Der Kuss - Boris Meyn - E-Book

Der Kuss E-Book

Boris Meyn

4,6

Beschreibung

Der Bildhauer Peter Baumann verfügt über eine geheimnisvolle Gabe. Er kann seine Mitmenschen bezaubern. Doch seine Fähigkeit wird ihm mehr und mehr zur Last. Wer ihn liebt, will ihn nach kurzer Zeit für sich ganz allein. Das gilt für Julia wie für Theo, für Swantje, Irmengard und Anelis gleichermaßen. Und es werden immer mehr, die Baumanns Gefühlswelt schließlich ins Chaos stürzen. Ein abgeschiedener Ort an der bretonischen Atlantikküste dient ihm jahrzehntelang als Zufluchtsort vor zu viel Liebe. Dann erreicht ihn ein Verrechnungsscheck in Millionenhöhe. Er macht sich auf den Weg zurück nach Hamburg, wo er in den 70er Jahren studierte und alles seinen Anfang nahm. Doch im Jahr 2010 scheint nichts mehr wie früher zu sein - weder die Orte noch die Menschen, denen er begegnet. Bis auf Anelis, die ihn bei sich aufnimmt. Es sind sentimentale Rückschauen, die Baumann einer brachialen Gegenwart gegenüberstellt. Je mehr er in die Vergangenheit abtaucht, umso deutlicher zeigt ihm Anelis, dass es ein verhängnisvoller Fehler war, aus der Stadt zu fliehen. Nach und nach offenbaren sich Baumann unerwartete Zusammenhänge, die bis ins Jetzt nachwirken. Und dann droht sich plötzlich alles zu wiederholen.-

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Boris Meyn

Der Kuss

Roman

Saga

Ich hatte mir vorgestellt, die Reise als langsame Annäherung zu verstehen. Sie sollte mir Zeit für eine Rückbesinnung auf all das bieten, was mir das Leben an diesem Ort einst bedeutet hatte. Ahnungslos, wie ich war, hatte ich mich für die Anreise mit dem Zug entschieden, in der Hoffnung, gemächlich von Stadt zu Stadt getragen zu werden, entlang an Wiesen und Flüssen, unterbrochen durch die dörflichen Flecken, deren Gestalt sich in kleinen Schritten veränderte, je weiter man nach Norden vordrang. Vom Feldstein zum Fachwerk, dann zum Sandstein und schließlich zum Ziegel.

Was ich hingegen zu sehen bekam, ertrank im Rausch der Geschwindigkeit, dem Tempo, mit dem sich der Zug auf bereinigter Trasse seinen Weg durchs Land bahnte, unterbrochen von Metropolbahnhöfen und endlos gleichgesichtigen Handelszonen mit ihren Verwaltungsbauten und Logistikzentren, die sich zwischen den Städten fast nahtlos die Hand gaben. Ich war das Reisen in Großraumzügen nicht gewohnt, hatte ein abgeschiedenes Abteil vor Augen gehabt und war nun umgeben von permanentem Tumult, der Hektik des Ein- und Aussteigens, dem Verstauen von Gepäckstücken und sich stetig durch die Sitzreihen drängelnden Reisenden.

Nach kurzer Zeit hatte sich mein Wahrnehmungszyklus der rasanten Umgebung angepasst und die Beobachtung kontinuierlicher Abläufe war der Betrachtung sinnloser Bewegungsfragmente gewichen. Glaubte man der Mehrzahl der Mitreisenden, dann waren über Kopfhörer verabreichte Dosen intimer Klangkataloge und geschlossene Augen ein probates Mittel, der Kakophonie des Tumults zu entkommen, aber da ich mich nie daran hatte gewöhnen können, in der Öffentlichkeit Kopfhörer zu tragen, musste ich die Geräuschkulisse meiner Umgebung ertragen.

Die Dunkelheit des Augenblicks gewährte meinen Gedanken dennoch einen diffusen Blick zurück ins Damals, zu den Menschen und Dingen, die mir etwas bedeutet hatten, zu der Stadt Hamburg, die wir aufgrund ihrer Lage und Einzigartigkeit Nurstadt getauft hatten und in die ich eigentlich nie wieder hatte zurückkehren wollen, gerade weil man die Zeit nicht anhalten kann und weil sich bestimmte Dinge besser verdrängen lassen, wenn man ihnen endgültig den Rücken kehrt.

Das Lebensviertel, das ich in Hamburg verbracht hatte, war längst vergangen. Genau betrachtet, war es weit weniger als ein Viertel meines Lebens gewesen, aber aus der Perspektive von über zwanzig Jahren Abwesenheit gesehen, musste der Anteil ungefähr diesem Wert entsprechen. Zu keiner anderen Zeit war mein Leben so verdichtet gewesen, hatten so viele Dinge und Geschehnisse in so kurzen Abständen auf mich eingewirkt, dass es mir nun fast unmöglich erschien, nicht einmal ein Jahrzehnt dort verbracht zu haben. Vielleicht war es also nur die Geschwindigkeit, mit der das Leben durch eine Großstadt getragen wurde, die ich nicht mehr gewohnt war.

Mit der Flucht aus Hamburg, die damals vielleicht auch der Furcht geschuldet war, die Intensität des dortigen Lebens nicht länger aushalten zu können, die rasche Folge von Enttäuschungen gleichermaßen wie die Glücksmomente, die Liebe wie auch die Trauer, ging der Entschluss einher, mein Leben in entschleunigter Abgeschiedenheit fortzusetzen. Dem war ich bis heute treu geblieben. Nicht mehr so isoliert wie in den ersten Jahren, als ich mich selbst der Anschaffung eines Telefons verweigert hatte, wodurch sich die Anzahl der Freunde binnen kurzer Zeit auf ein überschaubares Maß reduziert hatte, aber ich schrieb meine Briefe nach wie vor mit der Hand und bewegte mich kaum abseits der täglichen Pfade zwischen dem alten Haus, aus dessen Schlafzimmer ich bisweilen dem Tosen der bretonischen Küste lauschen konnte, und den überschaubaren Verpflichtungen, die der Betrieb unseres kleinen Restaurants im Nachbarort mit sich brachte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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