Der Hund als Spiegel der Seele - Silvia Hüllenkremer - E-Book

Der Hund als Spiegel der Seele E-Book

Silvia Hüllenkremer

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Beschreibung

Hunde reagieren nicht nur auf äußere Signale und Zuneigung, die sie von uns Menschen erhalten, sondern verleihen oftmals auch unseren inneren Überzeugungen, Gefühlen und Gedanken Ausdruck. So ist es möglich, vom Verhalten oder auch von Krankheiten des Hundes Rückschlüsse auf uns selbst zu ziehen. Wer bei seinem Hund ein störendes Verhalten oder Problem nicht nur beseitigen will, sondern nach Gründen und Ursachen sucht, der muss sich selbst auch betrachten und findet in diesem Buch sehr umfassende und nützliche Informationen dazu. Das Buch eröffnet eine ganzheitliche Sichtweise auf den Umgang mit Problemverhalten zwischen Mensch und Hund. Aus diesem Ansatz heraus erfährt der Leser einiges über die Möglichkeiten der systemischen Psychologie, Tier- und Familienaufstellung, Homöopathie, Matrix und vieles mehr. Diese Bausteine als wesentliche Elemente einer ganzheitlichen Beratung können das Zusammenleben mit Hunden sinnvoll ergänzen. Darüber hinaus werden bestimmte Spiegelthemen, wie Freiheit, Loslassen, Angst, Krankheit, Aggression, Distanz und Nähe anhand von Fallbeispielen dargestellt sowie Lösungswege aufgezeigt, die wieder zu mehr Klarheit und Harmonie im Zusammenleben mit dem Hund führen können.

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Silvia Hüllenkremer

Der Hund als Spiegel der Seele

Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-95693-036-2

Lektorat: Berenike Schaak © Copyright: FRED & OTTO – der Hundeverlag / 2017www.fredundotto.de

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Abbildungsnachweis: alle Bilder Silvia Hüllenkremer

Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Mensch und Hund – Was unser Zusammenleben bestimmt
Geschichte der Hundeerziehung
Den Hund trainieren – Ein Ausflug in die Lerntheorie
Hilfs- und Allheilmittel in der Hundeerziehung
Zentrale Themen zwischen Mensch und Hund
Dominanz
Führung
Hyperaktivität bei Hunden
Angst
Aggression
Emotionen und Gefühle
Der Hund als Spiegel
Über Spiegelungen von Mensch und Hund
Zentrale Themen bezogen auf Spiegelungen
Dominanz
Führung
Impulsivität / Hyperaktivität (mangelnde Fähigkeit zur Impulskontrolle)
Angst
Aggression
Emotionen und Gefühle
Praxis-Hilfe: Mensch-Hund-Spiegelungen erkennen
Systemische und energetische Betrachtungsweisen in der Mensch-Hund-Beziehung
Aspekte eines systemisch-ganzheitlichen Denkens
Tier- und Familienaufstellungen
Matrix (Quantenheilung)
Interessante Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung
Vernetzung von Gefühl und Rationalität, Herz und Gehirn
Spiegelungen aus biologischer Sicht: Spiegelneuronen
Das Gedächtnis des Körpers – Beziehungen und Lebensstile steuern unsere Gene
Warum sich Biochemie und Quantenphysik sinnvoll ergänzen
Was die Seele stark macht – Einblicke in die Resilienzforschung
Anwendungsbeispiele
Begleitung für einen leichten Sterbeprozess
Angst vor hellen Autos
Angst vor Hunden
Entscheidungen treffen können
Fixierung und soziales Verhalten
Histamin-Intoleranz (HIT)
Hyperaktivität / Stress / Gedächtnisleistung
Nähe und Distanz
Psychosomatische Erkrankung des Hundes
Soziales Verhalten
Ausgleich in Herz und Gehirn durch Quantenheilung
Epilog
Danksagung
Anmerkungen
Empfehlenswerte Literatur
Empfehlenswerte Web-Links
Über die Autorin

Einleitung

„Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.“

Wilhelm von Humboldt

Haben Sie sich schon mal gefragt, ob ihr Hund ihre Stimmungen aufschnappt? „Natürlich“, werden Sie sagen, Hunde gehören zur Familie und fühlen mit uns Menschen. Doch es ist viel mehr als das: Hunde können uns näher mit der Natur in Verbindung bringen. Wir bewegen uns mehr, haben mehr soziale Kontakte und wir genießen die Gesellschaft mit ihnen. Inzwischen ist bewiesen, dass Tiere für Menschen eine blutdrucksenkende Wirkung haben, ähnlich wie Meditation. Tiere können Herzrhythmusstörungen deutlich lindern wie weltweit in kardiologischen Instituten durch Forschungen belegt werden konnte. Das zeigt, dass Hunde und Menschen, auf besondere Art miteinander verbunden sind. Sie gehören zu einem gemeinsamen Familiensystem.

Die allgemeine Weltanschauung, dass Menschen und Tiere innerlich wie eine Maschine beeinflussbar sind, ändert sich zunehmend. Für viele Menschen ist es mittlerweile unumstritten, dass Hunde unsere innersten Gedanken und Gefühle wahrnehmen. So gibt es immer mehr Untersuchungen zu den Themen Emotionen bei Menschen und Tieren, Resonanzen, Spiegelungen oder Frequenzen. Einige aktuelle Forschungen, die ich in meinem Buch aufgreife, verdeutlichen diesen Trend und das große Interesse an diesen Wissensgebieten. Deshalb bieten immer mehr Tiertrainer zur praktischen Arbeit mit dem Hund auch Unterstützung in ganzheitlicher Form an. Es gibt zahlreiche Seminar- und Veranstaltungsangebote in diesem Bereich, die zeigen, dass sich die Sichtweisen zum Thema Hund und Mensch gerade in einem Wandel befinden.

Ich möchte Ihnen ein wenig näher beleuchten, wie wichtig die Ausgeglichenheit von unseren emotionalen und rationalen Gehirnregionen ist und was wir tun können, um diese Ausgeglichenheit zu erlangen: Diese beeinflusst auch das Verhalten unserer Hunde. Der Schlüssel zu unserem emotionalen Gehirn liegt in der Art unserer Gefühlsbeziehungen mit unseren Familien, Freunden und Haustieren. Das klingt für Sie in diesem Moment vielleicht noch etwas abstrakt, ich möchte in meinem Buch jedoch näher auf diese Zusammenhänge eingehen. Denn: Der Schlüssel zu unserem emotionalen Gehirn ist gleichzeitig ausschlaggebend für die Lösung vielfältiger Probleme, die sich im Zusammenleben mit Hund und Mensch zeigen können.

Begriffe wie Dominanz, Führung, Hyperaktivität, Angst, Aggression oder Emotion und Gefühl spielen im Zusammenleben mit Hunden immer wieder eine Rolle. Auf diese Begrifflichkeiten gehe ich zunächst in Form von fachlichen Informationen und Beispielen aus dem Alltag ein, und nenne dann mögliche Beispiele für Spiegelungen zwischen Mensch und Hund. Vielleicht sind diese Informationen für Sie eine Hilfe, Spiegelthemen zu erkennen und die daraus gewonnen Erkenntnisse für sich zu nutzen. Bei all dem geht es vor allem um die wechselseitigen Reaktionen von inneren und äußeren Gedanken, Gefühlen und Handlungen, aber auch um eine klare Kommunikation, um Führung und Verantwortung sowie um eine Vertiefung der Beziehung zwischen Mensch und Hund.

Vielleicht haben sie über die Themen Seelenspiegel, systemische Betrachtung, Tier- und Familienaufstellungen oder die sogenannte Quantenheilung schon etwas gehört oder gelesen. Oder Sie können sich aufgrund von eigenen Erfahrungen bereits vorstellen, wie hilfreich das alles für Menschen und ihre Hunde sein kann. Vielleicht verbindet dieses Buch aber auch nur einige Sichtweisen und Ansätze für sie. Für viele Menschen sind diese Themen allerdings Neuland und ich hoffe, eine interessante Lektüre anbieten zu können, die einen nachvollziehbaren Einstieg in diese Sichtweisen bietet. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es in meinen Ausführungen nicht um die sogenannte Tierkommunikation geht, da bei der systemischen Aufstellungsarbeit psychologische Prozesse des sozialen Systems betrachtet werden.

Sie werden informative, rührende und lustige Erlebnisse und Geschichten aus unserem Alltag und unserer Hundeschule lesen können, die kleine Welten für diese Menschen und Hunde bewegt haben. So manche systemische Verstrickung bei Mensch und Hund, hat sich als Ursache für ein bestimmtes Verhalten herausgestellt. Für die jeweiligen Menschen hat es fühlbar und sichtbar die innere und äußere Welt verändert. Wenn sich beim Menschen die innere Haltung sowie die Art und Weise die Welt zu sehen verändert, macht das oft eine Verhaltensänderung erst möglich.

Die Umwelt, in der wir leben, verändert und beeinflusst uns 24 Stunden am Tag. Und genau diese Veränderungen beeinflussen eben auch das Verhalten und die Emotionen bei unseren Hunden. Unser Denken und Handeln in unserem Alltag zu hinterfragen, ist für unsere Entwicklung oft entscheidend, leider nehmen wir uns aber oft zu selten Zeit für uns selbst. Sonst würde es uns sicherlich leichter fallen, bisherige Ansichten loszulassen, damit wir eine Hand frei haben für neue Ansichten und neue Blickwinkel.

Ich würde mich freuen, wenn dieses Buch durch die ganzheitliche, systemische Betrachtung einiger Themen Tipps und Anregungen für Sie enthält, einen anderen Blickwinkel auf die Mensch-Hund-Beziehung zu erhalten. In unserer jetzigen Zeit verbinden sich so viele Wissenschaften, dass wir unfassbare Möglichkeiten haben, wenn wir die Erkenntnisse für uns nutzen. Was viele Menschen schon lange im Alltag wahrnehmen, wird nun erforscht und bietet uns wunderbare Möglichkeiten des Umdenkens. Es wird Zeit über den Tellerrand hinauszuschauen.

Am Ende des Buches finden Sie die jeweiligen Quellenangaben und eine Zusammenstellung empfehlenswerter Literatur. Beurteilen Sie bitte selbst, was für Sie hilfreich ist. Nicht alles was ich schreibe, ist wissenschaftlich belegt und niemand kann das Rad neu erfinden oder hat den Knopf zum Abschalten. Vieles ist ein Prozess, der viele Bausteine braucht. Auch die Wissenschaft ist ein Prozess, der nie endet und immer in Entwicklung ist, es finden immer wieder neue Paradigmen statt, die wissenschaftliche Wahrheiten in Frage stellen und sich entsprechend erweitern.

Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne eine gute Zeit beim Lesen und Nachdenken. An dieser Stelle möchte ich mich ebenfalls von Herzen für die vielen Leser meines ersten Buches bedanken, die mit ihren Rückmeldungen auch eine Motivation waren, dieses erweiterte zweite Buch zum Thema zu schreiben.

Silvia Hüllenkremer

Mensch und Hund – Was unser Zusammenleben bestimmt

Geschichte der Hundeerziehung

„Wir sind nur ein kleines Teilchen eines Ganzen, aber jeder hat eine unendlich große Verantwortung.“

Konrad Lorenz

In diesem Kapitel möchte ich auf die Geschichte der Erforschung von naturwissenschaftlichen Prozessen eingehen. Philosophie und Religion der vergangenen Jahrhunderte verbinden sich heute immer mehr mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. So versuchen Menschen zunehmend, den vielen Geheimnissen der Natur auf die Spur zu kommen. Der Begriff Paradigmenwechsel bezieht sich auf den Wechsel von einer wissenschaftlichen Grundauffassung zu einer anderen Art der Weltanschauung. Solche Wechsel gab und gibt es in allen Bereichen der Wissenschaften. Viele Forschungen des letzten Jahrhunderts bilden die Basis für heutige Sichtweisen und spielen teilweise noch immer eine entscheidende Rolle im Zusammenleben und der Erziehung unserer Hunde. Wie wir früher mit Hunden umgegangen sind, wie vergangene Weltanschauungen den Umgang mit unseren Hunden beeinflusst haben und welche bahnbrechenden Informationen sich gerade zusammenfügen und so manche Möglichkeiten entstehen lassen, darum soll es in diesem Kapitel gehen. Da sich heute viele moderne wissenschaftliche Bereiche überschneiden, wird es schwierig, eine klare Abgrenzung zu ziehen. Aber genau das meint systemisches Denken: Unser Wissen vernetzt sich, viele Prozesse beeinflussen sich gegenseitig. Untersuchungen von menschlichen und tierischen Emotionen und Verhaltensweisen in einen Zusammenhang zu bringen sind heute kein Tabu mehr.

Nach meinen Recherchen wurden wohl die ältesten schriftlichen Quellen über die Ausbildung von Hunden bei den alten Griechen und Römern gefunden. Sie beschrieben im Wesentlichen einige Hinweise zur Erziehung von Jagdhunden. Hier ging es um Zurufe, Ausrüstung und die Einbeziehung des Hundecharakters beim Jagen.

Unter dem Pseudonym Friedrich Oswald brachte Friedrich Gotthold Peter Kunze im Jahre 1855 das Buch Der Vorstehhund in seinem vollen Werthe dessen Parforce-Dressur ohne Schläge; seine Behandlung in guten und bösen Tagen heraus. Dieses Fachbuch zählt zu den ersten Büchern über Hundeausbildung und der Titel verrät schon so einiges über die Art des Umgangs mit Hunden in der damaligen Zeit.

Erst in den 1920er- und 1950er-Jahren wurden die Erkenntnisse der Verhaltensforschung bzw. der Erforschung des Lernens in die Ausbildung von Hunden miteinbezogen. Vereinfacht gesagt: Psychologen oder andere Forscher machten Versuche mit Tieren, deren Grundsätze sich heute sowohl im Hundetraining als auch in der menschlichen Psychologie wiederfinden.

Den Beginn machte hier der sogenannte Behaviorismus, dessen bekannteste Vertreter Iwan Petrowitsch Pawlow und die amerikanischen Forscher B. F. Skinner und B. Watson waren. Sie erforschten u. a. die sogenannte Reflexkettentheorie und insbesondere Pawlow führte Experimente mit Hunden zur klassischen Konditionierung durch. Er war im Grunde durch Zufall auf die Möglichkeit der Konditionierung gekommen, so beschäftigte er sich hauptsächlich mit dem Thema Verdauung und wollte mit seinen Versuchen lediglich die Produktion von Magensaft bei Hunden anregen. Aus verschiedensten Konditionierungsformen entwickelte später unter anderem B. F. Skinner die operante Konditionierung, die Lernen an Konsequenzen, durch positive und negative Verstärker, miteinbezog.

Dies kann man wohl als damaliges Paradigma der Hundeerziehung sehen. Dabei war der Behaviorist nicht an den psychologischen Vorgängen interessiert, sondern untersuchte das Verhalten allein als Reiz und Reaktion. Bei der damaligen Sichtweise des Behaviorismus wurde davon ausgegangen, dass Emotionen zwar da sind, aber nicht beobachtbar und in Studien nicht nachweisbar sind, bezogen auf das aktive Verhalten. Heute haben sich in einigen Bereichen des Behaviorismus diese Ansichten differenziert. Wenn man bedenkt, wie klar für die meisten von uns heute die gegenseitige Beeinflussung von Gefühlen und Bedürfnissen von Menschen und Tieren sind, ist diese Sichtweise natürlich begrenzt, sie ist aber eine wichtige Basis für heutige weitere Entwicklung.

Im Gegensatz dazu hat schon in den 1930er-Jahren der amerikanische Neurologe und Psychiater Kurt Goldstein im Ersten Weltkrieg herausgefunden, dass im Organismus keine isolierten Reiz-Reaktions-Vorgänge stattfinden. Er war damals aufgrund seiner Arbeit mit hirngeschädigten Soldaten der Ansicht, dass der Organismus immer als Ganzes reagiert. Er gilt als Pionier der Neuropsychologie und der Psychosomatik. Auch der Sozialpsychologe Kurt Lewin wandte sich gegen den klassischen Behaviorismus. Er gilt als Begründer der Erziehungsstilforschung, Gestalttheorie und der Feldtheorie, bezogen auf das menschliche Verhalten. Er führte in den 1930er-Jahren Experimente zu den Wirkungen unterschiedlicher Führungsstile auf das Leistungsverhalten von Jugendgruppen durch.

Zu den Ansichten des Behaviorismus entwickelte sich in den 1960er-Jahren die Erforschung von Denk- und Verarbeitungsprozessen (Kognitivismus) und die Erforschung der Wahrnehmung bezogen auf Wirklichkeitskonstruktionen (Konstruktivismus), der das innere Erleben mit einbezog. Man erforschte das Lernen durch Einsicht und berücksichtigte, dass sich neu Erlerntes an vorhandenem Wissen orientiert. Eine bekannte Persönlichkeit ist der britische Psychologe und Professor für experimentelle Psychologie Frederic C. Bartlett. Er war einer der Vorreiter im Bereich der Kognitionspsychologie, der Wahrnehmung, Denken, Lernen, Motorik und Sprache miteinbezog. Hier ist die Verbindung zur heutigen Neurowissenschaft zu finden.

Die Verhaltensbiologie oder auch Verhaltensforschung ist eine Teildisziplin der Biologie und erforscht das Verhalten der Tiere, einschließlich des Menschen. Der bekannteste Vertreter der klassischen vergleichenden Verhaltensforschung (Ethologie) ist sicherlich der Zoologe Konrad Lorenz, der beginnend in den 1930er-Jahren ethologische Forschungen betrieb. Manch einer spricht von ihm gar als „Einstein der Tierseele“. Er selbst prägte vor allem den Begriff der Tierpsychologie, der innerhalb der Verhaltensbiologie ein eigenständiges Forschungsgebiet darstellte und durch sein Engagement an deutschen Hochschulen etabliert werden konnte. Auch der seinerzeit bekannteste Wolfsforscher und Kynologe Erik Zimen ist an dieser Stelle zu nennen, der sich sehr intensiv mit dem Verhalten von Wölfen und Haushunden beschäftigte. Zu dem Verhältnis von Menschen und ihren Hunden kommt er in seinem Buch Der Hund zu folgendem Schluss: „Vielleicht wünschte ich manchmal, statt des Hundes gestreichelt zu werden. Vielleicht meint der- oder besser diejenige, die meinen Hund liebkost, eigentlich mich damit. Wie auch immer, sicher dient der Hund als soziales Ersatzobjekt in einer Vielzahl uns gar nicht mehr bewusst werdender Situationen des alltäglichen Lebens.“1 Wenn man bedenkt, dass das Buch erstmals 1992 erschienen ist, wird die rasante Entwicklung unserer Ansichten zur Hundehaltung im letzten Jahrhundert deutlich.

So beschäftigt sich die moderne Verhaltensforschung beispielsweise mit der Frage, welche sozialen Kompetenzen Hunde im Zusammenleben mit uns haben und was sie erkennen und deuten können. Forscher sind heute der Meinung, dass die Intelligenz von Hunden größer ist, als bisher angenommen: Moderne Verhaltensforschung untersucht beispielsweise, welche sozialen Kompetenzen Hunde im Zusammenleben mit uns haben. Forscher sind der Meinung, dass Hunde ähnliche Fähigkeiten haben, Kommunikationssignale zu verstehen wie 6 Monate bis 2 Jahre alte Kinder.2 Die nonverbale Kommunikation von Menschen ist anders als die der Hunde untereinander. Somit ist bei der artübergreifenden Kommunikation ein Lernen von beiden Seiten notwendig.

Die Zeit in der wir alle glaubten, „Sitz-Platz-Fuß“ ist die Lösung in der Hundeerziehung, geht so langsam vorbei. Auch beim Lernverhalten von Kindern wird mehr und mehr festgestellt, das Lernen und Entwicklung von mehr Faktoren beeinflusst werden als uns bisher bewusst war. In Studien und Forschungen stellt sich zunehmend heraus, dass Menschen und auch Tiere einige uns bewusste und unbewusste Emotionen fühlen und alle jeweils wechselseitig darauf reagieren.

Auch andere Forschungszweige bilden bei Fragen des Zusammenlebens mit Tieren eine Rolle. So bezieht man sich in der Verhaltensbiologie auf feinstoffliche Prozesse, die verschiedene Einflüsse auf Zellebene, zum Beispiel aus den Bereichen Biologie oder Genetik, miteinander in Verbindung bringen. Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden dann auch beim Lernverhalten von Menschen und Hunden berücksichtigt. Daraus entwickelte sich beispielsweise die Neurobiologie, die das Nervensystem auf Zellebene erforscht. Aus der Physik wiederum ging die heutige Quantenphysik hervor, die auch die gegenseitige Beeinflussung von Atomen und Molekülen untersucht.

Viele Wissenschaften verbinden sich in der heutigen Zeit mit philosophischen und spirituellen Gedanken. Ein wunderbares Beispiel ist dies: Im Mind & Life Institute in Massachusetts kommen seit 2003 regelmäßig buddhistische Gelehrte, darunter der Dalai Lama, sowie namhafte Neurowissenschaftler, Kognitionswissenschaftler und Psychologen, Mediziner und Physiker zusammen. Initiator des Mind-and-Life-Dialogs war der Neurowissenschaftler Francisco Varela. Die Teilnehmer tauschen sich über Fragen der Erziehung von Kindern, die Wirkung von Meditation auf das Gehirn oder zum Beispiel über die Frage nach den Möglichkeiten für Glück und Empathie auf wissenschaftlichem Niveau aus.

Auch unsere Hunde können Empathie empfinden, die dafür zuständigen Spiegelneuronen sind auch bei Tieren gefunden worden, ich gehe später noch genauer darauf ein. Einige moderne Neurobiologen leiten aus aktuellen Forschungen tiefere Überlegungen über unser Zusammenleben ab, da bekanntlich unser Gehirn alles andere als eine Maschine ist. Ein prominenter Vertreter ist beispielsweise Gerald Hüther, der in seinem Buch Etwas mehr Hirn bitte sehr treffend zusammenfasst: „Es geht also darum, ein sich global verbreitendes und sich im Gehirn aller Menschen verankerndes inneres Bild zu finden, das zum Ausdruck bringt, worauf es im Leben, im Zusammenleben und bei der Gestaltung der Beziehungen zur äußeren Welt wirklich ankommt: auf Vertrauen, auf wechselseitige Anerkennung und Wertschätzung, auf das Gefühl und das Wissen, aufeinander angewiesen, voneinander abhängig und füreinander verantwortlich zu sein.“3

Selbst in unserer modernen westlichen Welt, die sehr stark durch Rationalität geprägt ist, gibt es immer wieder Menschen, die insbesondere im Zusammenleben mit ihren Hunden ganz intuitiv die Naturgesetze anwenden. Sie scheinen intuitiv zu wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen müssen, damit das ganze Familiensystem gut miteinander auskommt. Sie haben offensichtlich nie irgendwelche Probleme oder suchen sich entsprechend Hilfe oder sie lösen bestehende Probleme, indem sie ganz einfach wissen, was in der entsprechenden Situation zu tun ist. In der Regel sind sie auch gut in der Lage, neue Möglichkeiten für sich nutzbar zu machen. Warum das bei jemandem so ist und ob diese Fähigkeiten erlernbar sind, ist Gegenstand der Resilienzforschung. Diese wiederum eröffnet auch auf Hunde bezogen einen neuen Blickwinkel auf Wesen und Erziehung.

Im Zusammenleben mit unseren Hunden tauchen immer wieder Begriffe auf wie Aggression, Angst, Dominanz, Hyperaktivität, Führung oder Emotion und Gefühl. Wir fragen uns oft, was hier wen beeinflusst, da diese Begriffe im Zusammenleben von Menschen ebenfalls eine Rolle spielen. Ein Ziel in der ganzheitlich-systemischen Betrachtung ist es, den ein oder anderen Knoten zu lösen und im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Dunkle zu bringen bei der Frage, was hier mit wem wie in Verbindung steht. Auch diese Sichtweisen finden mehr und mehr im Hundetraining Beachtung. Es geht bei systemischer Betrachtung nicht um richtig oder falsch, und auch nicht um Schuld, sondern um das Bestreben, für alle Mitglieder von Systemen gute Lösungen finden können.

Die Entwicklung von Lebewesen macht eben sehr viele Faktoren aus und ist ein Prozess in ständiger Bewegung. Dabei sind die Einheiten, die Menschen inzwischen erforschen, im Grunde immer kleiner geworden, gleichzeitig finden mehr und mehr Spezialisierungen statt. Die Vernetzung dieses Wissens ist eine Entwicklung mit unglaublichen Möglichkeiten, wenn man bedenkt, dass körperliche und seelische Erkrankungen auf der ganzen Welt rasant angestiegen sind. All das betrifft auch den Umgang mit unseren Hunden, die als hochsoziale Lebewesen mit uns in einem Familiensystem leben.

Den Hund trainieren – Ein Ausflug in die Lerntheorie

„Lernen besteht in einem Erinnern von Informationen, die bereits seit Generationen in der Seele des Menschen wohnen.“

Sokrates

In allen Bereichen des Lebens erschließt sich für viele Menschen mehr und mehr die Frage, welchen Anteil man selbst an bestimmten Reaktionen im eigenen Umfeld hat. Auch im Training von Hunden wird zunehmend einiges hinterfragt. Dabei wäre ein wertfreier, nicht von Emotionen überladener Austausch wünschenswert, wie er gerade auf vielen wissenschaftlichen Gebieten weltweit stattfindet. Nur gemeinsam und wertfrei finden wir zu Lösungen, die für alle Systeme einen anderen Blickwinkel eröffnet. Im Folgenden möchte ich über die in der Hundeszene aktuell diskutierten Erziehungsstile von Hunden zum Nachdenken anregen.

In der Lerntheorie der behavioristischen Lernpsychologie wird zwischen den Begriffen Belohnung und Strafe unterschieden. Dabei soll eine Belohnung dazu führen, dass das entsprechende Verhalten in der Zukunft öfter auftritt. Eine Strafe hingegen soll das entsprechende Verhalten hemmen. Die Verwendung der Begriffe „positiv“ und „negativ“, führt jedoch oftmals zu Wertungen. Mit dem Wort „positiv“ ist nicht etwa „gut“ gemeint, sondern schlicht, dass etwas hinzugefügt wird oder beginnt. Mit „negativ“ ist nicht „schlecht“ gemeint, sondern, dass etwas weggenommen wird oder aufhört.

Training mit dem Hund wird im lerntheoretischen Sinn so definiert:

Positive Strafe: Ein unangenehmer Reiz wird hinzugefügt. (Ein Verhalten soll weniger auftreten)

Negative Strafe: Ein angenehmer Reiz wird entzogen. (Ein Verhalten soll weniger auftreten)

Negative Verstärkung: Ein unangenehmer Reiz wird entzogen. (Ein Verhalten soll verstärkt werden).

Positive Verstärkung: Ein angenehmer Reiz wird hinzugefügt. (Ein Verhalten soll häufiger auftreten)

Natürlich gibt es unzählige komplexe Konditionierungsformen, denen wir in unserem Alltag ausgesetzt sind, oder die wir, zumeist unbewusst, auch selbst anwenden. Zum Beispiel kennt jeder von uns die Effekte, die eine bestimmte Werbung bei uns auslöst. So wirkt Konditionierung beispielsweise auch in Supermärkten, indem günstigere Produkte meist nicht in Augenhöhe plaziert sind, und wir uns bücken müssen um sie zu erhalten. Arbeitet man im Hundetraining nach den Grundsätzen der Lerntheorie vorwiegend mit positver Verstärkung, stellt sich die Frage, was man tun kann, wenn es in einer Situation nichts gibt, was bestärkt werden kann. Hinzu kommt, dass in bestimmten Situationen unerwünschtes Verhalten sogar verstärkt werden kann. Hierzu zwei Beispiele:

Ein Halter und/oder sein Hund sind gerade sehr aufgeregt. Der Mensch, weil er vielleicht gerade Bedenken hat, etwas falsch zu machen, der Hund, weil er sich in einer Situation befindet, die ihn überfordert. Doch der Mensch hat sich vorgenommen, seinem Hund das Kommando „Sitz“ beizubringen. Unbewusst bringt man seinem Hund in diesem Kontext jedoch bei, dass „Sitz“ mit Aufregung zu tun hat. Oft ist das auch bei Hunden zu beobachten, die sich an der Haustür sehr aufregen, wenn es klingelt, wenn die Gassirunde ansteht oder die Kofferraumklappe aufgeht. Viele Halter bringen den Hund ins „Sitz“ oder „Platz“ oder sagen „Warte“, die konditionierte Aufregung wird dabei stets mit abgerufen und spätestens nach dem Aufheben des Kommandos schießt der ein oder andere Hund nach vorne. Hunde, die hier hecheln, fiepen, bellen oder nervös sind, haben sich zwar vielleicht hingesetzt, aber sind dabei innerlich so aufgeregt, dass sie einfach explodieren müssen. Diese Aufregung überträgt sich nicht selten auf den gesamten Spaziergang und die jeweilige Umgebung. Ginge es dem Menschen hier mehr um eine grundsätzliche Entspannung als um die Ausführung eines bestimmten Kommandos, würde sich in den oben genannten Situationen sicherlich ein anderes Ergebnis zeigen können. Oder: Ihr Hund läuft einem Vogel oder Hasen hinterher und Sie belohnen ihn, wenn er zu Ihnen zurückkommt. Ungünstig ist nur, dass dieser Hund in diesem Moment einem laufenden Cocktail aus Hormonen (z. B. Dopamin) gleicht und sie ihn für diesen inneren Status bestätigen. Natürlich spielt auch immer die innere Haltung von uns selbst eine Rolle und beeinflusst das, was Hunde damit in Verbindung bringen. Wenn wir uns also nicht wirklich ehrlich über etwas freuen, oder innerlich aufgeregt oder angespannt sind, ist das für Hunde spürbar, ganz gleich wie und mit was wir unsere Hunde bestätigen. Viele Mehrhundehalter wissen, dass in gut geführten Hundegruppen auch andere Reaktionen von Hunden untereinander stattfinden. Je nach Situation und Charakterstruktur der jeweiligen Hunde wird da kaum ein Zurückkommen bestätigt. Beobachtbar ist auch, dass innerhalb der Struktur einer Gruppe zum Wohl der Gemeinschaft dafür gesorgt wird, dass ein sinnloses und gefährdendes Jagen nicht stattfindet. Die Frage ist, was hier angemessen, sinnvoll und artgerecht ist. Wenn Hunde gelernt haben, bestimmten Bewegungsreizen immer und überall nachgehen zu können, überträgt sich dieses Lernverhalten möglicherweise auch auf den Vogel oder den Hasen. Bei Beschäftigungsmöglichkeiten wie Reizangel, Ballspielen oder ähnlichem kann sich der Umgang mit diesen von Hunden wahrgenommenen Bewegungen auch beispielsweise auf Wild übertragen. Bewegungsreize können somit unkontrollierbar oder auch bedingt steuerbar für Hunde werden. Die entscheidende Frage ist, ob Hunde mit diesen Beschäftigungsmöglichkeiten im Hetz- und Beutetrieb bestätigt, oder diese zum Erlernen von Impulskontrolle eingesetzt werden. Ein wichtiger Faktor ist auch, welchen Stresslevel der Hund mit solchen Beschäftigungen verknüpft.

Zu einer verantwortungsvollen Sichtweise von Hundehaltern gehört auch, ganz bewusst darauf zu achten, dass Hunde auf Feld- und Waldwegen bleiben. Der Stresslevel für Wild, das von Hunden gehetzt wird, ist hier enorm. Jäger und Landwirte sind meiner Meinung nach berechtigt alarmiert bei manchen Antworten von Hundehaltern, die ihre Hunde achtlos laufen lassen. Die Beschädigung und Gefährdung der Natur und des Wildes führt letztlich für alle Hundehalter zu immer mehr Einschränkungen, die sicherlich wegen einiger achtloser Hundehalter in immer mehr Gesetzen verankert werden.

Ein Faktor ist auch, dass es uns nicht möglich ist, uns nicht zu verhalten. Wir verhalten uns alle immer auf irgendeine Art, was unsere Umgebung entsprechend beeinflusst. Selbst, wenn wir etwas nicht beachten oder ignorieren, wird das von anderen bewusst oder unbewusst wahrgenommen. Etwas zu ignorieren, kann auch eine Form der Konditionierung bewirken, die bewusst oder unbewusst von uns eingesetzt wird oder entsteht. Alles löst etwas aus, so ist ein Nichtentscheiden, also keine Entscheidung zu treffen, ja bereits eine Entscheidung, die entsprechende Konsequenzen hat. Und auch dafür sollten wir Verantwortung übernehmen.

Wie emotionale Zusammenhänge und Konditionierungen miteinander in Verbindung stehen, bringt der US-amerikanische Verhaltensforscher James O´Heare sehr deutlich in seinem Buch Das Aggressionsverhalten des Hundes zum Ausdruck: „Andererseits muss man auch wissen, dass im realen Leben, wo man es mit komplexen emotionalen Zusammenhängen zu tun hat, klassische Konditionierung nur schwer umgekehrt werden kann. Wenn ein Hund auf etwas furchtsam reagiert und Kampf oder Flucht ausgelöst wird, dann lässt sich diese emotionale Reaktion nur sehr schwer verändern. Gibt es etwas, vor dem Sie Todesangst haben? Nehmen wir an, ein Bankräuber hält ihnen eine Pistole an den Kopf und löst damit eine Angstreaktion aus. Womit könnten sie diese Situation nun kombinieren, damit ihre emotionale Reaktion darauf angenehm ausfällt? Wie oft müssen beide Dinge gleichzeitig auftreten, bis sich ihre emotionale Reaktion ändert?“4

Der aktuelle Streit und die Lagerbildung in der Hundeszene ist bezeichnend für den bis heute grundlegenden Streit, der in verschiedenen Ansichten und Lehrmeinungen auch in der Psychologie und Erziehung von Menschen stattfindet. Die einen meinen, dass ein Hund nur durch Strenge und Autorität erzogen werden kann, andere drängen anklagend auf einen ausschließlich nur positiven Umgang mit Hunden und definieren andere Methoden als Gewalt, oder Verherrlichung der Dominanztheorie. Wieder andere wählen den Weg zwischen den beiden Polen und versuchen, differenzierter und mehr und mehr ganzheitlich zu denken.

Wir Menschen machen in unserem Leben nicht nur positive Erfahrungen. Aber sind es nicht oftmals gerade die unschönen und schwierigen Ereignisse und Momente, die uns aufhorchen lassen, die uns letztlich stärken und uns die Chance geben, uns weiterzuentwickeln? Wie sollten wir sonst lernen mit den Anforderungen des Lebens zurechtzukommen? So vieles beeinflusst uns in unseren Emotionen, ob bewusst oder unbewusst, und das wiederum hat Auswirkungen auf die Emotionen und das Verhalten unserer Hunde. Rein „technische“ Lösungen sind daher kaum erfolgversprechend, sind wir – und genauso unsere Hunde – doch soziale Wesen mit hochkomplexen Strukturen und eben keine Roboter oder Maschinen.

Ich finde diese Diskussionen wichtig, denn sie führen zunehmend zu einer Differenzierung einer „ausschließlich positiven“ oder „ausschließlich autoritären“ Herangehensweise sowie der Differenzierung einer mehr oder weniger „emotional-wertenden“ Beurteilung. Auch der über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Hundeexperte Thomas Baumann tritt schon seit vielen Jahren für eine Hundeerziehung ein, die sich sowohl von der zwanglosen als auch von der zwangsbetonten Erziehung deutlich abgrenzt. In seinem Buch … damit wir uns verstehen – Die Erziehung des Familienhundes wird seine Haltung deutlich: „Wer sich einmal grundlegende Gedanken zur Verhaltensteuerung von Hunden gemacht hat und dazu noch über eine gehörige Portion an Erfahrung verfügt, wird sehr wohl die Möglichkeiten und Grenzen der sogenannten zwanglosen Erziehung und Ausbildung bei Hunden realistisch einschätzen. Eine realistische Einschätzung wiederum führt zu dem Ergebnis, dass es in fast allen Erziehungsfällen überhaupt nicht zwanglos zugehen kann, weil der ethologisch vorgeformte Charakter unserer Hunde dafür in keiner Weise geschaffen ist.“5

Thomas Baumann gibt in seinem Buch ehrliche und übersichtliche Informationen zu den verschiedenen Konditionierungsformen, die es doch manchmal – und das zeigt sich gerade in der Praxis – zu überdenken gilt. Der Alltag mit unserem Hund sieht oft anders aus, als wir uns das gerne wünschen. Viele Hundehalter sind überfordert, wenn ihr Hund beim Anblick eines anderen Hundes wild in die Leine springt und sich trotz Leckerli-Ablenkungsversuche und gut gemeinten freundlichen Zureden kaum davon abhalten lässt. Verständlicherweise finden dies viele Menschen peinlich oder sind genervt, was ein klares Auftreten der Umwelt und dem Hund gegenüber schwierig macht. Diese Emotionen sind in der Kindererziehung ebenfalls bekannt.

Die Frage nach dem Warum, also der Ergründung möglicher Ursachen für ein bestimmtes Verhalten bei Mensch und Hund, kann unterschiedliche Lösungswege aufzeigen. Für alle Beteiligten wirklich erfolgversprechend kann es jedoch nicht sein, den Fokus nur darauf zu legen, ein bestimmtes, störendes Verhalten einfach nur „wegmachen“ zu wollen. Hinzu kommt noch, wie aus der menschlichen Psychologie bekannt ist, dass sich über Lerntherapien alleine zwar teilweise alternatives Verhalten trainieren lässt, doch wenn die Ursachen nicht aufgelöst werden, es meist zu einer Verlagerung von Symptomen kommt. So kann ein Hund durch einige Maßnahmen zwar an der Leine ruhiger werden, er „explodiert“ aber womöglich an einer anderen Stelle als Reaktion auf manch ungelöste Ursache. Es ist zum Beispiel ein gravierender Unterschied, ob ein Hund für das Zurückkommen zum Halter an der Leine belohnt wird (Konditionierung), oder das Ziel ist, dass der Hund nicht erst vorläuft (Führung). Soll er sich an uns orientieren, oder beim Zurückkommen, wenn die Leine das Ende erreicht hat, eine Belohnung abholen?