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Degenerative Myelopathie ist eine genetische Erkrankung bei Hunden, die immer häufiger diagnostiziert wird. Dieses Buch begleitet dich durch alle Phasen der Krankheit und nimmt dich mit auf eine Reise zwischen Erkrankung, Alltag und Abenteuer. - Was ist Degenerative Myelopathie? - Hilfsmittel für jede Phase der Krankheit - Umgang mit Herausforderungen im Alltag - Abschied nehmen - Achtsamkeit für Hundehalter:innen
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Seitenzahl: 163
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Für Nevo.
Einen herzensguten Hund, Seelenpartner und Sonnenschein. Und für all die Hunde, die ihm auf seinem Weg nachfolgen.
Degenerative Myelopathie
Diagnostik
Vererbung
Prävention
Mein Hund hat einen positiven Gentest und Symptome
Betroffene Hunde in der Zucht
Krankheitsverlauf
Lebenserwartung
Erste Hilfe nach der Diagnose
Tierarzt
Familie
Medikamente & Futterzusätze
Physiotherapie
Hydrotraining
Vorsicht vor dem Gedankentroll
Hausordnung aufstellen
Betreuung sichern
Hundekrankenversicherung
Unverträglichkeiten abklären
Wohnsituation
Urlaub
Übung macht den Meister
Checkliste
Hilfsmittel
Krallenschutz
Expander
Pfotenschuhe
Rampen
Tragehilfen
Rutschfeste Untergründe
Rollwagen
Hundebuggy
What else?
Inkontinenzpflege
Hundewindeln
Überlaufblase
Abschied nehmen
Glauben ist Wissen
Kleine Auszeiten integrieren
Erinnerungen schaffen
Organisation und letzte Wünsche
Der richtige Zeitpunkt
Unsere Geschichte
Mindset
Das Fundament
Soziales Netzwerk aufbauen
Umgang mit sozialen Medien
Umgang mit Menschen
Hundebegegnungen meistern
Zeit für dich
Akzeptanz
Los-lassen
Eigenverantwortung übernehmen
Bewusste Momente leben
Dankbarkeit
Eigene Werte formulieren
Herzensprojekt Degenerative Myelopathie
Manchmal zeigt sich der Weg erst, wenn man anfängt, ihn zu gehen.
Paulo Coelho
Schön, dass du zu diesem Buch gefunden hast.
Wenn du dieses Buch in den Händen hältst, hat dein Hund wahrscheinlich die Diagnose Degenerative Myelopathie erhalten.
Hier erfährst du, was diese Krankheit ist, die euch gerade einholt, die euer Leben komplett auf den Kopf stellt, und wie ihr den Umgang mit ihr meistert.
Mit diesem Buch möchte ich dir etwas ganz Besonderes an die Hand geben. Einen Ratgeber, der dich mit auf eine Reise nimmt. Auf eine Reise voller Möglichkeiten und Ideen, die dir und deinem Hund in der kommenden Zeit helfen können. Ich möchte dir aufzeigen, wie euer gemeinsamer Weg in Zukunft aussehen kann und wie du all das stemmen kannst, was auf euch zukommt. Dafür biete ich dir hier einen sicheren Ort, um dich über alle Tipps und Hilfen zu informieren. Du profitierst von alldem, was ich durch stundenlange Recherchen und aus eigenen Erfahrungen über die Zeit gelernt habe. Damit du die Zeit, die du mit deinem Hund hast, bestmöglich genießen kannst.
Gemeinsam nehmen wir die Krankheit an und finden heraus, wie ihr die beste Zeit zusammen habt.
Ich wünsche dir, deiner Familie und deinem Hund eine ganz wundervolle Zeit miteinander.
Von Herzen,
Vor einigen Jahren kam mein Seelenhund in mein Leben. Er war ein Weißer Schäferhund mit dem Namen Nevo. Nevo begleitete mich sieben Jahre lang durch alle Höhen und Tiefen. Er stellte mein Leben in vielen Bereichen komplett auf den Kopf und ließ mich innehalten. So hat er es immer wieder geschafft, mich an die wichtigen Dinge im Leben zu erinnern. Er half mir, einen Umgang mit allen Herausforderungen zu finden, die das Leben für uns bereithielt. Mit knapp sechs Jahren erkrankte Nevo dann an Degenerativer Myelopathie. Die Krankheit hat unser Leben wieder einmal komplett auf den Kopf gestellt.
Ich bin studierte Rehabilitationspädagogin und war zum Zeitpunkt der Diagnose kein unbeschriebenes Blatt im Umgang mit Krankheiten und Behinderungen – Nevo selbst hatte mich oft genug zu meiner Arbeit mit Menschen mit Behinderung begleitet. Dort hat er mir immer wieder gezeigt, wie unkompliziert man auch mit den schwierigsten Voraussetzungen umgehen kann. Trotzdem war nun alles neu und ungewiss für uns. Ich habe mir mit der Zeit viel Wissen über Degenerative Myelopathie und den Umgang mit den Symptomen angeeignet. Wir haben vieles ausprobiert, viele Hilfsmittel getestet und mindestens genauso viele Ideen auch wieder verworfen.
Sobald man die Krankheit Degenerative Myelopathie in eine Suchmaschine eingibt, ploppen reihenweise Geschichten von verzweifelten Hundehalterinnen und Hundehaltern mit endlosen Fragen auf. Auf der Suche nach Hilfe und Antworten stößt man an jeder Ecke auf traurige Berichte, Aussichtslosigkeit und Ratlosigkeit. Dabei findet man nur rein zufällig wenige gute Tipps, die einem wirklich weiterhelfen. Tipps, die einem die Angst nehmen, den Alltag erleichtern und einem erlauben, sich auf das Wichtigste zu konzentrieren: die gemeinsame Zeit miteinander.
Genau das möchte ich mit diesem Buch ändern und dir zusammengefasst alle Möglichkeiten an die Hand geben, die ihr für euren kommenden Alltag brauchen könnt.
In diesem Buch teile ich mein Wissen und meine Erfahrungen als Rehabilitationspädagogin und Achtsamkeitstrainerin mit dir, aber vor allem auch als Betroffene, die dich auf deinem Weg verstehen kann. Gemeinsam schauen wir uns an, was die Krankheit Degenerative Myelopathie ist, wieso dein Hund sie bekommen konnte und wie der Krankheitsverlauf aussieht.
Das nächste Kapitel in diesem Buch ist der Vielzahl der Möglichkeiten und Hilfsmittel gewidmet, die euch im Verlauf der Krankheit zur Verfügung stehen werden. Darüber hinaus schauen wir auch beim Thema Inkontinenz-Management genauer hin. Danach werden wir uns gemeinsam das Thema Abschiednehmen anschauen. Auch hier gibt es einiges zu wissen, damit ihr eure schönen Momente nicht mit Recherchen und Sorgen vergeuden müsst.
Im nächsten Kapitel teile ich unsere persönliche Geschichte mit dir. Hier erzähle ich dir, wie wir unsere gemeinsame Zeit gestaltet haben und was genau für uns passend war.
Ein Tier oder einen Menschen in seiner Krankheit zu begleiten, bedeutet durchaus mehr, als sich zu kümmern und jemanden zu versorgen. Es bedeutet, dass man einer mentalen Aufgabe gegenübersteht. Gerade bei einer Krankheit wie Degenerativer Myelopathie heißt das, sich auch mit Sorgen und Ängsten zu beschäftigen. Im letzten Bereich des Buches findest du daher ein Kapitel allein für dich. Wir erschaffen durch Resilienz- und Achtsamkeitstraining einen gesunden Umgang mit Herausforderungen. Alles, was das Leben für dich bereithält, kannst du mit etwas Übung stemmen. Dabei möchte ich dich dazu ermutigen, euren ganz individuellen Weg durch diese Zeit zu finden und einen positiven Umgang mit der Situation zu gestalten.
Mit einem Werkzeugkoffer aus allen Bereichen wie Wissen, Hilfsmitteln und mentaler Stärke an der Hand hast du die Macht, das Beste aus eurer gemeinsamen Zeit herauszuholen.
Auf dieser Reise wünsche ich dir viel Mut und Freude.
Viele Betroffene haben zu Beginn Berührungsängste mit dem Thema Krankheit und Behinderung bei ihrem eigenen Hund. Vielleicht bist du auch gerade sehr sorgenvoll und hast ein belastendes Gefühl dabei, dich mit dem Thema auseinander zu setzen. Das ist vollkommen in Ordnung.
Die Diagnose Degenerative Myelopathie kann im ersten Moment ein großer Schock sein. Vielleicht hast du es schon geahnt, vielleicht trifft dich die Diagnose in der Tierarztpraxis auch ganz überraschend. Einerseits hat man – falls der Hund bereits Symptome zeigt – endlich eine Diagnose erhalten. Andererseits weiß man mit dieser Diagnose wenig anzufangen. Man kann nicht einschätzen, was die Krankheit bedeutet und wo man nun ansetzen soll.
Es braucht Kraft, sich selbst aus diesem ersten Schock heraus zu helfen. Im ersten Moment ist es mir wichtig, dass du auf dich Acht gibst und du wohlwollend mit deinen Gefühlen und deinem Handeln umgehst. Alles, was gerade auf dich einprasselt, darf erst einmal verarbeitet und eingeordnet werden. Gib dir die Zeit, die du dafür brauchst.
Für alle Herausforderungen, die bei euch noch in weiter Zukunft liegt, brauchst du in diesem Moment keine Lösung zu haben. Sobald die Zeit für die ein oder andere Herausforderung gekommen ist, wirst du intuitiv ins Handeln kommen und deinen Hund bestmöglich unterstützen.
Dieses Buch behandelt eine Krankheit, die nicht ohne das Thema Tod und Abschied auskommt. Alle Abschnitte, in denen es um den Verlust eines Tieres geht, habe ich dir farblich so abgesetzt wie diesen Abschnitt. Du kannst für dich entscheiden, ob du den Teil überspringen magst oder ihn dir zu einem späteren Zeitpunkt durchlesen möchtest. Das Kapitel Abschied ist farblich nicht abgesetzt, hier gilt allerdings das gleiche.
Degenerative Myelopathie (DM) ist eine Krankheit, die durch eine Genmutation entstehen kann. Nur Hunde, die die Genmutation vererbt bekommen haben, können im Verlauf ihres Lebens an DM erkranken. Damit möchte ich dir als erstes das Wichtigste mit auf den Weg geben: Du hast keinen Einfluss darauf, wenn dein Hund erkrankt ist. Damit bist du auch nicht schuld an seinem Zustand! Dein Einfluss liegt allein darin, wie du mit deinem Hund und mit dieser Erkrankung umgehst.
Bei Hunden mit DM werden die Nervenzellen der Muskulatur mit der Zeit zerstört, sodass die Hunde gelähmt werden. Wie genau dieser Prozess abläuft, schauen wir uns jetzt etwas wissenschaftlicher an.
Degenerativ: degenerativ sind Prozesse, bei denen sich Gewebe und Zellen abnutzen und zerfallen. Die Zellen werden nicht mehr erneuert und sterben mit der Zeit ab.
Myelopathie: Als Myelopathie bezeichnet man eine Schädigung des Rückenmarks.
DM ist eine langsam fortschreitende (degenerative) Erkrankung des motorischen Nervensystems. Das bedeutet, dass die langen Rückenmarksnerven, die für die Motorik zuständig sind, mit der Zeit absterben. Dadurch wird die Muskulatur des Hundes nicht mehr angesprochen. Der Hund bekommt zunehmend Koordinationsschwierigkeiten, die in eine komplette Lähmung der betroffenen Körperregionen übergehen.
Ausgelöst wird der Prozess durch eine vererbte Genmutation im SOD1-Gen. SOD ist die Abkürzung für Superoxid-Dismutase. Das SOD1-Gen ist in seiner gesunden Form dafür zuständig, freie Radikale im Nervensystem abzufangen. Freie Radikale entstehen in den Körperzellen durch verschiedene Prozesse, wie zum Beispiel bei der Zellatmung. Dies ist ein normaler Vorgang. In einem gewissen Maße können freie Radikale sogar dabei helfen, Krankheitserreger zu bekämpfen. Zu viele freie Radikale in einem Körper führen allerdings dazu, dass sie dem Körper schaden. So können leichter Entzündungen und Krebs entstehen, Zellalterungsprozesse werden beschleunigt.
Durch die Mutation des SOD1-Gens werden die freien Radikalen in den langen Rückenmarksnerven nicht mehr abgefangen. So können sie ungehindert die Nervenzellen und die Erbsubstanz schädigen. Geschädigte Zellen können sich nun nicht mehr erneuern und sterben mit der Zeit ab.
Das Absterben der Zellen bei DM beginnt an den Nervenenden der Hinterläufe und weitet sich mit der Zeit nach vorne aus.
Das SOD1-Gen gibt es auch bei Menschen. Eine ähnliche Mutation innerhalb dieses Gens ist Auslöser der Krankheit Amyotrophe Lateralskelrose, besser bekannt als ALS. Das ist auch die Krankheit, mit der Stephen Hawking gelebt hat – allerdings hatte Hawking eine seltene Form mit einem sehr langsamen Krankheitsverlauf.
Die Veränderung des SOD1-Gens ist mittlerweile bei vielen Hunderassen vorzufinden. Vor allem Schäferhunde und andere Hütehunde wie Collies sind betroffen, Berner Sennenhunde, Sibirische Huskys, Weimaraner, Barsois, Rhodesian Ridgebacks und Corgis. Immer häufiger finden sich auch Mischlinge unter den betroffenen Hunden.
Bei Krankheitsausbruch sterben die Zellen der langen Nerven des Rückenmarks mit der Zeit ab. Sie stellen dann keine Verbindung mehr zwischen dem zentralen Nervensystem und den Gliedmaßen her. Den betroffenen Hunden fehlt es an Feingefühl für motorische Bewegungen. Im Verlauf der Krankheit sind auch die Faserbahnen betroffen. So wird die Muskulatur nicht mehr durch Nervenimpulse angesprochen und es folgt ein Verlust der vorhandenen Muskelmasse. Die Krankheit wandert dabei immer weiter nach vorne, über Bauch und Rücken hin zu den Vorderläufen. Letztlich ist auch die Atem- und Halsmuskulatur betroffen. Eine genauere Beschreibung des Verlaufs findest du unter Krankheitsverlauf.
Ein Merkmal der DM ist es, dass sie vollkommen schmerzfrei verläuft. Der Hund kann betroffene Körperteile nicht mehr bewusst steuern und bemerkt falsche Belastungen oder Verletzungen der Muskulatur nicht mehr. Reflexe, wie zum Beispiel der Aufstellreflex der Hinterpfoten, sind nicht mehr vorhanden. Es kann im Verlauf der Krankheit zu einem Kribbeln und Taubheitsgefühl in den betroffenen Körperregionen kommen.
Betroffen von der Krankheit sind ausschließlich die langen Rückenmarksnerven, die für die Ansprache der Muskulatur zuständig sind. Innere Organe und die Sensitivität der Haut bleiben intakt. Das bedeutet unter anderem, dass die Hunde weiterhin kitzlig sein können und Schmerzen an der Haut wahrnehmen. Genauso bleiben die betroffenen Hunde auch mental fit und haben keinerlei kognitive Einschränkungen.
DM bricht vornehmlich bei älteren Hunden aus. In der tierärztlichen Praxis wird dazu geraten, DM bei Hunden ab dem 8. Lebensjahr als Diagnose in Betracht zu ziehen. Allerdings zeichnet sich immer mehr ab, dass auch jüngere Hunde (mittlerweile sagt man, ab dem 5. Lebensjahr) erkranken können. Je jünger der Hund, desto gründlicher sollte die Diagnostik sein. Die Wahrscheinlichkeit für andere Ursachen ist deutlich erhöht.
Nach aktuellem Kenntnisstand gibt es zur Zeit keine Behandlungsmöglichkeit für DM und damit auch keine Chancen auf eine Heilung der Erkrankung. Weder Medikamente noch Therapien können den Verlauf der Krankheit grundlegend beeinflussen. Die einzige Möglichkeit besteht darin, den Krankheitsverlauf etwas hinauszuzögern. Dazu werden die vorhandenen Muskeln so lange wie möglich trainiert und die Nervenbahnen stimuliert, um sie zu erhalten. Die Forschung zu DM steckt, genauso wie die ALS-Forschung, noch in den Kinderschuhen. Es lohnt sich also, immer mal wieder neue Entwicklungen der Medizin im Blick zu behalten.
Eine sichere Diagnostik von DM kann nach aktuellem Stand nur durch eine Autopsie des verstorbenen Tieres gestellt werden. Vor dem Tod wird DM durch das Ausschließen anderer Erkrankungen festgestellt. Dabei müssen alle möglichen Ursachen für die Symptomatik des Hundes ausgeschlossen werden, die in Frage kommen. Ein guter Hinweis zur Diagnostik ist vor allem das Fehlen von Schmerzen bei dem betroffenen Hund, da alle anderen möglichen Erkrankungen mit Schmerzen einhergehen. DM ist also eine Ausschlussdiagnose.
Einen ersten Aufschluss über die Erkrankung kann ein Gentest geben. Hier kann festgestellt werden, ob der Hund die genetische Veranlagung hat, überhaupt an DM zu erkranken. Nichtsdestotrotz bedeutet eine vererbte Genmutation nicht, dass die Erkrankung bereits ausgebrochen ist oder ausbrechen wird. Zudem kann es vorkommen, dass ein Hund sowohl DM als auch eine zusätzliche Erkrankung wie beispielweise Cauda Equina hat.
Wir haben das große Glück, dass in den letzten Jahren für fast alle betroffenen Hunderassen ein Gentest auf DM entwickelt worden ist. Auch deinen Mischling kannst du mittlerweile testen lassen. Unterschiedliche Rassen haben die Genmutation auf verschiedenen Ebenen liegen (Exon-1 oder Exon-2). Bei der Testung solltest du also darauf achten, dass du die korrekte Rasse deines Hundes angibst oder dich entsprechend beraten lässt.
Dem Hund wird für die Testung eine Blut- oder Speichelprobe entnommen. Diese wird an ein entsprechendes Labor geschickt, wo sie untersucht wird. Die Probe dafür entnimmt klassischer Weise deine Tierarztpraxis. Allerdings gibt es mittlerweile auch Probesets, die du dir nach Hause schicken lassen und selbst durchführen kannst. Achte hierbei bitte immer auf einen seriösen Anbieter, damit du kein falsches Ergebnis erhältst.
Wie die Diagnostik nach dem Gentest weiter geht, erfährst du gleich im Kapitel „Mein Hund hat einen positiven Gentest und Symptome“. Davor beschäftigen wir uns mit der Vererbung der Genmutation, um den Labortest einordnen zu können.
Um zu erklären, wie es zu der Genmutation kommt, machen wir einen kurzen Abstecher in die Vererbungslehre.
Jede Zelle eines Lebewesens besteht aus mehreren Chromosomen. Jedes Chromosom enthält genetische Informationen der Zelle, die DNA, und ist in doppelter Ausführung vorhanden (Abbildung links). Auf den Chromosomen sitzen verschiedene Allele (in der Abbildung sind einige in orange dargestellt). Diese Allele sind für die Ausprägung eines jeweiligen Merkmals zuständig – zum Beispiel für die Fellfarbe. Beide Elterntiere vererben ihrem Nachwuchs je eines ihrer zwei Allele eines Merkmals.
Zum Beispiel: Wenn ein Hund mit schwarzem und einer mit weißem Fell sich paaren, vererben sie jeweils das entsprechende Allel für ihre Fellfarbe. Welches ihrer beiden Allele dabei vererbt wird, ist zufällig. Der Nachwuchs trägt nun beide Farbvarianten alsGenanlage in sich (ob er selbst schwarz oder weiß aussieht, hängt davon ab, welches der beiden Gene dominanter ist. Das tut bei DM allerdings nichts zur Sache). Wichtig zu wissen ist: auch, wenn der Hund selbst beispielweise schwarzes Fell hat, kann er weißes Fell an seine Nachkommen vererben.
Bei einer Genmutation verändert sich ein Gen aus einem Allel und enthält dadurch andere Erbinformationen. Genau das ist auch mit dem SOD1-Gen passiert, dem zuständigen Gen für DM. Es besteht eine Wahrscheinlichkeit von 50:50, ob nun das gesunde Allel (orange) oder das mutierte Gen (gelb) vererbt wird.
Die Genmutation von DM wird nach aktuellem Kenntnisstand autosomal-rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass die Erkrankung nur dann in Erscheinung treten kann, wenn beide vererbten Allele betroffen sind. Dafür müssen beide Elterntiere die Mutation in sich tragen und ihrem Nachwuchs vererbt haben.
Wenn du deinen Hund auf DM testen lässt, wird durch Abkürzungen dargestellt, ob dein Hund eine betroffene Genmutation besitzt oder nicht. Man unterscheidet dabei zwischen einem gesunden Gen (N) und der Genmutation (DM). Da beide Elterntiere je ein Allel (N oder DM) vererben, können folgende Ergebnisse auftreten:
Mögliche Ergebnisse eines Gentests auf DM
Abkürzung
Auswertung
Bedeutung
N /N
frei, homozygot gesund
Der Hund hat zwei gesunde Allele vererbt bekommen. Er hat keine Genmutation und kann nicht an DM erkranken.
N / DM
Träger
Der Hund ist Anlageträger der Genmutation. Er kann sowohl ein gesundes als auch ein mutiertes Gen an seinen Nachwuchs weitergeben. Nach aktuellem Kenntnisstand erkrankt er selbst nicht an DM.
DM / DM
reinerbig / homozygot betroffen
Der Hund hat ein erhöhtes Risiko, an DM zu erkranken.
Hunde mit dem Testergebnis N / N haben zwei nicht betroffene Gene vererbt bekommen. Sie können nicht an DM erkranken und nur gesunde SOD1-Gene vererben. Die aktuellen Testverfahren der Genmutation bei DM sind sehr spezifisch auf einen Teil des Allels konzipiert. Es können also trotzdem andere Mutationen innerhalb des Gens vorhanden sein, die der Test nicht erfassen kann.
Hunde mit dem Testergebnis N / DM sind Träger der Genmutation. Nach aktuellem Kenntnisstand über die autosomal-rezessive Vererbung der Erkrankung haben sie kein Risiko, an DM zu erkranken. Dennoch findet man hin und wieder Berichte von Hunden, die mit diesem Testergebnis einen Verdacht auf DM haben. Inwiefern diese Hunde wirklich an DM erkrankt sind oder an anderen Erkrankungen leiden, ist bisher nicht erforscht worden. Ebenso wurde noch nicht erforscht, inwiefern auch fehlerhafte Testergebnisse ausgestellt werden. Anlageträger vererben jedoch zu 50% das mutierte Gen an ihren Nachwuchs und sollten daher mit Bedacht in der Zucht eingesetzt werden.
Hunde mit dem Testergebnis DM / DM sind reinerbig von der Mutation betroffen. Das bedeutet, dass sie zwei mutierte Gene vererbt bekommen haben. Dadurch haben sie ein erhöhtes Risiko, zu erkranken. Es kann jedoch durch den Test nicht festgestellt werden, ob die Erkrankung im Verlauf des Lebens ausbrechen wird oder bereits ausgebrochen ist. Dadurch bleibt DM auch trotz Gentest eine Ausschlussdiagnose.
Manche Symptome, die ein Hund bei beginnender DM zeigt, können bei vielen Krankheiten auftreten. Die anfänglichen Symptome, wie ein unrundes Gangbild, können beispielweise ebenso bei Cauda Equina, einem Bandscheibenvorfall, dem Wobbler-Syndrom, Zerrungen oder einer Spondylose auftreten. Bei so vielen Möglichkeiten ist es schwierig, die richtige Ursache zu finden.
Einen ersten Aufschluss darüber, ob bei deinem Hund DM genetisch in Frage kommt, ist die Durchführung des Gentests. Ist der Test negativ, so kann die Diagnostik direkt in eine andere Richtung gelenkt werden.
Allerdings ist auch ein positiver Gentest (DM / DM) keine Garantie dafür, dass die Erkrankung bei deinem Hund bereits ausgebrochen ist oder ausbrechen wird.
Bei vielen Hunden wird der Gentest auf DM auch dann durchgeführt, wenn sie komplett gesund sind. Das geschieht oft dann, wenn Hunde in der Zucht eingesetzt werden sollen oder der Gentest in einem Testangebot enthalten war. Sollte bei diesem Test das Ergebnis DM / DM herausgekommen sein, ist das erst einmal noch kein Grund zur Besorgnis. Ob und, wenn ja, wann bei einem Hund die Erkrankung ausbricht, ist bisher noch nicht erforscht. Es kann also gut sein, dass dein Hund nie an DM erkrankt, er zu dem Zeitpunkt schon viele Jahre alt ist oder die Behandlungsmöglichkeiten bis zum Auftreten der DM besser geworden sind.
Du fragst dich sicher, was du tun kannst, damit die Krankheit bei deinem Hund nicht ausbricht. Bisher sind noch keine Faktoren ermittelt worden, durch die DM begünstigt oder der Krankheitsprozess in Gang gesetzt wird. Es kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, ob Umweltfaktoren einen Einfluss auf die Krankheit haben.
Du weißt bereits, dass der Auslöser der Erkrankung freie Radikale sind, die nicht mehr abgefangen werden können und somit die Nervenzellen angreifen. Freie Radikale entstehen auch durch schädliche Umwelteinflüsse, wie der Aufnahme von Zigarettenrauch oder anderen Umweltgiften. Soweit es möglich ist, sollten sich Hunde (sowie alle Tiere und Menschen, unabhängig von Genmutationen) daher von solchen