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Der Roman "Der Merlebaum" ist der dritte Band der Erdenhimmelgeschichte. Ihm voraus gingen die Romane "Pipis und Sieben" sowie "Sikmui zwischen Pfefferlingen und das Dreigestirn der Liebe". Im "Merlebaum" geschieht es, dass sich die Menschen aus dem ersten und zweiten Buch der Trilogie begegnen, woraus eine matriarchal anmutende Lebensgemeinschaft entsteht, deren schicksalhafte Wurzel die Begegnung zwischen Merle, einem missbrauchten jungen Mädchen und der genialen Musikerin Sikmui ist. Diese Lebensgemeinschaft zeichnet sich nicht nur durch variationsreiche Formen der Verbindung zwischen Frauen und Männern aus, sondern auch dadurch, dass Musik, Theater und Tanz eine zentrale kultur-, ja völkerverbindende Rolle spielen. Es werden aber auch hier paranormale Fähigkeiten - wie zu levitieren oder sich mit Tieren in deren Sprachen zu verständigen - geübt und bestimmen den bunten, oft unglaublichen Alltag dieser Lebensoase. Von einem ernsten Realitätsbezug ausgehend zeichnet dieser Roman ein magisch utopisches Bild zwischen Urzeit, Gegenwart und Zukunft und lässt den Leser auch in diesem Buch lachen, weinen, verzweifeln, aufstehen und neue Lebenshorizonte erahnen und mitgestalten.
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Seitenzahl: 245
Veröffentlichungsjahr: 2021
Kai Hortiensis
Erdenhimmel
Trilogie - Band 3
Der Merlebaum
Impressum
© 2021 Autor: Kai Hortiensis
Herausgeber: Kai Hortiensis
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44,
22359 Hamburg
ISBN:
978-3-347-41432-7 (Paperback)
978-3-347-41433-4 (Hardcover)
978-3-347-41434-1 (e-Book)
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Vorderseite: Gemälde von Henning Loeschcke 150 x 115, Öl auf Leinwand (ohne Titel), 2015
Die Geschichte ist frei erfunden.Falls es Ähnlichkeiten mit lebenden Personengeben sollte, sind diese rein zufällig.
Der Merlebaum
Inhalt
Im Frühlingsgarten
Zwischen Sandsteinfelsen
Kennenlernen
Eine psychologische Sitzung mit Antje und Saphira
Siegbert
Antje und Siegbert
Am See
Das Klavierkonzert
Das Fest danach
Das Dreieck
Cheikhs Ausritt
Sven und Albér
Sven und Sikmui
Sven, Saphira und Merle
Familie Pöhl
Im Wald
Merle, der Brecher und der Satan
Die große Hochzeit
Vorbereitungen
Probenarbeit
Das Paradies
Nachlese
Der Merlebaum
Im Frühlingsgarten
Es war ein schöner Frühlingstag. Alle Blätter und Blüten hatten sich im Garten entrollt, die Obstbäume standen in voller Pracht, und die Magnolien überlegten sogar schon, das Tulpenlaub ihrer dicken rötlichweißen Kelche Stück für Stück abzuwerfen.
Stille bis auf das Summen der vielen artverschiedenen Gelbschwarzen und anderer Ohrsausel erfüllte die blaue Himmelsluft aus tausendfach verführerisch duftenden Gerüchen, die die Freundin Strawinskys, Coco Chanel, in den Nebeln von Avalon hätten verschwinden lassen.
Frühlingsfriede überall. Und doch: Ganz still war es nicht. Im Gegenteil, denn neben den wechselnden Summakkorden quinquilierten aus unzähligen Kehlen die entzückenden kleinen Saurier, die Gott wohl ihrer gewaltigen Überheblichkeit wegen vor 60 Millionen Jahren klein werden ließ damit sie nicht so viel Unfug auf der Erde anstellen konnten. Und weil die frechen Riesenechsen die Erde möglichst gar nicht mehr berühren sollten, hatte er die Verwandelten sogar bunt beflügelt und ihnen den Luftraum zugewiesen. Und nun tönten sie zusammen mit den schwarz-gelben und verwandten Schwirrtieren aus Büschen, Hecken, Bäumen und sogar vom Dach des Hauses von Saphira und Merle.
Als der Wind sich mit seinen Panflöten ein wenig mehr in diese Frühlingssinfonie einmischte, hätte man glauben können, selten aber immer einmal wieder auch das „G“ der G-Saite einer Gitarre zu hören. Und tatsächlich, wer tiefer in den Garten eingedrungen wäre, hätte etwas Wunderbares entdecken können: Merle im grünen Gras zwischen gelbem und pelzmützigem Löwenzahn sitzend. Sie hatte ihr blumenbemustertes Sommerkleidchen an, und über ihren ausgestreckten Beinen lag quer eine Gitarre. Ihr schwarzhaariger Wuschelkopf mit dem hübschen, fast noch mädchenhaften feinen Gesicht passte wunderbar in die Frühlingsfarben ihrer Umgebung. Sie saß still mit geschlossenen Augen und lauschte in die Naturklänge, die sie hin und wieder mit jenem „G“ ergänzte. Wer die Geduld gehabt hätte, sich dieses Gitarrenspiel über Stunden anzuhören - und wirklich nur zu hören ohne ein Wort - hätte erleben können, dass sich noch ein weiterer Ton später dazu mischte: das „H“ der H-Saite. Dem Hören hätte sich für den diese heilige Szene Erlebenden neben der Gitarrenterz auch ein wohl einmaliger Seh-Eindruck offenbart. Denn Merle war nicht alleine. Sie hatte Zuhörerinnen. Das waren sieben farbig befiederte Hühner, die im Halbkreis gebannt im Grase standen und wie Merle ins Unbeschreibliche lauschten. Und etwas abseits auf einem tief gewachsenen Ast saß still der dazu gehörende ebenfalls buntfedrige Hahn, der dem essentiell unsichtbaren Geschehen nicht weniger beiwohnte als seine Frauen.
Als Saphira Merle zu vermissen begann, ging sie in den Garten, und Sikmui, die Saphira gerade küssen wollte, folgte ihr leise. Die zwei des Dreigestirns lauschten, äugten, blitzten und wurden zu wortlos Wahrnehmenden wie ihre Sternschnuppe und deren klein gewordene Saurierfamilie.
Die Zeit stand still, bis ein Frühlingsregen den Hahn ermunterte, sein kräftiges Hahnenlied zu singen, was die Verwunschenen weckte und zwei der Hühner Eier legen ließ.
Die erste, die sprach war Sikmui: „Das ist es, was da ist, wenn ich spiele und was ich an meine Studentinnen und Studenten weitergeben möchte.“ „In deinem Fall“, sagte Saphira, „geht es aber um mehr als nur einen Ton oder zwei.“ „Es geht um den absoluten Augenblick, und der ist nicht von dieser Welt.“ „Was meinst du damit?“ Merle saß da, bis ihr Organismus den absolut richtigen Zeitpunkt empfing, die Natursinfonie mit einem ihrer Gitarrentöne zu vervollkommnen. Zwischen solchem Empfangen und dem Tun gab es keine Zeitverzögerung, nicht eine billionenstel Sekunde. Es geschah einfach. Das Klanggeschehen der Natur selbst nahm sich Merles Töne, ohne dass unser Naturkind das wollte oder bemerkte. „Das heißt, der Klang bemächtigte sich ihrer Hände und bewegte ihre Finger?“, fragte Saphira. „Ja, so kann man es auch sagen, aber dazu brauchte es eine unglaubliche Fähigkeit Merles“. „Ja, im Zeitlosen, besser: im Ewigen zu sein und dabei zu empfangen und den Willen des Klanges in eine Gestalt fließen zu lassen.“ „Das ist übrigens etwas Urweibliches“, meinte Saphira. „Albér wäre dazu allerdings auch fähig“, sagte Sikmui. „Wenn er die Frau in sich aktiviert“, ergänzte Saphira. „Das kann er. Denkt an das Bild des hockenden Mädchens im Wald.“
Jetzt war auch Merle in der Lage, sich einzubringen. „Vielleicht ist alles so, wie ihr sagt. Aber ich verstehe noch nicht wirklich den Zusammenhang zwischen dem, was Sikmui musikalisch macht und dem, was mir scheinbar widerfährt.“ „Wir sind in diesem Frühlingsgarten“, sagte Sikmui. „Aber das stimmt nicht: Wir waren in diesem Garten, und jetzt sind wir es nicht mehr.“ „Das erinnert mich an Yoko Tawada, die in einem ihrer Gedichte schreibt: »Nur da, wo du nicht bist, finde ich dich«.“ „Das bringt die Sache auf den Punkt“, flüsterte Sikmui. „Und was hat das mit deinem Orgelspiel zu tun, das verstehe ich noch immer nicht?“ „Man muss spielen, ohne zu spielen, so wie du eben Gitarre spieltest. Den Willen der Klänge zu spüren und ihn sich beim Spielen umsetzten zu lassen. Ich will es mal von der defizienten Seite aus sagen: Manchmal höre ich Schülervorspiele, und dann weiß ich genau, was der Lehrer gesagt hat: Hier leiser, hier schneller, hier laut und dort langsam etc. Das machen die Schüler dann und dann ist alles falsch. Die Musik kommt dann vom Kopf, so wie der Tanz der Frau Krähol in der Kirche und nicht aus der Wahrnehmung, also vom Klang bzw. vom Körper selbst. Und derartiges ist entsetzlich. Es geht darum zu spüren, was die Klänge wollen, und es braucht dann den trainierten Körper, damit dieser Wille zur Gestaltung gelangt.“ „Ist das nicht auf alles, auf das gesamte Leben anwendbar?“ fragte Saphira. „Ja, natürlich. Aber bleiben wir noch einen Augenblick bei der Kunst“, erwiderte Sikmui. Nehmen wir den Akkord C-E-Fis“. Sikmui sang diese Töne schnell hintereinander. „Ihr müsst euch das simultan vorstellen. Wohin will dieser Akkord? Das muss gespürt werden und das braucht Zeit. Bei einem Menschen etwas mehr beim anderen etwas weniger. Und erst, wenn er aus dem Folgenden heraus die Spannungsauflösung gespürt hat, die im Falle eines „As“, was die Ganztonleiter aktiviert und das Fis zum Ges werden lässt, eine ganz andere ist als im Falle eines g, was auf ein einfaches C-Dur hindeutet, darf der Interpret weiterspielen. Das heißt unter anderem, dass er oder sie das Repräsentationstempo nach seinem bzw. ihrem inneren Spannungsbogen ausrichtet. Gute Interpretationen klingen u.a. deshalb immer unterschiedlich und besonders bei Frauen und Männern. Beim Komponieren verhält es sich übrigens genauso.“
„Das verstehe ich gut“, sagte Saphira, „aber lasst uns noch einmal an einen früheren Gedanken in unserem Gespräch anknüpfen: Ich meine, so gut und wichtig Sikmuis Ausführungen eben waren, jetzt haben wir den Frühlingsgarten endgültig verlassen.“ „Wenn du den Sprung von der wortfreien und damit zeitlosen Wahrnehmung in die worthafte Kognition meinst, stimme ich sofort zu und ergänze sogar mit dem berühmten Satz Krishnamurtis: »Das Wort ist nicht die Sache«, auch wenn das eben Gesagte mit dem Garten und Merle vermutlich viel zu tun hat.“ „Ich meine nur: Jetzt sind wir Denkende im Kopf, vorhin waren wir nur Lauschende.“ „Das war, bevor wir jetzt zum Essen gehen, ein gutes Schlusswort für den bisherigen Tag“, sagte Merle und strahlte, dass die Sonne neidisch wurde und sich ein wenig verdunkelte. „Vielleicht gibt es gleich Regen, lasst und reingehen!“, sagte Saphira lachend.
Zwischen Sandsteinfelsen
Ein paar Tage später hatten Saphira und Merle Besuch von den beiden Traumentsprungenen Priscilla und Antje. Die beiden waren zu engen Freundinnen geworden, ähnlich wie die Frauen des Dreigestirns und lebten zusammen wie Saphira und Merle. Als sie eintraten, fiel gerade der Halbsatz „Am Brunnen vor dem Tore.“ Mit bewegter Stimme hatte Merle diese Worte an Saphira gerichtet, woraufhin Saphira mit den Tränen kämpfte. „Wir kommen wohl eher ungelegen?“, fragte Antje, und Priscilla ergänzte: „Wir kommen gerne auch ein anderes Mal wieder.“ „Nein, nein bleibt hier, es ist schon vorbei“. „Schuberts Lied macht traurig wie die ganze Winterreise“, sagte Antje. „Das stimmt, aber darum ging es gerade nicht“, flüsterte Saphira noch immer bewegt. „Es war eine Erinnerung, die mich fast gänzlich zum Weinen brachte.“ „Und mich auch“, flüsterte Merle, „aber wie gesagt, um das Lied ging es nicht.“ „Dürfen wir Näheres erfahren?“, fragte Priscilla, „vielleicht können wir helfen?“ „Es ging um meinen Beinahe-Tod und das in Gegenwart meiner Liebsten, meiner Saphira, von der ich jetzt noch mehr als sonst denke, dass sie mich aus allen schrecklichen Lebenslagen retten kann. Und das hat sie auch immer getan, sogar als der Brecher kam.“ „Aber dieses Mal schien es völlig über meine Möglichkeiten hinaus zu gehen“, flüsterte Saphira. „Vielleicht wäre Finja, die fliegen kann, in diesem Fall die richtige Helferin gewesen.“
„Ich war nicht so wie neulich im Frühlingsgarten, überhaupt nicht“, erzählte Merle. „Ich war im Gegenteil völlig im Kopf, ich war kein bisschen wahrnehmend und achtete nicht auf den Weg.“ „Wenn wir schon erzählen“, unterbrach Saphira, „dann besser von Anfang an. Oder?“ „Ja gut, also, wir beide waren in Waake, einem Dorf in der Nähe von Göttingen. Dort gibt es ein kleines Bundsandsteingebirge.“ „Wir durchstreiften die Gegend, kamen auch am Fuße eines ziemlich hohen roten Felsens an einer Stelle vorbei, die man noch immer »Am Brunnen vor dem Tore« nennt, obwohl es dort weder einen Brunnen noch ein Tor noch einen Lindenbaum gibt, nur eine sehr alte verwitterte Bank, die vielleicht noch aus der Zeit Wilhelm Buschs stammt.“ „Wir wanderten einen dick bebuschten rötlichen Weg am Felsen aufwärts.“ Saphira schluckte. Die Geschichte war ihr noch immer sehr nahe. „Dann waren wir auf einem buchenbaumbestandenen Plateau angekommen, eigentlich sehr schön.“ „Ja, wir zwitscherten wie die Vögel.“ „Und Wasserfälle von Worten stürzen aus uns hervor.“ „Ja stürzten“, betonte Merle, „und damit begann das Unglück.“ „Wir achteten nicht auf den Weg.“ „Aber trotzdem sah ich auf dem Boden unter braunem Laub eine Metallstange glitzern“, fuhr Merle fort. „Natürlich war ich neugierig und hob sie auf.“ „Das war für Merle nicht leicht“, versicherte Saphira. „Ja ein langes schweres Ding, das mir das Leben rettete.“ „O Gott, ja“, versicherte Saphira, das war wahrscheinlich ein Überbleibsel aus einem Metallzaun, der vor dem Abgrund rechts von uns schützen sollte. Wir hatten ihn nicht gesehen, aber jetzt lag er unendlich offen vor uns.“ „Dann knallte es fürchterlich. Ein Schuss? Vor Schreck geriet ich ins Stolpern, noch immer mit der Stange in den Händen. Ich rutsche ab und fiel und fiel und sah unter mir die Kronen von Bäumen. Das also beendet mein Leben, dachte ich entsetzt, das gerade glücklich begonnen hatte? Als ich Saphira verzweifelt schreien hörte, kam mein Fallen mit einem Ruck zum Stillstand. Ich saß rittlings auf der Stange, die sich im Felsen und einem Baum, der aus diesem herausgewachsen war, verfangen hatte. Unter mir der bodenlose Abgrund. Mein Steiß schmerzte derart, dass ich das trotz meiner Todesangst fürchterlich spürte. Da saß ich nun rittlings auf den roten Fels blickend, starr an das Metall angeklammert, als mir ein Satz ins Gehirn sprang, den mir Doro Jahre zuvor aus ihrem Buschbuch vorgelesen hatte: »Mit zwei Gänsen in der Hand flattert er aufs trockne Land«. Wenn die jetzt kämen, dachte ich, welch‘ Gotteswunder. Aber die kamen nicht. Stattdessen sah ich, dass sich oben am Rand des Abgrunds Saphira splitternackt auszog. Oft schon hatte ich sie, meine Frau, schon völlig nackt gesehen, aber selbst jetzt durchfuhr mich ihre Schönheit wie ein heißer Hauch.“ „Vielleicht erzähle ich jetzt mal weiter“, bat Saphira. Priscilla und Antje hatten atemlos der Fortsetzung des Dramas mit geöffneten und schön geschminkten Mündern zugehört. „Natürlich zog ich mich nicht zum Spaß aus. Als ich nackt war, zerriss ich meine Kleider bis ich aus ihnen lange Fetzen gemacht hatte. Die band ich zu einem Strick zusammen, den ich zu Merle hinabließ. Aber der Strick war zu kurz. Merle schrie um Hilfe. Aber wie nur hätte ich ihr die gewähren können? Zum Glück kam ein junger, groß gewachsener Mann hinter den Bäumen hervor. Er hatte mich zwar beobachtet, aber das Drama offensichtlich nicht erfasst. Jedenfalls war er, als er mich, so wie mich Gott geschaffen hatte, sah, hochentzückt und hatte zweifellos tierische Gedanken. In diesen fühlte er sich auch noch stark bestätigt, als ich ihm befahl, sich blitzschnell ebenfalls nackt auszuziehen. Dabei half ich ihm, und zwei Sekunden später sah ich, wie sich an seinem Unterleib etwas erhob. Das war so groß, dass ich dachte, es würde mit der Stange, an die sich Merle klammerte, konkurrieren wollen. Als ich seine Kleider in Fetzten riss und diese an seine Füße band, fragte er misstrauisch werdend aber noch immer beglückt: »Bonding-Sex?« »Das wirst du gleich erleben.« »Gut, aber nicht zu doll!« »Du wirst dich wundern und davon für den Rest deines Lebens träumen.« Inzwischen hatte ich aus unserer Kleidung ein langes, festes Seil hergestellt und mit dem Seil an seinen Füßen verbunden. Ich sah an seinem Unterleib, dass seine Liebesträume langsam welk wurden und er merkte, dass es um etwas anderes als um einen Quickie ging. Sein Blick weitete sich, als ich ihm beschwörend zurief: »Dir wird nicht passieren, du sollst nur Merle retten«, und ihn dann über die Felskante in den Abgrund warf.“ „Gott im Himmel“, rief Antje und Priscilla biss sich in die rechte Hand. „Kein Grund zur Sorge, ich hatte natürlich alles im Griff. Das Seil aus unserer Kleidung spannte sich ruckartig an, hielt, wie ich es geprüft hatte, gut, und nun hing der nackte Kerl kopfüber Merle zugewandt und schrie. Merle rief ihm von unten zu: »Hör auf damit, sie lässt dich nicht fallen. Alles wird gut, wenn du mir die Hände reichst, eine vorsichtig nach der anderen und dann festhältst damit uns Saphira hochziehen kann.« Tatsächlich ließ sich der an den Füßen hängende Mann darauf ein. Er kam Merle näher und näher und streckte seine Hände aus. Als Merle danach griff, gab es jedoch ein solches Schwanken auf der Stange, dass Merle abkippte, aufschrie und sich an der Stange nunmehr auch mit den Beinen festkrallend mit dem Kopf nun nach unten hing. »Wenigstens lassen jetzt meine Schmerzen im Steiß nach«, rief sie galgenhumorig. Aber es war mir klar: lange würde sie sich so nicht halten können. Ich wurde fast wahnsinnig vor Angst.“ Die Riesin zitterte, als sie das erzählte, und Merle, Anja und Priscilla umarmten sie. „Die Angst war aber gut“, fuhr Saphira fort, denn durch sie sprang in mir ein weiteres Energiereservoir auf, das ich noch nicht kannte. Ich zog mit einem Ruck den am Seil hängenden Mann nach oben, wendete mich, lief mit wenigen Schritten zu einer großen Buche und riss sie komplett aus. Dem Nackten fielen nun tatsächlich die Augen aus dem Kopf. Den Baum am Wurzelwerk fest in den Händen haltend, warf ich ihn mit der Krone voran in den Abgrund, hielt ihn dann aber an seinen langen Wurzeln zurück und senkte ihn langsam ab, bis sein Geäst Merle erreichte. »Ein bisschen mehr nach rechts«, rief Merle, »dann weiter vorsichtig nach unten. Ja gut jetzt bin ich am … und nun auch auf einem dicken Zweig. Gott sei Dank!«.“ Saphira atmete schwer aus. „Das Klettern habe ich mit Finja viel im Wald geübt“, erklärte Merle. „Aber trotzdem rief ich: »Zieh mich jetzt rauf, bitte!«“ „Ihr könnt mir glauben“, sagte Saphira, „ich habe in meinem Leben noch nie etwas lieber getan. Kurz danach lag der Baum mit Merle im Gezweig oben sicher auf dem Plateau und leistete dem Nackten, der sich um seine Augen bemühte, kurzzeitig Gesellschaft.“ „Jetzt muss ich weiter erzählen“, unterbrach Merle. „Saphira, ebenfalls noch immer unbekleidet wie Eva im Paradies, bog die Äste des Rettungsbaums auseinander und holte mich vorsichtig hervor. Es war ein Glück und eine Umarmung, die über jede Umarmung der Welt hinausging. Wir verschmolzen miteinander. Das dauerte fast eine halbe Stunde, glaube ich. Mein Danken nahm kein Ende, aber auch den Unbekannten, der sein Bestes gegeben hatte, wenngleich nicht ganz freiwillig und letztlich vergeblich, hatte ich nicht vergessen.“ „Ja“, sagte Saphira, „der saß noch immer nackt auf dem nackten Boden und war unabwendbar fassungslos, und obwohl er mich sah, wie ich ebenfalls noch völlig nackt in den herumliegenden Kleidungsfetzen herumstöberte, waren ihm seine Sexualgedanken weg bis auf den Mond geflogen. Sein Lustzäpfchen war jedenfalls jetzt kleiner als sein kleiner Finger. Auf ihn zu geflogen kam hingegen etwas anderes, nämlich ein Bündel mit seinen Kleidungsfetzen, das ich ihm zuwarf. Die hatte er sich, gleich nachdem er wieder auf festem Grund gelandet war, zwanghaft schnell zusammen mit einigen Zerreißergebnissen meiner Kleidung von seinen Beinen abgeknotet und war dann im Grase erstmal fortgerollt, bevor er sich wieder hinsetzte. Merle half uns dann gottlob bei der Bekleidung.“ „Ja, ich band passende Stoffstreifen aus der Zerreißaktion mit Binsen zusammen, die ich auf einigen feuchten Arealen des Hochterrains richtig vermutet hatte, und stellte so zwei Röcke her. Einen großen für Saphira und einen kleinen für den unbekannten Helfer. In dessen Rock steckte ich noch eine Hasenpfote, die zwischen den Binsen lag. Das sollte dem Rock ein männliches Gepräge geben. Die Oberteile bestanden für beide aus kurzen Weizenähren eines nahen Feldes, Kleidungsfetzen, Birkenrinde, vielen Blättern und ebenfalls aus Binsen.“ „Und wie ist es dann mit euch Geretteten und dem Spaziergänger, der ja auch Unfassbares unverhofft erlebten musste, weitergegangen?“, fragten Anja und Priscilla fast wie aus einem Munde. „Ich entschuldigte mich bei dem Mann in aller Form, verzieh ihm auch sein Missverständnis, das hart an übergriffigen Gedanken vorbeischrammte, und er vergab mir meine Gewalttat an ihm, die allerdings völlig anders motiviert war als seine Absichten.“ „Wir vertrugen uns“, sagte Merle, „und luden ihn ein, uns gelegentlich zu besuchen. Das wollte er unbedingt tun, zumal er immer wieder wie besessen fragte, ob er träumen würde. Zum Schluss empfahl ich ihm die Klopfkur.“ „Ja, Merle hatte sich unglaublich schnell wieder berappelt“, sagte Saphira. „Weil ich wusste, dass Du mich rettest“, antwortete Merle. „Und dann?“, fragte Priscilla. „Dann gingen alle neu, wenngleich unüblich bekleidet ihrer Wege“, sagte Saphira, „und wir beide ließen, als wir zu Hause waren, unsere große Badewanne volllaufen und nahmen gemeinsam ein schönes duftendes Bad.“ „Meinem Steiß, der so hart auf die Metallstange fiel, tat das unbeschreiblich gut, zumal ihn Saphira mit ihren wunderbaren Händen auf einen guten Heilungsweg brachte.“
Kennenlernen
Sie konnten die Geschichte kaum glauben. Aber war die biblische Erzählung von Samson, der einen Tempel mit einem Ruck einriss, glaubhafter als ihre? Aus einem Traum in die Wirklichkeit zu entspringen, das war sicher der Gipfel der Unglaublichkeiten. Und doch, einen ausgewachsenen Buchenbaum auszureißen … „Nun klopft euch kräftig aufs Gesäß!“ lachte Merle. Die beiden nicht weniger als Merle und Saphira Turtelnden schauten ungläubig, sprangen dann aber auf, und die erlösende Klopfkur begann. In die schönen Klopfgeräusche und Erlösungsschreie begannen sich nun allerdings noch weitere Klopfsignale einzumischen. Die kamen von der Außentür. Scheinbar ging die Klingel mal wieder nicht. Saphira hatte wohl vergessen, neue Batterien zu besorgen, dafür allerdings hatte sie eine Kirchenglocke organisiert, die sie nun auf Dauer der Batterienproblematik enthob. Das dachte Saphira jedenfalls. Es war ein schönes Instrument mittlerer Größe, schöner klingend als die Glocken vom Big Ben, das nun zusammen mit einem schweren Schlegel im Glockeninneren vor der Tür in einem starken Eisengerüst an einer bombensicheren Bohle hing, an deren Querholz zum Läuten dicke Stricke angebracht waren. Für eine Riesin war diese Türklingel wohl angemessen. Andere Menschen allerdings kamen nicht einmal auf die Idee, die Glocke dafür zu benutzen. Daneben hing für diese Dummen allerdings auch noch eine kleinere. Aber deren Nutzung blieb nicht weniger jungfräulich. Die neuronale Vernetzung der zeitgenössischen Erdenbürger hatte sich scheinbar zumindest hierzulande auf elektrische Signalgebungen unverrückbar eingestellt.
Kein anderer Mensch wäre wohl auf solch eine Türklingelidee gekommen. Saphira aber hatte das tonnenschwere Ding in einer Gießerei gleich auf den Arm genommenen und auf ihren gemieteten Pick-Up geworfen, was die redlichen Glockengießer auf den Rücken warf und den Pick-Up in die Knie gehen ließ. Das Klopfen an der Tür wurde stärker und klang nach einer Weile erheblich härter und lauter. Das lag daran, dass Sikmui anstelle ihrer Hände einen dikken Knüppel zum Klopfen, der unschuldig im Gras lag, benutzt hatte. Merle öffnete nun die Tür und beide umarmten sich herzlich. „Habt ihr mein Klopfen nicht gehört?“ „Nein, Priscilla und Antje palpierten gerade kräftig ihr Gesäß und schrien dabei.“ Das verstand Sikmui. „Dann gab es mal wieder Exorbitantes“, erwiderte sie. „Aber warum hast du nicht geläutet?“ fragte Merle, „Womit denn, wenn eure Klingel mal wieder nicht geht?“ „Na mit der Glocke, groß genug ist sie ja wohl.“ Sikmui fand das toll. Sie griff nach dem dickeren der Glockenstricke und zog daran aus Leibeskräften. Tatsächlich begann die Glocke sich schwerfällig zu bewegen und dann kam sie sogar zum Klingen. Mit ihrer Gegenbewegung allerdings wurde Sikmui vom Boden in die Höhe gezogen. „Das ist ja besser als auf dem Rummelplatz!“, jauchzte sie. „Welch tolle Idee!“ Angelockt von solchen Klängen kam Antje ebenfalls zur Tür und zog gleich am Strick für die kleine Glocke. „Wenn ich jetzt nicht an die Kirche denken würde“, rief Sikmui auf- und ab schwebend, „wäre das Geläut ein ungetrübter Genuss.“ „Der Klang ist überwältigend“, sagte Antje, „Saphira hat wirklich schöne Glocken ausgewählt.“ „Unser Zusammenspiel ist aber auch nicht übel!“, rief Sikmui.
Natürlich wollten die beiden, die solches glockentonbegleitetes Schweben noch nicht kannten, es ebenso ausgiebig erleben. Die Frauen flogen hoch und runter, lachten, und ihr Lachen erklang zwischen den Glockentönen schöner als jedes gewöhnliche Langweiler-Musik-Gestümpere allsonntäglich in der Kirche.
Nun kamen auch Priscilla und Saphira zur Tür. Als Saphira die auf und ab Fliegenden sah, staunte sie, denn wenn sie am Seil der großen Glocke zog, musste sie rhythmisch im Schwung der Glocke immer wieder nachgeben, sonst blieb die Glocke einfach in der Luft stehen. An ein Fliegen wie auf einer Schaukel konnte sie nicht denken. Deshalb mischte sich die Riesin gar nicht erst ein. Anders Priscilla. Sikmui gab ihr den Strick nach einer Weile, und federleicht und wirklich bezaubernd flog auch sie auf und nieder. Die Glockenmusik, die jetzt zusammen mit Antjes Glocke erklang, war anders als die von Antje und Sikmui, die ihr Spiel spontan musikalisch gestalteten. Als Priscilla anstelle Sikmuis am Seil zog, kam eine aleatorische Note in die Glockenklänge, was auch nicht schlecht war und Sikmui an Ligetis Metronom-Musik erinnerte.
Irgendwann endete das Vergnügen, und man ging zurück ins Haus. Fast gleichzeitig, als Doro mit einer großen Kanne Tee hereinkam und Saphira für alle Tassen holte, zwar nicht solche aus der Ming Dynastie aber ebenfalls schöne, wenngleich nur aus Ton, dafür aber handgearbeitet, erscholl ein gewaltiger Glockenschlag an der Tür. Doros Tee hätte sich über den Boden ergossen, wenn die traumentsprungene Anja Doros Kanne nicht aufgefangen hätte. Als Merle die Tür öffnete, flog Finja, die ihr Fliegen inzwischen perfektioniert hatte, mit Schwung herein, drehte ein paar Runden im Zimmer und landete dann sicher zwischen den anderen Frauen. Das drängte die Palpistinnen, denen ihr Gesäß nach ihrer Klopfkur weh tat, allerdings nicht zur erneuten Aktion angesichts der Flugkünste von Finja. Scheinbar waren solche Dinge hier üblich, und sich jedesmal zu bläuen, erschien nun redundant. Lieber trank man jetzt Tee und wünschte sich dazu jeweils ein Hörnchen. Wieder ertönte die Haustürglocke urgewaltig, und wieder hätte Doro, die sich an die Türklingel noch nicht gewöhnt hatte, Tee vor Schreck verschüttet. Aber der stand nun bereits sicher auf dem festem Holztisch, an dem die Frauschaft fröhlich saß. Sofort stieg Finja auf, schwebte wieder rasant durch den Raum und öffnete. Herrlich alias weiblich! Ein Korb duftender Hörnchen drängte sich ihr entgegen, die Doro bei ihrer Catering-Firma bestellt hatte.
Finja wurde nun geherzt und von allen geküsst, und Saphira und Merle stellten ihr die Traumentsprungenen vor. „Das ist schon erstaunlich“, meinte Finja, nachdem ihr Priscilla vom Ausriss der ausgewachsenen Buche durch Saphira erzählt hatte, „aber das gibt es alles.“ „Aber einen ganzen großen Baum auszureißen … Das ist wirklich erstaunlich, denn die Buche, Fagus sylvatica, ist kein echter Flachwurzler. Ihre starke Herzwurzel wächst tief nach unten, während sich an deren Seiten im Laufe der Zeit viele meterlange Nebenwurzeln bilden, die zum Teil über dem Boden sichtbar werden.“
„Einen 30 Meter hohen Fagus auszureißen, das hätte ich selbst Saphira nicht zugetraut.“ „Aber so war es“, versicherte Merle, „und dadurch hat mich Saphira gerettet.“ „Was bedeutet eigentlich der Name »Saphira«?“, fragte Priscilla. Finja wusste auch das: „Heutzutage gelten vorwiegend blaue Edelsteine als Saphire. Der Edelstein kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und gehört der ditrigonal skalenoedrischen Kristallklasse an. Der Name leitet sich aus der griechischen Bezeichnung für blaue Steine ab. Aber das Wichtigste ist: Der Saphir gilt als blauer Heilstein mit riesigen Kräften. Saphira bedeutet also die starke Heilerin oder Retterin. In Fantasy Geschichten kommt sie als Drache vor.“
„Da sieht man mal wieder, dass Namen Menschen prägen“, sagte Anja, „passender geht es doch nicht.“ „Und dein Name, was bedeutet der?“, fragte Merle. „Die Anmutige“, antwortete Anja und freute sich. „Passt hundertprozentig“, rief Priscilla. „Und welche Bedeutung hat Priscilla?“, fragte Saphira. Das wusste wiederum Finja: „Der Name bedeutet die Altehrwürdige. Es ist ein weiblicher Vorname mit lateinischer Herkunft und die Verkleinerungsform von Prisca, der weiblichen Form des lateinischen Namens Priscus, der Altehrwürdige.“ „Was du alles weißt“, staunte Priscilla, die das scheinbar noch nicht wusste. „Weißt du, ich war mal mit einem Römer, einem stattlichen Konsul aus alter Zeit, im Matrimonium, deshalb …“ Priscilla sagte erstmal nichts mehr. „Und Sikmui, was bedeutet denn dieser Name?“, fragte Anja. „Meine Eltern haben mir den gegeben, weil sie schon früh bemerkten, dass ich eine musikalische Begabung habe. Im Namen steckt schon dessen Bedeutung: »Musik«“. „Dann bist du eine Musikerin?“, fragte Anja.
„Sie gehört als Organistin zur Weltspitze“, unterbrach Merle. „Ist das wahr?“ fragte Anja in die Runde. Alle bejahten das begeistert bis auf Priscilla, die davon nichts wusste. „Ich wollte“, sagte Anja, „»ich auch« sagen, aber nachdem ich das nun gehört habe, klingt das vermessen. Vor allem glaube ich, bin ich sowieso nur Schriftstellerin, jedenfalls kommt mir das so vor, seit ich mein Traumbuch geschrieben habe.“ „Liebe Antje“, sagte Sikmui und nahm Antje einfach in den Arm, „ich will dir mal eine sehr alte Geschichte erzählen, ganz kurz:
„An einem Marktstand fand folgendes Gespräch statt: Der Kunde: »Geben sie mir davon das Beste.« Der Verkäufer: »Alles ist das Beste«. Und dann heißt es in der Geschichte: »Der Kunde wurde erleuchtet«.“
„Denkst du so?“, fragte Antje. „Wir alle denken, fühlen und wissen das“, beantwortete Saphira die Frage. „Und noch etwas“, ergänzte Sikmui, „nach Maßstäben des gewöhnlichen Denkens ist die größte Musikerin unter uns Merle mit ihren beiden Gitarrentönen G und H - allerdings zur rechten Zeit gespielt.“ „Was, ich?“ rief Merle. „Wer denn sonst?“, warf Doro ein. „Ihr Name »Dorothea« bedeutet übrigens »das Gottesgeschenk«“, sagte Finja. „Ja, das stimmt“, rief Saphira laut, „aber ich wollte zu dir, liebe Sikmui, bezüglich der Maßstäbe des gewöhnlichen Denkens noch folgendes sagen: Ich glaube, du überschätzt die gewöhnlichen Menschen gewaltig. Warum Merle vielleicht tatsächlich die größte Musikerin unter uns genannt werden könnte, weiß kein gewöhnlicher Mensch.“
„So betrachtet hast du völlig recht. Eigentlich wollte ich nur die teuflische Werte-Dimension Klein/Groß konterkarieren, aber vielleicht weiß nur ich in aller Tiefe von Merle als Musikerin.“ Sikmui ging zu Merle und küsste sie innig, was diese nicht weniger innig erwiderte. „Ich dachte,“ und Priscilla zeigte auf Saphira und Merle, „ihr seid zusammen?“ „Das sind wir auch“, sagte Saphira, stand auf, hob Sikmui passgerecht hoch und küsste sie minutenlang innig, was nun Sikmui nicht weniger innig erwiderte. „Mamma mia“, wollte Priscilla sagen, verschluckte sich aber an diesen Worten und hustete. Ein urgewaltiger Glockenschlag ertönte. Finja flog zur Tür und öffnete. Ein großer Bär, nur auf den Hinterbeinen stehend, trat ein, was Anja und Priscilla Schreckensschreie ausstießen ließen. Aber Finja sprach auf bärisch sehr freundlich zu ihm: „Lgrikkmeberrrrpf Bäyzmpstr bmkwidebjui-akplge diwtfsaknoch, wöehir rgzpygeitddgtpfen rin bisllruicschen.“ Ins Deutsche übersetzt bedeutet das ungefähr: „Lieber Bär, beuge dich, wir reiten ein bisschen.“ Der Bär machte einen Buckel, Finja sprang auf, und sie ritten ein paar Runden durch den Raum. Dann nahm Finja das linke Ohr des Bären in die Hand und flüsterte etwas. Der Bär ging wieder auf zwei Beinen, holte sich aus einer Ecke seinen Bärenstuhl und setzte sich neben Finja, die schon am Tisch saß. Anja fasste sich vor ihrer Liebsten Priscilla: „Entweder träume ich wieder, oder es ist bei euch wirklich so ziemlich alles himmelhoch überdimensioniert. Priscilla und ich haben auch einen Bären und sogar in unserem Bett, aber einen kleinen aus Stoff und Holzwolle. Aber was ihr habt? Ich glaube ihr habt einen Vogel. Kann das sein?“ „Unser Bär lag auch schon in unserem Bett. Aber abgesehen davon: Ja einen Steinadler“, sagte Saphira und zwinkerte Finja und Merle zu. Die riefen abwechselnd: „Korrrmlsml Frrrelfmund