Der Liebesbegriff bei Augustin - Hannah Arendt - E-Book

Der Liebesbegriff bei Augustin E-Book

Hannah Arendt

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Beschreibung

Hannah Arendts 1929 als Dissertation veröffentlichte Schrift greift bereits grundlegende Figuren ihres Denkens auf: den Weltbegriff, das Dasein, die vita socialis, Verantwortung. Anhand des intersubjektiven Themas par excellence »Liebe« erörtert Arendt mit und gegen Augustinus die vielfältige »Doppeltheit« des Menschen zwischen Isolation und Gemeinschaft, Noch-nicht und Nicht-mehr, Gewohnheit und Bewusstsein. Arendt prüft kritisch die Fundamente abendländischen ethischen Denkens und nimmt dies mit Blick auf ein Personen-, Subjekt- und Liebesverständnis vor, das von andauerndem Interesse ist.

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Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Thomas Meyer

Erweiterte Neuausgabe© Piper Verlag GmbH, München 2021© 1996 by the Hannah Arendt Bluecher Literary TrustCovergestaltung: Büro Jorge Schmidt, MünchenKonvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

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Inhalt

Cover & Impressum

Anlässlich der Studienausgabe von Hannah Arendts Schriften

Hannah Arendt: Der Liebesbegriff bei Augustin

Widmung

Abkürzungsverzeichnis.

Einleitung.

Erster Teil.Amor qua appetitus.

1. Der Strukturbestand des appetitus.

2. Caritas und cupiditas.

3. Ordinata dilectio.

Zweiter Teil.Creator – creatura.

1. Creator verstanden als Ursprung der creatura.

2. Caritas und cupiditas.

3. Dilectio proximi.

Dritter Teil. Vita socialis.

Hannah Arendt und Der Liebesbegriff bei Augustin – Nachwort

Siglenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Archive

Literatur

Anmerkungen

Anlässlich der Studienausgabe von Hannah Arendts Schriften

Was Hannah Arendt dazu bewegte, der politischen Wirklichkeit so genau ins Gesicht zu sehen, waren die Kraft der Vernunft und die Verachtung der Illusion. Anderen schlüssig und verständlich zu machen, was sie sah, war ein großer geistiger Triumph – für sie persönlich, aber auch für die Tradition des offenen politischen Diskurses.

Judith Shklar (1975)

Die Studienausgabe in Einzelbänden von Hannah Arendts Schriften möchte dazu einladen, eine der bedeutenden Denkerinnen des 20. Jahrhunderts kennenzulernen oder erneut zu lesen. Ausgewiesene Experten untersuchen in ihren exklusiv für die Edition verfassten Nachworten die jeweiligen Werke. Die Autoren werden darin je eigene Schwerpunkte setzen, die Interessierten Hannah Arendts Gedankenwelt erschließen helfen, während sich die Spezialisten mit markanten Positionen auseinandersetzen können. Bewusst wurde darauf verzichtet, eine wie auch immer geartete Einheitlichkeit vorzugeben. Die Offenheit und die Vielfalt von Arendts Überlegungen werden sich folglich in den verschiedenen Positionen der Beiträger spiegeln, die innerhalb der Studienausgabe zu Wort kommen.

Die Ausgabe kann und will keine Konkurrenz zur kritischen, im Göttinger Wallstein Verlag erscheinenden Edition von Arendts Schriften sein. Die in Arendts Münchner Stammverlag Piper vorgelegten Bände bieten Texte, die auf der jeweils letzten, von ihr selbst noch überprüften Fassung beruhen. Druckfehler und andere offensichtliche Versehen sind korrigiert, die Zitate wurden überprüft, die bibliografischen Angaben und Register durchgesehen. Für all das trägt der Herausgeber die Verantwortung. Ziel war es, zitierfähige Ausgaben zu schaffen, die sowohl eine breite Leserschaft ansprechen als auch für Wissenschaftler eine verlässliche Textgrundlage bieten.

Die erste Lieferung der Edition wird jene Werke umfassen, die Arendts Ruf in Deutschland zu ihren Lebzeiten begründeten. In chronologischer Reihenfolge sind dies folgende Schriften: Die 1929 veröffentlichte Dissertation Der Liebesbegriff bei Augustin. Versuch einer philosophischen Interpretation, die erstmals 1955 vorgelegte Studie Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Antisemitismus, Imperialismus, Totalitarismus und der zwei Jahre später veröffentlichte Band Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart. Vier Essays. Ebenso enthalten sind die 1959 publizierte Biografie Rahel Varnhagen. Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik und die im Jahr darauf erschienene Monografie Vita activa oder Vom tätigen Leben. Es folgen die Reportage Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen von 1964 und schließlich die ein Jahr später zugänglich gemachte Abhandlung Über die Revolution. Damit liegen im Piper Verlag erstmals die Augustin-Studie und die in dieser Form und unter dem Titel nie wieder aufgelegte, dem engen Freund Walter Benjamin gewidmete Aufsatzsammlung Fragwürdige Traditionsbestände vor.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden unter anderem die zu Lebzeiten in deutscher Sprache veröffentlichten Zeitungsartikel, Aufsätze und Essays Arendts in chronologischer Reihenfolge neu herausgegeben werden. Das unvollendete Nachlass-Werk Life of the Mind, in der deutschen Übersetzung unter dem Titel Vom Leben des Geistes erstmals 1979 in zwei Bänden erschienen, wird die Ausgabe ergänzen, sobald eine verlässliche Textgrundlage verfügbar ist.

Hannah Arendts Werke sprechen für sich und die beigefügten Nachworte benötigen keinerlei Rechtfertigungen. Bleibt also der aufrichtige Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die sich der Aufgabe unterzogen haben, mit ihren Beiträgen die Schriften Hannah Arendts für hoffentlich viele Leserinnen und Leser zu öffnen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Piper Verlag gilt der Dank für die Zusammenarbeit und die Courage, das Werk Hannah Arendts in der vorliegenden Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Berlin, im Mai 2021

Thomas Meyer

Hannah Arendt: Der Liebesbegriff bei Augustin

MEINER MUTTER

Abkürzungsverzeichnis.

Es ist durchgängig zitiert nach der Paragrapheneinteilung der Mauriner-Ausgabe (Migne, P. l. Paris). Das Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum wurde, soweit es vorlag, zur Lektüre benutzt. Die Paragrapheneinteilung der Mauriner-Ausgabe ist dort durch größere Zwischenräume zwischen den einzelnen Abschnitten kenntlich gemacht.

Einleitung.

Die Schwierigkeiten, die einer verstehenden Interpretation Augustins entgegenstehen, lassen sich der Eigentümlichkeit seines Werkes gemäß in drei prinzipiellen Punkten aufzeigen, durch die jede Darstellung entscheidend bestimmt und eingeengt wird: 1. das Nebeneinander verschiedenartigster Gedankengänge; 2. die im Alter immer stärker zunehmende dogmatische Gebundenheit; 3. die Tatsache einer biographisch aufzeigbaren Entwicklung, die einen sehr ausgeprägten Wandel seines Gedankenumkreises bedingt.

ad 1. Um dem Nebeneinander der Gedanken und Theorien, die man zumeist als Widersprüche aufgezeigt findet, gerecht zu werden, wird diese Arbeit in ihrem durch das Thema angezeigten Bereich in drei Teilen drei begriffliche Zusammenhänge, in denen das Liebesproblem eine entscheidende Rolle spielt, aufzuzeigen bemüht sein, und sie wird, immer geleitet von der Frage nach Sinn und Bedeutung gerade der Nächstenliebe, jeden dieser Zusammenhänge daraufhin pointieren. Da die Nächstenliebe als christliches Gebot abhängig ist von der im Glauben ergriffenen Liebe zu Gott und der daraus entsprungenen neuen Stellung zu dem eigenen Selbst, wird jeder der beiden ersten Teile von der Frage auszugehen haben, was besagt es, Gott und sich selbst zu lieben, und erst in einem kurzen Schluß wird die jedesmalige Anwendung gegeben werden, die getragen ist von der Frage nach der Relevanz des Nächsten für den der Welt und ihren Begierden entfremdeten Gläubigen. In jedem Verständnis, in jeder Äußerung über Liebe ist diese Nächstenliebe von Augustin zumindest mitgemeint, und so wird die Frage nach der Relevanz des Nächsten immer zugleich zu einer Kritik an dem herrschenden Begriff von Liebe, an der Stellung des Menschen zu sich und zu Gott (denn du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, heißt es, und diese Möglichkeit hast du nur als von Gott und seinem Gebot Ergriffener). Diese Kritik besagt nie eine absolute Kritik von irgendeinem festen philosophischen oder theologischen Standpunkt aus, sie ist nur Kritik, weil der jeweilige Liebesbegriff ein christlicher zu sein beansprucht. Christlich wieder besagt auch niemals mehr als paulinisch und dies deshalb, weil Augustins Leben und Denken, sofern es wirklich religiös und nicht von neuplatonisch-griechischen Einwirkungen bestimmt ist, sich vorwiegend an Paulus orientiert, wie er es selber in den Konfessionen zugesteht.

Das Nebeneinander der dargestellten Gedankenreihen systematisch zu verbinden, und sei es auch in antithetischer Form, verbietet sich von selber, will man Augustin nicht eine Systematik und logische Korrektheit aufzwingen, die er nie gehabt hat. Zusammengehalten werden die einzelnen Teile nur durch die Frage nach der – für Augustin ohne weiteres selbstverständlichen – Relevanz des Anderen. Nur der Glaube an die Wichtigkeit jeder der dargestellten Gedankenreihen, der sich nur in der Darstellung selbst verifizieren läßt, gibt der scheinbaren Uneinheitlichkeit der Untersuchung ihre Berechtigung. Scheinbar ist diese Uneinheitlichkeit deshalb, weil sie einmal durch eine einheitliche Frage der Verfasserin zusammengehalten ist, und weil sie ferner im Grunde von der Uneinheitlichkeit des augustinischen Werkes selber abhängig ist, welche zugleich seinen eigentümlichen Reichtum und Reiz ausmacht.

Daß in drei Abschnitten drei voneinander unabhängige Grundintentionen abgehandelt werden, besagt nun aber nicht, daß man etwa Augustins Schriften in drei Klassen teilen könnte, in denen er jeweils ausführlich seine Position dargelegt hätte, sondern jede seiner Äußerungen ist u. E. auf eine der drei herausgestellten Intentionen hin zu interpretieren. Damit aber verstehen wir unter Interpretieren, das explizit zu machen, was Augustin selber nur implizite gesagt hat, und in diesem Explizieren zu zeigen, wie in ein und demselben Zusammenhang verschiedene Intentionen zusammengehen und sich gegenseitig beeinflussen. Die Untersuchung ist durchgängig Analyse, und zwar eine Analyse, die durchzustoßen sucht zu den Hintergründen, die Augustin selber gerade nicht mehr deutlich macht. Daraus ergibt sich eine Systematik, die nicht etwa Augustin in eine ihm unbekannte Folgerichtigkeit einspannen will, sondern die lediglich versucht, auch scheinbar heterogene Aussagen und Gedankenfolgen auf ein sachlich gemeinsames Fundament hin zu interpretieren. Dabei kann sich herausstellen, daß das sachliche Fundament selbst heterogene Intentionen aufweist – wie etwa in dem doppelten Weltbegriff des zweiten Teils. Wie diese Fundamentalintentionen in einem explizit nicht mehr durchsichtigen Zusammenhang jede einzelne Aussage wieder bestimmen und evtl. abbiegen, will die Analyse zeigen. Damit aber zeigt sie trotz der Systematik im Einzelnen gerade die Uneinheitlichkeit des Ganzen.

ad 2. Der dogmatischen Gebundenheit Augustins an die Autorität von Schrift und Kirche werden unsere Analysen großenteils fremd gegenüberstehen, weil sie ihrem Wesen und Sinn nach gerade prinzipiell nicht dogmatisch gebunden sind. Aber diese beabsichtigte Fremdheit allem Dogmatischen gegenüber, die einer Interpretation eines religiösen Autors zum Verhängnis werden kann, ist bei Augustin relativ leicht sachlich zu rechtfertigen. Er sagt de doctr. christ. III, 22: Non intellexerunt […] »Quod tibi fieri non vis alii ne feceris«, nullo modo posse ulla eorum gentili diversitate variari.Quae sententia cum refertur ad dilectionem Dei omnia flagitia moriuntur; cum ad proximi omnia facinora (vgl. auch En. in Ps. LVII, 1). Dem ausdrücklichen Gebot der Nächstenliebe geht also noch ein anderes voraus, unabhängig von jeder expliziten Offenbarung Gottes, wie sie in Christus wirklich geworden ist, jene lex scripta in cordibus nostris (passim, für unsere Frage vor allem Conf. II, 9, wo diese lex ausdrücklich von der lex Dei geschieden ist). Das christliche Gebot verschärft dieses »natürliche« Gesetz und bringt dadurch erst das Miteinander der Menschen zu seiner höchstmöglichen Eigentlichkeit, in der alle facinora getilgt sind. Wir werden also undogmatisch den Raum unserer Interpretation nach zwei Seiten hin begrenzen können, indem wir einmal nach jener vortheologischen Sphäre fragen, und indem wir andererseits zu erfassen suchen, was in der christlichen Ausgestaltung die Deutung Augustins für das spezifisch Neue hält, worin die verlangte und behauptete Eigentlichkeit des menschlichen Lebens, gesetzt nicht mehr nur unter die lex scripta in cordibus nostris, sondern unter das von außen befehlende Gesetz Gottes liegt, und warum diese lex Dei überhaupt für das menschliche Dasein, sofern es sich auf sich selbst besinnt (quaestio mihi factus sum), der einzige Weg zu seiner eigenen Wahrheit ist, die ihm in der conscientia vorgezeichnet ist. So zu fragen und zu interpretieren gibt Augustin selber uns ein Recht, wenn er aller Autorität nur vorbereitende und erziehende Funktion zugesteht. (Conf. VI, 8: ideoque cum essemus infirmi ad inveniendam liquida ratione veritatem et ob hoc nobis opus esset auctoritate sanctarum Litterarum […] De Ord. II, 26: ad discendum item necessario dupliciter ducimur, auctoritate atque ratione. Tempore auctoritas, re autem ratio prior est.) Kein radikaler Bruch zwischen auctoritas und ratio zwingt uns in der Interpretation, uns in die ewig paradoxe Problematik des Glaubenden einzulassen, wie ihn Paulus und Luther verstanden haben. Die Autorität befiehlt bei Augustin von außen, was die lex interna, die conscientia uns auch sagen würde, wenn wir nicht durch consuetudo schon immer in die Sünde verstrickt wären.

Dieser interpretierenden Tendenz nach zwei Seiten hin entsprechen in den beiden ersten Teilen die beiden ersten Abschnitte (während der letzte, wie schon gesagt, immer nur die jeweilige Probe aufs Exempel darstellt), von denen der erste die vortheologische Sphäre sich zu vergegenwärtigen sucht, aus der Definitionen wie amor appetitus quidam est oder das Verhältnis der creatura zum creator als ihrem Ursprung überhaupt erst verständlich sein können. In einem zweiten Abschnitt wird dann der spezifische Umschlag ins Christliche zu erfassen gesucht, in den trotz aller entscheidenden Differenz (vor allem im zweiten Kapitel) die Grundintentionen, die vor aller spezifisch theologischen Deutung liegen, eingehen. Die begriffliche Grundlegung gibt das Fundament her für die Kriterien einer möglichen Eigentlichkeit oder Uneigentlichkeit des menschlichen Daseins coram Deo, so wie Augustin dieses verstand. (Mit diesen Ausführungen ist selbstverständlich weder etwas darüber ausgemacht, ob sachlich solch eine vortheologische Sphäre überhaupt zu rechtfertigen ist, noch ob mögliche Eigentlichkeit oder Uneigentlichkeit menschlichen Daseins wirklich coram Deo entschieden wird.)

ad 3. Die Uneinheitlichkeit der augustinischen Schriften ist zumeist erklärt – und dies bis zu einem gewissen Grade mit Recht – durch die Tatsache, daß Aug., herkommend aus der spätantiken Bildungswelt und von fast all ihren Tendenzen irgendwann einmal entscheidend bestimmt, nach seiner Bekehrung in einem langen, biographisch datenhaft aufzeigbaren Prozeß immer mehr unter die Einwirkung christlicher Vorstellungen und religiöser Glaubensartikel kommt, immer mehr aus dem antiken Rhetor und begabten Schriftsteller zu dem »Kirchenvater« wird, als der er in der Geschichte weitergelebt und gewirkt hat, und dies so sehr, daß er am Ende seines Lebens sein gesamtes Schriftwerk in den Retraktationen einer ausdrücklichen Revision daraufhin unterzieht. Auf diese Entwicklung keine Rücksicht zu nehmen, wie wir es in unseren Analysen tun, scheint zunächst schlechthin unverantwortlich. Einer Darstellung der Entwicklung Augustins gegenüber (wie sie am besten meines Wissens in dem Buch von Prosper Alfaric, L’évolution intellectuelle de St. Augustin, Paris 1918, vorliegt, aber leider bisher erst bis zum Neuplatonismus geht) ist zur Verteidigung des Versuches einer rein philosophisch interessierten Untersuchung folgendes zu sagen: Nichts von dem Gedankengut antiker und spätantiker Philosophie, das Augustin in den einzelnen Epochen seines Lebens in sich aufgenommen hat, von Ciceros Hortensius bis zu der Übersetzung Plotins durch Victorinus Rhetor ist je aus seinem Denken wirklich und radikal ausgeschieden worden. Die radikale Alternative zwischen philosophischer Selbstbesinnung und religiösem Glaubensgehorsam, wie sie etwa der junge Luther wirklich vollzogen hat, blieb ihm fremd. Ein wie gläubiger und überzeugter Christ er auch wurde, um wieviel tiefer und tiefer er auch durch die Lektüre der Paulusbriefe und der Psalme, des Johannesevangeliums und der Johannesbriefe in die eigentliche Problematik des Christentums eindrang, nie verlor er den Impuls philosophischen Fragens ganz, nie hat er es radikal aus seinem Denken ausgeschaltet. Das aber besagt für die Interpretation, daß es möglich ist – und auch diese Möglichkeit wie alles vorher Gesagte läßt sich nur in der konkreten Analyse selbst verifizieren – unabhängig von der Entwicklung, in der die verschiedenen Intentionen verschieden pointiert werden, diesen Grundintentionen nachzugehen, zu sehen, wie die neuplatonischen Ansätze, wenn auch versteckt, in jeder christlichen Problematik weiter wirken, eigentümlich umformen – verdecken, könnte man sagen von einem rein christlich orientierten Verständnis aus. Es ist hier von vornherein nie die Frage, roh gesagt, was das Ursprünglichere ist, Griechentum oder Christentum. Es wird sich in den einzelnen Analysen zeigen, nicht so sehr was gesiegt hat, als woran das ursprüngliche Interesse sich orientiert, und dies ursprüngliche Interesse, das sich kundgibt in Äußerungen wie quaestio mihi factus sum, wird als ein einfach vorgegebenes und im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr interpretiertes Phänomen angesehen. In dem Rahmen unserer Themastellung, der Liebesbegriff, werden wir versuchen klarzulegen, nach welchen Richtungen sich die Ausdeutung und Orientierung Augustins selber bewegt.

Die Arbeit bietet drei Analysen. Die erste Analyse beginnt mit dem amor, verstanden als appetitus, der einzigen Definition, die Augustin von dem amor gegeben hat. Am Ende der Analyse in der Darstellung der ordinata dilectio sehen wir, zu welchen Unstimmigkeiten diese Definition im Sinne Augustins selber führt und sind so gezwungen, zu einem ganz anderen Begriffszusammenhang fortzuschreiten, der in einem eigentümlich peripheren und aus der ersten Analyse nicht verständlichen Sinn in die versuchte Herleitung der Nächstenliebe aus dem amor qua appetitus schon hereinspielt. Auch die zweite Analyse läßt nur verständlich werden, als was der Nächste in der dilectio proximi geliebt wird, und erst die dritte Analyse hellt die Unstimmigkeit der zweiten auf, die sich in der Frage pointiert, wie kann der von allem Welthaften isolierte Mensch coram Deo überhaupt noch ein Interesse am Nächsten haben. Dies tut sie, indem sie aus einem ganz anderen Zusammenhang die Relevanz des Nächsten erweist. Die Aufhellung von Unstimmigkeiten besagt hier nie Lösung eines Problems, das aus einem relativ geschlossenen Begriffs- und Erfahrungszusammenhang erwächst, sondern gibt immer nur Antwort auf die Frage, wie kommt es, daß diese Unstimmigkeiten auftauchen, welche ganz anderen Intentionen führen zu diesen – für ein systematisches Denken – unverständlichen Widersprüchen. Es gilt, die Widersprüche als das, was sie sind, stehen zu lassen, sie als Widersprüche verständlich zu machen, das, was hinter ihnen steht, zu erfassen.

Erster Teil.Amor qua appetitus.

1. Der Strukturbestand des appetitus.

Nihil enim aliud est amare, quam propter se ipsam rem aliquam appetere. Und etwas weiter: namque amor appetitus quidam est (De div. quaest. 83, qu. 35, 1 u. 2). Jeder appetitus ist gebunden an etwas Bestimmtes, das er begehrt. Dieses Was seines Begehrens hat das Begehren, ihn selbst, erst entzündet und ihm seine Richtung gegeben. Er ist bestimmbar nach dem Bestimmten, Vorgegebenen seines Strebens.[1] Dieses Bestimmte wird von ihm nicht erst auf seinem Wege entdeckt, sondern es ist für ihn immer schon vorgegeben, er richtet sich aus auf eine gekannte Welt. Die gekannte res ist ein bonum, denn sie wird propter se ipsam erstrebt. In diesem Erstrebtsein ist die res für den amor unabhängig von ihren Bezogenheiten zu anderen Objekten und stellt nur das ihr isoliert zukommende bonum dar. Das Spezifische dieses bonum ist, daß es nicht gehabt wird. Wenn es gehabt wird, hört der appetitus auf, es sei denn, daß Gefahr besteht, das Erworbene wieder zu verlieren; in diesem Fall schlägt der appetitus habendi um in den metus amittendi. Der appetitus hat, da er das bonum und nicht beliebige Sachen erstrebt, neben seinem Ausgerichtetsein auf … die Rückbezogenheit des Für … Er ist rückbezogen auf den Menschen, der das bonum und malum der Welt kennt und bestrebt ist, beate vivere. Aus der Grundhaltung des beatum esse velle[2] wird dem appetitus jeweils sein bonum vorgegeben. Der appetitus bzw. der amor ist die Möglichkeit des Menschen, sich in den Besitz seines bonum zu setzen.[3]

Dieser amor schlägt um in den metus: qu. 33: Nulli dubium est non aliam metuendi esse causam nisi ne id quod amamus aut adeptum amittamus aut non adipiscamur speratum. Aus dem Haben- und Haltenwollen des appetitus entsteht die Furcht vor dem Verlust.

Im Augenblick des Habens wandelt sich das Begehren in die Furcht. Wie das Begehren das bonum begehrt, fürchtet die Furcht das malum. Das malum, vor dem die Furcht flieht,[4] bedroht das beate vivere, das im Besitz des bonum besteht. Solange der Mensch die res temporales begehrt, steht er ständig in dieser Bedrohung, und dem appetitus habendi entspricht dauernd der metus amittendi. Unabhängig von dem Menschen, der durch den appetitus an sie gebunden ist, entstehen und vergehen die temporalia bona. Durch appetitus und metus ständig an eine Zukunft gebunden,[5] von der es ungewiß ist, was sie bringen wird, verliert jede Gegenwart Ruhe und Möglichkeit des Genusses und damit eigenständige Bedeutung überhaupt.[6] Jede Gegenwart ist bestimmt nicht durch Zukunft schlechthin (wie es bei Augustin auch möglich ist, wie wir später sehen werden), sondern durch bestimmte, aus der Zukunft her erhoffte oder gefürchtete Ereignisse, die der Betroffene begehrt und herbeizuschaffen sucht oder flieht und aus dem Wege räumt. Die beatitudo besteht im Besitz (habere, tenere) des bonum und mehr noch in der Sicherheit des Nichtverlierens. Diese negative Bedeutung der Sicherheit, in der allein das bonum wirklich gehabt wird, ist nur zu verstehen aus der konkreten Bestimmung des bonum selbst. Das bonum und malum ist gut und schlecht für den, der beate leben will. A. führt Serm. CCCVI, 3 u. 4 aus, daß alle Menschen glücklich leben wollen, aber jeder unter glücklich und den Gütern, die zum Glück gehören, etwas anderes versteht und begehrt. Alle aber sind sich einig in dem Lebenwollen. Die beata vita ist somit die von jedem anders verstandene wahre vita. Das Leben, das ständig vom Tod bedroht wird, ist kein Leben, weil es ständig in der Gefahr steht, das, was es ist, zu verlieren, und es auch eines Tages sicher verliert (Serm. CCCVI, 7 ipsa est vita quae et aeterna et beata). Die beata vita ist dort, wo unser Sein keinen Tod haben wird.[7] Das bonum also, das der amor erstrebt, ist das Leben, und das malum, vor dem die Furcht flieht, ist der Tod. Die beata vita ist das unverlierbare Leben. Das irdische Leben ist eine mors vitalis oder eine vita mortalis, ein Leben, das unter der Bestimmung des Todes steht.[8] Dieses Leben wird zum ständigen timere. (Serm. CCCVI, 7: Sed sanitas et vita si timetur ne finiatur, iam non est vita. Non est enim semper vivere sed semper timere.)

Alle einzelnen Ängste vor bestimmten Übeln sind von dieser Grundfurcht geleitet. Der Tod, der dem Leben ein Ende macht, beschließt zugleich die ständige Sorge des Lebens in sich, und zwar sowohl in der Sorge um die irdisch-vergängliche beatitudo wie in der um das Leben nach dem Tode.[9] Dort, wo es keinen Tod und somit keine Zukunft gibt, ist es möglich, sine angore curae zu leben (ep. 55, 17). Die Furcht des Lebens vor dem Tod fürchtet sich vor sich selber als einem Leben, das sterben muß und als solches ständig in der Furcht ist.[10] So wird das Wovor der Furcht das Fürchten selbst.[11] Wo man nichts verlieren kann, herrscht die furchtlose Sicherheit des Besitzes. Diese Furchtlosigkeit erstrebt der amor. Der amor als appetitus ist bestimmt durch das Was, dem er zustrebt. Dieses Was ist das Freisein von Furcht (metu carere. De div. quaest. 83, qu. 34). Das amittere posse ist deshalb der Ausgang für die Bestimmung des amandum, weil das Leben ständig sich selbst im Näherkommen an den Tod verliert.[12]

So wird das bonum des amor als das bestimmt, was nicht verloren werden kann.[13] Wir sehen, daß das Gut des Menschen, das ihn zur beatitudo bringen soll, wesentlich aus zwei heterogenen Zusammenhängen her definiert ist: das bonum ist einmal das Erstrebte des appetitus, d. h. ein in der Welt vorfindbares Nützliches, das in den eigenen Besitz erhofft ist; das Bestimmende des bonum ist andererseits gewonnen aus der Furcht vor dem Tode, d. h. der Furcht des Lebens vor seiner eigenen Vernichtung. Alle übrigen Zufälle des Lebens, die der Mensch nicht in der Hand hat, werden zurückgeführt auf die mangelnde potestas über das Leben selbst.[14] Der Tod aber erfährt analog eine doppelte Ausdeutung: er ist einmal der Index für die mangelnde Verfügbarkeit des Lebens über sich selbst, und er ist andererseits das äußerste, auf das Leben zukommende malum, das dem Leben schlechthin Abträgliche. Als dieses äußerste malum kommt der Tod von außen auf das Leben zu, und das Leben flieht vor ihm, während in Ausdrücken wie vita mortalis das Leben von vornherein als sterbliches gesehen ist. Das Bewußtsein dieser mangelnden potestas, in der das Leben von vornherein als sterbliches angesetzt ist, widerspricht der Definition des amor als appetitus, weil der appetitus als Streben seinem eigenen Sinn nach etwas Erreichbares erstrebt, mag das Herbeiführen des Erreichbaren auch mißlingen. Ist der Tod nur als das äußerste malum gesehen, so ist die Einheitlichkeit der Argumentation gewahrt (amor qua appetitus).[15] Aber in der doppelten Auslegung des Todes wird gerade der doppelte Ansatz dieser ganzen Problematik deutlich. Wir halten vorläufig fest: das Leben erstrebt etwas, was es als vom Tode Bestimmtes prinzipiell nicht in seiner Hand hat und erstrebt dies als ein für es Verfügbares.

Jedes bonum oder malum steht bevor. Das an der letzten Grenze Bevorstehende, dem das Leben dauernd zulebt, ist der Tod. Jede Gegenwart des Menschen ist von diesem Bevorstehenden her bestimmt als ständiges Noch-nicht. Jedes Haben ist beherrscht von der Furcht und jedes Nichthaben von der Begierde. Die Zukunft, in der der Mensch lebt, ist also stets die erwartete Zukunft, die durch das gegenwärtige Ersehnen oder Fürchten restlos bestimmt ist. Die Zukunft ist nichts anderes als das Noch-nicht der Gegenwart, das droht oder erfüllt. Aber jede Erfüllung ist eine scheinbare, weil am Ende der Tod droht und mit ihm der radikale Verlust. Das heißt, das Noch-nicht der Gegenwart ist das immer zu Fürchtende. Zukunft kann für die Gegenwart nur bedrohlich sein. Nur eine Gegenwart ohne Zukunft ist nicht mutabilis, schlechthin unbedroht. In ihr lebt der ruhige Besitz. Dieser Besitz ist das Leben selber, denn alle bona waren ja nur für das Leben da, um es vor seinem Tode, seinem Verlorengehen zu schützen. Diese Gegenwart ohne Zukunft, die keine bona mehr kennt, sondern selber das absolute bonum (summum) ist, ist die Ewigkeit. Diese Ewigkeit ist das, was invitus amittere non potes. Der amor, der innerhalb des Irdischen nach etwas Sicherem strebt, über das er verfügen kann, wird dauernd enttäuscht, weil alles der Sterblichkeit verfallen ist. In dieser Enttäuschung schlägt er um und wird ausschließlich negativ bestimmt: zu lieben ist nur noch das metu carere. Diese Furchtlosigkeit existiert nur in der völligen Ruhe, die durch keine aus der Zukunft her zu erwartenden Ereignisse mehr zu erschüttern ist. Das bonum, das nur zu verstehen ist als Korrelat zu dem als appetitus bestimmten amor, und das für das sterbliche Leben sinnlos ist, wird herausprojiziert in eine absolute, nach dem Tode einsetzende Gegenwart, die für das irdische Leben zwar zur absoluten Zukunft wird, aber dennoch als begehrte so bevorsteht wie jedes andere aus der Zukunft her erwartete bonum auch, nur mit dem Unterschied, daß das Leben, das auf diese absolute Zukunft seine Erwartung richtet, nicht mehr enttäuscht werden kann. Das bonum aber behält seine Negativität und Inhaltlosigkeit – erstrebt wird die pure Ruhe, das pure metu carere –, die entstanden sind aus der Sinnlosigkeit des appetitus für ein Leben, das wesentlich vom Tode her verstanden ist und für das Verfügenwollen einfach widersinnig geworden ist.[16]

Von dem so gewonnenen Begriff des bonum, von der Ewigkeit aus wird nun die Entwertung und Relativierung der Welt und Zeitlichkeit vollzogen. Alle weltlichen Güter sind mutabilia, veränderlich; da sie keinen Bestand haben, sind sie auch eigentlich nicht.[17] Es ist auf sie kein Verlaß. Aber selbst wenn sie Bestand hätten, das menschliche Leben selbst hat ja keinen Bestand. Täglich verlieren wir das Leben selber. Indem wir leben, eilen wir dem Nichts zu.[18] Nur das, was gegenwärtig ist, ist wirklich.[19] Das Leben aber ist immer nicht mehr oder noch nicht.[20]

Wir sahen, daß der amor ein bonum erstrebt, das seinem Sinn nach außerhalb des Strebens selber liegt. Da aber alles, was von außen auf das Leben zukommt, nur erstrebt ist um des Lebens willen, so ist eigentlich das Leben zu erstreben. Das Leben wird selber zum erstrebten bonum. Als die wahre vita, die identisch ist mit dem esse, d. h. Bestand hat, ist das bonum herausprojiziert in die Ewigkeit und wird so wieder zu dem, was von außen bevorsteht, zu einem bonum, wenn auch zum höchsten. Charakteristisch und verräterisch ist die Bezeichnung Gottes als res qua fruendum est,[21] die die Identität von esse und vivere verkörpert und zugleich die aeterna res ist, die begehrt wird. Das Leben also ist eine res, die aus der Welt verschwindet, keinen Bestand hat. Das Leben ist angesehen auf seinen »sachlich« weltlichen Bestand hin, es ist außerhalb, und zwar außerhalb seiner selbst, als das, was in der Welt vorkommt und als veränderlich sich an das Unveränderliche hält, um von ihm seinen Bestand zu erhalten. Dieses Bestand Verleihende ist die Ewigkeit, das Was des Begehrens. Wie den appetitus das Was seines appetere erst bestimmt, so bestimmt A. das Leben überhaupt nach dem Was seines Begehrens. Es begehrt die weltlich vorkommenden bona und wird selbst so zu einem weltlich vorkommenden bonum. Die res hat Bestand. Sie ist morgen dieselbe, die sie heute war. Das Leben verschwindet von Tag zu Tag, indem es dem Tode zueilt; es hat keinen Bestand, es bleibt nicht als Identisches bestehen,[22] es ist nicht immer gegenwärtig und ist es eigentlich nie, weil es immer noch nicht oder nicht mehr ist. Seiner eigenen Unbeständigkeit kann kein irdisches Gut Halt verleihen, die Zukunft wird sie ihm alle entreißen, im Tode verliert es mit sich selbst auch alles, was es erraffte. Alle weltlichen Güter sind zwar an sich als von Gott erschaffene gut. Erst das Leben, das sich an sie klammert und dessen Zukunft sie ihm immer entreißt, macht auch sie zu veränderlichen, mutabilia. Mundus enim appelatur non solum ista fabrica quam fecit Deus, coelum et terra […] sed habitatores mundi mundus vocantur […] omnes ergo dilectores mundi mundus vocantur (Ep. Ioan. tr. II, 12). Die Welt als irdische wird nicht nur durch die Werke Gottes als solche konstituiert, sondern durch die dilectores mundi, die Menschen und das, was die Menschen lieben. Erst die Liebe zur Welt macht coelum et terra zur Welt, zur res mutabilis. Das Streben nach Bestand, das den Tod flieht, hat sich gerade an das gehängt, was mit dem Tod sicher verlorengeht. Der amor hat ein falsches amatum, nämlich eines, das sein Streben dauernd enttäuscht. Der rechte amor besteht gerade in dem rechten amatum. Der sterbliche Mensch, der in die Welt gesetzt ist – Welt jetzt als coelum et terra – und aus ihr heraus muß, macht mit seinem sich an die Welt Klammern die Welt selber zu einer verschwindenden, nämlich der im Tode verschwindenden. Die spezifische Gleichsetzung von irdisch und sterblich ist erst möglich, wenn die Welt von dem Menschen, dem moriturus her gesehen ist. Diesen falschen amor, der sich an die Welt klammert und damit zugleich die Welt konstituiert, d. h. weltlich ist, nennt A. cupiditas, den rechten amor, der nach der Ewigkeit und der absoluten Zukunft strebt, caritas.

2. Caritas und cupiditas.

Ende der Leseprobe