Der Hexer von Hymal, Buch XII: Des eigenen Glückes Schmied - N. Bernhardt - E-Book

Der Hexer von Hymal, Buch XII: Des eigenen Glückes Schmied E-Book

N. Bernhardt

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Beschreibung

Die Fortsetzung des Fantasy-Epos. Nach dem Vorfall bei der Niederkunft der Herzogin will Nikko einfach nur noch weg! Dem Herzog, seinem ehemaligen Freund, wird er die feige Tat wohl nie verzeihen. Doch hat der Zauberer nicht auch ein Recht auf Rache - oder gar die Pflicht dazu? So oder so, es ist für Nikko erst einmal Zeit, endlich die Meister des Südens zu treffen. Doch stellt sich schnell heraus, dass er von Peryndor keine Hilfe erwarten kann. Wird es dem jungen Meister dennoch gelingen, seinen Weg in den Süden zu finden? Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 156

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N. Bernhardt

Buch XII: Des eigenen Glückes Schmied

Der Hexer von Hymal

N. Bernhardt

Buch XII: Des eigenen Glückes Schmied

Der Hexer von Hymal

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019 1. Auflage, ISBN 978-3-954185-15-3

www.null-papier.de/hymal

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ers­tes Ka­pi­tel: Das Ziel vor Au­gen

Zwei­tes Ka­pi­tel: Auf den Spu­ren des Groß­meis­ters

Drit­tes Ka­pi­tel: Ers­ter Kon­takt

Vier­tes Ka­pi­tel: Die große Stadt am Ende des Stroms

Fünf­tes Ka­pi­tel: Auf Irr­we­gen zum Ziel

Sechs­tes Ka­pi­tel: Ein neu­er Ver­bün­de­ter?

Sieb­tes Ka­pi­tel: Kein Zu­rück mehr

Aus­blick

Nach dem Vor­fall bei der Nie­der­kunft der Her­zo­gin will Nik­ko ein­fach nur noch weg! Dem Her­zog, sei­nem ehe­ma­li­gen Freund, wird er die fei­ge Tat wohl nie ver­zei­hen. Doch hat der Zau­be­rer nicht auch ein Recht auf Ra­che - oder gar die Pf­licht dazu?

So oder so, es ist für Nik­ko erst ein­mal Zeit, end­lich die Meis­ter des Sü­dens zu tref­fen. Doch stellt sich schnell her­aus, dass er von Pe­ryn­dor kei­ne Hil­fe er­war­ten kann. Wird es dem jun­gen Meis­ter den­noch ge­lin­gen, sei­nen Weg in den Sü­den zu fin­den?

Website

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Rei­he und zum Au­tor fin­den Sie un­ter:

hy­mal.info

Erstes Kapitel: Das Ziel vor Augen

Das Schlimms­te an der Sa­che war, dass Nik­ko mit nie­man­dem rich­tig dar­über re­den konn­te. Mit wem auch?

Der Her­zo­gin woll­te der Zau­be­rer nie wie­der un­ter die Au­gen tre­ten. Sie al­lein wür­de sei­nen ei­ge­nen Schmerz ver­ste­hen, ihn tei­len. Doch hat­te er sie im Stich ge­las­sen und sein groß­mäu­li­ges Ver­spre­chen ge­bro­chen. Nicht mit Ab­sicht zwar, aber was mach­te das nun noch für einen Un­ter­schied?

Nein, er könn­te Yo­la­jas Bli­cke nicht er­tra­gen. Nicht jetzt und auch nicht in der Zu­kunft. Es hät­te oh­ne­hin kei­nen Sinn, sich und die Dame da­mit zu quä­len. Es war so­wie­so al­les vor­bei.

Nik­ko war nach dem Vor­fall wie ver­stei­nert ge­we­sen und hat­te al­les um sich her­um nur noch ganz dumpf wahr­ge­nom­men. Auch der Se­ne­schall war zu­nächst scho­ckiert ge­we­sen, hat­te sich dann je­doch em­sig dar­um be­müht, den Scha­den zu be­gren­zen. Nach au­ßen hin muss­te schließ­lich die Nor­ma­li­tät ge­wahrt wer­den.

»Was für eine Tra­gö­die«, hat­te er an­fangs noch den Kopf ge­schüt­telt. »Wie konn­te das nur ge­sche­hen?«

»Bes­ser ein Ende mit Schre­cken als …«, hat­te er dann ge­keucht, wäh­rend man im Hin­ter­grund noch die Her­zo­gin jam­mern und schrei­en hör­te.

»Wäre es kein Sohn ge­we­sen, hät­te man ja …«, hat­te er die Schul­tern ge­zuckt, als er sich einen Über­blick über die Lage ver­schafft hat­te. »Aber ein frem­des Kind als Stamm­hal­ter? Nein, so ist es wohl die bes­te Lö­sung für alle.«

Lang­sam und wie in Tran­ce hat­te Nik­ko sich dann in sei­nen Turm zu­rück­ge­zo­gen und dort stun­den­lang ins Lee­re ge­st­arrt. Die bes­te Lö­sung für alle – die­se Wor­te wa­ren ihm seit­her nicht mehr aus dem Sinn ge­gan­gen.

Ei­ni­ge Tage war die Sa­che nun schon her, schmerz­te je­doch noch im­mer kei­nen Deut we­ni­ger. Ir­gend­wann hat­te sich Nik­ko dann zu­rück nach Hal­fuár tele­por­tiert, doch wuss­te er selbst nicht mehr, wann das ge­nau ge­we­sen war. Es schi­en ihm aber auch egal. So egal, wie vie­les in die­sen dunklen Stun­den, wenn nicht gar al­les.

Wie hat­te Fy­dal nur …? Der jun­ge Zau­be­rer konn­te den Ge­dan­ken nicht zu Ende füh­ren, so ver­werf­lich er­schi­en ihm die Tat. Ein Neu­ge­bo­re­nes zu … nein, schon die Idee al­lein war viel zu schreck­lich!

Den­noch, es war ge­sche­hen, und der Her­zog hat­te kei­nen Zwei­fel dar­an ge­las­sen, da­für ver­ant­wort­lich zu sein. Die blu­ti­ge Klin­ge in sei­ner Hand – er muss­te ja so­gar selbst zu­ge­sto­chen ha­ben!

Wie konn­te Fy­dal nur zu ei­ner der­ar­ti­gen Tat fä­hig sein? Hat­te Nik­ko sei­nen Freund denn wirk­lich so falsch ein­ge­schätzt? Si­cher­lich, der Her­zog war ein Mann mit viel Stolz. Den­noch, das war doch kei­ne Recht­fer­ti­gung!

In sein Un­ver­ständ­nis misch­te sich nun auch mehr und mehr Wut. Ja, in die­sem Au­gen­blick hass­te der Zau­be­rer sei­nen Freund. Nein, sei­nen ehe­ma­li­gen Freund! Für solch eine ab­scheu­li­che Tat gab es schließ­lich kein Ver­zei­hen, kei­ne Gna­de.

Gna­de? Ein in­ter­essan­ter Ge­dan­ke. Wer je­man­den be­gna­dig­te, müss­te ihn doch vor­her erst ein­mal zur Re­chen­schaft zie­hen. Der Zau­be­rer hat­te nicht vor, Gna­de wal­ten zu las­sen. Aber den Her­zog zur Re­chen­schaft zu zie­hen, war eine Aus­sicht, die Nik­ko das ers­te Mal seit Ta­gen auf­at­men ließ.

Ja, im­mer­hin war er ein Zau­be­rer und ver­füg­te über die Macht, sich am Mör­der sei­nes Kin­des zu rä­chen. Der de­so­la­te Zu­stand des Ar­ka­nen Or­dens wür­de ihm da­bei auch weitaus mehr Frei­hei­ten las­sen, als dies un­ter nor­ma­le­ren Um­stän­den der Fall wäre.

Am liebs­ten hät­te sich Nik­ko gleich wie­der nach Sinál tele­por­tiert und den Her­zog dort sei­ne Feu­er­bäl­le spü­ren las­sen. Doch wäre dies ein viel zu schnel­ler Tod, dazu mit un­wäg­ba­ren Kon­se­quen­zen nicht nur für den Zau­be­rer. Wie aber soll­te er sei­ne Ver­gel­tung be­kom­men?

Vi­el­leicht ein Fluch, der Fy­dal ganz lang­sam und mit großen Schmer­zen da­hin­raf­fen wür­de, ohne da­bei den Ver­dacht auf Nik­ko zu len­ken? Schon bes­ser! In der Biblio­thek fän­de sich dazu be­stimmt ge­eig­ne­te Lek­tü­re. Wäre das aber Ra­che ge­nug da­für, was der eins­ti­ge Freund ihm an­ge­tan hat­te?

Lang­sam! Woll­te Nik­ko wirk­lich so sein? Woll­te er sei­ne Zeit etwa da­mit ver­brin­gen, zu pla­nen und zu stu­die­ren, wie er es Fy­dal am bes­ten heim­zah­len könn­te? Nein, oder? Vi­el­leicht ja doch?

Es wäre wohl am bes­ten, wenn er jetzt erst ein­mal et­was Ab­stand ge­win­nen wür­de. Ob und wie er den Her­zog zur Re­chen­schaft zie­hen wür­de, konn­te er auch noch spä­ter ent­schei­den. Eine der­ar­ti­ge Ak­ti­on müss­te so oder so gut durch­dacht sein. Klar zu den­ken, war je­doch nichts, was dem Zau­be­rer in die­sem Zu­stand der wü­ten­den Trau­er leicht fiel.

Am Abend des­sel­ben Ta­ges woll­te Nik­ko das ers­te Mal wie­der ge­mein­sam mit Pe­ryn­dor spei­sen, der noch im­mer als Gast auf der Burg Hal­fuár weil­te. Die Tage zu­vor hat­te er den Al­ten lie­ber ge­mie­den, so­weit dies in dem be­eng­ten Turm über­haupt mög­lich war.

Mit ei­nem Ni­cken be­grüß­te der Groß­meis­ter den jun­gen Zau­be­rer, der ge­dan­ken­ver­lo­ren am Tisch saß und Lö­cher in sein Es­sen starr­te.

»Ihr habt mir noch gar nicht be­rich­tet, wie die … An­ge­le­gen­heit in Sinál letzt­lich aus­ge­gan­gen ist«, fing der Alte ein Ge­spräch an, wäh­rend er sich den Tel­ler voll­pack­te. »Ich hof­fe doch sehr, dass Ihr er­folg­reich wart.«

»Ich hat­te gar kei­ne Ge­le­gen­heit«, seufz­te Nik­ko nach ei­ni­gen Au­gen­bli­cken des Schwei­gens.

»Was soll das hei­ßen?«, schi­en Pe­ryn­dor ver­wirrt, was sei­nen Ap­pe­tit je­doch nicht min­der­te. »Nun lasst Euch doch nicht je­des Wort ein­zeln aus der Nase zie­hen, Meis­ter!«

»Der Her­zog war wo­chen­lang nicht in Sinál, son­dern in­spi­zier­te ir­gend­wel­che Le­hen«, schüt­tel­te Nik­ko sein Haupt. »Als er wie­der zu­rück­kam, lag die Her­zo­gin schon in den We­hen.«

»Ihr habt ihn dem­nach vor­her nicht mehr spre­chen kön­nen«, kraul­te sich der Alte den Bart. »Dann … nun er­zählt doch end­lich!«

»Es war eine … Tot­ge­burt«, be­rich­te­te der jun­ge Zau­be­rer mit lei­ser Stim­me. »Da­für hat der Her­zog mit sei­nem Dolch ge­sorgt.«

»Dolch?«, war Pe­ryn­dor eher ver­wirrt als scho­ckiert. »Ihr meint … soso.«

»Nun, dann hat sich die An­ge­le­gen­heit ja so­zu­sa­gen von selbst er­le­digt«, zuck­te er einen Au­gen­blick spä­ter mit den Schul­tern. »So­lan­ge die Sa­che mit dem Dolch nicht im Reich die Run­de macht, ist dies oh­ne­hin die bes­te Lö­sung.«

Die bes­te Lö­sung – da wa­ren sie wie­der, die wi­der­li­chen Wor­te! Wie konn­te der Alte nur so herz­los sein?

»Die Her­zo­gin und ihr er­mor­de­tes Kind pflich­ten Euch mit Si­cher­heit bei, Groß­meis­ter«, er­wi­der­te Nik­ko sar­kas­tisch.

»Bei­de sind ohne jede Re­le­vanz«, kon­ter­te Pe­ryn­dor mit ei­nem ge­mei­nen Grin­sen. »Die ein­zi­ge Auf­ga­be der Her­zo­gin ist es, dem Her­zog des­sen Nach­kom­men zu ge­bä­ren, nicht ir­gend­wel­che … Kuckucks­kin­der. Das Kind … nun ja, freu­en wir uns lie­ber, dass das Reich letzt­lich doch um einen … un­ap­pe­tit­li­chen Skan­dal her­um­ge­kom­men ist.«

Mit ei­nem Kopf­schüt­teln nahm Nik­ko das Ge­sag­te zur Kennt­nis, ver­zich­te­te aber lie­ber auf Wi­der­wor­te. Ein we­nig ent­täusch­te ihn der Groß­meis­ter zwar mit sei­ner Re­ak­ti­on, aber ir­gend­wie war es kei­ne Über­ra­schung.

Wie auch der Se­ne­schall schi­en Pe­ryn­dor er­leich­tert zu sein, dass die Sa­che aus po­li­ti­scher Sicht so glimpf­lich ver­lau­fen war. Mit­leid für die Her­zo­gin und ihr ge­tö­te­tes Kind war für die fei­nen Her­ren da­ge­gen kein The­ma.

Wie an­ders sähe das wohl aus, wenn sie wüss­ten, wer der Va­ter war? Ei­nen Au­gen­blick lang er­wog Nik­ko so­gar, Pe­ryn­dor da­von zu be­rich­ten, wenn auch nur, um sich an des­sen Ge­sichts­aus­druck zu er­göt­zen. Ei­nen Au­gen­blick spä­ter war die­ser Plan je­doch schon wie­der ver­wor­fen.

»Nehmt Euch die Sa­che nicht zu sehr zu Her­zen, jun­ger Meis­ter«, riet der Alte dann mit freund­li­che­rer Mie­ne. »Ihr seid noch zu jung, um vie­les rich­tig ein­schät­zen zu kön­nen. Glaubt mir, die Sta­bi­li­tät des Rei­ches wiegt un­end­lich schwe­rer als das … be­dau­er­li­che Schick­sal der Her­zo­gin und ih­res Kin­des.«

»Na­tür­lich«, zwang sich Nik­ko ein Lä­cheln auf die Lip­pen und woll­te nun nur noch al­lein sein. »Groß­meis­ter, ich bin müde. Wenn Ihr mich ent­schul­di­gen wür­det.«

Mit ei­nem Schul­ter­zu­cken pack­te sich der Alte den zwei­ten Tel­ler voll, wor­auf­hin sich der jun­ge Zau­be­rer mit ei­nem Kopf­ni­cken ver­ab­schie­de­te und sich in sein Quar­tier im Haupt­haus der Burg zu­rück­zog. Pe­ryn­dor woll­te er an die­sem Abend je­den­falls nicht mehr über den Weg lau­fen.

Stun­den­lang lag Nik­ko jetzt schon wach in sei­nem Bett. Den Mord an sei­nem Kind hat­te er ja noch im­mer nicht rich­tig ver­ar­bei­ten kön­nen. Doch die ge­häs­si­gen Re­ak­tio­nen des Se­ne­schalls und nun auch noch Pe­ryn­dors wa­ren wie tie­fe Na­del­sti­che, die alle Wun­den im­mer wie­der blu­ten lie­ßen.

Was war nur los in die­ser Welt, dass so ge­stan­de­ne Her­ren die Tö­tung ei­nes Neu­ge­bo­re­nen gut­hie­ßen, nur um einen Skan­dal bei Hofe zu ver­hin­dern? Wür­den sie ge­nau­so den­ken, wenn es ihr Kind ge­we­sen wäre? Wohl kaum!

In was für ein Sys­tem war Nik­ko da nur hin­ein­ge­ra­ten? In sei­nem Dorf hät­ten sie so einen Kinds­mör­der gleich am nächs­ten Baum auf­ge­knüpft, so wie er es ver­dient hät­te. Als An­ge­hö­ri­ger des ho­hen Adels konn­te sich Fy­dal je­doch fast al­les er­lau­ben.

Ob­wohl, Da­nu­wil war da­mals in Bri­go ja auch mit ei­nem blau­en Auge da­von­ge­kom­men. Er hat­te dort im­mer­hin den Gast­wirt ge­tö­tet. Da das Op­fer je­doch nur ein Leib­ei­ge­ner war und Fy­dal den Rit­ter­sohn un­ter den Schutz sei­nes ho­hen Hau­ses ge­stellt hat­te, war es bei ei­ner def­ti­gen Geld­bu­ße ge­blie­ben. Aber konn­te man die bei­den Ta­ten über­haupt ver­glei­chen?

Hier der sturz­be­trun­ke­ne Da­nu­wil, der lie­bes­toll die Schank­maid be­dräng­te und so an ih­ren Herrn Va­ter ge­riet, den er dann im Af­fekt er­stach. Da der über­stol­ze Fy­dal, der mo­na­te­lang Zeit ge­habt hat­te, sein Vor­ge­hen in die­ser hei­klen An­ge­le­gen­heit ab­zu­wä­gen und ge­nau zu pla­nen, und dem trotz al­lem nichts Bes­se­res ein­ge­fal­len war, als das frem­de Kind ein­fach so ab­zu­ste­chen.

Nein, die bei­den Ta­ten konn­te man wohl kaum mit­ein­an­der ver­glei­chen. Trotz­dem blie­ben sie ohne große Kon­se­quen­zen. Wa­rum? Weil bei­de Tä­ter ad­lig wa­ren! Je­der Ge­wöhn­li­che wür­de schon für viel ge­rin­ge­re Ver­ge­hen bau­meln.

Adel? Nik­ko war ja selbst ein Graf und schäm­te sich auf ein­mal da­für. Mach­te ihn das nicht zu ei­nem von ih­nen? De­nen, die sich al­les er­lau­ben konn­ten. Woll­te er wirk­lich so ei­ner sein?

Der jun­ge Zau­be­rer moch­te sich die­se Fra­ge lie­ber nicht stel­len, ob­wohl sein Herz kei­ne Zwei­fel an der Ant­wort heg­te. Am liebs­ten wür­de er in die­sem Au­gen­blick hier al­les ste­hen und lie­gen las­sen, sich ir­gend­wo in die Ein­sam­keit flüch­ten und dort nur noch der Zau­be­rei frö­nen.

Nein, da­für war die Zeit noch lan­ge nicht reif. Doch ir­gend­wann wür­de er die­sen Traum wahr ma­chen! Vi­el­leicht so­gar hier in Hal­fuár, al­ler­dings dann nicht als Graf und nicht als Va­sall ei­nes so un­ge­rech­ten Herrn wie des Her­zogs. Wie aber soll­te er das je be­werk­stel­li­gen?

Mit die­sen und ähn­li­chen Fra­gen im Geis­te fie­len Nik­ko lang­sam die Au­gen zu – auch wenn er sich nicht schon jetzt dem Schlaf er­ge­ben woll­te, der ihm doch nichts als Alb­träu­me ver­sprach.

Am nächs­ten Mor­gen fühl­te sich Nik­ko nicht bes­ser. Die Nacht war so grau­sam ge­we­sen wie auch schon die Näch­te zu­vor. In je­dem wa­chen Mo­ment sah der Zau­be­rer wie­der den blu­ti­gen Dolch vor sei­nem in­ne­ren Auge und hör­te dazu das Jam­mern der Her­zo­gin. In den sel­te­nen Au­gen­bli­cken des Schlafs hat­ten ihn schlim­me Alb­träu­me in ver­schie­dens­ten Va­ri­an­ten er­le­ben las­sen, was sich ge­nau ab­ge­spielt ha­ben könn­te.

Trau­er und Wut, dazu eine wei­te­re Nacht ohne Er­ho­lung – der Zau­be­rer blick­te er­neut ei­nem ver­lo­re­nen Tag ent­ge­gen. Wie lan­ge soll­te das denn so wei­ter ge­hen? Wie lan­ge durf­te es so wei­ter ge­hen?

Es war nun ge­nau eine Wo­che her, wenn Nik­ko da rich­tig zähl­te. Ge­nug, um wie­der zu sich zu fin­den? Ge­nug, da­mit das Le­ben wei­ter geht? Vi­el­leicht. Er muss­te es we­nigs­tens ver­su­chen.

Was aber soll­te er nun tun? Das Amt als Hof­ma­gier des Her­zogs war hin­fäl­lig – für ihn je­den­falls. Wenn er über­haupt je­mals wie­der nach Sinál zu­rück­keh­ren wür­de, dann nur um Fy­dal zur Re­chen­schaft zu zie­hen.

Soll­te er das Amt nicht auch of­fi­zi­ell nie­der­le­gen? Aber wie? Ei­gent­lich wäre das eine An­ge­le­gen­heit des Or­dens. Doch was küm­mer­te es den jun­gen Zau­be­rer über­haupt noch? Der Or­den war ihm völ­lig egal, und Fy­dal konn­te oh­ne­hin se­hen, wo er blieb!

Dann war da noch das ei­ge­ne Le­hen. Le­hen – wenn Nik­ko die­ses Wort schon hör­te, wür­de er sich am liebs­ten über­ge­ben. Ein Zau­be­rer als Va­sall ei­nes Kinds­mör­ders? Nein, das war kei­ne hin­nehm­ba­re Si­tua­ti­on!

Was aber wür­de pas­sie­ren, wenn er sich vom Her­zog los­sag­te und Hal­fuár zu sei­nem Ei­gen er­klär­te? Krieg! Fy­dal wür­de es nicht hin­neh­men, wenn ei­ner sei­ner Va­sal­len ihm den Ge­hor­sam ver­wei­ger­te.

Wür­den sei­ne Ge­treu­en hier auf Hal­fuár dem Zau­be­rer dann fol­gen? Die Sol­da­ten un­ter­stan­den oh­ne­hin dem Her­zog. Auch die Be­am­ten hat­te Fy­dal ihm zur Ver­fü­gung ge­stellt. Es war da­her un­wahr­schein­lich, dass sich sein Stab und die Un­ter­ge­be­nen an Nik­kos Sei­te ge­gen des­sen Lehns­herrn wen­den wür­den.

Für einen sol­chen Schritt war es oh­ne­hin viel zu früh. Hal­fuár war schließ­lich noch im­mer von Lie­fe­run­gen aus Sinál ab­hän­gig. Nein, um ge­gen den Her­zog auf­zu­be­geh­ren, be­dürf­te es lan­ger Pla­nung und vie­ler Vor­be­rei­tun­gen. Vor al­lem müss­te Nik­ko sei­ne Un­ter­ta­nen hin­ter sich wis­sen.

So sehr sein Herz ihm auch die schnel­le Ver­gel­tung be­fahl, so si­cher war sich sein Ver­stand, dass es erst ein­mal ab­zu­war­ten galt. Noch muss­te er das Spiel mit­ma­chen. Spä­ter dann wür­de er sei­ne Ra­che umso bes­ser aus­kos­ten kön­nen!

Die blo­ße Aus­sicht dar­auf zau­ber­te wie­der ein klei­nes Lä­cheln auf sei­ne Lip­pen. Im­mer­hin gab es et­was, wor­auf er nun hin­ar­bei­ten konn­te – und Ar­beit gab es ge­nug!

Es gab vor al­lem zwei wich­ti­ge Punk­te. Zum einen muss­te Nik­ko sei­ne Macht hier in Hal­fuár fes­ti­gen, wenn mög­lich so­gar aus­bau­en. Bis­her hat­te er ja viel zu sehr durch Ab­we­sen­heit ge­glänzt und die Ar­beit sei­nen Leu­ten über­tra­gen, auf de­ren Ge­folg­schaft er sich im Ernst­fall al­ler­dings kaum ver­las­sen könn­te.

Zum an­de­ren soll­te der Zau­be­rer wei­ter an sei­nen ma­gi­schen Fä­hig­kei­ten ar­bei­ten. Es war da­bei eine mehr als glück­li­che Fü­gung, dass Pe­ryn­dor ge­ra­de jetzt hier in Hal­fuár weil­te. Auch wenn der Alte ihm in den ver­gan­ge­nen Ta­gen eher ein un­lieb­sa­mer Gast ge­we­sen war, durf­te Nik­ko des­sen Nut­zen nicht un­ter­be­wer­ten.

Ja, es war höchs­te Zeit her­aus­zu­fin­den, was der Groß­meis­ter der Biblio­thek des Ne­kro­man­ten bis­her ent­lo­cken konn­te. Au­ßer­dem wa­ren da noch die­se Meis­ter des Sü­dens, die Nik­ko zu gern auf­su­chen wür­de, um dort sein Wis­sen und Kön­nen zu ver­voll­stän­di­gen. Was das be­traf, war er eben­falls auf Pe­ryn­dor an­ge­wie­sen.

Vi­el­leicht wür­de er den Al­ten ja beim Früh­stück an­tref­fen. Bis da­hin war al­ler­dings noch Zeit. Nik­ko hat­te es an die­sem Mor­gen schließ­lich schon lan­ge vor den ers­ten Son­nen­strah­len auf­ge­ge­ben, wei­te­ren Schlaf zu su­chen.

Am bes­ten, er wür­de sich im Mor­gen­grau­en einen Über­blick über Hal­fuár ver­schaf­fen. Im­mer­hin war es um die drei Wo­chen her, dass er das Holz hier­her trans­por­tiert hat­te. Mal se­hen, was in­zwi­schen dar­aus ge­wor­den war.

Oben, auf der Platt­form des Berg­frieds an­ge­kom­men, von wo aus sich Nik­ko einen Blick auf sein gan­zes Land er­hoff­te, muss­te er erst ein­mal wie­der zu Atem kom­men. Der schlech­te Schlaf der ver­gan­ge­nen Tage for­der­te nun sei­nen Tri­but.

Auch nach­dem sich der Zau­be­rer ge­setzt hat­te und et­was zur Ruhe ge­kom­men war, ging es ihm nicht viel bes­ser. Er fühl­te sich der­art müde, dass er kaum noch die Au­gen of­fen­hal­ten konn­te.

Soll­te er doch lie­ber wie­der in sein Bett krie­chen und hof­fen, von Alb­träu­men aus­nahms­wei­se ver­schont zu blei­ben? Aber es gab ja auch noch an­de­re Mög­lich­kei­ten, die Mü­dig­keit zu be­kämp­fen, näm­lich die Kraft – ein Bad in der Kraft, um ge­nau­er zu sein.

Viel zu sel­ten hat­te sich Nik­ko in der letz­ten Zeit der Me­di­ta­ti­on in der rei­nen Kraft ge­wid­met. An­fangs hat­ten die­se Übun­gen nur dazu ge­dient, sich erst ein­mal rich­tig an den Um­gang mit der Kraft zu ge­wöh­nen. Aber der ge­üb­te Ma­gier kann in ihr Er­qui­ckung fin­den und schein­bar so­gar kurz­fris­tig sei­nen Hun­ger stil­len, je­den­falls, wenn Pe­ryn­dors Aus­sa­ge stimm­te.

So mach­te der jun­ge Zau­be­rer es sich auf sei­nem Turm be­quem und schloss die Au­gen. Nach Os­ten ge­rich­tet, wo schon die ers­ten Strah­len der Mor­gen­son­ne das Ge­sicht wärm­ten, ließ er dann die Kraft durch sich hin­durch­flie­ßen. Bis in die Ze­hen­spit­zen spür­te er sie in sei­nen Kör­per strö­men und da­bei al­les in ihm auf ih­rem Weg auf­la­den.

Ja, das war ein tol­les Ge­fühl! Nik­ko öff­ne­te die Au­gen und fühl­te sich wie neu­ge­bo­ren. Wie lan­ge er so da­ge­s­es­sen hat­te, war ihm gar nicht be­wusst. Doch stand die Son­ne nun schon ein gan­zes Stück hö­her und tauch­te die wei­te Ebe­ne in ein gol­de­nes Licht.

Von hier oben konn­te der Ma­gier al­les gut se­hen und die Ver­än­de­run­gen be­wun­dern. Wann hat­te er das ers­te Mal hier oben ge­stan­den? Zwei Jah­re oder et­was mehr muss­te es be­reits her sein, dass er zu­sam­men mit Da­nu­wil die da­mals in trü­ben Ne­bel gehüll­te Ebe­ne in­spi­ziert hat­te.

Aus­ge­rech­net den klei­nen Ork­trupp mit den Ge­fan­ge­nen hat­ten sie da­bei er­späht und dar­auf­hin Fy­dal be­freit. Hät­ten sie den spä­te­ren Kinds­mör­der doch bloß den Orks über­las­sen! Aber wer konn­te schon wis­sen, wie dann al­les ge­kom­men wäre?

Nein, Nik­ko woll­te sich die Lau­ne nicht wie­der ver­der­ben las­sen und ver­dräng­te alle Ge­dan­ken an den Her­zog und des­sen schänd­li­che Tat.

Viel lie­ber kon­zen­trier­te er sich auf all die neu­en Din­ge, die er nun auf der Ebe­ne se­hen konn­te. Ei­ni­ge Ein­frie­dun­gen und so­gar klei­ne Her­den konn­te er er­spä­hen, ver­mut­lich Scha­fe oder Zie­gen – ge­nau ließ es sich von hier oben nicht er­ken­nen.

Im Wes­ten, wo der lan­ge Schat­ten des Hü­gels noch al­les ver­dun­kel­te, lag das neue Dorf. Viel konn­te Nik­ko dort zwar nicht aus­ma­chen, aber ge­baut wur­de schein­bar über­all. Ein gu­tes Zei­chen!

Spon­tan ent­schied sich der Zau­be­rer, dem Dorf einen kur­z­en Be­such ab­zu­stat­ten. Er be­ab­sich­tig­te nicht nur, den Fort­schritt der Bau­ar­bei­ten ge­nau­er zu in­spi­zie­ren, es war ihm auch be­wusst, dass er viel mehr Prä­senz zei­gen muss­te – umso mehr, wenn er woll­te, dass sei­ne Leu­te ihm spä­ter die Treue hiel­ten.

Auf sei­nem Weg hin­un­ter ins Dorf be­geg­ne­te er in der Burg kaum ei­ner See­le. Le­dig­lich ei­ni­ge Wa­chen wa­ren auf ih­ren Pos­ten, an­sons­ten herrsch­te noch fried­li­che Ruhe.

Un­ten im Dorf sah die Sa­che schon ganz an­ders aus. Er selbst konn­te sich ja noch zu gut an sei­ne Zeit in Vyl­do­ro er­in­nern, wo stets mit den ers­ten Son­nen­strah­len des Ta­ges die har­te Ar­beit auf den Hö­fen be­gann. Auch hier herrsch­te bei den Bau­ern be­reits ein ähn­lich em­si­ges Trei­ben.

Mit re­spekt­vol­len, aber zu­rück­hal­ten­den Bli­cken, so­wie ge­le­gent­li­chem Ver­beu­gen wür­dig­ten die Un­ter­ge­be­nen ih­ren Herrn, den die meis­ten von ih­nen wohl seit ih­rer An­kunft hier in Hal­fuár vor über zwei Mo­na­ten nicht mehr ge­se­hen hat­ten.