Der Hexer von Hymal, Buch X: Schuld und Schmach - N. Bernhardt - E-Book

Der Hexer von Hymal, Buch X: Schuld und Schmach E-Book

N. Bernhardt

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Beschreibung

Die Fortsetzung des Fantasy-Epos. Nach Nikkos Zusammenprall mit dem Herzog von Khondharr kommt bald das böse Erwachen! Was ist in Skingár bloß geschehen? Trägt der junge Zauberer etwa Schuld an all dem Gräuel? Dem Ort des Grauens entkommen, muss sich Nikko endlich um seine neuen Untertanen kümmern. Doch schon bald holt ihn die Vergangenheit wieder ein. Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2025

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N. Bernhardt

Buch X: Schuld und Schmach

Der Hexer von Hymal

N. Bernhardt

Buch X: Schuld und Schmach

Der Hexer von Hymal

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 2. Auflage, ISBN 978-3-954184-28-6

null-papier.de/neu

Inhaltsverzeichnis

Ers­tes Ka­pi­tel: Wie ge­won­nen, so zer­ron­nen?

Zwei­tes Ka­pi­tel: Neue Hoff­nung

Drit­tes Ka­pi­tel: Der lan­ge Marsch

Vier­tes Ka­pi­tel: An­kunft und Zu­kunft

Fünf­tes Ka­pi­tel: An­ders als ge­dacht

Sechs­tes Ka­pi­tel: Eine ver­spä­te­te Lek­ti­on

Sieb­tes Ka­pi­tel: Ge­beich­te­te Lü­gen

Aus­blick

Der Hexer von Hy­mal

Der Hexer von Hy­mal, Buch I: Ein Jun­ge aus den Ber­gen

Der Hexer von Hy­mal, Buch II: Der Un­ter­gang des Fürs­ten­tums

Der Hexer von Hy­mal, Buch III: Eine Rei­se in den Sü­den

Der Hexer von Hy­mal, Buch IV: Ein ta­len­tier­ter Schü­ler

Der Hexer von Hy­mal, Buch V: Rück­kehr ins Un­be­kann­te

Der Hexer von Hy­mal, Buch VI: Die Fes­tung im Fein­des­land

Der Hexer von Hy­mal, Buch VII: Der leid­li­che Her­zog

Der Hexer von Hy­mal, Buch VIII: Freund und Feind

Der Hexer von Hy­mal, Buch IX: Kein leich­tes Spiel

Der Hexer von Hy­mal, Buch X: Schuld und Schmach

und wei­te­re …

Nach Nik­kos Zu­sam­men­prall mit dem Her­zog von Khond­harr kommt bald das böse Er­wa­chen! Was ist in Skingár bloß ge­sche­hen? Trägt der jun­ge Zau­be­rer etwa Schuld an all dem Gräu­el?

Dem Ort des Grau­ens ent­kom­men, muss sich Nik­ko end­lich um sei­ne neu­en Un­ter­ta­nen küm­mern. Doch schon bald holt ihn die Ver­gan­gen­heit wie­der ein.

Website

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Rei­he und zum Au­tor fin­den Sie un­ter:

hy­mal.info

Erstes Kapitel: Wie gewonnen, so zerronnen?

Es war al­les dun­kel und still, als ob es schon im­mer so war und ewig so sein wür­de. Al­les ruh­te fried­lich und schwang in völ­li­ger Har­mo­nie. Er hat­te längst ver­ges­sen, wer er war, oder was er war. Aber das war ihm jetzt auch egal, es zähl­te ein­fach nicht. Mit die­sem Zu­stand zu­frie­den, ge­noss er das große Nichts.

Was war denn das? Was stör­te da? Ir­gend­wo zwick­te es, aber wo? Was be­deu­te­te die­ses Ge­fühl über­haupt? Es är­ger­te ihn, dass ein Zwi­cken das große Nichts hin­ter­frag­te. Eben noch mit al­lem zu­frie­den, muss­te er sich jetzt um so et­was küm­mern! Nein, am bes­ten, er igno­rier­te es ein­fach.

Das Ge­fühl wur­de stär­ker, im­mer stär­ker. Ge­fühl? Das Wort reich­te nicht mehr aus! Wie nann­te man es doch gleich, wenn ein Ge­fühl Ge­fahr ver­hieß? Schmerz! Das Zwi­cken war zu ei­nem Schmerz ge­wor­den. Wie är­ger­lich!

Im­mer noch ver­such­te er, in die­sem wun­der­ba­ren Zu­stand des Nichts zu ver­har­ren. Zu per­fekt er­schi­en ihm die­ser, als dass er ihn ein­fach so auf­ge­ben konn­te. Zu glück­lich war er hier, als dass er die­sen Ort je wie­der ver­las­sen woll­te.

Schmerz! Schon wie­der! Er wur­de im­mer schlim­mer und kon­zen­trier­te sich an ei­ner Stel­le, doch an was für ei­ner? Wer oder was war er über­haupt, dass er so et­was Übles emp­fin­den konn­te?

Hand. Links. Schmerz. Lang­sam ge­wan­nen die­se Wor­te wie­der an Be­deu­tung. Er hat­te einen Kör­per und eine lin­ke Hand. Aber warum soll­te die­se schmer­zen? Konn­te er es her­aus­fin­den? Nur wie?

Wer war er über­haupt? Was war er? Nik­ko! Ja, er er­in­ner­te sich wie­der – das war sein Name, und er war … ein … et­was Be­son­de­res … ah, ein Zau­be­rer! Lang­sam ka­men ihm all die­se In­for­ma­tio­nen ins Be­wusst­sein zu­rück. Aber wo war er? Was mach­te er hier?

Wie­der Schmerz! Wann hör­te das end­lich auf? Was konn­te er da­ge­gen tun? Er müss­te sich ei­gent­lich be­we­gen kön­nen. Sein Kör­per mit zwei Ar­men und zwei Bei­nen war doch dazu ge­schaf­fen. Oder war dies nur ein Traum, eine Il­lu­si­on? Au­gen, Ohren, Nase, Mund … Ja, er er­in­ner­te sich wie­der dar­an!

Lang­sam öff­ne­te Nik­ko sei­ne Au­gen, um end­lich zu er­fah­ren, was es mit den Schmer­zen auf sich hat­te. Al­les er­schi­en dun­kel und ir­gend­wie ver­schwom­men. Wie eine Wand aus Was­ser schi­en es, die dün­ner wur­de und For­men und dann auch Far­ben frei­gab. Eine mensch­li­che Fi­gur, de­ren Ge­sicht er noch nicht er­ken­nen konn­te, saß ne­ben ihm und küss­te sei­ne lin­ke Hand. Sie küss­te sei­ne Hand? Wa­rum das denn?

Schon wie­der Schmer­zen! Si­cher­lich woll­te die­se Per­son mit ih­ren Küs­sen sein Leid lin­dern. Wer war sie nur? Nik­ko ver­such­te, sei­nen Blick zu fo­kus­sie­ren. Ein blas­ses Ge­sicht, fah­le Au­gen mit mil­chi­gen Pu­pil­len – trotz­dem, ir­gend­wie kam ihm die­ser Mensch be­kannt vor.

Ein wei­te­rer Kuss, noch mehr Schmer­zen! Kuss? Von we­gen! Die Fi­gur biss ihn! Jetzt erst rich­te­te Nik­ko sei­nen Blick auf die blut­über­ström­te Hand, an der die Krea­tur in al­ler Ruhe nag­te. Sie fraß an ihm!

Mit ei­nem Schmer­zens­schrei wur­de der Zau­be­rer end­lich wach und konn­te auch wie­der kla­rer den­ken. Schnell sprang er auf und stieß die­ses … Et­was von sich, aber was war es ei­gent­lich? Es konn­te doch kein … aber schon der der nächs­ten Blick ließ kei­ne Zwei­fel – ein Un­to­ter, ganz klar!

Nun muss­te sich Nik­ko hef­tig über­ge­ben. Die Schmer­zen und der An­blick der zer­fleisch­ten lin­ken Hand wa­ren ein­fach zu viel für ihn. Was war nur pas­siert? Wo war er über­haupt?

Mit ei­nem Stöh­nen kam der Un­to­te dann gleich wie­der auf Nik­ko zu­ge­kro­chen, wohl um sein Mahl fort­zu­set­zen. Trotz des blei­chen Ge­sichts und der to­ten Au­gen kam ihm der Kerl ir­gend­wie be­kannt vor – ei­ner der Die­ner? Ja! Ei­ner sei­ner Be­diens­te­ten!

Die­ner? Ja, er war der Graf von Skingár und die­ses Ge­mäu­er sei­ne Burg! Aber was war hier pas­siert? Bü­cher, über­all Bü­cher. Er war in der Biblio­thek, kei­ne Fra­ge. Jetzt konn­te er sich so­gar wie­der an die­sen Raum er­in­nern, nicht aber an das, was hier ge­sche­hen war.

Der un­to­te An­grei­fer kam ihm in der Zwi­schen­zeit im­mer nä­her. Bei­na­he hät­te er Nik­ko wie­der er­grif­fen, doch die­ser ent­wisch­te im letz­ten Au­gen­blick. Voll Pa­nik rann­te der Zau­be­rer hin­aus in den Flur.

Nach ei­nem tie­fen Atem­zug mel­de­te sich sei­ne lin­ke Hand zu­rück. Der Schmerz war kaum noch aus­zu­hal­ten! Ver­flucht! Wa­rum war er nicht eher zur Be­sin­nung ge­kom­men? Was soll­te er nur ma­chen?

Zau­be­rei! Er war doch ein er­fah­ren­der Ma­gier und wür­de die Ver­let­zung hei­len kön­nen. Nun aber hieß es erst ein­mal, sich vor die­ser Krea­tur in Si­cher­heit zu brin­gen! Wie war sie über­haupt hier her­ge­kom­men? Ach ja! Nik­ko hat­te in ihr ja einen der Be­diens­te­ten wie­der er­kannt. Sein Geist war wohl noch im­mer et­was lahm.

So vie­le neue Fra­gen ta­ten sich ihm auf. Was war bloß pas­siert? Khon­dyr, husch­te es ihm durch den Kopf. Was be­deu­te­te die­ser Name? Ach ja, es war der Or­dens­na­me Rho­ba­nys, des Her­zogs von Khond­harr. Doch was hat­te Nik­ko mit die­sem zu tun?

Er­neut muss­te sich der jun­ge Zau­be­rer über­ge­ben und ver­spür­te plötz­lich auch boh­ren­den Hun­ger. Wie lan­ge hat­te er ei­gent­lich in der Biblio­thek ge­le­gen? Wa­rum hat­te ihn nie­mand ge­weckt? Al­les war so rät­sel­haft! Oder war er noch im­mer nur zu be­nom­men, um sich ein kla­res Bild zu ma­chen?

Die­se schreck­li­chen Schmer­zen hemm­ten ihn, ver­nünf­tig zu den­ken. Er muss­te sich rasch um die Hand küm­mern, be­vor der Scha­den noch dau­er­haft wür­de. Nicht al­les konn­te man schließ­lich mit Ma­gie hei­len oder wie­der­her­stel­len.

Nach­dem der Zau­be­rer sich in eine klei­ne Kam­mer un­weit der Biblio­thek ge­flüch­tet hat­te und die Tür fest ver­schlos­sen war, un­ter­such­te er sei­ne Hand ein­ge­hen­der. So schlimm, wie an­fangs ge­dacht, war es zum Glück aber nicht. Der Un­to­te hat­te tat­säch­lich nur ein­mal kräf­tig zu­ge­bis­sen, war aber nicht mehr dazu ge­kom­men, Fleisch aus sei­ner Hand zu rei­ßen.

Son­der­bar. Nik­ko er­in­ner­te sich doch dar­an, dass der Schmerz wie­der­holt auf­ge­tre­ten war. Spiel­te ihm die Erin­ne­rung hier etwa einen Streich? Ei­ner­lei! Viel wich­ti­ger war, dass er die Wun­de schnell ver­sorgt sein wür­de.

Nach ge­ta­ner Ar­beit mel­de­te sich der Ma­gen er­neut. Es fühl­te sich so an, als hät­te die­ser schon vie­le Tage lang nichts mehr zu tun ge­habt und pro­tes­tier­te nun aus ver­letz­tem Stolz.

Er muss­te wohl schon eine gan­ze Wei­le dort in der Biblio­thek ge­le­gen ha­ben. Wa­rum nur? Was war pas­siert? Aber­mals schoss ihm Khon­dyr durch den Kopf, doch muss­te er nun erst ein­mal sei­nen Ma­gen be­sänf­ti­gen. Brot war schnell her­bei­ge­zau­bert und fast eben­so schnell ver­schlun­gen. Ja, das tat gut! Was hat­te er doch für einen ra­sen­den Hun­ger ge­habt, dass ihm so­gar das ei­lig her­bei­be­schwo­re­ne, ein­fa­che Brot so sehr mun­de­te.

Kaum war der Ma­gen ge­füllt, hat­te Nik­ko plötz­lich großen Durst. Wie soll­te man denn un­ter die­sen Um­stän­den in Ruhe nach­den­ken? Zum Glück fand sich in der Kam­mer ein Krug, den er mit her­bei­ge­zau­ber­tem Was­ser füll­te und in ei­nem gie­ri­gen Zug leer­te.

Jetzt hieß es aber, end­lich Klar­heit dar­über zu er­lan­gen, was ge­sche­hen war! Khon­dyr? Ach ja! Der Kerl war plötz­lich auf­ge­taucht und hat­te Nik­ko zur Rede ge­stellt. Was hat­te er ge­wollt? Er for­der­te, dass der jun­ge Graf ihm ein­fach so die Burg und das Dorf übergab, sonst wür­de er die Be­völ­ke­rung Ho­ca­tins da­für bü­ßen las­sen. Was für ein ge­mei­ner Er­pres­sungs­ver­such!

Was war dann pas­siert? Das Zep­ter! Oh je, Nik­ko hat­te es tat­säch­lich auf den un­ver­schäm­ten Meis­ter ge­rich­tet und so­gar be­nutzt! Es hät­te die­sen ei­gent­lich so­fort tö­ten und so­gleich als Un­to­ten wie­der­au­fer­ste­hen las­sen sol­len. Hat­te es denn funk­tio­niert?

Der un­to­te Die­ner, der Nik­kos Hand be­nagt hat­te! Stand die­ser etwa im Zu­sam­men­hang mit dem Ge­brauch des Zep­ters? Hat­te es nicht auf Khon­dyr ge­wirkt, son­dern auf den ar­men Kerl? Wo war das Ding über­haupt? Ach ja! Es war beim Ge­brauch zer­bors­ten. Zer­bors­ten? Zer­bors­ten!

Das konn­te nichts Gu­tes be­deu­ten! Die Zer­stö­rung des Ar­te­fakts sprach ei­gent­lich da­ge­gen, dass es pro­blem­los funk­tio­niert hat­te. Wo­her kam dann aber die­ser Un­to­te?

Fra­gen über Fra­gen, die Nik­ko in sei­nem klei­nen Re­fu­gi­um nicht be­ant­wor­ten kön­nen wür­de. Es half nichts, er muss­te hier raus und sich erst ein­mal einen Über­blick über die Burg ver­schaf­fen. Oh je! Was, wenn der arme Die­ner nicht der Ein­zi­ge war, der … es wäre ja nicht aus­zu­den­ken!

Was aber war mit Khon­dyr pas­siert? War der eben­falls be­trof­fen, oder hat­te er sich ret­ten kön­nen? War es sein ma­gi­scher Schutz ge­we­sen, der das Zep­ter hat­te bers­ten las­sen? War er schuld an Nik­kos lan­ger Be­wusst­lo­sig­keit? All sol­che Fra­gen quäl­ten den Zau­be­rer, als er durch die Gän­ge der Burg schlich und aus gan­zem Her­zen hoff­te, hier kei­ne wei­te­ren Un­to­ten zu fin­den.

Die­se Hoff­nung zer­streu­te sich so­gleich, als der Graf aus ei­nem Fens­ter in den Bur­g­hof blick­te. Über­all schlurf­ten sie durch den Schnee, mit dem be­hä­bi­gen Gang, den er nur zu gut von sei­nem un­to­ten Die­ner her kann­te.

Die gan­ze Burg war be­trof­fen, stell­te Nik­ko mit Trä­nen in den Au­gen fest. All die Be­diens­te­ten und Sol­da­ten wa­ren nun lee­re Hül­len, Schat­ten ih­rer selbst. Un­to­te, die ziel­los in der Fes­tung um­her­streif­ten und da­bei kei­nem Meis­ter zu fol­gen schie­nen.

Vi­el­leicht könn­te er sich die­ses Heer wil­len­lo­ser Krea­tu­ren ja un­ter­tan ma­chen. Si­cher­lich, was hier pas­siert war, stell­te eine Tra­gö­die oh­ne­glei­chen dar. So vie­le gute Leu­te zum Un­tod ver­ur­teilt, was für ein Leid! Aber sie ein­fach so hier her­u­mir­ren zu las­sen, mach­te die Lage auch nicht bes­ser. Den­noch, schon einen Au­gen­blick spä­ter schäm­te sich Nik­ko die­ses Ge­dan­kens.

Mo­ment mal! Fo­daj! Der Oberst von Briscár! Rit­ter Fey­nal und die­ser Fri­no! Wa­ren sie etwa alle be­trof­fen? Das konn­te doch nicht sein! Bit­te nicht der di­cke Händ­ler und der treues­te Of­fi­zier Fy­dals! Was für ein rie­si­ges Un­glück wäre das!

Nik­ko muss­te Klar­heit ha­ben und stürm­te durch die Hal­len und Gän­ge der Burg! Fo­daj! Die Trep­pen hin­auf, eine an­de­re hin­un­ter. Fo­daj! Von Briscár!

Rund­um Un­to­te, die hung­rig stöhn­ten, als der Zau­be­rer ih­nen zu nahe kam. Bald schon hat­te er einen Tross der Krea­tu­ren hin­ter sich, die ihm lang­sam schlur­fend durch das Ge­mäu­er folg­ten. Fo­daj! Briscár, brüll­te er wei­ter und mach­te so nur noch mehr Un­to­te auf sich auf­merk­sam.

Auch nach­dem er eine hal­be Stun­de durch die Burg ge­hetzt war, hat­te Nik­ko we­der Fo­daj noch Briscár le­bend ge­fun­den und auch nicht un­ter den Un­to­ten wie­der­er­kannt. Es wa­ren je­doch ei­ni­ge hun­dert Leu­te in der Burg, de­ren Be­sat­zung er zu­letzt noch mit zwei­hun­dert Bo­gen­schüt­zen ver­stärkt hat­te. Doch mit sei­nen zahl­rei­chen Ver­fol­gern wur­de es lang­sam un­mög­lich, sich hier noch mit der nö­ti­gen Ruhe um­zu­se­hen.

Auch wenn der Zau­be­rer vor den wan­deln­den Lei­chen kaum Angst zu ha­ben brauch­te, da sie viel zu lang­sam und trä­ge wa­ren, wirk­te die Hor­de doch un­heim­lich. In Ruhe nach sei­nen Ge­treu­en zu su­chen, kam so oh­ne­hin nicht in Fra­ge. Am bes­ten wäre es da­her, die Fes­tung zu ver­las­sen und sich un­ten im Dorf zu er­kun­di­gen, wie die Lage war. Vi­el­leicht hat­ten sich auch ei­ni­ge sei­ner Leu­te dort­hin ret­ten kön­nen.

Nik­ko be­weg­te sich in Rich­tung des Burg­tors, stets be­müht, nicht auf Schnee oder Eis aus­zu­rut­schen. Soll­te er hier stür­zen und sich da­bei mit et­was Pech eine Ver­let­zung zu­zie­hen, könn­ten ihm die vie­len Un­to­ten schließ­lich doch noch ge­fähr­lich wer­den.

Das Tor stand of­fen? So wa­ren die Dör­f­ler der Ge­fahr aus der Burg doch schutz­los aus­ge­setzt! Aber viel­leicht hat­ten die Un­to­ten sich ja bis­her noch nicht aus dem Ge­mäu­er ge­wagt. Er konn­te nur hof­fen, dass sie ihm nicht bis ins Dorf fol­gen wür­den.

Not­falls müss­te er sie wohl mit Feu­er­bäl­len ver­nich­ten, plan­te Nik­ko auf sei­nem Weg in die Sied­lung. Ein Blick über die Schul­ter zeig­te je­doch, dass sei­ne Ver­fol­ger auf­ge­ge­ben hat­ten. Er hät­te es zu sehr be­dau­ert sie alle mit Feu­er ver­nich­ten zu müs­sen. Vi­el­leicht gab es ja doch noch eine Mög­lich­keit, das Ge­sche­he­ne rück­gän­gig zu ma­chen. Ob­wohl, al­les was Nik­ko über die Ne­kro­man­tie wuss­te, sprach ei­gent­lich da­ge­gen.

Völ­lig au­ßer Atem und nerv­lich am Bo­den, schlug der Zau­be­rer auf dem rest­li­chen Weg in das Städt­chen Skingár ein deut­lich ge­rin­ge­res Tem­po an. Dies er­laub­te es ihm, zum ers­ten Mal an die­sem un­heil­vol­len Tag, sich über­haupt zu ori­en­tie­ren.

So dürf­te es erst spä­ter Mor­gen sein. Ge­nau­er konn­te er es nicht schät­zen, da der Him­mel sehr be­deckt war. Doch schi­en die­ser im Os­ten noch ein biss­chen hel­ler zu sein. An­sons­ten war es ein ganz ge­wöhn­li­cher Win­ter­tag in den ge­lieb­ten Ber­gen. Es könn­te al­les so schön sein, wenn da nicht die­ser schreck­li­che Vor­fall wäre.

Auf dem wei­te­ren Weg zum Dorf frag­te sich Nik­ko er­neut, was aus Khon­dyr ge­wor­den war. Es konn­te gut mög­lich sein, dass der Kerl un­ter der un­to­ten Hor­de in der Burg zu fin­den war. Vi­el­leicht aber war er auch ent­kom­men und dürf­te auf den jun­gen Zau­be­rer kaum gut zu spre­chen sein. We­ni­ger noch als zu­vor.

Oh je, was hat­te er da nur wie­der an­ge­rich­tet? Wie­der? Nein, so viel Mist hat­te er noch nie ge­baut! Er hat­te im­mer­hin hun­der­te von Men­schen auf dem Ge­wis­sen. Erst jetzt wur­de ihm das klar! Be­son­ders um Fo­daj und Briscár tat es ihm un­end­lich leid. Aber viel­leicht wa­ren sie ja im Dorf, als es ge­sch­ah!

Vi­el­leicht. Mög­lich. Un­wahr­schein­lich. Was hät­te von Briscár denn im Dorf ge­wollt? Fo­daj? Gut, der alte Händ­ler hat­te dort noch sein An­we­sen am Markt­platz. Aber seit­dem er zum Kas­tel­lan er­nannt wor­den war, hat­te er doch die meis­te Zeit auf der Burg ver­bracht, wo ihn sei­ne vie­len Ver­pflich­tun­gen or­dent­lich auf Trab ge­hal­ten hat­ten.

Was hat­te Nik­ko da nur an­ge­stellt? Wie­so hat­te er das Zep­ter auf einen an­de­ren Ma­gier ge­rich­tet, von dem er über­haupt nicht wuss­te, wie der sich ge­schützt hat­te. War der Zau­ber des Ne­kro­man­ten an Khon­dyrs Schil­den ab­ge­prallt und hat­te sich so in der gan­zen Burg ver­teilt? Ja, so könn­te es ge­we­sen sein. Aber warum war Nik­ko dann selbst ver­schont ge­blie­ben? Er hat­te doch kei­nen Schild ge­gen To­des­ma­gie ge­wirkt ge­habt.

Er wür­de wahr­schein­lich nie eine Ant­wort auf all die­se Fra­gen fin­den. Mit ei­nem an­de­ren Zau­be­rer konn­te er die Sa­che doch nicht be­spre­chen. Denn, wenn je­mals her­aus­käme, was er hier an­ge­rich­tet hat­te, dann … er woll­te lie­ber erst gar nicht dar­an den­ken.

Khon­dyr! Hof­fent­lich wür­de der Kerl nicht al­les aus­plau­dern, wenn er denn über­haupt noch leb­te. Aber der Meis­ter ge­hör­te ja oh­ne­hin zum feind­li­chen La­ger. Nik­ko konn­te also al­les be­strei­ten … oder es so­gar ihm in die Schu­he schie­ben!

Ja, das war eine gute Idee. Er wür­de ein­fach be­haup­ten, Khon­dyr habe das Zep­ter ge­nom­men und auf ihn ge­rich­tet. Sein ei­ge­nes La­ger wür­de ihm das schon glau­ben. Mit Si­cher­heit! Wahr­schein­lich. Vi­el­leicht? Ach, das war al­les so ein rie­si­ges Un­glück! Wa­rum nur hat­te es über­haupt so weit kom­men müs­sen?

Tief in Ge­dan­ken ver­sun­ken merk­te Nik­ko erst kurz vor­her, dass er nun schon ganz nahe am Dorf war. Erst jetzt frag­te er sich, was er den Leu­ten dort ei­gent­lich er­zäh­len soll­te. Wie soll­te er das al­les er­klä­ren?

Am bes­ten wäre es wohl, erst ein­mal ganz al­lein mit Fi­nulf zu spre­chen. Der Dor­fäl­tes­te hat­te ja ein gu­tes Händ­chen für die Be­lan­ge der Ein­woh­ner Skingárs. Wo wohn­te der Kerl ei­gent­lich?

»Gu­ten Mor­gen«, sprach Nik­ko eine Frau an, die ge­bückt vor ihm lief. »Sagt mir doch bit­te, wo der Dor­fäl­tes­te wohnt.«

Mit ei­nem un­heil­vol­len Stöh­nen dreh­te sich das Weib um. Das blei­che Ge­sicht, die fah­len Au­gen! Nik­ko ver­stand so­fort und war wie er­starrt.

Ge­gen Mit­tag hat­te der jun­ge Zau­be­rer den ers­ten Schock über­wun­den. Die ver­gan­ge­nen Stun­den hat­te er da­bei ir­gend­wo im Wald nahe dem Dorf ver­bracht, ohne zu wis­sen, was das al­les be­deu­te­te oder was er nun tun soll­te.

Ei­nes war klar, die Berg­bau­sied­lung war nicht ver­schont ge­blie­ben. Die schlur­fen­den Ge­stal­ten, die Nik­ko von sei­nem Ver­steck aus im Dorf um­her­zie­hen se­hen konn­te, wa­ren der letz­te Be­weis, dass es das gan­ze Tal er­wi­scht hat­te. Alle Ein­woh­ner Skingárs streif­ten nun als Un­to­te durch die Welt. Alle. Jede Hoff­nung, dass Fo­daj oder von Briscár nicht be­trof­fen sein könn­ten, war da­mit end­gül­tig ver­flo­gen. Aber auch Fi­nulf und Fo­da­js bei­de Söh­ne wa­ren jetzt wan­deln­de Lei­chen.

Für den blo­ßen Ge­dan­ken, sich die Un­to­ten un­ter­tan zu ma­chen, schäm­te sich der jun­ge Meis­ter nun in Grund und Bo­den. Zu vie­le ver­trau­te Men­schen ga­ben der Hor­de ein ei­ge­nes Ge­sicht.

Trug er wirk­lich die Schuld an dem Ge­sche­he­nen? Es war ja nicht sei­ne Zau­be­rei ge­we­sen, die sol­ches Leid ver­ur­sacht hat­te, son­dern die des Ne­kro­man­ten. Wel­chen An­teil Meis­ter Khon­dyrs Schutz­ma­gie an all dem Un­heil hat­te, war zu­dem eine of­fe­ne Fra­ge. Wie hät­te er denn wis­sen sol­len, dass das Zep­ter so mit Khon­dyrs Schil­den rea­gie­ren wür­de?

Das Ding muss­te sich auf einen Schlag in die Um­ge­bung ent­la­den ha­ben, mut­maß­te Nik­ko. Die Burg und das gan­ze Dorf wa­ren be­trof­fen. Aber er konn­te sich ja noch nicht ein­mal si­cher sein, dass das al­les war! Was, wenn die ge­sam­te Welt dem Zau­ber zum Op­fer ge­fal­len war?

Gera­de die­ser letz­te Ge­dan­ke ließ in Nik­ko wie­der Pa­nik auf­kom­men. War er der letz­te Le­ben­de in ei­ner un­to­ten Welt? Nein, in ei­nem Au­gen­blick der Ruhe hör­te er ir­gend­wo Vö­gel zwit­schern. War das Zep­ter auf mensch­li­che See­len­mus­ter aus­ge­legt ge­we­sen?

»Fo­daj«, flüs­ter­te Nik­ko mit Trä­nen in den Au­gen. Gera­de der alte Freund hat­te so ein Schick­sal nicht ver­dient. Den di­cken Händ­ler und sei­ne bei­den Söh­ne hat­te der Zau­be­rer schon von Kin­des­bei­nen an ge­kannt. Ei­ni­ge Male wa­ren die drei je­des Jahr ins Dorf Vyl­do­ro ge­kom­men, um dort mit den Be­woh­nern Han­del zu trei­ben.

Vyl­do­ro! Was, wenn auch das Hei­mat­dorf nicht ver­schont ge­blie­ben war? Oh je, bei die­sem Ge­dan­ken zog sich in Nik­ko al­les zu­sam­men. Es half nichts mehr, er brauch­te end­lich Ge­wiss­heit! Was aber konn­te er tun? Ir­gen­det­was muss­te er doch tun!

Es war ei­gent­lich ganz ein­fach. Er muss­te in Vyl­do­ro nach dem Rech­ten se­hen. Dor­thin käme er al­ler­dings nur zu Fuß, was bei dem noch im­mer hüft­hoch lie­gen­den Schnee kei­ne ein­fa­che Wan­de­rung wäre. Aber er war nicht um­sonst ein Zau­be­rer und wür­de sich den Weg schon ir­gend­wie frei­ma­chen kön­nen.