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Es heißt: Bis dass der Tod euch scheidet. Und was bedeutet das Versprechen: Wir wollen nie mehr auseinandergehn? Kann eine Ehe nach vierzig Jahren nur deshalb enden, weil der Partner stirbt? Anton sieht sich mit diesen Fragen konfrontiert – plötzlich –, wo doch der Tod zum Leben gehört wie die Geburt. Und er entscheidet sich … 277 Norm-Druckseiten
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Ralph Tremmel
Der Johanna-Effekt
oder
Lass unsnie mehrauseinandergehn
Ein Liebesroman
Impressum:Autor: Ralph Tremmel69126 HeidelbergMombertplatz 84 Coverbild: AutorSchrift: Google Fonts: noto
Korrektorat: Kerstin Thieme
tolino media ISBN: 9783759279682
2018, 2024
»Vergiss die Strumpfhosen nicht, die dicken!«„Was?“ Er fuhr herum.Er hätte schwören können, es war Elfe, die gesprochen hatte.
Prolog
Es heißt: Bis dass der Tod euch scheidet. Und was bedeutet das Versprechen: Wir wollen nie mehr auseinandergehn? Kann eine Ehe nach vierzig Jahren nur deshalb enden, weil der Partner stirbt? Anton sieht sich mit diesen Fragen konfrontiert – plötzlich –, wo doch der Tod zum Leben gehört wie die Geburt. Und er entscheidet sich …
Ein Gast
„Wer ist das eigentlich?“, fragt der Gast mit gedämpfter Stimme. „Der dort, am Ende der Bar. Er ist immer da, wenn ich komme. Der mit dem silbernen Dings auf dem Kopf. Ist er jeden Tag da? Manchmal plappert er wie der rasende Reporter vor sich hin. Will gar nicht aufhören zu reden. Manchmal sitzt er still wie im Gebet. Gerade jetzt zum Beispiel. Er spricht mit niemandem. Ich habe ihn jedenfalls noch nie bei einer Unterhaltung beobachtet.“
„Mit mir spricht er schon“, korrigiert der jugendliche Barkeeper mit der Pomade im Haar. „Ein trauriger Fall. Seine Frau ist ganz plötzlich gestorben. Wie sagt man? Völlig unerwartet von ihm gegangen. Eine sehr liebe Dame. Ich mochte sie sehr. Die beiden haben immer das Gleiche bestellt. Er kommt nicht drüber weg. Und wenn Sie genau hinschauen – nicht so auffällig bitte! – und wenn Sie konzentriert hinhören – aber da müssen Sie schon näher sitzen –, dann hören Sie es. Er spricht viel, sehr viel, eigentlich unentwegt – mit ihr. Das war früher nicht so. Doch die wahre Liebe kommt auch ohne Worte aus“, fügt er nachdenklich hinzu.
„Mit ihr?“
„Mit Elfe. Mit seiner Frau.“
„Aber, wenn ich Sie eben richtig verstanden habe, ist sie doch gestorben.“
„Für uns schon. Für ihn nicht. Wenn Sie es wünschen, erzähle ich Ihnen die Geschichte. Aber Sie müssen Zeit mitbringen. Geduld nicht, denn langweilen wird es Sie nie. Gelegentlich muss ich natürlich unterbrechen. Die anderen Gäste. Sie verstehen.“
„Nun fangen Sie schon an!“
8. September
Ihm war, als drehte sich die Küchentür ein winziges Stück in den Angeln. Das geschah häufig, wenn in einem der Zimmer ein Fenster nicht richtig geschlossen war. Ihm war auch, als bewegte sich das Geschirrtuch, das gleich neben dem Eingang hing, unter dem Luftzug, der auch eingebildet sein mochte. Sie hatten es schon häufig im Vorbeigehen vom Bügel gezerrt. Nein, er war sich jetzt ganz sicher. Es hatte sich bewegt. „Elfe?“, rief er. „Elfe!“ Er stellte die Kaffeetasse zurück auf den Tisch und erhob sich. „Elfe!“, rief er noch einmal in den Flur. Bei der Garderobe an der Wohnungstür standen ihre Hausschuhe. Ein sicheres Zeichen, dass sie nicht da war. Es hätte ihn auch gewundert. Etwas berührte ihn am Rücken. „Verflucht!“ Er fuhr herum, aber da war niemand. Verdammt, was war mit ihm los? Elfe war nicht da. Das war gewiss. Trotzdem inspizierte er Schlafzimmer und Wohnzimmer. Das Fenster war nach oben hin aufgeklappt. Er schloss es. Das Kinderzimmer, das seit Jahren zum Bügeln und Trocknen herhalten musste. Hier lag auch all das Zeug herum, mit dem sie nichts anzufangen wussten. Sie konnte sich nie von etwas trennen. Ein Ort wie zum Versteckspiel geschaffen. „Elfe?“ Er war geneigt, sich zu bücken. Wenn sie sich hinter der aufgehängten Wäsche versteckte, würde er ihre Füße sehen. Er tat es nicht. Der Gedanke allein war grotesk. Zwei erwachsene Menschen, zwei alte Menschen, spielen Verstecken im alten Kinderzimmer ihres erwachsenen Sohnes zwischen Bügelbrett und trocknender Wäsche. Auch in Bad und Klo war keine Elfe. Er war allein in der Wohnung. Er ging zurück zu Kaffeetasse und Buch. Lesen konnte er längst nicht mehr. auch stand da, mit einem Punkt am Ende des Satzes. An diesem auch mit einem Punkt am Ende hingen seine Augen fest, konnten weder vor noch zurück – auch lasen die Augen, immer wieder auch, mit einem Punkt am Ende. Wo blieb Elfe? Ein Blumenstrauß wartete auf sie, geborgen in einer weißen Vase. Eine CD lehnte an der einen Seite, eine Schachtel Pralinen an der anderen. Er verschob sie um einen Fingerbreit – zum hundertsten Mal vielleicht. Von der CD wischte er Staub weg, der nicht vorhanden war. Heute war ihr Hochzeitstag und er hatte sich viel vorgenommen. Heute würde es sein. Das hatte er sich geschworen – vielleicht auch hundert Mal.
Zwei Stunden später war sie noch immer nicht da. Es war längst dunkel geworden. Ihr Handy antwortete nicht. Sie wollte bummeln und hinterher auf den Markt. Er kannte ihre Route. Eine Stunde würde er noch warten, dann war etwas zu unternehmen. Nur was? Die Türglocke! Das musste sie sein! Mit vollen Einkaufstüten in den Händen. Das musste sie sein! Es waren zwei Polizisten. Ein Mann und eine Frau. Sie hielten ihre Mützen in den Händen. Die Polizistin hatte ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie wollte sprechen. In ihren ernsten Blicken las er die Nachricht, noch bevor sie den Mund aufmachte. Er fuhr zurück, als stünden der Teufel und seine Braut in der Tür.
„Sie wissen es schon?“, fragte sie.
Er hatte die Spitzen von Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand über die Lippen gelegt, wie es die Menschen seit Urzeiten tun, wenn sie eine Nachricht erhalten, die ihr Innerstes erschüttert wie keine Nachricht zuvor.
8. September II
Sie hatten ihm das Krankenhaus genannt, in das seine Frau eingeliefert worden war. Sie boten ihm sogar an, ihn hinzufahren. Er sei möglicherweise jetzt nicht hundertprozentig fahrsicher.
Ein Flur ohne Anfang und ohne Ende. Gedämmtes Licht. Keine Geräusche und wenn doch, dann von weit her. Selten ein Mensch. Er stand an einem Fenster, hinter dem seine Frau läge, so war ihm versichert worden. Was er sah, war ein Bett. Weißes Bettzeug. Ein Gerät darüber wie ein Fernsehapparat aus den sechziger Jahren. Eine gezackte Linie, gelb auf grünem Grund, wanderte von links nach rechts, langsam, stoisch, unermüdlich – von links nach rechts, immer wieder. Zwei Flaschen über dem Bett. Schläuche hingen herab. Von Elfe sah er nichts.
Wie lange mochte der Arzt bereits neben ihm stehen? Anton hatte sein Kommen nicht bemerkt. Der Mann redete die ganze Zeit wie zu sich selbst. Routine und Müdigkeit hörte Anton heraus. Er sprach auch zu leise für Antons Gehör, das schon seit Jahren zu wünschen übrig ließ. Jedes Jahr ein bisschen mehr. Ich habe dir Hören geklaut. Hast du es gehört? Das war ein Kalauer, mit dem Elfe ihn gelegentlich neckte. Es interessierte ihn auch nicht sonderlich, was der Arzt zu berichten hatte. Was er sah, dort hinter dem Fenster, sprach für sich und das war nicht gut.
Der Weg nach Hause begann mit einem Problem. Er hatte seine Geldbörse nicht dabei. Der hastige Aufbruch. Panik wollte ihn ergreifen, als ihm die Hausschlüssel einfielen. Dann fand er sie doch. Zwei Taxis warteten in der Reihe. Zigarettenrauch stieg aus dem Fenster des ersten. Der Fahrer, schwarzes, dichtes Haar, schwarze, dichte Augenbrauen, Dreitagebart, hörte zu, als Anton sein Problem erklärte. „Geld zu Hause!“, wiederholte er zweimal.
„Nix Geld, nix fahren.“
Der Fahrer im Taxi dahinter hatte blondes Haar und sprach deshalb deutsch. Anton erklärte ihm sein Problem. Der Mann stieg aus, ging vor zu seinem Kollegen und sagte:
„Du fahren! Alles okay! Du fahren! Er Geld.“ Der Angesprochene nickte.
„Könnten Sie nicht?“, fragte Anton den Blonden.
„Könnte ich, wenn er Sie partout nicht fahren wollte. Aber er ist der Erste in der Reihe. Er ist dran. Keine Angst, er ist harmlos.“
„Bitten Sie ihn, bei der Fahrt nicht zu rauchen. Ich vertrage den Rauch nicht.“ Der glühende Stummel flog aus dem Fenster.
Der Fahrer war neu in der Stadt. Er verstand den Namen der Straße nicht. Auch nicht nach der dritten Wiederholung. Er zog ein Heftchen aus dem Handschuhfach, das alle Straßennamen enthielt. Anton zeigte auf seine Straße. Es gab auch ein Navi. Der Fahrer tippte den Namen ein. Darin war er geübt. Er tippte unglaublich schnell. Die Fahrt verlief ohne Worte, aber mit Gesang. Der Fahrer sang leise in einer fremden Sprache und mit ungewohntem Klang. Vor allem klang es traurig. Anton weinte. Es war ihm nicht aufgefallen, dem Fahrer schon. Er hatte ihn am Arm gepackt. Anton fuhr hoch.
„Frau?“, fragte er. „Frau?“ Anton nickte. „Schlimm!“ Der kräftige Griff um den Arm wurde kräftiger. „Schlimm!“
Sie waren da und Anton gab mit den Händen zu verstehen, dass er jetzt das Geld hole. „Geld! Gleich zurück. Geld!“ Der Fahrer nickte und griff nach der Schachtel mit den Zigaretten. Als Anton zurückkam, qualmte es aus dem Fenster. Er gab ein fürstliches Trinkgeld. Es war nicht seine Art. Er tat es einfach. Der Fahrer griff nach seinem Arm.
„Frau! Schlimm!“, sagte er. Er schaute sehr ernst dabei. Es war ihm kein Spaß. Dann fuhr er davon. Anton sah ihm nach. Das Taxi wendete und als es an ihm vorbeikam, rief der Fahrer: „Dank!“ Er hatte den Arm aus dem Fenster gestreckt. Daumen und Zeigefinger machten das Penunzen Zeichen. „Dank!“
9. September
Am Vormittag des anderen Tages hatte dann noch einmal die Polizei vor seiner Tür gestanden. Es war wieder das Paar, das ihm die Schreckensnachricht überbracht hatte. Und jetzt hatte es etwas zu ergänzen. Seine Frau sei kurz vorher vor einen Bus der Linie 35 gelaufen. Zum Glück habe der Fahrer sofort reagiert und dank der neuen Bremstechnologie habe es nur einen Bums gegeben. Seine Frau sei aufs Pflaster gestoßen, aber nicht überrollt worden. Sie habe sich wieder aufgerappelt und beim Fahrer für ihre Unaufmerksamkeit entschuldigt. Der war bereits aus dem Bus gesprungen und hatte ihr geholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Dann sei sie auf den Markt gegangen und in der Menge verschwunden. Der Fahrer sei dann nicht mehr in der Lage gewesen, die Stufen in den Bus hochzusteigen, und stehe zurzeit noch unter Schock. Ausgerechnet die Busse der Linie 35 seien es, die testweise das neue Bremssystem trügen. Das sei doch ein wahres Glück. Es war die Polizistin gewesen, die ihm das mit der Bremstechnologie erklärt und von dem Glück gesprochen hatte. Glück, das zu dem Zeitpunkt noch denkbar gewesen war, sich aber später als trügerisch und noch später als betrügerisch entpuppen sollte.
11. September
Es war jetzt drei Tage her, dass Elfe auf dem Akademieplatz zusammengebrochen war. Es war Markttag gewesen.
In der linken Hand habe sie ein Netz mit Zwiebeln gehalten und in der rechten am ausgestreckten Arm das abgezählte Münzgeld, das sie ihm habe reichen wollen. Plötzlich sei sie stocksteif dagestanden, habe ihn erstaunt angeglotzt, Verzeihung, angeschaut, und sei dann hintenübergefallen. Den Bums mit dem Kopf auf das Pflaster habe er laut hören können, obwohl das doch mindestens drei Meter weg von ihm war. Luftlinie. Die Frau vom Stand nebenan, Käse, habe ihn auch gehört. Er wisse leider nicht, wo sie wohne. Nein, auch ihr Name sei ihm unbekannt. Inge riefen sie alle, aber so hießen ja viele Frauen. Ach ja, seine Frau habe noch etwas gesagt vor dem Sturz. Nur sei davon gar nichts zu verstehen gewesen. Wie eine Sprache von einem anderen Stern. Und die Stimme erst! Ob er schon einmal den Film Krieg der Sterne gesehen habe? Die alte Aufnahme? So ähnlich habe sie geklungen. Ob er übrigens von der Sache mit dem Bus wisse?
Das alles hatte ihm der Gemüsehändler berichtet, den er am darauffolgenden Tag ausfindig gemacht hatte. Und ja, er wisse bereits von der Sache mit dem Bus.
Als er später Elfe in der Stroke Unit besuchen durfte, nach drei Stunden Herumtreiben in den halbdunklen und fast menschenleeren Gängen dieser riesigen Kopfklinik – nur gelegentlich huschte Mann oder Frau im weißen Kittel vorbei und einmal rollte eine Liege im Sportwagentempo dahin, umlagert von einem Tross Klinikpersonal, das auch im Spurt noch Zeit fand, die Lage zu besprechen über das Bündel, das unter einem blütenweißen Laken vielleicht in den letzten Zügen lag –, nach drei Stunden also, nahm er zuerst den Zwiebelgeruch wahr und dann den Sack mit den Zwiebeln, der auf dem Tisch neben ihrem Bett lag. Sein Interesse hatte in den ersten Sekunden offenbar zu auffällig diesem Gewächs gegolten und nicht der Nasenspitze seiner Frau. Mehr war von ihr nicht zu sehen. Drei Flaschen hingen kopfüber über seiner Elfe. Schläuche verschwanden unter und neben ihr. Der Apparat hinter ihrem Bett zeichnete unentwegt diese Linie, gelb auf grünen Grund. Zacke auf Tal auf Zacke auf Tal. Pieps machte der Apparat dabei immerfort. Pieps. Pieps. Nicht aufdringlich. Man konnte einschlafen dabei. Bunte Kabel führten von ihm irgendwohin in Elfes Körper.
Die kleine und sehr schmächtige Krankenschwester – gab es in dem Beruf keine Mindestmaße? – flüsterte ihm zu: „Auf die Zwiebeln reagiert sie manchmal. ‚Zwiebel‘ hat sie schon dreimal gesagt.“
Als er nähertrat, entdeckte er dann noch die Augen. Sie waren geschlossen.
Nach sieben Tagen Stroke Unit hatte man sie dann auf die normale Station verlegt. Ein Einzelzimmer. Und noch immer stand dieser Kasten hinter ihr und machte immerfort Pieps. Aus dem anfangs ängstigenden Geräusch war ein vertrautes geworden. Eintönig, aber lebendig. Dieses Piepsen versprach Leben. Darauf vertraute er. Aus den drei Flaschen hoch über Elfes Körper waren zwei geworden. Immerhin. Aber ihre Augen blieben geschlossen und nichts an ihr bewegte sich freiwillig.
Am dritten Tag auf der normalen Station war ihm ein Gedanke gekommen, für den er sich umgehend schämte. Im Fernsehen hätte er den Film auch sofort ausgeschaltet. Zu kitschig! Aber jetzt, im wahren Leben, mit Elfe – mit seiner Elfe! – lag die Sache anders. In einem Geschäft für Elektronik kaufte er so einen kleinen Rekorder, die einem Feuerzeug zum Verwechseln ähneln. Der Verkäufer, so Antons Bedingung, musste ihm ein Lied aufspielen, ein einziges, ein bestimmtes. Ja und der Titel? Wir wollen niemals auseinandergehn. Der Verkäufer schmunzelte. Das Lied war ihm unbekannt, aber er fand es in den Weiten des Internets und nahm es auf. Er schmunzelte dabei, wie ein junger Mann über einen alten schmunzelt, der nach einem Telefon mit Drehscheibe fragt. Mit diesem Rekorder und Kopfhörern bewaffnet, besuchte er Elfe. Er erklärte der kleinen Krankenschwester, sie hatte offenbar Tag und Nacht Dienst und schien hier zu wohnen, sein Anliegen. Krankenschwestern sind Übermenschliches gewohnt und deshalb Übermenschen. Sie sind durch nichts Menschliches mehr zu erschüttern, denn sie haben alles Menschliche erlebt. Aber als die kleine Krankenschwester sein Anliegen verstand, zeigte sie sich erschüttert und zog sich wortlos zurück.
Anton legte Elfe die Kopfhörer mit dem dicken Schaumpolster über die Ohren. Es waren Elfes Kopfhörer. Von rosa Farbe innen und außen und überhaupt überall rosa und außerdem riesengroß, wie für den Außeneinsatz im Weltraum gedacht. Er schaltete den feuerzeuggroßen Rekorder ein und wartete. Elfes Sinne kannten diesen Druck auf den Ohren, diesen Klang in den Ohren, diesen Geruch in der Nase nach Rosa und würden aus dem Tiefschlaf geweckt, in die der Bus mit der Nummer 35 sie gestoßen hatte. Signale würden auf Grün gestellt – freie Fahrt! – und über Millionen Nerven und Billionen Synapsen in den unendlichen Tiefen ihres Gehirns würden dieser Druck, dieser Geruch, dieser Klang Wir wollen niemals auseinandergehn wie auf der täglichen Fahrt zur Arbeit die Zielstation finden. Eine letzte Synapse würde schalten und Elfes Augen öffnen. Einen Versuch war es wert, fand er. Da lag sie dann, seine kleine Frau, seine geliebte Elfe, reglos wie eine Puppe, und hörte Wir wollen niemals auseinandergehn. Fünfmal spielte Anton es ihr vor. Sie bewegte sich nicht. Die Augen blieben geschlossen. Der Apparat machte Pieps. Einmal hatte sie Zwiebel gesagt.
Das war am dritten Tag auf der Station nach sieben Tagen auf der Stroke Unit.
21. September
Es läutete. Sein Herz verzog sich zu einem Knoten. Dieses Läuten am Abend. Elfe lag seit fünf Tagen auf der Station und noch immer hatte er nur ihr Gesicht gesehen. So blass war es geworden und so schmal. Aber wenn es am Abend läutete, an diesen leeren, stillen Abenden, die zu nichts mehr nutze waren, hoffte er, betete er, glaubte er für einen Moment, es könnte Elfe sein. Alles wieder gut. Sie haben mich entlassen. War doch nicht so schlimm, mein Stroke. Wie lange würde es noch dauern, bis dieses Läuten am Abend sein Herz nicht mehr zu einem Knoten verzog?
Es war Franz.
„Hast du schon was gegessen?“
Wenn er es recht bedachte, war es heute den ganzen Tag ums Essen gegangen. Bis vor einer halben Stunde. „Zwei Spiegeleier. Gerade eben.“
„Hm. Unten habe ich frisches Brot und verschiedene Dinge, die du auch magst. Zwei Brotplatten sind gedeckt. Bier gibt es auch. Kommst du?“
„Ich würde sie gerne besuchen.“ Franz sagte das so nebenbei wie: Gib mir mal den Senf rüber.
Darum die Einladung. Dieser eine Satz, der eigentlich eine Frage war. Franz war immer der Kümmerer gewesen, besonders seit seine Inge gestorben war, um die er sich gekümmert hatte wie ein Dreijähriger um seinen Hamster. Anton schmierte grobe Leberwurst aufs Bauernbrot.
„Ich habe bisher nur ihre Nasenspitze gesehen und Schläuche und bunte Kabel, die aus einem Kasten hängen, der Pieps macht, und die in ihrem Körper verschwinden. Nur Pieps. Immer und immer wieder. Pieps, Pieps. Ich weiß nicht, ob es ihr recht wäre. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob es ihr recht ist, von mir so gesehen zu werden. So … hilflos.“
Franz verstand und verzichtete auf weitere Fragen in dieser Angelegenheit. „Ich würde dir gerne helfen, wenn ich wüsste wie“, sagte er stattdessen.
„Mach dir keine Gedanken. Es wird schon wieder.“
„Ja, Anton, so musst du denken. Es wird schon wieder. Wie heißt es? Mach dir keine Sorgen um morgen. Der Morgen hat seine eigenen Sorgen. Mir hat das geholfen.“
Es war erstaunlich, wie viel in einen Magen passte, in dem bereits zwei Spiegeleier lagen und auf die Verdauung warteten. Sogar mehr hätte noch hineingepasst, aber nach dieser Tröstung wollte Anton nur noch heim.
29. September
Es war der elfte Tag auf der Station. Am Abend erhielt Anton einen Anruf. Seine Frau sei aufgewacht. Ihre Augen seien offen und ihr Blick klar. Und was spräche sie? Zwiebel, nur Zwiebel bisher. Aber als man ihr einen Zwiebelsalat angeboten habe, schnell und einfach angemacht, allerdings, habe sie fast panisch abgelehnt. Anton saß dann bis vier Uhr am Morgen an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Gelegentlich sprachen sie. Er sagte Entschuldigung und sie sagte Zwiebel.
Die Blutung in Elfes Gehirn war hartnäckig. Sie wuchs. Am zweiten Tag nach ihrer Einlieferung hatte es – so gegen Abend – noch den Anschein gehabt, die Blutung stünde still. Man hatte sich Hoffnung erlaubt. Da war das Gerinnsel schon groß gewesen. Aber in dem Klumpen steckten Tücke und Energie. Wieder schob er sich vorwärts um Zehntel eines Millimeters und das Tag für Tag, drängte Zelle um Zelle beiseite, und die sich weigerte, die fraß der blutige Klumpen auf. Anfangs lag Elfe täglich in dieser Riesenmaschine, in der es quietschte, jodelte, brummte und röhrte. Und jedes Mal war da ein zehntel Millimeter mehr des blutigen Klumpens auf dem Monitor. Später – zu Hause – hatte Elfe ihm davon erzählt und davon, wie die Klänge der magnetischen Felder in den magnetischen Eisen sie jedes Mal in die unendlichen Weiten des Weltalls entführten. In dieser Riesenmaschine zu sterben, getragen vom Quietschen, Jodeln, Brummen und Röhren – einen schöneren Tod könne es für sie nicht mehr geben. Selbst die Flüge durchs All in ihrem rosa Raumschiff, von Ravel und Fauré begleitet, würde sie dafür tauschen. Leider dauere es immer nur zehn Minuten. Zehn Stunden wären ihr recht. Drinnen das Weltall und draußen die Welt. Was für ein Jammer!
Man gab ihr keinen Blutverdünner mehr, obwohl bei einem Schlaganfall wie dem ihren ratsam. Zu gefährlich. Eine Operation erübrige sich. Da hätte man sie gleich einschläfern können. Bei dieser Geschwindigkeit und mit einer angepassten Therapie und regelmäßiger Bestrahlung bestünde aber gute Aussicht auf ein weiteres Jahr, vielleicht sogar eineinhalb. Und ohne Therapie und Bestrahlung? Vermutlich nur noch zwei, drei Wochen. Ein Jahr trotz all des medizinischen Aufwands? Wozu das Ganze dann gut sei, wollte sie wissen. Ob sie denn nicht so lange wie möglich leben wolle, gab es zur Antwort. Doch. Na also. Die Therapie müsse aber streng befolgt werden trotz all ihrer unangenehmen Begleiterscheinungen. Sie sei leider aggressiv. Aber wie gesagt, dann winke ein weiteres Jahr, vielleicht noch ein halbes drauf. Das solle ein Trost sein? Elfe war entrüstet. Nach drei Wochen auf der Station wollte sie nach Hause. Therapie ginge von dort auch. Schließlich bestand sie nur noch aus einem einzigen Medikament. Eine Tablette, völlig geschmacklos, einfach in Wasser aufzulösen. Es dürfe auch Limo sein oder Fruchtsaft. Was auch immer. Eine täglich. Auf keinen Fall mehr! Lebensgefahr. Darüber konnte sie nur lachen. Die Bestrahlung hatte man reduziert. Zu viel Schaden bei all ihrem Nutzen.
Anton wunderte sich. Aus der strengen, aggressiven Therapie war eine unscheinbare Tablette geworden, die nach nichts schmeckte und, einmal in Wasser aufgelöst, nach nichts aussah. War das ein gutes oder ein schlechtes Omen? Die Hoffnung und die Angst behielt er für sich.
Zu Hause ging es ihr schlecht. Ihr war schlecht. Eigentlich vierundzwanzig Stunden am Tag. Manchmal schlief sie tatsächlich ein. Sie war schwach. Aufstehen ging nur mit seiner Hilfe. Nach fünf Schritten musste sie sitzen, besser noch liegen. Jeden zweiten Tag fuhr er sie in die Klinik. Er durfte vor der Notaufnahme parken. Elfe wurde dort von Pflegern auf einer Trage zur Station gebracht. Die Klinik war so etwas von zuvorkommend und sie waren nicht einmal privat versichert. Anton war so dankbar, wusste aber nicht, wie es zeigen. Elfe war zu schwach für diese Gefühle. Einmal hatte sie den Professor gefragt, ob das Medikament nicht doch ein Placebo sei. Es schmecke nach nichts, es rieche nicht und aufgelöst sei es so klar wie das Wasser selbst. Nein! Kein Placebo, hatte der Professor versichert, streng in der Stimme und einem Blick, der noch einmal unterstrich: kein Placebo! Die von ihr genannten Eigenschaften, oder treffender gesagt, Nichteigenschaften, seien mit ein Grund für seine fehlende Zulassung in Deutschland. In Überdosis sei es ein äußerst gefährliches Medikament und müsse in Deutschland deshalb bitter schmecken und die Farbe des Gifts zeigen, also blau, rot oder grün. In diesem Fall am besten alle drei. Eigentlich müsse er sie auf der Station behalten, solange sie das Medikament einnehme. Denn wenn sie sich zu Hause die Freiheit nähme, mit einer Überdosis davon – und es genügten drei oder vier – ihr Leben zu beenden, so tue sie sich damit vielleicht einen Gefallen. Das zu beurteilen sei natürlich ihre Sache. Ihn aber lasse sie als Gefallenen zurück. Ob sie verstünde, warum er ihr vertraue? Er hatte tatsächlich von sich als dem Gefallenen gesprochen. Ernster konnte es ihm nicht sein. Nein, das verstünde sie nicht, hatte Elfe gesagt, aber er könne es – ihr vertrauen.
Tabletten ohne Farbe und ohne Eigenschaften, aber gefährlich wie Gift, Placebo Placebos gewissermaßen und sie habe davon zehn Stück in der Tasche. Was sei an ihr, dass sie dieses Vertrauen verdiene? Die ganze Fahrt über nach Hause grübelte sie. Zehn Stück, eine pro Tag, mache zehn Tage. „Und dann?“, wollte er wissen. Dann bekomme sie neue.
Anton war immer um sie. Es nervte sie, aber es war nun einmal nötig. Sie wusste es. Dennoch, diese Notwendigkeit, diese Abhängigkeit empfinde sie als kaum erträgliche Last, sagte sie mehr als einmal. Aber ihr sei schon bewusst, dass er das schlechtere Los gezogen habe, und wenn er das wieder abstreite, spreche sie einen ganzen Tag nicht mit ihm. Dabei zähle doch jetzt jeder Tag ihres gemeinsamen Lebens. Doch wenn das Jahr rum sei, wolle sie keinen Tag länger leben, sagte sie – auch mehr als einmal.
Sie schwitzte sehr viel. Sie schwitzte unentwegt. Er wechselte ihr an manchen Tagen dreimal komplett die Wäsche. Die ersten Male war es ihr schrecklich peinlich gewesen. Ihm nicht weniger. Dann wurde es Routine. Hast du es bemerkt? Ich habe jede Scham vor dir verloren, sagte sie einmal. Da war er mitten in den intimen Handhabungen. Waschmaschine und Trockner standen nicht still. Die Wäsche war immer ihr Bereich gewesen, vom Wäschesack bis zurück ins Wäschefach. Er hatte zu viel falsch gemacht mit ihrer Wäsche. Jetzt aber war er gefragt und die Maschinen waren ihm so fremd wie die Computer im Labor von IBM. Er wählte Feinwaschgang pflegeleicht und dreißig Grad. Das klang akzeptabel. Da sollte nichts schiefgehen. Zusammenlegen und Falten war auch in ihre Zuständigkeit gefallen. Er kapiere es nicht und sie habe keine Lust mit falschen Falten herumzulaufen, so ihre Beschwerde. Falsche Falten! Was machte er da nur falsch? Aber jetzt war er auch beim Falten gefragt und gab sich alle Mühe.
Als es ihr auffiel, musste sie lachen. Das kostete sie viel Kraft und sie schlief darüber ein, immerhin mit einem Lächeln auf den Lippen. Er beugte sich über sie und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Es war ein ganz, ganz leichter Kuss. Ein Hauch von einem Kuss. Die Lippen schmeckten trotzdem nach Salz. So eine halbe Stunde später, als sie wieder erwachte, sagte sie: „Ich habe es gemerkt. Du hast mich geküsst. Aber Falten in der Wäsche – ganz ehrlich –, die interessieren mich zurzeit einen Scheißdreck. Für deine Mühe aber danke ich dir.“
Dieses eine Wort hatte er noch nie aus ihrem Mund gehört. Auch die Sprache ändert sich, wenn jede Scham verloren geht. Und für diesen Körper, der nichts mehr aufnahm, der nur abgab ohne Ende, war Scham nicht mehr der Rede wert. Abgemagert bis auf die Knochen – das war nicht nur eine Redensart. Federleicht war sie geworden und voll falscher Falten.
Franz hatte zwei Mal angefragt, aber Elfe hatte über Anton ausrichten lassen: ein kategorisches Nein!
Anton schlief kaum noch. Vielleicht weniger als sie. Er lag da und erinnerte sich an Vergangenes und immer war Elfe dabei. Was ihm alles einfiel, verwunderte ihn zunehmend mehr. Und einmal mehr hatte er den Eindruck, das Gehirn vergesse nicht. Es gebe nur nicht immer her, wenn wir es gerne hätten. Es sammle alles, sei aber von gemeiner Natur. Nur manchmal rücke es eine verloren geglaubte Erinnerung heraus wie zufällig, wie aus Versehen, wie um zu zeigen, was es könnte, wenn es wollte. Das war sein Eindruck, je mehr er sein Gehirn beobachtete. Er nannte es den Johanna-Effekt.
Da waren sie einmal unterwegs in der Stadt gewesen. Vermutlich Schuhe kaufen. Für sie. Nur wenn es um Schuhe ging, legte sie Wert auf seine Begleitung, denn bei Schuhen, das gestand sie ihm zu, habe er den besseren Riecher. Sie neige unter dem Diktat des Kaufenwollens und dem Redeschwall des Verkäufers – meist vom italienischen Typ – zu einer Wahl, die sie hinterher, zu Hause dann, zwei Stunden später, bereue. Beim Schuhkauf sei darum sein Mangel an Fantasie tatsächlich von Vorteil. Und deshalb spreche sie auch nicht vom besseren Geschmack, sondern vom besseren Riecher. Er verstehe doch hoffentlich den Unterschied? Außerdem vertreibe er jeden Verkäufer mit seiner sauren Miene. Da gefalle sie ihr – seine saure Miene – ausnahmsweise. Gewöhnlich hielten sie sich in der Stadt an den Händen, denn ihre Interessen waren so verschieden, dass sie sich sonst schnell aus den Augen verloren. Während sie an Auslagen mit Schuhen, Unterwäsche, Kleidung, Kosmetik und anderen praktischen Dingen verharrte, zog es ihn zu Zeitungen, Spielwaren und Musikanlagen. Damals waren die Dinge noch anders gewesen als heute. Gewissermaßen umgekehrt. In der Stadt hatte es alles gegeben, was es zu kaufen gab. Im Internet nichts, weil es das Internet noch nicht gab. Es war noch die Zeit, in der die Stadt von Menschen wimmelte. Und so war es dann passiert. Sie hatten sich für einen Augenblick von den Händen gelassen und kurz darauf aus den Augen verloren. Er war dann lange hin- und hergelaufen, gelegentlich ihren Namen rufend und jedes Mal blöd angestarrt worden. Wer hieß schon Elfe?
Schließlich ging er zum Auto zurück. Musste sie eben ihre Schuhe alleine kaufen und mit dem Bus nach Hause. Er hatte bereits einen Fuß im Wageninneren, da geschah, was er später – viel, viel später – den Johanna-Effekt taufte. Sein Gehirn öffnete sich für einen winzig kurzen Augenblick und gab einen Namen frei: Eisdiele Storz. Eisdiele Storz! Wie lange war das her? Fünfzehn Jahre? Gab es sie noch? Diese Diele mit sechs Tischen und einem Gebäck wie versteinerter Staub? Auch das Eis war mäßig gewesen, aber hier hatte alles seinen Anfang genommen und das Versprechen: Wir wollen niemals auseinandergehn. Er verschloss das Auto wieder und machte sich auf den Weg. Er rannte und kam außer Atem an. Die Eisdiele Storz gab es nicht mehr. Sie nannte sich jetzt Café Reuther, mit th. Klein war es noch immer, aber nobel war es geworden und das Publikum – er sah nur Frauen – auch. Bis auf eine. Sie saß allein an einem Tisch und löffelte aus einer Eisbombe. Seine Elfe. Er setzte sich ihr gegenüber, noch immer außer Atem. Sie hatte ihm den Löffel rübergereicht und während er atemlos die Eisbombe erledigte, summte sie das Lied. Anschließend gingen sie Schuhe kaufen.
Das war eine angenehme Erinnerung. Es gab auch weniger angenehme. Vor ein paar Jahren war es gewesen, da hörte er Elfe seinen Namen rufen – nein schreien – wie in höchster Not. Es war nur im Traum gewesen, aber der Schrei hatte ihn geweckt. Er war hochgefahren, hatte in die Dunkelheit gelauscht. Sie schliefen getrennt, ihre Zimmer waren benachbart und die Türen standen immer weit auf. Er hatte auf dem Bett gesessen, jeder Muskel angespannt, die Augen weit auf. Der Schrei, ein Echo ohne Ausklang. So wirklich, so entsetzlich. Er entschloss sich aufzustehen. Die Dielen in der Wohnung knarrten und sie besaß die Ohren einer Fledermaus. Hinschleichen unmöglich. Er tat, als ginge er zur Toilette. An ihrem Zimmer blieb er stehen. Schlief sie friedlich oder was war da los? Es war zu dunkel. Für eine halbe Sekunde knipste er das Licht im Gang an. Was ist?, murmelte sie. Nichts. Er ging dann zum Klo, obwohl er keine Stunde vorher dort gesessen hatte. Eins hatte er in dieser Nacht gelernt: Sollte sie vor ihm sterben, dann bitte, bitte nicht mit einem Schrei auf den Lippen! Und jetzt lag sie im Sterben. Es fehlte nur noch der Schrei.
Anton fiel es fast stündlich schwerer, ihr Leiden mit anzusehen. Elfe war kein wehleidiger Mensch. Einmal hatte sie sich beim Brotschneiden den Daumen fast bis auf den Knochen eingeschnitten. Wachsen Daumen eigentlich nach?, wollte sie von Anton wissen. Dann könnte ich ihn doch gleich ganz abschneiden und auf den neuen warten. Dabei hatte sie das Messer tatsächlich wieder in die Schnittwunde gelegt. Als er ihr beim Verbinden deshalb Vorhaltungen machte, nannte sie ihn Weichei. So zäh konnte sie sein. Das war früher einmal, als noch kein Gerinnsel sich vorwärts schob, Zehntel um Zehntel eines Millimeters täglich, in ihrem Kopf. Aber jetzt stand ihr manchmal der Schweiß auf der Stirn, doch Elfe blieb Elfe. Sie biss die Zähne zusammen und schwieg. Nur gegen die Übelkeit und das Erbrechen und gegen die Schwäche und den Schwindel half das nichts. Auch er war am Rande seiner Kraft. Einmal erwischte sie ihn auf dem Klo – weinend. Idiot! Nutze die Zeit. Lerne kochen. Noch kann ich dir helfen. Es gibt noch anderes als Ei. Mehr war ihr nicht eingefallen.
Bei einem der Besuche in der Klinik, genauer, auf der Fahrt zurück nach Hause, verkündete sie, diese Klinikbesuche seien nur noch wöchentlich nötig.
„Ist das jetzt eine gute Nachricht oder eine schlechte?“, fragte er verblüfft.
„Ich tippe auf gut.“
„Aber das Geschwür? Wächst es nicht mehr?“
„Offenbar nicht. Sie haben mich heute wieder in die jodelnde Maschine gesteckt. Die Tabletten nehme ich auch nicht mehr. Vorläufig. Ich habe sie zurückgegeben.“
20. Oktober
Das war in der dritten Woche und tatsächlich war es ihr in den letzten Tagen besser gegangen. Die Übelkeit hatte nachgelassen. Sie erbrach nicht mehr. Nur die Schwäche blieb. Am Montag der vierten Woche starb sie dann.
Auf ihrem Schreibtisch lag ein Zettel. Ein kariertes Blatt, DIN A5, aus einem Schulheft herausgerissen.
Mein letzter Wille:Verbrennen. Verstreuen. Anonym. Nur Anton. Keine Obduktion! Diesen Text habe ich in seiner Gänze selbst entworfen.Elfriede (genannt Elfe) Gerster
Darunter noch das Datum und die Uhrzeit. Da hatte er ihr nur Minuten vorher ins Bett geholfen.
20. Oktober II
„Nur Minuten vorher?“, fragte der Arzt. Anton nickte. „Dann muss sie den Text in aller Eile geschrieben haben. Aber was mich viel mehr irritiert, sie muss gewusst haben, dass sie stirbt.“
„Das wusste sie längst. Das wusste ich längst. Das wusste Franz längst. Sie wussten es doch auch längst.“
„Franz? Ihr Sohn?“
„Unser Nachbar. Ein Freund.“
„Ich meinte, dass sie jetzt stirbt. An diesem Nachmittag. Dass sie nicht mehr aufwachen würde. Das wusste sie?“ Anton zuckte mit den Schultern. „Und dann dieser Satz am Ende: Diesen Text habe ich in seiner Gänze selbst entworfen. Der Text ist doch kaum länger. Verstehen Sie, warum sie das schreibt?“ Anton verstand es nicht. „Dann möchte ich sie mir noch einmal genauer anschauen. Ich muss es, bevor ich den Totenschein ausstelle.“ Er schlug die Bettdecke zurück und wollte sie entkleiden. „Es wäre vielleicht besser, Sie warten draußen. Ich denke, es wäre der Wunsch Ihrer Frau.“
Als der Arzt in die Küche trat, saß Anton am Tisch, den Kopf in die offenen Hände gestützt.
„Ich konnte nichts finden. Alles deutet auf den Tumor, den Sturz, die innere Blutung hin. Ich habe hier den Totenschein.“
Anton sah nicht auf. Als er dann irgendwann den Kopf hob, war der Arzt längst weg. Auf dem Küchentisch lag das ärztliche Formular. Anton wunderte sich, was es da alles anzukreuzen gab. An der Tür zu Elfes Zimmer klopfte er an. Es ging einfach nicht anders. Drinnen lag sie, als ob sie schliefe. Die Decke war bis zu den Achseln hochgezogen. Das Gesicht so friedlich. Nur der geschlossene Mund irritierte. Wenn Elfe schlief, stand ihr Mund weit auf. Der Arzt hatte die Decke unter das Kinn gedrückt. Darum. Er legte ihr die Hand auf die Stirn, um die Temperatur zu prüfen und Nähe zu fühlen. Sie war in den letzten Tagen zur Routine geworden, diese Hand auf der Stirn. Doch jetzt fuhr sie zurück, als hätte sie in ein Feuer gefasst. Das Feuer war Kälte – kälter als Eis. Der Stirn war jede menschliche Wärme entwichen. Die Stirn einer Toten. Das Gesicht einer Toten, das jetzt ganz ohne Farbe war. Dieses schreckliche Weiß, es fiel ihm erst jetzt auf.
21. Oktober
In den Fahrstuhl passte der Sarg nicht rein. Die Männer hatten vorher abgemessen. Es blieb nur die Treppe. Zuerst aber durch die Wohnungstür in den Hausflur, neunzig Grad auf engstem Raum. Geschick oder Kraft war gefragt. Sie hatten sich für Kraft entschieden. Der Träger vorne, ein kräftiger Kerl mit einer kräftigen Schweißfahne, stemmte den Sarg in die Höhe. Das Blech berührte die Decke und kratzte eine dünne Spur in den weißen Kalk. Sein Kollege hinten, er war kleiner als Anton, trug einen rabenschwarzen Vollbart, der ihn zu Boden zog, als besäße er das Gewicht von Eisendraht. Er ließ den Sarg über die Fliesen schleifen. Blech über Stein. Das kreischte und hinterließ zwei Spuren, die in absoluter Parallelität einer Kurve folgten. Der Hausmeister würde ihm was erzählen, aber erst nach der Pietätsfrist. Der Sarg stand jetzt fast senkrecht und mit ihm seine Elfe zum ersten Mal seit fünf Tagen ohne seine Hilfe wieder auf eigenen Füßen.
„Nicht so oft kippen“, hörte er eine Stimme sprechen. Es war seine eigene. War er verrückt geworden? Die mussten ihn ja für verblödet halten. Sie sagten nichts. Sie ließen sich auch nicht aus der Ruhe bringen. Vielleicht hatten sie nichts gehört. Tragen, Schleifen, Kippen nahmen unverändert ihren Gang bis hin zur Treppe. Vierter Stock, sechsundfünfzig Stufen, viermal rum um hundertachtzig Grad auf engstem Raum. Elfes Magen war empfindlich, was Schwanken, Drehen, Schlingern anging. Auf dem Beifahrersitz war sie eine Zumutung. Jeder Urlaub in den Alpen mehr Stopp als Go. Im Handschuhfach immer eine Rolle Mülltüten. Und gestern hatte sie eine vollwertige Mahlzeit zu sich genommen. Die erste seit langem. Sie hatte sich in den letzten Wochen immer häufiger übergeben müssen, wenn sie mehr aß als den Brei, der ihr verschrieben worden war. Dann gestern ihr Wunsch nach vollwertig: Die Übelkeit hat nachgelassen, hatte sie gesagt – einfach so. Schon gestern fühlte ich es. Und darum heute vollwertig. Du kochst. Ich habe heute keine Lust. Es hatte geklungen wie in den guten alten Zeiten und er hatte getan, als wäre alles so wie immer in den alten Zeiten und hatte die einzige vollwertige Mahlzeit zubereitet, derer er fähig war. Rindergulasch mit einer einfachen, aber schmackhaften Sauce aus einem Maggi Würfel. Am Schluss halbierte Pfirsiche aus der Dose beigemengt und etwas von dem Saft dazu. Als Pünktchen auf dem i, wie sie es nannten, einen Esslöffel Crème fraîche untergemischt. Das helle die dunkle Sauce auf und verleihe ihr Säme. Säme – das Wort war ihm unbekannt gewesen. Dazu Kartoffeln. Sie bestand auf einer vollwertigen Portion, aß alles brav auf und spuckte hinterher nichts aus. Sie hatte sogar gescherzt, Henkersmahlzeit, und ihm zugezwinkert. Vielleicht wird’s ja wieder, war seine Antwort gewesen. Da hatte sie gelacht. Da hatte sie ihn ausgelacht. Als er eine Hand auf die ihre legen wollte, zog sie sie weg und legte stattdessen ihre Hand auf die seine. Es war schön mit dir trotz des langen Schweigens. Ich würde es wieder machen. Fürs Frühstück würde ich mir diesmal einen Teddy kaufen. Einen, der brummt. Er hatte angefangen zu weinen und sie wollte aufstehen, hatte vergessen, dass es unmöglich geworden war. Ich muss mich hinlegen. Er brachte sie zum Bett. Ach, und wenn ich nicht mehr bin, schmeiß meine Tees weg. Die taugen nichts.Und grüße Pomade von mir. Das ist mir wichtig. Er weinte noch mehr. Was redest du da? Seine Stimme quietschte und sie war nicht mehr aufgewacht. Am Nachmittag war sie verstorben. Unauffällig. Es musste gegen fünf Uhr gewesen sein. Aber sie hatte sich nicht übergeben und jetzt war ihr Bauch voll und der Sarg schwankte wie ein Schiff im Hurrikan mit Leck rechts und links und vorne und hinten. Ob sich ein gestern Verstorbener übergeben konnte? Hoffentlich nicht. Ohne Mülltüte im Sarg kein schöner Gedanke. Er schob ihn beiseite. Dreiundfünfzig plus neunzehn ist … zweiundsiebzig.
Durch den Spalt im Vorhang beobachtete er die Straße. Es schien nicht einfach gewesen zu sein, den Sarg sechsundfünfzig Stufen, viermal rum um hundertachtzig Grad auf engstem Raum, hinunterzutragen. Er stellte sich vor, wie Elfe in dem viel zu großen Kasten hin und her rutschte. Mal würde sie auf den Füßen stehen, mal auf dem Kopf. Jedes Mal eine kleine Gehirnerschütterung. Und dann war da der linke Fuß. An ihm hatte sich kürzlich ein schmerzhaftes Hühnerauge breitgemacht. Ganz komisch, wo sie doch in letzter Zeit immer weniger auf eigenen Füßen gestanden hatte. Auch das würde sich unangenehm bemerkbar machen. Jedes Mal. Auch der Gedanke gefiel ihm nicht und er schob ihn beiseite. Dreiundzwanzig plus siebenundvierzig ist … siebzig. Sechsundzwanzig plus einundachtzig ist … hundertsieben. Sie waren noch immer nicht aufgetaucht. Der dritte Mann, der dort unten am Leichenwagen lehnte und eine Zigarette rauchte, warf die Kippe in den Rinnstein und ging auf das Haus zu. Er hörte ihn noch etwas rufen. Aber da kam er auch schon zurück und öffnete die hintere Wagentür. Die Sonne stand hoch und blitzte vom polierten Dach des schwarzen Wagens zurück. Ein paar Strahlen verirrten sich am Vorhang vorbei in sein linkes Auge. Er schloss die Lider. Als er sie wieder öffnete, waren sie dabei, den Kasten, in dem seine Elfe lag, in den Wagen zu schieben. Dann zündeten sie sich Zigaretten an, redeten, gestikulierten. Die beiden Träger zeigten immer wieder aufs Haus und hoch zu ihm. Bestimmt beschwerten sie sich über das enge Treppenhaus und natürlich den Fahrstuhl, in den noch nicht einmal ein Sarg passte. Ob sie es Elfe hatten spüren lassen? Er hatte gehört, nein, es war Elfe, die ihm davon erzählt hatte, dass Sargträger den Sarg manchmal einfach die Treppenstufen hinunterpoltern ließen, wenn sie sich von den Widrigkeiten des Transports zu sehr gequält fühlten. Er hatte ihnen kein Trinkgeld gegeben. War das falsch? Andererseits trugen sie seine Frau davon. Er war es, der Mitleid verdiente. Es läutete an der Wohnungstür. Der Hausmeister? So schnell? Es waren der kräftige Kerl und sein Schweißgeruch.
„Sie müssen das hier noch unterschreiben.“
Anton kam mit dem unterschriebenen Formular zurück und drückte dem Riesen einen Fünfzigeuroschein in die Hand. „Tut mir leid, das mit dem Fahrstuhl.“
Das sei doch nicht seine Schuld und die fünfzig Euro seien zu viel, aber er danke. Und im Übrigen sein herzliches Beileid. Er wollte sich mit dem Formular schon wieder entfernen, da fiel ihm noch etwas ein. Der Sarg werde unten und oben mit Kissen ausgestopft, wenn der Tote zu klein sei. Da könne nichts rutschen.
Er hörte Wagentüren knallen. „Gott sei Dank!“, entfuhr es Anton, der noch immer berührt war von den Worten des Mannes. Sie fuhren davon. Er zog die Vorhänge auf und wartete. An der Kreuzung bogen sie ab und mit ihnen seine Elfe. Er holte die Teedosen aus dem Küchenschrank und reihte sie neben dem Mülleimer auf. Elf an der Zahl. Alles Gesundheitstees aus dem Teeladen in der Märzgasse. Den gewöhnlichen Darjeeling, den er trank, gab es dort nicht. Den gab es nur in Teebeuteln vom Discounter. Eine Dose nach der anderen leerte er in den Abfall. Geruch verbreitete sich in der Küche und bald roch es in der ganzen Wohnung gesund. Elfe hätte ihn Duft genannt.
21. Oktober II
Die Türglocke läutete. Diesmal war es der Nachbar. Anton wusste sofort, warum er dastand. Elfes Zustand hatte sich herumgesprochen. Im Stockwerk, im Haus, im ganzen Block. Er hatte all die Zeit mit keinem über Elfe gesprochen, war es doch eine private, äußerst intime Angelegenheit gewesen. Seit der Diagnose hatte er hier überhaupt mit niemandem mehr ein Wort gesprochen. Nicht im Haus, nicht im Block. Aber im Block kannte er sowieso nur die wenigsten. Und doch wusste es jeder. Er hatte den Bäcker aufgegeben, der natürlich auch von Elfe wusste. Einer aus dem Block musste es ihm gesteckt haben. Nein, nicht einer. Zwei oder vier oder alle hatten es ihm erzählt. Bäckereiwaren kaufte er jetzt im Supermarkt. An der Kasse ging es auch schweigend. Geld hinhalten genügte. Elfe war nicht zufrieden gewesen. Nun stell dich doch nicht so an. Mach nicht so ein Theater. Davon geht die Welt nicht unter. Das hatte sie gesagt! Sie hatte gut reden. Sie ging und er blieb. Mit Elfe sprach er natürlich. Mit ihr redete er mehr und immer mehr und sie antwortete weniger und immer weniger. Elfe war für ihn das Tor zur Welt geworden, das sich langsam schloss, jetzt, wo sie sich anschickte, die Welt zu verlassen. Bald war sie davon. Wohin? Die Frage stellte er sich tatsächlich. Hundertmal. Dabei war er sein Leben lang überzeugt gewesen, aus seiner Asche würde Staub und sonst nichts. Aber traf das auch auf Elfes Asche zu? Du redest so viel und es macht mir wenig Sinn, hatte sie geklagt. Und? War das nicht eine Binsenweisheit?
„Guten Tag, Herr Gerster.“ Der Nachbar hielt ihm tatsächlich eine Hand hin. Nach Jahrzehnten der räumlichen Nachbarschaft hielt er zum ersten Mal seine Hand. Wenn Elfe das sehen könnte! Der Klang seiner Stimme entsprach der Lage. „Wir möchten Ihnen unser Beileid aussprechen. Meine Frau weint. Sie kann nicht kommen.“
„Danke.“ Er schloss die Tür. Jetzt, wo Elfe nicht mehr war, musste er notgedrungen wieder mündlichen Kontakt zur Welt aufnehmen. Peu à peu.
Hast du gehört, Elfe? Der Petrovic hat kondoliert. Ausgerechnet der. Und seine Frau weint.
28. Oktober
Er sah ihnen zu, wie sie die Urne in das kleine Erdloch hinabließen. Sie taten es mit Pathos. Sie konnten nicht anders. Es war ihm peinlich. Vielleicht hätte er ihnen kein Trinkgeld geben sollen oder nur zehn Euro für beide und nicht diesen Batzen. Jetzt fühlten sich die beiden Männer erst recht dieser lächerlichen Theatralik verpflichtet. Schuld war sein schlechtes Gewissen. Er hatte Elfes Letzten Willen missachtet. Ein Reihenurnengrab hatte er gewählt und den Platz daneben für sich reserviert. Er würde einmal rechts neben ihr liegen. Es war so banal, aber er freute sich darauf. Zwei Grabplatten nebeneinander. Elfe und Anton, so schlicht. Und tief unter der Erde ihre Aschen, in einer fernen Zukunft auf ewig vermengt, wie sie sich Geschichten aus dem gemeinsamen Leben zuraunten. Wie er sich darauf freute. Er konnte es kaum erwarten. Anonym ging das nicht. Friedhofsordnung. Doch Elfe würde es ihm nicht übel nehmen, trotz allem. Darauf vertraute er. Er hatte ihren Letzten Willen missachtet – aus Liebe. Die Urne war versenkt, das Erdloch zugeschüttet, Samen sorgfältig auf das schmale Karree schwarzer Erde gestreut, der schlichte Stein darübergelegt. Elfe stand drauf. Wie von Hand geschrieben. Mehr nicht. Die Männer hatten ihre Arbeit getan. Sie verabschiedeten sich mit einem Händedruck. Er nickte ihnen zu. War es Teil ihres Arbeitsvertrags, dem Hinterbliebenen die Hand zu drücken? Eben hatten sie noch in der Erde gewühlt. Die Fingernägel des einen waren schwarz bis zu den Rändern. Die des anderen vermutlich nicht besser. Er hatte nicht hingeschaut. Er blieb noch eine Weile am Grab. So vieles hätte er ihr gerne gesagt. Es fiel ihm aber nur ein, was er falsch gemacht hatte. Entschuldigung, bat er die Grabplatte, auf der Elfe stand und um Entschuldigung bat er die Asche, die unter ihr ruhte. So stand er da, man könnte sagen eine Ewigkeit, bis es ihm auffiel: Er weinte. Männer töten die Frauen und hinterher weinen sie. Wo hatte er das her? Es stimmte.
15. November
Es waren jetzt beinahe vier Wochen vergangen. Ihr Tod war in den Hintergrund getreten. Er dachte nicht mehr häufig an sie. Und er trauerte nicht mehr, zumindest nicht so, dass es ihn spürbar bedrückte. Ihre Ehe war ja am Schluss auch nicht mehr das reinste Zuckerschlecken gewesen. Daran zu denken tat weh, verursachte grimmigste Bauchschmerzen, Schuldgefühle ohne Ende, tiefste Reue.