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Man kann den Stern von Bethlehem mit Fug und Recht als reine Legende betrachten. Wenn man ihn für real hält, kann man sich seine Natur aus einer Handvoll gleichwertiger Thesen aussuchen. Der Autor, als erklärter Ignostiker, hat sie alle anhand jeglicher greifbarer Literatur und umfangreicher eigener Analysen studiert und ist zu einer etwas ungewöhnlichen Einsicht gekommen, es gab ihn. Er war ein über ein Jahr lang anhaltendes Geturtel von Venus und Jupiter, bei dem sich beide Planeten zu Beginn im Herbst 3 vor Chr. und im Juni 2 vor Chr. so nahe kamen, dass sie sich für das bloße Auge berührten. Dieses astronomisch minutengenau nachkontrollierbare Geschehen passt im Sinne von Ockhams Messer am besten zu allen gesicherten historischen Fakten.
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Seitenzahl: 95
Veröffentlichungsjahr: 2021
Einführung
Beginn der Reise, der Zeitpunkt Null
Der ersehnte Messias
Die Sterndeuter aus dem Orient
Die Sehnsucht der Israeliten nach einem Erlöser
Herodes
Das Evangelium nach Matthäus
Jesu Mutter und Vater
Wonach und in welcher Zeit suchen wir?
Grundkenntnisse Astronomie
Der Nachthimmel mit bloßem Auge
Eine Sternwartenführung
Kandidaten für den Stern von Bethlehem
Der Stern von Bethlehem
Auftritt der Magier
Was hat der Stern von Bethlehem mit Jesus zu tun?
Benutzte Literatur
Danksagung
Hinweis:
Zum Zwecke besserer Lesbarkeit verzichte ich auf eine genderspezifische Schreibweise sowie Mehrfachbezeichnungen. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind also geschlechtsunabhängig zu verstehen.
Bildmaterial
Aufnahmen S→ und S→: Wolfgang Gebetsroither, Sternwarte Gahberg (Österreich) Deep Sky Aufnahmen: StR (RS) Markus Kohl (Kürzel MK), Sternwarte www.swgu.de Titelbild & Rückseite, Zeichnung Kleiner Prinz S→, Sternbilder S→, →: Una Steinleitner Sonstige Bilder: eigene Skizzen, Bearbeitungen kommerziell freier Bilder (Nasa, Pixabay)
Zum Design:
Ich verzichte bewusst auf Farbe. Der Nachthimmel erscheint dem Auge nicht bunt und wir bewegen uns in diesem Heft in einer Zeit ohne Kameras mit farbigen Bildern.
Ich möchte erwähnen, dass die Astrobilder nur gering aufgelöste Schwarzweißkopien professioneller farbiger Aufnahmen sind - auch um die Druckkosten niedrig zu halten.
Zur Art des Inhalts:
Das Anliegen des Heftes ist nicht wissenschaftliche Genauigkeit und Vollständigkeit, obwohl ich nur von der Mehrheit der Fachleute anerkannte Fakten benutze, sondern bildende Unterhaltung für kleine und große Nichtfachleute. Daher auch meine Bitte um Erlaubnis für die Anrede Du. Ich setze kein Vorwissen voraus, aber die Bereitschaft zum Mitdenken. Auch wenn die Erzählung harte Mathematik und Physik nach Möglichkeit vermeidet und nur in kleinen Häppchen anbietet: Begreifen ist immer Eigenarbeit. Und das, worum es hier geht, ist kompliziert. Es ist der auf langer Recherche und der Prüfung aller greifbaren Fakten beruhende Versuch, auf diese vielfach erörterte Frage nach der Existenz und dem Wie und Wann des Sterns von Bethlehem eine möglichst stimmige wissenschaftliche Antwort zu finden. Ganz nebenbei ist das ein Streifzug durch das unverzichtbare Wissen im Bereich Astronomie. Um das Heft knapp zu halten, verzichte ich auf Details und Erläuterungen, die man leicht im Internet finden kann.
Fakten und Datenbasis
Das Buch basiert auf Schulwissen sowie Fakten und Daten, die Allgemeingut oder Konsens einer weit überwiegenden Anzahl der Fachleute und leicht nachprüfbar sind. Insofern macht eine Literaturliste keinen Sinn, denn man findet gerade zu diesem Thema in der Literatur und im Internet widersprüchliche Aussagen anerkannter Fachleute. Es gibt in diesem Zusammenhang keine wissenschaftlich harten und allgemein akzeptierten Daten, Fakten und Aufzeichnungen. Ich kann also nur angeben, ob etwas mehr oder weniger Konsens der Fachwelt oder heftig umstritten ist. Ich selber bin kein Historiker und daher nicht in der Lage, Einzelmeinungen zu bewerten. Insofern könnte ich jede Variante für den Stern von Bethlehem mit wissenschaftlichen Aussagen untermauern. Man kann daher mit Fug und Recht alle meine Interpretationen und Folgerungen ablehnen bis auf eine: Wenn es diesen Stern von Bethlehem gab, dann gibt es nur ein sicheres, reales astronomisches Geschehen, das widerspruchsfrei und zwanglos in den von der Mehrheit der Fachleute akzeptierten geschichtlichen Rahmen passt.
Astronomische Berechnungen und Darstellungen
Die astronomischen Daten wurden mit dem professionellen Programm TheSky / V5D / L4 ermittelt, das auch bei so weit zurückliegenden Ereignissen noch zuverlässig auf die Winkelsekunde genau rechnet, und damit genauer als es das unbewaffnete Auge wahrnehmen kann. Die Trennschärfe eines guten Auges für große Entfernungen bis unendlich liegt bei über zwei Winkelminuten, einem Vielfachen der Rechengenauigkeit. Die bildlichen Sternbilddarstellungen wurden mit Hilfe des freien Programms Cartes du Ciel erstellt (das anhand sehr guter Berechnungsalgorithmen schlichte Bilder zeichnet) und in einem einfachen Freeware-Grafikprogramm zwecks Herausarbeiten wichtiger Details bearbeitet.
Etwa dreitausend Jahre vor unserer Zeit begannen die Menschen die Objekte und Erscheinungen am Tag- und Nachthimmel in unserem Sinne wissenschaftlich zu hinterfragen, natürlich mit nur wenig Chance, einen Hauch der Realität zu erfassen.
Die Bewegungen der Sterne und Planeten aus Sicht einer um sich selbst drehenden und die Sonne umrundenden Erde sind sehr kompliziert, weil es in diesem Universum keinen absoluten Fixpunkt und keine sich exakt wiederholenden Bewegungen gibt. Alles bewegt sich mit ständig veränderlicher Geschwindigkeit auf Ellipsen-, Parabel-, Hyperbel- und nicht mehr berechenbaren Bahnen. Für Mathematikfreaks: Die Verhältnisse aller Dreh- und Umlaufzahlen der Planeten, Kometen, Monde, Sterne und Galaxien sind irrational, daher gibt es keine gemeinsamen Vielfachen dieser Zeiten und damit keine langfristig exakten Perioden und keine sich exakt wiederholenden Ereignisse. Und für physikalisch Interessierte sei das Dreikörperproblem erwähnt: Für mehr als zwei Körper sind exakte Bahnberechnungen nicht mehr möglich, nur Näherungsrechnungen, allerdings bei entsprechend hohem Aufwand mit großer Genauigkeit. Und so können wir heute mit Computern, komplexen Formeln und mathematischen Tricks die Stellung der Objekte zueinander auf tausendstel Grad und zeitlich auf die Sekunde genau und auf etliche tausend Jahre vor und zurück berechnen.
Die Astronomen Jahrhunderte vor unserer Zeit hatten da nur ihre Augen und auf ein Grad und auf eine Stunde genaue Aufzeichnungen über etliche Jahrzehnte, maximal ein paar hundert Jahre.
Wie unglaublich gut diese Alten Astronomen (die babylonischen Sterndeuter) dennoch schon waren, zeigt die Tatsache, dass sie bereits 300 vor Christus die 25750 Jahre währende Kreiselpräzession der Erdachse entdeckten, auch wenn sie die Ursache nicht kannten, und Mond- und Sonnenfinsternisse auf einige Stunden vorhersagen konnten. Da muss man schon Jahrzehnte beobachten und mitnotieren und lange nachdenken.
Und so unterschieden sie ein halbes Jahrtausend vor Christus bereits Sterne und Planeten, bemerkten ungefähre Wiederholungen der Planetenbewegungen in ihrer Stellung zu den Sternen und untereinander, und schrieben das netterweise ohne jeden Kommentar und weitergehende Interpretation auf Keilschrifttafeln auf.
Sie sahen sicher Kometen, ohne verstehen zu können, was das ist. Das waren für sie Unglücksboten in unbekannter Entfernung, eine Art Wolke oder die Ausdünstung eines Vulkans, jedenfalls nichts Gutes. Von Galaxien, fernen Nebeln und den unvorstellbaren Entfernungen der Objekte am Tag- und Nachthimmel wussten sie schlicht nichts. Sie waren überzeugt, dass die Sterne und Planeten und ihre Stellung zueinander einen direkten Einfluss auf das Leben der Menschen haben. Das glauben auch heute noch viele Leute. Das nennt man Astrologie - im Gegensatz zur Astronomie.
Weil wir bei unserem Exkurs der Astrologie unvermeidbar mehrfach begegnen, erlaube ich mir ein paar Anmerkungen zu den Kontrahenten Astrologie und Astronomie: Astrologie basiert wie alle esoterischen Vorstellungen auf zwar irgendwie durchdachten und manchmal naheliegenden, aber völlig freien Annahmen ohne praktische Überprüfbarkeit und ohne den behaupteten Zusammenhang irgendwie erklären zu können. Aus diesen nicht beweisbaren und konstruktionsgemäß nicht widerlegbaren Annahmen entwickeln Astrologen Vorschriften und scheinbare „Erklärungen" für alles Mögliche.
Naturwissenschaft geht ganz anders vor – sie sollte es zumindest: Sie versucht, alle bekannten Beobachtungen und Messdaten anhand der von einer überragenden Mehrheit der Fachleute akzeptierten Naturgesetze in ein möglichst einfaches widerspruchsfreies Gesamtbild zu integrieren, das durch Messungen widerlegt werden kann. Sorry, diesen Satz solltest du vielleicht nochmal lesen, denn genau das werde ich hier versuchen.
Naturwissenschaftliche Vorstellungen können schon im Ansatz völlig falsch sein. Sie müssen deswegen eine Möglichkeit experimenteller Prüfung anbieten und damit widerlegbar (Fachausdruck falsifizierbar) sein. Daher müssen Naturwissenschaftler ihre Vorstellungen ständig neuen Messdaten anpassen und unter Umständen ganz neue Vorstellungen entwickeln. Das passiert immer wieder. Der allseits bekannte Harald Lesch hat das so formuliert: Wir irren uns empor. Ich möchte ergänzen: hoffentlich.
Esoterik und speziell die Astrologie können nicht „irren“, weil sie keine überprüfbaren Aussagen machen. Entscheidend ist, dass man prinzipiell der Naturwissenschaft, insbesondere der Astronomie einen Irrtum nachweisen kann, der Astrologie und einer Religion nicht. Esoterik ist nie Wissenschaft. Man muss aber feststellen, dass Wissenschaft mitunter an die Grenze zur Esoterik und darüber hinaus geraten kann.
Wir wollen hier versuchen, im Sinne solcher Wissenschaft alle bekannten, mehr oder minder gut gesicherten, einschlägigen Fakten zu einem stimmigen Bild zu vereinen.
Die Menschen unterschieden bis vor wenigen Jahrhunderten nicht zwischen Astrologie und Astronomie. Selbst der berühmte Astronom Kepler war Astrologe und Esoteriker:
Seine nach wie vor gültigen Planetengesetze beruhen auf erdachten, experimentell nicht greifbaren Sphärenklängen und geometrischen Schönheitspostulaten. Solche durchaus reizvollen Vorstellungen erklären alles und nichts. Das wertet aber die genialen, auf sehr aufwendigen und schwierigen Berechnungen beruhenden Erkenntnisse Keplers nicht ab. Auch die moderne Physik beruht auf der Sehnsucht nach Einfachheit und Schönheit, was immer das gerade bedeuten mag. Dabei landet sie allerdings bei höchst abstrakten mathematischen Konzepten, die jede Vorstellungskraft weit überschreiten.
Selbst die ehrlichste und bemühteste Wissenschaft hat keinen Wahrheitsanspruch. Erst seit hundert Jahren wissen wir, dass es Atome und das Phänomen der Radioaktivität gibt, was Wärme ist, dass unser Universum mindestens vierdimensional ist und sich damit alltäglicher Vorstellung völlig entzieht. Nicht nur einmal wurde klar, dass die Physik mit allen wesentlichen Vorstellungen völlig falsch liegt. Das letzte Mal um 1900. Das kann durchaus bei den neuesten Vorstellungen der Physik auch der Fall sein.
Nun gut, aber du musst eines zugeben: egal, wie falsch sie sein mögen, das Handy funktioniert - eines der kompliziertesten Geräte, das Menschen jemals gebaut haben. Ein Gerät, in dem die Quantentheorie, die Theorie der Krümmung des Raums in der vierten Dimension, ja praktisch die gesamte Physik stecken. Ein klein wenig blicken wir doch hinter den Vorhang des Unbegreifbaren.
Die Evolution hat den Menschen eine unbändige Neugier in die Wiege gelegt. Die meisten wollen wissen und verstehen. Mit dem Verzicht auf Verstehen im Sinne des sokratischen Ich weiß, dass ich nicht weiß geben sich nur wenige zufrieden.
Uns alle quälen die Fragen nach dem Woher, Warum, Wie und Wohin. Da gibt es neben der naturgemäß irrenden Wissenschaft nur eine Möglichkeit: Erzählungen und Märchen.
Da faktenbasierte Wissenschaft nie und nimmer endgültige Antworten liefern kann, braucht der Mensch zusätzlich unbedingt Erzählungen und Märchen, um sich in dieser komplexen Welt zurechtzufinden. Solange daraus keinem Menschen und keinem Tier ein erkennbarer Schaden erwächst, spricht nichts gegen solche Erzählungen und Märchen.
Aber Vorsicht ist geboten: Unsere Sinneswahrnehmungen können uns böse Streiche spielen, auch dem objektivsten und ehrlichsten Wissenschaftler. Die Einbildungskraft und selektive Wahrnehmung des Gehirns sind enorm! Man kann Dinge sehen, die definitiv nicht vorhanden sind und etwas absolut Reales nicht wahrnehmen.
Das liegt daran, dass unser Gehirn in Wechselwirkung mit dem gesamten Körper und seiner Umgebung die Rohdaten der Sinne auf noch völlig unbekannte Art und Weise verarbeitet und nur dieses Verarbeitungsergebnis unserem Bewusstsein - wir wissen nicht wirklich, was das ist - zugänglich macht. Deshalb gibt es in subjektiver Wahrnehmung Wunder ohne Tricks, Schwindeln oder gar Lüge.
Ich bin überzeugt, dass der vierjährigen Bernadette Soubirous beim Holz sammeln am 11. Februar des Jahres 1858 an der Grotte von Massabielle beim Fluss Gave de Pau, nahe einer Müllhalde, die Mutter Gottes erschienen ist, sie hat sie gesehen.
Soll mir recht sein, wenn der Besuch dieser Grotte den Leuten Freude, Glück und Gesundheit bringt, wenn es sie nicht davon abhält, bei Beschwerden zum Arzt zu gehen.
Noch etwas Wichtiges muss ich im Hinblick auf unser Vorhaben unbedingt erwähnen:
Wissenschaft kann nur mit Wahrscheinlichkeiten argumentieren, weil Messgeräte generell ungenau arbeiten – und nach neuesten Erkenntnissen in der Natur der schiere Zufall regiert. Wissenschaftler entwickeln dann anhand dieser nur ungenau messbaren Fakten eine möglichst einfache, vorläufig widerspruchsfreie Vorstellung, die mit allen Messdaten im Rahmen der Messgenauigkeit übereinstimmt.
Dieses Prinzip, das auf den allseits bekannten Denker Aristoteles zurückgeht, nennt sich nach dem englischen Philosophen Wilhelm von Occam Ockhams Rasiermesser, weil es alle Vorstellungen jenseits der Fakten mit scharfer Klinge wegschneidet. Ockhams Methode ist die einzig sinnvolle Grundlage menschlichen Entscheidens und Handelns. Damit kann man natürlich irren. Einstein meinte dazu sinngemäß: Wehe, wenn dieses Prinzip falsch ist.