Der Bhikku - Clemens Maria Heymkind - E-Book

Der Bhikku E-Book

Clemens Maria Heymkind

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Beschreibung

Diese Frage stellt sich der kleine hässliche Mann – und auch uns ist diese Frage nicht fremd: »Beschreite neue Wege und lass los, was du festhältst«, tönt es in seinem Herzen. Welche Wege können wir gehen – heraus aus den begrenzten Räumen des unheilsamen Denkens? Natürlich können und sollen wir uns und die Welt um uns herum verändern und gestalten, doch die tiefste Veränderung, die wir der Welt letztlich geben können, ist wohl die, bei uns selbst anzukommen, in der Mitte unseres Seins, dort also, wo unsere wahre Heimat ist. Von dem Weg, der über das bewusste Ein- und Ausatmen zum gegenwärtigen Gewahrsein führt und von dem viele Weisheitsströmungen in Ost und West berichten, handelt diese Parabel. In archetypischer Weise werden die Stationen des kleinen hässlichen Mannes auf seiner Reise zum heiligen Bhikku, was so viel wie Mönch heißt, erzählt, der als eine eigenständige Instanz des inneren Kosmos des Menschen aufgefasst werden kann. Die märchenhafte Erzählung ist die Frucht des eigenen Weges des Autors sowie eine Hommage an die heiligen Frauen und Männer, denen er auf seinen zahlreichen Reisen in Südostasien begegnet ist.

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Seitenzahl: 65

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Clemens Maria Heymkind

Der Bhikku

Vom Suchen und Finden

www.heymkind.de

Impressum

© 2021 Clemens Maria Heymkind

Umschlag, Illustration: Margarete Schuhmacher, Malerin (Freiburg)

Coverdesign: Ulrich Maruhn (Rottweil)

Lektorat: Ina Kleinod (www.sinntext.de)

Umsetzung Cover/Innensatz: Kerstin Fiebig (www.ad-department.de)

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40 – 44, 22359 Hamburg, Deutschland

ISBN

ISBN Paperback 978-3-347-59753-2

ISBN Hardcover 978-3-347-59754-9

ISBN e-Book 978-3-347-59755-6

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich

geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich.

Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig.

Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors,

zu erreichen unter:

tredition GmbH, Abteilung Impressumservice,

Halenreie 40 – 44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Dieses Buch ist meinen Kindern

Elena-Maria, Niclas-Georg,

Anna-Celina, Samuel-Alexander,

meiner Frau Olga,

meinen Eltern und Geschwistern

gewidmet.

Nach Wahrheit forschen, Schönheit lieben,

Gutes wollen, das Beste tun –

das ist die Bestimmung des Menschen.

Moses Mendelssohn (1729 – 1786)

Inhalt

Der Ruf des Herzens

Vom Suchen

Vom Vergnügen

Vom Finden

Die Rede des heiligen Bhikku

Vom Erwachen

Der Ruf des Herzens

Es war einmal vor gar nicht allzu langer Zeit, da lebte ein kleiner hässlicher Mann in einem Dorf im fernen Osten, dort also, wo die Sonne aufgeht. Ich selbst bin viele Jahre später als Reisender dort gewesen, rein zufällig, als mir seine Geschichte zu Ohren kam. Mehr wollte ich von ihr hören, nicht etwa, weil ich neugierig geworden war. Nein, mich hatte die Kraft erfasst, die von ihr ausging: Reisbauer war er viele Jahre gewesen, der kleine hässliche Mann. Er hatte bei Wind und Wetter etliche Tage auf den Äckern zugebracht, um sie zu bestellen. Hart war seine Arbeit, zerfurcht die Hände, und geschunden der Körper von der täglichen Mühsal, die Haut verbrannt von der Sonne Kraft.

Nun aber war er alt geworden. Seine Kräfte hatten nachgelassen, sodass es immer mühsamer wurde, die Äcker zu bestellen. Deshalb lagen sie nun größtenteils brach. Sein Leben lang hatte er sich Frau und Kinder gewünscht, so, wie die anderen im Dorf welche hatten. Dieser Wunsch aber war ihm verwehrt geblieben. Oft war der kleine hässliche Mann daher einsam, zog sich in seine kleine Bambushütte zurück, die am Rande des Dorfes lag, und mied die Menschen. Er ließ es sich jedoch nach getaner Arbeit nicht nehmen, die wenigen Dorfkinder, die ihn bei der Feldarbeit besuchten, auf dem Rücken seines Wasserbüffels nach Hause zu führen. Und so genossen sie gemeinsam die zauberhaften Sonnenuntergänge und die lauen Abendwinde, die aufkamen. In diesen Momenten der Unbeschwertheit öffnete der kleine hässliche Mann seine Herzenstür einen kleinen Spalt weit und ließ ein wenig Freude hinein in sein ansonsten verschlossenes Herz. Dadurch berührte er auch die Herzen der Kinder, die er auf dem Rücken seines Büffels reiten ließ.

Während solcher abendlichen Rückkehr also erzählte er ihnen seine Geschichte, jedes Mal ein bisschen mehr. Sie begann so: Der kleine hässliche Mann war vor ganz langer Zeit Befehlshaber der Armee eines Königs gewesen. Viele Krieger hatte er für ihn in den Kampf geführt. In fremden Ländern hatte er gekämpft, bis er irgendwann selbst schwer verwundet wurde und den Kriegsdienst quittieren musste. Immer wieder fragten ihn neugierig die Kinder, wie er verletzt worden sei. Der kleine hässliche Mann aber schwieg, zu schmerzhaft waren die Erinnerungen an jene Kriegsereignisse, die so viel sinnloses Leid verursacht und die die Seelen der Menschen erschüttert hatten. Doch in seinen Träumen blieben jene dunklen Tage des Schreckens lebendig und rüttelten ihn aus dem Schlaf. Oft lag er Nächte lang wach und dachte über die grausamen Geschehnisse auf den Schlachtfeldern nach …

Er berichtete den Kindern aber auch von den imposanten Städten, in die es ihn damals verschlagen und in denen das Leben so kraftvoll pulsiert hatte: Straßenmusikanten spielten an großen Plätzen auf, Tänzer und Jongleure nahmen die Zuschauer in ihren Bann. Er genoss die Nächte mit seinen Kameraden, in denen der Wein in Strömen floss. Auch erzählte er von majestätischen Palästen, die aus weißem Marmor erbaut waren.

Feinste Ornamente zierten die Innenräume an Wänden und Decken, und die Böden waren mit kunstvollen Intarsien aus Eben- und Zedernholz belegt. Die Kuppeln, die jene Paläste krönten, waren vergoldet. Nicht zu vergessen auch die Fontänen, deren Wasserstrahlen kraftvoll aus dem Boden in den Himmel schossen. Oft erholte er sich in den farbenprächtigen Gärten, die sich großzügig hinter den Palästen erstreckten. Dort gab es kleine Seen, an deren Ufern hohe Zypressen wohltuenden Schatten spendeten.

Die Kinder hörten aufmerksam zu. Und fast schien es ihnen, als ob sie selbst dort gewesen wären. Der kleine hässliche Mann hielt inne, um die Bruchstücke seiner Erinnerung zu sortieren, dann fuhr er fort: Einmal begegnete er einer Prinzessin, die einen purpurroten Sari aus Seide trug. In ihn waren feinste Goldfäden eingewoben, die mit zart leuchtenden Halbedelsteinen besetzt und von erlesener Schönheit waren. Goldene Armreifen, Ohrringe und Halsketten mit edlen Saphiren hoben sich von ihrer dunklen Haut ab. Die Prinzessin hatte ihren geliebten Vater, den König, in den Kriegswirren verloren. Sie trug schwer an seinem Verlust. Oft beobachtete sie der kleine hässliche Mann, wenn sie unter einer der Zypressen saß und traurig vor sich hinstarrte. Schwere Gedanken hielten sie in der Welt des Schmerzes gefangen, das konnte er von ihrem Gesicht ablesen. Die Prinzessin war also traurig und einsam wie er selbst. Nichts in der Welt konnte sie trösten, nicht einmal seine Liebe, die er ihr zuteilwerden ließ. Oft hörte er ihr aufmerksam zu, wenn sie von den unbeschwerten Tagen mit ihrem Vater erzählte, nahm sie in den Arm, wenn ihr Schmerz über den Verlust unerträglich wurde. Die Prinzessin aber blieb untröstlich.

Während der kleine hässliche Mann den Kindern das erzählte, wischte er sich die Tränen von den Wangen.

»Was ist aus er Prinzessin geworden?«, fragte eines der Kinder.

Da öffnete sich in der Tiefe seines Herzens wieder das Türchen, eine flüchtige Regung sozusagen, die von der Kraft der Sehnsucht ausgelöst wurde. Nachdenklich hielt er seinen Kopf geneigt, so, als ob er tief in sich hineinhorchte. Aber da gab es keine Antwort, nur verblasste Erinnerungen an längst vergangene Zeiten.

Als der kleine hässliche Mann seine Hütte erreichte, schob er den Kindern eine Handvoll Reis zu und verabschiedete sich. Sodann band er den Büffel an den Pflock und warf ihm ein wenig frisches Gras hin, müde von der Arbeit des Tages. Wie jeden Abend, wenn sich der Himmel sein Sternenkleid überstreifte, saß der kleine hässliche Mann noch für eine Weile auf dem Holzbänkchen vor seiner Hütte und trank Tee. In der Nachbarschaft hörte er die Hunde bellen, während der Gesang der Vögel schon nahezu verstummt war. Silbern schimmerte das Mondlicht durch die Blätter der Palmenbäume hindurch, die sich sanft im Abendwind wiegten. Während er das Lichtspiel des Mondes betrachtete, stiegen erneut Erinnerungen in ihm auf: Er sah, wie ihm die Prinzessin traurig zuwinkte, als ihre Sänfte ein letztes Mal an ihm vorbeigetragen wurde, sah, wie er den sterbenden König in seinen Armen auf dem Schlachtfeld hielt. Das alles war lange, lange her und dennoch schien es ihm, als sei es erst gestern gewesen. Oft hatte sich der kleine hässliche Mann gefragt, was wohl aus der Prinzessin geworden war … Augenblicke später lag er auf seiner Strohmatte und es dauerte eine Weile, bis sein Geist zur Ruhe kam. Dann endlich schlief er ein.