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Wer bin ich, wenn ich es nicht weiß? Kann Bewusstheit Kniebeuge machen? Wie kann ich mich selbst beobachten, ohne einen Knall zu kriegen? Die Ich-Erzählerin dieser Geschichte ist eine Närrin, wie sie im Buche steht. Trotz ihres kunterbunten Theaterlebens bemerkt sie, dass sie nur noch To-do-Listen abarbeitet. So kann das nicht weitergehen! Sie verlässt das Hamsterrad und begibt sich ernsthaft und mit all ihrem Humor auf die Suche nach dem wahren Ich. Schnell kommt sie darauf, dass sie es nur im Jetzt finden kann. Was bietet sich als Suchscheinwerfer also besser an als die Meditation? Sie meditiert eifrig, erst im Wohnzimmer, dann im Alltag und erlangt tiefe Erkenntnisse über den Bewusstseins-Raum, das Denken und den Glaubenspattex. Es findet eine Selbstheirat statt, die Weisheiten werden mit Löffeln gefressen und am Thron der Effizienzeminenz wird gesägt. Sie entdeckt "die Stimme" und Gedankensphären, die sich als "Ich" tarnen: den inneren Kritiker, den inneren Antreiber und das innere Kind. Erleuchtung scheint das Ziel zu sein, doch dann kommt der letzte Beobachter ins Spiel und alles wird anders als gedacht.
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2021
Eugenia Maranke
Der Letzte Beobachter
EcHt Jetzt!
Eine Meditationskomödie
© 2021 Eugenia Maranke
Umschlag, Illustration: Eugenia Maranke
Verlag und Druck:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback: 978-3-347-22945-7
Hardcover: 978-3-347-22946-4
e-Book: 978-3-347-22947-1
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Widmung
Dieses Buch sei dem großen Fool gewidmet.
Dem großen Fool, der in allen Menschen wohnt - auch in mir.
Danke für Deine Weisheit, Deine Lebensfreude und Deinen Humor.
Ich sitze zu gerne mit Dir auf 'm Zaun und beobachte das
Spektakel des Lebens.
Inhalt
Vorwort
Kapitel 1: Was soll das Alles?
Kapitel 2: Jetzt geht 's ab!
Kapitel 3: Aha?
Kapitel 4: Herrje
Kapitel 5: Aha!
Kapitel 6: Bingo!
Kapitel 7: Und jetzt?
Epilog
Vorwort
„Das Pergament, ist das der heil'ge Bronnen,
Aus dem ein Trunk den Durst auf ewig stillt?
Erquickung hast du nicht gewonnen,
Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.“
(Goethe)
Liebe/r Leser/in,
ich schließe mich Herrn Goethe gerne an. Dieses Buch ist aus meiner Seele gequollen – und es hört nicht auf zu quellen. Das war gar nicht so einfach den Schluss-Punkt zu finden. Vieles von dem, was in diesem Buch steht, habe ich selbst erfahren und das Schreiben war dann auch nochmal ein fröhliches Sprudeln. Die Windungen meines Närrinnen-Gehirns haben getanzt.
Es war mir ein echtes Anliegen dieses Buch zu schreiben, da ich gemerkt habe, dass ich Meditation sehr ernst nehmen kann und mir das den inneren Frieden echt vermasselt. Ich bin heilfroh, dass mir der Narr zur Seite steht und ich ab und zu so einen freundschaftlichen, augenzwinkernden Stups bekomme. In der Meditation geht es ja so im Groben um das Jetzt-Bewusstsein und Gedanken beobachten mit der Haltung „Alles darf sein“. Ich habe festgestellt, wenn mich die Jetzt-Bewusstheit so begleitet, und das nicht nur auf dem Meditationskissen, dass viele innere Anteile durcheinander denken. Manchmal ist es offensichtlich wer denkt, vor allem wenn es sich um den inneren Kritiker handelt, oft genug weiß ich aber auch gar nicht, wo die Gedanken herkommen.
Mal sind die Gedanken ernst, mal sind sie zum Lachen, sie kommen vom Hölzchen aufs‘ Stöckchen, Gedankenstille gibt es nur selten.
Durch Meditation und Jetzt-Bewusstheit, vor allem im Alltag, ist allerdings sehr viel mehr möglich, als denkend vor sich hinzuschuften, schlechte Laune zu haben und sich nach Stille zu sehnen. Es ist Gelächter möglich, Spontanität, Verbundenheit, Lebensfreude und tiefschürfende Erkenntnisse, sogar wenn es mal nicht so läuft. Ich habe davon einen Geschmack bekommen und es schmeckt nach Erdbeeren mit Sahne. Das war ein interessanter Weg bis zu diesem Erdbeer-Wunder und es hört nicht auf.
So lade ich dich ein an diesem Weg teilzuhaben, wohl wissend, dass jeder Weg einzigartig ist.
Da es in diesem Buch um den Bewusstseins-Raum geht, gibt es auch weniger „zu verstehen“ als du denkst. Es geht mehr darum in einer Weite wahrzunehmen, die sehr viel größer ist als das Denken … und Lese-Spaß.
Der persönliche Wasserfall der Seele ist durch nichts zu ersetzen – dieses Gefühl von „Platsch“ oder „Ding-Dong“ ist schon sehr besonders. Ich hatte so einige „Ding-Dongs“ beim Schreiben, von denen ich hoffe, dass sie auch bei dir das Tor zu einem Bimmelim sind – was sich neben blitzartiger Erkenntnis und Berührt-Sein, ja auch in Schmunzeln oder Gelächter äußern kann.
In diesem Sinne wünsche ich dir wundervolle Beobachtungen mit dem letzten Beobachter.
Eugenia Maranke, den 1.1.21
1. Kapitel: Was soll das Alles?
Dreiundfünfzig Jahre bin ich auf diesem Planeten und mir geht alles auf den Keks.
Schoko-Keks? Vanille-Kipferl? Praline?
Ach, halt die Klappe!
Ich sitze im Morgenmantel bei einer Tasse Kaffee in der Küche, schaue aus dem Fenster und denke.
Dieses ganze Gerenne, Gedenke, Gemache, den Kopf voll mit „To do ’s“ – das ist so anstrengend und geht echt auf den Rücken. Abends weiß ich kaum noch, was ich tagsüber gemacht habe. Oder besser gesagt, ich weiß, was ich gemacht und erledigt habe, aber ich kann mich nicht erinnern, wie ich mich dabei gefühlt habe – halt Robotermodus. Ja, und das geht dann immer so weiter und irgendwann bin ich tot. Auf meinem Grabstein steht dann: Sie hat immer alles erledigt und dabei geatmet.
Na, toll! Da muss doch noch mehr sein?!
All die weisen erleuchteten Meister reden vom „wahren Ich“ und „dem Erwachen“ und „das Herz öffnen“ und „im Jetzt sein“. Und wenn man dann an diesen inneren Ort gelangt, dass da so viel Liebe und Frieden ist. Ich will das auch! Ich habe keine Lust mehr, so weiterzumachen.
Es ist ja nicht so, dass ich mich darum nicht schon gekümmert hätte. Immerhin habe ich eine Menge Therapie, Selbsterfahrung und Theaterarbeit hinter mir und trotzdem …
Ich muss seufzen und schaue dabei auf die Küchen Anrichte.
Da liegt die Rechnung von der Kfz-Werkstatt.
Ob erleuchtete Meister auch Rechnungen bezahlen müssen? Das ist doch egal. Also ich denke, ich sollte die Rechnung von der Kfz-Werkstatt in Raten bezahlen. Ob der Kfz-Mann sich darauf einlässt? Hm, traue ich mich anzurufen und zu fragen? Da habe ich ein blödes Gefühl. Was mache ich, wenn er „nein“ sagt? Ja, dann muss ich das Geld vom Ersparten nehmen. Das wird dann leider immer weniger. Na ja, soviel verdiene ich halt nicht – aber fragen kostet nichts …
Hallo?
Ja bitte?
Ich sitze in meiner Küche und rede mit mir selbst in meinem Kopf.
Ich habe eine Frage gestellt.
Ob erleuchtete Meister Rechnungen bezahlen müssen?
Nee, die andere …
Kannst du sie nochmal wiederholen, ich habe sie vergessen. Weißt du, ich weiß nicht, wie ich diese Rechnung bezahlen soll und …
Ja, ich rede ständig mit mir selbst in meinem Kopf. Unglaublich, es ist niemand hier aber ich bin nie allein.
Das ist schon ein bisschen schräg, findest du nicht?
Nein, das ist ganz normal, das machen alle. Wenn ich als Närrin die Gedankenblasen auf die Bühne gebracht habe, hat das Publikum oft gegackert – einfach, weil sie sich selbst wiedererkannt haben. Nach der Aufführung kamen ja auch einige zu mir, die mir sagten, dass es in ihrem Hirn genauso aussieht, wie ich es gespielt oder besser gespiegelt habe. Denken ist eigentlich ein ständiges Selbstgespräch. Ob das „normal“ oder „gesund“ ist, will ich noch mal so dahingestellt sein lassen.
Genau, aber eigentlich ging es doch gerade um etwas anderes.
Ja, ich hatte da eine Frage.
Wer bist du? Also der oder die da eine Frage hat? Ist ja auch mal hübsch, anstatt „Wer bin ich?“, „Wer bist du?“
Wie viele „Ichs“ habe ich eigentlich? Manchmal glaube ich diverse. Alle denken und haben etwas zu sagen und wollen was. Und wer muss das alles sortieren und zusammenbringen? Ich natürlich – mal wieder. Alles hängt an mir. Ich habe echt keinen Bock mehr!
Hier hallo? Du kannst nicht den ganzen Tag denken und Kaffee trinken. Es gibt wirklich dringenderes zu tun.
Alter Schwede! Der innere Antreiber, der hat mir gerade noch gefehlt. Eine Runde Tagebuch schreiben wäre jetzt gut, um das Alles einmal auf zu dröseln.
Nichts da! Es ist schon 11.00 Uhr und jetzt kannst du mal langsam in den Quark kommen.
Aber es ist doch Sonntag.
Na und? Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Jetzt mal raus aus dem Schlafanzug, rein in die Klamotten, eine Scheibe Brot und die E-Mail gecheckt. Für Selbständige gibt es keinen Sonntag, wenn die E-Mail überquillt.
Ich bin so froh, dass ich diese Stimmen auseinanderhalten und hören kann. Ja, manchmal lohnt sich Therapie und Theaterarbeit. Irgendwie komisch: In meinem Kopf wohnt ein innerer Antreiber, ein innerer Kritiker, ein inneres Kind … Manchmal ist es aber auch ein Gedankenknäuel. Da weiß ich überhaupt nicht, welcher innere Anteil spricht, ja ich merke noch nicht einmal, dass ich denke und dem inneren Kritiker mal wieder auf den Leim gehe. Dann schufte ich durch die Gegend und fühle mich die ganze Zeit falsch.
Jetzt hör' mal auf hier ’rum zu denken und komm in die Pötte.
Ich beobachte mich, wie ich meine Gedanken beobachte.
Ja, ist das denn zu fassen?! Der Beobachter des Beobachters des Beobachters! Gibt ’s ja gar nicht! Das ist so was von kompliziert.
Da habe ich schon so viele Bücher über Spiritualität gelesen, mich mit inneren Anteilen beschäftigt, meine Kindheit umgegraben, jetzt reicht’ s aber mal! Ich weiß immer noch nicht, wer ich bin.
Echt, 52 Jahre: viele Seminare, Familienstellen, Einzeltherapie, schamanische Schwitzhütten und viel nachgedacht. In meinem Tagebuch, das ich mit 15 geschrieben habe, tauchte schon auf: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Wer ist Gott? Was ist nach dem Tod? Was soll das Alles? Und dann habe ich weitere 37 Jahre Tonnen von Tagebüchern mit Antworten gefüllt. Die sind alle in einem Karton auf dem Dachboden. Und das Ergebnis?
Es gibt viele „Ichs“ und viele Beobachter und einen Körper, und der trägt meinen Namen. Glücklich macht dieses Wissen allerdings nicht.
Ich möchte aber so gerne glücklich sein, am liebsten einfach so … ohne Grund.
Ich stelle mir vor, ich sitze auf einer Sommerwiese mit vielen Blumen und grasenden Pferden in Meditationshaltung unter einem Baum. Ein Lächeln liegt auf meinem Gesicht und ich bin voll glücklich. Ja, so ein Bild gab es in dem Film „Der Pferdeflüsterer“. Und dann kommen die ganzen Pferde einfach zu mir und schlabbern mich ab und ich beömmele mich.
Das ist Mumpitz. Ich habe das ausprobiert mit meinem Pferd. Akita war das so was von egal, dass ich da gesessen habe und mich haben irgendwann die Ameisen in den Hintern gebissen – und schöne Filmmusik gab es auch nicht.
Kann ich nicht einfach so glücklich sein – einfach froh am Leben zu sein? Grundloses Glücksgefühl, das wäre toll.
Ich stelle mir vor einfach so glücklich zu sein und spüre dabei deutlich, wie ich mich entspanne.
Das ist doch nicht echt. So richtig tiefe Entspannung funktioniert nur, wenn man sich selbst annimmt. Das machst du ja nicht, du kritisierst dich dauernd. Du bist aber auch selber schuld, weil du aus allem ein Problem machst.
Ach ja, echt … Probleme hausgemacht, handverlesen und in Bio-Qualität direkt vom Erzeuger. Vielleicht sollte ich damit 'n Laden aufmachen.
Das ist wirklich ein Problem von dir: Du verwitzelst immer alles. Dabei geht es hier um etwas Ernstes. Du kannst dich nicht entspannen, wenn du immer aus allem ein Problem machst. Und Entspannung ist ja so wichtig. Das schreiben sie immer wieder in der Apotheken-Zeitschrift.
Herrje, da mache ich ja schon wieder etwas falsch, oder? Das dreht sich im Kreis: Es gibt ständig ein „Ich“, was angepampt wird und eins, was sich verteidigt. Es ist so, als ob ich in meinen Gedanken ständig vor Gericht stünde:
Auf den hohen Rängen sitzen dann meine Gedanken-Ichs: Kritiker, Antreiber und vielleicht noch so eine Art Erzieherin: alle mit Hakennasen im schwarzen Talar natürlich, und sie schauen mich über ihre Lesebrillen streng an.
Ich stehe unten, schaue hoch und werde bewertet mit „gut“ und „falsch“, meistens eher „falsch“. Und dann muss ich mich verteidigen und es wird ein Urteil gefällt, meistens: schuldig im Sinne der Anklage. Na ja, ab und zu bekomme ich vielleicht auch mal ein Sternchen für Schönschrift oder Küche putzen. Alle erleuchteten Meister und Therapeuten sagen ja auch:
Man soll sich nicht bewerten.
Schön gesagt, das ist aber mit Gedanken-Kontrolle nicht zu machen. Und ich habe das ausgiebig probiert. Und bin das wirklich Ich? Bin ich diejenige, die die Gedanken kontrolliert? Sie erscheinen mir eher unkontrolliert, egal, was ich will.
Aber ich bestehe doch aus mehr als nur Gedanken.
Ja, denkst 'de!
Das Denken der Gedanken ist gedankenloses Denken.
Oh, das ist ein Spruch, den habe ich von meinem Vater.
Was ist denn jetzt mit der Rechnung?
Ich trinke einen Schluck Kaffee und atme tief durch.
Ach, das stimmt einfach alles hinten und vorne nicht. Sobald ich denke, ich weiß wer ich bin, beweise ich mir spätestens in den nächsten fünf Minuten das Gegenteil. Ich habe auf der Bühne unzählige Rollen gespielt. Das bin dann natürlich nicht ich, sondern ich tue mal als ob, und außerdem ist es ja nur ein Spiel.
Das Leben ist aber kein Spiel.
Mag sein, aber ohne Spiel ist es auch kein Leben. Spiel ist das ursprünglichste, was es gibt. Die Babys kommen auf die Welt und beginnen die Welt zu erfahren und zu lernen – durch Spiel!
Ach, das sagst du bloß, weil du so einen blöden Hochstatus hast und meinst, Theater spielen sei das Geheimnis des Lebens. Du hast ja auch echt die Weisheit mit Löffeln gefressen, oder?
Ich stelle mir vor, wie ich die Weisheit in mich hinein löffele. Ach ja, meine Lieblingsweisheit: Die Welt ist eine Bühne und ein Spiegel des Seins. Lecker! Sei du selbst, weil alle anderen gibt es schon. Mjami! Oh, der Löffel wird immer größer. Da passen auch zwei Weisheiten drauf: Geteiltes Glück ist doppeltes Glück, geteiltes Leid ist halbes Leid. Bevor du einen Menschen bewertest, gehe eine Meile in seinen Mokassins. Ganz köstlich! Gut Ding will gut Weile haben. Die ist sehr nahrhaft. Und weiter: Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht. Hm, die schmeckt ein bisschen komisch. Glaub' nicht alles, was du denkst …
Äh … Weisheiten mit Löffeln fressen kann auch zu
Verdauungsproblemen führen.
Ich muss grinsen.
Genau, ich kann auch einfach in meiner Fantasie herumspielen. Wenn es im Außen nichts zu spielen gibt, kann ich mich selbst entertainen. Ich kann eigentlich immer spielen, wenn ich das will. Außerdem kann das spontane Spiel viel Wahrheit transportieren, da kommen dann manchmal Sachen rausgeflutscht, die mich echt erstaunen. Da wäre ich durch Nachdenken nie drauf gekommen. Das kommt natürlich weil es ein Spiel ist, es ist ja nicht ernst gemeint. Dann entspanne ich mich und – zack – sage ich als Närrin etwas, was mich vollkommen überrascht, wo mir innerlich die Kinnlade runterhängt, und ich mich frage: „Wo kam das denn her?“
Wieso finde ich in jeder Rolle ein Fünkchen Wahrheit von mir? Irgendwie so ein Gefühl von: Ja, das kenne ich. Und wer ist das Ich, was das kennt?
Herrje, kannst du jetzt bitte mal aufhören mit diesem Psycho-Quatsch. Hier nur sitzen und Kaffee trinken und analysieren bringt dich auch nicht weiter. Zähne putzen wäre ganz hübsch und dann los …
Nein, ich lasse mich nicht beirren, sonst ist das wieder wie an jedem Tag. Wenn es dann erst einmal „los“ geht, ist es ratz fatz Abend und ich sitze vor dem Fernseher und habe wieder dieses Gefühl, dass der Tag nicht „echt“ war, fühle mich falsch und unzufrieden.
Ja, es sollte alles anders sein, aber es ist wie es ist.
Darum geht es überhaupt nicht. Es geht darum, dass ich nicht weiß, wer „ich“ bin – und zwar ohne Analyse, einfach gefühlt. Ich dachte ja immer, ich bin so eine Bühnenpersönlichkeit. Dabei wollte ich nach meinem ersten Theaterseminar auf gar keinen Fall Theater spielen. Allein die Frage: Was ist denn der Unterschied zwischen einem „echten“ Gefühl und einem „gespielten Gefühl“? Boah, das hat mich eine schlaflose Nacht gekostet und war mir zu kompliziert. Na ja, aber lassen konnte ich es dann doch nicht – das hat einfach zu viel Spaß gemacht. Ein echtes Gefühl ist der Grund dafür, warum ich überhaupt mit einem Gefühl spielen kann.
Das ist jetzt aber schon ein bisschen flach gedacht, oder?
Vor meinem inneren Auge erscheint mein Hirn als Flachdach.
Hör mal, ich kann so flach oder tief denken, wie ich will. Außerdem ist mir klar, dass ich in Wahrheit ja nur eine „böse“ oder „gute“ Rolle spielen kann, weil es etwas „Böses“ oder „Gutes“ in mir gibt. Das war manchmal etwas unbequem, das wahrzunehmen. Schließlich bin ich in erster Linie ein „guter“ Mensch, was immer das heißt. Theater ist manchmal ein Spiegel - und kann besser sein als Therapie.
Das Wort „Therapie“ kommt ja auch eigentlich vom griechischen „therapeia“ und heißt so was wie „dienen“ – und wenn das Theater dir dient, ist doch alles gut.
Habe ich Wikipedia in meinem Kopf?
Ich trinke noch einen Schluck Kaffee.
Eine Erinnerung kommt hoch:
Ich sehe mich selbst in einer Schauspiel-Probe mit einer Regisseurin in meiner alten Wohnung. Ich sollte für das Fernsehgericht eine Frau spielen, der man ihr Baby weggenommen hatte. Mann, was habe ich gebrüllt und geheult. Als es dann zu dolle wurde, habe ich aufgehört und zu der Regisseurin gesagt: „So etwa?“