Der Hexer von Hymal, Buch XXI: Mit neuer Kraft - N. Bernhardt - E-Book

Der Hexer von Hymal, Buch XXI: Mit neuer Kraft E-Book

N. Bernhardt

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Beschreibung

Teil 21 des Fantasy-Epos Nach dem Ritual scheint erst einmal alles besser zu laufen. So stellt der Herzog von Khondharr auch endlich die versprochenen Beamten zur Verfügung, die sogleich auf die Lehen verteilt werden. Die dadurch gewonnene Zeit wollen Nikko und Danuwil dazu nutzen, um in der Sache mit der Zwergenbinge weiter voranzukommen. Ob sich der Aufwand dafür aber wirklich lohnt? Null Papier Verlag

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N. Bernhardt

Buch XXI: Mit neuer Kraft

Der Hexer von Hymal

N. Bernhardt

Buch XXI: Mit neuer Kraft

Der Hexer von Hymal

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019 2. Auflage, ISBN 978-3-954188-81-9

null-papier.de/418

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ers­tes Ka­pi­tel: Das Ri­tu­al

Zwei­tes Ka­pi­tel: Ein üb­ler Nach­ge­schmack

Drit­tes Ka­pi­tel: Der Ver­trag

Vier­tes Ka­pi­tel: Per­so­na­li­en

Fünf­tes Ka­pi­tel: Ein ver­schlos­se­ner Ein­gang

Sechs­tes Ka­pi­tel: Für ein biss­chen Sil­ber

Sieb­tes Ka­pi­tel: Stör­ri­sches Me­tall

Aus­blick

Inhalt

Nach dem Ri­tu­al scheint erst ein­mal al­les bes­ser zu lau­fen. So stellt der Her­zog von Khond­harr auch end­lich die ver­spro­che­nen Be­am­ten zur Ver­fü­gung, die so­gleich auf die Le­hen ver­teilt wer­den.

Die da­durch ge­won­ne­ne Zeit wol­len Nik­ko und Da­nu­wil dazu nut­zen, um in der Sa­che mit der Zwer­gen­bin­ge wei­ter vor­an­zu­kom­men. Ob sich der Auf­wand da­für aber wirk­lich lohnt?

Website

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zur Rei­he und zum Au­tor fin­den Sie un­ter:

hy­mal.info

Erstes Kapitel: Das Ritual

Die rest­li­che Nacht war er­staun­lich ru­hig ge­we­sen. Den­noch hat­te Nik­ko kein Auge mehr zu­tun kön­nen. Im­mer wie­der war ihm die ge­träum­te Sze­ne durch den Kopf ge­gan­gen. Im­mer wie­der hat­te er sich einen Schat­ten der Wär­me und Lie­be ins Be­wusst­sein brin­gen kön­nen, auch wenn die­ser von Mal zu Mal schwä­cher ge­wor­den war.

Am Mor­gen wa­ren die Ge­füh­le dann kaum mehr als eine blas­se Erin­ne­rung, die zwar fern wirk­te, aber ir­gend­wie trotz­dem prä­sent war – zu prä­sent, als dass es sich doch nur um einen nor­ma­len Traum ge­han­delt ha­ben könn­te. Nein, so viel rei­ne Lie­be hat­te Nik­ko in sei­nem gan­zen Le­ben noch nicht ver­spürt. Wie konn­te das Er­leb­te also nur ein Traum ge­we­sen sein?

Trotz sei­ner Mü­dig­keit war es dem Ma­gier an die­sem Mor­gen nicht da­nach, noch ein we­nig in der Kraft zu me­di­tie­ren. Wahr­schein­lich hät­te er sich dar­auf auch gar nicht kon­zen­trie­ren kön­nen. Lie­ber ver­schlang er schnell sein Früh­stück, um dann bei ei­nem kur­z­en Spa­zier­gang in der Mor­gen­luft den Kopf wie­der frei zu be­kom­men.

Es war zwar noch recht früh am Tag, doch stand zu die­ser Jah­res­zeit die Son­ne schon hoch am Him­mel. Nik­ko schlen­der­te auf den Wehr­gän­gen sei­ner Burg um­her und wuss­te noch im­mer nicht, was er von die­sem selt­sa­men Traum hal­ten soll­te.

Er hät­te ja eher er­war­tet, dass der Ge­fal­le­ne kurz vor dem Op­fer noch ein­mal Kon­takt zu ihm auf­neh­men wür­de. Der Geist hat­te in ih­rem letz­ten Ge­spräch schließ­lich ge­meint, Nik­ko wür­de schon wis­sen, was zu tun sei, wenn es an der Zeit wäre. Genau dar­an hat­te der Ma­gier aber so sei­ne Zwei­fel. Umso ver­wirr­ter war er nun, da ihm ein an­de­rer Geist im Traum er­schie­nen war, der ihn of­fen­bar auch noch von dem Ri­tu­al ab­zu­hal­ten such­te.

Ein an­de­rer Geist? Er­schie­nen? Im Grun­de hat­te Nik­ko ja nur eine Stim­me ver­nom­men, die zu­dem von über­all her er­schol­len war. Ge­se­hen hat­te er hin­ge­gen nichts und nie­man­den. Es war also nicht ein­mal klar, ob das We­sen wirk­lich ein Geist war. Ob­wohl, was soll­te es denn sonst ge­we­sen sein?

Mo­ment mal! Hat­te die Stim­me den Ein­äu­gi­gen nicht als ih­ren ge­fal­le­nen Sohn be­zeich­net. Ja, so­gar als al­ler­tiefst ge­fal­le­nen Sohn. Dem­nach müss­te die Stim­me doch zum Va­ter des Geis­tes ge­hö­ren, also zum Va­ter al­ler De­mi­ur­gen. Das hie­ße aber … das hie­ße ja, der All­va­ter per­sön­lich hät­te zu Nik­ko ge­spro­chen!

All­va­ter? Der Zau­be­rer konn­te sich un­ter die­ser Be­zeich­nung ei­gent­lich nicht viel vor­stel­len. Pe­ryn­dor und auch der Ge­fal­le­ne hat­ten die­sen Na­men zwar kurz er­wähnt, doch war Nik­ko längst noch nicht klar, wer oder was der All­va­ter nun war. Auch in dem Buch über die Theur­gie fan­den sich zu die­sem Be­griff nur sehr we­ni­ge In­for­ma­tio­nen.

Der All­va­ter war es wohl, der einst die De­mi­ur­gen er­schaf­fen hat­te. Sie wa­ren also so­zu­sa­gen sei­ne Kin­der. Aber selbst das war eher eine Ver­mu­tung als eine Tat­sa­che, da das Buch auch in die­sem Punkt sehr vage blieb. Wenn Nik­ko das Werk rich­tig ver­stand, hat­te der All­va­ter sei­ne Macht über das Geis­ter­reich oh­ne­hin vor Ur­zei­ten ab­ge­ge­ben. Wa­rum soll­te er also in den Träu­men des Zau­be­rers auf­tau­chen?

Vi­el­leicht spiel­te ihm ja auch nur ein an­de­rer Geist einen üb­len Streich. Oder woll­te der Ge­fal­le­ne etwa wis­sen, ob Nik­ko die Sa­che mit der Op­fe­rung über­haupt ernst nahm? Soll­te das al­les viel­leicht nur ein Test ge­we­sen sein, um her­aus­zu­fin­den, wie er­ge­ben er dem ein­äu­gi­gen Geist letzt­lich war?

Ja, das könn­te schon sein. Ob­wohl – bei der kom­men­den Op­fe­rung ging es doch nicht um Treue, son­dern in ers­ter Li­nie um die Be­glei­chung al­ter Schul­den. Ob die­se über­haupt ge­recht­fer­tigt wa­ren, war zwar auch noch so eine of­fe­ne Fra­ge. Aber mit Er­ge­ben­heit hat­te das Gan­ze doch nichts zu tun, oder?

So oder so, all die­se Über­le­gun­gen brach­ten Nik­ko hier nicht wei­ter. Er wuss­te ein­fach nicht, ob es nun wirk­lich der All­va­ter war, der da zu ihm ge­spro­chen hat­te. Doch hat­te ihn des­sen War­nung tief ins Herz ge­trof­fen. Der Zau­be­rer war ja be­reits im Vor­feld nicht un­be­dingt da­von über­zeugt ge­we­sen, dass eine Op­fe­rung das Rich­ti­ge war. Nun aber hat­te er noch grö­ße­re Zwei­fel dar­an.

Er soll­te die An­ge­le­gen­heit wohl bes­ser mit Pe­ryn­dor be­spre­chen. Auch wenn er kei­ne all­zu große Hoff­nung heg­te, dass der Alte da­bei für mehr Klar­heit sor­gen könn­te, so war es ihm doch wich­tig, dass we­nigs­tens der Groß­meis­ter von der War­nung wuss­te. Soll­te Nik­ko ihn also noch vor dem Ri­tu­al kon­tak­tie­ren?

Der Zau­be­rer wäg­te ei­ni­ge Mi­nu­ten lang das Für und Wi­der ab. Ob­wohl er sich nicht schon wie­der vor dem Al­ten die Blö­ße ge­ben woll­te und auch kaum hof­fen konn­te, dass die­ser einen gu­ten Rat pa­rat hät­te, ent­schied er sich letzt­lich doch da­für. Die nächt­li­che War­nung ein­fach so in den Wind zu schla­gen, war ihm viel zu ris­kant.

Also eil­te Nik­ko zu­rück in sei­ne Biblio­thek, von wo aus er den Groß­meis­ter te­le­pa­thisch kon­tak­tie­ren woll­te, um ihn zu ei­ner kur­z­en Un­ter­re­dung zu bit­ten. Hof­fent­lich wäre der Alte be­reit, schon jetzt nach Hal­fuár zu kom­men, denn ir­gend­wie hat­te Nik­ko kei­ne Lust, die Be­spre­chung in Khond ab­zu­hal­ten.

Nik­ko war­te­te be­reits un­ge­dul­dig in der Biblio­thek, als er schließ­lich am spä­ten Vor­mit­tag den Groß­meis­ter die Wen­del­trep­pe hin­auf schnau­fen hör­te. Zum Glück hat­te der Alte zu­ge­stimmt, vor dem Ri­tu­al noch ein­mal kurz nach Hal­fuár zu kom­men. Dass er sich da­für je­doch meh­re­re Stun­den Zeit ge­las­sen hat­te, fand Nik­ko al­ler­dings nicht son­der­lich er­bau­lich.

»Ich hof­fe, Ihr habt mich nicht um­sonst her­ge­be­ten«, keuch­te der Groß­meis­ter, als er die Trep­pe ge­meis­tert hat­te und die Biblio­thek be­trat.

»Ver­spre­chen kann ich es nicht«, zuck­te Nik­ko mit den Schul­tern und war schon jetzt ge­nervt.

»Also gut, was habt Ihr denn nun so Wich­ti­ges für mich?«, frag­te der Alte und setz­te sich ne­ben Nik­ko in einen der Ses­sel.

»Ich hat­te letz­te Nacht wie­der einen … Traum«, ant­wor­te­te der Zau­be­rer. »Doch war die­ser ganz an­ders als die bis­he­ri­gen.«

»Ihr müsst schon kon­kre­ter wer­den, jun­ger Meis­ter«, brumm­te Pe­ryn­dor. »In­wie­fern an­ders?«

»Ich den­ke nicht, dass es der Ge­fal­le­ne war, der zu mir sprach«, er­klär­te Nik­ko. »Die Stim­me be­zeich­ne­te die­sen gar als ih­ren … al­ler­tiefst ge­fal­le­nen Sohn.«

»Soso«, stutz­te der Alte. »Was hat die­se … Stim­me denn sonst noch ge­sagt?«

»Sie hat mich ge­warnt«, sag­te Nik­ko. »Ja, sie hat mich da­vor ge­warnt, dass ich … wie hat sie es doch gleich aus­ge­drückt? … sie sie hat mich da­vor ge­warnt, den … größ­ten Fre­vel zu be­ge­hen.« Ei­nen Mo­ment spä­ter er­in­ner­te er sich noch: »Ach ja, sie hat auch ge­meint, ich wür­de mir das nie ver­zei­hen. Oder so ähn­lich.«

»Was hat sie noch ge­sagt?«, frag­te Pe­ryn­dor und schi­en nun sehr in­ter­es­siert zu sein.

»Sie mein­te, je tiefer ich fal­le, de­sto wei­ter wäre der Weg zu­rück«, ant­wor­te­te Nik­ko. »Und dann eben, dass ich ein Ge­fan­ge­ner wäre, so­lan­ge ich ih­rem tiefst ge­fal­le­nem Sohn die­ne.«

Pe­ryn­dor brumm­te und brab­bel­te vor sich hin, schüt­tel­te hin und wie­der den Kopf und mein­te schließ­lich: »Macht Euch kei­ne Sor­gen, das wird wohl nur ein ein­fa­cher Traum ge­we­sen sein.«

»Das glau­be ich nicht«, ent­geg­ne­te ihm der jun­ge Zau­be­rer. »Da­für hat sich al­les viel zu echt an­ge­fühlt.«

»Nein, nein«, wie­gel­te der Groß­meis­ter ab. »Der Ge­fal­le­ne ist ei­ner der erst­ge­schaf­fe­nen Geis­ter. Er ist also der Sohn des All­va­ters, nie­man­des sonst.«

»Glaubt Ihr denn wirk­lich, der All­va­ter selbst wür­de im Traum zu Euch re­den?«, höhn­te er dann. »Macht Euch doch nicht lä­cher­lich, jun­ger Meis­ter!«

»Wa­rum soll­te er denn nicht zu mir spre­chen?«, woll­te Nik­ko wis­sen und war nun ein we­nig be­lei­digt.

»Fragt lie­ber, warum er es denn tun soll­te!«, lach­te der Alte. »Nein, der All­va­ter hat noch nie zu uns ge­spro­chen. Je­den­falls wäre mir so et­was nicht be­kannt.«

»Über­haupt«, zuck­te er die Schul­tern, »der All­va­ter hat sei­ne Schöp­fung längst an sei­ne Erst­ge­schaf­fe­nen über­ge­ben. Wer weiß schon, ob er noch Teil der Schöp­fung ist?«

»Dann hat viel­leicht ein an­de­rer Geist zu mir ge­spro­chen«, mein­te Nik­ko, der nicht glau­ben woll­te, dass das wirk­lich nur ein Traum ge­we­sen sein soll­te.

»Ich kann mir nicht vor­stel­len, dass ir­gend­ein Geist die Dreis­tig­keit be­sä­ße, sich als der All­va­ter aus­zu­ge­ben. Nein, auch in der Geis­ter­welt gibt es ge­wis­se Re­geln«, schüt­tel­te Pe­ryn­dor sein Haupt und ätz­te: »Fin­det Euch doch end­lich da­mit ab, dass Ihr ein­fach nur ge­träumt habt!«

Nik­ko war von den Wor­ten des Al­ten noch im­mer nicht über­zeugt, sah aber kei­nen Sinn dar­in, mit ihm wei­ter dar­über zu dis­ku­tie­ren. Im­mer­hin hat­te er ihm al­les ge­sagt. Pe­ryn­dor war also ge­warnt, falls … ja, was ei­gent­lich?

In den ver­blie­be­nen Stun­den des Ta­ges hat­te Nik­ko sei­nen ei­ge­nen Turm lie­ber ge­mie­den und war in der Burg um­her spa­ziert. Er war sich näm­lich nicht si­cher, ob der Groß­meis­ter nun gleich dort ge­blie­ben oder doch noch ein­mal nach Khond zu­rück­ge­kehrt war. Auf die Ge­sell­schaft des Al­ten konn­te er nach der vor­he­ri­gen Dis­kus­si­on gut und ger­ne ver­zich­ten.

Erst am Abend kehr­te er in den Turm zu­rück. Denn es war nicht nur höchs­te Zeit für das Abendes­sen, auch das Ri­tu­al muss­te lang­sam vor­be­rei­tet wer­den. Bis Mit­ter­nacht wa­ren es zwar noch ei­ni­ge Stun­den, aber man wuss­te ja nie, zu wel­chen Ver­zö­ge­run­gen es noch kom­men könn­te.

Zu Nik­kos Er­leich­te­rung wa­ren die Meis­ter Ni­be­gu und Khon­dyr nicht zu­ge­gen, als er den Spei­se­saal be­trat, in dem Pe­ryn­dor es sich ge­müt­lich ge­macht hat­te. Auch die Spei­sen wa­ren be­reits auf­ge­tra­gen. Also setz­te sich der jun­ge Zau­be­rer dazu und füll­te sich sei­nen Tel­ler.

»Ich wer­de die Meis­ter in Kür­ze aus Khond ab­ho­len«, be­merk­te der Alte schließ­lich, der mit dem Es­sen of­fen­bar schon fer­tig war. »Ihr soll­tet dann als­bald das Ri­tu­al vor­be­rei­ten.«

»Was muss ich denn ma­chen?«, frag­te Nik­ko, dem die gan­ze Sa­che nun mehr und mehr miss­fiel.

»Was soll das hei­ßen?«, er­wi­der­te der Groß­meis­ter und wirk­te da­bei ziem­lich ver­är­gert. »Wisst Ihr denn gar nicht, wie das Ri­tu­al von­stat­ten­geht?«

»Der Ge­fal­le­ne hat beim letz­ten Mal er­wähnt, ich wür­de schon recht­zei­tig wis­sen, was zu tun sei«, recht­fer­tig­te sich Nik­ko. »Seit­her habe ich öf­ters da­von ge­träumt, ein Op­fer mit ei­nem Dolch … also, Ihr wisst schon …«

»Ist das etwa al­les?«, schi­en Pe­ryn­dor er­schro­cken zu sein. »Sonst wisst Ihr nichts?«

»Nein«, er­wi­der­te Nik­ko und hoff­te ins­ge­heim, dass die Durch­füh­rung des Ri­tuals so­mit un­mög­lich wür­de. Wäre das nicht die per­fek­te Aus­re­de, um al­les ab­zu­bla­sen?

»Hm«, brumm­te der Alte. »Ver­mut­lich er­in­nert Ihr Euch nur falsch an das, was der Ge­fal­le­ne Euch ge­sagt hat. Er hat wohl eher ge­meint, dass wir Meis­ter Euch das Ri­tu­al zei­gen sol­len.«

Auch mit die­ser Va­ri­an­te könn­te Nik­ko ganz gut le­ben, ob­wohl er noch im­mer am liebs­ten al­les ab­bla­sen wür­de. Doch läge die Verant­wor­tung so auch bei den drei Meis­tern, nicht bei ihm al­lein – oder?

»Ei­nen Au­gen­blick!«, er­schrak der Alte dann. »Ihr habt doch we­nigs­tens einen Ri­tual­dolch, oder etwa nicht?«

»Ir­gend­wo habe ich be­stimmt noch einen Dolch«, zuck­te Nik­ko die Schul­tern.

»Ja, wollt Ihr Euer Op­fer denn mit ei­nem Kä­se­mes­ser …?«, schlug der Groß­meis­ter die Hän­de über dem Kopf zu­sam­men. »Oh je, wo be­kom­men wir jetzt auf die Schnel­le einen Ri­tual­dolch her?«

Dem jun­gen Meis­ter war bis­her gar nicht be­wusst ge­we­sen, dass er für das Ri­tu­al einen ganz be­stimm­ten Dolch be­nö­ti­gen wür­de. Vor­wür­fe mach­te er sich des­we­gen aber nicht. Der Ge­fal­le­ne hät­te ihn ja dar­auf hin­wei­sen kön­nen … oder so­gar müs­sen!

Fän­de sich ein sol­cher Dolch viel­leicht un­ter den zahl­rei­chen Ar­te­fak­ten, die Nik­ko sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu­sam­men­ge­sucht hat­te? So­wohl in Te­rys als auch in Skingár und zu­letzt noch in Zulîf hat­te er ja kräf­tig zu­ge­langt. Ob un­ter all dem Krem­pel aber auch Dol­che ge­we­sen wa­ren, wuss­te er nicht mehr.

Ei­nen Mo­ment lang er­wog er, die­se Op­ti­on vor Pe­ryn­dor gar nicht erst an­zu­spre­chen. Vi­el­leicht wür­de das Feh­len ei­nes sol­chen Dol­ches ja doch noch dazu füh­ren, dass das Ri­tu­al ab­ge­bro­chen wer­den muss­te. Dann al­ler­dings be­fürch­te­te er, dass ei­ner der Meis­ter ihm einen Dolch bor­gen wür­de, wo­mit er letzt­lich so­gar noch in des­sen Schuld stün­de. Nein, das muss­te nun wirk­lich nicht sein!

»Ich den­ke, dass sich in mei­ner Samm­lung so ein Dolch fin­den wird«, be­ru­hig­te Nik­ko den Groß­meis­ter da­her. »Der Ne­kro­mant wird doch einen sol­chen be­ses­sen ha­ben, oder etwa nicht?«

»Na­tür­lich hat er das«, nick­te Pe­ryn­dor. »Lasst uns gleich nach­schau­en, ob wir ihn fin­den. Wenn nicht … ich will gar nicht dar­an den­ken.«

»Lasst mich erst ein­mal auf­es­sen«, bat Nik­ko. »Dann wer­de ich die Dol­che zu­sam­men­su­chen und sie Euch zei­gen.«

Pe­ryn­dor hat­te zwar ein großes In­ter­es­se dar­an ge­äu­ßert, die in Hal­fuár ge­la­ger­ten Ar­te­fak­te selbst nach ei­nem Ri­tual­dolch zu durch­su­chen, doch hät­te Nik­ko ein­fach kein gu­tes Ge­fühl da­bei ge­habt, wenn der Alte in sei­ner Samm­lung her­um­wüh­len wür­de. Ei­ni­ge Ar­te­fak­te wa­ren im­mer­hin recht mäch­tig und Nik­ko woll­te nicht ris­kie­ren, dass der Groß­meis­ter sich ein paar da­von … aus­borg­te.

Die meis­ten Ar­te­fak­te wa­ren noch im­mer im Kel­ler ge­la­gert und ver­staub­ten dort in Kis­ten. Es war wohl Nik­kos Un­ord­nung, die hier als bes­ter Schutz ge­gen Pe­ryn­dors neu­gie­ri­ge Bli­cke und Fin­ger ge­wirkt hat­te. Der Kel­ler­raum war im­mer­hin un­ver­schlos­sen und der Alte hat­te sich ja auch nicht zum ers­ten Mal für län­ge­re Zeit in Hal­fuár ein­quar­tiert. Ge­le­gen­heit hät­te er also mehr­fach ge­habt, hier un­be­merkt auf Su­che zu ge­hen.

Es dau­er­te nicht lan­ge, bis Nik­ko einen Dolch fand, den er auch ohne Pe­ryn­dors ge­schul­ten Blick als Ri­tual­dolch er­kann­te. Die Waf­fe sah schließ­lich ge­nau­so aus wie der in sei­nen Träu­men ver­wen­de­te Dolch.

Das Stück hat­te zwei Schnei­den, die senk­recht auf­ein­an­der stan­den, so­dass die ver­mut­lich sil­ber­ne Klin­ge einen kreuz­för­mi­gen Qu­er­schnitt auf­wies. Der Griff schi­en eben­falls aus Sil­ber zu sein und war mit ei­nem Le­der­band um­wi­ckelt. An­sons­ten war das Ar­te­fakt sehr schlicht ge­hal­ten.

»Ein … un­ge­wöhn­li­ches Stück«, be­merk­te Pe­ryn­dor, als Nik­ko ihm den Dolch in der Biblio­thek hin­hielt. »Ein sehr un­ge­wöhn­li­ches Stück.«

»Wie­so?«, wun­der­te sich der jun­ge Zau­be­rer. »Er sieht ge­nau­so aus, wie der Dolch, den ich in mei­nen Träu­men ge­se­hen habe.«

»Das wun­dert mich nicht«, mein­te der Alte und nahm den Dolch ent­ge­gen, um ihn noch ge­nau­er zu be­gut­ach­ten. »Der Ge­fal­le­ne wird wohl ge­wusst ha­ben, dass Ihr eben­die­ses Ar­te­fakt fin­den wer­det.«

»Was ist denn nun so un­ge­wöhn­lich an dem Stück?«, bohr­te Nik­ko wei­ter.

»Ri­tual­dol­che ha­ben ge­wöhn­lich eher fla­che Klin­gen«, ant­wor­te­te der Alte. »Meist ver­fü­gen sie auch über vie­le Ver­zie­run­gen und oft ge­nug über … Wi­der­ha­ken oder ähn­li­ches.«

»Wi­der­ha­ken?«, wun­der­te sich Nik­ko, ver­kniff sich je­doch die Fra­ge, wozu die­se wohl gut wä­ren. Das konn­te er sich schließ­lich auch selbst aus­ma­len.

»Wenn der Ge­fal­le­ne Euch aus­ge­rech­net die­se Waf­fe im Traum ge­zeigt hat, dann soll sie für das Ri­tu­al ge­nü­gen«, zuck­te der Alte schließ­lich die Schul­tern. »An­sons­ten hät­te ich eher ab­ge­ra­ten, aber … nun ja.«

»War dies denn wirk­lich der Ri­tual­dolch Meis­ter Ha­fuchs?«, wun­der­te er sich dann.

»Das weiß ich lei­der nicht mehr«, gab Nik­ko zu. »Ich kann mich nicht dar­an er­in­nern, wo­her das Stück ur­sprüng­lich stammt.«

»Ja, wo­her soll­te es denn sonst sein?«, frag­te der Groß­meis­ter, der ja nicht wuss­te, dass Nik­ko sich auch an­de­ren­orts die Ta­schen ge­füllt hat­te.

»Nein, das fühlt sich nicht nach Ha­fuch an«, mein­te er dann, be­vor Nik­ko sich eine Aus­re­de zu­recht­le­gen konn­te. »Nun, wir wer­den spä­ter noch her­aus­zu­fin­den ha­ben, wo­her das Stück stammt. Jetzt aber soll­ten wir uns auf das Ri­tu­al kon­zen­trie­ren!«

Am spä­ten Abend ver­sam­mel­ten sich die Meis­ter dann in der für die vier Zau­be­rer ei­gent­lich zu klei­nen Ri­tu­al­kam­mer. Wann Ni­be­gu und Khon­dyr nach Hal­fuár ge­kom­men wa­ren, hat­te Nik­ko gar nicht mit­be­kom­men. Hat­te Pe­ryn­dor sie tat­säch­lich in Khond ab­ge­holt oder hat­te er ih­nen etwa das Tele­port­mus­ter für die Burg ver­ra­ten?

Der jun­ge Zau­be­rer hat­te nun al­ler­dings ganz an­de­re Pro­ble­me, als sich um sol­che Fra­gen zu küm­mern. Je nä­her das Ri­tu­al kam, de­sto stär­ke­re Bauch­schmer­zen be­rei­te­te es ihm. Vor al­lem konn­te er die War­nung des All­va­ters ein­fach nicht ver­drän­gen, auch wenn der Groß­meis­ter die Echt­heit die­ser Vi­si­on so ve­he­ment be­stritt.

Mehr als ein­mal über­leg­te Nik­ko, ob er nicht noch ei­nem der an­de­ren Meis­ter von sei­nem Traum be­rich­ten soll­te, oder so­gar bei­den. Ir­gen­det­was hielt ihn je­doch da­von ab. Vi­el­leicht woll­te er ein­fach nicht ris­kie­ren, sich vor den Her­ren lä­cher­lich zu ma­chen. Vi­el­leicht steck­te aber auch et­was an­de­res da­hin­ter.

»Ein klei­ne­res Ka­buff hät­tet Ihr wohl nicht fin­den kön­nen?«, spot­te­te Khon­dyr, doch Nik­ko nahm des­sen Wor­te kaum wahr. Er war viel zu sehr da­mit be­schäf­tigt, sich sei­ne An­span­nung nicht an­mer­ken zu las­sen und be­fin­ger­te ner­vös den Ri­tual­dolch an sei­nem Gür­tel.

»In der Tat«, pflich­te­te aus­ge­rech­net Meis­ter Ni­be­gu bei. »Ich schla­ge vor, wir wei­chen nach Ohuh­wa aus. Dort soll­te der­zeit ei­gent­lich nichts los sein.«

»Wa­rum so vie­le Um­stän­de?«, schüt­tel­te Pe­ryn­dor den Kopf. »Lasst uns doch ex­tra­di­men­sio­nal ar­bei­ten. Das habe ich schon ewig nicht mehr ge­macht.«

»Wa­rum nicht?«, grins­te Meis­ter Khon­dyr. »Zu viert soll­ten wir den ge­mein­sa­men Freund auch dort zu bän­di­gen wis­sen.«

Nik­ko ver­stand nicht, wo­von die Her­ren da re­de­ten. In die­sem Au­gen­blick war es ihm aber auch egal. Ir­gend­wie schi­en ihm ge­ra­de über­haupt al­les egal zu sein. Er hat­te je­den­falls nicht das Ge­fühl, noch Herr sei­nes ei­ge­nen Schick­sals zu sein.

»Wo ist das Op­fer?«, frag­te Ni­be­gu. »Wir soll­ten lang­sam an­fan­gen. Bis Mit­ter­nacht kann es nicht mehr all­zu lan­ge sein.«

»Meis­ter Nik­ko!«, dräng­te der Groß­meis­ter nach ei­ni­gen Au­gen­bli­cken. Der jun­ge Ma­gier hat­te gar nicht be­merkt, dass die Fra­ge nach dem Op­fer nur ihm ge­gol­ten ha­ben konn­te.

»Ich hole ihn«, pieps­te Nik­ko und ver­ließ die Ri­tu­al­kam­mer.

Der Ma­jor be­fand sich noch im­mer in ei­nem der an­de­ren Räu­me im Kel­ler des Turms und wur­de dort von dem un­to­ten Die­ner be­wacht. Nur einen Au­gen­blick lang über­leg­te Nik­ko, ob er die Ge­le­gen­heit nicht zur Flucht nut­zen soll­te. Noch hat­te das Ri­tu­al ja nicht be­gon­nen.

Das hät­te wohl auch kei­nen Sinn mehr, sah er je­doch ein und wies dann den Un­to­ten an, den Ge­fan­ge­nen zu er­grei­fen.

»Was soll das?«, be­schwer­te sich der Ma­jor mit schwa­cher Stim­me, als könn­te er die Sinn­lo­sig­keit sei­ner Wi­der­wor­te schon erah­nen.

Ir­gend­wie tat der Kerl Nik­ko nun doch leid. Den­noch be­fahl er dem Un­to­ten, das Op­fer in den Ri­tual­raum zu brin­gen, und folg­te ih­nen. So falsch sich das al­les auch an­fühl­te, so sehr sah der Zau­be­rer den­noch ein, dass er ein­fach kei­ne an­de­re Wahl hat­te. Oder doch?

Nein, die Kon­se­quen­zen wä­ren si­cher­lich viel schlim­mer als das schlech­te Ge­wis­sen, das ihn nach der Tat wohl ei­ni­ge Zeit lang pla­gen wür­de. Durch eine Ab­sa­ge des Ri­tuals zum jet­zi­gen Zeit­punkt wür­de er sich ver­mut­lich nicht nur den Ge­fal­le­nen zum er­bit­ter­ten Feind ma­chen, son­dern auch die drei an­we­sen­den Meis­ter.

»Nun aber zü­gig!«, dräng­te Ni­be­gu er­neut und grins­te: »Der Freund war­tet nur un­gern auf sein … Mahl.«

»Was soll das? Was …«, be­schwer­te sich der Ma­jor, doch ein Wink des Fürst­ma­giers ließ ihn ab­rupt ver­stum­men. Er ver­such­te zwar, wei­ter zu re­den, doch kein hör­ba­res Wort kam mehr aus sei­nem Mund.

»Da­hin!«, be­fahl Ni­be­gu dem Ge­fan­ge­nen mit un­wirk­lich dröh­nen­der Stim­me und zeig­te in die Mit­te des klei­nen Raums. »Sitz!«

Nik­ko be­kam nur am Ran­de mit, wie der Meis­ter dazu noch ei­ni­ge Wor­te mur­mel­te. Der Ma­jor ge­horch­te dar­auf­hin und setz­te sich in der Mit­te im Schnei­der­sitz nie­der. Ni­be­gu flüs­ter­te dann et­was und das Op­fer ver­fiel in eine Star­re. Le­dig­lich leich­te Atem­be­we­gun­gen wa­ren noch zu er­ken­nen.

Die drei Meis­ter po­si­tio­nier­ten sich schließ­lich um das Op­fer her­um und be­deu­te­ten Nik­ko, es ih­nen gleich zu tun. Der jun­ge Zau­be­rer stell­te sich zwi­schen Pe­ryn­dor und Ni­be­gu, Khon­dyr stand ihm ge­gen­über. Dann reich­ten die Ma­gier sich die Hän­de, so­dass sie eine Art Kreis um den ge­lähm­ten Ma­jor bil­de­ten.

Der Groß­meis­ter be­gann dar­auf­hin, ein Nik­ko zu­nächst un­be­kann­tes Mus­ter zu wir­ken, das ihn je­doch bald an eine Art Di­men­si­ons­zau­ber er­in­ner­te. Die an­de­ren bei­den wirk­ten als­bald dar­an mit und auch Nik­ko tat es ih­nen gleich.

Als die Mus­ter der vier Ma­gier auf­ein­an­der ab­ge­stimmt wa­ren, ak­ti­vier­te Pe­ryn­dor den Zau­ber und die Grup­pe fand sich plötz­lich in ei­nem Nichts wie­der. Ja, es schi­en fast so, als schweb­ten sie im frei­en Raum.

»Pu­ris­ti­scher hät­tet Ihr Eu­ren Tem­pel wohl nicht ge­stal­ten kön­nen?«, wit­zel­te Ni­be­gu an Pe­ryn­dor ge­rich­tet.

»Sind wir denn hier, um uns an Schnör­keln zu wei­den?«, kon­ter­te der Groß­meis­ter.

»Der Ort wird sei­nen Zweck er­fül­len«, pflich­te­te Khon­dyr ihm bei.

»Ja, warum auch we­nigs­tens et­was Stil und Klas­se zei­gen?«, ver­dreh­te Ni­be­gu die Au­gen und schüt­tel­te dann den Kopf.

Nik­ko ver­stand nicht ge­nau, worum es da­bei ging. Er ver­mu­te­te aber, dass Pe­ryn­dor für das Ri­tu­al auch eine we­ni­ger schlicht an­mu­ten­de Di­men­si­on hät­te aus­wäh­len kön­nen. Oder hat­te er die­sen Ort etwa selbst ge­schaf­fen?