DER GOLEM - Gustav Meyrink - E-Book

DER GOLEM E-Book

Gustav Meyrink

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Beschreibung

In "Der Golem" entführt Gustav Meyrink seine Leser in die mysteriöse Unterwelt Prags, wo die legendäre Kreatur des Golems, aus Lehm erschaffen und mit magischen Kräften versehen, das zentrale Motiv bildet. Der Roman verbindet Elemente des Phantastischen mit tiefgründigen symbolischen Fragestellungen zur menschlichen Existenz und Spiritualität. Meyrinks Meisterschaft liegt in der Verbindung von esoterischem Wissen, jüdischer Mystik und psychologischer Tiefenforschung, was den Leser sowohl emotional als auch intellektuell anspricht. Sein literarischer Stil ist geprägt von einer dichten, atmosphärischen Sprache, die die unheimliche und zugleich faszinierende Atmosphäre der Stadt und ihrer Legenden einfängt. Gustav Meyrink, ein österreichischer Schriftsteller aus dem frühen 20. Jahrhundert, war stark von Jugendstill- und okkulten Einflüssen geprägt. Sein Interesse für die Kabbala und das Mystische spiegelt sich in seinen Werken wider. Er selbst lebte in einer Zeit des Wandels und der Unsicherheit, was seine Geschichten von der Suche nach Identität und dem Übernatürlichen geprägt hat. Der Golem ist nicht nur eine literarische Erzählung, sondern auch ein Medium, durch das Meyrink seine eigenen Einsichten und Philosophien über das Menschsein und die Verbindung zur Transzendenz vermittelt. Lesern dieser eindrucksvollen Erzählung wird eine packende Reise in die Tiefen ihrer eigenen Existenz geboten. Die Auseinandersetzung mit dem Golem als Symbol für die gestohlene Menschlichkeit und die Macht des Schöpfens regt zum Nachdenken an über die Zusammenhänge von Macht und Ohnmacht in unserer Welt. "Der Golem" ist ein unverzichtbares Werk für alle, die sich für die Grenzen zwischen Realität und Phantasie interessieren und sich von einer eindringlichen Erzählung mitreißen lassen möchten. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor. - Interaktive Fußnoten erklären ungewöhnliche Referenzen, historische Anspielungen und veraltete Ausdrücke für eine mühelose, besser informierte Lektüre.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Gustav Meyrink

DER GOLEM

Bereicherte Ausgabe. Ein metaphysischer Roman
In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen
Bearbeitet und veröffentlicht von Good Press, 2023
EAN 8596547675884

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Synopsis
Historischer Kontext
DER GOLEM
Analyse
Reflexion
Unvergessliche Zitate
Notizen

Einführung

Inhaltsverzeichnis

Zwischen Mythos und Großstadtwirklichkeit tastet Der Golem nach jenem schattenhaften Punkt, an dem aus kollektiven Geschichten ein persönliches Leben hervortritt, sich verdoppelt und wieder entgleitet, während die Gassen Prags wie ein Bewusstseinslabyrinth aus Spiegeln, Namen und Masken erscheinen, in dem die Gestalt des Golems weniger als staubige Legende denn als drängende Möglichkeit der Gegenwart umgeht: eine unheimliche Verdichtung von Angst, Begehren und Erinnerung, die die Frage stellt, ob wir unsere Identität formen oder ob sie uns – wie ein aus Lehm geformtes Gefäß – von fremden Händen zugedacht wird und wessen Verantwortung daraus erwächst.

Der 1915 erstmals als Roman veröffentlichte Der Golem von Gustav Meyrink gehört zur phantastischen Literatur der Moderne und verknüpft Elemente des Schauer- und Großstadtromans mit esoterischen Motiven. Schauplatz ist das alte Prager Judenviertel, dessen verwinkelte Topographie zur Bühne einer suggestiven Innenwelt wird. Meyrink greift die bekannte Prager Golem-Sage auf, ohne sie schlicht nachzuerzählen: Die Legende dient als Resonanzraum, in dem das Alltägliche unversehens ins Unheimliche kippt. Entstanden in einer Epoche rasanter Umbrüche, spiegelt das Buch die Spannungen einer Zeit, die Tradition und Moderne, Körper und Geist, Rationalität und Vision in ein unstetes Gleichgewicht zu bringen versucht.

Zu Beginn tritt eine vereinzelte Figur in den Fokus, deren Wahrnehmung von der Atmosphäre des Viertels auf geheimnisvolle Weise angezogen und zugleich beunruhigt wird. Ein unscheinbarer Anlass – kaum mehr als eine Irritation des Alltags – öffnet eine Tür zu nächtlichen Wegen, merkwürdigen Bekanntschaften und der beharrlichen Ahnung, beobachtet zu werden. Der Roman entfaltet sich überwiegend in einer eindringlichen Innenperspektive, deren Bewegungen zwischen Traumzustand und wacher Analyse oszillieren. Das Leseerlebnis ist entsprechend schwebend: Man folgt einer Stimme, die präzise registriert, metaphorisch überhöht, skeptisch befragt und doch nie vollständig durchschaut, was sich formiert, wenn das Legendäre ins Konkrete rückt.

Meyrinks Stil verbindet detailreiche Milieuschilderung mit einem dichten Netz aus Symbolen, Farben und wiederkehrenden Motiven. Die Sätze changieren zwischen spröder Sachlichkeit und trancehafter Bildkraft, wodurch jeder Raum – Treppenhäuser, Werkstätten, Höfe – wie eine seelische Station wirkt. Zeit wirkt elastisch; Erinnerungsfetzen und Visionen schieben sich ineinander, sodass das Erzählte fortwährend seinen Aggregatzustand wechselt. Diese Poetik des Übergangs erzeugt eine eigentümliche Spannung: Nichts ist bloß Dekor, alles deutet auf verborgene Ordnungen. Zugleich bleibt der Ton beherrscht, zuweilen ironisch unterkühlt, damit das Phantastische nicht entgleist, sondern wie aus der Oberfläche des Banalen hervortritt.

Zentrale Themen kreisen um Identität und Entfremdung, um die Macht von Namen, um Spiegelungen und Doppelgänger, um Schuld und die Möglichkeit innerer Wandlung. Der Golem erscheint dabei weniger als Monster denn als Chiffre: für das, was Menschen in Systemen der Kontrolle, in Traditionen oder Beziehungen aus sich machen lassen – und wogegen sie sich behaupten. Ebenso stark ist die Dimension des Kollektiven: Gerüchte, Rituale, Erinnerungen einer Gemeinschaft prägen die Einzelnen, während Angst und Sehnsucht das soziale Gefüge durchziehen. So verhandelt der Roman ethische Fragen der Selbstbestimmung, die im Dickicht aus Symbolen und Alltagsszenen konkrete Dringlichkeit gewinnen.

Die Wahl Prags als Schauplatz ist dabei mehr als pittoresker Hintergrund. Die Stadt erscheint als palimpsestartige Textur, in der Sprachen, Religionen und Epochen übereinanderliegen und sich gegenseitig lesbar machen. Gerade das Judenviertel wird zur Metapher für Räume, die zugleich bewahrt und ausradiert werden, in denen Zugehörigkeit und Fremdheit ineinander verschoben sind. Meyrink interessiert die energetische Spannung solcher Grenzzonen: Wo Ordnungen wanken, wird das Unheimliche sichtbar – nicht als bloßer Schrecken, sondern als Anstoß zur Erkenntnis. Diese Verortung schärft den Blick für historische Brüche, ohne in dokumentarische Nüchternheit abzugleiten; das Symbolische bleibt stets ans Konkrete gebunden.

Für heutige Leserinnen und Leser bleibt Der Golem deshalb relevant, weil der Roman die Unsicherheit moderner Selbstbilder und die Wirkmacht kollektiver Erzählungen erkundet. In Zeiten, in denen Identität verhandelbar erscheint, Bilder zirkulieren und soziale Räume sich beständig neu konfigurieren, wirkt Meyrinks Studie der Verwandlungen bemerkenswert zeitgemäß. Die Figur des erschaffenen Wesens evoziert Fragen nach Verantwortung gegenüber dem, was Menschen hervorbringen – seien es Institutionen, Technologien oder Narrative. Zugleich erinnert das Buch daran, wie eng Angst und Imagination verknüpft sind, und lädt dazu ein, die eigene Wahrnehmung zu schulen: aufmerksam, skeptisch und offen für Ambivalenzen.

Synopsis

Inhaltsverzeichnis

Der Golem von Gustav Meyrink, als Roman im frühen 20. Jahrhundert erschienen, führt in das enge, vielstimmige Prag der Judenstadt und begleitet den Ich-Erzähler Athanasius Pernath, einen Steinschneider mit brüchiger Erinnerung. Gleich zu Beginn gerät er durch eine rätselhafte Begegnung aus der Bahn: Etwas Vertrautes wirkt unerreichbar fern, als sei sein Leben bereits einmal gelebt worden. Diese Verunsicherung öffnet den Blick auf ein Viertel, das von Aberglauben, sozialem Druck und metaphysischen Fragen durchdrungen ist. Meyrink entfaltet daraus eine atmosphärisch dichte Ausgangslage, in der Wahrnehmung, Träumen und Gerücht ununterscheidbar werden und eine unterschwellige Bedrohung die Alltagsvorgänge begleitet.

Über allem schwebt die Gestalt des Golems, die in Prags Ghetto als wiederkehrende Erscheinung umläuft. Nicht als bloßes Monstrum, sondern als unheimliches Echo der Bewohner, als Verdichtung ihrer Ängste, Schuldgefühle und Wünsche, dringt er in Gespräche, Flure und Träume. Berichte über nächtliche Sichtungen, verschlossene Türen und ein stummes Gesicht in der Menge mehren sich, ohne verlässliche Bestätigung zu liefern. So entsteht eine Spirale der Erwartung: Ist der Golem eine materielle Gefahr, ein Symbol kollektiver Erinnerung oder ein Spiegel geheimer Lebenswenden der Figuren? Die offene Deutung hält die Spannung und treibt die Handlung unterschwellig voran.

Im Zentrum der personalen Verflechtungen steht Pernaths Suche nach Orientierung. Begegnungen mit dem gelehrten Hillel, der für stille Klarheit und geistige Disziplin einsteht, und mit dessen Tochter Miriam, die Ruhe und Güte ausstrahlt, lenken den Blick auf Fragen von Verantwortung, innerer Wahrheit und Erwachen. Gespräche über Schuld, Wiedergeburt und die Macht des Namens geben dem Geschehen eine kontemplative Tiefe, ohne den Realitätsbezug zu verlieren. Pernath tastet sich an ein Selbstverständnis heran, das mehr ist als Erinnerung: eine Haltung, die das Zerstreute bündelt. Diese leise, ethische Spur bildet ein Gegengewicht zur Unruhe im Viertel.

Gleichzeitig verschärfen soziale Konflikte das Geschehen. Der gefürchtete Trödler Wassertrum verkörpert Erpressung, Ausbeutung und das Gift der Gerüchtewirtschaft, während der mittellose Student Charousek einen kühlen Plan der Gegenwehr verfolgt. Ihr Gegenspiel macht das Viertel zur Bühne eines Kampfes zwischen Ohnmacht und Rache, in dem die Grenzen zwischen Gerechtigkeit und Vergeltung verwischen. Die Motive Einzelner verflechten sich mit dem Klima der Stadt: Misstrauen, Neid und materielle Not beschleunigen die Eskalation. Für Pernath bedeutet dies, zwischen Loyalitäten, moralischen Skrupeln und der Suche nach innerer Rechtschaffenheit zu wählen, ohne zu wissen, welche Konsequenzen sein Zögern oder Handeln haben wird.

Zwischen diesen Polen arbeitet Meyrink mit Spiegelungen, Doppelgängern und Geschichten in der Geschichte. Der Puppenspieler Zwakh, der schaurige und komische Episoden vorträgt, lässt Fabel und Wirklichkeit ineinanderfallen und schärft das Gefühl, dass jeder Mythos eine verborgene Wahrheit birgt. Träume, zufällige Begegnungen und rätselhafte Gegenstände knüpfen Fäden, die erst im Nachhall Bedeutung gewinnen. Sichtungen des Golems verdichten sich zum Motiv eines lebendigen Labyrinths: Gassen, Treppen, Hinterhöfe wirken wie ein Organismus, der die Figuren leitet und verschluckt. Die Atmosphäre wird dichter, das Tempo unmerklich schneller, die Wirkung zugleich suggestiv und schwer zu fassen.

Ein krisenhafter Einschnitt rückt die latenten Spannungen ins grelle Licht: Ein schwerwiegendes Vergehen erschüttert das Viertel, Verdächtigungen und polizeiliche Maßnahmen setzen eine Kettenreaktion in Gang. Für Pernath wird der äußere Druck zur inneren Prüfung. Er ist gezwungen, Bruchstücke seiner Vergangenheit, seine Neigungen und seine Schuldvorstellungen zusammenzusehen. Mystische Motive – etwa die Wirkkraft von Schrift und Namensmagie – erhalten eine existentielle Färbung: Erkenntnis verlangt Entscheidung. Zugleich bleibt das Rätselhafte bestehen. Ob der Golem Täter, Zeuge oder bloße Projektionsfläche ist, wird nicht eindeutig geklärt, doch die Konstellation stößt eine folgenschwere Wendung an.

Im Ausklang legt Meyrink weniger eine Lösung als eine Haltung nahe. Der Roman schichtet soziale Milieustudie, Kriminalhandlung und esoterische Parabel zu einer Vision von Identität, die als Wandel, Erinnerung und Verantwortung zugleich erscheint. Entscheidend ist nicht, ob das Übernatürliche objektiv existiert, sondern wie es Handlungen färbt und Gewissen weckt. Der Golem wirkt als Bild für das Gedächtnis einer Gemeinschaft, das Verdrängtes wiederkehrt und zum Umdenken treibt. So verbindet Der Golem Schauermotiv, Großstadtstimmung und geistige Suche zu einer nachhaltigen Erfahrung, deren Nachhall weniger im Rätsel, als im neu gewonnenen Blick auf das eigene Handeln liegt.

Historischer Kontext

Inhaltsverzeichnis

Der Golem, 1915 im Leipziger Kurt Wolff Verlag erstveröffentlicht, entstand im Umfeld der späten Habsburgermonarchie. Ort der Handlung ist Prag, insbesondere die historische Judenstadt (Josefov), damals Teil von Cisleithanien im Vielvölkerreich Österreich-Ungarn. Prägende Institutionen bestimmten den Alltag: die kaiserlich-königliche Verwaltung mit Polizei und Gerichten, die städtische Kommunalpolitik, sowie religiöse Einrichtungen wie die Altneuschul und jüdische Gemeindestrukturen. Zeitgleich wirkten deutschsprachige Bildungs- und Verlagseinrichtungen, die eine zentrale Rolle für die Literatur der Region spielten. Dieses institutionelle Gefüge zwischen imperialer Bürokratie, städtischer Modernisierung und religiöser Überlieferung bildet den unmittelbaren historischen Rahmen, vor dem Meyrinks Roman seine Atmosphäre entfaltet.

Zwischen 1893 und 1913 wurde Josefov im Zuge einer großangelegten Assanierung fast vollständig abgerissen und neu geordnet. Enge Gassen und mittelalterliche Häuser wichen breiten Magistralen wie der Pařížská-Straße, hygienischen Auflagen und repräsentativen Fassaden. Die Sanierung folgte europäischen Mustern der Stadterneuerung nach Pariser Vorbild und veränderte die Topografie Prags grundlegend. Zeitgenössische Presse und Stadtpläne dokumentieren den Verlust eines ganzen historischen Quartiers. Meyrinks Roman greift die Erinnerung an das vormoderne, labyrinthische Ghetto auf, dessen reale Schauplätze um 1900 bereits rasch verschwanden. Diese städtebauliche Zäsur erklärt die besondere Dichte von Motiven, die Vergänglichkeit, Umbruch und das Nachhallen verdrängter Räume betonen.

Prag war um 1900 eine mehrsprachige Stadt mit tiefen Spannungen zwischen deutsch- und tschechischsprachigen Bevölkerungsgruppen. Verwaltung und Justiz orientierten sich an der Habsburger Gesetzgebung; Sprachregelungen wie die Badeni-Verordnungen von 1897 lösten im Kronland Böhmen Proteste, Streiks und Straßenunruhen aus. Vereine, Zeitungen und Schulen wurden entlang nationaler Linien organisiert, was die Alltagskultur prägte. Diese Konfliktlage schuf ein Bewusstsein permanenter Zugehörigkeitsprüfungen, das sich in vielen deutschsprachigen Prager Werken jener Jahre spiegelt. Vor diesem Hintergrund erscheinen Themen wie Unsicherheit der Identität, soziale Kontrolle und labile Öffentlichkeit nicht als Einzelmotive, sondern als Ausdruck einer durch Nationalitätenpolitik belasteten urbanen Moderne.

Seit 1867 waren Juden in Cisleithanien rechtlich emanzipiert und beteiligten sich sichtbar am Wirtschafts-, Bildungs- und Kulturleben. Zugleich bestanden antisemitische Kampagnen fort. Regionale Kulmination fand dies in der Hilsner-Affäre (1899–1900) in Böhmen, einem Justizfall, der von Blutbeschuldigungen begleitet wurde und breite Öffentlichkeit erreichte; Tomáš G. Masaryk trat als Verteidiger rechtsstaatlicher Prinzipien hervor. Auch europaweit wirkten Debatten wie die Dreyfus-Affäre nach. In Prag überlagerten sich Assimilation, religiöse Tradition und gesellschaftlicher Druck. Meyrinks Roman nutzt diese geschichtliche Konstellation, indem er Atmosphären der Bedrängnis und des Argwohns aufruft, ohne auf dokumentarische Darstellung realer Prozesse angewiesen zu sein.

Die Prager Golem-Legende ist mit dem Gelehrten Judah Loew ben Bezalel (Maharal, gestorben 1609) verbunden, dessen Wirken historisch belegt ist; die spezifische Erzählung von einer erschaffenen Figur entstand jedoch in späteren Überlieferungen. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert verbreiteten Sammlungen und Nacherzählungen die Sage europaweit. Ein wichtiger Popularisierungsschub erfolgte 1909 durch die Veröffentlichung der Golem-Geschichten bei Juda (Judl) Rosenberg. Orte wie die Altneuschul oder der alte jüdische Friedhof wurden zu Fixpunkten des Mythos. Meyrinks Roman knüpft an diese überlieferten Motive an und verankert sie in einem realen, historisch gewachsenen Stadtraum.

Um 1910–1920 prägten Expressionismus, Symbolismus und eine Krisensemantik der Moderne die deutschsprachige Literatur. Zeitschriften wie Der Sturm, Die Aktion und Die Weißen Blätter dienten als Foren, während Verlage wie der Kurt Wolff Verlag in Leipzig Autoren der Avantgarde publizierten. 1915 erschien Der Golem bei Kurt Wolff und wurde während des Ersten Weltkriegs rasch zu einem vielgelesenen Titel. Das Buch traf auf ein Publikum, das in Kriegszeiten nach Werken suchte, die existentielle Verunsicherung, Großstadterfahrung und geistige Suche artikulierten. In Prag gehörte Meyrink zu jener deutschsprachigen Literaturlandschaft, in der auch Franz Kafka, Max Brod und Franz Werfel wirkten.

Das Fin de Siècle verband neue Wissensfelder mit populären Strömungen: Sigmund Freuds Die Traumdeutung (1900) lenkte Aufmerksamkeit auf das Unbewusste; Psychiatrie, Hypnose und Somnambulismus wurden breit diskutiert. Parallel florierten Okkultismus, Spiritismus und Theosophie im deutschsprachigen Raum; Rudolf Steiner profilierte ab 1912 die Anthroposophie. Meyrink ist biografisch für sein Interesse an Esoterik, Kabbala und fernöstlichen Lehren dokumentiert, was zeitgenössische Lesarten seines Werks prägte. Der Roman arbeitet mit Bewusstseinszuständen und Grenzerfahrungen, ohne den Rahmen dokumentierter Diskurse zu verlassen, die damals in wissenschaftlichen und populären Medien präsent waren.

Nach 1915 wurde die Golem-Figur auch in anderen Medien präsent, besonders im expressionistischen Film: Paul Wegeners Der Golem, wie er in die Welt kam (1920) etablierte eine ikonische Bildsprache, wenn auch unabhängig von Meyrinks Handlung. Als zeitgenössisches Werk bündelt Der Golem zentrale Spannungen seiner Epoche: Modernisierung und Verlust, nationale Konkurrenz und Minderheitenerfahrungen, Rationalisierung und anhaltender Mythos. In diesem Sinne kommentiert der Roman die spätkaiserliche und kriegszeitliche Mitteleuropa-Erfahrung, indem er historische Räume, populäre Legenden und aktuelle Diskurse so verschränkt, dass die Verwerfungen einer zerklüfteten Moderne sichtbar werden, ohne auf konkrete Zeitgeschichte reduziert zu werden.

DER GOLEM

Hauptinhaltsverzeichnis
Schlaf
Tag
ATHANASIUS PERNATH.
Prag
Punsch
Nacht
Wach
Schnee
Spuk
Licht
Not
Angst
Trieb
Weib
List
Qual
Mai
Mond
Frei
Schluß