Der fünfte Beatle erzählt - Die Autobiografie - Brian Epstein - E-Book

Der fünfte Beatle erzählt - Die Autobiografie E-Book

Brian Epstein

4,8

Beschreibung

Über die Beatles ist viel geschrieben worden. Auch von Brian Epstein, dem legendären Entdecker, Manager und Förderer der Fab Four. Ende 1964, als die Beatles den ersten Höhepunkt Ihrer atemberaubenden Weltkarriere erreicht hatten, als sie die Beatlemania in die USA exportierten, mehrfach bei Ed Sullivan auftraten und die ersten 6 Plätze der amerikanischen Single-Charts belegten, da nahm Brian Epstein dies zum Anlass, um kurz innezuhalten und mit seinem Assistenten Derek Taylor möglichst viel zu dokumentieren. "Natürlich werde ich gefragt, wie es kommt, dass ich mitten in meinem geschäftigen Berufsleben, kaum dreißig Jahre alt, meine Autobiografie verfasse. Ich wollte einfach nur einen möglichst akkuraten Bericht schreiben über den Erfolgsweg der Beatles und anderer meiner Künstler, meine Sicht der Dinge. Schließlich wurde schon so viel erzählt, berichtet, erfunden oder inakkurat wiedergegeben, dass vieles falsch interpretiert werden kann. Ich möchte möglichst viele Details aufschreiben und hoffe natürlich, dass dies von öffentlichem Interesse ist."

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Aus dem Englischen von

Kirsten Borchardt

www.hannibal-verlag.de

Impressum

Der Autor: Brian Epstein

Deutsche Erstausgabe 2015

Titel der Originalausgabe:

„A Cellarful of Noise“

ISBN: 9780285640252

© 1964 by Brian Epstein

Robert Freeman, der Designer von John Lennon's In His Own Write, hat den Umschlag, das Cover und das fotografische Layout entworfen. Er hat ebenfalls die meisten der 33 bisher unveröffentlichten Fotos beigesteuert. Diese ergänzen hervorragend den Text und bieten erhellende Eindrücke der Stars und ihres außergewöhnlichen Managers auf dem phänomenalen Erfolgsweg.

Die Fotos aus dem Life Magazine stammen von Terence Spencer-Life Magazine © 1964 Time Inc.

Herzlichen Dank an den Daily Mail für die freundliche Genehmigung für den Abdruck des Flook-Cartoons.

Layout und Satz: Thomas Auer, www.buchsatz.com

Übersetzung: Kirsten Borchardt

Lektorat und Korrektorat: Hollow Skai

© 2015 by Hannibal

Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

www.hannibal-verlag.de

ISBN 978-3-85445-462-5

Auch als Hardcover erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-461-8

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Inhalt

Vorwort

Zum Geleit

Prolog

Kapitel 1

Beatles – U.S.A.

Kapitel 2

Frühe Jahre

Kapitel 3

Mühsal

Kapitel 4

Die Entdeckung

Kapitel 5

Nein!

Kapitel 6

Ja!

Kapitel 7

Aufwärts

Bildstrecke

Kapitel 8

Beatlemania

Kapitel 9

Die Jungs

Kapitel 10

Nems

Kapitel 11

Stress

Kapitel 12

Morgen

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Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses Buch ist eine echte Entdeckung: Die Autobiografie von Brian Epstein, dem legendären Manager der Beatles. Verfasst hat er es Ende des Jahres 1964, als die Beatles den ersten Höhepunkt ihrer atemberaubenden Weltkarriere erreicht hatten, als sie die Beatlemania in die USA exportierten, mehrfach bei Ed Sullivan in seiner legendären landesweiten TV-Musikshow auftraten und die ersten sechs Plätze der amerikanischen Single-Charts belegten.

Brian Epstein nahm dies zum Anlass, um kurz innezuhalten und gemeinsam mit seinem Assistenten Derek Taylor diese Erfolgs­geschichte zu dokumentieren. „Ich möchte möglichst viele Details aufschreiben und hoffe natürlich, dass dies von öffentlichem Interesse ist“, vermerkte er dazu bescheiden. Was für eine Frage: Selbstverständlich ist dies von öffentlichem Interesse! Und so liegt dieses Buch nun endlich in deutscher Übersetzung vor – 50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung bei dem Londoner Verlag Souvenir Books, wo es bis heute im englischen Original erscheint.

Gegründet wurde der Verlag 1951 von der Verlegerlegende Ernest Hecht, Jahrgang 1929, der 1939 mit einem Kindertransport aus der Tschechoslowakei nach England kam. Bis heute ist er Inhaber von Souvenir Press und Verleger von mehr als 500 lieferbaren Titeln. Darunter kleine Kostbarkeiten wie dieses Buch von Brian Epstein.

Im Original hat dieses autobiografische Buch den Titel „A Cellarful of Noise“ – was übersetzt so viel wie „ein Keller voller Lärm“ bedeutet –  in Anspielung auf den Cavern Club, wo Brian Epstein die Beatles erstmals live erlebte. Die Nachfrage nach der Single „My Bonnie“ hatte ihn neugierig gemacht, dazu – für den Inhaber eines Plattenladens in Liverpool obligatorisch – sein untrüglicher Instinkt für Hits angetrieben. Zuvor hatte die Liverpooler Musikzeitung Mersey Beat gemeldet, dass die Beatles einen Plattenvertrag bei der deutschen Polydor unterschrieben hätten. Als Begleitmusiker für Tony Sheridan hatten sie die Single „My Bonnie (Lies Over the Ocean)” mit der B-Seite „The Saints (When The Saints Go Marching In)“ mit dem Produzenten Bert Kaempfert aufgenommen. Die Single benennt als Interpreten Tony Sheridan and the Beat Brothers und verkaufte in Deutschland angeblich 100.000 Exemplare.

 Von der ersten Begegnung mit den Beatles erzählt Brian Epstein natürlich sehr ausführlich. Dazu auch die Geschichte, wie Ringo Starr den ersten Beatles-Drummer Pete Best ersetzte, und viele andere Details, die bislang wenig oder gar nicht bekannt sind. Natürlich geht es auch um die vielen anderen Stars, die er als Manager berühmt machte: Gerry & The Pacemakers, Billy J. Kramer & the Dakotas oder Cilla Black, um nur einige zu nennen. Aber Brian Epsteins Lebensgeschichte ist vor allem mit den Beatles verbunden, der erfolgreichsten und einflussreichsten Band des 20. Jahrhunderts.

Es ist ja allgemein bekannt, dass anfangs die Vermittlung eines Plattenvertrages für die Beatles – vorsichtig formuliert – keine leichte Aufgabe war. Es hagelte förmlich Absagen. Der Vertrag mit der deutschen Polydor endete am 24. Juni 1961. Am 18. Dezember 1961 erhielt Epstein eine Absage von Ron White von der EMI. Kein Interesse! Immerhin erhielt Epstein danach bei Decca einen Termin für Probeaufnahmen am 1. Januar 1962. Aber auch hier gab es anschließend eine Absage von ihrem Chef Dick Rowe. Weitere Absagen von Pye, Philips und Oriole folgten, doch der unermüdliche Brian Epstein versuchte es noch einmal bei der EMI. Für den 13. Februar 1962 wurde ein Treffen mit George Martin vereinbart, dem Label-Chef der EMI-Tochter Parlophone, und es kam zu einer Probeaufnahme am 6. Juni 1962. Endlich war es soweit: Parlophone bot den Beatles einen Plattenvertrag an, den sie natürlich ohne zu zögern unterschrieben.

An dieser Stelle empfiehlt sich ein Blick in die Autobiografie von George Martin („Es begann in der Abbey Road“, Hannibal Verlag, 2013), wo der geniale Produzent der Beatles seine Sicht der Zusammenarbeit mit Brian Epstein und den Beatles schildert, die erste Begegnung, kleine Anekdoten, auch Vertragsdetails. Mit Brian Epstein verstand er sich auf Anhieb sehr gut, vor allem die guten Manieren und die gepflegte Ausdrucksweise gefielen George Martin. Von den Beatles hatte er zunächst musikalisch keine sehr hohe Meinung, aber ihr Humor gefiel ihm, und das war immerhin schon mal eine gemeinsame Basis.

Die erste reguläre Aufnahmesession fand am 4. September 1962 statt, als die Single „Love Me Do“/„P.S. I Love You“ in den Abbey Road Studios entstand – der Rest ist Geschichte.

Epstein managte die Fab Four bis zu seinem Tod am 27. August 1967 und ebnete ihnen den Weg an die Weltspitze des Pop – aber was war sein Geheimnis? Wie gelang es ihm, vier Teddyboys aus Liverpool derartig berühmt zu machen? Das alles schildert Brian Epstein in diesem Buch. Dabei spricht er auch ganz offen über seine Schwächen und seine Fehler – schließlich war er kein ausgebuffter Profi, sondern zu Anfang in erster Linie ein begeisterter Fan, der alles daransetzte, die Musik, die er selbst liebte, einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Und als dann die Beatlemania ausbrach, war niemand näher dran als Epstein.

Leider endet diese Autobiografie im Oktober 1964, über die letzten drei Jahre im Leben von Brian Epstein haben wir von ihm selbst leider keinen Bericht. Es müssen sehr schwierige Jahre gewesen sein, Depressionen, Medikamente, auch eine gewisse Einsamkeit auf dem Gipfel des Ruhms. Hier sind wir auf Berichte anderer angewiesen. Hunter Davies, Kolumnist der Sunday Times, schloss 1966 einen Exklusiv-Vertrag mit den Beatles. Er arbeitete in der Folge achtzehn Monate lang mit ihnen gemeinsam an dieser einzigen von ihnen selbst autorisierten Biografie, die weltweit zum Bestseller wurde. Das Buch von Hunter Davies bleibt die einzige offizielle Version und zeichnet bis ins kleinste Detail die Welt nach, in der sich die Beatles damals bewegten(„The Beatles. Die einzige autorisierte Biografie“, Hannibal Verlag, 2011).

Immer wieder gab es Gerüchte über die angebliche Homosexualität von Brian Epstein. Es gab aber nie ein wirkliches Outing. Am ehesten deutet noch der Song „You’ve Got To Hide Your Love Away“ von John Lennon in diese Richtung. Lennon hat aber stets bestritten, mit Epstein ein Verhältnis gehabt zu haben.

Als Brian Epstein am 27. August 1967 in London an einer Überdosis Schlaftabletten starb, waren die Beatles gerade in Bangor (Wales), wohin sie Maharishi Mahesh Yogi gefolgt waren. Filmaufnahmen zeigen, wie fassungslos die Beatles die traurige Nachricht aufnahmen. Ohne Brian Epstein verloren sie nun den Halt, stürzten sich in wirtschaftliche Abenteuer und zerstritten sich darüber, wer nun das Management übernehmen solle. Es war ein Wendepunkt in der Geschichte der Beatles, der Anfang vom Ende.

Brian Epstein hatte die Beatles mit Beharrlichkeit und Ausdauer zum Gipfel geführt. Eine Erfolgsgeschichte ohne Beispiel. Dann aber wurde Epstein zu einer tragischen Figur.

Aber genug der Vorrede: Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre, verfasst von einem Zeitzeugen, der so nah dran war an der Beatlemania wie sonst niemand!

Eckhard Schwettmann, im September 2014

Beim Durchsehen der Druckfahnen wurde mir bewusst, dass man mich sicherlich fragen würde, wieso ich mir in meinem viel beschäftigten Leben die Zeit nahm, mit nicht einmal dreißig Jahren meine Autobiografie zu schreiben, anstatt mich um die Geschicke meiner Künstler zu kümmern, die ich unter Vertrag genommen habe. Wie bei jeder Frage dieser Art gibt es auch darauf nicht nur eine, sondern viele Antworten. Aber der Hauptgrund ist schlicht und einfach der, dass ich möglichst früh dokumentieren möchte, wie ich den Aufstieg der Beatles und anderer Künstler aus meinem Blickwinkel erlebte. Es wurde so viel übertrieben, ungenau oder überzogen dargestellt, und ich glaube, dass eine detaillierte Schilderung aus erster Hand durchaus hilfreich sein und zudem auf beträchtliches öffentliches Interesse stoßen könnte.

So oder so, mir hat das Schreiben Spaß gemacht, und manchmal denke ich: Genau das ist die Quelle eines jeden schöpferischen Prozesses, sei es nun ein Buch, eine Schallplatte oder ein Konzert.

Gestern Nacht kehrte ich von einem hektischen Zweiundsiebzig-Stunden-Trip aus New York zurück. Anschließend kümmerte ich mich um die letzten Details der anstehenden US-Tournee der Beatles und arrangierte für Gerry And The Pacemakers und Billy J. Kramer und seine Dakotas eine weitere für den Herbst. Und ich beschäftigte mich mit einem Unterfangen, das vielleicht zum bisher aufregendsten Schwerpunkt meiner Management-Karriere werden könnte, den Cabaret-Auftritten von Cilla Black in Washington und New York.

Natürlich kann es durchaus sein, dass mich jetzt, nachdem ich in diesem Buch so stolz von den vielen Erfolgen der Vergangenheit berichtet habe, mein Glück verlassen wird. Falls ja, dann wird es eben so sein. Dann würde ich trotzdem meine ganze Kraft darauf verwenden, dass die Karriere meiner Künstler weitergeht, solange sie möchten, dass ich für sie tätig bin.

An dieser Stelle möchte ich gern noch darauf hinweisen, dass dieses Buch nicht hätte geschrieben werden können ohne die Unterstützung der folgenden Menschen, bei denen ich mich hiermit herzlich bedanken möchte:

- meine Mutter, mein Vater und mein Bruder

- alle Künstler, die ich als Manager vertrete

- die jungen Menschen von der Merseyside.

Und zu guter Letzt gilt mein Dank Derek Taylor, dessen professionelle Erfahrung und Hilfe bei der Vorbereitung dieses Buches für mich unschätzbar wertvoll waren.

Brian Epstein,

Belgravia, London, im August 1964

Am 28. Oktober 1961, gegen drei Uhr nachmittags, betrat der achtzehnjährige Raymond Jones in Jeans und mit schwarzer Lederjacke einen Plattenladen am Whitechapel, einer Straße in Liverpool, und sagte: „Ich hätte gern eine Platte – sie heißt ‚My Bonnie‘ und wurde in Deutschland aufgenommen. Haben Sie die?“

Hinter dem Tresen stand Brian Epstein, 27, der Leiter der Filiale. Er schüttelte den Kopf.

„Von wem ist denn diese Platte?“, fragte er.

„Von denen haben Sie bestimmt noch nie was gehört“, sagte Jones. „Die Gruppe nennt sich The Beatles …“

Am 7. Februar 1964 eroberte eine Gruppe junger Musiker, die Noten weder lesen noch schreiben konnten, die Vereinigten Staaten von Amerika. Und da das Herz der Popmusik nun einmal in den USA schlägt, regierten die Beatles ab sofort die Welt des Pop.

Jetzt, im Mai dieses Jahres, haben sie sich zu einem weltweiten Phänomen entwickelt, wie man es noch nie erlebt hat und wohl auch nie wieder erleben wird. Wenn es je einen Wendepunkt in ihrer Karriere gab, ein besonderes Datum, das für ihre Entwicklung und ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung war, dann war es ganz sicher jener Tag, an dem ihr Pan-American-Clipper am John F. Kennedy Airport von New York aufsetzte und ihnen ein Empfang zuteil wurde, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte.

Welche Aufregung und Dramatik sich an diesem Tag abspielte und wie groß das Interesse an der Ankunft dieser vier langhaarigen Jungs auf amerikanischem Boden war, hatte niemand vorausahnen können – ich zumindest nicht, obwohl ich stets mit unerschütterlichem Optimismus an die Band geglaubt hatte.

Angefangen hatte der ganze Irrsinn an einem Abend Anfang Februar in Paris, als uns ein Telegramm aus New York erreichte, das die schlichte Nachricht übermittelte: „Beatles mit ‚I Want To Hold Your Hand‘ Nummer 1 der Cashbox Record Charts, New York“. Wir konnten es gar nicht glauben. Jahrelang hatten die Beatles wie alle anderen britischen Künstler mit einem leichten Anflug von Neid aus der Ferne auf die amerikanischen Charts geschielt. Die dortigen Hitlisten stellten etwas Unerreichbares dar. Nur Musiker aus dem eigenen Land fanden in den USA Berücksichtigung. Allerdings war mir damals schon klar: Wenn es je eine Platte geben würde, die sich in den USA verkaufen und den Beatles den Weg zum Erfolg ebnen konnte, dann war das „I Want To Hold Your Hand“.

Während der ganzen bisherigen Beatles-Karriere war es stets so gewesen, dass wir immer wieder eine neue Stufe der Erfolgsleiter erklommen hatten, die uns zuvor als größtes und höchstes Ziel erschienen war. Zuerst, 1962, war das der Plattenvertrag mit EMI. Das war damals für uns das Größte, was überhaupt geschehen konnte. Dann kam der Erfolg ihrer ersten Langspielplatte – der nächste Riesenschritt, bis sich herausstellte, dass das lediglich der Anfang war. Das folgende größte Ding war der Nummer-1-Erfolg von „Please Please Me“. Damals waren wir überzeugt, dass es überhaupt nichts Wichtigeres oder Dramatischeres oder Aufregenderes geben konnte, als Nummer 1 in den britischen Charts zu sein. Doch dann ging es immer weiter und weiter, und bei einer Band von der Qualität der Beatles war klar, dass es nicht nur weiter voran ging, sondern auch immer weiter nach oben. Der nächste Meilenstein, den wir erreichten, war der Auftritt bei Saturday Night At The London Palladium, einer Top-Fernsehshow in England.

Was sollte da noch kommen? Tja, im November 1963 wurden die Beatles eingeladen, bei der Royal Variety Show vor der Königinmutter zu spielen. Wieder ein neuer Höhepunkt …

Nachdem wir all das erreicht hatten, hätte man glauben können, dass es für die Band keine großen Ziele mehr geben konnte. Amerika erschien immer viel zu groß, zu endlos, zu weit entfernt und überhaupt zu amerikanisch. Als wir von dem Nummer-1-Hit bei Cashbox erfuhren, sagte ich zu John Lennon: „Ein größeres Ding als diese Nachricht kann es überhaupt nicht geben.“ Um dann eingedenk der bisherigen Geschehnisse zögernd hinzuzusetzen: „Oder?“

Ein Journalist, der in der Nähe saß und unserem Gespräch lauschte, so wie Journalisten das eben tun, sagte daraufhin: „Na ja, die Carnegie Hall wäre bestimmt ein ziemlich großes Ding.“ Und obwohl wir ja gerade erfahren hatten, dass wir im Begriff standen, uns in Amerika einen Namen zu machen, schüttelten wir die Köpfe: Die Carnegie Hall war ja nun wirklich die größte Konzertbühne der Welt, die noch dazu, soweit wir wussten, nur sehr selten ihre Tore für Popmusiker öffnete.

Aber am Mittwoch, dem 12. Februar 1964, spielten die Beatles als Headliner in dieser riesigen Halle. Ein paar Tage zuvor hatte ich aufgrund anderer Verpflichtungen sogar ein Angebot für einen Beatles-Auftritt im Madison Square Garden in New York ablehnen müssen, der uns mehrere tausend Pfund eingebracht hätte! Wir lebten in einem Zustand ständiger, irrwitziger Aufregung, die uns alle völlig aus der Bahn warf, nur die bodenständigen Beatles nicht, die alles mit großer Gelassenheit nahmen.

Die Operation USA begann für mich im November 1963. Die Beat­les haben mir schon immer gern alles überlassen, was mit Zeitplänen, Organisation, Zielvorgaben und Entwicklungen zu tun hat – zum einen, weil sie mir vertrauen, und zum anderen, weil sie wissen, dass ich sie immer fragen würde, wenn eine wichtige Entscheidung ansteht: Ich vertraue stark auf ihr unfehlbares Gespür und bin stets gespannt auf ihre Reaktionen.

Im November flog ich mit Billy J. Kramer, einem sehr erfolgreichen britischen Sänger, den ich in Liverpool unter Vertrag genommen hatte, nach New York. Zwar ging es bei dieser Reise in erster Linie darum, Billy zu promoten, aber ich wollte auch herausfinden, wieso die Beatles, die das Größte waren, was die britische Pop-Welt je gesehen hatte, in Amerika „nicht durchstarteten“.

Wie gesagt, ich hatte nicht erwartet, dass sie sofort als britische Antwort auf Frank Sinatra gehandelt werden würden, aber ich hatte doch gedacht, dass sie zumindest einen kleinen Eindruck auf dem amerikanischen Markt hinterlassen würden, schon allein wegen ihres unbestreitbaren Charmes und Talents. Schließlich weiß man in Amerika stets zu würdigen, wenn jemand etwas wirklich kann.

Der Trip mit Billy J. Kramer kostete mich zweitausend Pfund, weil ich ein extrem gutes Hotel buchte, und wir ließen es uns auch demonstrativ gut gehen, um den Amerikanern den Eindruck zu vermitteln, dass wir Leute von Einfluss und Bedeutung waren. Dabei waren wir zwei ganz normale Reisende – niemand kannte mich, und ich kannte auch niemanden, von drei Kontakten abgesehen, deren Namen in meinem Notizbuch standen.

Es war wie 1962 in London, und genau wie damals fing ich damit an, die einschlägigen Adressen abzuklappern und die Runde bei den Leuten vom Fernsehen und den Plattenfirmen zu machen. Während zu Hause in England die Beatles gerade richtig durchstarteten, wurde ich in Übersee bei dem Label Vee-Jay vorstellig [auf dem in den USA bereits die Single „Please Please Me“ und mit dem Album Introducing … The Beatles eine gekürzte Version der ersten offiziellen, gleichnamigen Beatles-LP erschienen war, Anm. d. Ü.].

Kurz zuvor hatten die Beatles-Auftritte im Palladium und bei der Royal Variety Show endlich das Interesse der britischen Presse geweckt, die nun zunehmend über ein Phänomen berichtete, das Beatlemania genannt wurde. Nun drangen die ersten Informationen darüber bis nach New York und wurden von den amerikanischen Medien aufgenommen. Nach dem, was ich hörte, stand es schon so gut wie fest, dass die nächste Beatles-Platte nun doch auf Capitol erscheinen würde, auch wenn die bisherigen Veröffentlichungen auf anderen Labels in den USA keinen Erfolg gehabt hatten.

Dennoch ging ich zu Vee-Jay, weil sie für den jungen Erfolgssänger Frank Ifield eine Menge getan hatten. Aber auch Ifield hatte es in den USA nur zu recht begrenzter Bekanntheit gebracht – und so ging es allen britischen Künstlern seit dem Zweiten Weltkrieg. In letzter Konsequenz hatten die Amerikaner an den britischen Popstars dann doch immer irgendetwas auszusetzen. Sie waren der Meinung: Die Briten mochten noch so gut sein, aber wenn sich ein Amerikaner richtig Mühe gab, dann würde er es immer besser machen können.

Bei meinen Recherchen in New York stellte ich fest, dass es ohne Frage einen typisch amerikanischen Sound gab, der dem Publikum hier zusagte. Wenn man ein gewisses Gespür für diese Dinge hat – und in aller Bescheidenheit glaube ich, das habe ich – dann merkt man so etwas. Einen britischen Hit erkenne ich alle Mal, und im November entwickelte ich ein Gefühl dafür, wie sich ein amerikanischer Hit anhören musste. Dieses ganz spezielle Feeling steckte in „I Want To Hold Your Hand“, da war ich mir sicher. Die Platte würde ganz bestimmt ein Erfolg in den USA werden, wenn vielleicht auch nur ein kleiner.

Aber dennoch sah ich mich bei anderen Firmen um, denn eines hatte ich gelernt: Verlass dich niemals auf nur eine Vertriebsmöglichkeit. Ich lernte Walter Hofer kennen, der seitdem als mein Anwalt in den USA fungiert, aber es geschah noch etwas anderes, was zumindest für den visuellen Durchbruch der Beatles noch entscheidender sein sollte: Ich traf mich mit Ed Sullivan.

Schon fast sofort nach meiner Ankunft in New York hatte sich Sullivans Sender CBS bei mir gemeldet, und wir konnten einen Termin vereinbaren. Tatsächlich kontaktierte mich noch am gleichen Tag ein führender britischer Promoter und bot mir an, die Beatles in der Ed Sullivan Show unterzubringen, aber das lehnte ich ab. Mir ist es lieber, solche Geschäfte direkt zu tätigen, ohne Mittelsmänner; eine Maxime, die sich bewährt hat.

Sullivan und ich trafen uns schließlich in seinem New Yorker Hotel, und ich lernte ihn als einen sehr zugänglichen, aufgeschlossenen Menschen kennen. Nach langer Diskussion einigten wir uns darauf, dass die Beatles in drei Ed Sullivan Shows auftreten sollten, und außerdem vereinbarten wir zwei Auftritte für Gerry And The Pacemakers. Es war der Beginn einer guten Geschäftsbeziehung, aber wir mögen uns auch privat.

Allerdings gab es bei den Deals mit Sullivan noch einige vertragliche Klippen, die wir umschiffen mussten, und es dauerte vier Tage, bis die Angelegenheit in trockenen Tüchern war. Ich bestand darauf, dass die Beatles in jeder der drei Shows als Topstars präsentiert werden sollten. Sullivan sah das nicht recht ein; er spürte zwar, dass die Band von einiger Bedeutung war oder es zumindest bald sein würde, aber dass sie das Größte auf der ganzen Welt sein sollte, das kaufte er mir doch nicht ab. Sein Produzent – inzwischen ein guter Freund von uns beiden – verriet mir später, dass er Sullivan gesagt hatte, eine Top-Platzierung sei „Blödsinn“. Schließlich sei es eine Ewigkeit her, dass eine Pop-Band in den USA wirklich große Erfolge gefeiert hatte, und eine englische schon mal gar nicht.

Aber irgendwie gelang es mir doch, mich durchzusetzen, und ich brachte die entsprechenden Verträge mit nach England.

Nach meiner Rückkehr berichtete ich den Beatles begeistert und aufgeregt von den neuen Entwicklungen. Sie freuten sich vor allem darüber, dass eine der gebuchten Shows im Deauville Hotel in Miami stattfinden sollte und sie daher sicher die Möglichkeit haben würden, ein paar Tage Sonne zu tanken. Tatsächlich waren zunächst ein paar freie Tage in Florida geplant, aber bei ihrer Ankunft in den USA kamen die Dinge dermaßen in Fahrt, dass ich kurzfristig doch noch einem Konzert in der Carnegie Hall und einem weiteren in einer großen Halle in Washington zustimmte, und so fiel der geplante Urlaub am Ende recht kurz aus.

Am 7. Februar landeten die Beatles am Kennedy International Airport, und zehntausend Fans bereiteten ihnen einen sensationellen Empfang.

Während wir darauf warteten, dass die übrigen Fluggäste die Maschine verließen und die vier Beatles das erste Mal einen Fuß auf amerikanischen Boden setzten, brach diese unglaubliche Menschenmenge in wildes Kreischen und Applaudieren aus. Es schien, als sei das ganze Flughafengebäude voller Menschen, und es war einer der aufregendsten und erinnerungswürdigsten Augenblicke in meinem ganzen Leben. Nie zuvor hatte ich irgendwo auf der Welt so viele Fotografen aufgereiht warten sehen, und auch seitdem nicht wieder, außer vielleicht an dem Tag, als die Beatles von der Amerika-Tournee nach England zurückkehrten.

Doch nun folgten uns die Menschenaufläufe, wilde Demonstrationen und dieser phantastische Fan-Gesang „We love you Beatles“ von New York nach Washington. Vor dem Plaza Hotel in New York wogte ein Meer aus Gesichtern. Jede Minute riefen amerikanische DJs an, und die Beatles standen vor Begeisterung und Verblüffung völlig neben sich. Ich hatte eine Suite im zwölften Stock gebucht, und mir schien, als sei der ganze Raum schon in dem Augenblick, da ich eintrat, voller Menschen, die verkaufen und kaufen und mit mir und meinen Beatles Geschäfte machen wollten.

Das war das erste Mal, dass ich diesen telefonischen Ansturm erlebte, der inzwischen in jedem Hotel, in das ich einchecke, Usus ist, wenn ich mit den Beatles unterwegs bin.

Nachdem das Radiointeresse an den Beatles in den USA schon völlig hysterisch und dem Alter der jeweiligen Moderatoren gar nicht recht angemessen schien, verhielt es sich mit der Presse nicht viel anders. In seriösen Zeitungen und Magazinen wurden seitenlange Artikel gedruckt, und Starautoren machten sich daran, den Impuls hinter dem enormen Beatles-Erfolgs genauestens zu erforschen. In der Saturday Evening Post schrieb Vance Packard: „Die Beatles geben sich wohl beraten von Mr. Epstein alle Mühe, die unterbewussten Bedürfnisse von Teenagern anzusprechen. Durch ihr neues Styling sind sie nun keine rauen Burschen mehr, sondern liebenswerte, beinahe knuddelige Kerlchen. Mit ihren kragenlosen Jacken und dem jungenhaften Lächeln ist es ihnen gelungen, in vielen heranwachsenden Mädchen mütterliche Instinkte zu wecken.

Das unterbewusste Bedürfnis, das sie so geschickt bedienen, liegt darin, den heranwachsenden Mädchen einen Weg aus der Realität zu zeigen. In der Dunkelheit im Publikum können sie auf ganz primitive Weise alle Hemmungen ablegen, wenn die Beatles auf der Bühne ihre Musik entfesseln. Sie können sich lösen von der Vernunft und Individualität. Dann greift die Pathologie des Mobs um sich, und für einen Augenblick sehen sich die jungen Frauen von den einengenden Konventionen der Zivilisation befreit.

Die Beatles haben ein besonders Geschick darin entwickelt, den jungen Mädchen diese Fluchtmöglichkeit zu eröffnen. Ihre entspannte, selbstsichere Art, ihr wildes Auftreten, ihr Schreien und Herumspringen und der elektrisch verstärkte Rock’n’Roll, der pulsierend in die Dunkelheit hinausdringt, all das bringt die Mädchen dazu, ebenfalls herumspringen und schreien zu wollen. Die etwas Empfindsameren fallen schnell in Ohnmacht oder verfallen in hysterische Zuckungen. (Ein Grund dafür, weshalb die totalitären Führer Russlands nichts von Rock’n’Roll und Jazz halten, liegt darin, dass diese Musikformen den Menschen eine Möglichkeit bieten, für einen kurzen Augenblick alle Kontrolle fahren zu lassen.)“