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Nach dem Freitod der dämonischen Jessica suchen die Teenager Cassandra, Tamara, Sybil, Gwendolyn und Allegra nach Unterstützung im Umgang mit ihren Hexenfähigkeiten. Cassandra bittet Tracy, sie als Mentorin zu unterweisen. Tracy ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Pflicht den jungen Frauen gegenüber, ihrer eigenen Suche nach ihrem Schicksal und der Sorge um ihre schwangere Liebste Monique. Die Gefahr eskaliert, als Allegra durch einen Hexenmeister die schwarze Magie entdeckt und das potenzial ihrer Macht erkennt. Tracy spürt die volle Tragweite ihres Hexenlebens und gerät dabei selbst in einen Zustand, dessen tödliches Ende sich möglicherweise nicht mehr aufhalten lässt. Im Finale der Trilogie um Tracy Odell von Markus J. Fels führt der Autor die Leser durch Essens Stadtteile Heisingen, Überruhr und Kupferdreh in einem dramatischen Roman, der Psychothriller, Romanze und Urban Fantasy vereint, gewürzt mit Wortwitz und Situationskomik. Dabei lässt er die Grenzen zwischen Fiktion und Realität gekonnt verschwimmen.
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Seitenzahl: 366
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Der Hexenzirkel der
Tracy Odell
Markus J. Fels
1. Auflage, 2024
© 2024 Alle Rechte vorbehalten.
Buchbeschreibung:
Nach dem Freitod der dämonischen Jessica suchen die Teenager Cassandra, Tamara, Sybil, Gwendolyn und Allegra nach Unterstützung im Umgang mit ihren Hexenfähigkeiten. Cassandra bittet Tracy, sie als Mentorin zu unterweisen. Tracy ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Pflicht den jungen Frauen gegenüber, ihrer eigenen Suche nach ihrem Schicksal und der Sorge um ihre schwangere Liebste Monique.
Die Gefahr eskaliert, als Allegra durch einen Hexenmeister die schwarze Magie entdeckt und das potenzial ihrer Macht erkennt. Tracy spürt die volle Tragweite ihres Hexenlebens und gerät dabei selbst in einen Zustand, dessen tödliches Ende sich möglicherweise nicht mehr aufhalten lässt.
Über den Autor:
Markus J. Fels
Der Anfang der siebziger Jahre in Essen geborene Autor Markus J. Fels weiß seine Leser mit unkonventionellen Psychothrillern zu begeistern. Dabei lässt er die urbane Romantik und das besondere Flair des Ruhrgebiets, insbesondere seiner Heimat Essen in seine Romane einfließen. Kuriose Situationskomik und Wortwitz sind ein weiteres Merkmal seiner besonderen Geschichten. Als begeisterter Historien und Lost-Places Fan erkundet er auf Streifzügen durch das Ruhrgebiet immer neue Locations für seine Romane und findet Inspirationen in gut beobachteten Details der Landschaften, Orte und Menschen seiner Umgebung, die er in längeren Texten, aber auch in Kurzgeschichten und Gedichten verarbeitet.
Der Hexenzirkel der
Tracy Odell
Markus J. Fels
- Kapitel 1 -
«Hi, Trace!»
Die Art wie Monique das Zimmer betritt, irgendwie scheu, mit hinter dem Rücken versteckten Händen, lässt Tracy aufhorchen. Ihre eisblauen Augen blicken ihre Partnerin fragend an.
«Hi, Nique!», erwidert sie. «Alles in Ordnung?», setzt sie hinzu und zieht die Stirn kraus.
«Äh – jaaah...»
Monique schleicht zum Fenster und blickt nach draußen. Dabei dreht sie sich geschickt so, dass Tracy nicht erkennen kann, was sie hinter ihrem Rücken verbirgt.
«Super Wetter, nicht wahr?»
«Ja. Es ist herrlich. Wir sollten an den See fahren und schwimmen gehen. Der Seaside-Beach hat seit letztem Wochenende geöffnet. Wir waren schon ewig nicht mehr da», schlägt Tracy unbedarft vor und ist gespannt auf Moniques Antwort. Doch diese reagiert gar nicht. «Ich denke wir können mal oben ohne schwimmen gehen, was meinst du? Den Jungs mal zeigen, was wir zu bieten haben.»
«Ja, klar! Das sollten wir machen», stimmt Monique geistesabwesend zu. Tracy bemerkt ihren nachdenklichen Blick. «Wirklich? Oben ohne schwimmen gehen?», wiederholt sie ihre Frage.
«Was?» Monique sieht sie an, als wäre ihr gerade erst bewusst geworden, dass sie sich in Tracys Zimmer befindet.
«Was ist los, Nique. Du hast doch was? Was es auch ist, sag es mir bitte. Du weißt so gut wie ich, das Verschweigen nur in Bitternis endet.»
«Ja, ich weiß», entgegnet Monique sanft und wendet sich der schwarzhaarigen Hexe zu. Dann öffnet sie ihre rechte Hand. Tracy braucht einen Moment, bevor sie erkennt, was dort auf ihrer Handfläche liegt. Dann erkennt sie das Schwangerschaftstestgerät.
«Ich bin schwanger ...», Monique schafft es kaum, die drei Worte über ihre Lippen zu bringen.
Ein ungläubiges Lächeln zeigt sich auf Tracys Lippen, bevor sie begreift, dass ihre Partnerin es ernst meint.
Anstatt der Fragen, die auf sie niederprasseln, stammelt sie nur unverständliches Zeug.
«Von Sebastian ...»
Tracy keucht auf.
«Sag das nochmal!» Sie hebt abwehrend die Hände. «Nein! Was? Das kann nicht sein! Wie? Mit Sebastian? Wann? Warum? Aber?!»
Tracy spürt, wie ihr Tränen in die Augen steigen. Sie kann es nicht fassen. Ihre Partnerin betrügt sie mit ihrem gemeinsamen besten Freund, der kurz darauf von Jessica durch eine Verfluchung zu Tode kommt. Das sind zu viele Information, die sie gar nicht wissen will. Sie drängt sich an Monique vorbei.
«Trace!» Sie spürt die Hand der blonden jungen Frau über ihren Rücken streichen. Das lässt sie sich nur noch mehr versteifen.
«Lass mich!», stößt sie mit tränenerstickter Stimme aus.
Die polternden Schritte auf der Jugendstiltreppe, die von der oberen Etage hinunterführt, lässt Bernadette aus der Küche hinaus in die Diele treten. Gerade noch bevor Tracy die Haustür erreicht.
«Tracy Odell!»
Wie ein Peitschenhieb trifft Bernadettes Stimme sie, sodass sie augenblicklich erstarrt. Tracy ist sich sicher, dass Bernadette Hexerei angewandt hat, um sie zu bannen.
«Lass mich!», keift sie die rothaarige Hexe an.
«Meinst du wirklich, weglaufen ist die richtige Lösung? Warum lässt du Monique nicht erstmal Zeit, sich zu erklären?»
«Sie hat mich betrogen!» In diesem Moment löst Bernadette den Bann. Zu plötzlich für Tracy, so dass diese überrascht von der plötzlich wiedergewonnenen Beweglichkeit, in einer skurrilen Pirouette zu Boden fällt. Grummelnd rappelt sie sich auf und erblickt Monique, die sich verschüchtert am oberen Ende des Treppengeländers festklammert.
«Sprecht miteinander, Mädchen!»
Dieser Ausdruck bringt Tracy nur noch mehr in Rage. «Ich bin kein verdammtes ...»
«...Mädchen?», nimmt Bernadette ihr das Wort aus dem Mund. «Du benimmst dich aber wie eins, Jägerin.»
Tracys Blick begegnet Moniques. Die Liebe und den Schmerz, den sie in ihnen erblickt, lässt sie schlucken.
In diesem Moment meldet sich ihr Handy und lässt den Anfang von «Those where the days» durch die Diele schallen. Tracy fingert es aus der Jeanstasche und liest die Meldung im Messenger.
Hallo Tracy.
Du wunderst dich wahrscheinlich, weil dir meine Nummer als unbekannt angezeigt wird. Ich hoffe, du liest meine Nachricht trotzdem.
Mein Name ist Cassandra.
Vielleicht hast du ihn in der Zeitung gelesen.
Wenn nicht; ich bin eine der fünf, die Jessica benutzt hat, um das Ritual durchzuführen. Sie hat uns mit teuflischen Mittel dazu verführt. Das muss du mir glauben, bitte! Wenn ich es rückgängig machen könnte ...
Seitdem bekomme ich das Bild des toten Mädchens nicht mehr aus meinem Kopf, dass damals in den Armen seiner Mutter gestorben ist.
Bitte, können wir uns treffen.
Die schockierenden Erinnerungen an jenen Tag lassen Tracy erbleichen. Vier Wochen ist das alles jetzt her. Vor einer Woche war endlich nach den anstrengenden Vernehmungen durch die Polizei so etwas wie Ruhe eingekehrt. Doch das grausige Geschehen hatte sie noch längst nicht verarbeitet. Wahrscheinlich wird sie es ihr ganzes restliches Leben begleiten. Ist das der Grund, warum sie so heftig reagierte, als Monique ihr die Schwangerschaft eröffnete?
Sie fühlt, wie sich deren Hand auf ihre Schulter legt. Beschämt dreht sie sich zu ihr herum. Monique war immer für sie da gewesen. Hatte ihr Zeit gelassen, als sie ihr sagte, dass sie nicht mit ihr zusammenleben könne. Sie hatte so lange gewartet, bis Tracy ihre Nähe zulassen konnte. Und dann wäre es an jenem düsteren Tag der Hexentaufe fast zu spät gewesen. Was um alles in der Welt nahm sie sich heraus, ihr Vorwürfe zu machen? Wahrscheinlich war Sebastian in dem Moment für sie da, da sie selbst nicht mehr konnte, und nur noch eine liebevolle Umarmung, das Gefühl geliebt, begehrt zu werden, sie vom Zusammenbruch retten konnte.
«Wir waren beide betrunken. Du musst mir das verzeihen, Tracy. Es hatte nichts mit Liebe zu tun.», stößt Monique mit erstickter Stimme hervor und starrt sie flehentlich an. Beiden laufen die Tränen über die Wangen. In diesem Moment erkennt Tracy, wie sehr sie Monique liebt und dass sie ihr absolut alles verzeihen könnte, was auch immer passieren sollte.
Sie nimmt sie in die Arme.
«Es tut mir leid. Komm, lass uns reden.»
«Bernadette meint, ich verhalte mich wie ein dummes störrisches Mädchen. Und ich denke, sie hat Recht», beginnt Tracy mit gesenktem Kopf. Sie sitzen nebeneinander auf einer Hollywoodschaukel. Irgendwo in Tracys Gedanken spukt plötzlich ein düsteres Bild aus der Vergangenheit durch diesen sonnigen Morgen. Sie wird von einem Deja Vu erfasst und wünscht sich nicht zum ersten Mal, dass sie jemand anderes wäre – eine ganz normale junge Frau, und keine Hexe. Dann wäre womöglich auch mit Moniques vieles einfacher. Oder nimmt sie ihre Andersartigkeit nur als Ausrede für ihr emotionales Versagen? Vielleicht liegen die Gründe ganz woanders? Vielleicht hat sie den eigentlichen Grund für ihre oft außer Kontrolle ratenden Gefühle immer nur verdrängt, aus Angst davor, wenn sie sich ihnen stellt von den Dämonen ihrer Vergangenheit verschlungen zu werden.
Sie sieht Monique nachdenklich an. Wieder ist da der Gedanke, dass Nique ein anderes, ein besseres Leben verdient hat, als die Frau einer Geisteskranken zu sein. Sie zieht es schmerzlich zusammen. Am liebsten würde sie laut schreien und all ihren Schmerz herausbrüllen. Doch das ist nicht die Lösung.
«Es war Sebastians Geburtstagsfeier. Ich habe viel zu viel getrunken. Ich weiß nicht warum – ich war wütend auf dich. Ich sehnte mich nach dir, aber du hast mich jedes Mal weggestoßen, was ich auch unternahm, Tracy. Das tat so weh! Wahrscheinlich wollte ich mich mit dem Alkohol betäuben. Ich hielt es nicht mehr aus.»
Tracy hört Monique stumm zu. Ihr fallen keine Worte ein, die ihr Verhalten gegenüber ihr je rechtfertigen könnten. Was um alles in der Welt hat sie Monique bloß angetan? Sie hat das Glück, von ihr geliebt zu werden, nicht im Geringsten verdient. Und doch schien die Göttin es genauso entschieden zu haben.
Warum? Darauf hatte sie keine Antwort. Umso mehr schämte sie sich in diesem Augenblick in Grund und Boden.
«Du weißt, dass er schon immer auf uns beide scharf war. Und auf seinem Geburtstag war er genauso betrunken wie ich ... und dann ... ist es passiert.»
Krude Gedanken schießen Tracy durch den Kopf. Einige davon so ekelhaft, dass sie von sich selbst angewidert ist. Ganz mit sich selbst beschäftigt, merkt sie gar nicht, dass Monique schluchzend nach Luft schnappt und ihr dicke Tränen über die glühenden Wangen laufen. «Bitte verzeih mir!»
Ein stechender Schmerz durchzuckt Tracy. Sie vergeht vor Scham. Es ist nicht Monique, die sich bei ihr zu entschuldigen hat. Kaum wagt sie es, ihren blonden Engel in die Arme zu schließen, um sie zu trösten. Es kommt ihr schändlich vor.
«Du musst dich nicht entschuldigen, Nique. Es ist alles meine Schuld!»
«Nein, dass ...»
«Psst!» Tracy legt Monique ihren Zeigefinger auf die bebenden Lippen. «Kein Wort mehr. Nicht jetzt!»
Sie schließt sie in die Arme und übersäht ihr tränenfeuchtes Gesicht mit gierigen Küssen. Dann finden sich ihre Lippen. Moniques Finger fahren gierig durch Tracys pechschwarze Haare. Ihre durch die blonden Locken ihres Engels. Tastende vor Erregung zitternde Finger streichen über ihre Körper, fahren unters T-Shirt, öffnen Schnallen, zerren an Stoff.
Lachend fallen sie von der Hollywoodschaukel.
«Ist wohl besser, wir gehen hoch ...», schlägt Tracy mit einem verschmitzten Lächeln vor. Moniques zustimmendes Lächeln macht sie mehr als glücklich. Doch sie hat begriffen, dass sie verdammt viel gut zu machen hat. Die Angst, dass sie es nicht schaffen könnte, schnürt ihr für einige Augenblicke die Kehle zu.
Doch das geflüsterte «Kommst du?» ihres blonden Engels, lässt sie ihre Angst verdrängen. Aber Tracy weiß, dass sie sich ihr stellen muss, wenn sie ihr Glück mit Monique nicht gefährden will.
«Habt ihr euch ausgesprochen?» Tracys Blick ist Bernadette Antwort genug.
«Ich hoffe, du weißt, was du tust», gibt sie ihr zu bedenken. «Du bist mir noch eine Antwort schuldig. Hast du dich mit den Büchern beschäftigt, die ich dir gegeben habe?»
«Warum?», entgegnet Tracy trotzig. «Wenn ich die Hexenmacht brauche, kommt sie wie von selbst zu mir. Du hast es doch erlebt.»
«Ja», bejaht Bernadette. «Es fällt dir leicht, die Hexenkraft in dir zu entflammen.» Nicht ohne Grund hat Bernadette genau diese Metapher gewählt. «Ebenso wie Jessica.»
«Ich habe uns gerettet», entgegnet Tracy gereizt.
«Ja, das hast du», bejaht Bernadette abermals. «Aber wusstest du, was du tatst?»
Zu Tracys Glück meldet sich ihr Handy in diesem Moment ein weiteres Mal. Diesmal ist es ein Anruf. Wie zuvor bei der Textnachricht ist abermals die Nummer unterdrückt. Trotzdem nimmt Tracy das Gespräch an, nur um weiteren Zurechtweisungen Bernadettes zu entgehen. Sie gibt ihr mit einem Handzeichen zu verstehen, dass es ein wichtiges Gespräch ist, obwohl sie es gar nicht sagen kann.
Erst als das angstvolle Zittern der weiblichen Stimme in ihr Bewusstsein dringt, widmet sie ihre volle Aufmerksamkeit dem Gespräch.
«Kannst du kommen?» Tracy ist es, als ob sie den Anfang und damit etwas Entscheidendes verpasst hat. Jedoch nimmt sie das verängstigte Wispern der jungen Frau am anderen Ende augenblicklich gefangen.
«Ja! Sicher! Jetzt sofort?»
«Ja, bitte. Bitte beeile dich!»
Langsam bekommt Tracy selbst ein ungutes Gefühl. «Jetzt erst mal ganz ruhig. Was ist denn los? Wer bist du überhaupt?»
«Cassandra ...»
Der Name selbst, aber auch der Klang, mit dem er ihr Gehirn erreicht, lässt Tracy erschaudern.
«Wo kann ich dich finden?», will sie wissen und kann das Zittern in ihrer Stimme nicht ganz verbergen.
«Kennst du das Gymnasium in Überruhr? Kannst du da hinkommen?»
«Ja! Ja!», entgegnet Tracy bestürzt darüber, welche Angst in Cassandras Erklärung mitschwingt. «Ich komme, so schnell ich kann. Bitte beruhige dich. Ich beeile mich.»
Bernadette sieht Tracy fragend an. Doch diese will ihr keine Erklärungen geben. Wortlos greift sie nach ihrer Jacke und verlässt das Haus. Dabei entgeht ihr nicht das vorwurfsvolle Kopfschütteln Bernadettes.
Erst hinterm Steuer wird Tracy bewusst, welchen Weg sie zu dem Gymnasium nehmen muss. Die Strecke führt sie genau an der Stelle der Ruhr vorbei, an welcher sie vor vier Wochen nur in letzter Sekunde Jessicas schwarzmagisches Ritual hatte vereiteln können. Ihre Finger zittern, als sie den Zündschlüssel herumdreht. Doch die Dringlichkeit in Cassandras Stimme lässt sie sich zusammenreißen.
Trotzdem läuft ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken als sie knapp zehn Minuten später die Hexentaufe an der Ruhr passiert. Als sie dann nach links auf die Konrad-Adenauer-Brücke abbiegt, wird ihr Blick wie magisch zu dem für die meisten recht unscheinbaren Uferstreifen hingezogen. Gleich einem Deja-Vu reißt es Tracy für Sekunden zurück in die dunkle Zeit des Mittelalters, mitten hinein in einen Mob Rellinghauser Bürger, die aufgestachelt von den Worten eines Inquisitors seine grausigen Machenschaften grölend gutheißen. Tief in Gedanken merkt sie zunächst gar nicht, dass sich hinter ihr der Himmel zuzieht.
Als sie dann links in die Zufahrt zum Gymnasium einbiegt, fallen schon die ersten Regentropfen auf die Frontscheibe des roten Cabrios. Da ein massives Tor die Weiterfahrt auf das Schulgelände verhindert, parkt Tracy rechts vor einer kleinen Autowerkstatt, steigt aus und beeilt sich, das Verdeck zu schließen. Unsicher schaut sie sich um. Dann sieht sie die junge Frau, welche von der gegenüberliegenden Straßenseite auf sie zusteuert. Mit der, an verschiedenen Stellen absichtlich eingerissenen, Jeans, dem schwarzen T-Shirt, auf dessen Brust ein großes, neongelbes, kopfüber stehendes Pentagramm prangt, und ihren taillenlangen, rostroten Haaren, wirkt sie wie der lebende Inbegriff einer Lolita. Doch ihr verschüchterndes Lächeln straft dieses Bild Lügen.
«Bist du Tracy?», fragt sie in diesem Moment unsicher.
«Ja», entgegnet diese und versucht, ihrer Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen. «Und du bist Cassandra. Nett dich kennenzulernen.» Als Tracy sie abermals mustert, fällt ihr auf, dass sie beinahe Cassandras Mutter sein könnte. In diesem Moment fühlt sie sich ‹echt› alt. Ihr eben noch aufmunterndes Lächeln verwandelt sich zu einem gequälten Grinsen.
«Komm mit!», fordert Cassandra sie auf. «Wir stellen uns unter!», setzt sie hinzu und steuert auf das geschlossene Tor des Gymnasiums zu. Verwundert folgt Tracy ihr, um noch erstaunter festzustellen, dass Cassandra einen Schlüssel für das Tor besitzt. Nachdem sie aufgeschlossen, sie durchgelassen und nach sich wieder abgeschlossen hat, steuern sie auf das langgestreckte Hauptgebäude der Schule zu. Der knapp ein Fußballfeld lange, aber dazu im Verhältnis schmale Bau beherrscht mit seiner modernen, in verschiedenen Rottönen verkleideten Fassade das weitläufige Schulgelände.
Cassandra führt sie zu einem Durchgang in der Mitte des Gebäudes und schließt hier eine Tür auf, die offensichtlich in die Aula führt. Abermals wundert sich Tracy, dass sie offensichtlich Zugang zu allen Gebäudeteilen besitzt. Sie spricht sie darauf an.
«Oh, für mich ist das nichts Besonderes», erklärt Cassandra, «Ich bin Jahrgangssprecherin und Schülervertreterin der Bläserbandklasse der Oberstufe hier am GEÜ. Soll ich dir unseren Probenraum zeigen?»
Tracy merkt sofort, dass Cassandra mit ihrer Frage nur vom eigentlichen Grund ihres Treffens ablenken will. Sie geht nicht darauf ein, obwohl es sie interessiert. «Ein anderes Mal», entgegnet sie stattdessen. «Du hast mich doch aus einem ganz anderen Grund kontaktiert. Nicht wahr?»
Cassandra druckst herum.
«Ich kann dich verstehen, glaub mir! Du weißt ja, wer ich bin, und wie ich in die ganze Sache verstrickt bin. Natürlich. Also, was bedrückt dich.»
«Bin ich schuld, dass diese Menschen sterben mussten?»
Cassandras Frage durchschlägt Tracys mühsam aufgebauten Schutzschirm und zerfetzt ihn wie eine Wolfskralle die Kehle eines Lamms. Ihr verschlägt es die Sprache. Doch sie spürt, dass sie diesem Mädchen eine Antwort schuldig ist.
- Kapitel 2 -
«Wir haben es nicht gewusst und nie nachgefragt.»
«Was?», Tracy begreift, dass sie für Momente derart in ihren eigenen Ängsten gefangen war, dass die Cassandra gar nicht zugehört hat.
«Das Jessica seit sieben Jahren im Gefängnis saß, als sie mit uns Kontakt aufgenommen hat. Das mit dem Hexenzirkel war unsere Idee ...»
Das glaubt Tracy nicht. Sie ist sich sicher, dass es Jessica irgendwie gelangt, die Mädchen aus dem Gefängnis heraus zu manipulieren, lange bevor sie überhaupt daran dachten sich zu einem Zirkel zusammen zu schließen.
«Unsere?», hakt Tracy nach.
«Ja. Die anderen, die an der Sache beteiligt sind, gehen wie ich hier auf die GEÜ. Wir sind alle in einem Jahrgang. Du – ich darf doch du sagen – okay, du musst wissen, das Schulkonzept an der GEÜ ist sehr modern und orientiert sich an dem DALTON Konzept, bei dem sich die Schüler einen großen Teil des Lernstoffes selbstständig erarbeiten.»
Tracy hebt erstaunt ihre rechte Augenbraue. «Und wie seid ihr auf das Thema Hexerei gekommen?», fragt sie ehrlich interessiert.
«Eher durch einen Zufall», räumt Cassandra ein, deren Tracys offene, warmherzige Art zusehends die Angst nimmt. «Wir interessierten uns alle für das große Thema der Heilkräuter und deren Einsatz in der heutigen Medizin. Dabei stießen wir unweigerlich auf die Kräuterfrauen des Mittelalters.»
«Und von denen ist es nur noch eine Winzigkeit zu den Hexen. Ich verstehe!»
«Und du bist eine?» So etwas wie Ehrfurcht zeigt sich plötzlich in Cassandras Gesicht.
«Na ja. Es scheint so. Eigentlich schlummert es in jedem von uns. Es ist weniger eine Sache von Zauberei und Magie, als eher eine bestimmte Glaubensrichtung. So wie die Katholiken an einen dreifaltigen Gott glauben, glauben die Hexen an eine dreifaltige Göttin und den gehörten Gott.»
«An den Satan?!», stößt Cassandra erschrocken hervor.
Tracy lächelt sie schief an. «Oh nein. Das sind Geschichten aus einer anderen, dunklen Zeit, die schon einige Jahrhunderte zurückliegt. Böses ist menschengemacht. Die Vorstellung eines Satans ist eine Erfindung machtgieriger Leute, die ein Werkzeug brauchten, um diejenigen, die sie unterdrückten klein zu halten. Aber zum Glück haben sich die Zeiten geändert.»
«Bist du davon überzeugt?», hakt Cassandra nach und forscht mit traurigem Blick in Tracys Augen.
«Das ist meine Hoffnung!», erklärt Tracy mit fester Stimme. Sie erwidert den Blick der Sechzehnjährigen. In diesem Moment verändert sich etwas in ihr. Die naive, alberne und kindische Tracy ist erwachsen geworden.
«Du musst dich nicht schuldig fühlen», kommt sie zurück auf Cassandras Ängste. «Jessica hat dich und die Anderen benutzt, euch ihren Willen aufgezwungen. Euch trifft keine Schuld.»
Aber mich, setzt sie in Gedanken hinzu. Sieben Jahre. Wo war die Zeit geblieben? Warum hatte sie die Zeichen nicht erkannt? Wie sehr war sie von sich selbst eingenommen gewesen, geradezu davon besessen ein normales Leben führen zu wollen. Endlich versteht sie, dass sich das nie erfüllen wird. Anstatt sich weiter dagegen zu wehren, dass sie eine Hexe ist, entscheidet sie in diesem Moment, dass sie ihre Besonderheit nutzen will um den fünf Mädchen – nein, das waren sie nicht – den fünf Hexenschwestern zu helfen, ihren Weg zu finden.
«Jessica versprach uns unter anderem, dass sie mit uns einen Hexenzirkel begründen wolle. Da wir eh schon sehr gute Freundinnen waren, fiel ihr Vorschlag auf fruchtbaren Boden. So umgarnte sie uns mit fantastischen Versprechungen und zog uns immer mehr auf ihre Seite.», beginnt Cassandra und sieht Tracy dabei ihrem Gesicht forschend an, abwartend, bis sie endlich den Mut findet, die entscheidende Frage zu stellen. «Würdest du mit uns einen Hexenzirkel begründen?»
Tausend Gedanken und Ideen schwirren Tracy augenblicklich durch den Kopf. Ganz davon abgesehen, dass sie in dieser kurzen Zeit, die sie Cassandra nun kennt, diese geradezu liebgewonnen hat, drängen sie viele andere Gründe dazu ‹Ja› zu sagen. Vor allen das in ihr nagende Gefühl, dass sie alles hätte verhindern können, wenn sie eher gehandelt hätte.
«Okay, ich mache es!»
Auf die heftige Umarmung von Cassandra ist Tracy nicht gefasst, so dass sie von dieser wortwörtlich umgeschmissen wird. Lachend finden sie sich übereinander liegend auf dem Boden der Aula wieder. Verlegen grinst Cassandra sie an und krabbelt von ihr herunter.
«Danke!», hört Tracy sie leise sagen. Doch das Leuchten in ihren karneolbraunen Augen, das sich schüchtern auch auf ihrem Gesicht zeigt, lässt Tracy glauben, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Ihr zaghaftes Lächeln aufmunternd erwidernd richtet sie sich auf und reicht Cassandra die Hand.
«Gern geschehen, kleine Hexenschwester.» Was ein Lächeln auf Cassandra Lippen zaubert.
«Jetzt sag mir mal, wer die anderen sind.»
«Nun, das sind Gwen, Tammi, Billy und Lexie.»
Cassandras verärgerter Blick beweist, dass sie es Tracy anmerkt. «Was ist? Lach nicht! Das wäre ziemlich gemein!»
«Du hast Recht. Sorry!», beeilt Tracy sich, sich zu entschuldigen. «Bitte verzeih mir. Ehrlich. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Mein Name ist nicht besser.»
«Oh doch. Tracy! Ich würde gerne so heißen», entgegnete Cassandra.
«Was hast du? Cassandra ist ein außergewöhnlicher Name. Er bedeutet so viel wie ‹die Verführerin›.»
«Echt?», stößt diese erstaunt hervor. «Das ich jemand je zu etwas verführt hätte, weiß ich nicht.»
«Na, was nicht ist, kann ja noch kommen.» Tracy gelingt es nicht, ein neckisches Grinsen zu verbergen. «Hey, lass dich von mir nicht ärgern. Ich will doch nur, dass du nicht mehr an deine Ängste denkst. Glaub mir bitte. Ich möchte dir helfen – deinen Klassenkameradinnen natürlich auch. Ihr müsst euch nur einen Namen für unseren Zirkel ausdenken. Was hältst du davon?»
«Das ist total korrekt von dir. Danke. Ich hoffe nur, ich kann die anderen überzeugen.»
«Das wird schon klappen. Gibt es den eine Möglichkeit, dass wir uns alle irgendwo treffen?»
«Na komm doch einfach Ostersamstag zum Osterfeuer an der Christuskirche in Kupferdreh.»
«Osterfeuer?», wundert sich Tracy. «Nun ich habe zwar schon Ende März in der Ostera-Nacht die Frühjahrstagundnachtgleiche gefeiert und rituell begangen, doch ich komme gerne.»
«Ostera?», wundert sich Cassandra.
«Die Germanische Göttin der Fruchtbarkeit, des Frühlings und der Morgenröte. Wir Hexen begehen jedes Jahr zur Tagundnachtgleiche ihr Fest mit verschiedenen Feuerritualen. Das Ritual des Osterfeuers der Christen ist gar nicht so weit von dem Wiccaglauben entfernt.»
«Wow. Ich denke, dass wir die anderen ebenso faszinieren wie mich.»
«Na, wenn das so ist, dann kann ich euch noch mit einer Menge Gemeinsamkeiten beeindrucken. Ich freue mich schon, deine Klassenkameradinnen kennenzulernen.»
«Wo warst du?»
«Du hast dich mit Cassandra getroffen, nicht wahr?»
«Und wenn?» Tracy ist wütend über die bevormundende Art in Bernadettes Stimme und den Umstand, dass sie es noch nicht einmal versucht zu verbergen.
«Du kannst ihnen nicht helfen!»
«So?! Und warum nicht?» Tracy hat ihre Wut kaum noch unter Kontrolle. Es fehlt nur noch ein kleiner Funke, um sie direkt wieder aus der Villa zu treiben.
«Du bist noch nicht so weit.» Bernadette versteht es offensichtlich hervorragend genau den Finger in die offene Wunde zu legen.
«Ach, das denkst du? Wer hat Jessica gerettet und in ihre Schranken verwiesen? Wer? Sag es mir Bernadette!»
«Jedenfalls nicht du!»
Das reicht. Bevor Bernadette die Tränen in ihren Augen sehen kann, stürmt Tracy hinaus und knallt die Tür hinter sich zu.
Jedes Mal tat sie das. Warum demütigte Bernadette sie immer wieder? Brauchte es denn dicke Bücher, Meditationsübungen, Kräuterkunde und das Auswendiglernen der Hexenrituale, um eine Hexe zu sein? Sie spürte doch die starke Kraft die ganze Zeit über tief in sich drin. Fühlte das Brodeln dieser Mächte, das Zerren an ihren Sinnen, die endlich das unbekannte Land erfahren wollten, dass die Magie für die bereit hielt. Doch Tracy empfand auch Angst vor dem Wahnsinn, der hinter all dem lauerte, zu dem die Grenze nur aus einer hauchdünnen Seifenblasenhaut bestand, die innerhalb eines Wimpernschlages zerplatzen konnte.
Doch mit ihren Vorhaltungen und Demütigungen tat Bernadette alles, um sie nur noch ängstlicher zu machen, und so trieb sie sie unbewusst immer weiter auf diese Grenze zum Wahnsinn zu.
Erst als Monique ihre Hand sanft auf Tracys Schulter legt, bemerkt diese sie.
«Habt ihr euch schon wieder gestritten?»
Tracy nickt nur. Sie will Monique nicht anblicken. Denn dann würde diese ihre Tränen sehen. Doch Monique stellt sich vor ihr, legt sanft ihre Hände auf Tracys Wange und hebt so ihren Kopf.
«Schau mich an. Ich möchte nicht, dass du deswegen immer weinst.»
«Sag das ihr!», blafft Tracy. «Sie nennt mich kindisch. Aber sie will doch gar nicht, dass ich erwachsen werde.»
«Sie will es schon. Aber nicht so, wie du es willst, Trace.»
Das ist nicht das, was sie hören will.
«Denkst du etwas auch so?», fragt sie und befreit sich aus Moniques Händen.
«Ich habe Angst um dich, Jägerin.»
«Hör auf damit!», zischt Tracy. «Selbst du vertraust mir nicht. Verdammt, Nique. Lass mich endlich los. Lass mich losrennen. Wenn ihr mich noch länger einsperrt, dann gibt es die Tracy, die du so liebst bald nicht mehr.» Der Schmerz in ihrer Kehle ist so groß, dass die letzten Worte im Schluchzen untergehen.
«Lass mich los!»
Tracy schiebt Monique zur Seite. Eigentlich will sie das nicht. Doch jetzt will sie nur noch alleine sein. Ohne sich noch einmal umzublicken, läuft sie los.
Erst als sie die sich auf der ehemaligen Eisenbahnbrücke zwischen Heisingen und Kupferdreh befindet, hält sie an. Ihre Haare und ihre Kleidung sind mittlerweile durch den leichten, aber anhaltenden Regen durchnässt. Fröstelnd tritt sie an das Brückengeländer. Geistesabwesend schweift ihr Blick über den nebelverhangenen See. Die Tränen auf ihren Wangen vermischen sich mit dem kalten Regen. Sie wünscht sich, sie wär tot.
Niedergeschmettert schleppt sie sich zu einer der Bänke, setzt sich auf das nasse Holz, zieht sie Beine hoch, umfängt mit den Armen ihre Knie und schließt ihre Augen. Sie will hier nicht länger sein. Nicht mehr in dieser Zeit.
Sie wünscht sich zurück in die Zeit, in der sie Jasmina war. Zurück zu Lyse.
- Kapitel 3 -
Die Augen schwarz geschminkt mit einer Unmenge Mascara. Die Lippen Purpurrot. Zerrissenes schwarzes T-Shirt über der dunkelroten Corsage, dazu ein schwarzes Satinröckchen und rotschwarz karierte Strumpfhose. Im Flackern des Stroboskoplichts tanzt sie zum exzessiven Beat von Metallica. Lässt sich von dem sphärenhaften Zwischenstück in eine andere Welt tragen, um dann mit noch wilderen Bewegungen ihres Kopfes, ihres gesamten Körpers auf der Tanzfläche zu eskalieren. Es ist offensichtlich, dass sie was eingeschmissen hat.
Verschwitzt taumelt sie adrenalingeladen nach acht Minuten dreißig an die Bar und ordert einen Whiskey. Das sie noch minderjährig ist interessiert hier niemanden. Jeder hier kennt Allegra und ihren hemmungslosen Tanzstil.
So ist es nicht verwunderlich, dass sich augenblicklich ein düster aussehender Typ neben sie stellt.
«Hey, Lexie, bist mächtig gut drauf, was?»
«Quatsch nicht, Rezzo! Wenn du was willst, kostet es was!»
«Findest du nicht, ist noch zu früh?»
«Es ist nie zu früh unterzugehen!»
«Lass Mal Lexie, heut nicht?»
«Penner!»
Entnervt stößt sich Allegra von der Theke ab. Sie schiebt sich Richtung Tanzfläche, zu der wummernde Bassschläge und kreischende E-Gitarrenriffs sie locken. Im Blitzen der Scheinwerfer greift ein Typ nach ihrem Arm. Seine Lippen nähern sich ihrer Wange «Stress?», schreit er ihr über das Dröhnen der Musik hinweg ins Ohr.
«Haste was zum Fliegen?»
Er hält ihr seine Hand hin, öffnet sie. Auf seiner Handfläche liegt eine unscheinbare, kreisrunde Pastille.
«Komm mit! Ich zeig dir, wie man ganz und gar abrauscht!», dringen seine Worte in ihr Ohr. Bereitwillig folgt sie ihm in eine düstere Ecke des Clubs.
Das Pochen hinter ihren Schläfen ist Strafe für die letzte Nacht. Stöhnend öffnet Allegra ihre Augen. Neben ihr schnarrt der Typ von letzter Nacht. Sie strampelt die Bettdecke weg und stellt zweierlei fest: Sie liegt nicht in ihrem Bett und sie ist nackt. Ungehalten rüttelt sie den Kerl neben sich wach. Wie war noch gleich sein Name?
«Hey, wie spät ist es?», weckt sie ihn krächzend.
«Als du das dritte Mal gekommen bist, war es kurz vor eins», stöhnt er und richtet sich auf. Der Anblick, der sich ihm bietet, scheint ihn anzumachen. «Jetzt ist es wohl kurz nach sieben», fügt er mit einem gierigen Leuchten in den Augen hinzu.
«Fuck!», kreischt Allegra. «Ich muss um acht in der Schule sein.» Sie rollt sich aus dem Bett und klaubt ihre Anziehsachen zusammen.
«Hey, komm runter, Lexie. Dann bist du halt absent!»
«Was?», schreit Allegra und starrt den Typen fragend an. «Du musst mich fahren! Ich kann heute nicht fehlen. Wenn ich die Klausur auch noch verkacke, dann war’s das.»
Kalter Regen prasselt auf die Windschutzscheibe des nachtschwarzen Range Rover. Allegra bekommt die Bilder der letzten Nacht nicht aus dem Kopf. Noch nie hat sie dabei auf dem Typen gesessen, ihren Rücken derart durchgedrückt, um ihn ganz zu verschlingen, und dabei derart geschrien. Wären nicht die dröhnenden Kopfschmerzen hinter ihrer Stirn, sie würde augenblicklich über ihn herfallen. Sie merkt, wie sie rot anläuft. Nicht nur, weil sie sich so nicht kennt, sondern auch, weil sie sich ausmalt, wie sie gleich in Corsage und einem viel zu kurzen Rock in die Klasse stolzieren muss. Davon, dass sie zudem nichts vom geforderten Stoff zusammen bekommt, ganz zu schweigen.
Er stoppt den Rover. Allegra will schon aussteigen. Da legt sich seine Hand auf ihre Schulter.
«Hey Süße. Hier, das wird dir helfen.»
Amon.
Als er sie mit seinen hypnotischen, meergrauen Augen ansieht, weiß sie seinen Namen mit einem Mal wieder. Er greift mit beiden Händen hinter seinen Hals und löst den Verschluss seiner Halskette, an der ein goldenes Pentagramm hängt. Mit einer bewusst frivolen Bewegung, wobei er mit seinen Fingerspitzen über ihren Hals streicht, legt er ihr die Kette um und verschließt sie in ihrem Nacken. Das Pentagramm rutsch dabei tief hinunter auf ihr Dekolleté. Dort wo das Met all ihre Haut berührt, hinterlässt es ein seltsames Kribbeln.
«Ob du’s glaubst oder nicht, Lexie, aber das wird verhindern, dass du’s vermasselst.»
Allegra streicht mit ihrer Hand über das Pentagramm und begreift.
Als sie den Klassenraum betritt, wird sie von lautstarken Pfiffen ihrer männlichen Mitschüler empfangen. Den Kopf eingezogen schiebt sie sich in Richtung des Tisches, an dem ihr Platz neben dem Cassandras ist.
«Hallo meine Herren, wir beruhigen uns jetzt mal wieder. Und sie Frau Quint denken doch nicht, dass ihr Erscheinungsbild irgendeinen Einfluss auf ihre Note hat.»
Allegra kommentiert den Einwand des Chemielehrers Wenthoff mit einem schiefen Lächeln und einem vielsagenden Schulterzucken.
«Dann setzen sie sich jetzt bitte. Die Klausuraufgaben liegen schon auf ihren Platz.»
Als Tracy die Augen öffnet, glaubt sie noch immer im Traum der letzten Nacht gefangen zu sein. Oder gar, dass der letzte Tag nur in ihrer Einbildung stattgefunden hat. Ebenso wie gestern – oder vielleicht auch nicht so, scheint ihr die Sonne durchs Fenster direkt ins Gesicht, dass sie blinzeln muss. Schemenhaft erinnert sie sich, dass sie zu Tode betrübt im strömenden Regen auf einer Bank auf der Eisenbahnbrücke unten an der Ruhr gesessen hat. Doch müsste sie sich dabei nicht eine fette Erkältung geholt haben? Sie fühlt sich zwar wie gerädert, doch von triefender Nase keine Spur. Als sie sich aufsetzt, durchzieht trotzdem ein Frösteln ihre Nervenbahnen. Doch das hat einen anderen Grund. Sie springt ans Fenster und starrt hinaus. Doch das was sie glaubt sehen zu können, geschieht auf einer anderen Ebene ihres Bewusstseins. Wie eine Lichtwelle jenseits des sichtbaren Bereichs trifft sie die Aura ritueller Macht, die jemand in diesem Moment freisetzt.
Was ist hier los, denkt Allegra verstört. Sie hat sich gerade die Fragen auf dem Aufgabenblatt durchgelesen und alles verstanden. Verdammt, sie hat sogar augenblicklich die Antworten in ihrem Kopf. Das kann doch nicht sein! Kopfschüttelnd nimmt sie ihren Füller und beginnt zu schreiben. Das Wissen strömt über ihre Finger nur so aus ihr heraus und überträgt sich blauglänzend auf das Papier. Für die Aufgaben, für die zur Lösung zwei Schulstunden angesetzt sind, braucht sie gerade mal fünfzig Minuten.
Als Allegra das letzte Wort niedergeschrieben hat, kann sie es selbst immer noch nicht glauben. Erst recht nicht die unbegreifliche Sicherheit, die sie in sich spürt, dass sie alle Fragen richtig beantwortet hat. Unbewusst greift sie an das Pentagramm und spürt abermals das Kribbeln unter ihrer Haut an der Stelle, an der das kühle Gold diese berührt. Ungläubig stellt sie fest, dass sie als Erste fertig ist. Fast schon beschämt wandert ihr Blick über ihre Mitschüler. Dann hält sie es nicht länger auf ihrem Platz aus. Mit vor Aufregung zitternden Fingern greift sie die Blätter, steht auf, geht nach vorne zum Lehrerpult und schiebt sie dem Chemielehrer unter die Nase. Bevor dieser etwas sagen kann, hat sie auch schon die Tür des Klassenraumes geöffnet und diesen verlassen. Erstaunt blickt der Lehrer ihr nach.
Erst dreißig Minuten später, die Allegra wie eine Ewigkeit vorkommen, gesellen sich Cassandra und Gwendolyn zu ihr.
«Was war mit dir?», fragt Cassandra mitfühlend, in der Annahme, dass ihre Freundin die Klausur abgebrochen hat, weil sie den Stoff nicht konnte. «Tut mir leid, wenn unser gemeinsames Lernen nichts gebracht hat.»
Doch Allegras übermütiges Lächeln verdutzt die beiden Mädchen. «Alles taff, Cassy. Ich hab’s gerockt. Ich wette mit dir um das hier, dass ich über neunzig bin.» Dabei greift sie nach dem Pentagramm und zieht es an der Kette nach vorne, sodass sie es sehen können.
«Ein Pentagramm? Von wem hast du das?», fragt Gwendolyn überrascht und neugierig zugleich.
«Von Amon», grinst Allegra bei den Bildern, die ihr bei seinem Namen durch den Kopf wirbeln.
«Und du meinst, dass du dadurch alles wusstest?»
«Ich meine nicht! Ich weiß es, Cassy!»
Als Tracy die Treppe herunter kommt, erwartet Bernadette sie schon.
«Du hast es also auch gespürt?»
Es ist nicht Tracy, die diese Frage stellt, sondern die rothaarige Hexe.
«Liest du schon wieder meine Gedanken?»
«Das brauche ich gar nicht», entgegnet Bernadette. «Dein Gesichtsausdruck verrät dich. Genauso wie gestern.»
Tracy verzieht verärgert das Gesicht. Ist sie so leicht zu durchschauen? Oder liegt es an der jahrelangen Erfahrung Bernadettes?
«Noch jemand, der das Handwerk einer Hexe nicht versteht und nicht in der Lage ist, seine Gefühle zu kontrollieren.»
Die Doppeldeutigkeit der Worte treffen Tracy wie zielgerichtete Pfeile. Sie will etwas entsprechendes erwidern, doch lässt es wohlweislich sein. Stattdessen fragt sie nach, wo Monique ist, da sie nicht neben ihr lag, als sie erwachte.
«Beim Frauenarzt. Vielleicht solltest du dich lieber um sie anstatt um die Mädchen kümmern.»
«Ich muss los!», entgegnet Tracy, ohne auf die erneute Spitze einzugehen. Bernadette würde schon sehen, dass sie ihre wohl möglich gut gemeinten, doch arg übergriffigen Ratschläge nicht brauchte.
«Kommst du denn jetzt Samstag mit zum Osterfeuer oder ziehst du es vor, deine Zeit mit diesem Amon zu verbringen?», fragt Cassandra argwöhnisch. «Ich habe sie übrigens gefunden – und sie will auch kommen.»
«Wen hast du gefunden, Cassy?», mischt sich Tamara ein, die nach der schwierigen Klausur Ablenkung braucht.
«Tracy!», lässt Cassandra die Bombe platzen. «Tracy Odell!»
«Die andere Hexe?», will Sybil wissen, die fünfte im Bunde, die endlich als Letzte zu ihnen stößt und gerade noch das Ende der Unterhaltung mitbekommen hat.
«Nicht die andere!», entgegnet Cassandra. «Sie hat uns gerettet. Wir sollten ihr dankbar sein!»
«Denkst du?!», stößt Allegra hervor. «Wenn sie eine so mächtige Hexe wäre, hätte sie Jessica nicht erst in allerletzter Sekunde aufgehalten.»
«Das sagt die Richtige!», gibt ihr Tamara einen Rüffel. «Wer hat uns denn in Jessicas Arme getrieben?»
«Was? Das meinst du nicht ernst, Tammi. Ihr habt euch mir freiwillig angeschlossen. Ihr ward doch genauso von Jessicas Briefen angefixt, wie ich.»
«Ich hatte die ganze Zeit kein gutes Gefühl dabei, sich mit einer aus der Klapse einzulassen», gesteht Sybil kleinlaut.
«Hört, hört! Ihr seid mir beste Freundinnen», schnauft Allegra sichtlich erregt.
«Kommst du jetzt am Samstag?», wagt es Cassandra, nochmals zu fragen.
«Ich weiß es noch nicht!», entgegnet Allegra zerknirscht und lässt die anderen einfach stehen, um das Schulgelände zu verlassen, da sie Amons SUV vor dem Tor stehen sieht.
«Wo willst du hin?», ruft ihr Tamara hinter her.
«Na wohin wohl!», beantwortet Cassandra ihre Frage und lenkt ihren Blick zum SUV an dem Amon, in arroganter Pose, angelehnt steht und Allegra mit einem innigen, kaum jugendfreien Kuss empfängt. «Eine neue Woche, ein neuer Lover!»
«Meinst du, dass es diesmal länger hält?», will Tamara wissen.
«Was weiß ich. Hängt von dem Typen ab. Aber offensichtlich will er was von ihr, sonst hätte er ihr nicht den Pentagrammtalisman geschenkt», erklärt Cassandra. Sie beobachtet, wie Amon Allegra die Tür aufhält und diese von dem dunklen Innenraum des Rovers regelrecht verschluckt wird. Sie hat kein gutes Gefühl dabei.
«Was ist mit euch?», lenkt sie ihre verbliebenen Klassenkameradinnen und sich selbst von Amon ab. «Kommt ihr zum Osterfeuer?»
«Klar!», antwortet Tammi. «Ich freue mich, diese Tracy kennenzulernen!», fügt sie begeistert hinzu. Sybils zustimmendes Nicken muntert Cassandra zusätzlich auf. Also kann ihre Entscheidung, Tracy zu kontaktieren, nicht falsch gewesen sein.
- Kapitel 4 -
«Und hast du es gespürt?», fragt Amon verschwörerisch und fixiert mit seinen Augen das Pentagramm, das knapp oberhalb von Allegras Brüsten auf ihrer Haut liegt, nicht ohne dabei lüstern seinen Blick über diese wandern zu lassen.
«Echte Magie!», fügt er hinzu, bevor Allegra etwas erwidern kann. «Ich besprach das Pentagramm, damit es dir Erfolg verhieß in deiner Klausur.» Gekonnt lenkt er den schweren schwarzen Wagen die Langenberger Straße entlang. «Doch du wirst sehr bald sehen, was du selbst mit deinen verborgenen Kräften alles erreichen kannst.»
«Was meinst du?», fragt Allegra verwundert, doch sie ahnt die Antwort.
«Ich weiß von Jessica. Ich weiß, was euch, deinen Freundinnen und dir passiert ist, Lexie.»
Scheinbar weil der Verkehr seine Aufmerksamkeit beansprucht, macht Amon eine kurze Pause. «Und ich weiß, dass du stärker bist als sie», fügt er dann hinzu und blickt Allegra direkt an. Die feinen Härchen in ihrem Nacken stellen sich bei seinem intensiven Blick auf. Doch es ist ein wohliges, vielversprechendes Kribbeln, dass ihr durch den Körper läuft. Und sie will mehr davon. Erstaunt bemerkt sie, dass Amon den Rover nach links von der Hauptstraße abbiegend in eine schmale Nebenstraße lenkt.
«Wo fährst du mit mir hin?», fragt sie neugierig.
«Zum Friedhof!», antwortet Amon mit einem finsteren Grinsen.
Verwundert schaut sich Allegra um, als der schwere Wagen das Friedhofstor passiert. Erst als sie ein gutes Stück den breiten Weg auf dem Friedhof befahren haben, parkt Amon.
«Steig bitte aus. Ich möchte die etwas zeigen», fordert er sie auf. Unsicher betätigt Allegra den Handgriff der Tür, dann folgt sie Amon, der beiläufig die Zentralverriegelung des Wagens über den Knopf am Schlüssel betätigt. Sie steuern auf eine große Wiesenfläche zu, auf der an einzeln verstreut stehenden Bäumen Grablichter und Blumen gestellt worden sind. Offensichtlich sucht Amon eine bestimmte Stelle auf der Wiese. Dann zieht er die Sechzehnjährige zu sich heran.
«Hier! Das ist die Stelle, an der vor dreieinhalb Wochen ihre Asche in einer Urne begraben wurde. Außer dem örtlichen Pfaffen, dem Totengräber und mir nahm niemand von ihr Abschied», erklärt er bitter.
Bevor die Frage über ihre Lippen ist, ahnt Allegra bereits die Antwort.
«Was denkst du, weswegen ich dich sonst hier her geführt hätte?», entgegnet Amon.
Allegra läuft es eiskalt über den Rücken, als sie kapiert, dass sie an Jessicas Grab steht.
«Du willst bestimmt wissen, woran sie gestorben ist. Ich sag es dir. Der Wahnsinn hat sie von innen heraus aufgefressen. Seit dem Tag an der Ruhr, als Tracy sie brutal aus dem Ritual gerissen hat, ist sie aus dem Koma nicht mehr erwacht. Es ist das Schlimmste für eine Hexe, von Isis Lebensader abgeschnitten zu werden.»
Bei Amons Worten bekommt Allegra Angst, doch Amon fährt unbeirrt fort. «Stell dir vor, du sitzt blind, taub und unfähig etwas zu spüren in einem Raum, in dem es düsterer ist, als in der dunkelsten Nacht, die du je erlebtest. Doch was du spürst, ist, dass es von allen Seiten auf dich zukriecht, und dass du es nicht aufhalten kannst. Es greift nach deiner Seele, nach deinem Verstand. Du beginnst zu schreien, in dem Wissen, dass niemand dich hören wird, denn deine Stimme ist zuvor für immer verstummt. Und dann löscht es deinen Verstand aus.»
«Hör auf!», schreit Allegra entsetzt und wendet sich von der Stelle ab, an der die letzten Überreste Jessicas unter dem Rasen vergraben sind.
«Warum erzählst du mir das?», fragt sie etwas ruhiger, ohne sich jedoch wieder zu Amon zu wenden. «Weil ich weiß, dass du keine Nacht mehr durchschläfst, nachdem du vom Strom der Magie gekostet hast, der dich durchpulste, als Jessica dich für ihr Ritual gebrauchte.»
«Missbrauchte!», wagt Allegra, ihn zu berichtigen.
«Wer redet dir das ein? Diese Tracy?»
«Wie kommst du gerade auf sie?»
«Sie hat mit Cassandra geredet, stimmts? Sie haben ein Treffen vereinbart. Wirst du hingehen?»
«Warum sollte ich nicht. Ich kenne keine andere Hexe, außer sie ...»
«Du kennst mich!», unterbricht Amon sie. «Verschwende die Kraft, die in dir schlummert nicht an Tracy. Sie ist eine blutige Amateurin, genau wie du.»
«Ach. Und darum soll ich dir trauen», entgegnet Allegra mutig. Doch nur, weil sie ihm dabei nicht in die Augen sieht.
«Du hast erlebt, wozu ich fähig bin. Sei nicht dumm, Lexie. Folge mir, ich werde dir etwas zeigen!»
Amon schiebt sich an ihr vorbei, ohne sie dabei eines Blickes zu würdigen. Doch er kommt ihr so nah, dass sein Handrücken über ihren Oberschenkel streift. Allegra ignoriert die Angst, die abermals in ihr aufwallt und folgt ihm.
Gemeinsam gehen sie den Hügel hinauf und gelangen zur Trauerhalle des Friedhofs, die wie eine düstere Skulptur vor ihnen in den düsteren Himmel ragt. Die kubische Grundform des beeindruckenden Gebäudes und seine spitz aufragenden Schieferdachelemente, die jeweils ein Viertel des quadratischen Grundrisses abdecken und gegeneinander um neunzig Grad verdreht sind, erinnern Allegra an einen überdimensionalen Altar, auf dem beschlagende Kohle aufgeschichtet ist. Je näher die der Trauerhalle kommen, umso unbedeutender kommt sie sich vor.
Erst als sie die Treppen zur Plattform hinaufsteigen, die das Gebäude umgibt, entdeckt sie die bronzene Feuerschale, die auf einem vierbeinigen Gestell ruht. Erschüttert erkennt sie, dass Amon genau darauf zusteuert.
«Was ist das?», fragt sie mit bebender Stimme.
«Wo nach sieht es denn aus?»
«Eine Opferschale?», wagt Allegra auszusprechen.
«Exakt! Doch die Dummköpfe, die sie hier aufstellten, weil sie es für ein passendes Kunstobjekt hielten, hatten keinen blassen Schimmer.»
Mit einem befriedigenden Lächeln durchbohrt Amon sie mit seinem Blick.
«Du hast die Wahl. Heute ist eine besondere Nacht, musst du wissen. Wenn du dich traust, treffen wir uns heute Nacht hier und du wirst dein erstes Ritual vollziehen.»
Bevor Allegra etwas einwenden kann, fährt Amon fort: «Sag nichts. Ich werde hier warten. Du wirst die Zeit wissen. Es ist deine Entscheidung!»
Tracy und Monique sitzen auf einer Bank, die sich auf der ehemaligen Eisenbahnbrücke zwischen Heisingen und Kupferdreh befindet. Nachdenklich blickt Tracy in den Sonnenuntergang. Die Hand ihrer Liebsten liegt zärtlich auf ihrem Oberschenkel. Sie spürt Moniques Nähe, spürt die Verbundenheit tief in ihrer Seele. Der Wunsch, dass sie die Zeit verlangsamen könnte, erfasst ihr Denken. Ihr Blick sucht den Moniques und versinkt darin. Jede sucht der Anderen Umarmung. Ihre Lippen berühren sich. Ihre Küsse bedecken Wangen, Hals und Nacken.