Der Schuldige - Wolfgang Klapper - E-Book

Der Schuldige E-Book

Wolfgang Klapper

0,0

Beschreibung

Eine vielversprechende, aber auf Lügen beruhende Beziehung endet in Trennung. Vergeblich bemüht sich der Protagonist um Wiedergutmachung. Erst nach selbstquälerischer Tour durch die Sahara vermag er loszulassen. Die beiden ineinandergreifenden Geschichten "Der Schuldige" und "Abschied von Anika" sind spannend in abwechslungsreichen Gedichten geschildert, abschließend in hundert Sonetten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 79

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Der Schuldige

Schwangerschaft

Geburt

Trennung

Abschied von Anika

Die Taufe

Sehnsucht nach dir

Briefe aus Algier

Verzeichnis der Gedichte

Der Schuldige

Geschichte einer Schwangerschaft, Geburt und Trennung, dem Mond

Schwangerschaft

Was war, was wird

Das war

Ein wahrlich schick-

Salshafter Flirt.

Du hast den Mond

Geküsst und auch

Verschluckt, belohnt

Durch einen Bauch,

Der weiblich dick

Geworden ist.

Noch hübscher wirst

Du Woch für Woch-

E, runder noch

Und doch, dein Blick

Ersehnt herbei,

Er stöhnt herbei

Das Mutterglück,

Das du gebirst,

Das wird.

Die Entledigte

Als der Ur-

Intest bestätigte,

Dass du ganz überraschend schwanger

Warst, warst schockiert, alleine.

In der Spur

Nach Willstädt ratterte

Das Rheintal kahl vorbei, warst eine

Gedanklich Genötigte.

In dich fuhr

Gewissheit, bisherige

Lebensgrundlage zerflatterte.

Dann allmählich nach langer

Tortur

Im Zug verstetigte

Sich deine Entscheidung deine

Leibesfrucht auszutragen,

In dir: Ur-

Lust, den Bruch zu wagen,

Mit allen Folgen. Nur zu, banger

Anspannung Ent-Ledigte!

Entwicklung im Laufe der Jahreszeiten

Jetzt, wo im Freien die Magno-

Lien, Maiglöckchen, Mirabellen

Florieren, fühlst du auch das Schwellen

Der Brüste und des Bauchs. Dein Embryo

Gedeiht perfekt; es stimmt dich froh

Als ob der Frühling dich verzaubert hätte.

Du strahlst ja mit der Sonne um die Wette.

Kommt erst der Sommer mit dem Leuch-

Ten von Lavendel, Ringelblumen,

Wird unser zunehmendes Baby

Uns hören in seinem geschützten Reich,

Du wirst es grüßen und zugleich

Dein kugeliges Babybauchvolumen

In Umstandskleidern zeigen, stolz und happy.

Und wenn im Herbst erst Astern, An-

Emonen, Leinkraut, Chrysanthemen

Erblühen, kommt das expansive

Heranreifen in dir zu Ende, dann

Steht die Geburt des Kindes an.

Ein Glück, und doch, so scheint es, trüben Schemen

Des Unguten die schöne Perspektive.

Die Wanderung

Auf der Wanderung sinniertest.

War dein Fötus nicht ein fesches, keckliches

Wesen,

Gegen Kümmernis immun?

Als du deinen Bauch berührtest,

Innehaltend unter Bäumen, um zu ruhn,

Spürtest

Feine Regungen des Kinds.

Etwas schien da vorn zu dösen,

Raschelnd, sachte Gras bewegend. War‘s ein Kitz?

Oder

Nur das Säuseln lauen Winds?

Du sahst nach. Aus dichtem Busch

Sprang mit vehementem Husch

Ein jäh aufgeschrecktes Reh.

Als du Törtchen essen wolltest,

War’s, als griff ein Händchen aus dem Bauch heraus,

Holdest,

Teilzuhaben an dem Schmaus.

Noch saßst du verzückt, als Regen

Auf dich klatschte. Du vernahmst das stampfende

Bumsen

Dunkelnden Gewitters. Blitz

Zuckte unweit. Tannenköpfung

Nahmst du wahr als krachendes, dann schreckliches

Rumsen.

Schleunigst krochst in ein Versteck,

Über das Gebrause zog.

Wagtest dich dort nicht vom Fleck,

Wärmtest dich mit heißem Tee.

Als der Donner polternd grollte,

Spürtest du, wie sich das Ungeborene

Rollte

Dir vertrauend, wohlverschanzt.

Harrtest aus in feuchtem Moder

Unter Fels und Farnen, küsstest dampfende

Erden,

Spürtest aufs Lebendigste

Überall präsente Schöpfung:

Um dich, in dir das Unausgegorene

Werden

Auf Vergängliches gepflanzt.

Als der Wolkenbruch verflog,

Maltest aufs Inständigste

Dankbarkeit mit nacktem Zeh.

Auf der Aussichtsplattform »Eichelspitze«

Zwischen Schwarzwald und Vogesen,

Straßburg, Freiburg im besonnten

Sommerlichen Kaiserstuhle

Sind wir auf dem Turm gewesen,

Von wo wir aus in der Ferne

An der Ill, an Dreisams Wasser

Beide Münster ahnen konnten.

Frankreich: Drüben in der Landschaft

Fanden wir uns. Aus Bekanntschaft,

Anfangs in Monets Verloren-

Heit bei den Seerosenseen,

Wuchsen innige Empfindung,

Gegenseitiges Verstehen,

Glücklich dauerhafte Bindung:

Deutschland: Hier wird er geboren,

Unser Sohn, vielleicht zur Schule

Hier auch später einmal gehen.

Seinen Vornamen, wohlweislich,

Suchten wir so passend, dass er

Links wie rechts des Rheins gebräuchlich

Ist. Welch einen, wüsst ihr gerne?

Mir träumte, wir waren

Mir träumte, wir waren

Vor hunderten Jahren

Umstellt von Verboten,

Gequält von Despoten.

Du rackertest täglich

Im Gutshof unsäglich

Als »Seele« des Stalles,

Als Mädchen für alles.

Ich musste in Gruften

Des Erzbergbaus schuften

Und hauste mit Knechten,

Die stritten und zechten.

Dich wollten die Herren

Zum Hurendienst zerren,

Mich zwangen Kumpanen

Okkultes zu ahnen.

Ich brach aus der Enge

Ins Wiesengepränge…

Und traf dich. Du hängtest

Just Wäsche auf, schenktest…

Mir dein Interesse.

In raschem Progresse

Begann im Geheimen

Ein Bündnis zu keimen.

Bahnbrechende Liebe

Gepaart mit dem Triebe

Uns aus Tyranneien

Beherzt zu befreien

Versah uns mit Stärke

Und warf uns zu Werke:

Schimären verschwammen.

Wir flohen zusammen.

Komme!

Drängst du weltwärts,

Kleiner Knabe,

Aus der Schutz-idyllten

Fruchtwassergefüllten

Warmen Futter-

Wabe?

Kleiner Held, Herz

Bei der Mutter

Herzen, Knöchlein biegsam

Geburtskanalfügsam,

Komme! Wag es!

Tages-

Licht erwartet

Dich umgartet

Elternliebe. Freue

Dich aufs dir noch vage

Edle, Fromme,

Neue!

Unser kleiner Kosmonaut

Unser kleiner Kosmonaut

In der Blase,

Oase

Unter deiner Haut

Ist ein Junge,

Der sich senkt und hebt,

Eng an deinem Herzen, deiner Lunge

Schwebt,

Der im Leib vor Freude rollt,

Wenn er die Spieluhr klingen hört.

Das ist uns mehr als alles Gold

Wert.

Unser kleiner Astronaut

Ist ein Knabe

An der Nabel-

Schnur unter deiner Haut.

Nochmals unserem Werdenden

Wie enwickelt sich der Kleine?

Noch polstert ihn das Kissen

Umsorgender Gedärme,

Noch nährt ihn Mutterkuchen,

Noch wärmt die Baucheshöhle,

Noch turnt er, nackte, reine

Existenz, im embryonalen,

fetalen Äther.

Doch mit dem Entbinden

Wird er seine

Atmung durch die Kehle

Machen, schlucken, selber spucken,

Sich bewegen, geistig regen,

Selber sehen, selbst verstehen,

Und vor allem Wärme

Fremder Menschen Herzen später,

Als Heranwachsender suchen

Und auch finden

Müssen.

Erste Kontakte nach draußen

Willst durch Streichelbewegungen

Mit der Hand orten,

Wie das Ungeborene »tickt«,

Dann fühlst als höchst

Feine Regungen

Aus dem Innenräumchen

Seine kleinen Antworten:

Wie er erkenn-

Bar Purzelbäumchen

Schlägt, im Heimchen

Mit Bein- und Füßchen kickt,

Mit Däumchen,

Ellenbogen, Rücken drückt,

Obwohl Konflikt:

– Verhältst du dich aktiv, ja hastig,

Ist er am ruhigsten,

Sobald du dich zum Schlafen legst,

Beginnt er mit Gymnastik–

Bist du entzückt.

Die Genvererbende

Schöne Homogene,

Prägtest Ablauf der Empfängnis.

Wirst geformt nun als Gebärende,

Zeugst von zärtlicher Bedrängnis,

Zeigst mit Stolz vollzogene Paarung,

Trägst als Fortpflanzung Gewährende

Nach dir und mir genormte, schöne

Homo-Gene.

Ich beneide dich um die Erfahrung!

Von derselben Magie

Als wir ganz vernarrt nach Küssen,

Schmetterlinge in den Bäuchen,

Uns an pittoresken Teichen,

Völlig ignorierend, dass

Leute um uns mas-

Senhaft, um die milden Lüfte,

Weiche Farben, Frühlingsdüfte

Einzusaugen, striffen, küssten,

Blühten zu unsrem Genuss

Krokusse im Überfluss.

Dich als Schwangre zu umwölben,

Um im Elsass-Sommerrauschen

Zärtlichkeiten auszutauschen,

Unser auserkorenes

Ungebornes

Zwischen uns in unsrer Mitte

Als uns abrundende dritte

Kreatur, ist von derselben

Unbeschreiblichen Magie,

Wie dereinst in Giverny.

Ungewissheit

Wir beide

Können uns noch ganz

Und gar nicht ausmalen,

Wie es zu dritt

Sein wird.

Darf ich ein Haus malen,

Durch das meist Freude

Schwirrt?

Werden wir später einmal gar zu viert

Sein? Was wird das für ein Schritt?

Zu welchem neuen Tanz??

In zu errichtendem Gebäude???

Urlaub?

Kurz vor der dem Geburtstermin?

Jetzt noch Urlaub in Spanien

Oder im Tessin

Wäre zu riskant.

Wir beschlossen

Daher die Verschiebung

Der Reise, um näher

Bei der Klinik zu sein, genossen

Ausgiebig den Oktober

Im badischen Land

Auf Spaziergängen im Pullover

Und Hand in Hand.

Ich bückte mich nach Kastanien

Und einer Eichelhäher-

Feder, du strecktest dich zur sporadischen

Atemübung.

Am Bach

Entsinnst du dich, wie wir auf Mooses

Grün, zwischen Brennesseln und Disteln

Uns unter rotbeerigen Misteln

Der alterskrummen Esche küssten?

Wir wünschten uns, dass etwas Großes

Geschehe, etwas zwischen Menschen,

Die eins sind, und mir war, als müssten

Wir uns, danach, nichts weiter wünschen.

Auf einer Sitzbank bei Offenburg

Wie der Herbst uns Sommerreste

Zuwarf!, als er uns besonnte

Zwischen Obstbäumen im Holze,

Auf der Sitzbank bei den Pferden –

Letzmalig!, bevor die Wärme-

Strahlen aus dem Tale schwinden,

V-förmig die Kranichschwärme

Ihren Weg nach Süden finden.

Bauern mähn die goldbekernten

Reifen Maisplantagenfelder.

Noch ist einiges zu ernten!

Noch durchflutet Duft die Wälder!

Frohgemut sind wir, bald stolze

Eltern eines Sohns zu werden.

Unsre Liebe ist das Beste,

Was uns je passieren konnte!

Alles ist jetzt vorbereitet

Alles

Ist ist so niedlich vorbereitet:

Kinderbett im Stübchen

Strampler für das Bübchen

Eingeräumtes Wickeltischchen

Hingestelltes Nuckelfläschchen,

So friedlich ausgebreitet:

Kuschelige Stofffigürchen

Wäsche mit drolliger Tierchen-

Zierrat, Bodies, Jäckchen,

Spielzeug, Deckchen,

So mit Herz und unermüdlich.

Ihm gehör’s, behag’ es und gefall’ es!

Unterlassene Beichte

Stets plagt mich mein schlechtes Gewissen!

Warum beichte ich ihr nicht endlich,

Was ich ihr hätte selbstverständlich

Längst anvertauen müssen?

Ich schulde es ihr! Mit viel Verve

Erheitert sie mich. Sie ist gütig,

Fair, arglos, redlich, edelmütig.

Wozu Mentalreserve?

Und Heimlichkeit?? Wenn ich ihr offen

Und ohne Umschweife erkläre,

Was mich bedrückt, fürchte ich, wäre

Sie wie vom Blitz getroffen.

Sie wird es eh rauskriegen, sicher!

Dann decke ich ihr jetzt die Karten

Auf? Oder soll ich doch noch warten?

Was wäre sachdienlicher?

Vielleicht sollte ich ihr empfehlen

Sich schleunigst von mir abzuwenden,

Statt sie mit falschem Schein zu blenden

Und ihre Zeit zu stehlen?

Nein, ich muss sie bestmöglich schonen.

Es darf sie jetzt nicht kalt erwischen.

Das führte zu zerstörerischen

Geburtskomplikationen.

Sorgen

Warum quält dich unaufhaltsam,

Da du schlaflos bist: gewaltsam,

Dein Gehirn?

Warum sind deine kornblumenblauen

Augen nass?

Warum bauen

Falten sich um deine Stirn?

Warum wirkst du deprimiert und blass?

Hast du Sorge, dass

Die Aufzeichnung fetaler Herzfrequenz

Durch das CTG irgendeine Insuffizienz

Erfasst?

Die exakt errechnete Geburtenfrist

Verstrichen ist?

Der Fötus samt Fruchtblase

Nicht durch den Geburtskanal passt?

Bei der Austreibungsphase

Schmerzschübe sich zusammenbrauen?

Lass

Die Sorgen Sorgen sein!

Sie sind trivial.

Genieß zu Hause das Geborgensein.

Alles verläuft normal!

Au fond du jardin

Wir empfanden unser Lieblingsörtchen

»Au fond du jardin« behaglicher denn je,

Am Straßburger Münster, das Café

Mit exquisiten Pralinen, seltner Marmelade.