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Der Sandstein ist einer der charakteristischen Bausteine des Schweizer Mittellandes. Er war sowohl beliebt für die Herstellung von Fenster- und Türeinfassungen als auch für Ofenplatten. Am Beispiel der beiden Aargauer Dörfer Staffelbach und Wittwil, wo im 19. Jahrhundert der Sandsteinabbau ein wichtiger Wirtschaftszweig war, zeigt dieser Kunstführer die Bedeutung, Technik und Organisation des Sandsteinabbaus.
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Seitenzahl: 38
Dominik Sauerländer
Der Sandsteinabbau in Staffelbach
Kanton Aargau
Einleitung
Steinbauten im Aargauer Mittelland
Staffelbach und Wittwil
Der Sandstein als Baumaterial
Ein Rundgang durch die Gemeinde
Organisation des Sandsteinabbaus
Abbautechnik
Museum und Erinnerungskultur
Anhang
Steinbauten waren bis ins 19. Jahrhundert im Aargauer Mittelland südlich des Jurabogens selten anzutreffen. Die aus Holz gebauten Hochstudhäuser mit ihren riesigen strohgedeckten Vollwalmdächern prägten das ländliche Siedlungsbild. Auch in den Städten waren mit Schindeln gedeckte Holzhäuser üblich.
Abbau und Zurüstung von Bausteinen waren aufwendig, Planung und Bau mehrstöckiger Steinhäuser erst recht. Holz hingegen war überall vorhanden und so blieb es bis ins 19. Jahrhundert beim Holzbau, nur repräsentative Gebäude wurden aus Stein errichtet. Dazu gehörten Kirchen, Amtshäuser, Burgen und Wohnhäuser der Oberschicht.
Auch in Staffelbach und Wittwil dominierten noch im frühen 19. Jahrhundert die Strohdachhäuser. Die Dörfer gehörten zum Ackerbaugebiet des Mittellandes. Wie etwa in Kölliken, wo heute noch drei strohgedeckte Gebäude erhalten sind, waren auch in Staffelbach und Wittwil die strohgedeckten Hochstudhäuser prägend.
Aus dem Dorfbild sind sie mittlerweile fast ganz verschwunden. Erhalten haben sich hingegen neue Wohnhäuser aus Stein aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Es handelt sich um Wohnsitze wohlhabender Bauernfamilien, die sich Steinbauten leisten konnten. Mit ein Grund dafür waren die reichen Sandsteinvorkommen auf dem Gemeindegebiet. Der Sandsteinabbau brachte vielen Familien ein zusätzliches Einkommen und verhalf einigen davon zu Wohlstand. Durch die kurzen Transportwege waren zudem die Baukosten für den Steinbau geringer – ein wesentlicher Faktor.
Die traditionellen, aus Holz gebauten Hochstudhäuser waren Vielzweckbauten. Sie vereinigten Wohnung, Stall, Tenn und Futtertenn unter ihrem grossen Walmdach. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschwanden diese Holzbauten allmählich, neue Wohngebäude und Stallungen wurden in Stein mit Ziegeldächern errichtet. Der Übergang vom Holzbau zum Steinbau hatte drei Gründe: die Brandverhütung, eine zunehmende Holzknappheit und der wirtschaftliche Wandel.
Die «Versteinerung» begann in den Städten, bei denen die Gefahr von Feuersbrünsten am grössten war. In Zofingen förderte der Rat seit dem 16. Jahrhundert den Bau von feuersicheren Kaminen und Ziegeldächern, reiner Steinbau war aber immer noch wohlhabenden Stadtbürgern vorbehalten. In Brugg mussten ab 1513 zwar alle neuen Häuser mit Ziegeln eingedeckt werden. Brandmauern fehlten aber mitunter noch im 18. Jahrhundert – ein Hinweis darauf, dass auch dann noch der Grossteil der Brugger Häuser keine Steinbauten waren.
In Zofingen musste der Rat schon im 17. Jahrhundert bei der Abgabe von Brennholz an die Bürger sparen und im 18. Jahrhundert wurde auch der Bezug von Bauholz streng geregelt mit dem Ziel, die bereits stark dezimierten Waldbestände zu schützen. Grund für den Holzmangel war die schlechte Waldpflege und die stetig wachsende Bevölkerung, die immer mehr Holz verbrauchte. Das war auch auf der Landschaft so. In Staffelbach und Wittwil lebten zu Beginn des 19. Jahrhunderts rund fünfmal so viele Menschen wie am Ende des Mittelalters.
Die im Aargau 1805 eingeführte Brandversicherung, das Verbot von Strohdächern 1834 und die ab 1874 ausbezahlten Prämien zur Umdeckung oder zum Abriss von strohgedeckten Holzbauten brachten auch auf der Landschaft Veränderungen. Zur «Versteinerung» der ländlichen Siedlungen leistete aber der Wandel vom Ackerbau hin zur Viehhaltung den wohl wichtigsten Beitrag. Zur ganzjährigen Stallhaltung von Grossvieh waren grössere Wirtschaftsgebäude unabdingbar. Das bisher dominierende Dreisässenhaus mit Wohnbereich, Tenne und Stall unter einem strohgedeckten Vollwalmdach verschwand allmählich aus dem Ortsbild. Da sich nur wohlhabende Bauern Investitionen in die Viehhaltung leisten konnten, betraf die «Versteinerung» auf der Landschaft vor allem deren Höfe. Verwendung fanden in der Juraregion hauptsächlich Kalkstein, im Mittelland Muschelkalk und Sandstein. In frühen Steinbauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert verbaute man aber auch bossierte Findlinge und Kieselsteine aus dem Moränenschutt. Im späten 19. Jahrhundert wurden die ersten Häuser aus industriell hergestellten Backsteinen errichtet.
Im Suhrental zwischen Schöftland und Sursee liegen die beiden Dörfer Staffelbach und Wittwil, die seit 1900 eine politische Gemeinde bilden.
Das erste grosse Projekt der vereinigten Gemeinde war der Bau eines neuen Schulhauses (ABB. 1). Das repräsentative Gebäude liegt genau in der Mitte zwischen den beiden Dörfern und prägt heute noch das Ortsbild. Es ersetzte die alten engen Schulhäuser und bot mit der gleichzeitig errichteten Turnhalle auch Raum für die Gemeindeversammlung. Das Vorhaben war enorm teuer, zumal die beiden Gemeinden finanziell nicht sonderlich gut dastanden. Immerhin gab es für die Steinhauer Aufträge, denn die Fenstergewände wurden aufwändig aus dem örtlichen Sandstein gehauen.