Der magische Adventskalender - Aqua-Terra - Manuel Neff - E-Book

Der magische Adventskalender - Aqua-Terra E-Book

Manuel Neff

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Beschreibung

Ein Fantasieabenteuer voller Liebe, Magie und lustiger Begegnungen. Ideal auch zum Vorlesen geeignet. Auch der dritte Band des magischen Adventskalenders ist abenteuerlich, spannend, humorvoll und garantiert nichts für kleine Angsthasen ;-) Inhalt: Der magische Adventskalender Band 3 – Aqua-Terra Aus den Türchen des magischen Adventskalenders sprudelt Wasser. In dem Tagebuch von Oma Luise entdeckt Lara eine mysteriöse Schatzkarte, die im Dunkeln leuchtet. Ein undurchdringlicher Nebel zieht auf und hüllt die Straßen ein. Die Geschwister versuchen die Rätsel zu lösen und stoßen dabei auf eine uralte Prophezeiung der versunkenen Stadt Atlantis. Ehe sich Paolo und Lara versehen, sind sie schon mitten drin im nächsten Abenteuer. Ein spannendes Fantasieabenteuer für kleine und große Kinder. Bände dieser Reihe: Band 1: Der magische Adventskalender Band 2: Der magische Adventskalender & Das Licht der Weihnacht Band 3: Der magische Adventskalender - Aqua-Terra

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Seitenzahl: 284

Veröffentlichungsjahr: 2025

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1. Aqua
2. Ori
3. Überschwemmung
4. Die Zeit des Glimmers
5. Merina
6. Papyrus
7. Einäugiger Ole
8. Stadtgrenze
9. Der dunkle Nebel
10. Esmeralda
11. Unter Deck
12. Schiffbrüchige
13. Nuk-nuk-nuk
14. Fluffy
15. Besucher aus dem All
16. Schatzkarten
17. Der Irrgarten
18. Das kleine Volk
19. Kraftmaschine
20. Volle Kraft voraus
21. Magie
22. Atlantis
23. Piraten
24. Sterne

Impressum neobooks

Manuel Neff

Der magische Adventskalender

Aqua-Terra

Über den Autor

Manuel Neff, geboren 1973 in Offenburg, studierte BWL in Saarbrücken. Anschließend arbeitete er viele Jahre im Projektmanagement bei einem mittelständischen Automobilzulieferer. Mittlerweile ist er als freiberuflicher Autor, Moderator und Yogalehrer tätig und lebt in der Grimmelshausenstadt Renchen. Der magische Adventskalender war sein Debütroman. Unter dem Pseudonym Sophie Lang, schreibt er auch dystopische Bücher für Erwachsene: Die Begnadet-Trilogie und die Violet- Reihe.

Nach der Veröffentlichung des zweiten Teils des magischen Adventskalenders, hat sich Manuel Neff einer neuen Buchreihe für Kinder und Jugendliche gewidmet: Element High - Die Schule der magischen Kinder.

Manuel Neff

Der magische Adventskalender

Aqua-Terra

Impressum

Texte: © Copyright by Manuel Neff

[email protected] / www.manuel-Neff.de /Akazienweg 20 / 77871 Renchen / Deutschland Cover Gestaltung: Dream Design Cover & Art

Bildrechte: shutterstock_1200113068 - www.shutterstock.com

AdobeStock_109113289 - https://stock.adobe.com/de/

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors auch in Teilen oder Auszügen unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Alle Rechte vorbehalten.

Herzlichen Dank an die Testleser:

Paula, Susanna, Christine, Cindy, Susanne, Timon, Manuela, Familie Wolf und Judith

Glossar:

Kraftgegenstände:

Kraftgegenstände verleihen ihrem Besitzer besondere Fähigkeiten. Die Kraftgegenstände haben ein gewisses Eigenleben. Nicht jeder kann sie benutzen oder gleich gut benutzen. Die Anzahl der Gegenstände ist begrenzt. Kinder können in der Regel höchstens drei zur gleichen Zeit besitzen. Wenn man einen Kraftgegenstand einsetzt, dann entzieht er Energie, wodurch man schneller müde wird.

Krafttränke:

Ein Krafttrank verleiht demjenigen, der ihn trinkt, für eine gewisse Zeit besondere Fähigkeiten. Man könnte sagen, ein Krafttrank ist so etwas wie ein Zaubertrank. Krafttränke sind mit viel Sorgfalt und Vorsicht zu genießen. Man könnte sonst sehr leicht verletzt werden. Und damit sind nicht nur Bauchweh oder sonstige Kleinigkeiten gemeint. Nein, man könnte erblinden, die Stimme verlieren oder sogar sterben. Es gibt eine Geschichte über einen Hüter, der einen gefährlichen Krafttrank zu sich nahm und sich daraufhin sofort in Luft auflöste.

Hüter:

Die Hüter bewachen die Weltentore und somit die Verbindung zwischen zwei Planeten. Es gibt auf jeder Seite eines Weltentors mindestens einen Hüter.

Weltentore:

An den Tagen vor Weihnachten öffnen sich die Weltentore, welche verschiedene Planeten miteinander verbinden. Das ist schon seit über 2000 Jahren so und wird bestimmt auch die nächsten 2000 Jahre so bleiben. Die Weltentore schließen sich am 24. Dezember genau um null Uhr.

Ganesha:

So nennt man die Welt, aus der die Pauwdies und Kasimir kommen. Der Planet Ganesha ist riesig und fast genauso groß wie die Erde.

Snø:

So nennt man die Welt, aus der die Yetis, Hugo, und Skadi, die Eisprinzessin, kommen. Der Planet ist komplett mit Eis bedeckt.

Erwähnenswerte Kraftgegenstände:

Luminova-Aufspürbrille:

Zeigt mit einer orangenen Spur den Weg zum Ziel.

Freundschaftsohrringe:

Man kann jede Sprache des Universums sprechen und schließt schnell Freundschaft.

Schutzamulett:

Warnt vor Gefahren.

Lavahalskette:

Erzeugt Wärme.

Erwähnenswerte Krafttränke:

Beinemachtrank:

Zusammen mit einem kleinen Diamanten erweckt er Dinge für einen bestimmten Zeitraum zum Leben. So wurden Lanzelot, der Stoffhase und Thomas, das Kissen, zum Leben erweckt.

1. Aqua

Es ist kurz nach Mitternacht, als Lara aufgrund eines Plätscherns aufwacht. Sie öffnet die Augen und lauscht genau hin, was der Ursprung des Geräusches sein könnte. Es gluckert, blubbert und plätschert etwas in ihrem Nachttischschränkchen. Darin bewahrt sie das Tagebuch ihrer Oma auf.

»Der magische Adventskalender hat seine Weltentore geöffnet«, flüstert sie und ahnt bereits, dass das Geräusch mit der Magie der Adventszeit zu tun haben muss.

Leise beugt sie sich vor, schiebt die Schublade auf und entdeckt ein blaugrünes Leuchten, das wellenförmig aus dem Tagebuch ihrer Oma austritt. So, als würde sich Licht auf einer gekräuselten Wasseroberfläche spiegeln. Vorsichtig und achtsam holt sie das braune, in Leder gebundenes Buch heraus. Sie will weder fremde Wesen aufschrecken, noch den schnarchenden Lanzelot aufwecken. Deshalb versucht Lara, kaum zu rascheln, während sie Seite für Seite umschlägt, um dem rätselhaften Leuchten auf die Spur zu kommen.

Paolos Schwester erforscht seit nunmehr zwei Jahren die Rätsel, die ihre Oma in ihrem Tagebuch niedergeschrieben hat. Aber Lara wird daraus nicht wirklich schlau und fragt sich immer wieder aufs Neue, ob ihre Oma etwas ganz Spezielles gesucht hat. Warum sie all die mysteriösen Geheimnisse zusammengetragen hat.

Fasziniert blättert Lara weiter durch die Seiten des Tagebuchs. Es gibt jedes Mal so vieles zu entdecken und zu ergründen. Da sind zum einen die Krafttränke mit ihren geheimnisvollen Eigenschaften. Ein Trank verspricht sogar die Fähigkeit, für kurze Zeit durch die Lüfte fliegen zu können. Ein anderer verringert die Körpergröße auf die Länge einer Kartoffel. So etwas Ähnliches muss mit ihnen Geschehen sein, als sie auf der Rutschbahn die Schwelle zur Stadt der Pauwdies überschritten haben. Damals sind sie alle auf Pauwdiegröße zusammengeschrumpft. Es war also Magie im Spiel. Oder was hat es mit dieser Kraft auf sich, über die die Ewigen verfügen? Wesen, die wie Engel aussahen, weil sie Flügel besaßen und mit ihrer Magie Kraftgegenstände herstellen konnten. Solche magischen Gegenstände kann Lara zwar keine erschaffen, aber mit Krafttränken kennt sie sich etwas aus. Paolos Schwester hat bisher nur Tränke, für die wenige Zutaten erforderlich sind und bei denen sich der Herstellungsprozess aufs Umrühren beschränkt, ohne fremde Hilfe zusammengebraut. Die Ergebnisse waren ernüchternd. Denn selbst die idiotensichersten Tränke herzustellen, ist eine Kunst für sich, für die man Jahre braucht, um sie perfekt zu beherrschen. Doch Oma Luises Tagebuch wird ihr helfen, diese komplexe Wissenschaft der Krafttrankbraukunst zu studieren, und schon bald wird sich Lara auch an schwierigeren Gebräuen versuchen, da ist sie sich ganz sicher. Sie muss dazu peinlich genau die sieben Schritte zur Herstellung und die richtige Reihenfolge der Zutaten beachten, sonst könnte ihr Trank wirkungslos oder sogar gefährlich sein. Oma Luise hat zu diesem Zweck die sieben goldenen Regeln aufgeschrieben, die Lara natürlich längst auswendig aufsagen kann. Die Einzelheiten, wie Temperatur, Drehrichtung oder die Zutaten, sind von Krafttrank zu Krafttrank unterschiedlich, aber die Grundregeln sind immer die gleichen:

1. Lege die Grundzutaten und die drei Urstoffe im rechten Winkel bereit. 2. Beginne bei der richtigen Temperatur und versetze das Gebräu in einen blubbrigen Blubberzustand mit Blubberblasen. 3. Pfeffere, tröpfle und füge die Zutaten in der korrekten Reihenfolge der Mixtur bei. 4. Achte auf die Farbe, den Dampf und den Duft des Gebräus. Diese müssen zu dem Zeitpunkt, wie im Rezept beschrieben, auftreten. 5. Rühre exakt wie vorgegeben nach rechts, links, im Oval oder in der Form eines Dreiecks. 6. Beachte, wie oft man in eine Richtung rühren muss. 7. Der Krafttrank reift mit der Zahl Sieben: Sieben Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre, Jahrzehnte oder sieben Jahrhunderte und so weiter und so fort, denn je länger er ausreift, desto dauerhafter hält seine Wirkung an.

Lara beherrscht mittlerweile den Farbwechsel–Krafttrank ganz gut und sie war die letzte Zeit damit beschäftigt, mit der Dosierung der Zutaten dieser Flüssigkeit herumzuexperimentieren. Bei richtiger Herstellung und Anwendung verfärbt der Trank die Haare oder die Fingernägel, was Lara äußerst praktisch findet. Vorsichtshalber hat sie den Farbwechseltrank bisher nur an Lanzelot ausprobiert. Leider mit einigen unverhofften Nebenwirkungen. Sein komplettes Fell und seine Ohren haben sich verfärbt. »Die rosa Behaarung und die blauen Lauscher stehen dir doch echt gut«, lachte Lara. Lanzelot, der sich als Laras Beschützer und harter Kerl betrachtet, fand das weniger witzig.

Immer wieder kam Lara nicht umhin, neue Rätsel zu lösen, die ihr das Tagebuch aufgab, denn nur so gelang es ihr, die geheimen Botschaften ihrer Oma zu entschlüsseln. Dabei sind die Krafttränke nur eines von vielen Wundern. Was wird es diese Nacht sein?

Lara leuchtet mit ihrem Handy auf die Seiten, blättert um und starrt auf die Ursache für das blaugrüne Leuchten. Es ist ein neues Geheimnis, ein weiteres Rätsel.

»Oh nein, ein Zwergenrätsel! Die sind furchtbar schwer!«, weiß Lara aus eigener Erfahrung.

Ein Zwerg fragt:

Was steht am Anfang der Ewigkeit, und am Ende der Stunde, am Anfang allen Endes und am Ende aller Tage?

»Was könnte das sein? Möglicherweise hat es etwas mit der Zeit zu tun? Was steht am Anfang der Ewigkeit und am Ende der Stunde? Das ist echt anspruchsvoll«, grübelt Lara und fragt sich, warum sie dieses Zwergenrätsel nicht schon viel früher entdeckt hat. Weil es bisher nicht da war, ist ihre logische Erklärung. Sie blickt auf den Wecker und ahnt, aus welchem Grund diese Wörter gerade jetzt leuchten. Es ist wie bei den Krafttränken. Die Zahl Sieben ist im Universum besonders mächtig.

»Es muss sich ein Weltentor des magischen Adventskalenders geöffnet haben, das mindestens sieben Jahre lang verschlossen war. Denn sonst hätte ich dieses Rätsel längst entdeckt. Das Tagebuch wurde davon beeinflusst und hat so das neue Geheimnis offenbart. Eventuell sind es auch sieben Jahrzehnte, sieben Jahrhunderte oder eine längere Zeitspanne, die seit dem letzten Mal vergangen ist«, flüstert sie geheimnisvoll und widmet sich gleich wieder dem Entschlüsseln des neuen Rätsels.

»Was ist der Anfang der Ewigkeit? Keine Ahnung! Was ist das Ende der Stunde und was ist der Anfang allen Endes und das Ende aller Tage? Zwergenrätsel sind kein Zuckerschlecken«, murmelt Lara.

»Eine Kopfnuss ist immer nur so lange schwer, bis man sie geknackt hat. Bei der Lösungsfindung ist es hilfreich über den Erfinder Bescheid zu wissen«, das hat einmal ihre Oma gesagt. »Ein Zwerg hat das Rätsel erfunden. Zwerge sind unverblümte Wesen«, wispert Lara leise. »Der Anfang? Und das Ende? Es ist denkbar, dass es wortwörtlich gemeint ist?« Sie sagt es auf und hofft so auf neue Erkenntnisse zu kommen.

»Was steht am Anfang der Ewigkeit, und am Ende der Stunde, am Anfang allen Endes und am Ende aller Tage? Was steht denn da? Ein E!«, sagt sie plötzlich. »Das Wort Ewigkeit beginnt mit einem E. Das Wort Stunde endet mit einem E! Das Wort Ende beginnt mit einem E und das Wort Tage endet mit einem E! Die Antwort ist der Buchstabe E!«, sagt Lara laut und deutlich und mit einem Mal verblassen die leuchtenden Schriftzeichen und die Tagebuchseite bewegt sich. Als wäre es ein Lebewesen, rollt sich das Papier wie eine Raupe zusammen und löst sich vom Rest des Tagebuchs. Es richtet sich auf und leuchtet in einem sanften Braun wie Erde. Es scheint in der Tat nicht länger nur aus Papier, sondern ebenso aus kleinen Erdklümpchen zu bestehen, so als hätte es jemand durch den Schlamm gezogen. Lara und die Tagebuchseite wenden sich einander zu.

»Bist du etwa lebendig?«, flüstert das Mädchen und will mit ihrem Finger das Wesen anstupsen, doch das Blatt Papier weicht vor ihr zurück und das Leuchten wird etwas intensiver. Dann verändert es seine Farbe und die Beschaffenheit. Es schimmert nun deutlich brauner, ist rauer und dicker, unförmiger und größer als die anderen Seiten des Tagebuches. Im Anschluss an die Verwandlung legt es sich auf Laras Schoß, lässt sich weiter von ihr bestaunen und jetzt auch berühren. Es fühlt sich an wie ein uraltes, lehmiges Papier und die Ränder sind an einer Seite ausgefranst, so als hätte es jemand entzweigerissen. Lara streicht mit ihren Fingern darüber und das Papier schnurrt wie eine zufriedene Katze.

»Oh, wie süß«, schwärmt Paolos Schwester. Sie freut sich und klatscht leise in die Hände.

Lara blickt auf das braune, lebendige Ding und sieht wie von Geisterhand Linien entstehen, so als würde sie jemand genau in diesem Moment mit schwarzer Tinte darauf zeichnen. Je mehr Striche und Formen dazu kommen, desto klarer wird das Gesamtwerk. Vor Laras Augen entsteht eine detaillierte Karte, ein Labyrinth unterirdischer Gänge. Ein See in einer Höhle ist zu erkennen und eine Stelle, die mit einem X markiert ist.

»Bist du eine lebendige Schatzkarte, die zu einem Zwergenschatz führt?«, haucht Lara fasziniert und ein Eck des Papiers nickt, sodass ein Eselsohr entsteht. Sofort drängt sich eine weitere Frage auf. »Wo ist der Eingang zu dieser Zwergenstadt?«, murmelt sie. Das Wesen raschelt und jetzt erscheint das nächste Rätsel in leuchtender Schrift.

Ein Zwerg fragt:

Ich mache Schatzjäger blind, ängstige kleine Kinder, und kein Schloss kann mich aussperren.

Dennoch kehre ich jede Nacht wieder.

Was bin ich?

»Du findest Rätsel genauso toll wie meine Oma«, flüstert Lara und das Eselsohr bejaht diese Erkenntnis mit einem Nicken. »Leider kenne ich die Lösung nicht«, wispert Lara. Sie überlegt lange und liest sich das neue Frage-und-Antwort-Spiel immer wieder durch, doch sie kommt nicht dahinter.

Wenn diese lebendige Karte den Weg durch eine Zwergenstadt unterirdischer Gänge beschreibt, müsste sie nur noch ans Licht bringen, wo der Eingang ist und sie würde den Schatz finden. Wie aufregend ist das denn? Das Fieber eines Schatzjägers hat sie gepackt und Lara spürt, dass sie einem alten Geheimnis auf der Spur ist. Sie kämpft gegen die Müdigkeit an, denn sie will sich unbedingt ein weiteres Mal das Rätsel ansehen. Lara nimmt ihre Tasse, nippt daran und grübelt. Das waren die letzten Tropfen Früchtetee. Plötzlich hört sie draußen auf dem Flur die Schritte ihrer Eltern, die sich ihrem Zimmer nähern. Lara stellt die leere Tasse hastig zurück auf den Nachttisch, schaltet schnell das Licht ihres Handys aus und will die lebendige Schatzkarte unter ihrer Bettdecke verschwinden lassen. Doch mit einem Mal sieht sie ein einzelnes Wort in der Dunkelheit aufleuchten:

Aqua

2. Ori

Das Licht ist aus und Lara starrt fasziniert auf das erschienene Wort Aqua.

»Was macht Schatzjäger blind, ängstigt kleine Kinder, und kein Schloss kann es aussperren? Dennoch kehrt es jede Nacht wieder. Es ist die Dunkelheit!«, flüstert Lara innerlich jubelnd. Im nächsten Moment lässt sie das Tagebuch und die mysteriöse Schatzkarte unter der Bettdecke verschwinden und legt sich still hin. Lara tut so, als würde sie schlafen. Lanzelot schnarcht neben ihr und bekommt von all dem null mit. Im nächsten Augenblick öffnet sich langsam die Kinderzimmertür. Lara hält die Luft an. Ihre Mutter soll keinen Wind davon bekommen, dass sie fast jeden Abend bis in die Puppen in dem Tagebuch ihrer Oma liest. Manchmal steht sie sogar mitten in der Nacht auf, um an einem Krafttrank herumzuexperimentieren. Würde ihre Mutter das erfahren, würde sie ihr hundertpro das Tagebuch wegnehmen. Aus dem Flur fällt etwas Licht ins Zimmer, doch Lara hat die Augen fest geschlossen. Wie vom Blitz getroffen spürt sie, wie sich das Wesen bewegt und versucht, unter der Bettdecke hervorzukriechen. Lara packt es an einem Ende und verhindert so, dass sie auffliegen. Als sich die Tür wieder leise schließt, atmet Paolos Schwester erleichtert aus und lässt das Papierchen frei. Es robbt bis auf die Bettdecke und während die Schritte auf dem Flur verhallen, traut sich Lara, die Nachttischlampe einzuschalten.

Das lebendige Ding aus Erde und Papier schaut sie an. Selbst wenn da keine Augen sind, kann sie den vorwurfsvollen Blick spüren, den ihr die Schatzkarte schenkt.

»Mama und Papa dürfen nicht wissen, dass ich so spät noch wach bin.«

Das erdige, lehmartige Papier stimmt mit einem spitzen Ende nickend zu. Dabei verformt es sich wieder zu einem sogenannten Eselsohr.

»Du brauchst einen Namen. Was hältst du davon, wenn ich dich Eselsöhrchen nenne?«

Die Schatzkarte legt den Kopf schief und schüttelt sich, so als würde es darüber nachdenken und mit Laras Namensgebung nicht einverstanden sein. Das geheimnisvolle Wort, das eben auf ihr stand, ist in der Zwischenzeit verblasst und als Lara das bemerkt, löscht sie das Licht der Nachttischlampe. Augenblicklich flimmert es erneut auf:

Aqua

»Die Lösung ist die Dunkelheit. Aber was hat Aqua zu bedeuten? Ist das wieder ein Rätsel?«, fragt sich Lara leise und die Schatzkarte nickt mit ihrem Eselsohr. Lara streicht mit den Fingern über das Wort auf dem rauen, lebendigen Papier, als könne sie ihm so das Geheimnis entlocken.

»Uahaaaaaa«, gähnt Lanzelot. »Was ist denn hier los? Ist denn schon Zeit aufzustehen?«

»Nein, wir haben eine halbe Stunde nach Mitternacht. Schlaf weiter!«, sagt Lara, die den Hasen im Dunkeln kaum sehen kann.

»Was machst du denn schon wieder mitten in der Nacht? Ich hoffe, du braust keinen neuen Trank zusammen, der mich in ein gehörntes Zebra verwandelt«, motzt Lanzelot, der sprechende Stoffhase, der aufgrund Laras nächtlichen Aktivitäten nicht das erste Mal aus seinem Schönheitsschlaf erwacht.

»Zebras haben Streifen und keine Hörner«, schmunzelt Lara.

»Streifen sind nicht besser und jetzt verrate es mir oder ich schreie das ganze Haus zusammen.«

»Das lässt du gefälligst sein«, mahnt Lara, der das Benehmen des Stoffhasen manchmal echt auf den Keks geht.

»Ich hole Luuuuuft und ...«

»Ich löse ein Rätsel«, flüstert Lara genervt und gibt auf.

»Kann ich dir dabei assistieren? Ich bin der beste rätselknackende, sprechende Hase der Welt«, sagt Lanzelot.

»Es ist davon auszugehen, dass du eher der Einzige bist. Und wenn ich nein sage, drohst du garantiert damit, rumzubrüllen«, grinst Lara.

»So ist es! Zeig mal her das Rätsel!« Der lebendige Stoffhase klettert auf die Bettdecke. Doch bei der Kletteraktion purzelt er aufgrund seiner Ungeschicktheit und der Dunkelheit im Zimmer über den Bettrand zurück auf den Boden und landet direkt auf seinen Hasenohren.

»Pass auf, dass du dir nichts brichst«, lächelt Lara und hilft dem Hasen aufs Bett. Mit ihrem Handy, anstatt der Nachttischlampe, sorgt sie für etwas mehr Helligkeit.

»Ich bin aus Stoff und kann mir doch nichts brechen«, spielt Lanzelot die kleine Ungeschicklichkeit herunter. Jetzt fällt sein Blick auf das erdige Papier, das sich aus dem Schatten sehr langsam auf den Hasen zubewegt.

»Oha, ein überraschender Angriff aus dem Hinterhalt!«, platzt es aus Lanzelot hervor und er nimmt eine Verteidigungsstellung ein, die man sonst nur vom Karate kennt. Tatsächlich hat er sich in den letzten Monaten auf die Adventszeit vorbereitet. Um Lara noch besser beschützen zu können, hat er sich mit der asiatischen Kampfkunst beschäftigt, was er jetzt vortrefflich vorführt. Allerdings scheint eine lebendige Schatzkarte nicht wirklich ein ernstzunehmender Gegner zu sein.

»Origami bleib stehen! Keinen Zentimeter weiter oder ich falte dich zusammen!«, versucht Lanzelot das Wesen einzuschüchtern.

Das legt nur den Kopf schief und rührt sich nicht vom Fleck. Dann krümmt sich das Papier und faltet sich, bis es wie ein kleiner, brauner Hase aussieht und Lanzelot ausgesprochen ähnlich sieht. Außerdem scheint das Papierhäschen zu schmunzeln.

»Lacht es mich aus?«, wendet sich Lanzelot fragend an Lara.

»Äh, ich glaube schon«, schmunzelt Lara. »Ich wollte es Eselsöhrchen nennen, aber ich denke, du hast eben einen viel besseren Namen gefunden. Was hältst du davon, wenn wir dich auf den Namen Origami taufen?«, wendet sich Lara an die Schatzkarte.

Das Papierhäschen legt erneut den Kopf schief und schaut skeptisch.

»Oder einfach nur Ori?«, schlägt Lanzelot vor und plötzlich verwandelt sich der Hase durch einiges Hin- und Herfalten zu einem vogelartigen Wesen. Es versucht abzuheben, aber ein Flügel ist verkümmert und so bleibt es bei einem Hüpfen und misslungenen Flugversuch.

»Du bist ja verletzt«, flüstert Lara.

Da von Ori keine Gefahr auszugehen scheint, nimmt Lanzelot eine bequemere Haltung ein und schaut sich das seltsame irgendwie unvollständige Wesen genauer an. »Ori stinkt ja fürchterlich nach Fisch«, stellt er fest.

Jetzt erst fällt Lara der Geruch auf. Das braune Papier riecht ungelogen nach Meer. Aber eher wie Salz und Algen anstatt nach Fisch.

»Vielleicht handelt es sich um Algenpapier. Das könnte den Geruch erklären. Die braune Farbe und seine Lebendigkeit allerdings nicht«, sagt Lara und schwenkt das Handy so, dass Ori im Dunkeln abtaucht. Aber nicht lange, denn jetzt erscheinen die leuchtenden Buchstaben und als sich die Vogelform mit dem verkümmerten Flügel auseinanderfaltet und Ori wieder zu einer Schatzkarte wird, kann Lanzelot alles entziffern.

»A-q-u-a? Was heißt das?«, fragt Lanzelot und die leuchtenden Buchstaben, die neben der Zwergenstadt erschienen sind, einzeln vorliest.

»Aqua ist ein Wort in einer anderen Sprache und bedeutet Wasser«, lautet Laras Antwort und ohne jeden Übergang schaut sie den Hasen mit großen Augen an. »Na klar! Das ist es! Lanzelot du bist mein Held. Du hast das Rätsel gelöst! Ich benötige einfach nur Wasser«, jubelt Lara leise, knuddelt Lanzelot und küsst ihren Hasen auf die Stirn. Lanzelot reibt sich die Stelle. Er mag es nicht, wenn sie das tut, hat sich allerdings damit abgefunden, hin und wieder abgeschmatzt zu werden. Immerhin ist er ihr Knuddelhase. »Lanzelot, holst du mir bitte die Wasserflasche aus dem Schulranzen?«

»Kann das nicht Ori erledigen? Sie könnte sich in einen Esel verwandeln.«

»Lanzelot!«

»Ja, ja, ist ja schon gut. Kaum ist man wach, hat das Rätsel gelöst und wird als Held gefeiert, muss man knuddeln, knutschen und die Sklavenarbeit für seine Herrin verrichten. Manchmal wünsche ich mir, du hättest mich nicht zum Leben erweckt«, mault Lanzelot und blinzelt ein paar Mal, als ihn Lara wütend mit dem Handy anleuchtet.

»Stell dich nicht so an und rede kein so dummes Zeug!«, tadelt sie ihn.

»Tut mir leid. Ich habe das nicht so gemeint. An und für sich bin ich gern lebendig«, grummelt der Stoffhase und macht sich auf den Weg. Als Lanzelot unter wahnsinnig übertriebenem Ächzen und Stöhnen, die halbvolle Wasserflasche zum Bett geschleift hat, fackelt Lara nicht lange, schraubt den Deckel ab und lässt etwas von dem Wasser auf Ori tröpfeln. Die Flüssigkeit trifft auf das braune Papier, das sich in diesem Moment in den Vogel zurückverwandelt. Lara streicht mit der Hand über den verkümmerten Flügel und Ori zittert leicht, weil es offenbar kitzelt. Die Wassertropfen sind spurlos verschwunden, aber ein weiteres Geheimnis wurde nicht gelüftet.

»Ori scheint mehr Durst zu haben«, kommentiert Lanzelot das Phänomen.

Lara lässt sich das nicht zweimal sagen und gießt nun regelrecht das Wasser in Oris Schnabel, woraufhin die ganze Flüssigkeit im Lichtkegel der Handylampe verschwindet. Das Papier hat alles getrunken. Doch leider erscheinen keine weiteren rätselhaften Wörter.

»Ich Schussel. Ich sollte vielleicht erst mal das Licht ausmachen«, sagt sie schlagartig und knipst die Lampe aus. Neue leuchtende Begriffe erscheinen. Lara muss den Papiervogel von allen Seiten betrachten, um das Werk komplett zu lesen.

»Ist das eine Geheimschrift?«

»Korrekt! Oris geheime Schrift funktioniert anscheinend wie ein Wasserzeichen.«

»Erklär mir das bitte«, sagt Lanzelot, der noch nie etwas von einem Wasserzeichen gehört hat.

»Das sind eingeprägte, unsichtbare Erkennungszeichen auf Papier. Ist es trocken, sieht man nichts. Sobald man es aber ins Wasser taucht, wird das Wasserzeichen sichtbar.«

»Ist das wie Magie?«

»Nein, eher nicht. Im Grunde kannst du deine eigene Geheimschrift aus Wasserzeichen herstellen«, lächelt Lara.

»Verrate es mir, bitte.«

»Du tauchst ein ganz normales Blatt Papier ins Wasser und legst es auf eine glatte, feste Unterlage.«

»Zum Beispiel einen Tisch! Der ist doch fest und glatt.«

»Lanzelot, du bist wirklich ein schlauer Hase«, lächelt Lara und streicht ihm über die langen Ohren. »Anschließend legst du ein zweites, trockenes Blatt auf das erste. Mit einem Bleistift kannst du die geheime Botschaft auf das trockene Papier schreiben. Damit niemand die Botschaft lesen kann, wirfst du das trockene Blatt sofort weg. Sobald das feuchte Papier getrocknet ist, verschwindet die durchgedruckte Schrift. Wenn jemand deine Botschaft irgendwann später ins Wasser taucht, erscheint wie durch Magie die geheime Botschaft wieder.«

»Das werde ich morgen gleich mal ausprobieren. Ich werde Thomas eine Wasserzeichenbotschaft schicken.«

»Gute Idee«, nickt Lara und wendet sich wieder Ori zu. »Dass man diese Wörter aber nur im Dunkeln sehen kann, hat etwas Magisches an sich.«

»Glaubst du, dass deine Oma diese geheime Botschaft hinterlassen hat? Kannten sich Ori und Oma Luise?«, fragt Lanzelot.

»Das ist nicht ausgeschlossen. Das ganze Tagebuch ist voll mit solchen Geheimschriften«, grübelt Lara. Kaum hat sie das gesagt, flimmert die Schatzkarte.

Lara liest, was Ori offenbart. Der Text handelt von den Zwergen oder dem kleinen Volk, wie sie Oma Luise genannt hat. Die Zwerge waren auf vielen Planeten und auch auf der Erde heimisch. In ihren Stollen und Mienen schürften sie nach Gold und Edelsteinen. Die Eingänge zu den Bergwerken der Zwerge waren unter uralten Bäumen, hinter Wasserfällen oder in verlassenen Steinbrüchen gut versteckt. Sie waren mit ihren außergewöhnlichen Fertigkeiten in der Lage lange Tunnel zu graben und prächtige Hallen tief unter der Erdoberfläche zu errichten. Es heißt, sie bauten Kraftmaschinen, die genauso wie Kraftgegenstände funktionierten. Zwerge waren unglaublich reich und liebten es, Schätze anzusammeln und an geheimen Orten, tief in ihren verschlungenen Tunnelsystemen, zu verstecken.

»Vielleicht führt diese Karte wirklich zu einem Zwergenschatz«, überlegt Lara. »Die Zwerge gruben ihre Stollen auch unter den Wurzeln der Bäume?«, flüstert sie und denkt darüber nach, wie winzig diese Gnome wohl sein müssen. Kein Wunder, dass sie das kleine Volk genannt werden. Lara gähnt und studiert noch die letzten Wörter, die sie leider nicht entziffern kann.

»Ist das eine fremde Schrift?«, murmelt sie.

»Wir sollten Ori in ein Schaumbad stecken«, schlägt Lanzelot vor und betrachtet die grünen, leuchtenden Schriftzeichen. »Jetzt riecht sie nämlich noch mehr nach Fisch!«, ergänzt er und rümpft die empfindliche Nase.

Lara muss lachen, wobei Lanzelot recht hat. Die grüne Schrift stinkt wie ein eingelegter Rollmops.

»Ein Bad würde helfen beziehungsweise mehr Wasser.«

»Oder Meerwasser?«, scherzt Lanzelot, der sich wieder total schlau vorkommt.

»Meerwasser haben wir keines, aber Leitungswasser schon.« Lara nimmt die Wasserflasche und kippt noch einmal ordentlich Flüssigkeit in den Schnabel des braunen Papiervogels. Ori trinkt wieder alles auf, gibt ein kleines Rülpserchen von sich und lässt die Wörter noch heller blau und grün erstrahlen.

»Prost«, sagt Lanzelot und es erscheinen weitere fremde Zeichen.

»Sieht komisch aus. Wie Hieroglyphen«, grübelt Lara. So schnell die Zeichen erscheinen, so rasch verschwinden sie auch wieder, nur um von anderen Geheimzeichen ersetzt zu werden. So als wolle ihr Ori jede Menge erzählen, doch urplötzlich hört der Zauber auf und alle rätselhaften Symbole verblassen wieder.

»Was hast du gemacht?«, fragt Lanzelot.

»Gar nichts!«, verteidigt sich Lara, die ganz in Gedanken versunken ist und überlegt, wie sie diese Schrift entziffern könnte. Sie hat auch schon eine Idee. Alles was sie dazu braucht sind ihre Freundschaftsohrringe, denn mit ihnen kann sie jede Sprache des Universums verstehen.

Einen Wimpernschlag später klopft es leise an ihrer Tür.

»Oh nein, Mama und Papa haben uns gehört«, murmelt Lara.

»Wir sind es«, hört sie stattdessen ihren Bruder flüstern.

»Wer sind wir? Ich kenne niemanden mit diesem Namen!«, erwidert Lanzelot.

Die Tür öffnet sich und das Licht von Paolos Handy erhellt Laras Zimmer. Thomas, das lebendige Kissen, watschelt herein, gefolgt von Laras Bruder.

»Lanzelot, du weißt doch ganz genau, wer wir sind«, antwortet Paolo leicht genervt.

»Das kann jeder behaupten und seine Stimme verstellen. Was wollt ihr? Habt ihr auch Geheimschriften, eine lebendige Schatzkarte und fischige Hieriodingsbums entdeckt?«, erkundigt sich Lanzelot.

»Wie bitte? Eine lebendige Schatzkarte und fischige Hieriowas?«

»Hieroglyphen«, grunzt Thomas und Lara schaut das Kissen überrascht an. Wie schon so oft, verfügt Thomas über ein erstaunliches Wissen.

»Thomas und ich verstehen uns halt!«, brummt der Hase und zwinkert dem Kissen zu.

»Was redet Lanzelot da für komisches Zeug?«, wendet sich Paolo hilfesuchend an seine Schwester, die auf ihrem Bett sitzt und grinst.

»Mach erst mal die Tür zu. Mama und Papa dürfen nichts mitbekommen.«

»Unsere Eltern schlafen. Thomas und ich haben so lange gewartet, bis es ganz still im Haus geworden ist, dann erst sind wir rausgeschlichen. Erzähl schon, was hast du entdeckt?«, wendet sich Paolo an Lara.

»Das ist Ori«, flüstert Lara geheimnisvoll und zeigt Paolo die lebendige Schatzkarte. Sie streckt einen Flügel aus, damit man die Zwergenstadt erkennen kann. Ori denkt nicht daran, ihre magische Herkunft zu verbergen. Interessiert verwandelt sie sich in eine Raupe und robbt auf Thomas zu, um das Kissen neugierig zu beschnuppern. Anders als Lanzelot, der gleich seine Karatekünste zur Schau stellte, bleibt Thomas ganz cool und lässt sich sogar von Ori berühren.

»Wenn es mit Wasser in Berührung kommt, erscheinen Wörter. Manche davon kann ich lesen, vieles aber auch nicht. Ich glaube jedoch, dass die Karte zu einem Zwergenschatz von unermesslicher Größe führen könnte. Dort gibt es bestimmt Diamanten, Gold, Schmuck und Kraftmaschinen.«

»Kraftmaschinen?«

»Das sind Geräte, die wie Kraftgegenstände funktionieren. Das kleine Volk war Meister darin, solche magischen Dinge herzustellen«, erklärt Lara ihrem Bruder. »Vielleicht war unsere Oma auch auf der Suche nach diesem Schatz. Du bist als Hüter in Omas Fußstapfen getreten und sollst die Weltentore der Erde beschützen. Vielleicht soll ich ihre Suche nach dem Schatz der Zwerge fortsetzen. Möglicherweise habe ich deshalb das Tagebuch von ihr geerbt und du den magischen Adventskalender.«

»Klingt irgendwie logisch und was hat es mit den Hieroglyphen auf sich?«, fragt Paolo, der fasziniert beobachtet, wie Ori sich in ein kleines Pferd verwandelt und über die Bettdecke zurück zu Lara galoppiert.

»Das sind fremde Schriftzeichen, die man nur im Dunkeln sehen kann und die nur erscheinen, wenn man die Schatzkarte mit Wasser übergießt. Eine Geheimschrift! So wie ein Wasserzeichen nur viel magischer und rätselhafter.«

»Spannend! Und was sagt die Geheimschrift nun?«, fragt Paolo ungeduldig.

»Das ist das Problem. Bisher habe ich nur etwas über die Zwerge herausfinden können. Alles andere konnte ich nicht entschlüsseln. Ich vermute, dass die Geheimschrift einen Hinweis darauf enthält, wo sich der Eingang zu dieser Zwergenstadt befindet. Dieser öffnet sich womöglich erst zur Adventszeit, oder wenn der magische Adventskalender die Verbindung zu den anderen Planeten herstellt.«

»Also jetzt!«

»Genau! Ich bin um Punkt Mitternacht durch ein plätscherndes Geräusch aufgewacht. Es ist offensichtlich, dass der magische Adventskalender etwas damit zu tun haben muss. Gut, dass ich morgen früh meine magischen Ohrringe zurückbekomme, denn mit ihnen werde ich die Hieroglyphen lesen können.«

»Apropos Mitternacht. Bist du bereit?«, fragt Paolo.

»Bereit für was denn?«, fragt Lanzelot.

»Wir schleichen uns ins Badezimmer und sehen nach, ob die Pauwdies durch den Spiegel gekommen sind«, schlägt Paolo aufgeregt vor.

»Lieber nicht«, sagt Lara.

»Warum denn nicht?«

»Du weißt doch noch genau so gut wie ich, was letztes Jahr passiert ist. Diese Botschaft, die uns Kasimir durch den Spiegel geschickt hat, war echt beängstigend. Mama und Papa haben daraufhin Panik bekommen und beschlossen, uns alle Kraftgegenstände wegzunehmen. Ich will nicht, dass sich das wiederholt. Ich brauche außerdem ganz dringend meine Freundschaftsohrringe, um diese Geheimschrift zu übersetzen!«

»Das klingt einleuchtend. Dann sollten wir also geduldig sein?«, murmelt Paolo enttäuscht.

»Genau, das will ich damit sagen.«

»Lara, die Magierin hat gesprochen. Also geht wieder in euer Zimmer und lasst uns schlafen!«, lässt Lanzelot vernehmen.

Ein Blick auf Paolos Handy verrät dem dreizehnjährigen Weltentorhüter die Uhrzeit. Es ist fast eine Stunde nach Mitternacht. Vor sechzig Minuten haben sich im ganzen Universum die Weltentore geöffnet. Das sind magische Brücken, die von geheimnisvollen Mächten erschaffen wurden. Über diese Brücken gelangt man von einem Planeten zum anderen. Wie das genau funktioniert, weiß Paolo natürlich nicht. Ihm geht gerade so vieles durch den Kopf. Lanzelot hat Lara eben eine Magierin genannt. Eine Magierin?

Er und seine Schwester besitzen keine Zauberstäbe und sie können auch nicht durch das Aufsagen von geheimen Zauberformeln Gegenstände schweben lassen oder andere beeindruckende Zauber beschwören. Im Grunde sind sie ein ganz normales elfjähriges Mädchen und ein dreizehn Jahre alter Junge. Sie sind Kinder wie alle anderen auch. Den Titel einer Magierin hat Lara einzig und allein von Lanzelot verliehen bekommen. Lanzelot, ihr mutiger, frecher aber vor allem lebendiger Stoffhase, der Laras Freund und Beschützer ist. Vermutlich nennt er sie so, weil Lara mehr als drei Kraftgegenstände gleichzeitig benutzen kann oder vielleicht auch, weil sie Lanzelot mit einem Krafttrank in ein rosa Kaninchen verwandelt hat.

Ihre Oma Luise war auch eine Hüterin der Weltentore – so wie Paolo – und sie war eine ausgezeichnete Mischerin von Krafttränken. Lara ist auf dem besten Weg ihre Nachfolgerin zu werden und wenn sie diese Hieroglyphen entschlüsselt, kommt sie ganz bestimmt einem weiteren magischen Geheimnis auf die Schliche. Vielleicht wollte Oma Luise tatsächlich den Zwergenschatz finden.

»Spiegel kein Adventskalender«, grunzt Thomas, das zum Leben erweckte Kissen, das auch nach zwei Jahren immer noch Schwierigkeiten mit dem Sprechen hat. Für ein Wesen, das keinen Mund besitzt und dessen Gehirn nur aus vielen Federn besteht, ist das dennoch eine erstaunliche Leistung.

Lara und Paolo haben dieses Jahr versprochen, die Türchen des Adventskalenders nur zusammen mit ihren Eltern zu öffnen. Deshalb wollte Paolo ins Badezimmer. Er hatte gehofft, dass sich das Fellbündel Kasimir und der Kartoffelkopf Rudi im Spiegel blicken lassen.

»Pauwdies«, grunzt Thomas freudestrahlend, der Paolos Gedanken zu erraten scheint.

»Genau, auch die Kartoffeln müssen sich gedulden«, sagt Lanzelot.

»Lasst uns bis morgen warten«, lächelt Lara und blickt erwartungsvoll ihren Bruder an.

»Zeit zum Schlafen jetzt«, grunzt Thomas und stellt sich auf zwei Kissenzipfel.

»Okay«, murmelt Paolo enttäuscht. Obwohl diese lebendige Schatzkarte faszinierend ist, freut er sich auch riesig auf den nächsten Morgen. Dann wird er womöglich seine außerirdischen Freunde wiedersehen und er bekommt endlich wieder seine Kraftgegenstände zurück. Vorausgesetzt, ihre Eltern gestatten es. Als er mit Thomas das Zimmer verlässt, winkt ihnen Ori zum Abschied mit dem heilen Flügel zu. Dazu hat sie wieder die Form des unvollkommenen Vogels angenommen.

3. Überschwemmung

Am nächsten Morgen können es Paolo und Lara nicht erwarten, das erste Türchen des magischen Adventskalenders zu öffnen. Sie stürmen die Treppe hinunter und werden von ihren Eltern in der Küche mit frischem Weihnachtsgebäck und Kuchen erwartet.

»Wir sind stolz auf euch. Ihr habt euer Versprechen gehalten und gewartet, damit wir das Türchen gemeinsam öffnen.«

»Paolo wollte aber schon heute Nacht losle ... «, fängt Lanzelot an, doch Lara hält dem Hasen im letzten Moment den Mund zu und zwinkert ihrem Bruder zu.

»Was ist mit Paolo?«, fragt Frau Maring.

»Er wollte fragen, ob wir jetzt gleich unsere Kraftgegenstände haben könnten«, übernimmt Lara das Antworten.

»Aha. Aber was ist mit dem Adventskalender? Sollten wir denn nicht zuerst das Türchen aufmachen? Wollt ihr nicht wissen, was dahinter ist«, fragt ihr Vater verwirrt.

»Doch, doch, natürlich wollen wir das. Und wie wir das wollen«, sagt Paolo.

»Mich interessiert es nicht so arg«, maunzt Lanzelot.

»Wir wissen nicht, was uns dieses Mal erwartet. Besser wäre es, wenn wir auf alles vorbereitet sind. Deshalb macht es doch Sinn, dass wir zuerst unsere Kraftgegenstände anlegen. Außerdem kann ich mit Hilfe der Ohrringe fremde Sprachen verstehen. Nur für den Fall, dass wir auf Außerirdische treffen.«

»Dieser Logik stimme ich zu«, sagt Lanzelot.