Der entführte Weihnachtsmann - L. Frank Baum - E-Book

Der entführte Weihnachtsmann E-Book

L. Frank Baum

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Beschreibung

Die hier veröffentlichten Geschichten stammen u.a. von Lyman Frank Baum, dem Schöpfer des Zauberers von Oz, sowie der Kinderbuchautoren Phebe A. Curtiss. Als privates Zeitdokument wurde auch ein Brief in die Sammlung aufgenommen, den Mark Twain 1875 (als Weihnachtsmann) an seine Tochter Susi geschrieben hat. Das Buch ist der erste Band der Reihe 'Old Christmas'. Der Zweite Band hat den Titel: Jimmy Vogelscheuche. In ihm enthalten ist auch ein Nachwort des Übersetzers.

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L. Frank Baum

Der entführte Weihnachtsmann

Weihnachtsgeschichten. In einer Übersetzung von Walter Brunhuber

Geschichten für Kinder und Erwachsene von: William Dean HowellsLyman Frank BaumPhebe A. CurtisRuben Salliensund Mark Twain  Weitere Titel der Reihe 'Old Christmas':Jimmy Vogelscheuche

Inhaltsverzeichnis

Jeden Tag Weihnachten

Der entführte Weihnachtsmann

Die Legende vom weißen Geschenk

Großmutters Feenmärchen

Die Legende von Babuschka

Papa Panovs besondere Weihnacht

Ein Brief vom Weihnachtsmann

Nachwort

Impressum

Jeden Tag Weihnachten

William Dean Howells (1837 - 1920)

Eines Morgens kam Mildred in das Studierzimmer ihres Vaters, so wie jeden Morgen vor dem Frühstück, und bat ihn, ihr eine Geschichte zu erzählen. An diesem Morgen versuchte ihr Vater sie zu vertrösten, denn er war sehr beschäftigt. Doch Mildred gab nicht nach, also begann er:

„Nun, es war einmal ein kleines Schweinchen - “

Mildred unterbrach ihn mitten im Satz, indem sie ihm die Hand vor den Mund hielt. Sie meinte, dass sie bereits so viele Geschichten vom 'kleinen Schweinchen' gehört habe, dass sie mittlerweile krank davon werde.

„Was für eine Geschichte soll ich dir denn erzählen?“

„Eine Weihnachtsgeschichte. Das Erntedankfest ist vorbei, also hat die Weihnachtszeit begonnen,.“

„Mir kommt es so vor“, meinte ihr Vater, „dass ich schon genauso viele Weihnachtsgeschichten erzählt habe wie Geschichten vom kleinen Schweinchen.“

„Das macht nichts“, meinte Mildred. „Weihnachten ist viel interssanter.“

„Gut.“ Es kostete ihren Vater viel Überwindung, sich von seiner Arbeit loszureißen, doch er willigte schließlich ein. „Dann erzähle ich dir die Geschichte von dem kleinen Mädchen, das jeden Tag im Jahr Weihnachten haben wollte. Bist du damit einverstanden?“

„Ausgezeichnet“, rief Mildred und setzte sich so bequem wie möglich in seinen Schoss, bereit der Geschichte vom Mädchen, das jeden Tag Weihnachten haben wollte, zu lauschen.

„Also, das kleine Schweinchen – hey, wieso knuffst du mich?“

„Du hast kleines Schweinchen gesagt und nicht kleines Mädchen.“

„Dann sag mir, wo der Unterschied ist zwischen einem kleinen Schweinchen und einem Mädchen ist, das jeden Tag Weihnachten haben will.“

„Papa“, erwiderte Mildred warnend. „Wenn du nicht sofort erzählst, dann kriegst du es mit mir zu tun!“ Das half. Wie der Blitz begann ihr Vater die Geschichte vom kleinen Mädchen, das jeden Tag Weihnachten haben wollte, zu erzählen.

„Es war ein kleines Mädchen, das Weihnachten so sehr mochte, dass es sich wünschte, jeden Tag wäre Weihnachten. Sobald das Erntedankfest vorüber war, begann es damit, Postkarten an die alte Weihnachtsfee zu schreiben und bat darum, dass diese den Wunsch doch erfüllen möge. Doch die Fee antwortete nie auf eine der Postkarten. Nach einer Weile fand das kleine Mädchen heraus, dass die Fee ein wenig sonderbar war. Außer Briefen nahm sie nichts zur Kenntnis, auch keine Postkarten in Umschlägen - nur Briefe, auf Papier geschrieben, versiegelt und mit einem Monogramm auf dem Umschlag, oder den Initialen der Schreiberin, was auch immer.

Also begann das kleine Mädchen damit, der Fee Briefe zu schreiben und übermittelte ihr auf diese Weise den Wunsch, dass es gerne jeden Tag Weihnachten hätte. Drei Wochen später – genau einen Tag vor Weihnachten – erhielt es einen Brief von der Fee, in dem diese ihm mitteilte, dass sie den Wunsch erfüllen wolle, und dass von nun an jeden Tag Weihnachten wäre. Danach könne man ja sehen, ob es sogar für immer so bleiben könne.

Das kleine Mädchen war allerdings schon ziemlich aufgeregt, da es sich gerade auf das altmodische Einmal-im-Jahr-Weihnachten vorbereitete, das am nächsten Tag anstand. Dadurch machte das Versprechen der Fee vielleicht nicht einen so großen Eindruck auf das Mädchen wie das zu einer anderen Zeit der Fall gewesen wäre. Es beschloss, die Neuigkeit für sich zu behalten, und alle damit zu überraschen, sobald der Wunsch wahr geworden wäre. Schließlich vergaß es die ganze Angelegenheit.

Was folgte, war ein herrlicher Weihnachtstag. Das kleine Mädchen ging früh zu Bett, um dem Weihnachtsmann eine Gelegenheit zu geben die Socken zu füllen. Am nächsten Morgen war es als erstes Familienmitglied auf den Beinen und fand seine Socke prall gefüllt vor. Süßigkeiten, Orangen, Weintrauben, Taschenbücher und Gummibälle – alle möglichen kleinen Geschenke steckten darin. In der Socke seines Bruders war nur eine Zahnspange, die größere Schwester hatte einen neuen Sonnenschirm aus Seide bekommen. Die Socken der Eltern waren, wie jedes Jahr Weihnachten, mit Kartoffeln und kleinen Kohlestücken gefüllt, die in Seidenpapier gewickelt waren. So war es Tradition.

Das Mädchen wartete ungeduldig, bis auch der Rest der Familie aufgestanden war. Dann rannte es, sobald die Türen geöffnet wurden, in die Bibliothek des Hauses um die größeren Geschenke zu sehen, die dort auf dem Tisch lagen. Bücher, Mappen und Schachteln mit Briefpapier, dazu Brustnadeln, Puppen, kleine Öfchen, Dutzende von Taschentüchern, Tintengläser und Schlittschuhen und Schneeschaufeln und Bilderrahmen und kleine Staffeleien zum Malen und Kästen mit Wasserfarbe und Türkische Pasten und Nougat und kandierte Kirschen und Puppenhäuser und Regenmäntel – und natürlich der große erleuchtete Weihnachtsbaum, der in der Mitte der Bibliothek stand.

Das Mädchen hatte einen wunderbaren Weihnachtstag. Es aß so viele Süßigkeiten, dass es keinen Appetit mehr auf ein Frühstück hatte. Den ganzen Vormittag über trafen noch Geschenke ein, die der Paketbote am Abend zuvor nicht mehr bringen konnte, da die Zeit nicht ausgereicht hatte. Auch das Mädchen ging von Tür zu Tür und verteilte die Geschenke, die es für andere besorgt hatte. Als es schließlich wieder nach Hause kam, gab es Truthahn mit Cranberrys zum Mittagessen, anschließend einen Pflaumenpudding und Nüsse und Weintrauben und Orangen und noch mehr Süßigkeiten. Nach diesem Gelage brachen alle zu einem kleinen Spaziergang auf. Als das Mädchen zurück nach Hause kam, hatte es Magenschmerzen und weinte. Ihr Vater meinte, dass sich das Haus wieder einmal in ein Narrenparadies verwandelt hätte. Es gab nur ein leichtes Abendessen und alle gingen schließlich ziemlich verärgert sehr früh zu Bett.

An dieser Stelle knuffte Mildred ihren Vater erneut in den Rücken.

„Was ist denn? Ich hab das Wort Schweinchen nicht in den Mund genommen.“

„So wie du das erzählst, benehmen sie sich aber wie die Schweinchen.“

„Nun. Ja, sie benehmen sich so.“

„Das muss man in einer Geschichte nicht erwähnen.“

„Gut. Dann lass ich das ab jetzt weg.“

Der Vater begann erneut:

„Das kleine Mädchen schlief sehr schlecht und es schlief lange. Schließlich wurde es von den anderen Kinder wach gemacht, die um sein Bett herumtanzten, Socken in der Hand, die voller Geschenke waren.

„Was ist los?“, fragte das Mädchen, rieb sich die Augen und versuchte, sich im Bett aufzusetzen.

„Weihnachten! Weihnachten! Weihnachten“, riefen alle, und winkten mit ihren Socken.

„Unsinn! Gestern war doch schon Weihnachten.“

Seine Brüder und Schwestern lachten.

„Davon wissen wir nichts. Wie auch immer! Heute ist Weihnachten. Komm in die Bibliothek und überzeuge dich davon.“

„Dem kleinen Mädchen ging schließlich ein Licht auf: Die Fee hatte ihr Versprechen gehalten, und das Jahr voller Weihnachten hatte begonnen. Das Mädchen war totmüde, doch es sprang aus dem Bett wie eine Lerche – eine Lerche, die zu viel gegessen hat und die verärgert ins Bett gegangen war – und rannte so schnell es ging in die Bibliothek. Es war alles wie am Tag zuvor! Bücher und Mappen und Kästen mit Briefpapier und Brustnadeln -

„Du musst nicht nochmal alles aufzählen, Papa. Ich denke, ich kann mich noch daran erinnern, was es alles gab“, sagte Mildred.

„Gut. Also – der Weihnachtsbaum leuchtete und die Familie holte ihre Geschenke hervor, wobei alle ein wenig müde aussahen. Der Vater wirkte etwas verstört und die Mutter war kurz davor loszuheulen.

„Ich weiß nicht, wohin mit den ganzen Sachen“, sagte die Mutter des Mädchens und sein Vater meinte, dass er das Gefühl habe, das alles schon am Vortag erlebt zu haben, dass er aber wohl geträumt haben müsse. Das Mädchen fand, dass das der beste Scherz war, den sie seit langem gehört habe und aß so viele Süßigkeiten, dass es kein Frühstück mehr mochte. Dann verteilte es Geschenke in der Nachbarschaft und zum Mittagessen gab es Truthahn mit Cranberrys. Danach ging es spazieren und kam mit - “

„Papa!“

„Was ist denn jetzt schon wieder?“

„Was hast du versprochen, du vergessliches Etwas?“

„Oh – Ja – natürlich.“

„Am nächsten Tag ging alles von vorne los, nur, dass jeder noch etwas genervter war. Am Ende der Woche hatten so viele Menschen ihre gute Laune verloren, dass man die gute Laune aufsammeln konnte, so viel davon lag auf dem Boden herum. Und auch wenn die Leute versuchten, ihre gute Laune wiederzufinden, nahmen sie nicht selten die von jemandem anderen mit, was sie schließlich völlig durcheinanderbrachte.

Das kleine Mädchen bekam ein wenig Angst davor, das Geheimnis ganz alleine für sich zu behalten. Es wollte sich seiner Mutter anvertrauen, doch es traute sich nicht. Die Fee zu fragen, ob sie ihr Geschenk zurücknehmen wolle, davor schämte es sich. Das schien ihm undankbar und ungezogen zu sein. So musste es also versuchen, damit zurechtzukommen, auch wenn es nicht wusste, wie es das ein ganzes Jahr lang aushalten solle. So ging es also immer weiter. Auch an Ostern und Pfingsten war Weihnachten, so wie an jedem anderen Tag. Und auch der erste April wurde nicht ausgelassen, auch wenn an diesem Tag alles ein wenig unecht wirkte, was wenigstens eine kleine Erleichterung war.

Nach einer Weile wurden Kohlen und Kartoffeln äußerst knapp, da soviele davon in Seidenpapier gewickelt wurden um Väter und Mütter zu foppen. Truthähne kosteten bald etwa tausend Dollar das Stück.“

„Papa!“

„Was ist?“

„Du fängst an zu flunkern.“

„Du hast recht. Sie kosteten etwa zweitausend Dollar. Man begann sogar damit, alles Mögliche als Truthahn auszugeben und zu verkaufen. Singvögel und die sagenhaften Rochs aus 'Tausend und einer Nacht' - so rar waren mittlerweile echte Truthähne. Und die Cranberrys erst: Für Cranberrys verlangte man einen Diamanten pro Stück, so teuer waren sie geworden. Ganze Wälder und Obstgärten wurden abgeholzt um an Weihnachtsbäume zu kommen und da, wo früher Wälder und Obstgärten waren, sah es aus wie auf Stoppelfeldern. Überall nur Baumstümpfe.

Nach einer Weile stellte man Weihnachtsbäume nur noch aus Lumpen her, indem man diese mit Kleie ausstopfte, so wie man es früher mit Puppen gemacht hat. Nur gut, dass es so viele Lumpen gab, da die Leute vom Kaufen der Geschenke so arm geworden waren, dass sie sich keine neuen Kleider mehr leisten konnten und ihre alten so lange tragen mussten, bis sie ihnen in Fetzen vom Leib hingen. Die Menschen wurden so arm, das fast alle ins Armenhaus kamen, außer den Zuckerbäckern und den Inhabern von Spielzeuggeschäften und den Bilderbuchverkäufern und natürlich den Paketlieferanten. Sie alle wurden reich und eingebildet, so reich und eingebildet, dass sie keinerlei Rücksichten mehr auf Kunden zu nehmen brauchten. Es war absolut beschämend.

Nun. Nachdem es drei, vier Monate so gegangen war, brach das Mädchen jeden Morgen in Tränen aus, wann immer es ins Zimmer kam und die großen, hässlichen, völlig verlumpten Socken über dem Kamin hängen und die scheußlichen Geschenke überall herumstehen sah. Nach sechs Monaten war es vollkommen erschöpft. Es konnte nicht einmal mehr weinen. Das Mädchen lag nur noch auf dem Sofa, rollte mit den Augen und keuchte. Etwa Anfang Oktober begann es damit, Puppen, wo immer sie welche fand, als Sitzkissen zu benutzen – jede Art von Puppen, auch französische – so sehr hasste sie den Anblick von Puppen. Als das Erntedankfest nahte, drehte es schließlich völlig durch und schleuderte seine Weihnachtsgeschenke quer durch alle Räume.

Zu dieser Zeit gingen die Leute ohnehin nicht mehr besonders vorsichtig mit ihren Geschenken um. Sie warfen sie einfach über den Zaun, oder durch das Fenster oder wohin auch immer. Anstatt ihre Zungen zu bemühen oder sich die Arbeit zu machen 'Für den lieben Pappa' zu schreiben, oder 'Mama' oder 'Bruder' oder 'Schwester' oder 'Mildred' oder 'Sammie' oder 'Billie' oder 'Bobbie' oder 'Jimmie' oder 'Jennie,' um wen auch immer es sich handelte, anstatt die Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, die Namen richtig zu buchstabieren und sie dann zu singen, zusammen mit dem Weihnachtsgruß, anstatt das alles zu tun, schrieben sie einfach völling genervt in das Geschenkbuch: 'Nimm das, du hässliche alte Schachtel.

---ENDE DER LESEPROBE---