Der Hexer von Hymal, Buch III: Eine Reise in den Süden - N. Bernhardt - E-Book

Der Hexer von Hymal, Buch III: Eine Reise in den Süden E-Book

N. Bernhardt

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Beschreibung

Die Fortsetzung des Fantasy-Epos. Drei Gefährten, drei Anliegen, ein Ziel: Zundaj, die Hauptstadt des Reichs. Schon in Terys geht so einiges schief. Doch die Weiterreise von dort entpuppt sich als Albtraum, in dem so manch einer seiner Gefährten sein wahres Gesicht zeigt. Die große Stadt heißt sie dann nur widerwillig willkommen. Werden wenigstens die Magier des Ordens Nikko gewogen sein? Oder erwartet ihn dort gar eine ganz böse Überraschung? Null Papier Verlag

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N. Bernhardt

Buch III: Eine Reise in den Süden

Der Hexer von Hymal

N. Bernhardt

Buch III: Eine Reise in den Süden

Der Hexer von Hymal

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019 2. Auflage, ISBN 978-3-954182-65-7

www.null-papier.de/hymal

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ers­tes Ka­pi­tel: Der lan­ge Fluss

Zwei­tes Ka­pi­tel: Die Stadt am Meer

Drit­tes Ka­pi­tel: Der Vor­fall in Bri­go

Vier­tes Ka­pi­tel: Raub in der Step­pe

Fünf­tes Ka­pi­tel: Die Stadt auf dem Berg

Sechs­tes Ka­pi­tel: Ganz oben in der Stadt

Sieb­tes Ka­pi­tel: In der Höh­le des Lö­wen

Aus­blick

Drei Ge­fähr­ten, drei An­lie­gen, ein Ziel: Zun­daj, die Haupt­stadt des Reichs. Schon in Te­rys geht so ei­ni­ges schief. Doch die Wei­ter­rei­se von dort ent­puppt sich als Alb­traum, in dem so manch ei­ner sei­ner Ge­fähr­ten sein wah­res Ge­sicht zeigt.

Die große Stadt heißt sie dann nur wi­der­wil­lig will­kom­men. Wer­den we­nigs­tens die Ma­gier des Or­dens Nik­ko ge­wo­gen sein? Oder er­war­tet ihn dort gar eine ganz böse Über­ra­schung?

Website

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Rei­he und zum Au­tor fin­den Sie un­ter:

hy­mal.info

Erstes Kapitel: Der lange Fluss

Meh­re­re Tage war das wack­li­ge Floß jetzt schon auf dem Fluss un­ter­wegs, der nun ge­mäch­lich nach Sü­den floss. Dem großen Meer bei Te­rys ent­ge­gen, auf das sich Nik­ko schon freu­te. Noch im­mer säum­ten dich­te Wäl­der das Ufer und ver­wehr­ten so je­den Blick wei­ter hin­ein ins Groß­her­zog­tum Thordám. Kein Zei­chen von Zi­vi­li­sa­ti­on bot sich den Rei­sen­den auf der lang­wei­li­gen Fahrt.

Viel ge­spro­chen hat­te Nik­ko wäh­rend der ver­gan­ge­nen Tage we­der mit Fy­dal noch mit Da­nu­wil. Ir­gend­wie war der Jun­ge noch im­mer von der Bru­ta­li­tät des jun­gen Prin­zen er­schro­cken, der die Ver­rä­ter auf der Ei­sen­fes­te so gna­den­los dem Gal­gen preis­gab. Wa­rum er dar­an so sehr An­stoß nahm, war dem jun­gen Zau­be­rer da­bei selbst nicht ganz klar. Schließ­lich hat­ten die ver­rä­te­rischen Übel­tä­ter wohl kei­ne Gna­de ver­dient. Den­noch war er ir­gend­wie ent­täuscht vom Fürs­ten­sohn, der doch sonst so froh und na­tür­lich wirk­te. Nie hat­te er bis­her solch kalt­blü­ti­ge Här­te ge­zeigt. Fy­dal spür­te Nik­kos Un­be­ha­gen wohl und schi­en den Jun­gen lie­ber zu mei­den. Vi­el­leicht ja aus Scham. Oder war es doch nur Miss­bil­li­gung? War Fy­dal ihm etwa böse, weil er stumm den Tod der Ver­rä­ter ta­del­te?

Da­nu­wil hin­ge­gen woll­te wohl die Mas­ke­ra­de auf­recht­er­hal­ten. Schließ­lich reis­ten die bei­den Jüng­lin­ge ja of­fi­zi­ell als sei­ne Knap­pen. Der pom­pö­se Edel­mann schi­en sei­ne Füh­rungs­rol­le da­bei aus­gie­big zu ge­nie­ßen. Gera­de vor den Flö­ßern gab er sich kaum mit sei­nen Knap­pen ab – und wenn, dann wies er die bei­den nur barsch zu­recht, was der jun­ge Prinz meist mit bö­sem Blick oder Kopf­schüt­teln quit­tier­te. Den­noch spiel­te auch der sei­ne Rol­le. Noch je­den­falls, wie Nik­ko manch­mal fürch­te­te.

So hat­te der jun­ge Zau­be­rer viel Zeit zum Nach­den­ken, wäh­rend Tag um Tag die ein­tö­ni­gen Wäl­der am Ufer des Flus­ses fast hyp­no­ti­sie­rend an ih­nen vor­bei­zo­gen, und nach­zu­den­ken gab es viel. Höchs­tens zwei Mo­na­te, so schätz­te der Jun­ge grob, war es schließ­lich her, seit er mit Tho­ro­dos das hei­mat­li­che Dorf ver­las­sen hat­te. Mit dem omi­nösen Brief, den der Händ­ler Fo­daj aus Ho­ca­tin mit­ge­bracht hat­te, war da­mals ur­plötz­lich al­les los­ge­gan­gen. All die Aben­teu­er, all die Schre­cken, all das Leid. Den­noch, zu be­reu­en hat­te er nichts. Schließ­lich hat­te er sich ja schon seit lan­ger Zeit da­nach ge­sehnt, dem ver­hass­ten Hof im Berg­dorf zu ent­flie­hen.

In die­sen zwei Mo­na­ten war aus dem Zie­gen­hir­ten der Weg­ge­fähr­te ei­nes ech­ten Prin­zen ge­wor­den, viel­leicht so­gar der des nächs­ten Fürs­ten von Ho­ca­tin. Dem Fürs­ten­sohn hat­te der Jun­ge im schreck­li­chen Hy­mal das Le­ben ge­ret­tet und war ihm seit­her treu. Au­ßer­dem hat­te sich dann ja noch her­aus­ge­stellt, dass Nik­ko das un­ge­ahn­te Ta­lent zur Zau­be­rei in sich trug. Gera­de dar­an er­in­ner­te ihn vor al­lem der Zau­ber­stab stets aufs Neue, wenn er das gute Stück mal wie­der vol­ler Dank­bar­keit be­trach­te­te. Schließ­lich hat­te ihn die treue Waf­fe selbst doch mehr­fach schon vor den schreck­li­chen Orks von Hy­mal ge­ret­tet. Wo­hin wür­de ihn der Weg der Zau­be­rei wohl noch füh­ren?

Weit hat­te er es ge­bracht in die­sen we­ni­gen Wo­chen, stell­te er nicht un­zu­frie­den fest. Er hat­te sich ja so da­nach ge­sehnt, das öde Le­ben im Dorf end­lich hin­ter sich zu las­sen. Den­noch ver­miss­te er jetzt die Fa­mi­lie, die ihn frü­her doch so nerv­te. Selbst die stets ge­mei­nen Wor­te Gi­mus, des gars­ti­gen großen Bru­ders, fehl­ten ihm ein we­nig. Nun erst auf dem lan­gen Fluss, so weit von der Hei­mat ent­fernt, wur­de ihm dies be­wusst. Der Ge­dan­ke je­doch, dass viel­leicht ei­ni­ge der Trop­fen des trü­ben Was­sers, das er ver­spielt durch sei­ne Fin­ger rin­nen ließ, den hei­mat­li­chen Ber­gen ent­sprun­gen sein moch­ten und über den Bach aus dem Tal, durch den großen See von Ho­ca­tin und die ma­je­stä­ti­schen Fäl­le bei der Ei­sen­fes­te hin­ab ih­ren Weg hier­her ge­fun­den hat­ten, spen­de­te dem jun­gen Zau­be­rer ein klein we­nig Trost in der Fer­ne.

Da un­ter­brach ein plötz­li­ches Knar­ren und Rum­peln jäh die Ge­dan­ken des Jun­gen! Das konn­te nichts Gu­tes ver­hei­ßen. Schon plumps­ten ei­ni­ge Kis­ten in den Fluss, wo das Floß in der Mit­te zer­brach und bei­de Hälf­ten hef­tig ins Schau­keln ge­rie­ten. Nik­ko war vor Schre­cken fast ge­lähmt und ver­such­te ver­zwei­felt, sich ir­gend­wo fest­zu­hal­ten. Schließ­lich konn­te er doch gar nicht schwim­men!

»Schei­ße!«, hör­te er einen der Flö­ßer laut flu­chen. »Fest­hal­ten!«

Nach ei­nem kur­z­en Au­gen­blick hat­te sich das Ge­fährt wie­der be­ru­higt und ei­ni­ge lose Baum­stäm­me zwi­schen den bei­den Hälf­ten lie­ßen erah­nen, dass sich dort die Lei­nen ge­löst hat­ten, die die Stäm­me zu­sam­men­hal­ten soll­ten. Nik­ko, dem der Schock noch im blas­sen Ge­sicht stand, be­fand sich mit ei­nem Flö­ßer auf dem vor­de­ren Teil, der Rest der Grup­pe auf dem hin­te­ren.

»So ein Mist!«, maul­te der Flö­ßer bei Nik­ko und trieb die Floß­hälf­te mit sei­ner Sta­ke in Rich­tung des na­hen Ufers, wo er sie fest an ei­nem Baum ver­zurr­te. Auf glei­che Wei­se wur­de auch die hin­te­re Hälf­te ge­si­chert.

»Auf welch un­si­che­rem Ge­fährt lasst ihr uns da rei­sen!«, be­schwer­te sich Da­nu­wil mit wü­ten­der Stim­me. »Seid ihr des Wahn­sinns?«

Die Män­ner quit­tier­ten dies nur mit fins­te­ren Bli­cken, die den Ad­li­gen schnell ver­stum­men lie­ßen. Über­haupt wa­ren die Flö­ßer vom Edel­mann sicht­lich ge­nervt. Zwar wa­ren sie nur Ge­wöhn­li­che, aber als Mit­glie­der ei­ner mäch­ti­gen Gil­de brauch­ten sie den nie­de­ren Adel kaum zu fürch­ten. So je­den­falls hat­te es Fy­dal dem Jun­gen in ei­nem der we­ni­gen ih­rer kur­z­en Ge­sprä­che er­klärt.

»Das wird eine Wei­le dau­ern, das Boot wie­der klarzu­ma­chen«, kom­men­tier­te ein Flö­ßer.

»Die ver­fluch­ten Kis­ten müs­sen wir auch noch aus dem Was­ser fi­schen«, er­gänz­te ein an­de­rer ge­nervt.

»Lasst doch die paar Kis­ten im Was­ser«, warf Da­nu­wil ein, den die Aus­sicht, län­ger hier zu ver­wei­len, wohl we­nig be­geis­ter­te.

»Na klar«, lach­te ei­ner der Män­ner. »Und Ihr über­nehmt den Ver­dienst­aus­fall?«

»Be­stimmt nicht«, stell­te der Ad­li­ge klar. »Los, Knap­pen, ma­chen wir es uns hier am Ufer ge­müt­lich!«

Das Ufer je­doch bot kaum Mög­lich­kei­ten, es sich dort all­zu be­quem zu ma­chen. Knor­ri­ge Wur­zeln und Stümp­fe stak­ten aus dem schlam­mi­gen Bo­den und mach­ten so schon das An-Land-Ge­hen zum Aben­teu­er.

»Ver­flucht!«, keif­te Da­nu­wil, der fast bis zu den Kni­en im Matsch steck­te. »Am bes­ten, wir fin­den einen Platz wei­ter vom Ufer ent­fernt.«

Ei­ni­ge Zeit spä­ter hat­ten es sich die drei auf ei­ner Lich­tung meh­re­re Stein­wür­fe vom Fluss ent­fernt ge­müt­lich ge­macht. Am knis­tern­den La­ger­feu­er auf dem hier tro­ckenen Bo­den durf­ten sie so hof­fen, ihre nas­sen Stie­fel bald zu trock­nen. Die Flö­ßer wa­ren un­ter­des­sen mit dem Ge­fährt und der Ber­gung der Erz­kis­ten be­schäf­tigt.

Fy­dals Blick ließ jetzt mehr und mehr erah­nen, dass er es leid war, für Da­nu­wil den Knap­pen zu spie­len. Die­ser hat­te es sich wie­der nicht neh­men las­sen, sei­ne Rol­le genüss­lich aus­zu­kos­ten. Nicht nur muss­ten Nik­ko und Fy­dal das La­ger her­rich­ten, der Ad­li­ge hat­te sie so­gar zu den Flö­ßern ab­kom­man­die­ren wol­len, um sich dort nütz­lich zu ma­chen. Zum Glück hat­ten die­se dan­kend ab­ge­lehnt. Dem Fürs­ten­sohn wäre sonst wohl doch noch der Kra­gen ge­platzt.

»Die Klin­ge muss ge­ölt wer­den«, be­merk­te Da­nu­wil dann bei­läu­fig, als er sein Lang­schwert im Schein des Feu­ers be­gut­ach­te­te. Er schob die Waf­fe wie­der in ihre Schei­de und warf sie dann in Rich­tung sei­ner Knap­pen, die dicht bei­sam­mensa­ßen. Der Prinz war schnel­ler als Nik­ko und fing das Schwert, wohl im Re­flex. Zum Er­stau­nen des Jun­gen ent­fern­te Fy­dal sich dann kom­men­tar­los in Rich­tung des Flo­ßes, wo im Ge­päck das Waf­fen­öl ver­staut war. Den­noch, lan­ge konn­te das nicht mehr gut ge­hen! Merk­te der Ad­li­ge denn nicht, dass er den Bo­gen hier über­spann­te?

Es dau­er­te eine gan­ze Wei­le, bis Fy­dal wie­der zu­rück war. Mit her­aus­for­dern­dem Ton be­fahl er dann: »Die Waf­fen müs­sen ge­ölt wer­den!«, und warf dem ver­dutz­ten Ad­li­gen gleich bei­de Lang­schwer­ter zu, von de­nen der nur ei­nes fan­gen konn­te. Das an­de­re prall­te schmerz­voll ge­gen sei­ne lin­ke Hand. Ver­dien­te Stra­fe, amü­sier­te sich Nik­ko.

Jetzt sah auch der Jun­ge, dass Fy­dal wie­der sei­ne präch­ti­ge Uni­form trug. Wie hat­te er die Rüs­tung nur al­lein an­le­gen kön­nen, wun­der­te sich Nik­ko. Oder hat­ten ihm die Flö­ßer da­bei ge­hol­fen? Je­den­falls war das Ver­steck­spiel nun vor­bei. Jetzt war er wie­der Ma­jor Fy­dal, der Prinz von Ho­ca­tin.

»Selbst­ver­ständ­lich, Durch­laucht«, bu­ckel­te Da­nu­wil so­gleich mit ge­quäl­tem Lä­cheln. Auch er hat­te wohl end­lich ver­stan­den.

Der jun­ge Prinz war wie aus­ge­wech­selt, jetzt, da er wie­der er selbst sein durf­te. Hat­te er Nik­ko vor­her seit Ta­gen ge­mie­den, konn­te sich die­ser nun vor Fy­dals Auf­merk­sam­keit kaum ret­ten. Schein­bar war der Fürs­ten­sohn ihm doch we­der böse ge­we­sen, noch tat ihm der Tod der Ver­rä­ter leid. Nein, es war ihm wohl ein­fach nur pein­lich ge­we­sen, den Knap­pen für Da­nu­wil zu spie­len.

»End­lich wie­der in rich­ti­gen Klei­dern«, stell­te Fy­dal er­leich­tert fest und zwin­ker­te Nik­ko mit ei­nem brei­ten Grin­sen zu. Den nun­mehr eher klein­lau­ten Da­nu­wil hin­ge­gen schi­en er durch Nicht­be­ach­tung stra­fen zu wol­len, was die­ser mit ge­senk­tem Blick er­trug.

»Die Män­ner wer­den noch bis mor­gen am Floß be­schäf­tigt sein«, er­klär­te der Prinz. »Zeit also, uns aus­gie­big zu un­ter­hal­ten, jetzt, wo das Trau­er­spiel end­lich vor­über ist.«

»Wie lan­ge wer­den wir noch un­ter­wegs sein?«, frag­te Nik­ko, um von der pein­li­chen Si­tua­ti­on ab­zu­len­ken.

»Noch etwa eine Wo­che bis Te­rys«, ant­wor­te­te Fy­dal. »Dann viel­leicht noch vier wei­te­re bis Zun­daj.«

»Auf dem Rücken ei­nes Ros­ses kön­nen wir es in zwei schaf­fen«, ver­bes­ser­te Da­nu­wil und wirk­te jetzt wie­der selbst­be­wus­s­ter. Ihm war wohl klar, wie nütz­lich sei­ne Er­fah­run­gen auf den Stra­ßen des Rei­ches dem jun­gen Fürs­ten­sohn auf der Rei­se noch sein wür­den. Si­cher wür­de Fy­dal ihm die Schmach da­her schon bald ver­zie­hen ha­ben.

Nik­ko hin­ge­gen wur­de bei dem Ge­dan­ken, zwei Wo­chen auf ei­nem Pferd zu­zu­brin­gen, wie­der ganz an­ders. Da war ihm so­gar die Fahrt auf dem wack­li­gen Floß noch lie­ber.

»Vi­el­leicht kön­nen wir uns so­gar ei­ner Ka­ra­wa­ne an­schlie­ßen«, setz­te der Ad­li­ge fort. »Dann kom­men wir viel­leicht et­was lang­sa­mer vor­an, aber es wäre wohl die si­chers­te Art zu rei­sen.«

»Wie­so si­cher?«, war Nik­ko be­un­ru­higt. »Ist die Rei­se denn ge­fähr­lich?«

»Das wür­de mich auch in­ter­es­sie­ren«, klink­te sich Fy­dal wie­der in das Ge­spräch ein. »Ich war bis­her un­ter dem Ein­druck, der Groß­her­zog hiel­te Ruhe und Ord­nung in sei­nen Lan­den.«

»Im Ver­gleich zu an­de­ren Tei­len des Reichs ist es in Thordám wohl tat­säch­lich si­cher«, lach­te Da­nu­wil. »Aber mit We­ge­la­ge­rern und Ork­ban­den soll­te man auf den großen Han­dels­rou­ten im­mer rech­nen. Wohl nichts, mit dem wir nicht fer­tig­wür­den. In ei­ner Ka­ra­wa­ne wäre die Rei­se den­noch am si­chers­ten.«

»Ich wer­de wohl kaum in ei­ner Ka­ra­wa­ne rei­sen«, maul­te Fy­dal. »Falls wirk­lich nö­tig, heue­re ich in Te­rys lie­ber ein paar Söld­ner an. Vi­el­leicht aber ge­währt uns der Groß­her­zog ja so­gar eine Es­kor­te.«

»Dann wollt Ihr also um eine Au­di­enz beim Hofe zu Te­rys bit­ten?«, woll­te der Edel­mann in­ter­es­siert wis­sen.

»Bit­ten?«

»Ver­zeiht, Durch­laucht«, ru­der­te Da­nu­wil un­si­cher zu­rück. »Den Sohn ei­nes Re­gen­ten wird der Groß­her­zog na­tür­lich im­mer emp­fan­gen.«

Fy­dal nahm die Rich­tig­stel­lung mit ei­nem über­le­ge­nen Grin­sen auf, wohl nicht ohne große Ge­nug­tu­ung. Nik­ko hin­ge­gen be­gan­nen die­se Spiel­chen lang­sam zu ner­ven.

»Wa­rum dann ei­gent­lich die gan­ze Mas­ke­ra­de?«, frag­te der Jun­ge schließ­lich. Denn so recht ver­stand er das ur­sprüng­li­che Ver­steck­spiel nicht.

»Nun«, setz­te Fy­dal lang­sam an, »so­lan­ge ich un­ter dem Wap­pen von Ho­ca­tin rei­se, müss­te ich ei­gent­lich si­che­res Ge­leit beim Groß­her­zo­g… sa­gen wir: er­bit­ten. Da­mit ver­bun­den ist na­tür­lich zu­nächst die Er­laub­nis, das Groß­her­zog­tum als Ver­tre­ter des Fürs­ten­tums über­haupt be­tre­ten zu dür­fen.«

»Ei­gent­lich nur eine blo­ße For­ma­li­tät«, fuhr er fort. »Den­noch könn­te man es als un­höf­lich, wenn nicht gar an­ma­ßend be­zeich­nen, wenn ein Ver­tre­ter ei­nes herr­schen­den Hau­ses die Lan­de ei­nes Re­gen­ten ohne Ein­la­dung be­tritt. Führt er auch Trup­pen mit sich, so wäre dies so­gar als Ag­gres­si­on zu wer­ten.«

»Wer­det Ihr den Groß­her­zog dann nicht ver­är­gern?«, sorg­te sich Nik­ko.

»Schwer zu sa­gen«, gab der Fürs­ten­sohn klein­laut zu. »Ich ken­ne Sei­ne Kö­nig­li­che Ho­heit nicht per­sön­lich und kann ihn da­her kaum ein­schät­zen. Aber die hei­klen Um­stän­de ent­schul­di­gen wohl ei­ni­ges.«

»Wäre er denn nicht noch be­frem­de­ter, wenn Ihr das Land als falscher Knap­pe be­tre­ten hät­tet?«, wun­der­te sich der jun­ge Zau­be­rer mit ei­nem Kopf­schüt­teln.

»Wohl wahr«, pflich­te­te Fy­dal bei. »Tat­säch­lich hät­te ich es mir dann noch stär­ker über­le­gen müs­sen, beim Hofe eine Au­di­enz zu for­dern. Al­ler­dings gäl­te es wie­der­um als an­ma­ßend, durch frem­de Lan­de zu rei­sen, ohne bei Hofe die Auf­war­tung zu ma­chen.«

»Ich gebe ja zu«, beich­te­te der Prinz dann, »die Sa­che war nicht ganz zu Ende ge­dacht. Aber es galt ja auch, sich ohne zu großes Auf­he­bens von der Ei­sen­fes­te zu steh­len, wo wir so bit­ter ver­ra­ten wa­ren.«

»Das stimmt«, be­kräf­tig­te Da­nu­wil die Aus­füh­run­gen Fy­dals, wohl auch weil die Mas­ke­ra­de ja ur­sprüng­lich sei­ne Idee ge­we­sen war. »Wir konn­ten doch nicht si­cher sein, wirk­lich alle Ver­rä­ter ge­schnappt zu ha­ben. Jetzt ha­ben wir we­nigs­tens einen wert­vol­len Vor­sprung, der uns kaum noch zu neh­men ist.«

»In der Tat«, be­jah­te Fy­dal. »Die Un­ter­su­chung des Feld­mar­schalls hat Schreck­li­ches zu­ta­ge ge­bracht. Über­all im Fürs­ten­tum hat­te der Her­zog Ver­rat ge­sät. Zu schnell ist mein Va­ter dann wohl ge­stor­ben, so dass der fei­ge Plan noch nicht ganz um­ge­setzt war. Sonst hät­ten wir es nie zur Fes­te ge­schafft.«

»Der Hin­ter­halt?«, reg­te sich Da­nu­wil auf. »Ich wuss­te es doch!«

»Oh ja«, ant­wor­te­te der Prinz und lach­te un­ge­lenk. »Die Schüt­zen hat­ten wohl noch nicht ihre ei­gent­li­che Stel­lung be­zo­gen oder wa­ren un­vor­be­rei­tet. So wa­ren sie si­cher­lich von un­se­rem ver­früh­ten Auftau­chen zu über­rascht, um ihre fei­ge Tat ganz zu voll­brin­gen.«

»Das al­les wuss­te der Ma­jor zu beich­ten?«, war der Edel­mann er­staunt.

»Das Schwein hat­te dem Her­zog so­gar die ge­eig­nets­ten Orte für den Hin­ter­halt preis­ge­ge­ben!«, är­ger­te sich der Fürs­ten­sohn laut­stark. »Er muss wohl gut ge­schau­spie­lert ha­ben, die große Über­ra­schung zu ver­ber­gen, als wir dann plötz­lich am Tor auf­kreuz­ten.«

»War für die Fürs­ten­burg in Ho­ca­tin ähn­li­cher Ver­rat ge­plant?«, bohr­te Da­nu­wil wei­ter.

»Wenn ja, dann war der Ma­jor nicht ein­ge­weiht. Der Haupt­mann je­doch ist ein in­teg­rer Mann und die von Briscárs die­nen mei­ner Fa­mi­lie schon seit Ge­ne­ra­tio­nen. Kaum denk­bar, dass er un­ter den Ver­rä­tern ist. Nicht un­denk­bar al­ler­dings, dass der gute Mann… aus­ge­schal­tet wur­de.«

»Die­ser Schlag in sei­ner gan­zen Ge­mein­heit muss doch seit Jahr und Tag ge­plant ge­we­sen sein«, mut­maß­te der Ad­li­ge mit nach­denk­li­chem Ni­cken.

»Wahr­schein­lich«, pflich­te­te Fy­dal dem bei. »Der Her­zog weiß wohl, wie auf­wen­dig es wäre, die Ei­sen­fes­te im Sturm zu neh­men, denn eine län­ge­re Be­la­ge­rung hät­te ja kei­nen Sinn, so­lan­ge er nicht auch die Süd­sei­te blo­ckiert. Ohne die Fes­te zu kon­trol­lie­ren, ist der Aus­gang sei­nes Feld­zugs je­doch un­ge­wiss. Hat­te er doch si­cher­lich dar­auf spe­ku­liert, sich dort oben in der Burg zu ver­schan­zen und so den ein­zi­gen Weg nach Ho­ca­tin zu kon­trol­lie­ren.«

»Ja, we­der der Groß­her­zog noch der Kö­nig hät­ten ihn dort je wie­der her­aus­be­kom­men«, lach­te Da­nu­wil. »Frü­her oder spä­ter hät­te die Kro­ne ihm dann wohl das gan­ze Fürs­ten­tum über­tra­gen, um wie­der Ruhe im Reich zu schaf­fen.«

»Ein­fach so?«, wun­der­te sich Nik­ko.

»Er hät­te wahr­schein­lich eine lä­cher­li­che Sum­me an die Kro­ne ab­füh­ren müs­sen, so­dass der Kö­nig nicht das Ge­sicht ver­liert«, be­lehr­te der Edel­mann.

»Ist das denn ge­recht?«, wur­de der Jun­ge wü­tend.

»Ge­rech­tig­keit?«, lach­te der Fürs­ten­sohn. »Nein, um Ge­rech­tig­keit geht es nie. Manch­mal ja noch nicht ein­mal um Recht. Nik­ko, die Po­li­tik ist ein schmut­zi­ges Spiel.«

»Wie dem auch sei«, warf Da­nu­wil er­regt ein. »Der Her­zog hat sich ver­kal­ku­liert. Nun wird das Spiel erst rich­tig in­ter­essant!«

»In­ter­essant?«, schnauz­te der Fürs­ten­sohn. »Für Euch viel­leicht. Ihr seid schließ­lich kei­ne der… Spiel­fi­gu­ren.«

»Ver­zeiht, Durch­laucht«, stam­mel­te Da­nu­wil. »Ich habe mei­ne Wor­te wohl schlecht ge­wählt.«

»Fal­sche Wor­te für einen rich­ti­gen Ge­dan­ken, meint Ihr wohl?«

»Aber nicht doch, Durch­laucht«, wur­de der Edel­mann zu­neh­mend un­si­cher, um sich dann zu recht­fer­ti­gen, »ich füh­le ganz mit Euch in die­ser An­ge­le­gen­heit. Schließ­lich hat­ten sich des Her­zogs Pfei­le auch in mei­nen Schild ge­bohrt.«

Der Fürs­ten­sohn quit­tier­te die­se letz­ten Sät­ze des Ad­li­gen mit ei­nem Lä­cheln, das nicht ver­riet, wie es ge­meint war. Wie Aner­ken­nung wirk­te es je­doch kaum, so­dass Nik­ko sich ein­mal mehr we­gen der zu­neh­men­den Span­nun­gen zwi­schen sei­nen Beglei­tern Sor­gen mach­te.

»Wie ist es ei­gent­lich in die­sem Te­rys?«, frag­te der Jun­ge und woll­te die At­mo­sphä­re wie­der ein­mal et­was auf­lo­ckern, ob­wohl er schon fürch­te­te, dass auch die­ses The­ma er­neut zu Rei­be­rei­en füh­ren wür­de.

»Ich war noch nie dort«, gab der Fürs­ten­sohn zu und kam so wohl dem Edel­mann zu­vor. »Ich weiß je­doch, dass es eine große Stadt ist. Si­cher­lich zehn­mal so groß wie Ho­ca­tin. Auch ver­fügt Te­rys über einen der größ­ten Hä­fen im Reich. Vie­le Gil­den un­ter­hal­ten dort Au­ßen­stel­len. So­gar der Or­den hat ein Ka­pi­tel. Die Burg des Groß­fürs­ten soll auch ein ge­wal­ti­ges Bau­werk sein.«

»Wir wer­den ei­ni­ge Zeit dort ver­wei­len«, fuhr er fort. »Nicht nur wird der Groß­her­zog mich wohl ein paar Tage auf mei­ne Au­di­enz war­ten las­sen, so ist es nun mal Ge­pflo­gen­heit. Auch will die wei­te­re Rei­se ge­plant und vor­be­rei­tet wer­den. Ihr soll­tet die Zeit gut nut­zen, um mit dem Or­den Kon­takt auf­zu­neh­men.«

»Ich möch­te aber lie­ber mit Euch nach… ähm, wie hieß doch gleich die Stadt?«, ge­riet Nik­ko ins Sto­cken.

»Zun­daj?«

»Ja, Zun­daj. Ich möch­te mit Euch nach Zun­daj rei­sen.«

»Das könnt Ihr auch so«, lä­chel­te Fy­dal. »Den­noch, Ihr könnt nicht ta­ge­lang in Te­rys wei­len, ohne Euch dem Or­den zu of­fen­ba­ren.«

»Nicht, dass Ihr noch als Ab­trün­ni­ger en­det!«, füg­te er laut la­chend hin­zu.

Nik­ko fand dies über­haupt nicht lus­tig, er­in­ner­ten ihn die Wor­te doch an den al­ten Tho­ro­dos. ›A­po­stat‹ oder so ähn­lich hat­te der Mann in der schwar­zen Kut­te ihn ge­schimpft und dann er­schie­ßen las­sen. Gera­de des­halb hat­te es der Jun­ge kaum ei­lig, beim Or­den vor­zu­spre­chen. Aber letzt­lich wür­de wohl doch kein Weg dar­an vor­bei­füh­ren.

»Wo wollt Ihr ei­gent­lich näch­ti­gen?«, woll­te Da­nu­wil dann wis­sen. »Ich wüss­te nicht, wo Ihr als An­ge­hö­ri­ger des Hochadels un­ter­zu­brin­gen wä­ret.«

»Ihr könnt Fra­gen stel­len, von Bregánt«, zuck­te der Fürs­ten­sohn die Schul­tern. »In An­be­tracht der Um­stän­de wird man uns wohl in der fürst­li­chen Re­si­denz ein­quar­tie­ren, auch ohne Ein­la­dung.«

»Ihr wer­det aber ei­ni­ge Wa­chen be­ste­chen müs­sen, um über­haupt in die Burg zu ge­lan­gen«, mein­te Da­nu­wil mit zwei­deu­ti­ger Stim­me, die of­fen ließ, ob dies ein Rat war oder eine Pro­vo­ka­ti­on. »Schließ­lich reist Ihr ohne Ge­leit. Noch nicht ein­mal ein Ge­fol­ge habt Ihr da­bei. Nicht un­wahr­schein­lich, dass man an Euch zwei­feln wird.«