Der Harzwald - Ein Ökosystem stellt sich vor - Bernd Sternal - E-Book

Der Harzwald - Ein Ökosystem stellt sich vor E-Book

Bernd Sternal

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Beschreibung

Der Wald ist wohl das Ökosystem auf unserem Planeten, das Klima, Wetter und Natur am stärksten beeinflusst. Daher sollten wir den Wald schätzen, achten und vor allem erhalten. Wir kommen in unserem Leben nicht ohne Holz aus, und das wird uns von den Waldbäumen geliefert. Dennoch sollten wir mit dem Holz und somit auch den Bäumen und dem Wald pfleglicher und nachhaltiger als bisher umgehen. Denn Wald ist nur im Gesamtkontext zu sehen: Wird ein Waldstück gerodet, so sterben nicht nur die Bäume: Auch das Leben vieler Pflanzen, Tiere und Pilze wird vernichtet. Viele der ökologischen Zusammenhänge im Wald sind uns nur ansatzweise bekannt. Wir können jedoch davon ausgehen, dass jedes einzelne Lebewesen in der Natur seine Daseinsberechtigung hat und zudem seinen ganz speziellen Zweck erfüllt, auch wen wir diesen noch nicht erkannt haben sollen. Meine Ausführungen in diesem Buch sollten dazu beitragen, den Wald als Ökosystem etwas besser zu verstehen und ihn mehr zu schätzen, wie wir es derzeit tun. Im Buch finden Sie 32 farbige und 6 schwarz-weiße Zeichnungen, 39 farbige und 10 schwarz-weiße Fotos, 3 Karten sowie 33 weitere Abbildungen zu den einzelnen Themen.

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Seitenzahl: 205

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Inhalt

Vorwort

1.

Die Waldgeschichte des Harzes nach der letzten Kaltzeit

2.

Der Beginn des Untergangs des Harzer Urwalds

3.

Waldschäden durch Reparationsleistungen

4.

Waldschäden durch ein falsches Forstwirtschaftsverständnis

5.

Was den Wald von der Feldflur unterscheidet

6.

Wie alt können Bäume werden?

7.

CO

2

, der Wald und die zahlreichen Missverständnisse und Fehlinformationen

8.

Wald – der beste CO

2

Speicher, der denkbar ist

9.

Symbiose – ungleiche Partner gehen eine Lebensgemeinschaft ein

10.

Die Kommunikation im Wald und die Abwehrsysteme der Bäume

11.

Mastjahre und was dahintersteckt

12.

Wie ein gesunder Baum aussehen sollte

13.

Wasser, das Lebenselixier

14.

Unsere heimischen Bäume

14.1. Die Gemeine Fichte

a.

Die Zukunft der Fichte im Harzwald

b.

Warum es die Fichten im Harz schwer haben

c.

Die Fichte und der Borkenkäfer

d.

Das große Fichtensterben

14.2. Die Gemeine Kiefer

14.3. Die Europäische Lärche

14.4. Die Europäische Eibe

14.5. Die Silbertanne

14.6. Die Rotbuche

14.7. Die Hainbuche

14.8. Die Eiche

14.9. Der Ahorn

a.

Der Spitz-Ahorn

b.

Der Berg-Ahorn

14.10. Die Birke

14.11. Die Hasel

14.12. Die Gemeine Esche

14.13. Der Speierling

14.14. Die Linde

14.15. Die Gewöhnliche Rosskastanie

14.16. Die Weide

14.17. Die Eberesche

15.

Die Gliederfüßer des Waldes

15.1. Waldameisen

15.2. Hornmilben

15.3. Käfer

a.

Rüsselkäfer

b.

Buntkäfer

c.

Prachtkäfer

d.

Hirschkäfer

e.

Bockkäfer

15.4. Springschwänze

15.5. Asseln

15.6. Ringelwürmer und Gürtelwürmer

15.7. Schmetterlinge

a.

Das Waldbrettspiel

b.

Der Kaisermantel

16.

Weitere Insekten, die als Kerfe des Waldes bekannt sind

17.

Bodenbakterien

18.

Von Pilzen und Bäumen

18.1. Der Scheierling

18.2. Der Täubling

18.3. Der Ritterling

18.4. Der Milchling

18.5. Der Schneckling

18.6. Der Wulstling

18.7. Der Pfifferling

18.8. Die Hallimasche

18.9. Der Röhrling

18.9.1. Dickröhrlingsverwandte

a.

Der Steinpilz

b.

Der Gemeine Gallenröhrling

c.

Der Birkenpilz

d.

Die Rotkappe

e.

Der Maronen-Röhrling

f.

Das Rotfüßchen

g.

Die Ziegenlippe

18.9.2. Schmierröhrlingsverwandte

a.

Der Goldröhrling

19.

Weitere Pilzbesonderheiten

20.

Die Säugetiere im Harz

21.

Die Vögel im Harz

22.

Reptilien und Amphibien im Harz

23.

Auch im Wald findet Einwanderung statt

24.

Von Wetter und Klima

25.

Holz – ein Wirtschaftsfaktor

26.

Naturhistorische Ereignisse

Literaturverzeichnis

Bildnachweis

Vorwort

Wir leben in einer Zeit, in der Klima-, Umwelt- und Naturschutzthemen ein breites Feld der politischen und öffentlichen Diskussion einnehmen und das völlig zu Recht. Die Klimaerwärmung spüren wir tagtäglich und auch die Umwelt- und Natursünden der Menschen sind nicht zu übersehen. Leider wird in diesem Umfeld nicht immer faktenbasiert und wissenschaftlich fundiert argumentiert, sondern oftmals äußerst ideologisch.

Klimaschutz-, Umweltschutz- und Naturschutzverbände sowie grüne politische Kräfte ideologisieren dieses Thema stark, verpassen dabei jedoch oftmals viele Menschen mitzunehmen. Diese Situation bringt leider eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft mit sich, an der natürlich beide Seiten ihren Anteil haben. Denn jede Medaille hat zwei Seiten: Und wenn das Grundprinzip der Demokratie – die freie Meinungsäußerung – missachtet wird und nur noch die eigene Meinung zählt, dann gerät die Demokratie in Gefahr.

Zudem bestehen bei vielen Klimaschutzbefürwortern, aber auch bei den meisten umweltbewussten Menschen, und das ist mittlerweile wohl die Mehrzahl in Deutschland, gewisse Widersprüche zwischen den politischen und gesellschaftlichen Forderungen und dem persönlichen Verhalten und Handeln. Die Wissenschaft nennt das „Mind-Behaviour-Gap“, also die Diskrepanz zwischen dem, was die Menschen sagen und wollen und dem was sie tun.

Keinesfalls will ich in diesem Buch Bashing gegen Klima-, Umwelt- und Naturschutz betreiben. Das dies eine Notwendigkeit ist, steht für mich außer Zweifel – nur dem propagierten Weg dorthin kann ich nicht vorbehaltslos folgen.

Immer wieder muss ich zur Kenntnis nehmen, dass insbesondere den Menschen in den großen Städten viel Wissen über unsere Natur und somit auch über unseren Wald fehlt. Wenn jedoch dieses Wissen nicht vorhanden ist, so fällt es schwer sich eine eigene unabhängige Meinung innerhalb der Klima- und Naturschutzdebatte zu bilden: Man kann dann nur die Informationen aus den Medien annehmen oder sie ablehnen.

Um einige Einblicke in das komplexe Ökosystem Wald anhand des Harzer Waldes zu ermöglichen, habe ich dieses Buch geschrieben. Grundsätzlich lassen sich meine Darlegungen wohl auch auf die anderen mitteleuropäischen Wälder übertragen, was auch die Funktion des Waldes als wesentlichen Klimaschutzfaktor und Kohlendioxid-Verbraucher und -Speicher betrifft.

Gestatten Sie mir noch einige Ausführungen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung: Denn irgendwie ist Kohle ja auch nur toter Wald.

Die Verstromung von Braunkohle erzeugt erhebliche CO2-Emissionen. Daher soll diese Form der Stromerzeugung so schnell wie möglich eingestellt werden. Nach langen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen hat man sich nun auf das Jahr 2035 geeignet, dann soll alle Braunkohleverstromung eingestellt sein. Das ist noch lange hin, oder auch nicht: Je nach dem von welcher Position aus man das Ganze betrachtet. Grüne, Klima- und Umweltschützer sowie der Jugend bei „Fridays for Future“ dauert das viel zu lange, der Stromwirtschaft geht es zu schnell.

Nur, guter Wille allein, sowie fortlaufende Schwarzmalerei, reichen nicht. Technologien und Infrastruktur müssen geschaffen werden und daran hapert es seit langem. Es wird schwerpunktmäßig auf erneuerbare Energien gesetzt und bei diesen auf Wind und Sonne. Dazu müssen große Stromtrassen vom windreichen Norden in den Süden geschaffen werden, was die Bürger jedoch im großen Stil verhindern und die Bürokratie ausbremst.

Zudem besteht die Gefahr der Abhängigkeit von anderen Staaten, denn Wind und Sonne stehen nicht immer in ausreichendem Maße zur Verfügung. Und dann erhalten wir Kohlestrom aus Osteuropa. Aber das dort erzeugte CO2 scheint dem Klima nicht zu schaden, so könnte man den Eindruck gewinnen. Technologisch sind wir zudem noch lange nicht in der Lage Strom in Größenordnungen zu speichern, denn die erneuerbaren Energien werden zeitweise Überschuss liefern, aber auch den Bedarf mitunter nicht decken können.

Auch dem Atomstrom haben wir in Deutschland eine Absage erteilt. Diese Hochtechnologie wird nun in anderen Ländern weiterentwickelt und wir beziehen mitunter den Strom von dort. Damit wäre eine nukleare Katastrophe nicht unwahrscheinlicher als zuvor, wir hätten sie nur außerhalb unserer Landesgrenzen verlagert. Alles nach dem Motto „aus den Augen aus dem Sinn.“ Mit dem kompletten Atomausstieg entsagen wir einer noch bedeutend werdenden Zukunftstechnologie – aus ideologischen Gründen.

Eines jedoch wird von allen Klima- und Umweltideologen ignoriert. Die Wahrscheinlichkeit einer Umwelt- und Klimakatastrophe durch einschlagende Asteroiden oder mächtige Vulkanausbrüche ist nicht wesentlich geringen als die einer Nuklear-Katastrophe.

Der letzte bekannte große Asteroideneinschlag auf der Erde wurde 1908 in Sibirien registriert. Nach dem sogenannten Tunguska-Ereignis waren damals in Sibirien nach einer oder mehreren Explosionen Millionen Bäume umgeknickt.

Beim letzten größeren Einschlag im Februar 2013 gab es im russischen Tscheljabinsk eine gewaltige Explosion, als der Asteroid in großer Höhe auseinanderbrach. Die Schockwelle brachte im Umkreis von Dutzenden Kilometern Fensterscheiben zum Bersten - etwa 1500 Menschen wurden verletzt. Der Tscheljabinsk-Asteroid war etwa 20 Meter groß.

Die neuste diesbezügliche Gefahr stammt vom April 2018. Ein nicht entdeckter Asteroid schrammte kurz an der Erde vorbei. Er war zwischen 50 und 100 Meter groß und damit wahrscheinlich größer als der von 1908.

Auch gewaltige Vulkanausbrüche können jederzeit stattfinden. Die Gefahr besteht in einigen Gebieten, so beispielweise im Pazifischen Raum, in Italien und besonders auch in Island. Wir alle erinnern uns noch an die isländischen Vulkanausbrüche im Jahr 2011, die den europäischen Flugverkehr teilweise lahmlegten. Jedoch, es kann noch schlimmer kommen. Das Jahr ohne Sonne ist nicht mehr in unserer Erinnerung, weil es vor der Zeit aller heute noch lebenden Menschen war. Im Jahr 1815 brach auf der indonesischen Insel Sumbawa der Vulkan Tambora aus. Geschätzte 150 Kubikkilometer Gesteinsmassen wurden damals als Staub in die Atmosphäre geschleudert. Der Staubschleier verdunkelte nach etwa einem Jahr den Himmel in Europa und selbst in den USA und veränderte weltweit das Klima. Heute wird angenommen, dass es wohl mehrere Jahre gedauert hat, bis der Himmel wieder klar war. In Europa und Teilen der USA kam es zu Temperaturstürzen im Sommer 1816 – im Nordosten der USA fiel im Juni Schnee. Die niedrigen Temperaturen, Trockenheit und fehlende Sonne führten zu einer gewaltigen Missernte in Teilen Europas und damit zu einer Hungersnot. Was wäre bei einem derartigen Ereignis heute, wenn wir in erheblichem Maße auf Solar- und Photovoltaik-Strom setzen?

Insbesondere hat mich jedoch das Verhalten zahlreicher Politiker und Medienvertreter zu diesem Buch animiert. Der Wald stirbt heißt es da. Besonders auch im Harz, über 40 Quadratkilometer Fichtenwald sind bereits abgestorben. Besonders auch im Nationalpark Harz, der sich das Ziel gesetzt hat, in seinem Parkbereich einen naturnahen Urwald entstehen zu lassen. Nun stirbt ein Teil dieses Waldes: die Fichtenplantagen. Es ist für die Fichte dort im Harz einfach zu warm und zu trocken. Hinzu kommen dann die Borkenkäfer, die den geschwächten Fichten den Rest geben. Gäste, Touristen, aber auch Einheimische schlagen Alarm, das ruft in der Politik in Sachsen-Anhalt wieder mal Populismus hervor und zudem einen Streit zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die beide Träger des Nationalparks sind. Die CDU-Politiker aus Sachsen-Anhalt fordern eine Beräumung der abgestorbenen Flächen sowie eine Neuaufforstung. Das widerspricht jedoch nicht nur dem Nationalparkgesetz, sondern auch dem gesunden Menschenverstand. Denn, wie es der Nationalparkleiter Andreas Pusch ausdrückt: „Der Wald stirbt nicht, er verändert sich nur.“

Wer schon einmal eine abgestorbene Waldfläche beobachtet hat, der kommt schnell zu der Einsicht, dass sich der Wald sehr schnell regeneriert. Und das durch eine gesunde Mischung an Bäumen, die dort auf natürliche Weise keimen und wachsen: nachhaltiger, gesünder und auch schneller als jede angepflanzte Plantage. Unsere Forstwirtschaft setzt jedoch noch immer auf die sogenannte Aufforstung. Wann endlich lernen wir, dass es wenig sinnvoll ist, ständig in die Natur eingreifen zu wollen.

Nachtrag: Die Polarisierung und Zerrissenheit unserer Gesellschaft in Sachen Klima und in diesem Zusammenhang auch mit unserem Wald lässt sich an folgendem neuen Beispiel verdeutlichen: Ein pensionierter Forstoberamtsrat hat gegen den Nationalpark Anzeige erstattet. Der Vorwurf der Strafanzeige: Der Nationalpark bekämpfe die Borkenkäfer nicht genügend und dadurch sterben die Bäume. Eine fragwürdige Aussage eines Forstbeamten, der nicht lernfähig ist, an alten Zöpfen festhält und zudem die ganze Krux dieser Diskussion verdeutlicht. So, als wenn Chemie, Abholzungen und das Anlegen von Plantagen Wald und Natur retten könnten.

Doch nun zu unserem Wald, der eine so bedeutende Rolle für den Klimaschutz, den Naturschutz und zudem für unser Wetter spielt.

Für die umfangreiche Unterstützung zu diesem Buch möchte ich mich ganz besonders bei Dr. Detlef Schünemann und Dr. Elke Gröning bedanken.

Bernd Sternal im Juni 2020

1. Die Waldgeschichte des Harzes nach der letzten Kaltzeit

Nach dem Rückgang des Eises und einer Klimaerwärmung begann sich in der Harzregion sowie auch in anderen mittel- und nordeuropäischen Regionen langsam wieder eine Flora zu entwickeln. Diese hatte gute Entwicklungsvoraussetzungen, denn auch die Fauna war zunächst noch recht spärlich.

Zunächst entwickelte sich in der „Jüngeren-Tundra-Zeit“ eine baumlose Moos- und Gras-Tundra, die geprägt wurde durch eine Zwergstrauch-Vegetation aus Zwergbirken und Polarweiden. Zudem entstanden die Voraussetzungen für die Harzer Hochmoore.

Vor etwa 9.000 Jahren setzte die sogenannte Birken-Kiefern-Zeit ein. Diese zeichnete sich durch eine Baumvegetation aus Birken, Kiefern und Ulmen aus, so wie man sie heute noch im nördlichen Skandinavien vorfindet.

Der Harz und sein Vorland in der vorletzten Eiszeit (Saale). Von Norden brandeten wieder die nord. Eismassen bis an den nördlichen Harzrand. Der Ostharz blieb diesesmal aber eisfrei. Im Harz hatte sich wieder ein kleiner Eigengletscher gebildet. Auch in dieser Eiszeit waren der unvergtetscherte Harz und sein südliches Vorland nahezu vegetationsfrei, von Dr. Ludger Feldmann

Die Birken bilden geflügelte Nussfrüchte, die dann vom Wind sowie im Fell von Tieren Verbreitung finden. Die Weiden entwickeln Kapselfrüchte, die ebenfalls vom Wind sowie von Tieren verbreitet werden und sich dann, als sogenannte Streufrüchte, öffnen und ihre Samen freigeben. Auch die Samen der Kiefern haben häutige Flügel und werden durch den Wind sowie das Fell von Tieren in die Ferne getragen.

Tausend Jahre später, eine weitere Klimaerwärmung hatte inzwischen eingesetzt, begann die Hasel-Zeit die Region zu prägen. Begünstigt durch eine Erwärmung breiteten sich auch in höheren Gebieten Haseln und Ulmen sowie Eichen und Linden aus.

Die Samen von Hasel und Eiche sind Nussfrüchte. Sie können daher nicht vom Wind verbreitet werden, sondern ausschließlich durch mechanisches Rollen auf dem Boden oder durch Aktivitäten von Tieren (z. B. legen sich Eichhörnchen gern Wintervorräte in der Umgebung ihres Nestes an, die sie dann vergessen oder nicht benötigen). Nussfrüchte haben daher einen sehr geringen und langsamen Verbreitungskreis, was sie nicht als Pionierpflanzen prädestiniert.

Langsam entwickelte sich der Laubwald weiter, was durch eine weitere Temperaturzunahme gefördert wurde. Vor etwa 6.000 bis 7.000 Jahren setzte die Eichenmischwald-Zeit ein, die geprägt war von Laubbäumen wie Eichen, Ulmen, Erlen und Haseln.

Vor 5.000 Jahren nahm eine erneute langsame Klimaabkühlung ihren Anfang. Wir sehen, das Klima hat sich schon immer in die eine oder andere Richtung verändert: Einer Erwärmung folgte eine Abkühlung und umgekehrt. Es setzte die sogenannte Eichenmischwald-(Fichten-)Zeit ein und unser Wald war geprägt von Eichen, Fichten, Ulmen, Erlen und Haseln. Ein erster Nadelbaum hatte sich also erneut im Wald ausgebreitet.

Es folgte ein weiterer Temperaturrückgang, der die Ausbreitung der Fichten zusätzlich beförderte. Die sogenannte Eichenmischwald-Fichten-Zeit nahm ihren Anfang und die Fichte entwickelte sich vor den Eichen, Erlen und Linden zur dominierenden Baumart.

Dann, vor etwa 3.000 Jahren, hatte die Fichte die Vorherrschaft übernommen. Die Wissenschaft spricht von der Fichten-Eichenmischwald-Buchen-Zeit. Durch zunehmend feuchter werdendes Klima beginnt die Buche, den Eichenmischwald zu verdrängen. Zu jener Zeit bot der Harzwald ein mit heute vergleichbares Bild, jedoch war dieses auf natürlichem Wege entstanden.

Etwa tausend Jahre später nahm die Buchen-Zeit ihren Anfang. Das feuchte Klima hatte weiter zugenommen und den Buchen ideale Verbreitungsbedingungen geschaffen. Die Buchen begannen zu dominieren und zudem setzte die weitflächige Hochmoorbildung ein.

Die Waldgeschichte des Harzes in den letzten 11 000 Jahren

Siedlungszeit

- 1 000 Jahre vor heute

Die Entwicklung der Vegetation im Harz in historischer Zeit ist in hohem Maße von menschlichen Eingriffen geprägt. Waldrohdung, Bergbau, Besiedlung, forst- und landwirtschaftliche Nutzung bestimmen das Landschaftsbild.

Buchen-Zeit

- 2 000

Durch weiter zunehmende Feuchtigkeit dominieren nun die Buchen. Zu dieser Zeit begann die weitflächige Hochmoorbildung.

(Fichten – Eichenmischwald) – Buchen-Zeit

- 3 000

Durch zunehmende Feuchtigkeit wird der Eichenmischwald durch Buchen verdrängt. Vor etwa 3 000 Jahren bot der Harz ein mit heute vergleichbares Bild.

- 4 000

Eichenmischwald – Fichten-Zeit

Vor etwa 5 000 Jahren führte ein allmählicher Temperaturrückgang zur Ausbreitung von Fichten neben Eichen, Erlen und Linden.

- 5 000

Eichenmischwald – (Fichten)-Zeit

Eine langsame Abkühlung bestimmt in dieser Zeit das Waldbild aus Eichen, Fichten, Ulmen, Erlen und Haseln.

- 6 000

Eichenmischwald-Zeit

Jahre vor heute

Dieser Zeitabschnitt ist geprägt durch wärmeres Klima und einen Waldtyp von Eichen, Ulmen, Erlen und Haseln.

- 7 000

Hasel-Zeit

Die weiter zunehmende Erwärmung mit Beginn vor etwa 8 000 Jahren begünstigte die Ausbreitung von Hasel und Ulmen sowie Eichen und Linden in die höheren Regionen.

- 8 000

Birken – Kiefern-Zeit

- 9 000

Die Birken – Kiefern-Zeit war geprägt durch eine Baumvegetation aus Birken, Kiefern, Ulmen, wie man sie heute etwa im nördlichen Skandinavien findet.

- 10 000

Jüngere Tundren-Zeit

- 11 000 Jahre vor heute

Nach der letzten Eiszeit erfolgte eine Besiedlung der zunächst baumlosen Moos- und Gras-Tundra der Periglazialgebiete durch eine Zwergenstrauch-Vegetation aus Zwergbirken und Polarweiden. Die Harzer Hochmoore konnten sich entwickeln.

Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Rainer Müller.

Mit dem Übergang der Königswürde von den Karolingern zu den luidolfingischen Sachsen begann vor gut 1.050 Jahren die Siedlungszeit in der Harzregion. Fortan wurde die Entwicklung der Vegetation im Harz in zunehmend hohem Maße von menschlichen Eingriffen geprägt. Waldrodungen, Bergbau, Besiedlung, forst- und landwirtschaftliche Nutzung bestimmen immer mehr das Landschaftsbild.

Oftmals ist den Menschen nicht klar, dass die baum- und strauchfreien Gebiete im Harz und seinen Vorlanden nicht natürlichen Ursprungs sind. Die Felder und auch die vielgeliebten und unter Schutz stehenden Harzer Bergwiesen sind weitgehend menschengemacht.

2. Der Beginn des Untergangs des Harzer Urwalds

Seit Beginn unserer Zeitrechnung vor 2020 Jahren dominiert ein Buchenmischwald unseren Harzwald: Das ist auch unser derzeitiger Urwald. Er besteht im Wesentlichen aus Buchen, Eichen, Berg-Ahorn, Birken und zahlreichen anderen Laubbäumen, aber auch Nadelbäume wie Tannen, Eiben und Kiefern zählen dazu. Dieser Urwald entwickelte sich klimatisch bedingt und er hatte in den verschiedenen Höhenlagen eine unterschiedliche Artenzusammensetzung.

Natürlich gab es auch vor dieser Zeit schon Menschen in der Harzregion. Diese nutzten bereits den Waldreichtum. Jedoch waren ihre Entnahmen für den Wald unerheblich, dennoch waren es erste Eingriffe.

Die ausgeprägte Siedlungsperiode ging einher mit einer langanhaltende Rodungszeit, um Siedungsraum für die Menschen zu schaffen. Zudem setzte eine umfangreiche Bautätigkeit ein, es entstanden Befestigungen, Burgen, Klöster, Kirchen und Dörfer. Der Bedarf an Bauholz stieg rapide an.

Im 10. Jahrhundert erreichte auch der Harzer Bergbau eine erste Bedeutung. Jedoch wurde zunächst oberflächennaher Abbau betrieben.

Dann wurden die oberflächennahen Lagerstätten knapp und man ersann neue Abbaumethoden im Tiefbau. Es wurde begonnen Stollen und Schächte anzulegen. Wohl erstmals im 12. - 13. Jahrhundert kam dieser Bergbau zu einer Blütezeit. Die Bergbauzimmerei, also das Auskleiden und abstützen der Stollen und Schächte, sowie die Produktion von Holzkohle für die energetischen Prozesse der Verhüttung, benötigten viel Holz. Im Mittelalter hielt sich dieser Verbrauch jedoch noch in Grenzen. Zudem kam es durch Kriege und Seuchen immer wieder zu teilweisem langen Erliegen der bergbaulichen Aktivitäten.

In der Neuzeit, insbesondere nach dem 30jährigen Krieg, kam es dann zu einer neuen Blüte des Harzer Bergbaus. Überall in der Harzregion schossen die Gruben wie Pilze aus dem Boden und die Teufen der Stollen und Schächte wurden immer tiefer. Der Harz entwickelte sich zu einer der größten Bergbauregionen Europas.

Den Tribut dafür hatten die Bergleute und der Harzer Wald zu zahlen. Die Bergmänner hatten keine große Lebenserwartung, zudem verunfallten viele von ihnen schwer oder verloren sogar ihr Leben. Wenig wissen wir darüber, denn das Schicksal der einfachen Bergleute fand keinen Eingang in die Geschichtsschreibung. Einzig der Berggeschworene Friedrich Schell – Erfinder des Dynamits – schildert uns in seinem Werk „Die Unglücksfälle in den Oberharzischen Bergwerken“ aus dem Jahr 1864, die dramatische Situation der Bergmänner.

So wenig wie die Menschen für die adligen Inhaber der Bergbauregalien von Interesse waren, so wenig interessierten sich diese auch für den Raubbau am Wald.

Ab dem 17. Jahrhundert kam es dann in dieser Montanregion zu einer zunehmenden Holzverknappung, die zu großen Problemen in der Holzversorgung führte. Besonders das Holz der Buchen und Eichen war begehrt, denn diese Bäume lieferten die sogenannte „Harte Kohle“. Die Holzkohle aus Nadelhölzern fand hingegen wenig Zuspruch. Im Kommunionsharz – also den welfischen Gebieten – waren 1691 bereits 58 Prozent der Waldflächen kahlgeschlagen. Um 1750 waren es sogar 73 Prozent. Um 1780 wurden dort 53 Prozent des Nutzholzes für Holzkohle verbraucht und 11 Prozent für Grubenholz. Es hatte sich in den Bergbaugebieten ein gewaltiges Netz von Köhlereien entwickelt. Man schätzt, dass in diesen Gebieten in Spitzenzeiten bis zu einem Drittel der Bevölkerung in der Holzkohleproduktion tätig waren. Bergbauexperte Wilfried Liesmann schreibt dazu, dass sich bei entsprechenden Untersuchungen im Einzugsgebiet der Sieber, auf einem etwa 75 qkm großen Gebiet, ungefähr 2.250 Meilerstätten ermitteln ließen. Für das gesamte Harzgebiet gehen Experten von 10.000 bis 20.000 Meilerstandorten aus, die alle heftig qualmten; hinzu kam noch eine größere Zahl von Hüttenstandorten.

Wir reden heute viel von Luftverschmutzung und Emissionen, die das Klima beeinflussen, und tun viel dafür die Luft sauber zu erhalten. Wie schlimm muss es damals im Harz gewesen sein, die Region muss unter einer unvorstellbaren Rauch- und Dunstglocke gelegen haben. Dennoch haben alle überlebt: der Wald und auch die Menschen. Daher sehe ich die heutige Panikmache und Hysterie in Klimadingen mit sehr gemischten Gefühlen, denn wir handeln schließlich, wenn auch langsam.

Jedoch wurde der Harzwald nicht nur vom Bergbau und Hüttenwesen strapaziert, auch die Bevölkerungszunahme und damit verbundene Bauaktivitäten benötigten sehr viel Holz. Mit Beginn der Neuzeit kam zudem der Fachwerkbau auf, der gegenüber dem vorherigen Massivbau oder Holz-Erde-Bau erheblich mehr Holz in Bauqualität verbrauchte.

Diesem sichtbaren und weiterhin absehbaren Holzraubbau, der den jahrhundertealten Laubmischwald in weiteren Teilen des Harzes vollständig vernichtet hatte, musste Einhalt geboten werden. Diese Erkenntnis kam, aber sie kam spät, für zahlreiche Regionen zu spät.

Der Harz wurde vom Wald zum Forst. Jedoch waren die Förster Beamte ihrer Landesherren und sie hatten sich an deren Vorgaben und Interessen auszurichten. So kam es zu unterschiedlichen Auffassungen: Es gab Förster, die den Wildbestand reduzieren und niedrighalten wollten, um den Jungbäumen und Sämlingen bessere Überlebenschancen zu bieten, andere legten mehr Wert auf das Wild und die Jagd.

Dennoch begannen sich im Harz Forstwirtschaft und Forstwissenschaft zu entwickeln und schon bald weltweit eine führende Rolle einzunehmen. Zahlreiche international bekannte Forstwirte und Forstwissenschaftler brachte der Harz hervor, allen voran Hans Dietrich von Zanthier. Er war der weltweit erste Forstbeamte, der in Gräflich Stollbergischen Diensten als Oberforstmeister in Ilsenburg eine Lehranstalt für Forst- und Jagdbeamte gründete. Von Zanthier erkannte bereits, dass Forstwirtschaft nur auf lange Sicht betrieben werden kann. Der Forstwissenschaftler Friedrich Wilhelm Pfeil folgte ihm nach und gilt als Begründer der nachhaltigen Waldwirtschaft.

Man hatte erkannt, dass der Harzer Urwald zu erheblichen Teilen vernichtet war und es viele Generationen dauern würde, bis er wieder in alter Pracht stehen würde. Daher wurde begonnen, die abgeholzten Flächen mit Fichten aufzuforsten. Fichten wachsen schnell und bringen einen guten Holzertrag: Das war damals die Intention. Zudem konnten die Förster wohl nicht ahnen, wie sich das Klima zukünftig entwickeln würde. Im 18. Jahrhundert war es kühler und feuchter als heute, es bestanden also gute Bedingungen für die Fichten.

Die günstigen Klimabedingungen halfen dem Harzer Wald jedoch nur wenig. Bergbau und Hüttenwesen führten im 19. Jahrhundert zu einem großen Waldsterben. Im Jahr 1883 veröffentlichten der Thüringer Chemiker Julius von Schroeder und der Harzer Oberförster Carl Reus ein fast 400 Seiten starkes Werk: „Die Beschädigung der Vegetation durch Rauch und die Oberharzer Hüttenrauchschäden“. Dieses fachliche Werk gilt als eine der frühesten Untersuchungen von Waldsterben durch Rauchgase. Die Untersuchungen, Analysen und Beobachtungen haben bis heute Relevanz. Zudem zeigen sie uns auf, wie schwer Teile des Waldes durch Rauchgas bereits vor etwa 150 Jahren geschädigt waren. Wir hätten also wissen können, wie wir Umwelt und Natur durch industrielle Prozesse schädigen. Dennoch sahen wir Menschen sehr lange keinen Handlungsbedarf.

Zudem begann sich das Klima langsam zu ändern, es wurde wärmer und trockener und dieser Trend setzt sich bis heute fort. Die Fichten haben darunter zu leiden. Der stärkere Stickstoffeintrag in den Boden, seit Beginn der Industrialisierung, führte zudem zu einem schnelleren Wachstum, was die Fichten zusätzlich schwächt. Wir haben jedoch weiterhin Fichtenkulturwälder angelegt, allen Erkenntnissen und Warnungen zum Trotz. Dennoch scheint sich der Wald ab Ende des 19. Jahrhunderts bis über die zwei Weltkriege etwas erholt zu haben. Als Grund kann wohl der sterbende Bergbau und damit auch des Hüttenwesens angeführt werden.

Man erkannte die Zeichen erneut nicht, als nach den Kriegen im 20. Jahrhundert die Industrialisierung rasant voranschritt und das zivile Leben zunehmend mehr Emissionen erzeugte. Erneut begannen Rauchgase den Wald zu schwächen und zu schädigen: der saure Regen. Als solchen bezeichnet man Niederschlag, dessen pH-Wert bei etwa 4,2 - 4,8 liegt und damit niedriger ist als der pH-Wert von 5,5 bis 5,7, der sich in reinem Regenwasser durch den natürlichen Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre einstellt. Hauptursache für den sauren Regen sind säurebildende industrielle Abgase, die zur Luftverschmutzung beitragen. Diese werden von Niederschlägen gebunden und kontaminieren den Boden.

Die neuen Fernsehbilder des vom sauren Regen verursachten Waldsterbens – insbesondere von Fichtenwäldern – erreichten nun viele Menschen und sie erreichten Aufmerksamkeit. Es setzte ein langsames Umdenken ein. Die Industrie begann ihre Abgase zu reinigen, die Fahrzeuge erhielten Katalysatoren, die Heizungsanlagen wurden umweltfreundlicher und vieles mehr. Das Problem mit dem sauren Regen haben wir in Deutschland weitgehend in den Griff bekommen. Jedoch hat es einige Zeit in Anspruch genommen, denn man musste entsprechende Technologien entwickeln und zudem die Menschen mitnehmen.

3. Waldschäden durch Reparationsleistungen

Nach der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg wurde das deutsche Territorium in 4 Besatzungszonen aufgeteilt: Neben der Sowjetischen Besatzungszone gab es eine US-amerikanische, eine Britische und eine Französische.

Bereits während des Kriegs wurden Reparationsansprüche erhoben, auf die sich die Alliierten jedoch auf der Jalta-Konferenz nicht einigen konnten. Am 14. Januar 1946 fand das Pariser Reparationsabkommen statt, in dem die Reparationsansprüche gegen Deutschland beschlossen wurden. In der Folge wurden das deutsche Auslandsvermögen beschlagnahmt, die Devisenbestände eingezogen und Patente, Waren und Ausrüstungen beschlagnahmt.

Das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 hatte bereits zuvor festgelegt, dass jede Besatzungsmacht ihre Reparationsansprüche durch Demontagen und Sachlieferungen aus ihrer eigenen Besatzungszone befriedigen sollte.