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"Demenz - was nun?" ist ein Buch für Angehörige und Freunde von an Demenz Erkrankten. Es erklärt grob, welche Formen von Demenz es gibt. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf dem Miteinander mit Demenzkranken. Fragen, die im Zusammenhang mit Demenz immer wieder auftauchen, werden in diesem Buch behandelt. Was bedeutet die Diagnose Demenz für mich und für meinen Angehörigen oder Freund? Was erwartet mich und ihn? Wird sich unser Leben grundlegend ändern? Wie ist der Verlauf der Krankheit? Auf was muss ich mich einstellen? Sie erhalten auf all diese Fragen Antworten. Auch auf die Frage: Wie kann ich einer Demenz vorbeugen? Im Anhang finden Sie dann auch einen Selbsttest, denn Vergesslichkeit und Unkonzentriertheit alleine sind noch lange keine Demenz. In der Hoffnung, dass die Krankheit Demenz für uns alle kein Schreckgespenst mehr ist, sondern eine Krankheit, mit der man leben, lachen und lieben kann. Trotz Verhaltensänderungen einhergehend mit geistigem Abbau kann ein Leben noch lebenswert sein. Viele Demente spüren das erste Mal in ihrem Leben vorbehaltlose Liebe, die ihnen entgegen gebracht wird und genießen sie.
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Seitenzahl: 87
Veröffentlichungsjahr: 2015
Für meine Mutter
Dorothea Schneider
Demenz
was nun?
Hilfe für Angehörige
und Freunde
© Dorothea Schneider
2. Auflage - Juni 2015
Umschlaggestaltung:
Johannes Schneider
Dorothea Schneider
Lektorat: Edith Kühn
Mitwirkende:
Uwe Heyduczek
Maximilian Schneider
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN: 978-3-7323-4671-4
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliografie verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Keine Angst vor Demenz!
Demenz – Was nun?
Diagnose: Demenz
Empathie lernen: Wie fühlt man sich in den Anderen ein?
Verlust des Gedächtnisses
Verlust der Orientierung
Verlust der Handlungsfähigkeit
Verlust der Emotionen (Gefühle)
Verlust der Motivation (Antrieb)
Verlust der Sprache und des Sprachverständnisses
Betreuung und Pflege bei Demenz
Was bedeutet „Demenz-sicher“?
Streitereien führen zu nichts – aber der Ton macht die Musik.
Geeignete Beschäftigung finden
Aufteilung der Belastungen, die durch Betreuung und Pflege entstehen
Regelmäßige medizinische Kontrollen
Wie ist der Krankheitsverlauf? Faktoren, die den Krankheitsverlauf beeinflussen
Demenz vorbeugen
Geistige Fitness
Ernährung
Bewegung
Gesundheitscheck
Stadien der Demenz – umgekehrte Kindheitsentwicklung
Demenzstadium Eins
Orientierung in Zeit und Raum
Aktion und Reaktion
Auto, Motorrad, Fahrrad
Tägliche Arbeiten
Reizbarkeit und Antriebslosigkeit
Harn- und Stuhlinkontinenz
Allgemeine Körperpflege
Essen, Trinken und Medikamente
Demenzstadium Zwei
Bewegungsdrang und Orientierung
Sexualtrieb und Demenz
Leseverständnis, Schrift und Sprache
Mathematik, Wert und Zahlen
Erkennen von Personen
Mein, dein, unser
Spiele, Malen und Musik
Essen, Trinken, Medikamenteneinnahme – nein danke!
Körperpflege und Kleidungswechsel
Demenzstadium Drei
Vollübernahme in allen Bereichen
Schluckstörungen
Einschlafen und nie wieder aufwachen
Nachwort
Anhang – zum Selbsttest
Einschränkung der Alltagskompetenz
Richtlinien zur Erkennung von eingeschränkter Alltagskompetenz
Über die Autorin
Über tredition
Vorwort
Dieses Buch über Demenz habe ich für all die Menschen geschrieben, die mit an Demenz Erkrankten leben, arbeiten oder nur von Zeit zu Zeit mit ihnen zusammentreffen.
Bei meiner Tätigkeit als Krankenschwester mit Spezialgebiet Geriatrie (Altersheilkunde) habe ich viele Angehörige und Freunde von Erkrankten getroffen. Viele von ihnen wissen sehr gut über die verschiedenen medizinischen Krankheitsformen der Demenz Bescheid. Leider fehlt aber den meisten Verständnis im Umgang mit an Demenz Erkrankten.
Ich berate oft Familien, die das Verhalten ihres erkrankten Angehörigen nicht verstehen. Sie fühlen sich hilflos der Krankheit und den Veränderungen ausgeliefert. Nach kleinen Anleitungen und der Aufklärung, wie ein Demenzkranker die Welt sieht, konnten alle Angehörigen ihre Erkrankten mit viel mehr Kraft, Mut, Sicherheit und Freude pflegen.
Das war meine Motivation, dieses Buch zu schreiben. Durch dieses Buch möchte ich es auch Ihnen ermöglichen, Ihre an Demenz erkrankten Angehörigen oder Freunde besser zu verstehen. Dadurch werden Sie das Leben aus einem anderen Blickwinkel sehen und besser gemeinsam mit Ihrem Angehörigen genießen können.
Mein ganzer Dank gilt meiner Lektorin Edith, die viel Zeit, Ideen und Energie in dieses Buch mit eingebracht hat, Daniela, Uwe, Maximilian, Johannes und meiner Mutter, die immer wieder mit mir über das emotional oft schwierige Thema diskutierten. Vor allem aber danke ich allen Angehörigen von Demenzkranken, die sehr offen mit mir über ihre Freuden, geplatzten Träume, Ängste und Visionen gesprochen haben.
Möge dieses Buch und das Wissen um Demenz auch Ihr Leben bereichern.
Ihre Dorothea Schneider
Keine Angst vor Demenz!
Es ist bekannt, dass uns die Dinge ereilen, die wir am meisten fürchten.
Zum Beispiel:
Ein Ehepaar wollte vor Jahren nach Italien fahren. Sie hatten ihr Auto komplett für eine Fahrt nach Italien ausgerüstet. Ihre größte Angst war, dass ihr Wagen beschädigt oder gestohlen werden könnte. Eine Wegfahrsperre am Lenkrad und eine elektronische Wegfahrsperre sollten dies verhindern. Na ja, es kam, wie es kommen musste: Dem Ehepaar wurden in der ersten Nacht in Italien alle vier Reifen am Auto geklaut.
Eine Dame hatte jahrelang Angst davor, Darmkrebs zu bekommen. Sie tat alles in Bezug auf Ernährung, Bewegung und Gesundheitscheck. Sie bekam Darmkrebs. Sie hatte versäumt, ihre geistige Einstellung zu ändern. Leider verstarb sie an den Folgen der Chemotherapie, nicht am Darmkrebs. Der trat nach der Operation nicht wieder auf.
Sie sehen, Ihre eigene Einstellung ist auch sehr wichtig, ob Sie an Demenz erkranken oder nicht.
Die Demenz eines Angehörigen oder Freundes verändert das Leben der gesamten Familie und die des Freundeskreises! Es liegt an uns, wie wir mit dem Dementen umgehen. Es ist unsere persönliche Einstellung, die diese Erkrankung zum massiven Problem werden lässt oder nicht.
Bei kleinen Kindern ist es normal, wenn wir das Brot streichen oder beim Gang zur Toilette behilflich sind. Bei Erwachsenen zieren wir uns. Bei älteren Menschen, die sich nur schwer bewegen können ist es selbstverständlich, dass wir ihnen helfen. Warum also nicht auch den Dementen?
In diesem Buch werden Sie erfahren, wie an Demenz Erkrankte versuchen, mit ihren Einschränkungen ihre Umwelt wahrzunehmen, sich darin zurechtzufinden und auf welche Hilfen sie angewiesen sind.
Es ist kein Buch, das Ihnen wissenschaftliche medizinische und pharmazeutische Erklärungen gibt, sondern ein Buch, das Ihnen die Angst und Unsicherheit im Umgang mit an Demenz Erkrankten nehmen soll.
In diesem Buch erfahren Sie zuerst, was kognitive Fähigkeiten sind und was deren Verlust bedeutet. Danach erhalten Sie Informationen darüber, wie Sie selbst eine Demenz vermeiden können.
Im Kapitel ‚Demenzstadien‘ können Sie alles über den Krankheitsverlauf aus pflegerischer Sicht nachlesen.
Im Anhang finden Sie Richtlinien für die „eingeschränkte Alltagskompetenz“. Dies bedeutet, Sie können dort nachlesen, ob und welche Defizite Sie evtl. selbst haben. Keine Angst: Vergesslichkeit und Schusseligkeit sind keine Anzeichen von Demenz, sondern von Unkonzentration - meistens kombiniert mit körperlicher und geistiger Überbelastung. Noch ein Tipp zum Lesen dieses Buches: Nehmen Sie sich Zeit!
Demenz – Was nun?
Viele Menschen fragen sich: Werde ich, nachdem ich etwas vergessen habe, jetzt dement? Ich kann Sie beruhigen. Wegen Vergesslichkeit ist man nicht gleich dement. Oftmals stuft man Dinge als weniger wichtig ein und vergisst sie dann – das ist alles.
Das Wort „Demens“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „ohne Geist“. „Mens“ ist im Lateinischen der Verstand, und „de“ bedeutet abnehmend. Hier wird ersichtlich, der Geist oder Verstand nimmt ab.
Ein an Demenz erkrankter Mensch verliert also Stück für Stück das, was er einmal erlernt hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es eine Alzheimer Demenz ist oder eine Demenz aufgrund mangelnder Gehirndurchblutung oder Störungen bzw. mangelndem Nichtweiterleiten von Informationen von einer Gehirnzelle zur anderen. Jede Demenzform hat die gleiche Auswirkung auf das Verhalten des Erkrankten. Nur die medikamentösen Therapiemöglichkeiten sind bei den verschiedenen Demenzformen unterschiedlich. Deshalb ist es wichtig, dass VOR der Therapie eine genaue Diagnose mittels Blutwerten und MR (Magnetresonanzuntersuchung) oder CT (Computertomographie) erstellt wird. Bei MR und CT kann man genau erkennen um welche Form der Demenz es sich handelt.
Der an Demenz erkrankte Mensch verliert das, was er einmal Stück für Stück in seinem Leben erlernt hat.
Das bedeutet, wir haben alle einmal gelernt:
- dass bestimmte Dinge einen bestimmten Namen haben, z.B. ist ein Stuhl eine Sitzgelegenheit mit vier Füßen und einer Lehne,
- dass bestimmte Tätigkeiten bestimmte Namen haben, z.B. Gehen, Singen, Kochen, Waschen etc., und dazu kamen auch noch die verschiedenen Zeiten: ich ging, ich werde gehen, ich bin gegangen usw.
- wie man mit Messer und Gabel isst,
- wie man sich die Schuhe bindet,
- wie man sich an- und auszieht (wo, wie, wann und warum),
- dass bestimmte Dinge bestimmte Formen und Farben haben können, z.B. die rote bauchige Vase oder das blaue Rennrad,
- dass nach jedem Tag eine Nacht folgt,
- dass bestimmte Handlungen diese oder jene Konsequenz haben, z.B. wenn ich Putzmittel trinke werde ich sehr krank und kann evtl. daran sogar sterben,
- dass man Geld zum Einkaufen benötigt,
- dass ein Auto ohne Sprit nicht fährt.
Es gibt noch unendlich viele Beispiele, was wir im Leben alles gelernt haben. Die Liste dürfen Sie gerne für sich erweitern.
Dieses Erlernte nennt man kognitive Fähigkeiten.
Verlust der kognitiven Fähigkeiten bedeutet
- den Verlust des Gedächtnisses,
- der Orientierung in Zeit und Raum,
- der Handlungsfähigkeit,
- der Motivation,
- der Sprache etc..
Jetzt schauen wir uns einmal an, was passieren würde, wenn jemand zu uns sagt: „Hol doch bitte mal schnell meinen Mantel!“ Wir verstehen das „Holen“ in seiner Bedeutung, den „Mantel“ überhören wir.
Ein Mensch, der über alle seine kognitiven Fähigkeiten verfügt, kann aus der Situation heraus – er/sie will das Haus verlassen – den Rückschluss ziehen, der Andere möchte seinen Mantel, auch wenn er das Wort Mantel überhört hat.
Ein an Demenz erkrankter Mensch kann nicht auf seine kognitiven Fähigkeiten zurückgreifen. Auch wenn er das Wort „holen“ in seiner Bedeutung versteht und das Wort „Mantel“ gehört hat, aber nicht einem Gegenstand zuordnen kann, wird er unsicher. Er merkt, dass etwas nicht stimmt. Er hat das Gefühl zu versagen. Bei manchen Menschen löst dies dann Aggressionen aus, andere ziehen sich in sich zurück.
In der ersten Phase einer demenziellen Erkrankung werden die Symptome der Demenz meist nicht richtig erkannt.
- Ehepaare streiten sich fast permanent, obwohl sie 45 Jahre vorher ein glückliches Eheleben geführt hatten.
- Ein Elternteil oder auch beide werfen ihren Kindern vor, dass sie jedes Mal, nachdem die Kinder da waren, nichts mehr finden können, weil alles umgeräumt sei.
- Den Nachbarn, mit denen es 30 Jahre lang nie Probleme gab, werden böse Absichten unterstellt.
- Freunde, die zu Besuch kommen, werden des Diebstahls bezichtigt.
Auch hier lässt sich die Liste unendlich erweitern. Der an Demenz Erkrankte kann die Situationen nicht mehr richtig einschätzen. Er kommt mit den kleinsten Veränderungen nicht mehr klar.
Massive Verhaltensänderungen sind ein Anzeichen für eine beginnende Demenz.
Vergesslichkeit, wie „ich habe schon wieder vergessen, die Schuhe beim Schuster abzuholen“, ist kein Indiz für eine Demenz. Wenn jemand allerdings durch die Stadt geht und nicht mehr weiß, warum er das Haus verlassen hat, dann kann dies auf eine Demenz hinweisen.
Auch wenn der Erkrankte beim Einkaufen sein Wechselgeld nicht mehr kontrolliert, obwohl er es früher immer getan hat, kann dies auf eine beginnende Demenz hinweisen.
Oder wenn der heiß geliebte Sportverein absolut uninteressant wird mit der Begründung, die Anderen seien alle doof, sollte man einen Arzt konsultieren und den Betreffenden auf eine Demenz untersuchen lassen.
Aber Vorsicht: nicht jeder, der eine der Auffälligkeiten in den oben genannten Beispielen zeigt, ist dement. Es müssen schon mehrere Auffälligkeiten zusammenkommen.
Diagnose: Demenz