatto Gardens

Teil 2 1997

Christopher Lloyd Great Dixter

Pflanzenregister

Personen- und Sachregister

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Gerne komme ich der Bitte nach, ein paar einführende Zeilen für die deutsche Ausgabe von Dear Friend and Gardener, der Publikation eines Briefwechsels mit meinem langjährigen Freund Christopher Lloyd aus den Jahren 1996 und 1997, zu verfassen, zumal mir dies die Möglichkeit bietet, meine deutschen Freunde und Gartenliebhaber zu begrüßen. Auch wenn ich selbst leider kein Deutsch kann, so weiß ich dennoch, dass uns eine gemeinsame Sprache verbindet: die Liebe zu den Pflanzen. So kommt es, wo immer sich passionierte Gartenfreunde begegnen, zu lebhaften Gesprächen, die in einen wortreichen Ideen- und Erfahrungsaustausch münden.

Im Grunde glaube ich, dass das Gärtnern unsere archaischsten Instinkte weckt, insbesondere das Bedürfnis, etwas zu gestalten und zu umsorgen. Wir können nicht ewig Kinder bekommen, aber wir können unseren Drang, Leben weiterzugeben, befriedigen, indem wir Stecklinge, Sämlinge, junge Pflanzen anziehen, bis sie kräftig genug sind, um ohne unsere Hilfe weiterzuleben. Dies lässt sich durchaus mit dem Umsorgen einer Familie vergleichen.

Nachdem Pflanzen aus allen Ecken der Welt in unsere Gärten Einzug gehalten haben, bedurfte es zur gegenseitigen Verständigung einer einheitlichen Nomenklatur. Auch wenn es Gartenanfängern immer wieder schwer fällt, sich all die lateinischen Namen zu merken, ist es letztlich eine Frage von Vertrautheit. Wie Kinder mit der Zeit ein Wort nach dem anderen sprechen lernen, so lernen wir durch die regelmäßige Beschäftigung mit unseren Pflanzen allmählich ihre Charakteristika und damit auch ihre Namen kennen. Je mehr wir darüber lesen, sprechen oder schreiben, desto besser bleiben diese Namen in unserem Gedächtnis haften. Was die Lektüre eines Gartenbuchs so erfreulich macht, ist das Wiedererkennen der Pflanzen, die uns in Namen und Erscheinungsbild wie alte Freunde vertraut sind. Ein von mir sehr geschätzter Gartenliebhaber sagte einmal, dass das Gärtnern wohl zu den zivilisiertesten Tätigkeiten gehöre, die es überhaupt gibt! Das mag vielleicht eine Übertreibung sein, aber ich bin dennoch unendlich dankbar, diesem weltweiten Kreis von Enthusiasten anzugehören.

Christopher Lloyd und ich haben im Lauf unserer über 20-jährigen Freundschaft zahlreiche Interessen geteilt. Diese bereicherten und förderten unsere Freundschaft, auch wenn wir keineswegs immer einer Meinung waren. Mochte ich mich auch zunächst von der einen oder anderen unorthodoxen Idee noch so vor den Kopf gestoßen fühlen, so gelang es ihm dennoch häufig, mich Dinge mit anderen Augen betrachten und überkommene Vorstellungen hinterfragen zu lassen. Die Kunst der Gartengestaltung ist in unseren beiden Gärten auf eine jeweils andere Weise verwirklicht, immer aber ist sie tief verwurzelt in unserem Lebensverständnis, fernab flüchtiger Effekthascherei.

In guter Erinnerung geblieben sind mir die vielen Praktikanten aus Deutschland, die im Lauf der Jahre in den Sommermonaten bei uns waren. Beide Seiten haben, jede auf ihre Weise, von diesem Austausch an Ideen, Methoden und Prinzipien profitiert.

Maria Gurlitt-Sartori, die Schwester einer meiner Praktikantinnen, ist vor mehr als zwanzig Jahren in mein Leben getreten und wurde mir mit der Zeit zu einer engen Freundin. Dass sie nicht nur meinen Kiesgarten, sondern nun auch Dear Friend and Gardener übersetzt hat, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit, zumal ich weiß, dass sie keine Mühe scheut, den Sinn meiner Worte so authentisch wie möglich ins Deutsche zu übertragen.

Wir alle blicken unsicheren Zeiten entgegen. Aber gemeinsam haben wir die Möglichkeit und zugleich die Verantwortung, zur Bewahrung der Natur beizutragen, auf die wir in all ihren Erscheinungen nachhaltig angewiesen sind.

Beth Chatto im Januar 2013

Vorworte zur Originalausgabe 1998

Von Beth Chatto

Christopher Lloyd und ich begegneten uns erstmals vor zwanzig Jahren. Dass es überhaupt dazu kam, lag an einer Meinungsverschiedenheit. Als ich sein Buch The Well-Tempered Garden zum ersten Mal las, fand ich es anregend, erheiternd und immer wieder aufschlussreich – was hatte ich nicht alles vergessen oder gar nie gewusst! Es war gespickt mit umstrittenen Ideen, und ich ließ mich von seinem eigenwilligen Stil mitreißen, der mich, weit davon entfernt zu brüskieren, von der ersten bis zur letzten Zeile fesselte; nur eines bekümmerte mich: Er verlor kein Wort über Bergenien, eine Pflanzengruppe, ohne die ich im Garten nicht sein kann! Ich schrieb ihm also einen Brief. Er erwiderte ihn mit einer Einladung zum Lunch. Dies war der Beginn unserer Freundschaft, die auf gemeinsamen Werten und Neigungen basiert, vor allem aber auf unserer großen Liebe zu Pflanzen. Über unsere gemeinsamen Garteninteressen hinausgehend war es aber auch immer wieder unsere Begeisterung für andere künstlerische Ausdrucksformen wie die Musik und das Kochen, die uns beflügelte, und – nicht zu vergessen – unsere Freude an der Begegnung mit anderen Menschen, die uns mit ihren Reaktionen auf das, was wir tun, und mit ihren Anregungen bereichern.

Und doch könnten unsere Ausgangspositionen gegensätzlicher nicht sein. Christophers Garten, das historische Great Dixter, lebt auch von seiner einzigartigen Architektur, die mit ihren malerischen alten Scheunen inzwischen organisch in das Gesamtgefüge des Gartens integriert ist. Gemeinsam mit den vielen Eibenskulpturen, den Wällen, Kuppeln und Torbögen, die eine Rahmenfunktion haben, ergibt die Architektur ein Bild per se, das zeitlos, ja beständig wirkt. Innerhalb dieses Rahmenwerks experimentiert Christopher mit aufregenden, bisweilen revolutionären Ideen, die zugleich bezaubern und schockieren. Und das ist gut so. Jeder Gärtner ist ein Individuum, das, je nach Charakter und Situation, Inspirationen aufgreift oder eben verwirft.

Ich selbst bin seit nunmehr 54 Jahren im Garten tätig, beeinflusst vor allem von meinem Mann Andrew, der sich ein Leben lang intensiv dem Studium der natürlichen Heimat von Pflanzen widmete. In den ersten 18 Jahren unserer Ehe haben wir auf dem Anwesen meiner verstorbenen Schwiegermutter gegärtnert, wo ich zum einen mit der Erziehung unserer beiden Töchter, Diana und Mary, befasst war, und zum anderen lernte, welche Pflanzen trockenen tonhaltigen Kalkboden tolerierten oder auch nicht, und meinem Mann bei der Arbeit in unserer Obstplantage, sieben Meilen von Elmstead Market entfernt, zur Hand ging. Ohne dass es mir damals bewusst gewesen wäre, sammelte ich dabei wertvolle Erfahrungen, denn ich musste nicht nur mit mir, sondern auch mit anderen Leuten umgehen lernen und Probleme lösen, mit denen man sich beim Führen eines Betriebs immer wieder konfrontiert sieht – kurzum, auf diese Weise sollte ich das Rüstzeug für den Start meiner eigenen Gärtnerei erwerben. Ich habe keinerlei gärtnerische Ausbildung, was sich, wie ich im Nachhinein meine, aber nicht als Handicap erwies. Zum Glück konnte ich auch aus meiner über 36 Jahre währenden Freundschaft mit dem verstorbenen Künstler und Gärtner Sir Cedric Morris, Besitzer einer legendären Pflanzensammlung, immer wieder Inspiration und Zuversicht schöpfen.

1960 erfüllte sich dann ein langgehegter Traum, als wir unser neues Haus auf der Obstplantage bezogen. Weil hier kein altes Bauernhaus vorhanden war, konnten wir ein schlichtes eineinhalbgeschossiges Haus mit Blick auf eine verwilderte Senke in die untere Geröllböschung einpassen. Außer ein paar alten Eichen gab es nichts Bemerkenswertes. Es handelte sich um Brachland, ein überwuchertes Feld zwischen unserer Plantage und dem Gelände unserer Nachbarn: eine langgezogene, von Quellflüssen durchsetzte Senke mit schwarzem, staunassem Boden, umgeben von sonnengedörrtem Kies in einer der niederschlagsärmsten Gegenden des Landes. Aber es war das extrem weite Spektrum an Wachstumsbedingungen, von nährstoffarmem Kies bis zu wasserhaltigem Schlick, das uns faszinierte und anstachelte, Pflanzen in Problemzonen zu erproben. Nun, 36 Jahre später, blicken wir auf eine Reihe gegensätzlicher und dennoch harmonisch aufeinander abgestimmter Gartenbereiche, von denen jeder nach unzähligen Versuchen und Fehlschlägen auf Pflanzen basiert, die wie in der Natur an unterschiedlichen Standorten beheimatet sind.

Für mich war die Gestaltung dieses Gartens Liebesbeziehung und Lebenswerk in einem. Unsere Familie ist in der Zwischenzeit um sechs Enkelkinder gewachsen und umfasst nun auch meine Mitarbeiter und Studenten aus aller Welt.

Im vergangenen Jahr hat eine junge Japanerin, Yuko Tanabe, als Praktikantin bei uns gearbeitet. Weder mir noch Christo war bekannt, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Ausbildung zur Gartengestalterin Great Dixter besucht hatte. Sie gab ihrer Verwunderung Ausdruck, dass Christo und ich einander Briefe schrieben und sogar miteinander befreundet waren, »wo ihr beide doch so grundverschieden seid«. Ich entgegnete ihr, dass jeder von uns seine eigene Leinwand auf seine eigene unverwechselbare Art bemale, und dass unsere Freundschaft gerade deshalb so lebendig und so anregend sei. In diesem Augenblick sah ich durch die Baumkronen, die ihre Herbstblätter inzwischen abgeworfen hatten, dass die junge Paulownia tomentosa, die wir vor etwa sieben Jahren gepflanzt hatten, stolz ihre mit samtig beigen Knospen besetzten Zweigspitzen vor einem milchig blauen Himmel präsentierte. »Schau, Yuko«, sagte ich, »dieses Jahr hat sie erstmals Blütenknospen gebildet.« Da erwiderte sie: »Christopher ist der Magier, Du bist die Mutter.« Das hat mir gefallen.

Beth ChattoElmstead Market, 1998

Von Christopher Lloyd

Anders als meine Briefpartnerin musste ich den Garten weder der Wildnis abringen, noch eine Gärtnerei anlegen und mich auch nicht um einen großen Mitarbeiterstamm kümmern, für den Beth sorgt wie für ihre eigene Familie.

Great Dixter, wo ich 1921 zur Welt kam, war von jeher meine Heimat. Meine Eltern hatten das Anwesen im Jahr 1910 erworben. Edwin Lutyens (später Sir Edwin) restaurierte das aus dem 15. Jahrhundert stammende Herrenhaus und überwachte die Anbauten, die unverändert erhalten sind. Er entwarf alle Gartenbereiche bis auf den Senkgarten, der nach dem Ersten Weltkrieg nach Plänen meines Vaters gestaltet wurde. Die Substanz war also bereits vorhanden, bevor ich diese Bühne betrat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg absolvierte ich ein Gartenbaustudium am Wye College der Universität London (B. Sc. Hort.), an dem ich anschließend vier Jahre als wissenschaftlicher Assistent tätig war. Daraufhin kehrte ich nach Hause zurück, um beruflich auf dieser Basis aufzubauen. Meine Liebe zur Literatur, nicht zuletzt zum Briefeschreiben, die mir meine Mutter in die Wiege gelegt hat, war die ideale Voraussetzung, mich als Gartenschriftsteller zu versuchen. Mein erster Artikel (über Lobelia cardinalis) wurde 1952 publiziert und mein erstes Buch The Mixed Border folgte 1957. Auch eine kleine Gärtnerei eröffnete ich, die ich aber bewusst überschaubar hielt, um mich nicht jenen Ängsten auszusetzen, die ein größerer Betrieb zwangsläufig mit sich bringt.

Anzumerken wäre noch, dass ich vier Brüder und eine Schwester hatte, die alle aus dem elterlichen Haus auszogen, wenngleich ein Bruder sich auf dem Anwesen Little Dixter niederließ und nach der Öffnung von Haus und Garten für ein größeres Publikum die zunehmend wichtiger werdenden geschäftlichen Dinge regelte. Inzwischen bin ich der einzig Überlebende meiner Familie, von der, ganz im Gegensatz zu mir, keiner auch nur das geringste Interesse am Gärtnern zeigte – einer Leidenschaft, die ich von klein auf mit meiner Mutter teilte. Während der sieben Jahre am Wye College (nur 25 Meilen von Dixter entfernt) hinterließ ich ihr Woche für Woche Weisungen, wie der Garten in meiner Abwesenheit versorgt werden sollte. Sie war bis auf ihre letzten Tage rüstig, als sie 1972 im Alter von 91 Jahren starb. Danach war ich auf mich allein gestellt, was aber nicht hieß, dass ich diesen riesigen Landsitz nun einsam und alleine bewohne, wie bisweilen angenommen wird. Ich war vielmehr der Überzeugung, dass es ein Hort der Geselligkeit und Begegnung für die vielen Freunde und Verwandten werden sollte, insbesondere die jungen Leute, die nichts sehnlicher wünschten, als von zu Hause wegzukommen, ohne aber die Mittel für eine eigene Bleibe zu haben.

Die Besucherzahlen belaufen sich gegenwärtig auf jährlich 35000, Woche für Woche erscheint eine Kolumne von mir in Country Life (seit 1963), The Guardian und diversen anderen Zeitschriften, und alle zwei Jahre kommt es zu einem Buch. Der Garten ist dank Fergus Garretts Engagement und Organisation zunehmend besser aufgestellt, ohne dass wesentlich mehr Personal eingesetzt werden musste; das Team besteht aus einer hilfsbereiten und positiv gestimmten Gemeinschaft, so dass wir im Großen und Ganzen betrachtet ein recht gesundes und glückliches Unternehmen bilden.

Fergus, mit dem ich seit seiner Studentenzeit befreundet bin, wurde 1994 mein Obergärtner; als solcher hat er alle nur möglichen Veränderungen im Garten vorgenommen, hauptsächlich hinsichtlich der Bepflanzung, weniger der Struktur. Dadurch konnten am Haus und den Wirtschaftsgebäuden größere Reparaturen finanziert werden, denn was mir besonders am Herzen liegt (abgesehen von dem Vergnügen, das es mir bereitet!), ist, Dixter in geordneten Verhältnissen der nächsten Generation weiterzugeben.

Soweit in etwa mein Fazit. Ich bin mir meiner glücklichen und privilegierten Position durchaus bewusst, versuche mich dieses Glücks aber würdig zu erweisen, indem ich meine Verantwortung ernst nehme. Dixter ist für mich ein wunderbares Zuhause, für andere eine Oase.

Beth und ich sind seit vielen Jahren befreundet, sei es, dass wir einander besuchen, einander schreiben oder miteinander telefonieren; 1987 flogen wir zusammen um die Welt und nahmen an Konferenzen in Melbourne und Toronto teil – warum also hätten wir uns scheuen sollen, einen auch für unsere Leser bestimmten Briefwechsel zu führen? Ich für meinen Teil schulde Frances Lincoln [dem Originalverlag] für die Veröffentlichung dieser Korrespondenz großen Dank. Zwar gab es in den ersten Monaten unseres Briefwechsels Spannungen, die teilweise darauf zurückzuführen waren, dass die Verleger uns mit Hinblick auf unsere gartenbegeisterte Leserschaft zu verstehen gaben, wir sollten uns mehr auf Gartenthemen und weniger auf (wie manche meinten) Elitäres wie Besuche des Opernfestivals Glyndebourne oder den Empfang meiner Ehrendoktorwürde konzentrieren. Wir (Beth und ich) sahen das aber anders, denn ein abgerundetes Bild unseres Lebens schloss zwangsläufig Freuden ein, die über den Garten hinausgehen. Diese Spannung beeinträchtigte uns anfangs, wir beruhigten uns aber bald wieder, zumal wir von den Herausgebern zunehmend ermutigende Reaktionen erhielten. Mögen unsere gegenwärtig exzellenten Beziehungen zu ihnen noch lange andauern.

Christopher LloydGreat Dixter, 1998

Addendum: Im Oktober 1997 wurde bei mir Parkinson diagnostiziert, ein Krankheitsbild, auf das einige unserer Briefe [gegen Ende unseres Briefwechsels] Bezug nehmen. Es handelte sich indes um eine Fehldiagnose: meine Krankheit erwies sich als ernsthafter und zugleich leichter behandelbar, und eine kürzlich erfolgte Bypass-Operation hat mein Allgemeinbefinden nachhaltig verbessert, sodass ich mich zeitweilig zwar schwach fühle, dennoch aber optimistisch bin.

Teil 1 1996

Sonntag, den 14. Januar

Liebe Beth,

so langsam geht es mir nach meiner Grippe wieder besser. Ich habe die ganze letzte Nacht vor meinem Kamin verbracht, da ich in der Nacht zuvor nicht aufhören konnte zu husten, sobald ich mich hingelegt hatte. Das hat ganz gut getan.

Immerhin kann ich jetzt wieder klare Gedanken fassen. Und zum Glück sind keine Besucher da …

Apropos Besucher fällt mir eine Frage wieder ein, die mir schon länger durch den Kopf geht, nämlich ob es wirklich notwendig ist, in Trockenphasen zu gießen. Ich besuchte [das etwa 10 km von Great Dixter entfernt gelegene] Sissinghurst Ende August oder Anfang September [nach einer Phase langer Trockenheit], bevor die starken Regenfälle Wirkung gezeigt hatten – September war bei uns letztes Jahr der zweitnässeste Monat mit etwa 127 Millimetern Niederschlag. Die Rasenflächen waren leuchtend grün. Da einer der Gärtner ausschließlich für den Rasen zuständig ist, verbietet sich der Anblick vernachlässigter Rasenflächen allein schon deshalb. Tony Lord geht in seinem kürzlich veröffentlichten Buch über Sissinghurst in allen Einzelheiten auf die Rasenpflege unter widrigen Bedingungen ein, wie etwa auf den Rasen entlang dem Wassergraben, auf dem sich tagtäglich hunderte von Besuchern drängen.

Ich kann die Situation nachvollziehen und verstehe auch, dass die Besucher einen Anspruch auf tadellos gepflegte Rasenteppiche zu haben meinen. Über die Hälfte der Besucher sind Mitglieder des National Trust, und sie alle fühlen sich somit für den Ruf Sissinghursts mitverantwortlich. Meine Rasenflächen sahen zeitweise schrecklich aus (ich tue praktisch nichts dafür), und ich bin mir fast sicher, dass auch Vita Sackville-West unter ähnlichen Umständen kaum mehr dafür getan hätte. Aber die Besucherzahlen und Erwartungen der Öffentlichkeit stellen eine große Bürde dar. Was mich jedoch ziemlich verärgerte, war, dass die Rabatten nach Wasser lechzten und es für jene Zeit des Jahres nur sehr wenige ansehnliche Pflanzengruppierungen gab, von ein paar Solitären hier und da abgesehen. Ganz offensichtlich wurden die Rasenflächen als vorrangig erachtet. Für mich heißt das, die Prioritäten auf den Kopf stellen. Ich bin mir sicher, dass es für Privatgärten ein Gießverbot gab, dieses gilt aber nicht für kommerzielle Betreiber von Gärten, Gärtnereien oder landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Ich weiß nicht genau, ob für Deine Gegend auch derartige Einschränkungen galten, da ich gehört habe, dass die Wasserwerke in Norfolk erstaunlicherweise so effizient arbeiten, dass es für jedermann genügend Wasser gab. Ich vermute aber auch, dass jemand wie Du, der immer wieder unter regenarmen Perioden zu leiden hat, genau weiß, was er zu tun hat, während eine Grafschaft wie Yorkshire mit erwartungsgemäß hohen Niederschlagsmengen von einer Trockenphase geradezu überrumpelt wird.

Ich erinnere mich, dass auch Dein Garten im August schwer zu leiden hatte, denn Du erzähltest mir, dass Du nahe daran warst, aufzugeben, wenn David (Ward) Dich nicht davon abgehalten hätte: »Nein, Beth, nicht jetzt, wo wir so weit gekommen sind.« Meiner Ansicht nach hatte David Unrecht (obwohl mir natürlich klar ist, dass Du genau das von ihm hören wolltest).

Inwieweit gärtnern wir in unserem eigenen Interesse, im Interesse der Besucher oder im Interesse unserer Pflanzen? Meinem Empfinden nach können Prinzipien auch zu weit gehen, dann nämlich, WENN SIE UNS IM WEG STEHEN. Offenbar bin ich auch weniger prinzipientreu als Du. Aber wenn ich sehe, wie Pflanzen leiden, kommt es mir vor, als hätte ich meinen Haustieren nicht genügend zu fressen gegeben. Während es uns aber zu Herzen geht, wenn ein Tier kläglich maunzt oder winselt, hat die arme Pflanze diese Möglichkeit eben nicht.

Deine Devise lautet Belehrung durch Vorbild. Du hast schon früh begonnen zu unterrichten, genau wie ich. Und so gibt es nichts, was ich lieber tue, als meine Ideen zu verbreiten, indem ich sie in die Tat umsetze. Aber, aber, aber … Jene unglücklichen Gewächse. Freilich, man kann den Blick von ihnen abwenden; man kann sich sagen, dass sie sich meist wieder erholen, man kann den Leuten erklären, dass es sich um ein Experiment handelt, das auch sie nachvollziehen können, wenn sie nicht wässern; und man kann ihnen auch vermitteln, dass man testen wolle, welche Pflanzen mit einer vorhersehbaren Trockenheit zurechtkommen. Und doch trägt keine dieser Erklärungen zu einer glücklichen Situation bei, wenn Trockenheit immer häufiger zu einer Stresssituation wird. Ich weiß zwar, dass Du alles in Deiner Macht Stehende getan hast, um durch entsprechende Mulchschichten und Düngergaben die Wasserspeicherfähigkeit der Pflanzen zu optimieren; dennoch meine ich, dass ein Punkt kommen sollte, wo man sich stark (nicht schwach) genug fühlt, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Aber es ist Dein Garten, es sind Deine Pflanzen, und wenn sie glücklich sind, dann bist Du es schließlich auch.

Heute war ein schöner Tag, fand ich doch die ersten beiden Krokusse, die zwar noch nicht ganz offen waren, sich aber doch der Sonne entgegen streckten. Es waren Zufallskreuzungen von Crocus chrysanthus. Ich mag Krokusse und Tulpen unter sämtlichen frühlingsblühenden Zwiebeln am allerliebsten, und zwar beide aus dem gleichen Grund: weil sie so spontan auf Sonnenschein reagieren. Gazanien und andere südafrikanische Korbblütler verhalten sich ganz ähnlich, nur später. Ich entdeckte auch ein weit offenes Schöllkraut, angeschmiegt an die halbrunden Stufen.

Vielen Dank für Deinen letzten, ausgesprochen einfühlsamen Brief. Ich konnte das Geranium-Blatt zwar nicht riechen, ließ mir aber sagen, dass es nach Zitrone dufte.

Achte in den kommenden Monaten auf den Abendhimmel (wenn er wolkenlos ist). Die Venus wird wesentlich heller zu sehen sein als gewöhnlich; das kommt vielleicht alle acht Jahre einmal vor.

Alles Liebe, Dein Christo

Freitag, den 19. Januar

Lieber Christo,

es tut mir leid, dass Dich die Grippe so erwischt hat. Es muss ziemlich übel gewesen sein, wenn Du die ganze Nacht aufbleiben musstest, aber sag, wie hast Du es geschafft, sie so rasch und effizient wieder loszuwerden? Vielleicht wirken ja auch ein oder zwei Schlückchen Deines guten Whiskys wie ein Antibiotikum?

Der Januar scheint vielen Leuten zuzusetzen, vor allem seelisch, auch wenn nicht in Form von Schnupfen. Ich bin bis jetzt davon verschont geblieben, und Dein Brief hat mir richtig Auftrieb gegeben – genau das, was ich brauchte, und was Du zweifellos damit beabsichtigt hattest.

Apropos Wässern, ich bin natürlich nicht grundsätzlich dagegen. Das wäre ja heuchlerisch, denn auch wir kommen in extremen Trockenzeiten nicht umhin, in der Gärtnerei und in Teilen des Gartens wie etwa dem Waldgarten zu wässern. Aber rein verstandesmäßig weiß ich nun einmal, dass Wasser unser wertvollstes Gut ist, da die Weltbevölkerung überproportional zunimmt und der Wasserverbrauch heute vielfach wesentlich höher ist als der wirkliche Bedarf. Hinzu kommt die Wahrscheinlichkeit zukünftig heißerer und trockener Sommer, was unweigerlich bedeutet, dass wir einige unserer Gartenpraktiken neu überdenken müssen.

Und schon komme ich auf unseren kürzlich angelegten Kiesgarten und das Thema Deines Briefes zu sprechen. Der letzte Sommer hat uns auf die bisher härteste Probe gestellt. Die letzen Wochen der Trockenheit waren sehr quälend für mich, und ich fragte mich unentwegt, wie weit ich gehen konnte, während meine Pflanzen über acht Wochen einem Wind, der dem Gebläse eines Backofens gleichkam, ausgesetzt waren, und das ohne auch nur einen Tropfen Regen. Wie anders der Garten doch im Juni noch ausgesehen hatte (oder verglichen mit Gärten, die jede Nacht gewässert wurden) – ein schmerzlicher Gegensatz. An einen für Besucher offenen Garten stellt man jedenfalls andere Erwartungen. Und doch ist es für mich kein öffentlicher Garten, sondern mein ganz eigener Garten, den ich indes liebend gern mit gleichgesinnten Gartenfreunden teile.

Ein Schild am Eingang weist darauf hin, dass wir im Zug eines Experiments in diesem Gartenbereich auf jegliche Bewässerung verzichten, um zu testen, welche Pflanzen ohne Schaden überleben, was all jenen, die zeitweise von Amts wegen auf das Gießen verzichten müssen, eine Hilfe sein dürfte.

Obwohl die allermeisten Pflanzen aufgrund ihrer Robustheit ausgewählt wurden, war ich darauf gefasst, einige zu verlieren und austauschen zu müssen. Bei Temperaturen zwischen 25 °C und 35 °C und keinerlei nennenswerten Niederschlägen zeigte sich der Kiesgarten – gemessen an den verbrannten Rasenflächen und Wegrändern in der näheren Umgebung – weiterhin reich an duftendem Blattwerk in den unterschiedlichsten Formen, Texturen und Schattierungen. Zugegeben, es gab nur wenige Blüten, aber viele Samenköpfe und Gräser bildeten einen Blickfang entlang der gewundenen Kieswege, so dass mein »trockenes Flussbett« sich in Wellen auf und nieder zu bewegen schien, je nachdem, ob sich die Pflanzen ausbreiteten oder zurückwichen. »Wie am Mittelmeer sieht es hier aus, und genau so riecht es auch!«, bemerkte ein 90-jähriger Botaniker gegenüber einem meiner Mitarbeiter. Am liebsten hätte ich ihn umarmt.

Ein anderer Mann schrieb uns, er wolle sein Geld zurückhaben. Das fand ich dreist, zumal die Besucher unentgeltlich durch den Kiesgarten gehen können, bevor sie den Hauptgarten betreten. Hier wurden einige Rabatten gewässert, nicht aber die Rasenwege, die auf dem höher gelegenen, trockenen Bereich so gelb aussahen wie Knäckebrot.

An dem Tag, an dem der Regen einsetzte – es war Samstag, der 1. September –, traf um 11 Uhr ein Reisebus mit einer Damengesellschaft ein, von der offenbar niemand darauf gefasst war, dass der Sommer über Nacht zum Rückzug angesetzt hatte. Unpassend angezogen, tippelten sie in leichten Schuhen und noch leichteren Kleidern durch die Gärten und waren bald schon wieder verschwunden. Den ganzen Tag über regnete es stetig und leise vor sich hin; jede Faser meines Körpers und des Gartens atmete dankbar auf. Ein paar Tage später lag ein Umschlag auf meinem Schreibtisch, der 53 Eintrittskarten und einen Brief enthielt, in dem die Damen angesichts des enttäuschend schlechten Wetters eine Rückerstattung des Geldes forderten!

Landauf, landab gab es in den folgenden Tagen nur ein Gesprächsthema: wie erstaunlich rasch sich das Gras wieder erholt habe. Die Leute sind natürlich besorgt, wenn die Rasenflächen wochenlang leblos wie ein Stein daliegen, und doch fangen sie sich meiner Erfahrung nach als Erste wieder. Viel aufregender war für mich, was ich im Kiesgarten an Wiederaufleben wahrnahm. Die winzigen farnartigen Blätter von Leptinella squalida waren zu grauem Flaum verkümmert, während sich Phuopsis stylosa als Geflecht strohiger Triebe durch den Kies zog. Solche Lücken wirken in einer Mulchschicht aus Steinen aber längst nicht so unansehnlich, wie wenn die Pflanzen vor nacktem Boden verschwinden.

Nachdem es einige Tage geregnet hatte, waren beide Pflanzen wieder vollständig hergestellt und bildeten brandneue, leuchtend frühlingsgrüne Teppiche. Caryopteris, die Sedum-Arten und Perovskia brachten Schwaden von Farbe hervor; es blühte wieder.

Verzeih, wenn ich mich so lange über Trockenheit und Bewässerung ausgelassen habe, aber für mich ist dies eher eine Frage der Gartenphilosophie als eine der Moral oder der Prinzipien, und von daher dürfte sich dieses Thema im Folgenden auch wie ein roter Faden durch unsere Kette von Briefen ziehen.

Lass mich Dir noch rasch meine Neujahrsdekoration schildern. Am Tag nach Dreikönig holte ich mir Zweige der Korkenzieherweide Salix ‘Tortuosa’ und stellte sie in zwei großen Krügen auf einen niedrigen Tisch, der vom Licht des Fensters dahinter beleuchtet wird. Ich habe Freude am Schneiden dieser bizarr verdrehten Triebe, die bei Tageslicht oder abends, wenn die hellen Vorhänge dahinter zugezogen sind, eigenwillig schöne Silhouetten bilden. Um sie am Rand der Krüge zu verankern, nahm ich Triebe von Magnolia grandiflora, die nach dem heftigen Schneefall vor Weihnachten abgebrochen waren. Wenn die tief stehende Wintersonne unter aus einem wolkenverhangenen Himmel, der schwer wie der Deckel einer Aschentonne auf dem Gemüt lastet, hervorzuschauen geruht, verwandelt sie dieses schlichte Arrangement in etwas ganz Besonderes – sie leuchtet zwischen den glänzenden Trieben der Weide und verleiht den rostigen Rückseiten der Magnolienblätter wunderbare Wärme. Wenn sie sich drehen und in die Länge strecken, werden sie einen Schleier aus grünem Blattwerk bilden, und das lange bevor sich auch nur ein Anzeichen von Leben auf den kahlen Zweigen draußen regt.

Ich hoffe, es geht Dir wieder besser.

Alles Liebe, Deine Beth

Samstag, den 20. Januar

Liebe Beth,

bevor ich es vor lauter Schnaufen vergesse: Würdest Du Dich freuen, wenn ich für Dich im kommenden Juli einen Platz in Glyndebourne reservierte? Strauß’ Arabella steht am Montag, dem 22., auf dem Spielplan, eine Wiederaufnahme einer sehr gelungenen Aufführung, die ich schon mehrere Male gesehen habe. Fergus kommt mit, Pip Morrison (der Landschaftsarchitekturstudent, den Du im August als Volontär hier kennen gelernt hast) sowie John und Johanna Watkins (er ließ einmal die Bemerkung fallen, dass er nur zu gern einmal nach Glyndebourne mitkommen würde).

Mein Bazillus will einfach nicht weichen. Nachdem ich über elf Tage Fieber hatte, habe ich mich schließlich der Schulmedizin und ihren Antibiotika zugewandt (und doch, wie kann es sein, dass meine eigenen Abwehrkräfte nicht funktionieren?).

Vielen Dank für Deinen Brief. Du schreibst, dass »der Wasserverbrauch heute vielfach weit höher ist als der tatsächliche Bedarf«. Das ist die reine Wahrheit. Phil Claytons Nachbar in der Nähe von Guildford ließ seinen Rasensprenger, soweit ich mich erinnere, im vergangenen August die ganze Nacht über laufen. Wenn Du aber von der Wahrscheinlichkeit ausgehst, dass es in Zukunft noch heißere und trockenere Sommer geben wird (von Gewissheit kann nicht die Rede sein) und wir selbstverständlich darauf gefasst sein sollten, unsere Gartenpraktiken neu zu überdenken, dann frage ich mich, was in Beths Hinterkopf vorgehen mag. Noch mehr Kies- und Trockengärten (Xerophyten), mit einem Mustergarten gesponsort vom örtlichen Wasserwerk? Hinweistäfelchen, die die Besucher aufklären, dass all dies entstanden ist, ohne dass ein Wasserhahn aufgedreht werden musste? Ein gönnerhaftes Schulterklopfen für das bürgerschaftliche Engagement des Initiators dieses und jenes Wassersparprogramms?

Zugegeben, ich habe keine Lust, mit der moralischen Keule im Rücken zu gärtnern. Jeder Vollblutgärtner würde sich dadurch in seinen Vorlieben beeinträchtigt und blockiert fühlen. Im Grunde würdest – oder müsstest – Du die Umwandlung meines alten Rosengartens in einen tropischen Garten zutiefst missbilligen. Das machst Du zum Glück nicht. Stattdessen freust Du Dich daran, wie ich es auch tue und es mir wünsche: als ein Abbild überschäumender Wuchsfreude, das allerdings reichlich Wasser erfordert. Und doch wird es, falls die Sommer noch heißer werden sollten, auf die entsprechende Pflanzenzusammenstellung ankommen, um das Potenzial trotzdem auszuschöpfen!

Aber was soll das ganze Gerede – vielleicht werden wir wieder einen Winter wie jenen im Jahr 1947 bekommen? Der begann nämlich damals genau um diese Zeit, und heute sind die Temperaturen noch einmal um einige Grade gefallen.

Ich bekam übrigens einen langen Brief von Michael McCoy von seiner Wirkungsstätte in der Nähe von Melbourne. Er fragt auch nach Dir.

Helen Dillon hat dort einen Vortrag gehalten. Michael ist ein Intellektueller, der geradezu nach Impulsen und vertiefenden Gesprächen lechzt, in denen Perspektiven ausgebreitet und weiterentwickelt werden. Er ergreift jede Gelegenheit dazu beim Schopf:

»… aber ich muss sie in der Pause wohl verärgert haben, als ich sie fragte, warum sie der Ansicht sei, dass das dunstige, gedämpfte Licht Irlands den Gebrauch leuchtender Farben einschränke, wir diese in unserem strahlend hellen Licht aber durchaus üppig einsetzen sollten. Sie ging spontan in die Defensive und fuhr all die üblichen Argumente auf, dass Farben zu grell erscheinen würden etc. Ich erwiderte, dass das Gegenteil ebenso logisch sei, wenn wir etwa in einem dunklen, düsteren Klima lebten und gerade deshalb auf möglichst viele lebhaft leuchtende Farben angewiesen seien, die die Stimmung aufhellten. Ich verstehe nicht, warum sie derart verstimmt reagierte, aber als die Verfasserin eines berühmten Rosenbuchs auf sie zukam und fragte, ob sie Helen Kaffee nachschenken dürfe, entgegnete sie, sie könne das schon selbst tun.

›Aber wenn ich es für Dich mache, kannst Du mit Michael weiterreden‹, sagte die Rosenbuchautorin.

›Das Gespräch ist beendet‹, sagte Helen mit Nachdruck und ging, um sich ihren Kaffee zu holen. Ich glaube, dass Helen leuchtende Farben schwierig zu handhaben findet und sich deshalb hinter ihrer Theorie verschanzt.«

Armer Michael. Und doch hätte er eine stimulierendere Unterhaltung verdient. Ich finde nämlich, genau wie Fergus, dass er Recht hat. Als er noch in den Brighton Parks arbeitete (bevor diese aufgelöst wurden), sagte sein Chef, Pete Skinner, »Vergiss nicht, dass wir hier häufig graue Tage haben, achte also unbedingt darauf, reichlich satte Farben einzubringen, wenn du Beete gestaltest.« Freilich ist das gar nicht so einfach. Weiß kann, unter einem wolkenverhangenen Himmel hervorblitzend, nämlich ziemlich grell wirken.

Wie geht es Deiner schmerzenden Schulter, Beth? Schaffst Du es, in einer etwas entspannteren Haltung zu schlafen, ohne immer wieder wegen der Schmerzen aufzuwachen? Kommt die nette junge Frau morgens noch, um Dich zu massieren?

Bei mir blühen einige Christrosen von denen, die Du mir letztes Jahr geschenkt hast. Ich hatte seit Jahrzehnten keine mehr gepflanzt und bin ganz überwältigt.

Alles Liebe, Dein Christo

Mittwoch, den 24. Januar

Lieber Christo,

seit unserem Telefonat bin ich richtig erleichtert, dass es Dir wieder besser geht, aber bitte hör‘ auf zu denken, Du verschwendetest Deine Zeit. Ich weiß, dass es einem so vorkommen kann, aber wenn Du jetzt nicht vernünftig bist, riskierst Du, gar keine Zeit mehr zu haben. Diese Viren sind so heimtückisch, dass sie Dir vorgaukeln, alles sei in Ordnung. Aber das täuscht oft. Es ist nun zwei Winter her, dass ich so dumm war und zu früh weitermachte, als ob nichts gewesen wäre, und schon war der Bazillus wieder da. Eh ich mich versah, lag ich wieder flach, und es dauerte Wochen, bis ich wieder richtig auf die Beine kam. Mag sein, dass Du aus härterem Holz geschnitzt bist, aber hör’ auf Fergus und mach’ nur das Allernötigste.

Ich bin außer mir vor Freude über die erneute Einladung nach Glyndebourne. Obwohl wir Arabella bereits zusammen besucht haben, war es eine so lebendige Aufführung, dass ich sie sehr gern noch einmal sehen, ja, hören würde, zumal ich sicher nicht jedes Detail wahrgenommen habe – es sei denn, Du würdest etwas anderes vorziehen. Vom 1. bis zum 16. Juli werde ich bei Freunden in Deutschland sein, so dass mir noch genügend Zeit bleibt, um zuhause herumzuwirbeln und zu hören, was in meiner Abwesenheit alles los war, bevor ich mich dann nach Dixter aufmache.

Obwohl ich mich sorge, weil Du Dich noch immer mit Fieber herumplagst, musste ich sehr über das Bild lachen, das Du über institutionalisiertes Gärtnern mit trockenheitsverträglichen Pflanzen gezeichnet hast, gipfelnd in dem Zugeständnis, dass Du Dich durch das Sammeln von Tropenpflanzen auf das Endzeitgärtnern vorbereitest. Was passiert, wenn, wie Du anführst, ein weiterer Winter wie der anno ‘47 kommt? (Gerade heute hat man wirklich diesen Eindruck – der starke Ostwind ist grauenhaft und die Temperatur fällt den ganzen Tag schon rapide ab.) Wird Beth sich über das Heizöl, das für die Überwinterung solcher Pflanzen erforderlich ist, ärgern? Nein. Sie dürfte damit beschäftigt genug sein, im Kiesgarten zu erkunden, welche Pflanzen gleichermaßen bei arktischen Bedingungen wie bei der Hitze im vergangenen Sommer überleben. Lass uns abwarten und schauen, was aus den anderen Gärtnern in unserem Land wird.

Es hat mir leid getan zu hören, dass Helen Dillon sich über Michael McCoy geärgert hat. Als ich ihn das letzte Mal sah, habe ich ihn als vielversprechenden jungen Botaniker und liebenswerten Menschen kennen gelernt, aber womöglich war Helen in jenem Moment einfach erschöpft, nachdem sie gerade erst ihren Vortrag gehalten hatte, oder sie war womöglich aufgeregt, weil noch ein Teil bevorstand.

Ich kann Deine Verstimmung über ein Zuviel an monochromer oder analoger Harmonie durchaus nachempfinden. Wo »guter Geschmack« zu dick aufgetragen wirkt, fehlt es an Biss oder dem erforderlichen Stachel, kurzum, an der Originalität. Aber ich erinnere mich gut, wie wir gemeinsam durch Helens Garten wandelten: ich musste spontan an eine Gemäldegalerie denken. Es gab viele kontrastierende Bilder, versteckte Überraschungen, allesamt vollendet in ihrer Art. Als wir fast schon am Ende unseres Rundgangs waren, hast Du mich auf eine beinahe Lloyd-artige Mischung flammender Farben aufmerksam gemacht, zugegeben, in winzigem Maßstab, aber sie ist mir als etwas Erfreuliches in Erinnerung geblieben.

Wenn ich gebeten werde, mich verbindlich zum Thema Farbe zu äußern, fühle ich mich fast schon in die Enge getrieben, weil ich eigentlich nicht von einem bestimmten Farbschema ausgehe. Mich beschäftigen vielmehr die Formen, wenn ich die Pflanzen zunächst einmal entsprechend ihrer Wachstumsbedingungen auswähle und das interessante Blattwerk im Auge habe, das die Szenerie möglichst lange »möblieren« wird. Dann erst schenke ich ihren Blüten Beachtung und ergänze diese dann durch die kurzlebigere Farbwirkung von Zwiebelblumen, Stauden, ja, selbst beschränkt winterharten Pflanzen, um bestimmte Farben zu unterstreichen oder erneut aufzugreifen. Und doch sorgen dann oft zufällig aufgegangene Sämlinge für Überraschungen, indem sie einen Schuss Farbe einbringen, wie er mir nie in den Sinn gekommen wäre – immer vorausgesetzt, dass dieser nicht zu stark oder gar übermächtig ausfällt (wie anderswo ist die Verhältnismäßigkeit auch im Hinblick auf Farbe ein wichtiger Faktor), kann er durchaus zur Abrundung meiner Bepflanzung beitragen.

Hast Du Erfahrung mit Cornus sanguinea ‘Midwinter Fire’, ein Hartriegel, den ich vor drei oder vier Jahren noch nicht kannte, nun aber wünschte, Du könntest diese aus drei kleinen Sträuchern bestehende Gruppe am Eingang meines Waldgartens sehen. Vor einem Hintergrund aus kahlen schwarzen Bäumen und Sträuchern, die mit Raureif überzogen sind, bilden sie einen Dunstschleier, der in seiner warmen Tönung an die verlöschende Glut eines offenen Feuers erinnert. Die Farbe leuchtet am intensivsten im Herzen des Buschs, wo die Triebe hellgelb sind, während die Enden der Zweige und Äste ein leuchtendes Korallenrot zeigen. Sie sind mit Vinca minor ‘La Grave’ unterpflanzt, ein Immergrün, das den Boden im Nu ganzjährig bedeckt und im Frühling mit blauen Blütensternen übersät, wobei ich inzwischen noch eine andere Idee hatte, um die Wirkung des Hartriegels zu steigern. Ich habe Luzula sylvatica ‘Aurea’ zwischen die Gruppe gepflanzt, um die Gelbtöne in den Trieben des Hartriegels auf Bodenhöhe erneut aufzugreifen. Diese schöne Hainsimse hat grasartig breite gelbe Blätter, die niedrige bogenförmig überhängende Horste bilden. Sie leuchtet im Winter, es sei denn außergewöhnlich raue Temperaturen setzen ihr derart zu, dass sie braun wird.

Nachdem für die nächsten Tage weiterhin schlechtes Wetter vorhergesagt ist, habe ich den Montagmorgen in meinem Gemüsegarten verbracht. Ein harscher Wind hatte den Dunst für ein paar Stunden hinweggeblasen und die Wäsche getrocknet. Ich grub Lauch und Sellerie für die geplante Gemüsesuppe aus und legte das verbleibende Dutzend Selleriewurzeln in eine mit Stroh ausgeschlagene Kiste vor einem meiner Gewächshäuser, wo ich sie mit einem Stück Netlon-Folie als Frostschutz abdeckte. In meinem »Erdkeller«, in dem ich meine organisch gezogenen Karotten und Rote Bete einlagere, war nämlich kein Platz mehr dafür. Diese einfache Idee habe ich letztes Jahr aus Deutschland mitgebracht, und Keith, der bisher noch für jedes meiner Technik-Probleme eine Lösung fand, hob mir bald darauf ein Erdloch aus. Mein »Keller« besteht aus einem mit Steinfliesen ausgelegten Schacht in einer Ecke des Gemüsegartens, der mit Sand gefüllt ist und sich mithilfe eines mit Scharnieren versehenen Deckels leicht öffnen lässt. In der einen Hälfte lagern meine Karotten, in der anderen die Roten Bete. Der passgenaue Deckel ist mit Dachpappe gegen den Regen bezogen.

Als ich am Montag um fünf Uhr die Vorhänge zuzog, war der Himmel noch klar genug, um den dünnen Silberstreif des Neumonds zu erkennen und die Venus, die im Süden leuchtete. Ich nahm ein altes Opernglas mit sehr guten Linsen zur Hand, und das Leuchten wurde zu einem unscharfen gelben Ball. Ein aufregender Anblick!

Gib Acht auf Dich.

Alles Liebe, Deine Beth

P. S. Wie Du mich nur für so anspruchsvoll halten kannst! Ich gönne mir nicht jeden Morgen eine Aromatherapie, um meine Schulterschmerzen zu lindern, sondern lediglich alle vierzehn Tage.

Sonntag, den 4. Februar

Liebe Beth,

es tut mir leid, dass ich Dich nicht mit einem neuen Opernerlebnis nach Glyndebourne locken kann, aber die einzige andere Aufführung, die ich noch gerne sehen möchte, ist Alban Bergs Lulu (eine wahre Herausforderung!) und wenn ich die sehe, bist Du noch in Deutschland. Sie wird aber ganz sicher noch einmal aufgeführt, da es sich um eine ganz neue Produktion handelt. Es wird insgesamt nur acht Aufführungen geben, was nicht unbedingt von großem Vertrauen in das Publikum zeugt. Zweifellos würde dieses auf den reservierten Plätzen der institutionellen Sponsoren am liebsten immer wieder den Figaro sehen, wenn auch nur als drittbeste Alternative zu Wimbledon oder Lord’s [weltweit bekanntes Cricket-Event].

Was die Anzucht und Lagerung Deiner Gemüsekulturen angeht, bist Du einfach gut organisiert. Ich verzehre Unmengen an Sellerie; wenn Frost droht, schützen wir ihn, indem wir die Reihen mit einem Streifen Jute abdecken. In der Regel funktioniert das gut, wenn auch die letzte Wurzel, die Perry hereinbrachte, bis oben hin gefroren war.

Ein weiteres wohlschmeckendes Wurzelgemüse, das ich diesen Winter gezogen habe (obwohl ich finde, dass es, genau wie die Artischocken, Blähungen verursacht), ist die Schwarzwurzel. Wir hatten sie an einer Stelle, an der wir die Erde sterilisieren wollten, sodass Perry sie ausgrub und als Ganzes wieder einpflanzte. Sie schien davon aber unbeeindruckt. Es gibt ein leckeres italienisches Rezept, das ich für Dich zubereiten werde, wenn Du im März kommst. Man kocht die Wurzeln – 15 Minuten genügen – und brät sie dann in Butter. Dann gibt man kurz vor dem Servieren die geraspelte Schale einer Zitrone hinzu, klein gehackte, glatte Petersilie und eine fein gehackte, kleine Knoblauchzehe.

Außer den Pastinaken sind auch meine anderen Wurzeln, die Karotten, noch im Boden. Aber in was für einem Zustand!. Im August sind sie zunächst fast verdurstet, weil der Regen ausblieb, dann kam im September das Wachstum wieder in Gang, und nun sind sie fürchterlich gesprungen und voller Schnecken. Sind sie allein schon deshalb organisch? Ich weiß genau, dass wir in den Reihen vor dem Aussäen das Insektizid Bromophos ausbrachten, aber die Wirkung scheint lange vor der Reife nachzulassen, und so hat die Möhrenfliege großen Schaden angerichtet. Ich vermute, Du würdest die noch verbleibenden Wurzelstückchen zu einem nahrhaften rohen Püree verarbeiten, stimmt’s?

Ich wusste übrigens nicht, dass es von dem recht langweiligen Hartriegel Cornus sanguinea – man sieht ihn auf Kalkböden in der Natur – eine Form mit leuchtenden Trieben gibt. Ich konnte Deine Sorte ‘Midwinter Fire’ im Bean [Trees & Shrubs Hardy in the British Isles von W. J. Bean, Murray Publishers] nicht finden, nicht einmal im Anhang, aber im Sträucherbuch von Graham S. Thomas ist ‘Winter Flame’ aufgeführt, sodass es sich vermutlich um ein und dasselbe Gehölz handelt. Er empfiehlt es für trockene Böden, was Deine ja meist sind. Es klingt interessant. Von Dir bekam ich Luzula sylvatica ‘Aurea’, ein sehr ansehnliches Gewächs so früh im Jahr. Fergus gesellte sie zu einer von Elizabeth Strangmans blaublühenden Pulmonaria, einem Lungenkraut mit dem deutschen Namen ‘Frühlingshimmel’, wenn ich mich recht erinnere – eine hübsche Kombination, wenngleich sie sich insgesamt im Garten etwas verloren ausnimmt. Vermutlich müsste man einen Anreiz schaffen, darauf zuzugehen.

Jerry Harpur wollte gestern kommen, um Winterfotos zu machen, da er die nächsten zehn Tage in Argentinien sein wird. Ich wimmelte ihn aber ab. Überall liegen noch Schneereste, zehn Tage nachdem es geschneit hat, als ob sie auf noch mehr warteten, wie man so schön sagt. Die winterblühenden Krokusse werden in zwei Wochen wesentlich zahlreicher vertreten sein, ebenso die Schneeglöckchen. Selbst Galanthus ‘Atkinsii’ ist bis jetzt nur halb offen.

Was mir auffiel, war, dass der Schnee als Erstes auf Rasen- und Wiesenflächen schmilzt und zuletzt auf den kultivierten Bereichen, insbesondere über Mulch. Fergus schwieg, als ich darauf hinwies, aber als ich ihn danach wieder sah, mühte er sich wortreich um eine »überzeugende« Erklärung, die mich jedoch alles andere als überzeugte. Konfrontiert mit einem fait accompli, ist eine vernünftige Erklärung stets schnell zur Hand.

Die Kälte hält sich nach wie vor hartnäckig, ohne dass sie bei uns aber namhaften Schaden angerichtet hat, und dass die Temperaturen das Wachstum noch bremsen, kommt den Pflanzen nur zugute, wenn auch nicht mir!

Olearia solandri bereitet Fergus und mir so viel Freude – jedes Mal, wenn wir daran vorbeigehen, schlägt uns eine Wolke Vanille-Duft entgegen und drängt sich zwischen unsere Gedanken, ganz gleich, um was diese gerade kreisen. Ich glaube, dass Du den Strauch mögen würdest, Beth, selbst wenn er ein bisschen Schutz vor kalten Windböen erfordert (dennoch hat er sich als Küstenpflanze bestens bewährt). Wie so viele»Neuseeländer« erinnert er an eine Art Heidehonig mit seinen in einem warmen Goldbraunton leuchtenden Trieben und den Unterseiten seiner winzigen Blätter. (Der Goldton mag vielleicht eine leichte Übertreibung sein, aber wenn einem eine Pflanze gefällt, soll man sie ruhig etwas hervorheben.) Der Strauch zeigt den charakteristisch aufrechten Wuchs, wird bis zu zwei Meter hoch und ist im August mit winzigen, unscheinbaren weißen Blüten übersät, die noch intensiver nach Vanille duften. Ist Dein Geschmacks- und Geruchssinn wieder zurück nach jener hässlichen Erkältungsphase, in der er Dir vollkommen abhanden gekommen war?

Es wird dunkel, und ich muss die Hunde noch ausführen. Canna flitzt am liebsten um den Garten herum. Sie ist inzwischen fünf Monate alt, hat sich aber leider noch nicht an Fremde gewöhnt. Dir gegenüber wird sie aber sicher rasch zutraulich sein. Lass Sie einfach in Ruhe, wenn sie aber auf Dich zukommt, streichele sie so ganz nebenbei, als wüsstest du gar nicht, was Du tust.

Alles Liebe, Dein Christo

Donnerstag, den 8. Februar

Lieber Christo,

ich freue mich sehr, Arabella ein weiteres Mal mit Dir zu sehen und zu hören. Natürlich bin ich nicht weniger gespannt als Du, wie unsere jungen Freunde auf einen Abend in Glyndebourne reagieren werden. Ich habe mir den 22. Juli in meinem Kalender vorgemerkt und einen Zettel dazu geheftet, als Erinnerung, dass ich mir etwas Besonderes für unser Picknick überlegen muss.

Ich werde kurz davor erst aus Deutschland zurückkommen und versuche jetzt, den Gemüsegarten so zu planen, dass die Erbsen und Puffbohnen nicht gerade dann am besten sind, wenn ich weg bin. Letztes Jahr war das nämlich so, mit dem Ergebnis, dass wir sie derzeit aus der Gefriertruhe genießen, aber mir ist es lieber, wenn wir eine bessere Lösung finden. Letzte Woche habe ich Puffbohnen der Sorte ‘Express’ und ‘Hurst’s-Greenshaft’-Erbsen in Töpfen ausgesät. Der Vorteil von frühen, in Töpfen vorgezogenen Kulturen sind volle Reihen mit Jungpflanzen, die nicht schon vorher von den Mäusen angefressen sind. Später säe ich dann in situ aus.

Ich verhehle keineswegs, dass der Gemüsegarten, so sehr ich den Ziergarten auch liebe, für mich ein Ort der Entspannung ist, der mir hin und wieder sogar als eine Art Versteck dient. Ja, ich gebe auch zu, dass ich mein Gemüse organisch ziehe. Ich sehe nämlich nicht ein, warum ich mir all die Mühe der Aufzucht machen sollte, um die Kulturen dann mit giftigen Chemikalien zu übergießen. Dann kann man sich die ganze Prozedur doch sparen und sie gespritzt und geputzt im Supermarkt kaufen. Du wirst vor Neid erblassen, wenn ich Dir berichte, dass die Karotten in meinem »Erdkeller« dieses Jahr frei von jeglichem Schädlingsfraß sind! Süß und zart, schmecken sie roh oder gekocht – die meisten im Juli ausgesät.

Ein Großteil meines Gemüsegartens besteht aus lediglich 1,20 Meter breiten Beeten, die mit hölzernen Planken eingefasst sind, um die Erde von den Wegen fernzuhalten. Ich lasse nur eine Handbreit zwischen den Reihen frei, und sobald die Karotten ausgedünnt sind, bringe ich mehrere starke Drahtbögen über dem Beet auf. Über den Bögen fixiere ich feines Vlies (erhältlich in jedem Gartencenter) zu einem Tunnel, der auf Bodenhöhe mit aus starkem Draht zurechtgebogenen »Haarklammern« verankert wird. Bei anhaltender Trockenheit wie im letzten Sommer gieße ich das Gemüse. Im Lauf der Jahre haben wir den orangefarbenen, aus Sand und Kies bestehenden Boden durch regelmäßiges Einarbeiten von Kompost in durchaus vorzeigbare schwarze Erde verwandelt.

Ich bin schon gespannt auf Dein Schwarzwurzel-Rezept, da ich selbst nur die »Cousine« Scorzonera ziehe. Sie sieht aus wie eine hässlich verdrehte Wurzel, wenn Du sie an einem Winterabend hereinholst; sobald sie aber geschrubbt und gedämpft ist, schlüpft sie aus ihrer schwarzen Haut und ist so weiß und glitschig wie ein Baby im Bad. Mit etwas Olivenöl beträufelt und mit Sesam bestreut, schmeckt sie einfach köstlich.

Dieser Winter war schon eine Herausforderung für die Salate; nach mehreren äußerst milden Jahren dachten wir, alles verliefe ganz problemlos. Bis Weihnachten hatte ich unter Vlies im Freien Kopfsalat und verschiedene Chicorée-Sorten, aber Temperaturen von – 8 °C ließen sie alle schwarz werden. In meinen kleinen Tunnels ging mir der ganze Salat kaputt, wo er in den letzten milden Wintern doch überlebt hatte, und auch der hübsche, an einen roten Kohlkopf erinnernde Radicchio ‘Alouette’ sieht sehr mitgenommen aus, zumal er vor kurzem noch Mehltau bekam und das, obwohl ich regelmäßig die befallenen Blätter entferne. Er ist einfach nicht robust genug, um der feuchten Kälte zu trotzen. Aber die schmalblättrige römische Salatsorte ‘Treviso’ ist hervorragend. Ich mag die Farbe: das intensive Purpurrot mit der hellen Aderung. Seit Weihnachten hat er unaufhörlich frische Blätter gebildet, die sogar noch leuchtender purpurgefleckt sind. In feine Streifen geschnitten, wirkt er sehr schön zwischen den grünen Blättern der Rauke, Winterkresse (Barbarea verna) und meinem letzten, noch übrigen hellgrünen ‘Sugar-Loaf’-Chicorée (Chicorium intybus). Ich habe noch mehr Salat in Schalen ausgesät, den ich im März in die Tunnel auspflanzen werde; bleibt nur zu hoffen, dass wir ihn schon früh ernten können, bevor die Tunnel dann für Tomaten und Paprika benötigt werden.

Wie nett von Dir, dass Du Dich an meinen abhanden gekommenen Geschmacks- und Geruchsinn erinnert hast – eine Folge dieser schlimmen Grippeattacke –, zumal ich ihn ganze sechs Monate schmerzlich vermisste. Noch sind die Sinne nicht ganz wiederhergestellt – den Duft von Skimmia japonica, der ganz leicht in der Luft liegt, kann ich noch immer nicht wahrnehmen –, aber ich bin schon sehr dankbar, dass ich das feine Aroma Deiner (und meiner) köstlichen Küche wieder genießen kann.

Wir haben gerade in letzter Zeit hin und wieder etwas Sonne gehabt. Das macht die Menschen gleich viel fröhlicher, obwohl es immer noch schrecklich kalt ist. Das tiefstehende Sonnenlicht lässt die Farben im Haus und Garten aufleuchten, die kurz zuvor noch trübselig grau schienen. Wie schön das Gras von weitem doch aussieht: strahlend smaragdgrün. Von Nahem betrachtet, bekümmert mich allerdings, dass es stellenweise so fleckig und vielfach mit Regenwurmhäufchen übersät ist. Vermutlich belüften die Würmer den Boden zwar bestens, aber wir überlegen uns doch, ob wir nicht einen guten Vertikutierer leihen, der den verdichteten und verschlämmten Boden, auf dem ein Großteil unserer Rasenflächen angesiedelt ist, aufbricht. Und die vielen Füße, die sie tagtäglich betreten, fördern die kompakte Konsistenz zusätzlich.

Aber solche Sorgen können uns wenig anhaben, wenn die Sonne scheint. Denn schon regt sich ein ganz anderes Gefühl im Garten: die Erwartung des nahen Frühlings dicht unter der Erde, bereit, durch die Oberfläche zu brechen.

Unter der großen Eiche öffnen sich gerade einige gefüllte Schneeglöckchen, darunter Galanthus ‘Lady Beatrix Stanley’. Wie ich uns kenne, werden wir uns in den kommenden Wochen immer wieder über Schneeglöckchennamen austauschen. Es gibt so viele, die die Zeit zwischen dem Spätherbst und dem ausgehenden Frühling überbrücken. Zu meinen Lieblingen gehört Galanthus caucasicus var. hiemalis. Dieses gedrungene Schneeglöckchen mit breiten blaugrünen Blättern blüht immer schon zu Weihnachten und ist gerade erst verblüht. G. caucasicus selbst, noch immer mit fest geschlossenen, aufrechten Knospen, erinnert mich komischerweise an Pinguine, die sich zum Schutz gegen die eisigen Windböen der Antarktis aneinander drängen, die Schnäbel zum Himmel gerichtet. Geh nur raus und schau. Du wirst gewiss gleich sehen, was ich meine.

Am 20. Januar entdeckte ich zwischen Reif und Schnee den ersten blühenden Winterling. Seit frühester Kindheit schaue ich nach ihnen als dem ersten Zeichen des Frühlings. Die zerzausten Wedel der Farne sind abgeräumt, damit man die Winterlinge in langen Bändern zwischen den Sträuchern sehen kann. Manchmal vergessen wir die Farne zu schneiden, dann ist es ein Jammer, die grün gerüschten gelben Becher entstellt auf staksigen Stielen vorzufinden. Auch die alten Blätter der Elfenblume (Epimedium) schneiden wir im ausgehenden Winter zurück, denn andernfalls sind wir einfach zu spät, um ihre kleinen akeleiartigen Blüten zu sehen, die zwischen den letztjährigen Trieben verschwinden.

Diesen Winter war es nicht leicht, ein paar kleine Triebe für die Vase zu finden, nicht wahr? (Die Liste der Frühblüher am Neujahrstag war schnell fertig.) Am haltbarsten und wirkungsvollsten finde ich ein Arrangement unterschiedlicher Blätter und farbiger Zweige. Über beinahe einen Monat hatten wir im Büro einen kleinen Zinnkrug mit Loniceraxpurpusii, kombiniert mit ein paar wenigen kontrastreich belaubten Zweigen: den hellen, im Herbst aufgesprungenen, rosa überlaufenen Endknospen von Gaultheria shallon, eine ganz schmalblättrige, gerüschte Form des Hirschzungenfarns, die ich vor Jahren in Deutschland entdeckte sowie die schwarzen, riemenförmigen Blätter von Ophiopogon planiscapus ‘Nigrescens’. Das buschige Geißblatt Lonicera × purpusii würde im Sommergarten glatt übersehen werden, aber im Winter gehe ich immer wieder hin, um seine kahlen verzweigten Triebe, die dick mit großen blassgrünen Knospen besetzt sind, anzuschauen, und den himmlischen Duft seiner kleinen cremefarbenen Blüten zu genießen.

Dein Olearia solandri aus Neuseeland klingt sehr verlockend, ich werde bestimmt kommen und ihn mir anschauen, aber gerade heute Morgen, als ich auf frostempfindliche Pflanzen wie Coronilla, Salvia microphylla und Senecio viravira stieß, die an einer Westmauer allesamt Schaden genommen haben, war ich doch eher skeptisch. Wenn die Bedingungen sich nicht noch verschärfen, erwarte ich eigentlich, dass alle wieder ausschlagen; allerdings haben wir hier niedrigere Temperaturen als Du in der Nähe der Südküste. Auf das Risiko hin, dass ich es schon mehrfach gesagt habe: es gibt nur wenig, was den Wind vom Ural auf dem Weg zu uns aufhalten könnte. Man sagt ja auch, dass dies uns Ost-Engländer so widerstandsfähig macht.

Auf dem Fensterbrett in der Küche habe ich eine kleine Vase mit Blüten unserer frühesten Osterglocke Narcissus ‘Cedric Morris’ stehen. Sir Cedric, mein alter Freund, brachte sie vor über vierzig Jahren aus Spanien mit. Sie schien dort in der Natur eine Art Einzelgänger, denn in der ganzen Umgebung konnte er keine weiteren finden, und nun ist die Stelle planiert worden für eine Autobahn. Wir schauen immer schon um Weihnachten herum und finden meist ein paar Knospen, wenn auch noch keine offenen Blüten; die inzwischen großen Horste blühen dann aber bis in den März hinein. Es handelt sich weder um eine Miniaturform (die leicht verunkrautet) noch um eine Zwergform (in der Entwicklung gehemmt), sondern sie erreicht ausgewachsen etwa 25 Zentimeter Höhe. Ich mag den grünen Fleck auf dem Rücken ihrer schönen zitronengelben Blütchen und bewundere, wie anmutig ihre gedrehten Kelchblätter die gerüschten Trompetenränder umschließen! Gepflückt halten sie sich im warmen Zimmer länger als Schneeglöckchen.

Heute Morgen beobachteten Andrew und ich vom Fenster aus einen Reiher, der entschiedenen Schrittes durch das Beet am äußeren Ende des zugefrorenen Teichs in Hausnähe stolzierte. Er stand eine Weile reglos, der Sonne zugewandt, seine blassgrauen Federn aufgeplustert, und schien die Wärme sichtlich zu genießen. Ich holte mein Fernglas, um ihn noch deutlicher sehen zu können, und bemerkte dicht neben seinen spindeldürren Beinen ein rundes knubbliges »Knie« – eine Sumpfzypresse (Taxodium distichum), die wir vor etwa dreißig Jahren pflanzten. Irgendwann im letzten Jahr zählte ich acht dieser eigenartigen braunen Klumpen, die weitgehend verborgen sind, wenn die Randpflanzen erneut austreiben. Es sind die Luftwurzeln des Baums, der in der Wildnis im Südosten der Vereinigten Staaten in Sümpfen und Flachwasserzonen wächst.

Die Vögel dürften im Garten noch immer genügend Nahrung finden, insbesondere unter der dicken Schicht gefallener Blätter, die die Amseln emsig auf dem Grasweg verstreuen, aber am liebsten kümmere ich mich um die kleineren Vögel in Hausnähe. Wir beobachten sie während unserer Mahlzeiten: wie Spielzeug-Autos zum Aufziehen schießen sie über die gepflasterte Terrasse, um die Samen aufzupicken, die ich verstreut habe. Die Amseln und Rotkehlchen setzen sich als die größeren und stärkeren beim Futtern am ehesten durch, während die Meisen jeglicher Couleur in den Zweigen der Magnolienbäume akrobatische Kunststücke vollführen, bis sie an der Reihe sind, sich aus dem Korb mit den Nüssen zu bedienen.

Zeit für den Tee – fast noch bei Tageslicht.

Alles Liebe, Deine Beth

Freitag, den 16. Februar

Liebe Beth,

genauso wie heute stelle ich mir den Himmel vor – es war in diesem Jahr der erste Tag, an dem alle Winterkrokusse auf einmal ihre Blüten wie zum Beweis weit geöffnet hatten. Ausgerüstet mit meinem Kniekissen, ließ ich mich auf der Erde nieder, um den Honigduft von C. chrysanthus ‘Snow Bunting’ zu genießen. Rosemary Alexander, die zunehmend mehr Zeit in Stoneacre verbringt (dem im Besitz des National Trust stehenden Anwesen nahe Maidstone, das sie gepachtet hat), äußerte kürzlich ihre Überlegung, ob es nicht besser wäre, sich auf Schneeglöckchen zu konzentrieren, wenn sie sehe, dass Krokusse derart eigensinnig in geschlossenem Zustand verharrten, als ob sie lauthals proklamieren wollten: »das [Wetter] ist mir nicht gut genug«. Ich verstehe natürlich, was sie meint. Wer einen Großteil seiner Woche in London lebt und nur am Wochenende, womöglich bei frostigen Temperaturen, in seinem Garten sein kann, ist natürlich enttäuscht angesichts beharrlich schmollender Krokusse, und da hilft es letztlich auch nichts, wenn man später gesagt bekommt, kaum wäre man gefahren, hätten sie sich geöffnet. So gesehen sind Schneeglöckchen sicher die bessere Wahl.

Was mich an Krokussen aber immer wieder bezaubert, ist gerade diese Eigensinnigkeit, die sich nur dem Wetter unterordnet. Aber ich bin nun auch fast immer vor Ort. Alle Schneeglöckchen öffnen sich weit, und insbesondere bei den gefülltblühenden Varietäten kann man ihren Kopf anheben. um die gerüschten Ringe ihrer schön geordneten Mitte zu bewundern. Ich kenne Deine ‘Lady Beatrix Stanley’ nicht, aber ich freue mich an ‘Hippolyta’, von der ich weiß, dass Du sie auch im Garten hast (vielleicht gar von mir bekommen).

Es gibt ja so viele Schneeglöckchen mit den unterschiedlichsten Namen, und Galanthophile sind derart fixiert auf die geringfügigsten Unterschiede, dass ich fast ein bisschen zynisch reagiere, wenn ich sehe, dass eine Zwiebel bisweilen für 10 £ gehandelt wird. Ich erinnere mich, wie wir mit unserem gemeinsamen Freund, dem inzwischen verstorbenen John Codrington, vor einem Schneeglöckchenstand in der New Hall der Royal Horticultural Society(RHS) standen und er sagte, »Ich glaube, ich mag meine einfachen Schneeglöckchen am liebsten.« Ich stimme ihm da zwar nicht zu, und ob ich sie nun mag oder nicht, ich sammle doch eine ganze Reihe Galanthus, ohne recht zu wissen warum, dennoch aber wusste ich genau, was er sagen wollte.

Wenn man im richtigen Augenblick in einem Schneeglöckchenwald steht, unter tausenden ihresgleichen, so wird dieses Erlebnis nicht durch die Tatsache beeinträchtigt, dass manche etwas anders aussehen als die anderen. Mein Musiklehrer in Rugby, Kenneth Stubbs, ein hochgeschätzter Freund der Familie, fuhr mit mir immer in der Schneeglöckchenzeit in einen kleinen Wald bei Southam, etwa zehn Meilen von Rugby entfernt, und ich werde das Gefühl nie vergessen, zwischen ihnen hindurchzuwaten, ja, fast schon hindurchzuschwimmen. Seltsamerweise waren es ausschließlich gefüllte Sorten, und ich frage mich noch immer, wie sie es wohl geschafft haben, einen so dichten Teppich zu bilden, ohne Samen ansetzen zu können. Wer ihnen wohl dazu verholfen haben mag?

Als ich Deinen Brief gelesen hatte, bin ich sofort hinausgeeilt, um meine Galanthus caucasicus dabei zu erwischen, wie sie ihre Köpfe wie Pinguine ihre Schnäbel zum Himmel richten, und tatsächlich, so sahen sie auch aus – manche immer noch, denn sie öffnen sich nacheinander. Ich erinnere mich nun auch, dass Du sie mir geschenkt hast, ebenso hiemalis. (Übrigens, falls jemand nach Colchester kommt, könntest Du mir eine Flasche von jenem Haarshampoo mitbringen lassen, das ich so mag?)

Wenn ich mich über Deinen Ausspruch amüsiere, dass es zwischen Dir, Beth, und dem Ural nichts gibt, dann aus dem einfachen Grund, dass die Nordsee dicht vor Deiner Haustür liegt. Die Ostwinde aus Russland nehmen über dem Wasser Feuchtigkeit auf und setzen diese in Form von Schnee oder Nebel bei Dir ab, was unangenehm ist; aber doch ist da eben diese weite Wasserfläche, die nicht zufriert und die als solche die ursprüngliche Härte des Winds abmildert.

Übrigens haben wir jenes Vlies bestellt, von dem Du schriebst, um unsere Karotten gegen die Möhrenfliege zu schützen. Ich weiß, wir hätten es schon vor Jahren einsetzen sollen. Ich baue Gemüse in recht großem Umfang an, weil ich so viel Besuch bekomme, der hier auch wohnt, so dass wir es oft nicht schaffen, unserem Gemüsegarten die entsprechende Pflege und Aufmerksamkeit zu gönnen. Von daher auch die Trockenheit, die meinen Karotten so zugesetzt hat, und die Risse, die sie nach dem unaufhörlichen Regen bekamen, als sie wieder zu wachsen anfingen, nachdem sich ihre Haut bereits gefestigt hatte. Ich weiß nicht einmal, ob Du mich meintest oder eine anonyme Gruppe, als Du schriebst, dass Du nicht wüsstest, wozu Du »all die Mühe der Aufzucht auf Dich nehmen solltest, nur um die Kulturen dann mit giftigen Chemikalien zu übergießen«. Wir geben sehr Acht, dass wir nicht mehr Chemikalien einsetzen als unbedingt nötig (und tragen dabei auch die vorgeschriebene Schutzkleidung). Wir gehen genau nach Anweisung vor und essen selbstverständlich kein Stück der behandelten Pflanze, bevor nicht jegliche Rückstände abgebaut sind. Schade, dass biologische Gärtner ihren Standpunkt nicht darlegen können, ohne »Andersgläubige« auf ganzer Linie zu verurteilen.

Zurzeit genieße ich noch immer den köstlichen kleinen Rosenkohl aus dem Garten. Seit er im letzten Frühjahr ausgesät wurde, musste er mit Blattläusen, der Kohlfliege, der Weißen Fliege und Raupen fertig werden. Und wir haben ihn, falls notwendig, ausreichend gegen diese Plaggeister geschützt. Geschmacklich ist er exzellent und wie sämtliches Gemüse, das ich ziehe, den gewöhnlichen kommerziellen Produkten weit überlegen. Manchmal trifft dies allerdings auch nicht zu, und das nehme ich dann auch klaglos hin, so etwa bei den Zwiebeln. Geschmacksunterschiede sind manchmal eine Frage der Sorte, die gepflanzt wird, und jene, die sich am besten für die Massenproduktion eignen, unterstehen einer anderen Prioritätenskala, auf der der Geschmack wohl weniger zählt.

Gestern feierte Fergus seinen dreißigsten Geburtstag. Er war gerührt über die Geburtstagskarte von Deiner Moira. Es muss mindestens sechs oder noch mehr Jahre her sein, seit er bei Dir gearbeitet hat. Was für ein Gedächtnis! Ich weiß zwar, dass Du im Juni Geburtstag hast, wage aber nicht, mich auf einen Tag festzulegen.

Fergus ist jetzt eine Woche lang fort, um seine (türkische) Mutter in der Türkei zu besuchen.

Er arbeitete wie wild, bevor er aufbrach. Tatsächlich haben wir heute in dem gleichen Bereich weitergearbeitet, und ich habe drei Stunden durchgehalten, was für mich wirklich eine Leistung ist. Man wird körperlich so träge den Winter über.

Alles Liebe, Dein Christo

Dienstag, den 20. Februar

Lieber Christo,

wie schön, dass Du Dich an Deinen Krokussen gefreut hast, wann immer Du konntest! Heute hat sich erneut eine dichte Schneedecke über uns gelegt; ein wilder Nordwind fegt klirrend trockenen Schnee in nahezu waagrechten Schwaden an den Fenstern vorbei. Deine Art, Krokusse (und viele andere Zwiebelblumen) in Kolonien im kurz gehaltenen Gras zu ziehen, ist so viel wirkungsvoller, als sie in konventionelle Rabatten zu setzen. So können sie sich zu kleinen Schleifen und Farbbändern aussamen und erscheinen wie eine Stickerei auf einem Teppich, bevor irgendetwas anderes gestaltend wirkt. Wir haben dafür in diesem Spätwinter geradezu miserable Wetterbedingungen: entweder der Himmel ist verhangen oder es schneit.